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Story

Dort hing ich nun herum. Nicht dass ich mich beschweren musste, nein die Aussicht war herrlich, wunderbar. Bis hinüber auf die andere Seite konnte ich schauen. Es war schön hier. Wirklich. Manchen würden ihr ganzes Geld dafür lassen, einfach um diese Aussicht genießen zu können. Und wissen Sie was. Ich bekomme das Ganze umsonst. Nein ehrlich, ich habe dafür nichts getan. Gar nichts. Alles was ich machen musste, ist hier herumhängen. Gut es gibt auch schlechte Tage. Da ist die Sicht nicht sonderlich weit. Ich würde sogar behaupten, dass es Tage gibt, an denen man die Hand nicht vor den Augen sieht. Es wurde auch mal eisig kalt. Aber was man nicht alles tut um eine schöne Aussicht zu ergattern. Friedlich ist es hier auf jeden Fall. Unten im Tal fließt ein Fluss, groß und breit. Schiffe fuhren hinauf und hinunter. Neben den Fluss gibt es, auf jeder Seite, Schienen und Straßen. Auf den Schienen verkehren eigentlich nur noch Diesel und E-Loks. Aber was glauben Sie, wie das aussieht, wenn eine von diesem alten Dampfloks vorbei schnauft und zischt? Das ist Romantik pur. Eines Tages jedoch passierte etwas Schreckliches. Wir hatten keine Ahnung und keiner hat uns vor gewarnt. Schwere Maschinen donnerten den Berg hinauf und machten sich breit. Wir mussten um unsere Aussicht sowie das Leben fürchten. Das Getöse fing schon in den Morgengrauen an. Langsam aber stetig kamen sie auf uns zu. Bis kurz vor die Mittagszeit ging das Gemetzel. Sie hörten aber plötzlich auf, genau so, wie sie gekommen waren. Die Ruhe blieb, aber nicht lange. Bis zur Dunkelheit ging das Gemetzel weiter, danach kehrte wieder Ruhe ein. Ängstlich schauten wir uns in der Nacht um, aber es gab keinen Fluchtweg, wir hingen hier fest. So passierte es dann auch mir. Kurz vor der Mittagsruhe erschien einer mit einem Messer und stach mich ab. Ich stürzte in die unendliche Tiefe. Plötzlich, eine Hand. Sie fing mich auf und legte mich behutsam zu meinen Artgenossen in eine Art geflochtenen Korb. Es war nicht bequem und stickig wurde es vor allen Dingen auch noch, nachdem mehr und mehr meiner Leidensgenossen dazu kamen. Ich versuchte zu schreien. Meine Stimme versagte. Unter brutaler Gewalt wurden wir in einen Raum gequetscht, eingesperrt und vom Tageslicht verbannt, wie lange? Das wusste, ich nicht. Alle Zeitgefühlen waren verblichen. Es schienen Tage gewesen zu sein, den wir dort verbracht hatten.

 

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 Eines Tages hörte ich Geräusche, ein LKW kam. Ich kenne dieses Geräusch, da ich sie von oben, vom Berg aus, schon das öfteren mal gehört habe, tief brummende Geräuschen waren das. Und dieses Geräusch hörte ich nun auch wieder. Plötzlich ging unter uns eine Luke auf. Wir wurde alle durch enge schmale Gänge gezwängt. Es ging um diverse Ecken und weitere Gänge, bis wir in den bereitstehenden Laster, gepresst würden. Das tat weh, ich hatte überall Beulen und Flecken. Die Fahrt war sehr unangenehm, lange und holperig war sie. Nach ein paar Stunden erwartete uns unser neues Zuhause. Viel habe ich nicht sehen können. Alles ging ratzfatz und blitzschnell. So schnell konnten wir gar nicht laufen. Wieder durch enge schmale Gänge. Diesmal roch es jedoch anders als unser altes Zuhause. Ab und zu kümmerte sich jemand um uns. Wie lange wir hier waren? Ich habe das Zeitgefühl komplett verloren, Tageslicht wurde langsam zu einem Fremdwort. Ich hatte das Gefühl, das es gar keine Zeit mehr gab. Jedenfalls nicht für uns. Eines Tages wurden wir erneut, über Nacht, es war ja dunkel, also dachte ich mir, es müsste Nacht sein, umgesiedelt. Diesmal bekamen wir kleinere durchsichtige Aufenthaltsräume. Die Aussicht war wieder da, das Licht, die Schatten. Nicht dass es meine Aussicht war, die ich nun solange schon vermisste, nein mehrere von diesen Aufenthaltsräumen standen um mich herum. Ein Greifer griff von oben nach unserem Zuhause und wir wurden in einen Kasten gesteckt. Diesmal war es aber nicht für allzu lange Zeit. Wir hörten Stimmen und dies auch öfter, Geräuschen. Musik erklang. Ich hatte das Gefühl, dass es wieder bergauf ging mit mir und ich langsam wieder aufatmen konnte. Eines Tages, es musste so um die Mittagszeit gewesen sein, griff mich eine Hand und stellte mich hinter Gitter. Erst erfreute ich mich darüber, aber als ich die Welt an mir vorbei fahren sah, da wurde mir schlecht. Das war beängstigend aber irgendwie auch sehr interessant, die Welt mal so zu sehen. Ich wurde aus dem Gitterkäfig befreit und landete in einem dunklen Raum. Warum musste mir das immer wieder passieren? Kurz sah ich noch mal das Tageslicht, dann wurde es wieder dunkel. Ab und zu sah ich wieder was. Um mich herum stand Diverses, auch ein paar andere von diesen Behältern. Da ich nicht lesen kann, hatte ich auch keine Ahnung, was das alles war.

 

 

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Irgendwann kam die Hand wieder. Sie griff mich und ich landete neben einen Tisch. Dort standen noch ein paar Kollegen von mir, sie waren mir aber völlig fremd. Ein paar von diesen brutalen Kreaturen schwirrten um uns herum. Jemand griff einer meine Kollegen. Ich habe ihn nie wieder gesehen. Dem Zweiten erging es nicht anders. Die Kreaturen würden irgendwann aber auch weniger. Eine Hand ergriff mich und fast hatte ich die Hoffnung, befreit zu werden. Ein Teil von mir wurde mir genommen. Dann verschloss man meinem Behälter wieder. Ich wurde lieblos neben den Tisch abgelegt, wo ich der Rest des Tages verbracht habe. Meinen einen Kollegen habe ich plötzlich wieder gesehen. Er kam plötzlich von oben herunter gefallen, als die beide letzten Kreaturen miteinander kämpften, so dachte ich mir. Fast hätte mein Kollege mich getroffen und wir wären beinahe zusammen gerasselt. Die beiden Kreaturen bissen sich und rissen sich ihr Fell auf. Das Frauchen, sowie ich es nun herausgefunden hatte, stöhnte ganz oft und laut, während das, man nannte es Männchen, nur grunzte und schnaufte. Die beiden Kreaturen waren nun fast ganz ohne Fell. Das Stöhnen und Grunzen wurde immer heftiger. Das Männchen griff nun das Weibchen und beide verschwanden aus meinem Sichtfeld. Es wurde wieder dunkel, die Sonne, die von der Decke geleuchtet hatte, war urplötzlich erloschen. Das Frauchen habe ich erst am nächsten Tag wieder gesehen. Durch einen Zufall konnte ich sehen, dass die Sonne nicht an der Decke hing, sondern von draußen durch diese durchsichtige Wand schien. Es war irgendwie schade, dass man mich wieder in den dunklen Raum steckte. Mein erster Sonnenaufgang seit langer, langer Zeit. Ich konnte mich kaum noch daran erinnern. Es war schon, etwas Erhebendes, romantisch fast. Ich fragte mich, wann ich das noch mal sehen würde?

 

 

 

*********

Eine ziemlich lange Zeit verging, bis die Hand mich wieder aus dem Schrank holte. Wie viele Tage es nun waren, konnte ich nicht sagen. Man stellte mich neben einen Haufen Sachen. Ich konnte mir nicht so recht ausmalen, was dies nun alles war, aber ein paar Dinge kamen mir bekannt vor. Pilze. Ich hatte diese Dinge schon mal gesehen, wann genau, daran konnte ich mich nicht mehr erinnern und auch nicht daran wo das gewesen war. Aber ich kannte sie. Dann waren da noch so weiß-rötliche Dingen. Sie hatten auch eine Knolle wie die Zwiebel, nur dass sie lang waren. Und vorne, oder sollte das hinten sein, spitz zuliefen. Ein paar andere durchsichtige Gehäuse standen auch um mich herum und etwas, was ich noch nie gesehen hatte. Es strahlte außerdem auch noch Kälte aus, eine eisige Kälte. Das können Sie sich gar nicht vorstellen. Von außen glänzte es und dann war es Rosa, zart Rosa mit einer pickligen Haut. Das Frauchen war mit etwas beschäftigt. Sie hatte einen großen silbernen Raum auf einen anderen Tisch gestellt und fing nun an die Pilze klein zu schneiden. Immer wieder flitzte das Messer durch diese wehrlosen Pilze. Ich bekam es mit der Angst zu tun, ob sie mich auch in kleine Stückchen schneiden würde? Ich wusste es nicht. Die knolligen Dinge wurde brutal ihrer Haut entrissen und mit grober Gewalt in kleine Stückchen gehackt. Dann war das große rosa Ding dran. Das Frauchen drehte es und ich sah nun ein Bild. Ich kannte es, es war ein Tier! Das habe ich schon mal bei uns, damals vor nicht allzu langer Zeit gesehen. Meine Gedanken liefen nun auf Hochtouren. Ich versuchte mich genau daran zu erinnern, was für ein Tier es gewesen war. Dann fiel es mir wieder ein. Es war ein Huhn. Aber, das rosa Ding? Das Frauchen drehte und wendete es ein paar Mal und langsam sah ich es. Oh mein Gott ... Der Schock saß tief, als ich es endlich erkannte. Das arme Tier. Die Haut, die Flügel, die Federn alles schien ihm genommen worden zu sein. Kopf und Füße haben sie ihm, wahrscheinlich auf brutalste Art entfernt. Ein Schauer lief mir über den Rücken. Wozu waren diese Kreaturen noch fähig? Das Hühnchen landete in den großen silbernen Raum auf dem Tisch. Es kamen die Pilze hinein, genau wie die zerstückelten und verstümmelten weiß-rote Dinge. Rauch stieg empor. Verwundert schaute ich dort hin. Wo kam das nun her? Plötzlich wurde ich hochgehoben und aus meinem gläsernen Gehäuse geschüttet und auch ich landete in diesem großen silbernen Raum. Mir wurde schlagartig heiß. Mein Körper fing an zu qualmen. Ich sah noch mehr Rauch nach oben steigen. Dann wurde es mir klar. Das ist das Ende. Eine enorme Hitze umschlang mich, ich fühlte, wie ich nun langsam aber sicher verbrannte. Sollte das es wirklich gewesen sein? Musste ich nun hier sterben? Keiner konnte mir eine Antwort darauf geben. Ich fühlte, wie die Kraft langsam aus mir wich und ich auch nicht mehr dagegen kämpfen konnte. Es ist wahr, ich werde nie wieder dieser schönen Aussicht vom Weinberg ... sehen. Ich ... werde ... ... Ster ... ben.

Zugabe

 

Das Rezept.

Sollten Sie nun auch einmal, so wie ich in die Verlegenheit kommen, dass Ihnen der Riesling nicht so geschmeckt hat. Dann habe ich hier ein Rezept für Sie.

Man nehme den Rest Riesling. Ein Hühnchen, eine Zwiebel oder Schalotten, Knoblauch und ein paar Pilze.

Pilze, Schalotten klein hacken und anbraten. Heraus nehmen und die Hühnchenteile knusprig braun braten. Mit dem Rest Riesling ablöschen. Zudecken und gut dreißig Minuten garen lassen. Danach Pilze und Schalotten zugeben.

Soße, entweder selber machen oder fertige dunkle Soße, gegebenenfalls mit etwas Soßenbinder dazugeben.

Schmeckt hervorragend mit Weißbrot. Bon Appetit.

 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 18.06.2013

Alle Rechte vorbehalten

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