Ich schlug das Buch zu und legte es zur Seite. Resigniert schaute ich in den blauen Himmel. Das war mein erster Sommer, an dem ich nicht von zu Hause weg war. Ein Seufzer erklang und mühselig stand ich auf. Eigentlich ein interessantes Buch. The Ghost von Robbert Harris.
Ich nahm meine Teetasse und das Buch und kehrte ins Haus zurück. Die Sonne würde gleich wieder in den schmalen Gang zwischen den beiden Häusern herein kriechen und seine Wärme dort hineinpressen.
Ich mochte die Sonne. Gut, ich war nicht so der Sonnenanbeter, der sich nahtlos von oben bis unten braun backen lassen musste. Nein, ich mochte es, auf einem Steg sitzend, meine Füße ins Wasser baumeln zu lassen. Irgendwo auf einem Festival, mit Arbeitskollegen den Tag genießen.Aber nun war die Hitze eine Qual geworden. Sie beeinträchtigte meinen Kreislauf ziemlich stark.
Das Buch fiel herunter und ich bückte mich, um es aufzuheben. Mir wurde wieder schwindlig. Ich schaute auf die Seite, die aufgeschlagen war. Buchstaben, Wörter, Sätze, eine Geschichte. Wie viel musste der Schriftsteller schreiben? Ich suchte die Stelle und fand das, was ich suchte. 100.000 Zeichen in kürzester Zeit, einer sehr kurzen Zeit. Ob ich das auch kann? Heute hatte ich sowie so nichts vor.
Ich ging nach oben und griff mein Netbook. Ein kleines nettes Computerlein. Ich rief ein Schreibprogramm auf und überlegte, was ich schreiben wollte. Einen Krimi, genau einen Krimi. Stieg Larson war sowieso tot und ich hatte es mir nun in den Kopf gesetzt, diese Geschichte weiter zu schreiben. Nichts einfacher als das.
Ich schrieb die ersten Wörter auf. Löschte sie wieder und schrieb sie, anstatt in Englisch in Deutsch auf. Ich schaute mir den ersten Satz an und war zufrieden damit. Deutsch. Das kann doch auch nicht die Welt sein, einfach wie die anderen Sprachen. Ich hatte auf der Schule ein Jahr Deutschunterricht gehabt und wohnte nun gut über 25 Jahre hier. Lesen konnte ich es, warum also nicht schreiben. So schrieb ich die nächsten Sätze auf. Langsam aber sicher entwickelte sich da etwas. Abends kam meine Freundin nach Hause und fragte was ich denn am Tag gemacht habe. »Ich schreibe ein Buch«, verkündete ich voller Stolz.
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Es gingen ein paar Tage ins Land und mein Werk wuchs langsam heran. Seite für Seite schrieb ich herunter. Die Zahl der Buchstaben wuchs natürlich auch stetig an. Nach einer Weile war sie plötzlich da. Es ging nicht weiter. Ich hing fest. Wie ich später herausfinden würde, hieß dies: Schreibblockade.
Es vergingen ein paar Wochen, ein Monat, fast ein Vierteljahr. Da hatte ich endlich die Idee. Ich schreib einfach eine andere Geschichte. Gesagt getan. Ich ließ die erste Geschichte Geschichte sein und fing mit meiner zweiten Story an. Diese verlief besser natürlich besser. In der Zwischenzeit hatte ich auch ein besseres Schreibprogramm besorgt und konnte nun die Sachen besser ordnen. Nicht einfach aber immerhin das Werk wurde fertig. 367517 Zeichen ohne Leerzeichen.
Voller Stolz zeigte ich es meiner Frau. Nach zwei Seiten schüttelte sie ihren Kopf. »Da sind aber ein paar Fehler drin.« Ich dachte nichts Schlimmes, ein paar Fehler. Es stellte sich jedoch heraus, dass die Grammatik von vorne bis ganz nach hinten, gar nicht stimmte. Mist, und nun? Ich besorgte mir einen Duden für meinen PC und ließ das Ganze dadurch laufen. Mann, sah ich Rot. Nein, Wut war es noch nicht, es waren viele, viele, viele und noch ein paar Fehler.
Da fiel es mir wieder ein. Deutschunterricht in der Schule. Das eine Jahr, wie ich es gehasst habe und froh war, dass ich von der Schule geflogen war und wechseln durfte auf eine andere, die so etwas nicht im Programm hatte. Ich hatte zwar das Deutsch Sprechen und Lesen gelernt aber nicht das Schreiben. Und, dass die vor jedes Wort einen Artikel packen, der wechselt, je nachdem, ob es nun männlich oder weiblich ist, war mir natürlich auch entgangen. Meine Frau, wir hatten inzwischen geheiratet, machte sich daran das Werk zu korrigieren.
Ich machte mich auch im Internet breit und bekam hier ebenfalls mein Fett weg. »Lern Deutsch.« war das Häufigste, was ich zu lesen bekam. Gut, es ging kein Weg daran vorbei, ich musste Deutsch lernen. Los ging es, ab in die Stadt und zum Bücherladen. Duden gekauft, die Grammatik besorgt und lesen. Ich fragte hier und dort mal nach, ob mir jemand das erklären konnte, das mit der Grammatik, das warum und wieso. Ich bin ja ein logisch denkender Mensch und für mich muss es immer eine Erklärung geben, warum etwas so ist. Auch in der Sprache. Ich lernte schnell und viel. Eines, aber habe ich auf jeden Fall gelernt. Deutschland ist das Land von Regeln und Gesetzten. Nichts dagegen, so zu sagen, aber diese Ausnahmen von der Regel. So sind sie auch in der Sprache vorhanden. So sind Baumnamen DIE, mit Ausnahmen von DER Ahorn dieser, scheint ja wohl männlich zu sein, nur mal so als Beispiel. Ich versuchte herauszufinden warum, stieß aber auf eine Wand aus Granit. Das ist so und das bleibt so, war fast immer die Antwort. Ich fragte weiter nach, sogar einen Lehrer. Leider unterrichtete er in Mathe. Die meiste Zeit war die Antwort: »Das musst du auswendig lernen.« Und so ist es nun, ich lerne fleißig Deutsch, auswendig.
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Ich schrieb ein paar kurze Geschichten. Ganz kurz, sie mussten in eine Kolumne einer Zeitung passen und durften nicht mehr als 300 Zeichen haben. Es machte Spaß und drei sind tatsächlich in dem Lokalblatt veröffentlicht worden. Yeah, ich bin Autor, Schriftsteller. Ein dickes Honorar gab es zwar nicht, aber ich konnte meine Frau schon einmal zum Essen einladen.
Nun kann mich nichts mehr aufhalten, dachte ich mir. Der nächste Dämpfer kam bei einem Wettbewerb. Ich wurde nicht ausgewählt. Irgend so eine blöde Kriegszeitgeschichte gewann. Das fand ich unfair. Ich bemerkte aber, dass es an meiner Geschichte gelegen hatte und nicht an der Jury. Ich hatte sie einfach nicht überzeugen können. Also machte ich mich ans Werk. Schreiben lernen. Ich las etwas im Internet und kam so auch zu Bookrix. Auch hier regnete es Absagen und Verhöhnung. Ich nahm Teil an Wettbewerben und versuchte mein Bestes. Nichts. Ich saß fest. Langsam kam der Zweifel.
Ich war kurz davor aufzugeben, als ein Freund mir ein Buch schickte: »Das Leben und das Schreiben« von Stephen King. Es wurde zu meinem Leitmotiv. Groß hängt es auf dem Flur »Das Schreiben ist nicht das Leben, aber manchmal kann es ein Weg zurück sein.« Für mich war es wichtig geworden. Ich war bei Bookrix und hatte ein Ziel gefunden. Einen Bestseller zu schreiben. Dass es ein harter Weg wird, ist mir nun klar geworden, aber man kann es schaffen. Denn nur wer probiert und sich anstrengt, kann zum Erfolg gelangen.
Ich habe nun viel gelernt und auch an einem Seminar teilgenommen. Es ist einfach gut, wenn jemand frische Luft in dein Gehirn pustet und dich in die richtige Richtung dreht. Sicher, allein schafft man es vielleicht auch, aber ich für meinen Teil habe dort, auf dem Seminar eine Menge mehr gelernt. Meine Mentorin hatte sich irgendwann einen Teil meines zweiten Werkes mal zur Brust genommen und es in der Luft zerrissen. Nun nicht ganz, aber ich habe viele Bemerkungen und Anmerkungen bekommen. Viele Verbesserungsvorschläge. Und das ist, worum es geht. Besser zu werden. Ich kann eigentlich jedem nur dazu raten, es auch einmal zu versuchen.
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Das Schreiben ist nun ein Teil meines Leben geworden. Ich habe mir Bücher über das Schreiben besorgt, im Internet Hilfe geholt. Inzwischen geht es mir körperlich schon besser. Ich schreibe nicht jeden Tag, aber ich versuche soviel wie es nur geht. Inzwischen bin ich von dem Schreiben mit zwei Fingern abgekommen. Ich schreibe nun langsam aber sicher mit zehn Fingern.
Das Wichtigste aber ist, dass ich mich nun, durch das Schreiben mit Leuten in Verbindung setzen kann, darüber reden was und wie man schreibt.
Zur Zeit arbeite ich an mehreren Projekten gleichzeitig. Dies ist auch ein probates Mittel gegen Schreibblockade. Ich mache bei Wettbewerben mit und mache mir nichts mehr daraus, wenn ich nicht gewinne. Für mich ist es wichtiger geworden, dass ich gelesen werde und dass ich Leute damit ansprechen kann.
Um einen Bestseller zu schreiben, braucht es wohl noch einen langen Weg. Und ob ich es jemals schaffe, steht in den Sternen.
Tag der Veröffentlichung: 16.06.2013
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