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** 1

»Wo bleibt der Sack, der wollte doch nur Pissen gehen, oder?«, fragte Mike.

»Der ging mir schon die ganze Nacht auf den Sack«, antwortete Jan.

 

Kurz vorher:
Bruno stand am Rande des Wasser. Er hatte sich umgezogen,seine Kleidung fein säuberlich gefaltet und war nun bereit für den Start. Er machte ein paar Dehnungen um sich zu lockern und er schloss seinen Neoprenanzug. Es war irgendwie kein Wettkampf den er hier bestritt, er war der Meinung dass seiner Gegner nicht so richtig eine Konkurrenz für ihn waren. Er hatte sich gut vorbereitet für diesen Kampf.
Irgendwo klang ein Startschuss. Er presste sich nach vorne und tauchte in dass kalte Wasser. Drei Komma sechs und achtzig Kilometer Schwimmen, danach 180 Kilometer Radfahren und dann auch noch ein wenig Rennen, oder wie andere erwähnen würden, ein Marathonlauf. Bruno fühlte sich stark und fit, sodass er kein Problem sah diese Sache zu bewältigen. Er fand schnell seinen Rhythmus im Wasser und schwamm geradeaus.
Das Wasser war an diesem Morgen ziemlich klar. Er konnte ein wenig unter Wasser sehen als er mit seinem Kopf eintauchte. So machte er schnell und präzise seine Schläge. Links, durchziehen, rechts, durchziehen und Luft holen.
Es war früh am Morgen und kein Mensch weit und breit. Bruno presste seine Arme ins Wasser und versuchte so schnell wie er nur konnte den Abstand zum Ziel vor ihm zu verringern.
Plötzlich, da, oder doch nicht? Er war sich nicht sicher, aber er meinte ein Gesicht gesehen zu haben als er Luft holte.
Nein das konnte nicht sein. Wieder drehte sein Kopf nach links zum Luft holen.
Dann aber sah er sie. Ganz deutlich war sie nun zu sehen. Sie schwamm direkt neben ihm. Sie sah graziös aus, wirklich so elegant. Es konnte nicht sein, aber neben ihm im Wasser, schwamm ein Frau.
Bruno hatte so etwas noch nie in seinem Leben erlebt.
Wo war sie so plötzlich her gekommen? Er meinte eine Schwanzflosse gesehen zu haben.
Eine Meerjungfrau?
Bruno verlangsamte seine Bewegung, er stockte sogar. So plötzlich wie sie gekommen war, war sie wieder verschwunden. Nichts, gar nichts mehr zu sehen.
Bruno drehte sich im Kreis, er schaute ein paar mal unter Wasser. Dann sah er sie wieder. Direkt vor ihm, sie reichte ihm ihre Hand.
Er wollte sie greifen aber sie schwamm ein wenig Rückwärts von ihm. Bruno folgte ihr nun, seine Gedanken an das Schwimmen waren nun verschwunden.
Ihr Haar war hell, blond. Künstler würden nun natürlich behaupten, dass Ihr Haar golden wäre. Aber Bruno war kein Künstler, er war Sportler, ein Marathonläufer, ein Iron Man. Für ihn war es blond. Genau wie ihr Schwanz, der eine Farbe so zwischen gelb und orange hatte. Auch da würde ein Künstler mehr zum Goldton herübergehen. Aber das war Bruno egal.
Komisch sie schwamm vor ihm, auf dem Rücken und schaute ihn an, lächelnd. Die Haare, nein nicht golden, legten ab und zu ihre Brüste frei. Hatten die Meerjungfrauen im Märchen da nicht etwas drüber?
Bruno versuchte sie einzuholen. Sie schwamm etwas langsamer, so dass er ein paarmal ihre Schwanzflossen anfassen konnte. Sie spielte mit ihm. Bruno wurde aufgeheizt durch dieses Spiel und versuchte sie zu greifen.
Dann tauchte sie unter ihm und war weg. Bruno hielt inne und schaute sich um. Es dauerte eine Weile, aber dann tauchte sie wieder auf. Da war sie, knapp fünfzig Meter vor ihm. Bruno schwamm so schnell er konnte und griff nach ihr. Dann hatte er ihre Schwanzflosse und versuchte seinen Griff zu halten. Sie war aber zu glatt oder glitschig, so dass er sie nicht halten konnte.
Sie tauchte erneut runter, Bruno verfolgte sie nun auch unter Wasser. Er konnte sie schemenhaft sehen. Sie schwamm tiefer und Bruno verfolgte sie. Sie schwammen noch etwas tiefer und erreichte den Boden, der überwuchert war mit Wasserpest und anderer Unterwasservegetation.
Es war aber schon dunkler hier so nah am Boden. Bruno hatte Mühe sie zu entdecken. Sie schwamm aber langsam durch die Vegetation und Bruno folgte Ihr.
Plötzlich bekam Bruno es mit den Angst. Irgend etwas hielt seine Beine fest und er hatte Mühe sich zu befreien. Zu spät bemerkte er das er sich immer mehr und mehr im Gestrüpp verfing.
Die hübsche Meerjungfrau um schwamm ihn und lächelte ihm immer noch zu. Ihr Gesicht war nun ganz nah und Ihre Lippen berührten seine. Aber Bruno erwiderte den Kuss nicht, er hatte Panik bekommen. Bruno saß fest und kam nicht mehr weg. Die Meerjungfrau drehte sich noch zweimal um seinen Körper der sich Unterwasser in Wasserpest verheddert hatte. Als sie das Lebenslicht aus Brunos Körper strömen sah, verließ sie den Ort und schwamm weiter. Auf der Suche nach neuen Opfern.


Jan und Mike standen auf dem Parkplatz vor der Disco und warteten immer noch auf Bruno.
»Ich Glaube es nicht wo bleibt er?«, fragte Mike.
»Oh man, das ist nicht wahr«, sagte Jan.
»Jaja nur weil die Blonde ihn angeschnackt hat?«
»Halt die Fresse, lass uns ihn mal Suchen gehen«, schrie Jan. Beide verließen den Parkplatz und begaben sich in Richtung Kanal in die Richtung, die sie glaubten, ihr Freund gegangen war. Sie liefen eine Weile in die Richtung und schauten ins Gebüsch und auf dem Kanal. Nichts zu sehen. Nach fünfzehn Minuten begaben sie sich wieder zurück zum Parkplatz, da sie nun dachten dass Bruno bestimmt wieder da sein würde. Aber auf dem Parkplatz stand nur Jans Auto und sonst war da gar nichts zu sehen.
»Was soll das?«, sprach Jan,
»Will der uns verarschen oder was?« Jan öffnete das Auto und stieg ein. Mike stand noch draußen und überlegte was sie noch machen könnten.
»Komm, wir fahren nach Hause, der ist bestimmt schon da«, sprach Jan.
Mike stieg schweigend ein und schloss die Tür. Er legte langsam seinen Sicherheitsgurt um.
»Das ist aber nichts für Bruno, das hat er sonst nie gemacht. Selbst wenn er ficken ging hat er uns Bescheid gesagt oder?« Er schaute Jan dabei fragend an.
»Stimmt«, meinte der
»Es hat nie Geheimnisse gegeben. Neh, der hat uns immer Bescheid gesagt, aber hier ist er nicht mehr. Ich bin müde, wir fahren.« Jan startete den Wagen und schaute noch etwas aus dem Beifahrerfenster. Er drückte auf die Hupe, irgendwie in der Hoffnung, dass Bruno nun bemerken würde, dass sie keinen Bock mehr auf den Spaß von ihm hatten und nun los wollten. Er legte der ersten Gang rein und ließ den Wagen langsam losrollen.
»Der hat uns doch auch an Silvester so verarscht, weißt du noch?« Mike schaute nach draußen und antwortete leise.
»Tja das war aber auch komisch, ich hab das immer noch nicht verstanden wie das passiert war. Und wo Liane so plötzlich her gekommen war.« Jan fuhr langsam durch die Straße.
Wenn es eine Dreißiger Zone gewesen wäre, fuhren sie fast mit der richtigen Geschwindigkeit. Knapp Zwanzig Km/h zeigte der Tachometer. Ein Familienvater in seinem Cabrio hupte und zeigte wilde Hand gebaren. Jan drehte sein Fenster herunter und winkte ihm, dass er vorbei fahren sollte. Der Wagen setze seinen Blinker und fuhr mit einem lauten Hupen an den Jungens vorbei.
»So ein Spinner« sprach Jan genervt. Er gab etwas mehr Gas und beschleunigte etwas. Das Auto fuhr weiter am Kanal entlang und überquerte die neue Brücke die aus der Stadt führte.


** 2

Liane wachte um 8:00 Uhr auf und begab sich in die Küche. Keine Brötchen, war der alte Sack wieder auf die Pirsch gegangen ohne sich um seine Familie zu kümmern. Nein, er hatte versprochen, dass das nie wieder passieren wird. Bis jetzt hatte er auch Wort gehalten. Das mit Silvester war das erste und das letzte Mal hatte Bruno ihr versprochen. Und irgendwie konnte sie ihm auch glauben.
Dass er jetzt nicht da war, war nicht seine Art. Liane dachte nach ob sie Jan und Mike anrufen sollte. Sie schaute auf die Küchenuhr, die nun fünf nach acht anzeigte. Sie ließ erstmal von dem Plan ab. Vielleicht war er bei einem der Junggesellen geblieben. Sie füllte die Kaffeemaschine mit Wasser und holte eine Filtertüte aus dem Karton, der sich im Schrank über ihr befand. Sie nahm den Kaffeefilterbehälter aus der Maschine.
»Scheiße ..Ihhhh.. und ich hatte noch gesagt das er hier aufräumen sollte, … Arsch!«. Liane schaute sich in der Küche um, aber konnte sonst nichts finden was nach Chaos aussah. Hmm,hatte Bruno doch aufgeräumt gestern, bevor er sich auf die Piste gemacht hat. Liane lief zur Mülleimer und trat auf das Pedal, das denn Deckel öffnete.
»Braver Junge« sprach sie nun. Bruno hatte aufgeräumt und sogar einen neue Müllbeutel in den Eimer gepackt. Liane klopfte den Filterhalter auf den Rand des Mülleimers, und der alte Filter flutschte in den leeren Müllbeutel. Sie steckte den neuen Filter rein und packte den Behälter wieder in die Maschine. Sie nahm nun die Kaffeedose aus dem Schrank und füllte den Filter. Sie klappte den Filter Halter in die Maschine und klappte den Deckel zu. Sie schaltete die Kaffeemaschine ein und öffnete den Brotschrank. Toastbrot und ein paar Aufbackbrötchen. Okay, kein großes Frühstück. Liane nahm die Milch aus dem Kühlschrank und stellte sie auf den Tisch.
Gerade als sie zwei Gläser aus dem Schrank genommen und dazu gestellt hatte, kamen ihre beiden Kleinen in die Küche. Liane knuddelte sie beide und fragte, was sie denn außer dem was nicht da war, zum Frühstück wollten.
»Mc Donnald« kam aus beiden kleinen Kehlen. Liane schüttelte ihren Kopf und füllte beide Gläser mit Kakaopulver.
»Wo ist Papa?« Tja, Liane hatte noch keine Antwort auf die Frage.
»Der schläft noch, also seid ihr beiden ruhig.« Die beiden nickten brav ihre Köpfchen und rührten den Kakao in ihre Gläser.
»Marmelade auf Toast?«, war die nächste Frage, die Liane den beiden stellte. Nach ein wenig hin und her schmierte sie dann zwei Toastscheiben mit Marmelade. Schweigend aßen die drei ihr Frühstück. Liane räumte die Küche auf und machte sich noch ein Kaffee. D
ie beiden Kleinen begaben sich in den Garten und spielten herum. Eins der Nachbarskinder kam auch herüber zum spielen. Bruno hatte viel Zeit in das Klettergerüst spendiert, aber es hatte sich gelohnt. Es kamen sogar Kinder aus der Nachbarschaft zu ihnen zum spielen. Es war ein hochgelobtes Spielgerät. Und jeder in der Nachbarschaft kannte Bruno und Liane als zwei liebevolle Leute ohne Beziehungsprobleme.
Es war kurz vor Mittag als Liane nun echt anfing sich Sorgen zu machen. Es war ungewohnt. Nur einmal war Bruno nicht nach Hause gekommen.
Sie rief Mike an. Es dauerte eine Weile bis der sich meldete. Er klang müde und war irgendwie sauer über die Uhrzeit des Anrufes. Aber Mikes Wut änderte sich sobald er Lianes Stimme hörte. Nein, er konnte ihr nicht sagen,wo Bruno abgeblieben war. Er schilderte ihr das Geschehen, so wie Jan und er es erlebt hatten und erzählte ihr, dass sie davon ausgegangen waren, dass er ihnen, wie an Silvester, einen Streich spielen wollte.
Liane fing an zu Weinen. Ihre Stimme stotterte und wurde nun auch undeutlich. Mike versprach, dass er sofort bei ihr vorbei kommen würde. So machte Mike sich auch sofort auf den Weg, er sprang sozusagen in seine Hose. Es war die gleiche von Gestern, er zog sich aber ein sauberes T-Shirt und Socken an. Er knöpfte sein Schuhe zu und griff seine Hausschlüssel sowie sein Mobiltelefon. Er brauchte nicht weit zu gehen da sie beide nur vier Häuser voneinander entfernt wohnten. Mike brauchte auch nicht zu klingeln da er hinten herum ging und so direkt in der Küche landete. Liane hatte ihre Tränen schon getrocknet.
»Kaffee?«, fragte sie Mike. Der nickte und antwortete nur kurz dass er nichts dazu brauchte.
»War es eine schwere Nacht?«, fragte Liane ihm.
»Nein« sprach Mike und schüttelte seinen Kopf. Er beschrieb im Groben und Ganzen den Ablauf des Abends und konnte sich keinen Reim da drauf machen warum Bruno so plötzlich abgehauen war.
»Was ist mit Jan, was weiß Der?«, fragte ihn nun Liane. Mike nahm sein Mobiltelefon und rief Jan an. Der war knapp Zwanzig Minuten später auch in der Küche bei Liane. Die Drei saßen nun schweigend da und tranken Kaffee. Jan sprach als Erster.
»Wir sollten die Polizei anrufen und denen melden, dass Bruno weg ist.« Die Beiden nickten. Jan rief dann eins eins null an. Nach einer Weile meldete sich eine Stimme . Jan sprach nun in sein Telefon und erklärte was passiert war. Er macht nun hektische Bewegungen zu Liane, dass er etwas zum Schreiben brauchte. Liane sprang auf und lief zum Gang, wo ein kleiner Tisch mit den Festnetzanschluss-Telefon stand. Dort lagen auch ein Notizblock und ein Stift. Sie griff die beiden Sachen und kam zurück in die Küche. Jan nahm den Stift und schrieb eine Adresse sowie eine Telefonnummer auf. Er legte nachdem er sich bedankt hatte, auf.
»Also vermisst können wie ihn nach Vierundzwanzig Stunden melden.
»Der«, er zeigte auf sein Mobiltelefon,
»hat aber schon ein wenig aufgenommen. Wir müssen uns aber bei dieser Adresse melden und eine Anzeige aufgeben.« Er schaute die Beiden an und wartete auf irgend einen Kommentar. Beide schwiegen jedoch. Liane standen die Tränen in ihren Augen. Mike war nur geschockt.
»Er meinte wir könnten auch selber Suchplakate machen. Das machen die Meisten, da die Polizei für so etwas nicht zuständig ist .« Jan nahm Lianes Hand.
»Der taucht wieder auf« sprach er ihr beruhigend zu.
»Ich mache mich gleich an die Arbeit«, sagte nun Mike.
»Wie oder was soll drauf stehen?« Jan überlegte und meinte, dass ein Foto nicht schlecht wäre. Mike meinte, dass er bestimmt noch ein Foto von Bruno in seinem PC hätte. Die Drei überlegten sich einen Text und schrieben den auf. Mike machte sich auf zu seinem Haus und versprach so schnell er konnte ein paar Flyer zu basteln. Jan schlug vor, zusammen mit Liane zum Polizeikommissariat zu gehen um die Anzeige aufzugeben. Mike Schaute die Beide fragend an.
»Meint ihr nicht, dass es etwas zu früh dafür ist?« Die Beiden schauten ihn an.
»Lieber zu früh als zu spät oder gar nicht« Sprach Jan. Die Drei vereinbarten, sich hier um vier Uhr wieder zu treffen. Liane rief kurz ihre Nachbarin an und fragte sie, ob sie kurz auf ihre Kinder aufpassen könnte. Das war alles schnell geregelt. Und keiner stellte Fragen. Jan und Liane fuhren in die Stadt und zum Kommissariat und machten eine Vermisstenanzeige.


Der diensthabende Polizist meinte, dass das nicht ginge. Jan konnte ihn nach einem kurzen Gespräch und der Erklärung das Beide morgen früh zur Arbeit mussten überzeugen, zumal da Bruno noch nie in seinem Leben so etwas gemacht hatte. Zögerlich schrieb der Beamte das Protokoll und fragte nach einer Beschreibung sowie einem Foto des Vermissten.
Liane kramte in ihrer Tasche und fand ein Foto von Bruno mit den Kindern. Der Beamte schaute sich das Bild an und erklärte das dies nicht so hilfreich wäre.
»Sehen sie, das Gesicht ist von der Seite und dann ist es auch noch sehr klein.« Er lief zu einem Scanner der an einen Computer angeschlossen war und scannte das Bild ein.
»Wenn sie zu Hause ein Besseres finden würden, wäre das schön!« brüllte er herüber. Liane weinte leicht. Nach ein paar Minuten war der Beamte fertig mit den Formalitäten und schob ein paar Formulare über den Tresen. Er zeigte Liane ein paar Felder die Mit einem Kreuz gekennzeichnet waren.
»Tja, dann bitte neben den Kreuzen unterschreiben, dann kann ich das Ganze in den Computer eingeben.« Jan und Liana schauten sich etwas verwundert an. Hatte er nicht das Bild und diverse Texte in einen Computer eingegeben? Schweigend unterschrieben sie die Formulare.
»So«, sprach der Beamte wieder.
»Nun kann ich das Ganze in den Fahndungs-Computer geben, damit dann die Suche auch Landesweit erfolgt. „Ich danke Ihnen« Er reichte Liane die Hand. Sie nahm sie zögerlich und wusste nicht genau was nun passieren würde. Er schüttelte Jan die Hand und versprach, dass er sich nun um die Sache kümmern würde und sobald sie etwas hätten würden sie benachrichtigt. Er drehte sich um und ging zu einem Schreibtisch.
Schweigend nahm Jan Liane unter den Arm und führte sie langsam aus dem Revier. Beide standen draußen und wusste nun auch nicht genau, was sie Tun sollten. Liane schlug vor, dass sie nochmal zu der Disco fahren sollten und nochmal suchen sollten. Jan war dagegen, aber der Blick in Lianes Augen sprach Bände, so dass er ohne Murren zu der Disco fuhr. Er parkte das Auto auf nahezu genau derselben Stelle von der sie morgens weggefahren waren. Liane stieg aus und lief zur Disco. Es gab eine Klingel und sie drückte sie. Nach einer Minute oder so drückte sie sie nochmal. Jan stand ruhig neben ihr.
»Scheiße, Scheiße, wieso machen die nicht auf?« Jan zeigte ihr ein Schild.
»Öffnungszeit von Zwanzig Uhr bis Sechs Uhr. Inhaber: Ismael Zabira«.
»Und was machen wir jetzt, wie erreiche ich den denn?« Liane war verzweifelt. Sie drehte sich um und schaute auf den Parkplatz.
»Wo habt ihr denn gesucht?«, fragte sie Jan. Er zeigte in die Richtung, die Mike und er am frühen Morgen gegangen waren.
»Gut«, sagte Liane
»Dann fangen wir am Parkplatz an, laufen am Kanal lang und gehen über die nächste Brücke, dann den Weg zurück.« Jan nickte und Beide machten sich auf den Weg. Sie liefen schweigend am Kanal entlang und suchten alles was auf dem Weg lag ab. Sie kamen nun zur nächsten Brücke und überquerten den Kanal um auf der anderen Seite weiter zu suchen. Es dauerte ziemlich lange, aber irgendwann schaute Jan auf seine Uhr.

»Wir sollten zurück, nach Hause. Hier ist er nicht und Mike wartet bestimmt schon auf uns.« Liane fing wieder an zu weinen. Jan nahm sie in den Arm und führte sie über die Brücke zurück zum Parkplatz. Kurz nach neun kamen die Beiden wieder zu Hause an. Mike saß in der Küche und hatte einen Stapel selbst gedruckter Plakate mitgebracht. Er hatte Reißzwecken, einen Tacker den man aufklappen konnte sowie zwei Rollen Tesafilm.
»Was machen wir denn nun?«, fragte Mike die Beiden . Liane war nicht mehr in der Lage zu sprechen. Der ganze Trouble um ihren Mann hatte sie fertig gemacht. Jan schlug vor, dass sie zurück in die Stadt fahren sollten und rund um den Bereich der Disco die Plakate aufhängen sollten.
Die Drei fuhren wieder zurück in die Stadt und fingen an die Plakate aufzuhängen. Ein paar klebten sie an die Tür der Disco. Andere wurden an Bäume angeschlagen. Selbst der Parkautomat auf dem Parkplatz, der nur in der Woche im Gebrauch war, wurde vollgeklebt.
Mike lief am Kanal entlang und verteilte die Plakate auch an Spaziergänger, die an dem Sonntagabend vorbei liefen. Liane saß auf einer Bank am Kanal und schaute traurig über das Wasser. Wo war ihr Mann abgeblieben. Warum machte er so was. Sie fing wieder an zu weinen. Ein alte Frau mit Ihrem Hund kam an ihr vorbei und versuchte, sie anzusprechen. Liane antwortete nicht. Die Frau ging weiter. Mike und Jan kamen nach einer gewissen Zeit zurück und setzten sich neben Liane auf die Bank.
»Wir sollten noch am Bahnhof vorbeifahren und dort auch ein paar Plakate aufhängen« sprach Mike. Schweigend stiegen die Drei in das Auto und verließen den Parkplatz auf dem Weg zum Bahnhof.
Jan und Mike stiegen aus und machten sich an die Arbeit. Ein Bahnangestellter sah die Beide ein Plakat aufkleben und stürmte etwas wutentbrannt auf die Beiden zu.
»Das Aufhängen von Plakaten ist strengstes verboten« schnaufte er die Beiden an. Mike war geschockt. Jan ergriff das Kommando und versuchte sich zu entschuldigen bei dem Bahnangestellten. Jan erklärte ihm, dass es sich um einen Familienvater handelte und die Mutter sich völlig verzweifelt fragte, wo ihr Ehemann abgeblieben wäre. Der Bahn Angestellte wollte einen Spruch loslassen, über so etwas wie gelangweilte Ehe oder so, aber Mike kam ihm zu vor mit dem Satz, dass Bruno seine Kinder über alles Liebt. Der Bahnangestellte bemerkte, dass die Situation ernst war und erklärte den Beiden, wo sie ausnahmsweise die Plakate aufhängen durften. Und er gab Ihnen den Tipp, auch ein Paar Plakate am ZOB aufzuhängen. Mike bedankte sich bei dem Beamten und sie machten sich ans Werk. Als erstes begaben sie sich zum Hinterausgang und entdeckten die Wände, die der Beamte meinte. Sie tackerten ein paar Plakate daran fest und machten sich dann auf den weg zum vorderen Eingang. Hier stand eine Litfaßsäule, und es war ein gute Idee dort ein paar Plakate anzukleben. Sie machten ein Kreis von Plakaten um die Säule. Dann gingen sie zum ZOB und klebten hier auch ein paar Plakate an. Sie liefen zurück zu ihrem Wagen und sahen Liane neben dem Wagen stehen und eine Zigarette rauchen.
»Seit wann rauchst Du?«, fragte Jan sie entsetzt.
»Lass mich in Ruhe« schrie sie Beide an
»Ich will nach Hause, Bruno wartet dort auf mich.« Mike schaute Jan an, die Beiden sprachen kein Wort. Mike öffnete die hintere Tür und Liane stieg schlotternd ein. Sie schmiss ihre Zigarette genervt auf die Straße. Mike trat sie aus und stieg vorne ein. Sie brachten Liane nach Hause. Frau Grott schaute vorbei um zu fragen, was los wäre, sie hatte Liane weinen sehen als sie ins Haus ging. Liane erzählte ihr durch die Tränen hindurch, das Bruno weg wäre. Frau Grott nahm Liane in die Arme und schlug ihr vor, dass sie sich hinlegt.
»ward ihr schon bei der Polizei?«, fragte sie die beiden Herren. Sie nickten. Frau Grott brachte Liane nach Oben. Liane legte sich angezogen auf das Bett.
»Willst du dich nicht aus ziehen?«, fragte Frau Grott Liane. Liane weinte und meinte, dass sie so schneller raus könnte im Falle dass Bruno wieder auftauchte.
»Wie du meinst«. Frau Grott verließ das Zimmer.
»Ich lass die Tür auf, ja, und schrei, wenn Du was brauchst« Jan saß unten und hatte die Polizei wieder angerufen. Er sprach ab und zu und wartete dann um die Antwort auf zu nehmen. Er schrieb ein paar Sachen auf und bedankte sich bevor er den Hörer auflegte.
»Die haben eine Suchaktion gestartet und eine Mediennachricht heraus gegeben.« erzählte er ihnen.
»Was ist denn genau passiert?«, wollte Frau Grott nun wissen. Mike erzählte ihr so gut er konnte, was passiert war und was sie bis jetzt gemacht hatten.
»Tja, dann können wir nur Warten und Beten, ich mach mal ein Tee, ihr auch?«, sagte Frau Grott und stand auf. Sie lief zum Herd und nahm den alten Teekessel. Sie füllte ihn mit Wasser, stellte ihn wieder auf den Herd und schaltete die entsprechende Platte ein. Sie öffnete ein paar Schränke und fand die Sachen, die sie für den Tee brauchte. Sie machte vier Tassen fertig und lief mit zwei fertigen Tassen Tee nach oben. Liane schlief. Frau Grott drehte sich um und ging wieder nach unten in die Küche.
»Sie schläft« berichtete sie den beiden Herren.
»Wer bleibt nun bei ihr?«
»Wie meinst du?«, fragte Jan.
»Nun wir können sie Heute nicht alleine lassen«, sagte Frau Grott,
»Wo sind die Kinder?« Die Drei beratschlagten sich und kamen zu dem Entschluss dass die Kinder erst mal bei den Nachbarn gut aufgehoben wären. Mike erklärte, dass er am nächsten Morgen sowieso nicht raus musste, da er arbeitslos war. Frau Grott sprach mit den Nachbarn und schilderte die Situation im Groben. Sie ging nicht im Detail auf Alles ein und klärte dass beide Kinder dort übernachten könnten, es wären ja noch Ferien und sie hätte gerade angefangen ein Spiel zu spielen. Und eigentlich wollte die Rasselbande Heute in Freien schlafen.
»Das ist erst mal geklärt« sprach Frau Grott
»Die Kinder spielen Heute Nacht beim Nachbarn irgend ein Spiel«. Jan hatte den Fernseher an und hatte den Lokalbericht nun auf dem Schirm. Die Drei saßen am Küchentisch mit den Teetassen in den Händen und schauten schweigend auf den Schirm. Kurz vor acht kam das Bild, das Mike für das Plakat gemacht hatte auf den Schirm. Eine Stimme berichtete über einen Familienvater der seit dem Morgen vermisst wurde. Eine Telefonnummer war eingeblendet. Das war alles was berichtet wurde. Die Drei verabschiedeten sich voneinander und Mike machte es sich auf dem Sofa bequem. Es war eine ruhige Nacht.


** 3

Dienstagmorgen früh, sehr früh.
Kapitän Preusse begab sich in den Maschinenraum und nahm eine Ölkanne in die Hand. Er tropfte auf diverse Stellen Öl und drehte an ein paar Fettbuchsen. Er presste mit einer Fettpresse ein paar Stellen ab und öffnete dann ein paar Ventile. Er schaute sich noch ein wenig in dem Maschinenraum um und begab sich dann zu einem Schaltpaneel. Er schaltete den Stromkreis ein und überprüfte ein paar Messinstrumente. Auf zwei Instrumente klopfte er kurz mit seinem Finger. Die Nadel bei einem bewegte sich schlagartig nach unten. Nachdem er sich überzeugt hatte, dass alles zur Zufriedenheit funktionierte, drehte er einen Schalter und ein Glühfaden aus Metall fing langsam an, seine Farbe zu ändern, von Schwarz langsam auf Rot. Preusse zählte laut und bei jedem Zehnerschritt sprach er etwas lauter. Bei sechzig angekommen drehte er den Schalter weiter nach rechts. Ein lautes Klicken gab zu erkennen, dass etwas einrastete. Ein Brummen ging nun durch denn Motorraum. Irgendwo lief ein Elektromotor.
»Pwahhh puffff Pwaahh pufff« klang es plötzlich vom Motor. Nach ein wenig lautem Stöhnen und Knattern klang nun ein synchrones
»Rattta taaa puff« Der Motor war angesprungen. Preusse ließ den Schalter los und der Glühfaden änderte nun seine Farbe von Orange über Rot nach Schwarz. Es leuchteten nun ein paar Lämpchen auf dem Kontrolltafel mehr auf. Und ein paar Nadeln der Instrumente hatten sich auch in Bewegung gesetzt. Kapitän Preusse schaute sich noch ein Weilchen in seinem Maschinenraum um, dann kletterte raus aus dem Raum.
»OSCAR« brüllte er.
»Fertig machen zum Ablegen« Preusse begab sich in den Steuerstand und funkte die Schleuse an, um nachzufragen ob er loslegen könnte. Es gab eine Bestätigung und die Lichter der Schleusenkammer standen nun auch auf grün. Das erste Tor stand nun auch auf.
»LOS MACH HINNE!« brüllte er aus der Tür. Oscar hatte die Vorleine schon los gemacht und war nach hinten gelaufen. Dort stand er nun und wartete dass Preusse rückwärts fuhr, so dass der Dampf aus dem Festmacher kam, und er die Achterleine losmachen konnte. Die MS Erika Jansen fuhr nun langsam rückwärts. Sie drehte dabei ein wenig ihren Bug nach Backbord, so dass sie nun fast mittig im Kanal lag.
»LOS MACHEN!« brüllte Preusse aus der Tür. Es war gut, dass Oscar ziemlich genau wusste, wie das Manöver vor sich ging, da wo er stand, hörte man die Stimme nämlich nicht. Oscar warf den Festmacher ab und kletterte schnell an Bord. Er zog das dicke Tau an Bord. Preusse gab nun ein wenig Schub nach Vorne und langsam setze die MS Erika Jansen sich auf die Reise. Heute Mittag sollte sie Ladung löschen und morgen eine neue Ladung bekommen. Das Schleusenmanöver lief wie geschmiert wie jedesmal und kurze Zeit später war das Schiff auf seinem Weg. Kaptain Preusse fand diese Teilstrecke irgendwie am schönsten, da er fast durch die ganze Altstadt fuhr. Die dicke Schraube der Erika Jansen pflügte sich durch das Wasser. Die Tiefe des Kanal lag so bei zwei Metern und die Erika lag fast anderthalb Meter tief im Wasser. Man konnte daher sehen wo die Erika lang gefahren war. Sie hinterließ eine Spur von aufgewühltem Schlamm hinter sich. Ab und zu riss die Schraube auch Gras aus dem Boden des Kanals.


Der Wecker klingelte und eine Hand glitt unter einem Kissen hervor und versuchte den Knopf am Wecker zu finden. Laut klingelnd stürzte der Wecker zu Boden, wo er auf dem kalten Holzflur weiter seinen Lärm fortführte. Ein unrasiertes Gesicht schaute die Lärmquelle an. Nun gelang es ihm, den Knopf zu drücken und es war still im Raum. Langsam bewegte sich der Körper aus dem Bett. Auf der Bettkante sitzend rieb Jürgen Ernstig sich durch seine zerzausten Haare, wo jetzt schon ein paar Graue zum Vorschein kamen. Er hatte eine lange Nacht hinter sich, aber er und sein Team konnten den Fall abschließen. Sie hatten danach noch im Bistro bei George gefeiert. Er hatte etwas zu viel getrunken, sich jedoch bereit erklärt den Bericht zu schreiben, deswegen war er früh aufgestanden.

Frau Kowalskie war gerade rausgegangen und lief am Kanal entlang. Leopold schnüffelte durch das taufrische Gras auf der Suche nach seinen Rivalen, sie waren hier gewesen. Es war kurz nach Sieben und Frau Kowalskie ging immer mit Leopold am Kanal Gassi. Leopold rannte vor auf der Suche nach Rivalen, aber die Spur war alt. Ein Gebrumm erreichte seine Aufmerksamkeit. Er blieb stehen und steckte seine Nase in den Wind. Er roch nichts aber er spürte etwas.
»ALARM« Er fing an zu kläffen. Frau Kowalskie war nicht die Schnellste, vor allen nach der letzten Hüftoperation, aber sie konnte noch sehr gut Sehen.
»Was ist denn mein Guter?«, fragte Frau Kowalskie, als Leopold anfing zu kläffen. Er hörte ja auf als er merkte, dass das Frauchen sich für ihn interessierte. Er lief wieder nach Vorn, Richtung kanalaufwärts, und knurrte nochmal. Frau Kowalskie schaute nun auch in die Richtung.
»Aha, ein schwarzes Monster taucht auf und du willst mich schützen. Gut gemacht, mein Leopold.« Leopold war stolz auf sich und lief mit wedelndem Schwanz um sein Frauchen herum. Sie hatte ihn gelobt. Die MS Erika Jansen pflügte sich durch den Kanal Richtung See und war nun im Bereich der Altstadt. Kapitän Preusse stand am Steuer und sah die alte Dame mit dem Weißen Hund am Ufer entlang laufen. Im Kanal war in dem Moment nur, wie Frau Kowalskie meinte, das Schwarze Monster. Sonst war es ruhig. Selbst die Vögel schienen zu schlafen. Das Binnenschiff schob sich schwer durchs Wasser und setzte dadurch eine riesige Wassermenge in Bewegung. Es sah aber alles friedlich aus. An der Uferseite kam nur ein kleine Welle an, die in einem fast fünfundvierzig Grad Winkel dort ans Ufer antickte und dann wie beim Billard in die entgegengesetzte Richtung wieder zurückfloss in den Kanal. Was jedoch bedrohlicher aussah, war das Wasser, das unter den dicken schwarzen Bug gezogen wurde, als ob die Erika Durst hatte und alles unter sich verschluckte, Um es dann kurze Zeit später hinter sich wieder auszuspucken. Mit ein wenig grauem Schleim. Unterwasser war durch den niedrigen Wasserstand auch viel Bewegung. Brunos Körper wurde durch die Erika Jansen angezogen, konnte sich aber nicht weiter bewegen, da er immer noch in Wasserpest festhing.


Es kam aber nun viel Bewegung in den Körper und als das Wasser zurückfloss war Brunos Körper frei, er wurde Richtung Ufer gedrückt. Nun folgte das Schraubenwasser, das den Boden aufwühlte und Brunos Körper, nun freigekommen, wiederum in die Mitte des Kanals zog. Er tauchte unversehrt hinter der Erika Jansen auf, schwamm aber mit dem Gesicht nach unten. Frau Kowalskie schaute der Erika Jansen nach, als sie unter der Brücke durch fuhr.
»Die ist bald wieder da Leopold«, sagte sie zu Leopold und streichelte ihm über seinen Kopf. Frau Kowalskie drehte sich langsam um in ihre Laufrichtung. Da fiel ihre Aufmerksamkeit auf etwas Dunkles, dort im grauen Schraubenwasser der Erika Jansen. Sie blieb stehen und schaute das Etwas im Wasser nun genauer an. Auf den ersten Blick sah es nur aus wie Gelumpe das dort trieb, aber bei genauerem Hinsehen tauchten nun die Umrisse eines Körpers auf. Frau Kowalskie war geschockt. Gut, sie hatte in ihrer Jugend Tote gesehen und war davon nicht so geschockt. Aber nun hier, am frühen Dienstagmorgen. Nee, das war nicht gut. Frau Kowalskie drehte sich hektisch um auf der Suche nach irgendwelchen Personen, aber wie das Leben so spielt, wenn man auf andere Leute angewiesen ist, dann ist man verlassen. Weit und breit war keine Menschenseele zu sehen. Leopold wurde ungeduldig und wollte weiter. Er hat einen Rivalen entdeckt und der war gar nicht so weit entfernt. Er bellte sein Frauchen an.
»Leopold, Ruhe, ich muss nachdenken.« Frau Kowalskie sah ein paar Meter weiter eine Bank und beschloss sich dort hinzusetzen. Sie ließ den Körper im Kanal nicht mehr aus den Augen. Hätte sie doch mal auf ihre Tochter gehört und immer ihr Handy, oder wie dieser neumoderne Kram heißen darf, mit genommen. Damit könnte sie Hilfe herbei rufen. Nun, sie hatte keine Lust, das immer mit zu schleppen. Außerdem hatte sie Angst, dass man sie abhören könnte. Frau Kowalskie saß auf der Bank und überlegte. Da tauchte ein Radfahrer auf. Frau Kowalskie sprang auf, und stellte sich auf den schmalen Weg am Kanal, um ihm zum Halten zu zwingen. Der junge Mann hielt genervt an und Frau Kowalskie fragte ob er so ein Hundy hat. Er verstand sie nicht und wollte weiter Radeln. Sie hielt jedoch seinen Lenker fest und zeigte auf den Körper im Kanal. Der Junge man dachte das sie spinnt und wegen einem Müllhaufen so einen Terz machte.
»Ich muss die Polizei anrufen und brauche ein Höndy.« sprach sie wieder. Nun verstand er, was sie meinte.
»Ein Handy«. sagte er.
»Nein tut mir Leid aber so was hab' ich nicht bei mir wenn ich radel.«
»Können sie die Polizei anrufen?«, fragte Frau Kowalskie.
»Wenn sie an einer Telefonzelle vorbeikommen?« Sie drückte ihm Fünfzig Cent in die Hand. Der Radfahrer schaute sie an und gab ihr die fünfzig Cent wieder.
»Das geht umsonst, und was soll ich denn sagen?« Frau Kowalskie dachte darüber nicht nach und meinte das er die Wahrheit erzählen soll.
»Nun ja, ich werd' denen mal sagen, dass sie hier auf sie warten und irgendetwas im Kanal schwimmt, das aus sehen kann wie eine Leiche, wie ist ihr Name, wenn ich bitten darf?«, sprach der Radfahrer.
»Frau Kowalskie«, sagte sie «mit einem I E am ende«
»Ich danke ihnen Frau Kowalskie.« Der Radfahrer machte sich wieder auf den weg. Er überlegte sich noch ob er tatsächlich die Polizei anrufen sollte. Vielleicht spann die Alte ja. Er schaute sich noch ein mal um. Die alte Frau hatte wieder Platz genommen auf der Bank. Gut, dachte er sich. Die wird nicht eher Ruhe geben, bis die Polizei da ist. Er rief die Polizei an, und entschuldigte sich schon mal im voraus, im Falle, dass die Alte Dame ihn reingelegt hatte.


Hellen saß auf dem Beifahrersitz und war etwas pikiert über ihre Kollegen. Mal wieder war ein blöder Spruch gefallen, als sie heute Morgen ihren Dienst angefangen hatte. Im Umkleideraum standen plötzlich drei ihrer Kollegen, während sie beim Umziehen war. Gut das sie nicht so viel zum Umziehen brauchte. Sie hatte sich selber angewöhnt keine sexy Unterwäsche oder etwas anderes Aufregendes zu tragen. Es könnte sein, dass ihre Männer das in falsche Augen bekommen konnten. Nein, sie trug ein Schlabbershirt und schlecht aussehende Boxer. Und die waren auch noch eine Nummer zu groß sowie einen Sport-BH. Hellens Brüste waren fest und gut geformt. Sie brauchte eigentlich keinen BH, aber um ihre Kollegen nicht in Verlegenheit zu bringen, trug sie den Sport-BH. Ihre normale Ausstattung sah ganz normal aus. T-Shirt und Jeans. Eine ihre Kolleginnen hatte sich gerade in ihre Uniform gezwängt, als Hellen in ihrer unterwäsche dastand und drei Kollegen reinkamen.
»Betsie, wann ist denn Dein Polterabend?«, fragte einer der männlichen Kollegen.
»Was für ein Polterabend?«, fragte Betsie verwundert.
»Nun von Deiner Hochzeit« Die Blicke der drei Herren waren nun alle auf Hellen fixiert. Betsie gab keine Antwort, da sie auch nicht wusste worum es ging. Sie war genau wie Hellen überfragt.
»Was soll das hier?« Olaf stand ziemlich weit vorne.
»Ich dachte, dass man Dir schon ein Heiratsantrag gemacht hat und es bald eine Verlobung gäbe.« Betsie hob nur ihre Schultern und schaute Hellen an.
»Spinner«, sagte sie nur. Hellen hatte gerade ihre Diensthosen an und versuchte nun die Bluse anzubekommen. Sie war etwas zu eng. Sechs Paar Augen blickten gierig auf diese Aktion. Hellen drehte sich um und knöpfte langsam aber sicher ihre Bluse zu. Sie war genervt von dieser Aktion der Herren.
»Und?«, fragte sie die Drei. Die antworteten nicht sondern verließen den Raum.
»Was für ein Haufen Spinner« meinte Betsie nun laut. Hellen nickte. Sie wusste genau warum sie es hasste, sich hier umzuziehen. Sie begab sich zur Dienstbesprechung und wurde für Heute wieder zum Streife fahren eingeteilt. Sie war hier als Praktikantin und musste noch acht Wochen absolvieren. Und zwei Wochen zur Schule. Nun ja, es hätte schlimmer sein können. Robbert wurde ihr als Partner zugeteilt. Mit ihm hatte sie keine Probleme. Sie kannte ihn nicht so, hatte aber schon ein paarmal mit ihm Dienst gehabt. Es war das dritte Mal das sie mit ihm Streife fuhr. Aber er war verheiratet und liebte seine Frau und die Kinder. Er hatte drei. Robbert und sie waren für heute auf der 2412 eingeteilt. Das hieß, dass sie für die Innenstadt zuständig waren. Robbert hatte die Schlüssel. Er schaute Hellen an und fragte sie ob sie fahren wollte. Hellen überlegte und kam zu dem Schluss das sie heute keine Lust hat das Kommando an sich zu reissen. Robbert schloss auf und beide stiegen ein. Robbert startete den Wagen
»Tja, dann lass uns mal die Stadt unsicher machen« sprach er und ließ den Motor laut aufjaulen. Hellen schaute ihn verdutzt an,
»Alles in Ordnung?«, fragte sie ihn. Er lachte. Und ließ das Auto langsam vom Hof rollen.
»Keine Lust heute oder generell nicht?« Hellen schaute ins Handschuhfach und fand ein altes Kaugummi, benutzt und ausgekaut,
»Ihhh, das fängt ja gut an! Nee, mir geht es gut, nur die drei blöden Männer heute morgen nervten ein wenig oder mehr«, sagte sie zu Robbert und versuchte, das Kaugummi zu entsorgen, indem sie es in ein Taschentuch einwickelte.
»Wie?, Wen meinst du denn?«, fragte Robert. Hellen schilderte ihm den Vorfall im Frauenumkleiderraum.
»Tja diese Grünschnäbel versuchen es immer wieder; einen kurzen Blick in eure Umkleide und dann das Fleisch begutachten.« Sprach Robbert und setzte den Blinker nach Links.
»Was ich aber nie verstanden hab. Frauen in Unterhöschen, oder was trägst du?«
»Interessiert Dich das nun oder was?«, maulte Hellen nun etwas genervt und überlegte, wo sie nun das Taschentuch hintun konnte um es verschwinden zulassen. Gerade wollte Robbert ihr erzählen das er Tangaslips trug, als Witz natürlich, als ihre Funke sich meldete.
»2412 bitte zum Ruderclub. Dort am Kanal sitzt eine Frau Kowalskie mit einem Hund. Sie hat eine Leiche im Kanal gesehen, könnt ihr das mal überprüfen?« Hellen beantworte den Funkspruch und schaute Robbert an.
»Blaulicht?«, fragte sie ihn.
»Nein, wenn dann ist der oder die schon tot oder es ist ein Fehlalarm, und übrigens, ich trage Tanga.« Hellen schaute Robbert verblüfft an und fing an zu Lachen.
»und ich Boxer-Shorts« Ihr Polizeiauto tauchte kurze Zeit später auf der Brücke auf. Sie versuchten einen Blick auf den Kanal zu werfen, kamen aber zu keinem Ergebnis. Robbert parkte das Auto unweit von der Brücke und beide stiegen aus. Sie liefen zurück zur Brücke und schauten runter auf das Wasser, Richtung Ruderclub. Sie konnten beide nichts außergewöhnliches sehen. Auch die alte Damen mit Hund war nicht zu sehen. Sie begaben sich nach unten in dem sie einen Gang unweit der Brücke benutzten. Gut, irgendeine Frau mit Hund in der Nähe vom Ruderclub. Sie liefen ein Stück am Kanal entlang als Hellen die Dame entdeckte.
»Robbert sie ist auf der anderen Seite.« sie zeigte über den Kanal zum anderen Ufer.
»Scheiße, war ja klar, dass wir auf der falschen Seite angefangen haben«, meinte er genervt.
»Murpies Law« sprach Hellen und lachte.
»Na, macht es Spaß?«, fragte er sie.
»Hellen hob die Schulter.
»Weiß noch nicht.« Sie liefen den Gang wieder hoch und überquerten die Brücke um dann via Treppe wieder am Kanalufer zu landen. Frau Kowalskie saß bereits lange auf der Bank bis endlich die Polizei kam.
»Moin«, sagte Robbert.
»Sie haben angerufen?« Frau Kowalskie stand auf und begrüßte die beiden freundlich.
»Nein ich hatte einen jungen Mann gefragt ob er anrufen kann. Das hat aber lange gedauert.« Sie rieb sich den Hintern.
»Ist ja eingeschlafen und kalt geworden« und lachte ein wenig.
»Gut dann erzählen sie mal was sie gesehen haben.« Sprach nun Robbert.
»Dort«, sprach Frau Kowalskie und zeigte mit ihrem Finger auf den Kanal, genau dort, wo nun der graue Schlamm ein wenig abebbte und ein etwas dunkler Haufen inmitten des Kanals sichtbar war. Er war fast homogen mit dem dunklen Wasser des Kanals. Aber wenn einer genau hinsah, konnte er einen Anzug erkennen. Robbert und Hellen schauten nun auch in die Richtung, die Frau Kowalskie anwies. Erst sahen sie es nicht, aber dann sagte Hellen zu Robbert.
»Ich glaube, dass es sein könnte, dass es dieser Familienvater ist, der am Wochenende verschwunden ist.« Robbert schaute intensiv auf den Kanal.
»Wo denn?« Hellen sah den Körper als Erste. Sie stellte sich neben Robbert und zeigte mit ihrem Finger in die Richtung, wo sie meinte, die Leiche gesichtet zu haben, so das Robbert nun etwas genauer die Richtung mitbekam.
»Das sieht aber nicht nach einer Leiche aus«. In dem Moment hob eine kleine Welle den Arm etwas hoch, so dass die Hand kurz zu sehen war und es aussah, als ob es Robbert zuwinkte.
»huuu ähhm nunja, nun glaub' ich doch, dass es eine sein könnte, hast du das gesehen? Es hat uns zugewunken.« Hellen schaute Frau Kowalskie an. Die lachte.
»Ist ihr Kollege immer so ängstlich?«, fragte sie Hellen.
»Nein, glaube ich nicht, er ist ein richtiger Mann, gut er trägt ja Tanga-Slips, aber sonst..« sprach Hellen und lachte.
»Funk mal die Zentrale an,«, sagte Robbert, nun etwas genervt.
»und frag mal nach der Wapo.« Hellen nahm ihr Funkgerät und wollte gerade loslegen.
»Was ist Wapo?«, fragte sie aber dann.
»Wasserschutzpolizei«, sagte Frau Kowalskie. Nun lachte Robbert.
»Sorry, sie ist neu hier.« erklärte er Frau Kowalskie. Hellen funkte die Zentrale an und fragte nach der Wapo. Die Zentrale bestätigte die Anfrage und bat die Beiden dazubleiben, bis die Wapo sich bei ihnen gemeldet hatte. Robbert hatte sich nun auch auf die Bank gesetzt und knuddelte Leopold, der froh war, dass er nun endlich wieder ein wenig Aufmerksamkeit bekam. Hellen unterhielt sich indessen mit Frau Kowalskie. Sie hatte ihr Notizbuch gezogen und wollte ein paar Notizen machen. Frau Kowalskie erzählte aber unheimlich viel und Hellen hatte Mühe, das alles in sich aufzunehmen, um danach das, was sie nun alles an Information bekommen hatte, auf das wichtigste zu reduzieren, um es dann aufzuschreiben. Robbert schaute die beiden an.
»Alles klar Hellen?« Hellen war ein wenig verblüfft ihren Kollegen dort auf der Bank zu sehen, mit dem Hund spielend.
»Was ist mit der Arbeit?«, fragte sie leicht genervt.
»Nun, wir sitzen hier erst mal fest und müssen auf das Boot der Wasserschutz warten. Und was Frau Kowalskie dir nun erzählt ist ganz nett, aber tut hier nichts zur Sache.«, sprach er in Ruhe zur ihr.
»Aber da kann Mann oder Frau bestimmt eine ganze Menge von Lernen.« Hellen setzte sich neben ihn und klappte ihr Notizbuch zu.
»Wie meinst du?«
»Nun soweit ich das sehe, ist der arme Kerl in den Kanal gesprungen und ertrunken. Ein Verbrechen sehe ich erst mal nicht.« sprach er zu ihr.
»Und da bist du dir sicher?«, fragte sie ihn.
»Ich schau mich mal auf der anderen Seite um, mal sehen ob ich da was finde.«, sagte Hellen.
»Mach was du nicht lassen kannst.« meinte Robbert. Und knuddelte Leopold weiter. Der freute sich wieder riesig. Hellen stand auf und schaute sich die Uferböschung an, sie konnte nichts außergewöhnliches auf dieser Seite feststellen. Sie lief zur Treppe und begab sich langsam hoch zur Brücke. Sie untersuchte das Geländer und konnte auch hier nichts finden. Sie lief langsam über die Brücke zur anderen Seite, immer ausschauend nach irgend etwas. Was genau wusste sie nun auch nicht. Aber sie hatte eine Ahnung. Sie lief den Gang runter und stand nun auf der anderen Seite vom Kanal. Auch hier suchte sie nach irgend etwas. Sie schaute fast jeden Grashalm an. Und nach einer gewissen Zeit sah sie es. Ein paar Schuhe standen dort sauber aufgereiht. Es war aber nicht einfach zu sehen, da sie sich unter Büschen und einem Strauch befanden.
Sie ließ sie dort stehen
und suchte weiter. Das Boot der Wasserschutzpolizei kam auch endlich an. Es stoppte auf und schaute den Körper an, der dort im Kanal trieb. Es war ein Kriminalist an Bord . Der nahm Fotos und ließ die Leiche an Bord bringen. Er untersuchte den Körper und fand Papiere und Brieftasche. Es schien nicht zu fehlen. Er hatte auch noch Geld. Seine Uhr, gut, es war keine Teure, war auch noch da. Genau wie sein Ehering. Das einzige, was fehlte, waren die Schuhe.
»Die Schuhe sind weg« brüllte er zu Robbert,der immer noch mit Leopold spielte. Hellen winkte zum Polizeiboot.
»Die Schuhe sind hier« gab sie in ihr Funkgerät durch. Der Kriminalist schaute sich um und suchte die Frauenstimme am Funkgerät.
»Wer ist dort?« Sprach er nun in sein Funkgerät«
»Anwärterin Hellen Mayen auf der anderen Uferseite.« Er schaute sich um und sah sie dann am anderen Ufer, kurz hinter der Brücke, stehen.
»Wo?«, fragte er. Sie zeigte auf den Busch. Das Boot machte ein wenig Fahrt. Und bewegte sich auf Hellen zu. Der Schiffsführer versuchte an Land zu gelangen, was aber nicht ging, da der Kanal genau hier am Ufer flacher war.
»Wir fahren zum Ruderclub, bleiben sie dort« rief der Kriminalist ihr nun zu. Hellen fluchte ein wenig, weil ihr langsam kalt wurde, aber sie war ja Pflichtbewusst und blieb da wo sie war. Es dauerte ein Weile bis der Kriminalist wieder bei ihr war.
»Hauptkommissar Ernstig ist der Name. Und Danke verehrte Kollegin, wie war noch mal ihr Name?«, sagte Rudi Ernstig zu ihr.
»Hellen Mayen« und sie reichte ihm ihre Hand.
»Nun wo stehen sie denn?«, sprach er zu ihr. Hellen nahm ein paar Blätter des Gebüsches weg und HK Ernstig sah nun die Schuhe.
»So halten und lächeln« sprach er und fing an ein paar Fotos zu machen.
»Kannst du das von der andere Seite auch machen?«, fragte er Hellen.
»Ich versuch es mal«, sagte sie zu ihm. Sie drehte sich um und machte ein Schritt nach links. Sie hob die Blätter mit der rechten Hand und HK Ernstig knipste wieder wild herum. Er machte auch schnell ein paar Bilder von Hellen.
»Heee, was soll das?«, fragte sie genervt.
»Sorry, ist nur ein Spaß. Ich danke Dir. Was denkst Du, was hier passiert ist?«, fragte HK Ernstig nun Hellen. Hellen schaute sich die Schuhe in aller Ruhe an und warf einen Blick auf den Kanal, jetzt, wo wieder Ruhe ein gekehrt war.
»Ich denke das der freiwillig rein gegangen ist, aber wieso ist mir ein Rätsel.« HK Ernstig schaute Hellen an. Er nahm eine Tüte aus seiner Jacke, bückte sich und packte die Schuhe hinein.
»Genau meine Meinung, ich glaube nicht, dass hier ein Verbrechen stattgefunden hat.« teilte er Hellen mit.
»Keine Spuren von Gewalt hier zu finden, keine abgerissenen Blätter oder Grashalme.« HK Ernstig berührte die Blätter die Hellen vorhin für ihn weggedrückt hatte. Dann stand er auf.
»Danke Frau Kollegin.« Er schüttelte ihre Hand und ging zu einem Polizeiauto das auf der Brücke stand und dort auf ihn wartete. Hellen überquerte die Brücke und kehrte zu ihrem Streifenwagen zurück wo Robbert schon auf sie wartete. Er hatte ihr einen Kaffee geholt.
»Nun, was meinte Kommissar Ernstig?«, fragte er sie und überreichte ihr einen Becher.
»Ach nicht viel, irgendwie glaubte er an Selbstmord, der ist wohl freiwillig baden gegangen« sprach sie und nahm ein Schluck Kaffee.
»Und nun?«, fragte sie Robbert. Der startete den Wagen und ordnete sich langsam wieder in den Verkehrsfluss ein, der sich nun gebildet hatte.
»Mittag, und kurz im Präsidium vorbei, oder?« Hellen nickte und genoss den Kaffee, er wärmte sie. Sie lehnte sich zurück und genoss die Fahrt.
»Wieso bringt sich jemand um? Was war der Grund, warum dieser Typ schwimmen gegangen ist?«, fragte sie sich. Die Fahrt zum Präsidium wurde unterbrochen und die Beiden wurden zu einem Verkehrsunfall geordert. Es war eine einfache Sache, Auffahrunfall, mehr nicht. Es gab keine Verletzten.


** 4


Bruno der ehemalige Möchte-gern-Schwimmer lag später auf dem Seziertisch. Dr. Braun untersuchte die Leiche und nahm etwas Blut ab. Er schaute sich schon mal grob den Körper an. Er konnte so auf Anhieb keine Spuren von Verletzung finden. Er überprüfte die berühmten Stellen für Einstiche mit einem Vergrößerungsglas, Nichts. Er nahm die Röhrchen und begab sich zu einem Nebenraum. Es war ein kleiner Raum der mit Unterdruck arbeite. Er überlegte sich, ob er einen Anzug anziehen sollte. Dies war eigentlich die Vorschrift, wenn Verdacht auf einen Virus vorlag, aber nichts in diesem Fall wies auf so was hin, also beschloss Dr. Braun den Anzug hängen zu lassen. Er drückte auf einen Knopf, der sich links von der Tür befand. Ein Zischen erklang und die Tür schnappte auf. Er zog sie nun ganz auf und betrat den kleinen Raum. Er schloss die Tür hinter sich und wartete auf ein Signal, das gleich ertönen sollte, es war ein Signal das ihm zu erkennen gab, dass der Druck mit dem im Reinraumlabor gleich ist, wie der Vorraum. Dann erst konnte er die zweite Tür öffnen. Er hatte diesen Raum schon eine Weile nicht mehr betreten. Er hatte sich kurz überlegt ob es richtig war, ohne Anzug diesen Raum zu betreten. Aber er blieb dabei, es schien keine Gefahr von Bruno Stein auszugehen. Dr. Braun schaltete diverse Geräte an und begann, Proben aus dem Blut zu verteilen in und an diverse kleine Behälter. Ein paar Tropfen, in den Einen ein wenig mehr, in den Anderen; er stand ruhig dort während er dies tat. Es gab ein paar Pfeiffignale und ein Gerät gab fröhliche Klänge von sich.
»Nun gut dann los«, sprach er zu sich. Er stellte die diverse Proben unter die eine oder andere Maschine. während er dies machte, drückte er die zugehörige Taste und programmierte das eine oder andere Tastenfeld. Es gab nun mehr Geräusche im Reinraum. Es dauerte eine Weile bis Dr. Braun alle Geräte zu seiner Zufriedenheit laufen hatte.
»Is klar, der AbiPrism macht mal wieder Zicken.« Er lief zu dem Gerät und schaute auf den Bildschirm.
»Was soll das denn?« Er klopfte auf den Bildschirm und hoffte das sich etwas änderte, natürlich nicht... Dr. Braun drückte die Entertaste und spielte ein wenig mit der Maus.
»Muss ich böse werden?« Dann entdeckte er seinen Fehler. Er drückte den Deckel zu und schaute erneut auf den Bildschirm.
»Geht doch«. Er drückte erneut die Entertaste und schaute wieder auf den AbiPrism. Da bewegte sich etwas. Ein Lächeln kam auf seine Lippen und er schlug die Arme übereinander. Er stand aufrecht vor der Maschine.
»Nun wer ist hier der Looser?« Dr. Braun lief noch etwas nervös durch sein Reinraumlabor und hoffte das er sich nicht geirrt hatte in Sachen Virus. Wie war das nochmal? Wenn ein Virus im Labor auftauchte oder sich verbreitete, sollte ein Alarm losgehen und die Türen sich automatisch schließen. Oder war das nur im Film so? Es gab ein paar Bieps und Blimbs und sonst passierte nichts Aufregendes. Dr. Braun lief den einen nach dem anderen Apparat ab und schaute auf die Resultate. Alles im Grünen Bereich, nichts Neues, Aufregendes. Eigentlich war er nun ein wenig frustriert.
»Ein ganz normaler Selbstmord, irgendwie schade, so ist es aber gut.« Er räumte auf und nahm alle Behälter wieder raus und packte Diese in eine Box. Er schrieb ein Etikett mit dem Namen von Bruno Stein sowie Datum und Fallnummer darauf. Diese stellte er in eine Sorte von Kühlschrank. Dann schaltete er die Geräte wieder aus, lief zur Ausgangstür und drückte wieder auf einen Knopf zur Öffnung der Tür. Es gab wieder ein Zischen und nach einer Weile klickte die Tür auf. Er betrat die Schleuse und wartete geduldig. Nach einer Weile erlöschte die rote Lampe über der Ausgangstür und eine grüne Lampe ging an. Es gab ein erneutes Klickgeräusch und die Ausgangstür ging auf. Er begab sich zu seinem Schreibtisch und fing an mit dem Schreibkram. Es waren diverse Formulare und er schrieb noch einen Bericht über seinen Befund. Er kopierte die Ergebnisse der Untersuchung und steckte sie dazu. Dann schloss er die Mappe. Er unterschrieb den Deckel und legte die Mappe rechts von sich hin. Er stand auf, ging zur Kaffeemaschine, goss sich eine Tasse ein und drehte sich um zum Kühlschrank, um einen Karton mit H-Milch heraus zu nehmen. Er goss einen Schuss in die Tasse und stellte den Karton zurück in den Kühlschrank, schloss den Tür und setzte sich wieder an seinen Schreibtisch. Er schaltete seinen Monitor wieder ein und fing an seine Emails zu lesen. Nichts besonders dabei heute. Er trank in Ruhe seinen Kaffee. Er schaute auf die Mappe und nahm sie noch mal in die Hand.
»Was hast du gemacht?«, fragte er sich. Er las in Ruhe den Bericht durch und grübelte noch eine Weile während er in Ruhe seinen Kaffee genoss. Es klingelte, es war das Telefon. Seine Rezeptionistin war dran.
»Dr. Braun, die Familie von Stein ist hier zur Identifizierung der Leiche.« Dr. Braun seufzte, dies war ein Teil der Arbeit den er hasste. Er war froh, dass er die Leiche noch nicht aufgeschnitten hatte.
»Gib mir noch ein paar Minuten, ich hole sie dann selber ab«, sagte er zu seiner Rezeptionistin und legte auf. Er kehrte in den Autopsieraum, in dem Bruno noch aufgebahrt lag,auf dem rostfreien Stahltisch, zurück. Er nahm schnell eine Decke und deckte ihn zu. Er begab sich nach Vorne, aber vergewisserte sich, dass nichts Unangenehmes noch im Raum zu sehen war. Er bemerkte wie Liane Stein am ganzen Körper zitterte, als er den Vorraum betrat. Dr. Braun fühlte sich nicht wohl bei der Gedanken, dass die Frau gleich zusammenbrechen könnte.
»Mein Beileid.« sprach er mit tröstender Stimme, die etwas zu sonor klang.
»Wenn ich bitten darf«, sprach er nun zu der Familie und zeigte ihnen den Weg zum Seziertisch. Dr. Braun schob das Lacken etwas nach unten, so dass das Gesicht frei kam. Ein Seufzer ging durch den Raum. Dies war der Moment, den er am meisten fürchtete. Er war bereit, sie aufzufangen. Aber Liane hielt sich tapfer. Sie schaute das Gesicht an und nickte dann Dr. Braun sprachlos an. Liane senkte ihren Kopf. Sie blieb eine weile dort stehen. Dann erhob sie ihren Kopf und fragte Dr. Braun, ob sie das Muttermal sehen konnte, das er unter seinem Bauchnabel hatte. Dr. Braun lief zu seinem Schreibtisch und fischte die Mappe von Stein aus einem paar anderen hervor. Er legte die Mappe auf den Körper von Stein und öffnete sie so, dass keiner der Familienangehörigen hineinschauen konnte. Er nahm ein paar Fotos heraus und suchte das Richtige. Er zeigte ihr ein Foto. Es war das vom Leberfleck unterhalb des Bauchnabel. Liane fing wieder an zu zittern. Nun liefen die Tränen über ihre Wangen. Oma Stein nahm sie in den Arm und ging mit ihr zum Ausgang.
»Danke Doktor«. Sprach sie und holte ein Taschentuch aus ihrer Handtasche, überreichte dies Liane. Die schniefte ihre Nase aus und drehte sich nun noch mal um zum Tisch.
»Ja, das ist Bruno, mein Mann, was ist passiert?« Dr. Braun bat die Beiden hinaus in den Vorraum und sprach mit ruhiger Stimme, dass kein Verbrechen vorliege, sondern dass der Herr Stein freiwillig ins Wasser gegangen war, Selbstmord. Liane Stein setze sich auf eine Bank und schlug die Hände vor ihr Gesicht und weinte laut. Sie konnte es nicht verstehen das Bruno Selbstmord begangen hat. Nach einer Weile beruhigte Liane sich und verabschiedete sich von Dr. Braun. Der schaute den beiden Frauen nach, wie sie das Gebäude verließen.


** 5


Hellen war ein wenig genervt und hatte auch langsam die Schnauze voll. Sie war dieses Wochenende zur Nachtschicht eingeteilt und musste sich mit Olaf begnügen. Irgendwie fand sie, er war der Trottel vom Dienst. Immer lustige Sprüche, meistens unter der Gürtellinie und dann auch noch frauenfeindlich. Zum Glück war er nicht der Anführer der Spannerclique, die jeden Morgen versuchte, in die Frauenumkleide zu gelangen. Es hatte schon eine Verwarnung gegeben. Aber er hatte nur Sex im Kopf. Und das nervte langsam. Es war die zweite Nacht und die Witze von Olaf waren nun alle verbraucht. Noch drei Stunden und dann wäre sie von ihm erlöst. Sie waren auf dem Weg zur Altstadt, als sie vom Bahnhof um die Ecke bogen und ein heller Lichtblitz ihre Aufmerksamkeit auf sich zog. Olaf verlangsamte die Fahrt und ließ ihren Streifenwagen langsam weiter rollen. Kurz bevor sie in den Kreisel einbogen, flog ein Wagen über die Verkehrsinsel, knapp an dem Streifenwagen vorbei. Oder flog er über die Motorhaube? Hellen und Otto schauten mit offenem Mund das Geschehen an. Es war fast wie in Zeitlupe. Links ein heller Blitz, Danach ein Auto das fliegen konnte und die Landung im Rasen. Hellen schaute Olaf an, der über sein Steuer hing und mit seinem Kopf fast an der Windschutzscheibe gedrückt dasaß. Sein Mund stand fast genau soweit auf, wie seine Augen aufgerissen waren. Hellen drückte mit einem Finger an sein Kinn.
»Anhalten, Blaulicht.« Olafs Mund ging zu, aber stand im gleichen Moment wieder auf. Hellen nahm nun fast automatisch die Funke in die Hand und rief um Hilfe. Olaf schaltete das Blaulicht an und parkte den Dienstwagen auf dem Gehweg. Was die beiden gesehen hatten war fast unglaublich. Aber die Spur der Verwüstung war deutlich. Der Sportwagen hatte den Mittelhügel im Kreis komplett verwüstet, eine Sitzbank aus seiner Verankerung gerissen und den Wagen kurz vor der Statue von Bismarck zum Halten gebracht. Hellen beantwortete den Funk in aller Ruhe. Sie versuchte Olaf dazu zu bewegen, die Unfallstelle abzusichern. Aber der war geschockt und saß noch genau wie vorhin da. Langsam fing er sich wieder.
»Genau Blaulicht, absichern.« Er stieg aus und lief nach hinten zum Kofferraum, kam aber kurze Zeit später zurück um den Schlüssel, der noch im Zündschloss steckte, abzuziehen.
»2412, was ist denn los bei euch?« Kam die Frage aus dem Funklautsprecher. Hellen versuchte so gut wie es ging, die Sachlage zu schildern.
»Wie viele Verletzte?« kam es wieder aus den Lautsprecher.
»Ich hab bis jetzt noch keine Ahnung wie viele im Auto waren. Ich geh mal von vier aus.« Olaf stand fassungslos neben der Dienstwagen. Er hatte ein Warndreieck vor den Streifenwagen gestellt. Hellen stieg aus und zog sich eine Warnweste an.


Es war ein Bild des Grauens. Die Sitzbank aus rostfreiem Stahl, die friedlich am Fußgängerweg gestanden hatte, lag nun hinter dem Auto und hatte das Dach des Autos aufgeschnitten. Der Beifahrer saß auf seinem Sessel und blutete am Kopf. Hellen versuchte, ob sie sein Puls fühlen konnte, sie konnte ihn aber nicht so schnell finden. Dann wich sie zurück als sie den Körper des Fahrer sah. Der Kopf war weg. Sie schaute den Wagen weiter durch, musste feststellen das nur die beiden Personen sich im Fahrzeug befanden. Olaf stand nun neben ihr. Er wollte gerade wieder einen Witz erzählen, als er die beiden Personen sah. Hellen schaute ihn kurz mit einem wütenden Blick an. Aber das hatte sich schnell gelegt als sie die grüne Farbe im Gesicht von Olaf sah. Der taumelte langsam nach Hinten und drehte sich schnell um. Er krümmte sich nach vorne und kotzte sich plötzlich die Seele aus seinem Leib. Hellens Blick wurde nun freundlich.
»Kleiner Wichtigtuer«, murmelte sie zwischen ihren nun lachenden Lippen. Ein Taxi hatte angehalten und bot seine Hilfe an. Hellen lief zum Fahrer und fragte ob er was gesehen hatte. Dieser verneinte und Hellen bat ihn weiter zu fahren. Dann tauchte schon der erste Krankenwagen auf. Ein Sanitäter rannte zum Unfallwagen. Er wollte erste Hilfe leisten. Er blieb neben dem Beifahrer stehen, legte seine Hand auf den Hals und tastete diesen ab. Nach einem kurze Moment schaute er auf und sagte dann zu Olaf:
»Nein, da ist keine Arbeit mehr drin für uns. Die beiden sind tot.« Olaf saß nun auf seinen Knien und kotzte erneut.
»Brauchst du Hilfe?«, fragte er Olaf. Er lief auf ihn zu. Olaf winkte hektisch ab. Hellen lachte.
»was nun?«, fragte sie den Sanni.
»Wir fahren wieder, das ist Sache eines Arztes und des Leichenbestatters.« Er lief wieder zurück zum Krankenwagen. Der Notarzt tauchte nun auch auf. Der Sanni lief zu ihm hin und erklärte die Sachlage. Der Notarzt stieg nun aus und lief zum Unfallwagen. Er schaute den Fahrer an und dann auf seine Uhr, er schrieb etwas auf einen Zettel und nahm dann den Puls bei dem Beifahrer. Er bewegte den Kopf und schaute sich die Augen an. Er schrieb wieder etwas auf den Zettel, und überreichte diesen Olaf, der nun langsam wieder auf den Beinen stand.
»Etwas blass um die Nase, Kollege, Dein erster Unfall? Nun die Beiden erkläre ich für tot, also kein Fall für uns, schönen Tag noch.« Er stieg wieder in seinen Wagen und fuhr weg. Hellen schaute sich um und suchte den Kopf des Fahrers, dann sah sie ihn. Er lag genau vor der Bismarckstatue und schaute die gegenüber stehende Statue von Kaiser Wilhelm an. Die Augen waren offen der Mund ein wenig geöffnet. Wenn der Unfallwagen nicht da gewesen wäre, hätte man denken können, dass der Körper dort eingegraben war und nur der Kopf aus dem Boden ragte. Ein zweiter Streifenwagen war nun auch vor Ort. Hellen bat die Kollegen sich um Olaf zu kümmern. Es waren zwei andere aus der Clique. Hellen lief nun auf die Verkehrsinsel zu, über die der Wagen geflogen war. Sie stellte sich vor den Teller und schaute in die Richtung aus der der Wagen gekommen war. Sie konnte nichts Außergewöhnliches sehen. Die Jungs von der Unfallforschung kamen nun auch vorbei. Der Ältere kam auf Hellen zu, die immer noch an der Verkehrsinsel stand.
»Nun Frau Kollegin, dann schildern sie mir mal blumig, was sie gesehen haben. Hellen zeigte in die Richtung aus der der Wagen gekommen war.
»Von da ist er mit überhöhter Geschwindigkeit gekommen. Über die Insel herüber geflogen und auf der anderen Seite unsanft gelandet. Wir hatten Glück, das wir langsam gefahren sind.« Die beiden liefen nun in die Richtung aus der der Wagen gekommen war. Sie liefen zu der nächsten Kreuzung und schauten sich gegenseitig an.
»Nach meiner Meinung ein Speedracer. Solo, kein anderen Wagen«, vermutete der Unfallpolizist. Hellen nickte. Auch sie konnte nichts außergewöhnliches sehen. Sie liefen wieder zurück zur Insel. Auch hier gab es, ab gesehen von der Verwüstung an der Botanik, nicht viel zu sehen. Dann begaben sie sich zum Unfallwagen. Der andere Kollege hatte schon angefangen die Sache zu protokollieren. Er hatte ein paar Schilder auf gestellt . Der Kopf trug die Nummer eins. Die anderen Kollegen des Streifenwagens kümmerten sich nun in aller Ruhe um Olaf. Hellen rief Olaf. Er schaute verblüfft Hellen an.
»Können wir absperren?«, fragte sie ihn. Er stammelte etwas und nahm seine Mütze und setzte sie wieder auf.
»Danke Jungs, Madam befehlt.« Seine Kollegen standen etwas verblüfft über den Ton von Hellen da.
»Ja, ihr beiden könnt auch absperren« Die Drei bewegten sich und suchten das benötigte Material aus dem Streifenwagen für die Absperrung. Die beiden Herren des Unfalluntersuchungsamtes gaben an was sie gerne abgesperrt hätten. Die Funke im Dienstwagen meldete sich. Hellen lief zum Wagen und beantworte die Anfrage. Sie erklärte, dass die beiden Unfallopfer tot waren und der Arzt ihr einen Zettel in die Hand gedrückt hatte für den Beerdigungsunternehmer.
» Zwei Leichen, ein Auto, Ende«. Der Abschleppdienst war schon da. Hellen wies ihn ein.
»Das wird noch eine Weile dauern« Die Jungs der Unfalluntersuchung arbeiteten aber gewissenhaft.
»Frau Kollegin«, sprach einer von ihnen Hellen an und winkte sie heran.
»Die Schuhe fehlen.« teilte er ihr mit. Hellen war etwas verblüfft, dass sie angesprochen worden war und nicht einer von ihren männliche Kollegen. Sie lief auf den Unfallwagen zu und wandte sich nun zur Fahrerseite. Der Mann zeigte unter dem Armaturenbrett auf die Pedale wo die Beine des Fahrers sich befanden. Tatsache, barfuss saß der Fahrer da am Steuer.
»Eine Ahnung, wo die sein könnten?«, fragte er sie nun. Hellen schüttelte ihren Kopf.
»Ich hab' hier keine gesehen, sind die nicht irgend wo im Auto?« Er erklärte ihr, dass er das Auto soweit es ging untersucht hatte, aber keine Spur von Etwas entdeckt hatte, was mit Schuhwerk oder Socken zu tun hatte. Hellen nahm ihren Notizblock und schrieb das auf.


»Die Schuhe müssen meiner Meinung nach irgend wo stehen.« Hellen rief Olaf der gemütlich auf ein Parkbank saß mit dem Rücken zum Unfall.
»Olaf! Los, wir müssen noch etwas erledigen.« Sie stieg in den Dienstwagen. Olaf musste nun auf dem Beifahrersitz Platz nehmen.
»Schlüssel!« Sie nahm den Schlüssel, den Olaf ihr jetzt hinhielt, suchte den richtigen Schlüssel und startete den Wagen.
»Was ist los?«, wollte Olaf wissen.
»Der hatte keine Schuhe an. Ich will was nachschauen«, sprach Hellen und fuhr nun Richtung Kanal wo sich ein paar Diskotheken befanden. Sie erreichten die Parkplätze und fingen an die systematisch abzuklappern, in der Hoffnung irgend etwas zu finden. Erst am dritten Parkplatz fanden sie, was sie gesucht hatten. Ein Paar Schuhe, sauber hingestellt, auf der Bordsteinkante, mit einer Socke in jedem Schuh , fein säuberlich aufgerollt.
»Bingo«, schrie Hellen. Sie stieg aus und schaute sich um. Hier war das Riverboat und eine Diskothek auf der anderen Seite des Kanals und eine auf dieser Seite.
»Olaf, Funk mal die Zentrale an, dass wir hier wahrscheinlich die Schuhe des kopflosen Fahrers gefunden haben.« Olaf riss die Tür auf und rannte so schnell er konnte vom Fundort weg. Er ging in die Knie und fing wieder an zu kotzen. Konnte ein Mensch noch soviel im Magen haben oder kam nur Luft raus? Hellen lief zum Wagen und griff nach dem Mikrofon.
»Zentrale hier 2412, wir sind auf dem dritten Parkplatz am Riverboat und haben hier ein paar Schuhe samt Socken gefunden, sie könnten vom Opfer am Kreisel stammen.«
»Warte dort. Wir schicken die Kripo zu dir« kam es aus dem Funk. Hellen setze sich wieder hinter das Steuer.
»Nun Olaf geht es wieder?«, schrie sie aus dem Wagen.
»Was war denn los mit dir?«, fragte sie ihn nun spöttisch. Olaf begab sich wieder zurück zum Wagen und setzte sich still auf den Beifahrersitz und schaute nach draußen.
»Hallo ich rede mit dir« sprach sie nun mit einer etwas lauteren Stimme.
»Lass mich in Ruhe, mir geht es nicht so gut«, murmelte er nun in seinen nicht vorhandenen Bart. Hellen überlegte, ob sie ihn noch ein wenig triezen sollte, ließ dann aber schnell davon ab. Es wird ein Tag kommen wo ich das mal wieder erwähnen darf, dachte sie sich. Es dauerte eine Weile, bis das Auto der Kriminaltechnik auftauchte. Hellen sah nur eine Person im Wagen. Er stieg aus und kam auf den Streifenwagen zu.
»Nun wo stehen denn die Schuhe des Kopflosen?«, fragte er so im allgemeinen. Olaf machte komische Geräusche und Hellen hatte Angst, dass er immer noch etwas im Magen hatte und dies nun im Wagen verbreiten könnte.
»Nein! Nein! Nein, nicht hier.« Sie versuchte, ihn aus dem Wagen zu bekommen. Olaf beruhigte sich jedoch wieder.
»Mir geht es gut.« Und er hob seine Hand und winkte.
»Alles gut bei euch?«, wollte nun der Kriminalbeamte wissen.
»Ja, alles gut aber bitte erwähne nicht mehr das Opfer in Anwesenheit meines Kollegen, er ist etwas sensibel in diesen Sachen.« Hellen stieg aus und zeigte dem Beamten, wo die Schuhe standen. Der schoss ein paar Fotos, bevor er die Schuhe in eine Tüte packte.
»Habt ihr sonst noch etwas gefunden?«, fragte er Olaf.
»Nein, ich hab auch nicht gesucht« antwortete dieser. Hellen gab den gleiche Kommentar ab
»Danke für die Hilfe« bedankte sich der Beamte dennoch und lief noch etwas auf dem Parkplatz herum. Olaf nahm nun den Funk.
»Hier 2412 können wir jetzt reinkommen?«
»2412 Ja, kommen sie erst mal rein, bis gleich, Ende.« Hellen und Olaf fuhren zurück zum Revier und erledigten den Papierkram.


** 6


Die Woche drauf wurde Hellen zu ihrem Chef gebeten.
»Du sollst dich bei Hauptkommissar Ernstig melden. Zimmer 234, aber erst nach Dienstschluss.« Hellen war etwas verblüfft, dass sie sich bei HK Ernstig melden sollte. Sie machte ihre Schicht und stand kurz nach Sieben vor der Tür von Zimmer 234. Sie klopfte an und wartete auf eine Antwort. Nichts passierte und sie hörte auch keine Geräusche aus dem Zimmer. Sie klopfte erneut und wartete geduldig. Hellen versuchte, ob die Tür offen war. Nein, sie war verschlossen. Sie schaute sich um und ihr Blick fiel auf einen Zettel der am Boden lag.
»Bin gleich zurück, bitte warten«, war dort zu lesen. Hellen setzte sich auf eine Bank, die unweit der Tür stand und tat, was auf dem Zettel stand.


Es verging eine ziemlich lange Zeit, aber dann tauchte ein Mann an der Tür auf. Hellen hatte ihm nicht bemerkt und sah nur seine Rücken. Sie sprach ihn an.
»Sind sie Hauptkommisar Ernstig?« Er öffnete die Tür und schaute Hellen an
»Ja,der bin ich, Frau Mayen wenn ich mich richtig errinner?« Er bat sie herein und ließ ihr den Vortritt.
»Musste noch kurz ein paar Sachen abholen und bin etwas hängen geblieben«.
»Keine Sorge, ich war sehr neugierig, warum ich mich bei ihnen melden sollte«, antwortete Hellen. Es war ein ziemlich großer Raum mit drei Schreibtischen, einer großen Fensterbank auf der diverse Sachen standen sowie einer automatischen Kaffeemaschine, so einer wo man nur auf einen Knopf drücken musste und schnell ein Kaffee bekam. In der Ecke am Fenster stand ein großer Kühlschrank. Rechts am anderen Ende waren zwei Türen. HK Ernstig griff einen Stuhl, von einem der Schreibtische und schob den zur Hellen.
»Setz dich, etwas zu trinken?«, fragte er sie. Während er auf dem einen Stuhl Platz nahm, setzte Hellen sich auf den anderen Stuhl und schüttelte ihren Kopf. HK Ernstig verstand dies als ein Nein.
»Warum ich dich hierher bestellt habe, wirst du dich natürlich fragen. Es ist nicht so schlimm, wie du denkst, es geht um die beiden Selbstmordfälle.« Er schaute Hellen an und hoffte auf einen überraschten Gesichtsausdruck. Hellen saß nur da und überlegte, warum.
»Ich hab deine Bewerbung gelesen und war sehr überrascht von dem, was ich da gelesen habe.« Es stimmte, ihre Bewerbung war ein wenig anders als andere. Sie verlor ihre Eltern ziemlich früh und wuchs bei ihrer Großmutter auf. Ihre Eltern starben bei einem Autounfall. Mit Achtzehn hatte sie sich bei der Polizeischule gemeldet. Erst mit Zwanzig wurde sie genommen, hatte aber schnell Karriere gemacht. Sie war nun in ihrem vierten Ausbildungsjahr und hatte bis jetzt alles mit Bestnoten bestanden. Noch knapp neun Monate dann würde sie zu einer Kriminalbeamtin befördert. Genau ihr Ziel, das Kriminalamt. Das stand auch in ihrer Bewerbung und in der Akte.
»Nun du warst es, die die beiden Paar Schuhe entdeckt hast. Einmal in einem Gebüsch, nicht weit von der Stelle, an der wir eine Leiche aus dem Wasser gezogen haben und dann das zweite Paar, viele Straßen weiter, auf einem Parkplatz.« Er stand nun auf und lief zur Kaffeemaschine, er drückte eine Taste.
»Sicher, dass du keine willst?« Es dauerte eine Weile aber dann war der Kaffee fertig. HK Ernstig setzte sich wieder er schaute Hellen an. Sie war sich aber keiner Schuld bewusst und erwiderte den Blick, direkt in die Augen, was ihn nervös machte.
»Wie kamen sie eigentlich drauf dort zu suchen?« Hellen überlegte, ob sie doch etwas zu trinken bestellen sollte.
»Ich hab' einfach die Gegend nach Spuren abgesucht. Mehr nicht, beim Zweiten war es komisch, dass einer ohne Schuhe Auto fährt, und ich hatte nur gehofft dass er in einer Disco hier in der Stadt unterwegs gewesen war«, Sprach sie nun
»und es gibt nur ein paar am Kanal, also war meine Idee, dort als erstes zu suchen. Ich hab nur Glück gehabt.« Sie schaute HK Ernstig noch immer an, der hatte sich aber abgewendet und blätterte in ein paar Akten herum.
»Danke Frau Kollegin, für ihre gute Kombinationsgabe und Hilfe.« Er legte ein paar Fotos vor sie hin. Hellen sah drei Leichen, zwei von ihnen hatten keine Schuhe an. Bei der Dritten fehlte die ganze Kleidung außer den Unterhosen.
»Noch drei weitere Selbstmordopfer«, sagte er zu ihr. Hellen sah die Fotos noch mal genauer an.
»Was habe ich damit zu tun?«, fragte sie verlegen.
»Nichts hoffe ich«, antwortete HK Ernstig.
»Ich hoffe, dass du mir ein paar Tipps geben kannst, ob es Selbstmord oder Mord ist, mir kommt das ganze spanisch vor. Kein oder wenig Alkohol im Blut und keine Drogen« Hellen war nun verwirrt.
»Wie kommen sie darauf, dass ich ihnen eine Antwort darauf geben kann.« HK Ernstig sammelte die Bilder wieder ein und stapelte die Akte sauber vor sich hin.
»Keine Ahnung aber irgend etwas ist komisch in diesen Fällen, meine Kollegen meinten dass ich spinne, und ich hatte gehofft, dass du mir einen Tipp geben kannst.« Hellen überlegte was sie dazu sagen könnte. Ihr viel nicht viel ein.
»Sie haben recht, komisch ist es schon, aber ich sehe da nicht so den Zusammenhang. Wie sie schon sagten, keine Drogen kein Alkohol.« HK Ernstig Stand auf und kam um den Tisch herum,
»Tja dann danke für deinen Besuch.« Er überreichte ihr seine Karte und drückte ihr freundlich die Hand. Hellen verließ das Büro und steckte die Karte in ihre Brieftasche. Komische Geschichte, dachte sie sich. Wieso kein Selbstmord? Sicher, das mit den Schuhen oder Klamotten war ja irgendwie beängstigend. Sie verließ das Präsidium und macht sich auf den Weg nach Hause. Sie kam an einem Kiosk vorbei und ihr Blick fiel auf eine Zeitung in der ein riesiges Foto von einem Feuer abgebildet war. Es war ein Artikel über ein Feuer bei einer Schrottfirma, angeblich brannte da Metall und die Feuerwehr hatte Probleme damit, es zu löschen.


** 7


Hellen öffnete ihre Wohnungstür und schmiss ihre Sachen auf den Tisch. Sie begab sich in die Küche und griff in den Kühlschrank. Die Auswahl war nicht besonders groß, zwei Mikrowellenessen und eine Tiefkühlpizza. Sie entschloss sich für die Pizza. Sie öffnete die Tür des Kombigerätes und legte die Pizza hinein. Sie stellte die Uhr ein und schloss die Tür. Anschließend ging sie ins Bad und duschte sich schnell. Sie schlüpfte in eine Jogingshose und ein schlabberiges T-Shirt, das mindestens zwei Nummern zu groß für sie war. Als sie sich gerade ein Handtuch um den Kopf wickelte, klingelte der Ofen. Sie nahm sich einen Teller und schob die dampfende Pizza drauf. Sie schnitt die Pizza in kleine Stücken und nahm sie mit in ihr kombiniertes Wohn-Schlafzimmer. Sie lief zum Fernseher und schaltete ihn ein. Sie schaltete immer alles aus, bevor sie das Haus verließ. Danach machte sie es sich auf dem Sofa gemütlich, das auch gleichzeitig als ihr Bett diente. Die Flimmerkiste zeigte die Nachrichten und der größte Bericht war noch immer der Brand in der Schrottfirma. Sonst war nichts Besonders. Wenigstens wurde das Wetter besser. Für Morgen war Sonne angesagt. Hellen ging noch mal in die Küche und griff sich den Rest von einer Flasche Wein. Ein weiterer Blick in den Kühlschrank bedrückte Hellen.
»Mist, da muss ich Morgen doch mal einkaufen gehen.« Abgesehen von den Zwei Mikrowellenessen war nichts mehr drin. Sie schaltete ihren Fernseher aus und griff nach ihrem Laptop. Sie machte sich auf die Suche nach den mysteriösen Selbstmorden. Sie googelte nach Nachrichten. Es gab ein paar Zeitungen, die auch Online erschienen. Hellen nahm einen Notizblock und dokumentierte die Daten, die sie bei den anderen Opfern gesehen hatte. Es war gut, dass sie ein ausgeprägtes fotografisches Gedächtnis hatte. Sie konnte sich ziemlich gut etwas merken. Es gab also fünf Opfer bis jetzt. Sie wandte sich bei ihrer Suche an die Archive, in denen man etwas Interessantes finden konnte. Eine der Zeitungen eröffnete einem die Möglichkeit, die Zeitung so zu betrachten, wie sie gedruckt worden waren. Hellen gab das erste Datum ein. Ein Zeitungsausschnitt erschien auf ihrem Bildschirm. Natürlich ist eine Zeitungsseite größer als der Bildschirm ihres Laptops. Hellen verkleinerte das Bild. Sie beschränkte sich auf die Schlagzeilen. Ihr fiel nichts Großartiges auf. Das normale Leben und seine Tücken.Angefangen von Intrigen bis hin zu Liebesgeschichten war die Vorderseite geschmückt. Bei dem nächsten Datum war es fast ähnlich. Nur ein kleiner Bericht über einen Großbrand war anders. Bei dem Dritten war wiederum nichts. Hellen schaute auf die Zeitung. Sie gab das Datum ein, der einen Tag vor dem Todesfall lag. Hier war nun ein Bericht, dass die Löscharbeiten abgeschlossen waren und die Polizei bei den nächtlichen Autobränden von Brandstiftung ausgingen. Sie versuchte ihr Glück nun bei dem ersten Datum. Auch hier war zwei Tage vorher ein Brand vorausgegangen. Hellen schrieb die Ergebnisse auf und machte sich noch ein paar Notizen. Sie wollte HK Ernstig anrufen, um ihre Ergebnisse zu berichten. Hellen ließ es jedoch sein und entschied sich,die Sache nochmal zu überprüfen. Sie war ein Grünschnabel, also Vorsicht mit irgendwelchen Behauptungen, dachte sie sich.


Peter war ein begeisterter Klippenspringer. Er hatte aber nicht so den Erfolg, den er sich erhofft hatte. Darum trainierte er so oft er konnte. Es war schon komisch, dass er jetzt den Drang verspürte wieder zu üben. Er schwang sich auf sein Rad und fuhr zur Klippe. Der Trip war kurz und Peter stellte sein Fahrrad ab. Er zog sich um und faltete seine Hosen und das T-Shirt. Er stellte seine Schuhe vor den kleinen Haufen Kleidungsstücke. Es war ein sauber angeordneter Stapel. So wie er es in der Armee gelernt hatte. Peter machte ein paar Übungen um sich zu lockern, er dehnte und streckte sich. Das war wichtig, er hatte sich mal eine Muskelzerrung geholt, als er am Anfang seiner Karriere stand. Nach ein paar Minuten fand er sich bereit für den Sprung. Ein dreifacher Salto sollte es heute werden. Peter ging im Kopf den Sprung durch, er konzentrierte sich. Ein tiefer Atemzug, ein Schritt nach vorn auf die Klippe, den Blick starr nach vorne ließ er sich in Gedanken den Sprung noch einmal durch den Kopf gehen. Ein tiefe Seufzer wahr noch zu hören. Dann sprang er.


Jan war etwas genervt. Er war spät dran gewesen und hatte es nur auf den letzten Drücker geschafft, rechtzeitig unterwegs zu sein. Es hatte ein paar Probleme mit der Sicherheit der Bremsen von ein paar Wagons gegeben. Um rechtzeitig los zu kommen, wurden bei einigen der alten Wagons nun einfach die Bremsen umgangen, damit der Zug ins Rollen kam. Es war ein Risiko, aber Jan hatte freie Bahn bis zum Seehafen bekommen, wenn er rechtzeitig loskam. Er studierte nun seinen Fahrplan. Es war wie es kommen musste, er hatte Bereitschaft und natürlich wurde einer krank und er musste einspringen. Den Mann auf der Brücke sowie den Aufprall in einem der Wagons hatte er nicht mitbekommen. In der Diesellok war es laut, sie quietschte und ächzte unter ihrer schweren Last. Jan Hendrix dachte mehr an den Morgen, wenn er wieder zu Hause wäre, Frühstück mit Annabell. Er musste sich ein wenig beeilen. Nein, Jan Hendrix hatte wenig Zeit für die Welt außerhalb seiner Lok. Er achtete nur auf die Signale und sonst nichts. Die Lok fuhr durch die Morgendämmerung in Richtung eines großen Seehafens weiter im Westen. Eisenschrott fuhr er. Nur Eisenschrott, mehr nicht. Dieser war bestimmt für einen hungrigen chinesischen Frachter. Heute war aber die letzte Fahrt für Jan Hendrix. Er hatte den Frachter gut beliefert mit Schrott, so dass dessen Bauch schon sehr gefüllt war. Heute Vormittag wollte sich der Kapitän wieder auf die Heimreise nach China machen, um seine kostbare Ladung dort abzugeben. Es war schon komisch, dass dies passierte. Schrott nach China und Autos wieder zurück nach Europa. Aber das war Marktwirtschaft und davon verstand Jan Hendrix nichts. Er lieferte nur Material zum Hafen. Wie das Zeug an Bord des Schiffes kam, war ihm eigentlich auch egal. Aber es war schon interessant zu sehen, wie mittels eines großen Elektromagneten, der Eisenschrott aus den Wagons gezogen wurde, um dann hochgehoben zu werden und im Bauch des Riesenschiffes zu verschwinden. Jaja, was man alles mit Strom machen konnte. Davon verstand Jan Hendrix was. Seine Wagons würde Jan Hendrix aber auch nicht mehr zu Gesicht bekommen, sie würden, genau wie der Schrott, auch irgendwo in einem chinesischem Hochofen landen. Aber erstmal wieder hin. Die Sonne kam nun höher am Horizont zum Vorschein und begann ihre Wanderweg von unten nach oben, um dann am Mittag wieder nach unten zu verschwinden. Es sollte ein schöner Sonntag werden. Für Heute war noch kein Regen angesagt, erst für den nächsten Tag.


** 8


Es war Dienstag, morgens früh und ein wenig neblig, als Ihr Wagen zu einem Einsatz geschickt wurde. Hellen war mit Olaf unterwegs, der mal wieder gute Laune verbreitete. Der Einsatz war hinter dem Rangierbahnhof. Hellen hatte eigentlich nicht allzuviel Lust. Ein Passant hatte bei der Polizei gemeldet, dass auf der Brücke ein paar Schuhe und ein Jackett lagen und ein Fahrrad abgestellt war. Das war ja eigentlich nichts Außergewöhnliches. Nur der Ort war komisch. Olaf fuhr den Dienstwagen so nah wie es ging an die Brücke her an. Er schickte Hellen heraus um nachzusehen. Was sie völlig begeisterte. Hellen stieg aus und zog ihre Regenjacke an. Die Person, die diese Geschichte gemeldet hatte, befand sich immer noch am Tatort.
»Morgen, Mayen, sie haben uns angerufen. Herr ?«
»Dierkson Ehm Frau Wachtmeister, oder?«
»Anwärterin nur, Herr Dierkson, nun dann erzählen sie mal, was sie gefunden haben.« Dierkson schilderte, dass er bei seinem Morgenspaziergang dieses Fahrrad mit dem Jackett entdeckt habe. Auf seinem Rückweg hatte er dann die Schuhe bemerkt und nach dem Eigner gesucht, nun ja, gebrüllt. Er war hier nun schon fast eine Stunde,ein mal hin und zurück einschließlich, natürlich. Und er hatte keinen Menschen getroffen, bis dahin.
»Wieso sind sie denn hier spazieren gegangen?«, wollte Hellen nun wissen. Dierkson erzählte weiter von seinem Hund, der letzte Woche gestorben war und er aus reiner Sentimentalität immer den Weg abläuft, den er mit Hermann, seinem Hund gegangen war. Hellen machte sich ein paar Notizen und bedankte sich bei Herrn Dierkson und bekundete ihr Mitleid mit Hermann.
»Der wahr schon alt. Ich stelle nun erst fest wie, langsam der alte Trottel gegangen ist.« Er lachte als er dies aussprach. Er lief die Brücke wieder herunter. Hellen schaute sich den Tatort an. Es war seltsam, ein sehr teures Mountenbike ohne Flecken, ein paar Schuhe, das Jackett fein säuberlich gefaltet. Hellen überlegte was, sie nun tun sollte. Eigentlich lag kein Verbrechen vor. Oder? Hellen lief zum Wagen. Olaf saß gemütlich hinter dem Steuer und spielte mit seinem Gameboy oder Ähnlichem. Es war Hellen ein Rätsel, wie man sich mit so etwas beschäftigen konnte.
»Lust auch mal einen Blick auf den Tatort zu werfen?«, fragte sie Olaf, der den genervten Unterton in Hellens Stimme nicht bemerkte. Er rührte sich nicht sofort, was sein Fehler wahr. Hellen verpasste ihm einen kleinen Schlag in den Nacken, was ihn erschreckt aufsitzen ließ. Was wiederum zur Folge hatte, dass er sich am Lenkrad stieß und wieder zurück in den Sessel fiel.
»He! Was soll das?«,, versuchte Olaf sich zu wehren.
»Arbeit heißt das Zauberwort.« Hellen griff die Kamera und lief zurück zum Fahrrad. Sie machte ein paar Aufnahmen und suchte nach Hinweisen für einen Kampf oder so. Sie konnte keine Blutflecken oder Faserspuren, weder am Fahrrad noch am Geländer finden. Und vom Besitzer auch keine Spur. Hellen schaute herunter auf das Gleisbett. Von oben konnte sie auch nichts feststellen. In dem Moment fuhr ein Personenzug unter der Brücke durch. Hellen wich erschrocken nach hinten. Olaf stand aber direkt hinter ihr, durch ihre Rückwärtsbewegung wurde er geschubst. Olaf verlor das Gleichgewicht und taumelte auf seinen Füßen und versuchte irgendwo einen Halt zu finden. Er fand keinen. Hellen drehte sich um und schlug ihre Hände vor ihren Mund um das Grinsen in ihrem Gesicht nicht zu zeigen. Olaf war gestolpert und saß nun auf seinem Hintern. In einer Pfütze. Er fluchte heftig und war irgendwie nicht mehr zu beruhigen.
»So eine Scheiße, mit dir alles klar oder was soll der Scheiß hier?« Er kroch langsam wieder auf seine Füße. Er versuchte den Schaden an seinen, nun nassen Hosen zu begutachten, was natürlich nicht so erfolgreich war.
»Sorry, aber der Zug hat mich erschreckt, es tut mir furchtbar Leid.« Hellen hatte ihre Hände vor ihrem Mund. Sie tat erschrocken. In Wirklichkeit musste sie eigentlich laut lachen. Sie hatte Mühe ihre Schadenfreude zu verdecken. Schnell versuchte sie sich mit dem Fall wieder abzulenken.
»Wir müssen die Sachen hier sicher stellen, aber wie? Hast du eine Idee, wie wir das Hinkriegen, Olaf?«, versuchte sie nun das ganze herunterzuspielen.
»Mir doch egal«, schrie aber Olaf.
»Das hilft uns auch nicht weiter. Ich glaub' die sollten mal mit einem Transporter vorbeikommen, damit die das Fahrrad sicher stellen können. Rufst du an?«
»Lass mich mit deinem Scheiß in Ruhe, ich habe andere Probleme.« Olaf lief zum Wagen und blieb ratlos daneben stehen. Hellen nahm den Funk und meldete sich bei der Zentrale. «2412, das ist verstanden, wir schicken euch einen Transporter zur Abholung eines Fahrrads sowie Schuhe und Jackett. Ende«. Hellen schaute herüber zu Olaf, der immer noch keine Lösung gefunden hat für seine Nasse Hose.
»Hast mit bekommen, wir müssen Warten.«
»Toll!«, brüllte Olaf zu ihr herüber.
»Meine Hose ist nass und ich bekomme bestimmt eine Lungenentzündung, oder schlimmer.« Hellen ging zum Kofferraum des Wagens und zog eine Decke heraus.
»Hier, das müsste dich wärmen.« Sie überreichte Olaf die Decke die er zögerlich um sich schlug.
»Hmmm, jedenfalls ist damit die Gefahr der Lungenentzündung etwas gebannt.« Hellen überlegte, ob sie die Bahngleise untersuchen sollte. Sie besprach dies mit Olaf.
»Du bist verrückt, da herunter zu gehen. Da fahren Züge und ich glaube nicht, dass die für Polizisten einfach halten. Du begibst dich da in Gefahr.« Hellen war sich der neuen Situation bewusst.
»Hast ja recht, aber hier wird jemand vermisst, glaube ich.«
»Ja glaubst du«, antworte Olaf nun genervt. Er setzte sich auf den Beifahrersitz. Hellen kehrte zum Tatort zurück. Sie schaute sich nochmal alles genau an. Sie hob das Jackett auf und durchsuchte alle Taschen, Nichts. Der Nächste Zug fuhr nun unter der Brücke durch. Es war ein Güterzug. Die Dieselmaschine rauchte und fauchte ihren Qualm aus dem Schornstein. Hellen wich zur Seite aus und versuchte dem Qualm zu entgehen. Stimmt, Olaf hatte recht, die bremste bestimmt nicht für kleine Polizisten wie sie. Hatte sie die Macht, das Ganze zu stoppen um die Gleise zu untersuchen? Hellen überlegte ob sie HK Ernstig anrufen sollte und ihn um Rat fragen sollte. Sollte sie sich Lächerlich machen? Ihr Blick fiel auf etwas in einem der Schuhe.


Hellen nahm ihren Kugelschreiber und fischte ein Schlüsselbund heraus. Es waren diverse Schlüssel an dem Bund. Auch ein Autoschlüssel. Hellen schaute sich den genau an. Er sah aus wie ein normaler Autoschlüssel. Eine Nummer war eingraviert. Hellen ging zurück zum Auto und funkte die Zentrale an. Sie gab die Nummer durch und wartete eine Weile. Dann kam die Erlösung. Es war eine Auto Seriennummer. Aber es würde ein wenig dauern, bis man das Auto gefunden hatte. Hellen bedankte sich bei der Zentrale. Sie steckte den Schlüssel in eine Plastiktüte. Hellen setzte sich nun auch in den Wagen. Olaf war immer noch genervt.
»Sind wir vorhin nicht an einer Disco vorbei gefahren?«, fragte sie Olaf.
»Ja, wieso?« Hellen war echt begeistert von ihrem Kollegen.
»Och, nichts es war nur wieder so ein Idee, wie bei dem Kopf im Rasen, erinnerst du dich noch? Oh nee, du hast das alles nicht mehr so mit bekommen«, spottete nun Hellen.
»Lass mich mit der Geschichte in Ruhe, du Fiesling.« Olaf zog die Decke enger um seinen Körper. Es dauerte noch eine Weile bis der Transporter erschien, der das Fahrrad abholen sollte. Hellen hatte Schuhe sowie Jackett sicher in ihrem Auto verstaut. Es wurde nicht mehr gesprochen. Hellen versuchte die Züge zu zählen, die hier durchfuhren. Es waren eine Menge. Sie schätzte, ein Zug alle zehn Minuten.


Der Transporter erschien. Hellen zeigte dem Fahrer das Fahrrad und bedankte sich.
»Bei wem soll ich das denn abgeben?«, war seine Frage. Stimmt Hellen hatte sich noch gar nicht damit befasst, wer dafür die Verantwortung übernimmt. Sie war nur Anwärterin und hatte keine Befugnisse.
»Drück das mal HK Ernstig aufs Auge« War ihr Kommentar. Hellen stieg in den Streifenwagen und fuhr mit einem schlecht gelaunten Olaf zur Fabrik, einer Disco nicht weit von dort. An der Fabrik angekommen stellte sie fest, dass sich ein paar Autos noch auf dem Parkplatz befanden. Hellen nahm den Schlüsselbund aus der Tüte. Eins war klar, es war kein moderner Schlüssel mit Funk. Hellen schaute sich um und suchte einen Oldtimer. Sie lief auf einen Mercedes 200 zu, Hellen nahm den Schlüssel und versuchte ihr Glück. Kein Erfolg. Sie schaute sich noch mal um. Hier war nichts was nach einem Oldtimer aussah. Olaf motzte nun auch schon wieder. Ihm wäre schlecht und kalt und außerdem sei es weit nach Mittag. Das stimmte. Hellen fuhr den Dienstwagen um das Gebäude herum. Da, auf der Rückseite des Gebäudes stand ein alter Bully. Sie parkte direkt neben dem Wagen. «Das muss er sein.«, schrie Hellen.
»Was muss was sein?«, fragte Olaf.
»Und wenn, können wir das nicht nach dem Mittag machen? Ich hab' Hunger.« Hellen ignorierte das Genörgel und versuchte erneut ihr Glück mit dem Schlüssel. Diesmal ließ sich die Tür öffnen. Hellen stieg ein und durchsuchte den Wagen. Sie kam nach Fünf Minuten wieder heraus. Sie hatte verschiedene Sachen eingepackt.
»Unser Opfer heißt Peter Schmidt. Ich habe aber noch nicht in der Zentrale nach gefragt, ich habe gedacht das das dein Job wäre.« meinte sie zu Olaf.
»Bestell mal eine Abschleppfirma, oder die Spurensicherung.« Sie hatte ein Lächeln auf ihren Lippen. Olaf sprach mit der Zentrale und gab einen groben Bericht durch.
»Wir sollen wieder warten. Na toll meine Zicke, Du weißt, dass ich Hunger habe, das ist dir doch klar!«
»Um die Ecke gibt es glaube ich, ein Bistro. Hol doch etwas zu essen und bring mir ein Mettbrötchen und einen Kaffee schwarz mit.«


Olaf fuhr vom Parkplatz und ließ Hellen zurück. Es dauerte eine Weile, aber Olaf kam wieder, genau in dem Moment in dem auch die Spurensicherung vorbei kam. Hellen nahm dankend den Kaffee entgegen. Sie lief mit dem heißen Kaffee in der Hand zum Wagen der Spurensicherung.
»Moin, Heute alleine?«, fragte sie den Mann hinter dem Steuer. Der nickte nur und fragte sie, um was es sich hier handelte. Hellen war sich nicht sicher. Da es sich nur um einen Vermissten handelte. Sie überreichte ihm den Schlüsselbund und einen Ausweis.
»Mehr habe ich noch nicht gefunden.«
»Was!?!« schrie er sie plötzlich an,
»Du hast den Tatort kontaminiert?«
»Moment«, versuchte Hellen sich zu verteidigen.
»Das hier ist nicht der Tatort sondern der Wagen eines Vermissten.« Der Mann im wagen verstummte etwas.
»Trotzdem du hast da drin nichts zu suchen, du gehörst nicht zum Kriminalamt sondern zur Schutzpolizei.« Hellen wollte noch etwas sagen ließ aber davon ab.
»Schönen Tag noch«, gab sie von sich und wanderte zurück zum Streifenwagen, wo Olaf ungeduldig auf sie wartete.
»Na, Fleissstempel abgeholt?« Wortlos stieg Hellen wieder bei Olaf in den Streifenwagen und meldete sich bei der Zentrale zurück. Es gab keine besonderen Vorkommnisse, so dass Beide ihre Streife weiter fortsetzten. Olafs Hose war nun auch wieder trocken.


** 9


HK Ernstig lehnte sich lässig in seinem Bürostuhl zurück, als das Telefon klingelte. Es war schon ein paar Tage sehr ruhig gewesen. Es war Otto. Er beschrieb, dass er herausgefahren war, da die Spurensicherung sich nicht ganz klar war, wen sie nun den Fall zukommen lassen sollten. Und er dummerweise geantwortet hat. HK Ernstig hörte sich alles genau an und machte sich ein paar Notizen.
»Kommst du heute noch rein?«, wollte er nun von Otto wissen.
»Gut, und Morgen habe dann ja ich auch deinen Bericht hier. Wir sehen uns.« HK Ernstig schaute sich die Notizen an, die er gerade gemacht hatte. Hellen Mayen. Wieso war er da nicht überrascht, ihren Namen auf dem Zettel zu lesen. Er rief bei ihrem Revier an und wollte wissen, ob sie da wäre. Es war kurz vor Fünf. Er ließ sich mit dem Revierleiter verbinden. Er sprach eine Weile mit ihm, war aber enttäuscht, dass Frau Mayen schon nach Hause gegangen war. Also musste er bis morgen warten. Er rief danach beim Personalbüro an. Es war noch jemand da. Ob er die Akte von Frau Mayen bekommen könnte. Das konnte sie nicht sagen. Er erkundigte sich, wie er denn an die Akte kommen könnte. Nach einer Weile des zuhörens legte er auf und wählte die nächste Telefonnummer. Es war sein Vorgesetzter, Diestel. Er hatte ein langes Gespräch mit ihm und bekam auch die Erlaubnis, die Akte von Frau Mayen einzusehen. Er würde sich persönlich darum kümmern. HK Ernstig legte auf und lehnte sich zurück in seinen Stuhl. Es war schon komisch, nach seiner ersten Begegnung mit Frau Mayen, am Kanal. Irgendwie hatte die Junge Dame etwas. Er wusste bis dahin noch nicht was genau. Aber Sie war es die bis jetzt alle Spuren gefunden hatte. HK Ernstig beschloss, ein persönliches Wort mit dem Revierleiter zu wechseln. Er rief kurz dort an. Es hatte aber schon Schichtwechsel gegeben und der Morgenschichtleiter war schon zu Hause. Der Leiter der Nachtschicht war aber bereit, mit ihm zu sprechen. HK Ernstig fuhr zum Revier. Ein wenig später trafen sich die Beiden. Es wurde ein langes Gespräch. Nicht nur über Frau Mayen, sondern auch über vergangene Zeiten. HK Ernstig verließ mit einem strahlendem Lächeln auf seinem Gesicht das Revier. Im Präsidium fand er die Akte von Frau Mayen, er las diese in Ruhe und machte sich ein paar Notizen. Er rief Diestel noch mal an. Der war ein wenig genervt über den Anruf, aber ließ sich überreden, Frau Mayen zum Kriminalamt hinüber zu schicken. Arno rief noch kurz an. Er hatte nicht viel in der Wohnung von Peter Schmidt gefunden. Aber er war etwas verwirrt über die Frauenklamotten, es gab jedoch kein Foto von einer Frau oder Freundin dort. Er würde Morgen sein Bericht abgeben.


HK Ernstig begab sich zu seinem Lieblingsbistro. Es lag nicht weit vom Präsidium entfernt. Er bestellte sich etwas zu essen. Schluss für Heute dachte er sich, Morgen ist auch noch ein Tag. Aber der letzte Fall ließ ihn nicht ganz los. Es gab keine Leiche und keinen wirklich Vermissten, nur eine Person, die zur Zeit nicht auffindbar war. Peter Schmidt war weg. Keiner konnte sagen, für wie lange. Sein Fahrrad und das Jackett waren vor ein paar Tagen gefunden worden. Wie lange der Bully auf dem Parkplatz gestanden hatte, war auch nicht ganz klar. Georg brachte HK Ernstig sein Essen, Grünkohl mit allem drum und dran. HK Ernstig genoss das Essen. Nee, Peter Schmidt musste bis Morgen warten. Otto kam herein.
»Moin Rudi, lass es dir schmecken. Georg, das gleiche für mich, wenn ich bitten darf.« Otto setze sich gegenüber von HK Ernstig.
»Willst du über den Fall Sprechen?«, wollte er wissen. HK Ernstig hatte seinen Mund voll und murmelte nur etwas. Otto schaute ihn fragend an.
»Was?«
»Lass ihn doch erstmal in Ruhe essen«, schimpfte Georg und stellte Otto ein Bier vor die Nase. Otto tat was ihm gesagt worden war und genoss erstmal sein Bier.
»Ich lasse diese Hellen Mayen morgen noch mal antanzen.«, sprach er nun.
»Verdächtigst du sie etwa?«, fragte Otto ihn. HK Ernstig nahm ein Schluck Bier.
»Nein, aber diese Frau weiß mehr als wir vermuten. Sie war es, die bis jetzt immer am Tatort war, gut sie könnte meinen, dass das alles nur Zufall ist.« Es gab nun eine heiße Diskussion über Frau Mayen. HK Ernstig war klar, dass sie nicht die Täterin sein konnte, Otto verteidigte sie immer, obwohl er sie nicht kannte.
»Nein Frau Mayen ist nicht tatverdächtig, Ich will sie im Team aufnehmen.« Otto schaute ihn verblüfft an.
»Wie im Team aufnehmen?«
»Ja ich möchte gern das sie zu uns kommt, ich hab mir ihre Akte kommen Lassen und so weit ich weiß, will die so wie so zur Kriminalpolizei. Ich hab mit Diestel darüber gesprochen dass sie bei uns ihr Praktikum weiter macht, anstatt bei der Streife.«, sprach er nun zu Otto.
»Georg, mach uns noch mal zwei Bier.« Er nahm gierig denn letzten Schluck und drückte Georg das leere Glas in die Hand.
»Aber sicher doch, mein Gnädigster, und lass es dir schmecken Otto. Vorsicht es ist heiß.« Otto fing an zu essen.
»So eine Person die aus eigener Kraft und Willen auf Spurensuche geht und auch noch etwas findet, so was brauchen wir. Mal wieder frisches Blut in das Team hinein bringen. Ich bin mir auch langsam nicht mehr sicher, dass wir es hier mit Selbstmord zu tun haben.«
»Wollten wir nicht vermeiden über den Fall zu reden und nur etwas essen? Hast du dich in die Frau verguckt, bist du vielleicht verliebt?«, fragte Otto nun. HK Ernstig saß erst mal dort und rührte in seinem Essen. Er schaute, wo Georg mit seinem neuen Bier blieb.
»Nein, das würde ich so nicht sagen«, gab er nun als Antwort zurück.
»Aber die Frau sieht Sachen, die mir vorher gar nicht aufgefallen sind. Und ich glaube langsam, dass wir es mit Mord zu tun haben und nicht mehr mit Selbstmord. Ja, aber du hast recht, Heute ist Schluss, dazu morgen mehr. Georg wo bleibt das Bier?«


** 10


Am nächsten Morgen traf Hellen im Revier ein. Ihre Kollegen schauten sie etwas misstrauisch an. Hellen wollte gerade in die Frauenumkleide gehen, als ihr Revierleiter sie rief.
»Frau Mayen, sie sollen sich sofort bei HK Ernstig melden, sie wissen wo der sich befindet?« Hellen blieb stehen und schaute den Revierleiter verwirrt an.
»Kann ich mich noch umziehen?«
»Nein draußen wartet ejemanden auf sie, der sie ins Präsidium fährt.« Hellens Kiefer viel fast auf den Boden.
»Emhm«, kam nur aus ihrer Kehle.
»Los, die warten nicht.« Hellen sputete sich nach draußen. Dort stand ein Wagen. Ein Mann stand neben dem Fahrzeug.
»Frau Mayen?« Hellen bejahte.
»Bitte einsteigen, ich soll sie ins Präsidium fahren. Mein Name ist Otto Junker.« Hellen fragte Otto, was sie im Präsidium sollte. Aber Otto gab keine Antwort. Hellen fühlte sich etwas unsicher. Die Fahrt dauerte jedoch nicht lange.


Otto öffnete die Tür und ließ Hellen aussteigen. Er ging vor und Hellen folgte ihm unauffällig. Sie begaben sich zum Büro von HK Ernstig. Otto klopfte nicht an, sondern öffnete sofort die Tür. Er stellte sich wie ein Lackei an die Tür und winkte Hellen herein. Es liefen ein paar Leute durch den Raum. Ein etwas älterer Herr saß an einem Tisch und schaute sie nur kurz an. Otto setzte sich an einen Schreibtisch am Fenster. Ein Mann in einem sehr gut geschnittenen Anzug stand am Fenster. Zwei Leute verließen den Raum und verabschiedeten sich. HK Ernstig kam aus einer Tür rechts von Hellen.
»Frau Mayen«, klang es plötzlich.
»Schön, dass sie hier sind. Leute, mal kurz zu gehört. Das hier ist Anwärterin Hellen Mayen und ab Heute ein Mitglied dieses Teams und sie ist nicht zum Kaffee holen da, ist das verstanden!?« Der alte Mann stand nun von seinem Schreibtisch auf und begrüßte sie.
»Arno Mayer mit a und nicht e.« Danach war Otto an der Reihe.
»Sorry, aber Rudi, ich meine Hauptkommissar Ernstig, wollte dich überraschen. Und ich glaube auch, dass ihm das gelungen ist.« Er lief auf sie zu
»Otto Junker und das hier ist oder besser gesagt, wird dein neuer Arbeitsplatz.« Er zeigte auf einen Schreibtisch, der am Fenster stand. Dann kam der Herr im Anzug auf sie zu.
»Frau Mayen es gibt noch keinen Grund Ihnen zu gratulieren, nur weil Sie zu dieser Dienststelle gekommen sind. Sie absolvieren hier den Rest Ihres Praktikums, das ist mit Ihrer Schule so besprochen worden. Ihre Theorie werden sie wie gewohnt in der Schule absolvieren müssen.« Hellen stand sprachlos da. Wie, sie war schon Kriminalbeamtin, so schnell ging das, sie konnte es nicht glauben.
»Offiziell können wir sie natürlich erst befördern, wenn sie ihr Examen bestanden haben.« Er schaute sie genau von oben bis unten an.
»Und an Ihrer Ausstattung, oder Outfit, wie man heute sagen würde, müssen wir noch arbeiten.« Hellen wollte sich verteidigen, aber Diestel ging weiter in seiner Predigt.
»Und ich will keine Klagen hören.« Dann reichte er ihr seine Hand.
»Willkommen bei diesem Haufen Rentner und Verrückten. Und viel Erfolg.« Alle im Raum schwiegen nun.
»Tja, ich weiß nicht, warum ich hier bin, aber Danke für die Einladung. Das mit meinem Outfitt, sorry aber ich habe heute Streifendienst und dann erscheine ich immer so zum Dienst ich ziehe mich dann ja um. Aber heute bekam ich ja nicht die Zeit zum Umziehen.« HK Ernstig schaute sie nur kurz an.
»Danke Diestel für deine immer so warmen Worte«, sagte er nun.
»So Leute, wo wir nun alle zusammen sind, wollte ich mal die Situation mit euch besprechen.« fuhr HK Ernstig fort.
»Ich bin, und dabei bin ich nicht allein, der Meinung das es sich bei diesen so genannten Selbstmorden um Mord Handelt.« Er ging zu einer Wand, an der diverse Sachen auf geklebt waren. Er fing an, die Selbstmorde einzeln, nacheinander zu besprechen. Es dauerte eine ganze Weile, da sie bis jetzt sechs Fälle hatten. Jeden Fall in einer nicht allzu großen Umgebung. Die einzige Verbindung zu allen Fällen waren die sauber hingestellten Schuhe und teilweise gefaltete Kleidung.
»Wir haben keinen Beweis dafür, dass es Mord ist, der Bericht der Pathologie ergab jedesmal keinen ersichtlichen Beweis, keine Drogen, jedenfalls keine außergewöhnlichen Stoffe.« Er schaute Hellen an. Die wurde nun nervös und wusste immer noch nicht genau, was sie hier sollte.
»Wir gehen davon aus, dass irgend etwas diese Männer in ihren Freitod geschickt hat.« HK Ernstig schaute in die Runde.
»Meine Damen und Herren, wir haben nichts, gar nichts in der Hand, noch nicht mal eine Idee, wo wir anfangen sollten.« Er schaute nun auf die Wand, an der die Bilder der Opfer sauber aufgereiht waren.
»Nun, wir wissen nur, das jeder von diesen Männen in irgend einer Disco oder Veranstaltung war.« Hellen hob ihre Hand.
»Ja, Frau Mayen. Wenn sie Auf Toilette müssen, die befindet sich auf dem Flur links.«
»Nein, Nein, ich habe mich vor ein paar Tagen mal schlau gemacht. Und immer kurz nach dem es irgendwo hier in der Umgebung einen Großbrand gegeben hat, gab es einen Selbstmord. Bei den anderen, die kenne ich ja nicht, sollte man das dann auch mal überprüfen.« Arno tippte etwas in sein Computer und war in seinem Bildschirm abgetaucht. Er tippte wieder etwas auf der Tastatur. Dann bewegte er die Maus.
»Stimmt bei den zwei anderen Fällen gab es da, entweder am Vortag oder einen Tag vorher einen Großbrand.« Arno stand auf und begab sich zum Drucker der neben der Espresso-Maschine stand.
»Kaffee Frau Mayen?«, fragte er sie, während er schon eine Tasse unter den Auslass der Maschine stellte.
»Danke schön, Milchkaffee wäre schön.« antworte Hellen.
»Ich sehe schon dass ihr gut zu recht kommt«, sprach Diestel.
»Und nochmals keine Klagen, wenn ich bitten darf Frau Mayen. Auf Wiedersehen die Dame und der Rest.« Diestel verließ den Raum.
»Frau Mayen oder darf ich Hellen sagen. Kein schlechter Gedankengang.« HK Ernstig schaute sie an.
»Hellen ist okay.«
»Dein Kaffee, Hellen.«, sagte Arno und drückte ihre eine Tasse in die Hand. Otto stand etwas verloren da. Aber mischte sich dann ein.
»Stimmt, wir haben nichts also besser an jeden Strohhalm klammern, der uns geboten wird.« Er lächelte Hellen an.
»Nun, ich finde die Idee nicht schlecht, oder hast du einen Vorschlag?«, fragte HK Ernstig Otto. Otto hob seine Schulter und begab sich zur Kaffee Maschine.
»Wieso glaubt ihr, dass es kein Selbstmord ist?« Otto war nicht so angetan von der Idee, dass es Mord war.
»Wir haben nichts«, war die kurze Antwort von HK Ernstig. Hellen saß nun an ihrem neuen Schreibtisch. Arno klebte die Ausdrucke von den Bränden unter die jeweiligen Opfer.
»Ich glaube an die Idee mit dem Katalysator Brand für diese Selbstmorde oder Morde«, meinte er.
»Hellen was weißt du über die Disco's?« Hellen schaute HK Ernstig an. Er hat sie gefragt.
»Ehm nichts, nur dass sie, also in den Fällen die ich kenne, ziemlich nah am Tatort oder Fundort liegen. Und ich auf den Parkplätzen immer etwas von den Opfern gefunden habe.« Hellen stand auf und lief zu der Wand.
»Bei diesem hier«, sie zeigte auf ein Foto der Opfer,
»standen die Schuhe sauber am Wall aufgereiht. Der hier, sie hatte Ihren Finger nun auf dem Bild von Peter Schmidt, hat seine Schlüssel sauber in die Schuhe gelegt. Die waren nicht hinein geworfen. Ich hab' Fotos davon.« Hellen schaute HK Ernstig an.
»Was willst du damit sagen?«, fragte Arno.
»Ich hatte das Gefühl, dass es ein Zwang war, alles korrekt und sauber hinzulegen. In seinem Bully herrschte ein reines Chaos. Aber am Tatort wahr alles fein säuberlich angeordnet«, sagte Hellen.
»Stimmt, das Jackett war richtig sauber gefaltet und die Schuhe genau davor, rechtwinklig abgestellt. Selbst das Fahrrad war sauber abgestellt«, erzählte Otto,
»aber sein Bully war das reinste Chaos. In seiner Wohnung war es fast genauso. Und das Beste war, dort waren fast nur Frauenkleider.« Alle im Raum schauten auf Otto.
»Was meinst du mit Frauenkleider?«,, fragte HK Ernstig. Otto erklärte ihm, dass er in dem Zimmer vom Peter Schmidt, eigentlich nur Frauenklamotten gefunden hatte. Laut Nachbarn war auch nur eine Frau dort eingezogen und kein Mann. Alle im Raum waren nun ruhig.
»Leuchte doch mal diesen Peter Schmidt durch Arno.« Hellen wusste immer noch nicht was ihre Aufgabe hier wahr.
»HK Ernstig was soll ich eigentlich hier?« Hellen stand verloren an der Wand.
»Hellen ich habe deine Akte gesehen und du willst doch Kriminalbeamtin werden, oder habe ich dort etwas Falsches gelesen?« Otto hörte genau zu.
»Nun, ich habe mit deinem Lehrer und Ausbilder gesprochen und wir sind der Meinung dass, du ruhig ein paar Schullehrgänge überschlagen darfst. Du bist besser hier aufgehoben, meinten die meisten deiner Ausbilder.« Hellen schaute verlegen auf den Boden.
»Aber du bekommst hier nichts geschenkt, nur damit du das weißt.« Otto war sich immer noch nicht sicher, warum diese Frau eine Sonderbehandlung bekam.
»Ich kenne keinen bei der Schutzpolizei, der freiwillig bei schlechtem Wetter einen Tatort absucht und dann auch noch etwas findet. Deine letzte Arbeit war auch nicht schlecht. Ich hab das Foto der Schuhe gesehen. Man musste aber genau hinschauen, um die Schlüssel zu finden.« Otto hatte das Foto der Schuhe nicht gesehen und wusste nicht worüber HK Ernstig redete.
»Ich hab' hier etwas.«, sagte Arno.
»Unser Peter war mal im Knast, Schwere Körperverletzung und ein paar Anzeigen wegen Sexueller Belästigung und eine Vergewaltigung.« Otto begab sich zum Drucker und wartetet bis der Ausdruck heraus kam.
»Stimmt das ist ein netter Eintrag.«
»Wir müssen den Fundort am Bahndamm untersuchen. Aber ich bekomme den erst heute Nacht frei. Zu viel Verkehr«, erläuterte HK Ernstig.
»Toll, Nachtschicht«, nörgelte Otto. Hellen lachte.
»Und was machen wir bis dahin?« HK Ernstig stand an der Wand
»Nehmt mal ein paar Bilder, besucht mal die Disco's und erfragt ein wenig über unsere Opfer.« Otto schaute Hellen an.
»Bereit meine Liebe?« Wenn Blicke töten könnten dann wahr es jetzt. Otto bemerkte seinen Fehler. Hellen fragte Arno wo sie denn ein paar Kopien der Bilder Bekam. Arno zeigte auf den Drucker. Otto war inzwischen zum Schrank gelaufen und hatte zwei Koffer in der Hand. Hellen nahm die Kopien aus dem Drucker und folgte Otto nach unten zur Parkgarage.
»Sorry wegen vorhin. Darf ich dich Hellen nennen oder muss ich Frau Mayen sagen?«
»Es darf Frau Mayen gesagt werden, aber Freunde nennen mich Hellen.« Hellen reichte Otto ihre Hand. Otto stellte die Koffer hinterm Auto ab. Er zog den Schlüssel aus der Hosentasche und drückte drauf. Das Auto blinkte und gab ein Piep Signal von sich. Otto packte beide Koffer in den Kofferraum.
»Das sind Koffer zur Spurensicherung. Die nehmen wir immer mit, wenn wir einen Tatort untersuchen. Otto öffnete den Ersten und zeigte ihr den Inhalt. Er schloss ihn und erklärte ihr, dass der andere fast den gleichen Inhalt hatte. Er stieg auf der Fahrerseite ein.
»Oder wolltest Du fahren?«, fragte er sie, als sie ein stieg
»Nein ist schon gut so.«

Impressum

Texte: A.P.W. Langelaan 2011
Tag der Veröffentlichung: 20.12.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Fur Gunda, die mir immer zu seite stand

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