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Ohnmacht

Ohnmacht

 

“Das Gruseligste, was du jemandem sagen kannst, ist ‘Du siehst schön aus, wenn du schläfst’. Außer natürlich, du teilst das Bett mit deinem Beobachter.“

Ich sehe ihn an, manchmal sagt Markus so verwirrende Sachen, die auch ein wenig verstörend sind. Einfach aus dem Nichts. Wir sitzen zusammen an meinem Schreibtisch und bearbeiten eine der vielen Hausaufgaben für das Studium. Besonders gegen Ende des Semesters scheint es unseren Professoren Spaß zu machen, uns zu den Klausuren auch noch mit unnötigen Ausarbeitungen zu nerven. Wenn es sich machen lässt, versuchen Markus und ich eine Partnerarbeit gemeinsam zu erledigen. Er wohnt ganz in meiner Nähe und wir scheinen auch zu harmonisieren. Während ihm der Fließtext wie durch Magie aus den Händen zu gleiten scheint, bin ich eher für die Diagramme und Tabellen zuständig. Doch manchmal sitzt er da, nachdenklich, und sagt dann plötzlich so merkwürdige Sätze. Er bringt mich damit immer vollkommen aus dem Konzept und ich muss dann über seine Aussagen, über ihn nachdenken.

“Wie meinst du das?”, frage ich daraufhin.

“Na ja, überleg doch mal. Wann bist du am meisten verletzbar? Wenn du nicht weißt, dass du bedroht bist. Zum Beispiel im Schlaf ... in deinem eigenen Zimmer. Und dann kommt jemand daher und sagt dir, dass du im Schlaf schön aussiehst.”

“Ist dir das passiert?” Ich überlege, ob ich mir Sorgen machen sollte. Doch er lacht nur und antwortet eher herausfordernd.

“Nein, dir?“

“Um Gottes Willen, nein.“

“Schön ... oder auch nicht.“

Jetzt bin ich noch verwirrter.

“Oder auch nicht?“

“Na, immerhin sagt dir dann ja auch jemand, dass er dich schön findet.“

“Du bist merkwürdig ... manchmal.”

“Gut oder schlecht merkwürdig?“

“Ich weiß nicht.” Ich sehe ihn an, sein ohrlanges, dunkelblondes Haar ist etwas zerzaust. Kein Wunder, seit Stunden quälen wir uns durch mühsame Texte und Internetforen. Er sieht etwas blasser aus als sonst, die Semesterferien werden ihm guttun. Und mir hoffentlich auch.

“Sebastian?”, fragt er, als ich in meinen Gedanken hängend etwas abwesend wirke.

“Hmm?”, reagiere ich nur brummend.

“Wie lange müssen wir uns noch damit rumärgern? Ich habe heute nicht besonders Lust dazu.” Er deutet auf den Monitor.

“Wir haben nur noch eine Woche“, merke ich dazu belehrend an.

“Eine Woche ist doch eine lange Zeit, du bist immer so streng.”

Ich grinse ein wenig, lege aber nun auch den Kugelschreiber auf den Zettel vor mir.

“Ich bin streng?”

“Ja, bist du ... dabei könnte etwas Freizeit wirklich nicht schaden.”

Freizeit? Wir haben außer den Stunden in der Universität und in diesen Arbeitstreffen eigentlich keine Freizeit zusammen verbracht. Neben Studium und

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Natalie Elter
Bildmaterialien: Kirill Zdorov @ fotolia.com
Tag der Veröffentlichung: 11.07.2013
ISBN: 978-3-7438-8160-0

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