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Caesar, der Herr der Legionen,
War mutig und kahl.
Rau war das Land der Britonen
Und tief der Kanal.

Die Soldaten, sie rudern, kräftig
Gegen den Wind.
Der Regen fällt kalt und heftig.
Doch Rom gewinnt
Das Ufer – beinah!
Denn kein römisches Adlerauge sah
Die wilden Gesellen
Mit schnellen Pfeilen
Dem Feinde entgegeneilen
Durch hohe Wellen.

Die wilden Britonen
Lachen sie aus,
Die starken Legionen:
„Geht wieder nach Haus!“
So hört man sie schrein.
Kein Römerbein
Kam näher an die britonischen Reihn
Als elf Meter,
Auch kein Boot.
Und elf Jahre später
War Caesar tot,
Ermordet von Brutus' Hand.
Und frei war noch Engeland.

Aber das ändert sich bald.
Durch den wuchernden Wald
Streifen nun Römer-Legionen
Und zwingen die tapf'ren Britonen
Unter ihr Joch,
Was denen nicht roch.

Doch Rom zerfällt.
Die ganze Welt
Ordnet sich neu.
Es brechen an dunkle Zeiten.
Von allen Seiten
Eilt nun herbei
Feindliche Reiterei:
Angeln und Sachsen,
England muss wachsen.


In dieser schwierigen Stunde
Entsteht eine runde
Tafel, so will es die Sage.
Und den Eindringlingen wehrt
König Artus mit magischem Schwert.
Und neben dem Siegen
Gibt’s viele Intrigen
Um Liebe und Ehre
Und Morgaine, die Hex.
Und Guinevere,
Die Queen,
Gab treulos sich hin
Einem Ritter.
Das war bitter
Für Arturius Rex.

Nach dem heiligen Gral
Folgte weitere Qual,
Als die Normannen
Das Ufer gewannen.
Sechsundsechzig – die Zahl
Vom fatalen Jahr,
Das neues Unheil gebar.


Doch auf den Schmerz
Folgt Löwenherz.
Ein kämpfender Christ,
Der das Banner hisst
Gegen Saladin,
Um durchzuschneiden
Die Kehlen der Heiden.

Derweil im englischen Wood
Streift sein Paladin,
Robin Hood.
Unter den Eichen
Bestiehlt er die Reichen,
Gibt alles den Armen,
Das nennt man Erbarmen.
Und unter den Tannen
Liebt er Maid Mariannen.


Caesar war tot,
Doch Rom wieder mächtig
Es herrschte dort prächtig
Der Papst. Er verbot
Zu scheiden die Ehe.
Wer doch sich schied – wehe!
Exkommunikation
Hieß dann der Lohn.
Doch Heinrich der Achte
Darüber nur lachte.
Denn Rom war so fern
Und er wollte so gern
Für sein Reich einen Sohn.
Die englische Religion
Läuft seither intern.

Die nächste Ära war golden,
Da geprägt von der holden
Queen Elizabeth,
Die Jungfrau blieb
Bis zum letzten Breath,
Während Shakespeare schrieb
About love, pain and death.

Auf politischer Bühne
Wollte Spanien zur Sühne
Für alten Hader
Mit seiner Armada
England bezwingen.
Nach langem Ringen,
Im Jahr fünfzehn-acht-acht,
Wurde England zur Macht
Zu Land und zur See
Großes Spanien, ade!

Gentlemen von der Insel
Halten den Pinsel
Der Weltgeschichte
In ihren Klauen.
In glänzendem Lichte
Tun sie erbauen
Ein mächtiges Reich,
Dem Römischen gleich.

Von Südafrikas Zipfel
Bis Himalayas Gipfel
Sieht man sie regieren
Mit eiserner Hand
Und eliminieren
Den Widerstand.
Sie tragen mit Würde
Des weißen Manns Bürde.

Das Empire fällt
Nach dem Krieg um die Welt.
England geschrumpft
Wie zur Römerzeit.
Und es versumpft
In Traurigkeit.
Welch tiefer Fall,
Was bleibt da noch
Um zu füllen das Loch?
Die Antwort: ein Ball!

Sechsundsechzig – die Zahl –
Und davor die Zehn
Tat der Wind die Normannen
Ans Ufer wehn.
Sechsundsechzig – die Zahl –
Die Neunzehn davor,
Da schoss Geoffrey Hurst
Das Wembley'sche Tor.
Für Deutschland ein Scherz,
Eine dribbelnde Wunde
Im germanischen Herz,
Eine tadellos runde.

Die Zeit rast dahin
Im englischen Land.
Nichts hat Bestand
Außer der Queen.
Das Volk ist verdrossen,
Denn es wurde verschossen
So oft aus elf Metern,
Bejammert mit Zetern
Die Yellow Press:
„What a mess!“

Im Jahr zwei-null-eins-zwei
Zog man nach Polen,
Um mal wieder zu holen
Einen Titel herbei.
Der Trainer war neu.
Und hieß Hodgson, Roy.
Und das feindliche Heer
Im Viertelfinal
Führet an – wer?
Nun ratet mal!

Caesar, der Herr der Fratelli
d'Italia, führte aufs Feld:
Pirlo, Buffon, Balotelli,
Eine Squadra Azzura von Welt?
Oder noch nur banal?
Denn gebeutelt ist diese Elf
Vom Wettskandal.
See for yourself!

Die wilden Britonen
Stürmen voraus
Gegen Buffonen,
Der hält sauber sein Haus.
Nach hundertzwanzig Minuten
Ist es so weit:
Man macht sich bereit
Für Elfmeter
Und großes Gezeter
Hob an,
Als Italien gewann
Mit dem Runden die Schlacht
In der Runde der letzten acht.
So schließt sich der Kreis,
Und Europa weiß:
Klare Sache!
Wer Caesar verlädt,
Erntet Rache,
Wenn auch spät.


Impressum

Texte: Melpomene
Bildmaterialien: John Speed (http://www.oldmap.co.uk/England-and-Wales.php) [Public domain] via Wikimedia Commons
Tag der Veröffentlichung: 01.07.2012

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Widmung:
Für alle Teilnehmer des EM-Spiels "16 Länder sollt ihr sein"

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