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„Die Wiesn – unendliche Weiten. Dies sind die Abenteuer des Raumschiffs Kenterkreis, das Sie mitnimmt auf eine aufregende Fahrt, um neue Schwindelgefühle zu erleben, neues Bauchkitzeln und neue Vibrationen. Viele Lichtjahre vom Alltag entfernt wirbelt die Kenterkreis Sie in Galaxien empor, von denen Sie nie zuvor zu träumen gewagt haben.“
Die Schlange vor der Ticket-Kasse zieht sich in unendliche Längen. Vor allem Jugendliche kichern und schnattern in Vorfreude auf das Durchgeschütteltwerden, dazwischen plärrende Kinder mit Zuckerwatten, knutschende Pärchen und lauernde Taschendiebe. In diesem Chaos fällt es nicht weiter auf, dass sich zwei Gestalten aus dem Nichts materialisieren, beide in Lederhosen und Janker gekleidet. Der Größere von ihnen trägt außerdem einen grünen Filzhut mit Feder, der gut seine Ohren bedeckt und ihm eine etwas teuflische Aura verleiht.
„Faszinierend, Captain“, bemerkt Letzterer, als er beobachtet, wie sich das Raumschiff-Karussell in die Höhe schraubt und unter dem hysterischem Kreischen der Insassen wild zu drehen beginnt. „Welch eine unlogische Verhaltensweise menschlicher Wesen, sich freiwillig in Agonie zu begeben.“
„Wir werden uns jetzt mal in die Agonie des Alkoholdunsts begeben, Spock“, erwidert Captain Kirk. „Muss sagen, besonders wohl fühl ich mich ja nicht in diesen lächerlichen Klamotten. Wie heißt der Code noch mal, den Sie entschlüsselt haben? Proy Rozzle?“
„Bräurosl, Captain. Die Phonetik des Bajuwarischen ist etwas gewöhnungsbedürftig. Aber diese Sprache wird in einer Abwandlung immer noch im Walhalla-Nebel gesprochen, wo ...“
„Spock, sparen Sie sich Ihre Ausführungen. Ich versteh sowieso kein Wort bei all dem Lärm.“
Noch mehrmals haucht Spock ein vulkanisches „Faszinierend“ in die Wiesn-Luft, in dieses Panoptikum des Wahnsinns, der weißen Würste und der großen „Ich liebe Dich“-Herzen.
Im Bierzelt „Bräurosl“ (vom Schiffscomputer der Enterprise als „Festarena und Schauplatz exzessiver Alkoholorgien“ beschrieben) werden sie von Hitze und Lärm empfangen. Eine Band singt: „Völlig losgelöst von der Erde ...“
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass unser zartfühlender Jüngling hier sein soll. Solche Massenveranstaltungen sind ihm doch unerträglich. Außerdem bevorzugt er eine ganz andere Art von Musik“, gibt Kirk zu bedenken.
Sie setzen sich auf eine der Holzbänke und sofort baut sich ein dralles Frauenzimmer im offenherzigen Dirndl vor ihnen auf:
„Servus Burschn, woits a Mass, alle zwoa?“
Kirk setzt ein charmantes, aber verständnisloses Lächeln auf, doch Spock antwortet akzentfrei: „Ja freili. Zwoa Mass, bitt schä.“
„Spock, wo haben Sie diese furchtbare Sprache gelernt?“, fragt Kirk, als sich die Kellnerin wieder entfernt.
„Aufgrund seiner logischen und klaren Struktur genießt das Bayerische auf dem Vulkan höchstes Ansehen. Zum Beispiel verzichtet es völlig auf das Imperfekt, was ...“
„Schon gut, Spock, jetzt müssen wir erst mal herausfinden, wie wir unseren Freund oder seine Entführer orten können.“
„Schwierig, Captain, da unsere Tricorder die Lebenszeichen von so vielen Menschen anzeigen. Doch vielleicht können wir ...“
„So, Burschn, lasst's eich schmecka.“ Die Kellnerin knallt zwei schäumende Masskrüge vor ihnen auf den Tisch. Dann beugt sie sich vertraulich lächelnd zu Spock und flüstert: „Is dös a Ami, Eahna Freind do? Versteh duad a mi glaub i net.“
„Na, der kimmt vo ganz weit drom“, antwortet Spock und drückt ihr ein paar Geldscheine in die Hand.
„A so, a Preiß, freili. Vui Spaß no, goi!“ Sie entfernt sich mit wackelndem Hinterteil.
„Könnten Sie das mal übersetzen? Was ist ein Preiß?“
„Irrelevant, Captain. Viel wichtiger ist, dass sie nicht gemerkt hat, dass ich ihr Katalosanische Astros gegeben habe und keine Euronen, wie sie an diesem Ort zu jener Zeit Zahlungsmittel waren. Diese Frau ist definitiv nicht von der Erde!“

Schnitt zurück in die Zukunft. Wie alles begann:
„Logbuch der Enterprise, Sternzeit 186,4. Captain Kirk. Wir sind auf ein merkwürdiges Nebelgebilde gestoßen, das frei im Weltraum schwebt und aus reiner Energie zu bestehen scheint. Doch das Erstaunliche: Unsere Messgeräte zeigen eine Form humanoiden Lebens an.“
Langsam lichtet sich der Nebel auf dem Schirm und enthüllt ein Bauwerk, das in seiner Pracht die Sehnsucht vieler Menschen nach einem Märchenschloss erfüllt, offensichtlich auch die einiger Brückencrew-Mitglieder:
„Oh, wie romantisch!“, seufzt Uhura.
„Fast so schön wie der Krrreml in Moskau“, begeistert sich Cekov.
„Oder wie der Kaiserpalast in Peking“, fügt Sulu hinzu.
„Hübsches Häuschen“, bemerkt der Captain cool. „Kommt mir doch aus dem Geschichtsunterricht bekannt vor. Erde, Mittelalter? Nein, eher eine idealisierte Nachahmung aus dem 19. Jahrhundert, würde ich sagen. Deutschland oder Frankreich vielleicht? Computer, gibt es eine Übereinstimmung mit meiner Vermutung?“
„Positiv“, ertönt die monotone Computerstimme. „Schloss Neuschwanstein. Standort: Erde, Mitteleuropa, Bavaria, zeitweise Deutschland zugehörig. Baubeginn: 1869. Auftraggeber: König Ludwig II. von Bayern. Errichtet nach dem Vorbild mittelalterlicher Ritterburgen. Gesamtfläche aller Stockwerke: 6000 Quadratmeter. Anzahl der Räume ...“
„Danke, Computer. Tja Spock, was halten Sie davon?“
„Faszinierend, Captain. Es wäre interessant zu sehen, ob das Schloss auch im Inneren seinem Vorbild nachempfunden wurde. Noch interessanter wäre es natürlich, seinen Bewohner kennenzulernen.“
„Maschinenraum an Brücke“, ertönt es aus der Sprechanlage.
„Hier Kirk, was gibt’s, Scotty?“
„Wir empfangen ein Signal, Captain. Jemand versucht, sich aufs Schiff zu beamen.“
„Sicherheitskräfte bereitstellen. Wir kommen.“
Kirk und Spock stürzen in den Aufzug und sind in Sekundenschnelle an der Beamplattform, wo Chefingenieur Scott mit zwei Rotuniformierten wartet, die ihre Phaser gezückt halten. Auf Kirks Zeichen betätigt Scotty ein paar Schalter, und auf der Plattform materialisiert sich unter dem Summen eines mechanischen Bienenschwarms ein hochgewachsener junger Mann mit wilder dunkler Mähne, der seinen irren Blick durch den Raum schweifen lässt.
„Wo bin ich?“, ruft er. „Nein, sie kommen, lasst sie nicht her! Ich will nicht ...“
„Bitte beruhigen Sie sich“, beschwichtigt ihn Captain Kirk. „Sie sind auf dem Raumschiff Enterprise. Wer sind Sie und wovor haben Sie Angst?“
Der Gast scheint sich zu sammeln, versucht seinen Atem unter Kontrolle zu bringen, dann richtet er sich kerzengerade zu einer würdevollen Haltung auf und sagt: „Ich bin Ludwig, König von Bayern.“ Als hätte ihn diese Aussage übermenschliche Anstrengung gekostet, bricht er gleich darauf ohnmächtig zusammen.

Krankenstation: Schiffsarzt „Pille“ McCoy scannt den Körper des bewusstlosen Königs mit seinem Allroundgerät ab.
„Lebenszeichen normal, Jim. Er ist jung, höchstens zwanzig. Nervöser Schock. Er müsste gleich wieder zu sich kommen.“
„Ist er denn – ein Mensch?“
„Klar, auch Könige sind Menschen.“
„Das mein ich nicht, Pille. Aber hör mal, was der Bordcomputer über ihn zu sagen hat.“
Wieder ertönt die monotone Stimme:
„Ludwig II.: geboren 1845. Königsgeschlecht: Wittelsbacher. Thronbesteigung: 1864. Politische Bedeutung: keine. Kulturelle Leistung: Erbauer der Schlösser, Linderhof, Neuschwanstein und Herrenchiemsee ...“
„Stopp! Neuschwanstein, das als Nebelgebilde im All schwebt. Von dort hat er sich hergebeamt.“
„Wie um alles in der Welt kann sich ein Mensch aus Fleisch und Blut von einem Nebelgebilde auf unser Schiff beamen?“
„Das klingt in der Tag unlogisch, Doktor“, schaltet sich nun Spock ein. „Aber nur für Ihren beschränkten menschlichen Verstand.“
„So, dann bin ich aber mal gespannt auf Ihre vulkanologische Erklärung, Spock“, ätzt McCoy.
„Wir Vulkanier verfügen über die Fähigkeit, unseren Geist zu steuern. Und mir scheint, auch unser junger König ist – oder war – zu solch außergewöhnlicher mentaler Kontrolle fähig: Er hat mit seiner Gedankenkraft sein eigenes Reich erschaffen und sich in persona dorthin begeben. Sie sagen, er sei erst zwanzig. Mit dem Bau von Neuschwanstein wurde 1869 begonnen, als er bereits vierundzwanzig Jahre alt war. Folglich konnte dieses Schloss in seinem jetzigen Alter erst in seiner Fantasie existieren, aber seine Gedankenkraft war so stark, dass er es im Weltall materialisieren konnte. Faszinierend!“
„Ja, sehr faszinierend“, äfft ihn McCoy nach. „Das erklärt aber nicht, dass er 350 Jahre nach seiner Zeit leibhaftig vor uns liegt.“
„Hört auf zu streiten“, unterbricht Kirk die beiden. „Er kommt zu sich.“
Ein königliches Stöhnen ertönt, dann schlägt Ludwig seine wahnsinnig blauen Augen auf und blickt verwirrt um sich.
„Majestät“, Kirk nimmt eine militärische Haltung ein und schlägt die Hacken zusammen, wie er es auf der Sternenflotten-Akademie im Geschichtsunterricht gelernt hat: „Captain James T. Kirk vom Raumschiff Enterprise, mein erster Offizier Mr. Spock, Schiffsarzt Dr. McCoy. Wie fühlen Sie sich?“
Langsam richtet sich der König zum Sitzen auf, lässt seinen Blick über die ungewohnte Umgebung schweifen, zwinkert bei Spocks Anblick ein wenig und sagt dann mit klarer Stimme:
„Vielen Dank, Herr Kapitän, mir geht es gut. Wenn der Herr Doktor geruht, mir seine Erlaubnis zu geben, würde ich dann gerne aufstehen.“
Pille nickt, ein wenig verblüfft über die gewählte Ausdrucksweise.
Kaum ist Ludwig aus dem Bett aufgestanden, geht er fasziniert auf Spock zu: „Verzeihen Sie, mein Herr, mir sind so viele wundervolle Gestalten untergekommen in der zeitlosen Ewigkeit, die ich schon im Weltenraum verweile. Aber etwas wie Sie habe ich noch nie gesehen. Sie scheinen einer Oper Richard Wagners entstiegen.“
„Sehr schmeichelhaft, Majestät, aber ich stamme vom Vulkan.“
Der König lächelt. „Von einem Vulkan? Natürlich, Sie müssen der teuflische Alberich aus Rheingold sein. Genau so habe ich ihn mir immer vorgestellt.“
Mit träumerischem Lächeln versinkt Ludwig in seine Opern-Welt, während Kirk und McCoy sich verstohlen zugrinsen und Spock eine Augenbraue hochzieht.

Auf einer Führung durch das Raumschiff bestaunt Ludwig die Maschinen und bemerkt, es müsse sehr komfortabel sein, über so viele mechanische Dienstboten zu gebieten. Dann erzählt er, was ihn hierher gebracht hat:
„Ich bin mit achtzehn Jahren König von Bayern geworden, und die Regierungsgeschäfte haben mich von Anfang an unbeschreiblich gelangweilt. Ständig Empfänge und Bälle und grauenhafte Anlässe wie das Oktoberfest, ein jährliches Ereignis in München, das der Belustigung des Volkes dient. All diese Dinge ödeten mich unbeschreiblich an, und so errichtete ich mir dieses Schloss in meiner Fantasie und fliege seither durch die endlosen Weiten des Sternenraums.“
„Fühlen Sie sich dort nicht einsam, Majestät?“, fragt Kirk.
„Einsam, mit Lohengrin, Elsa, Parzival, Tannhäuser und den Rheintöchtern als Gefährten? Niemals, ich könnte nirgendwo glücklicher sein als in meinem wunderschönen Schloss, mit dem ich zwischen den Sternen treibe. Doch seit einiger Zeit“ – hier verfinstert sich Ludwigs Miene und er beginnt wieder panisch um sich zu blicken – „brechen immer wieder Dämonen in meine Idylle ein.“
„Sehen sie so aus wie unser Mr. Spock?“, fragt McCoy bissig.
„Aber nein, Herr Doktor, sie sehen aus wie gewöhnliche Menschen, aber sie sind in merkwürdige Gewänder gekleidet und erzählen mir ständig etwas davon, dass Bayern in einer fernen Zukunft von einem gottlosen Regime beherrscht wird und seine Unabhängigkeit verloren hat und dass sie mich zu sich holen und als ihren König einsetzen wollen. Sie zeigen mir Bilder von Kutschen, die ohne Pferde dahinrasen wie Kometen, und von hässlichen grauen Türmen, die wie Pilze aus dem Boden schießen. Am Himmel donnernde Maschinen und überall Lärm und Schmutz. In so einer Welt soll ich leben und ein eingesperrtes Leben als Königsmarionette führen? Mir war das Regieren in meiner eigenen Zeit schon zuwider, und jetzt auch noch in einer schrecklichen lauten Zukunft? Beim bloßen Gedanken schaudert mich.“
Der König zittert wieder ein wenig vor Aufregung und McCoy prüft seinen Blutdruck.
„Am besten ruhen Sie sich ein wenig aus, Majestät. Wir haben ein Quartier hergerichtet, das Ihren königlichen Bedürfnissen entspricht.“
„Mit Wagner-Musik“, fügt Spock hinzu und entlockt Ludwig ein seliges Lächeln.

„Der Knabe ist wirklich ziemlich durchgeknallt“, bemerkt McCoy, als die drei wieder unter sich sind. „Ein Luftschloss, nein, mehr als das, ein Weltraumschloss, mit dem er für immer vor der Wirklichkeit flieht. Was ist denn aus dem echten König geworden? Ist er spurlos aus der Geschichte verschwunden?“
„Mitnichten, Doktor“, klärt Spock ihn auf. „Ludwig II. spaltete zwar dieses Fantasie-Ego ab, doch sein echtes Ich lebte weiter, ließ die schon erwähnten Schlösser errichten und verweigerte sich der Realität. Anders als unser Gast alterte er jedoch, wurde fettleibig und unansehnlich und sein Geisteszustand degenerierte zusehends. 1886 ließen ihn seine Minister entmündigen, weil er aufgrund seiner Verschwendungssucht für das Land Bayern nicht mehr tragbar war. Er wurde unter psychiatrische Aufsicht gestellt und ertrank unter rätselhaften Umständen in einem Binnengewässer namens Starnberger See.“
„Tragisches Schicksal“, bemerkt Kirk. „Aber was hat es denn mit diesen Dämonen oder was auch immer auf sich, die ihn wieder als König einsetzen wollen? Die Zeit, die er beschreibt, könnte das späte 20. oder frühe 21. Jahrhundert sein. Gab es damals eine monarchistische Bewegung in diesem Bavarien oder wie das Land heißt?“
„Diese Frage erfordert noch eine genauere Recherche.“
„Gut, gehen wir auf die Brücke zurück. Dort können Sie den Computer befragen.“

Währenddessen liegt der junge König Ludwig in seinem Quartier auf dem Bett und lauscht mit geschlossenen Augen dem Walkürenritt Richard Wagners. Er bemerkt nicht, dass die Tür aufgeht und zwei Männer in schürzenartigen weiß-blauen Gewändern hereinschleichen. Sie betäuben ihn mit einem Phaser und schleppen ihn dann fort. Gleichzeitig materialisieren sich vier weitere Gestalten im Maschinenraum, setzen die diensthabenden Rotuniformierten auf die gleiche Art außer Gefecht und machen sich dann an der Steuerung zu schaffen.

„Captain, der Kurs hat sich geändert“, ruft Sulu auf der Brücke. „Die Geschwindigkeit geht auf Warp 12.“
„Wir rrrasen wie in einer Achterrrbahn“, schreit Cekov.
„Verdammt, was ist hier los?“, brüllt Kirk, der sich gerade erst wieder im Kommandosessel niedergelassen hat.
„Faszinierend“, bemerkt Spock. „Die Logik spricht dafür, dass wir gerade zu einem Zeitsprung ansetzen.“

„Völlig losgelöst von der Erde, schwebt das Raumschiff , völlig schwereloooos“, schmettert die Band seit gefühlten drei Lichtjahren, als Kirk und Spock sich von ihrer Holzbank erheben und der Kellnerin in den hinteren Teil des Bierzelts folgen.
Als sie einen Vorhang zur Seite schieben, erhaschen sie einen Blick auf eine kleine Armee weiß-blau gekleideter Gestalten, die Fässer von einem Lastwagen rollen.
Ein paar wohlbeleibte Herren in bayerischer Trachtenkleidung beaufsichtigen das Ganze. Die fesche Kellnerin geht auf sie zu und spricht mit ihnen.
Was sind das wohl für Typen?“, fragt Kirk. „Sie tragen alle ein Abzeichen auf der Brust: ein gekrönter Löwe mit einem Bierkrug in der Hand.“
„Dieses Emblem habe ich während des Zeitsprungs bei meinen Recherchen im Schiffscomputer gefunden, Captain. Es handelt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um Funktionäre der antidemokratischen MUB-Partei: Monarchistische Union Bayerns. Vermutlich brauchen sie den König als Galionsfigur für ihre Ziele und haben mit einer außerirdischen Macht aus der Zukunft ein Abkommen geschlossen, um ...“
„Hände hoch und koa Bewegung!“, ertönt es hinter ihnen. Zwei Männer in weiß-blauen Schürzen halten ihnen Phaser in den Rücken. „Kommandantin, mir hom zwoa Spitzl!“
Die vollbusige Kellnerin, die sie vorhin noch bedient hat, kommt breit lächelnd zu ihnen: „Ah, mei Spezl vom Vulkan und sei Freind vo ganz weit drom. Nehmts eahm doch amoi sein Huat ab!“
Eine der Wachen reißt Spock den Hut vom Kopf und die MUB-Männer rufen aus: „Ja, do legst di nieder! So a spitzohriger Deifi!“
„Damit mich auch der Captain versteht, rede ich jetzt in der Standardsprache mit Ihnen“, fährt die Kommandantin fort. „Wir sind Walhallianer. Ich bin Therese, die Anführerin dieses Kommandos. Selbstverständlich haben wir bemerkt, dass Sie beide es geschafft haben, sich nach unten zu beamen, kaum dass wir im Jahr 2011 angekommen waren. Aber entkommen sind Sie uns trotzdem nicht.“
„Wie ich schon sagte, Captain. Im Walhalla-Nebel wird eine Form des Bayerischen gesprochen“, sagt Spock.
„Genau, verehrter Vulkanier. Unsere Vorfahren brachen bereits im 19. Jahrhundert zu den Sternen auf, die Bayern haben nämlich die Raumfahrt entdeckt und nicht die Amis oder die Russen. Wir ließen uns im Walhalla-Nebel nieder und pflegten unsere Volkskultur. Nur eines fehlte: das gute bayerische Bier. Auf unserem Planeten gedeiht nämlich weder Hopfen noch Malz ...“
„Man merkt's“, sagt Kirk mit machohaftem Grinsen und erntet einen giftigen Blick von Therese.
„Also nahmen wir Funkkontakt mit der alten Heimat auf. Die Signalwellen waren leider sehr langsam und kamen deshalb in der Vergangenheit an. Doch wir fanden in der Monarchistischen Union Bayerns des frühen 21. Jahrhunderts Verbündete. Gleichzeitig entdeckten wir den Märchenkönig Ludwig, der in seinem Traumschloss durchs All schwebte. Wir machten der MUB ein Angebot: Wir bringen ihnen Ludwig, damit sie mit ihm als Maskottchen die Erde bavarisieren können, und sie liefern uns im Gegenzug so viel Bier, wie wir in einem Raumschiff transportieren können.“
„Und dazu brauchten Sie die Enterprise, denn in Ihre weiß-blauen Raumschiffe aus der guten alten Zeit würden niemals solche Mengen Bier passen, ganz zu schweigen davon, dass Sie damit einen Zeitsprung schaffen könnten“, vollendet Kirk den Satz. „Sie haben alles genau geplant: dass wir Ludwigs Schloss finden, dass er sich aus Angst zu uns flüchtet ... was Sie aber nicht bedacht haben, ist, dass Sie die Zukunft unwiderruflich verändern werden. Die Enterprise wird nicht zulassen, dass ...“
„Kommandantin, Kommandantin!“ Zwei Schürzenträger kommen panisch herbeigerannt: „Der Kini is weg!“
„Wos? Ja, habt's net aufpasst, ihr Deppen, ihr dammischen?“
Die MUB-Leute reden ebenfalls durcheinander, schimpfen und wüten.
Auch die Bewacher sind abgelenkt, so dass Spock den einen mit einem Nackengriff, Kirk den anderen mit einem Kinnhaken erledigen kann.
Wieder im Freien erwartet sie eine Überraschung: Eine große goldene Kutsche steigt gen Himmel, und König Ludwig, mit Krone und Purpurmantel, winkt seinem Volk und den vielen außerbayerischen Gästen huldvoll daraus zu, bevor er wieder in seine Märchenwelt entschwindet. Tausende staunender Gesichter blicken ihm nach und ein Meer von Smartphones und Kameras versucht ihn wenigstens im Bild festzuhalten.
„Ich hab Ihnen ja gesagt, Captain, der Mann verfügt über beachtliche mentale Fähigkeiten“, sagt Spock. „Er kehrt einfach wieder in sein Schloss über den Sternen zurück.“
„Tja, auf der schnöden Erde hält den nichts lange. Das hätten sich die Walhallianer denken können.“ Er zückt seinen Kommunikator: „Kirk an Enterprise.“
„Scott hier.“
„Wie sieht's aus da oben? Haben die Invasoren immer noch Gewalt über das Schiff?“
„Ach was, Captain. Die haben über gar nichts Gewalt. Wir haben ihnen ein paar Gläser Bier aus dem Replikator gezaubert und sie waren in Kürze so sturzbetrunken, dass wir sie unter Arrest stellen konnten.“
„Sehr schön, Scotty, dann beamt sie runter und uns rauf.“

Epilog auf der Brücke der Enterprise:
„Schade, dass der König nicht mehr da ist“, seufzt Uhura. „Er war so gutaussehend und charmant.“
„Und hatte einen so schönen neuen Namen für unseren Mr. Spock“, witzelt McCoy. „Alberich, ha! Wollen Sie es nicht mit einer neuen Karriere als Wagner-Opern-Sänger versuchen?“
„Doktor, vielleicht interessiert Sie eine ganz andere Form von Musik.“
Spock projiziert eine Filmaufnahme aus dem Jahr 2011, das nun wieder Vergangenheit ist, auf den Schirm: Die Band „Walhalla“ mit der üppigen Frontfrau Therese gibt auf einer Bierzelt-Bühne den „König-Ludwig-Song“ zum Besten.
„Damit tourten sie bis zu ihrem Tod durch alle Alkoholtempel des Planeten. Der König-Ludwig-Song hatte nicht zuletzt deshalb so viel Erfolg“, erklärt Spock, „weil zahlreiche Menschen an jenem denkwürdigen Oktoberfesttag für ein paar Sekunden die Erscheinung hatten, dass ihr Kini in einer Kutsche zum Himmel aufstieg. Es gibt sogar einige verwackelte Fotos von diesem Ereignis, die aber offiziell als Fälschungen gelten.“
„Und was wurde aus diesen Monarchisten-Spinnern?“, fragt Kirk.
„Sie gaben ihre Königsträume auf und schlossen sich einer Partei namens CSU an.“
Als würde dieser Name den Weltraum erschüttern, werden plötzlich alle von einer heftigen Turbulenz von ihren Sitzen geschleudert.
„Was zum Klabautermann war das denn?“, schreit Kirk. „Brücke an Maschinenraum. Haben wir Probleme, Scotty?“
Zur allgemeinen Überraschung ertönt fröhliches Gejohle und Gelächter durch das Sprechgerät: „Tschuldigung, Captain“, lallt Scotty, „wir haben aus Versehen statt des Treibstofftanks das Bierfass angezapft, das wir als Souvenir von diesem Zeitabenteuer mit hochgebeamt haben. Deswegen hat's bisschen geruckelt. Ha, ha, ha ...“
Der Kontakt bricht ab, Kirk zuckt die Schultern, McCoy grinst, Spock zieht eine Augenbraue hoch.

SCHLUSSMUSIK



Impressum

Texte: Disclaimer: Die Rechte für die Charaktere aus Star Trek gehören Paramount Pictures. Diese Fanfiction wurde nicht zu kommerziellen Zwecken verfasst. Text: © Melpomene Titelbild: © Georg Schierling / PIXELIO
Tag der Veröffentlichung: 14.09.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
2. Platz beim 34. Wortspiel. Thema: O'zapft is!

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