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Prolog



Ich hatte schon immer gerne Melonen gegessen, besonders Wassermelonen.
Es fühlte sich einfach zu gut an, die Zähne in das weiche Fruchtfleisch zu schlagen und dann das berauschende Knacken zu hören. Genau nach dem Biss breitete sich der leckere, wässrige, leicht süßliche Geschmack im ganzen Mund aus und betäubte alle meine anderen Sinne. In diesem Moment war mir nichts wichtiger als das Schmecken, einer der besten Sinne, die Gott erfunden hatte, meiner Meinung nach.
Und wisst ihr was? Ja, ich aß gerade wieder eine Melone.
"Breetoria!", rief meine Mom laut und energiegeladen.
Seufzend und genervt, dass ich beim Melonenessen gestört wurde, brüllte ich durch das ganze Haus:
"Was willst du denn schon wieder, Mom?!"
Stampfende Schritte ertönten.
Sie kam angerauscht, strich sich im Gehen eine braune Haarsträhne aus dem angespannten Gesicht. Sie stemmte die Arme in die Hüften und stierte mich anscheinend wütend an.
Ich blickte zu ihr, dann zu meinem Melonenstück, dann zu meinen Giftgrün lackierten Fingernägeln.
"Ist was?", fragte ich achselzuckend.
"Ja, es ist sehr wohl etwas! Ich sage es dir nun zum hundertsten und letzten Mal: Du musst deinen Koffer für morgen packen!"
Pah, der dumme Koffer. Als ob ich Lust hätte, nach Alabama zu fliegen, raus aus L.A. Ich fragte mich, warum sie mir das antun wollte.
"Ich habe dir schon einmal gesagt, dass ich da nicht hingehe!", schnauzte ich und verschränkte die Arme rebellisch vor meiner fast-nicht-vorhandenen Brust.
"Breetoria, ich habe keine Lust, hier und jetzt mit dir zu diskutieren!"
"Ich auch nicht. Und nenne nicht immer meinen Namen!"
Jaja, mein Name, der war echt beschissen. Wer hieß schon Breetoria?! Das klang wie das eine Land in Südafrika! Aber nein, Mom fand ihn ja so wunderschön und einzigartig. Letzteres war er auch.
Mom hatte mich umbenannt, als sie mich vor fast elf Jahren, als ich fünf gewesen war, vom Waisenhaus in der Ostukraine abgeholt hatte. Mein richtiger Name lautete Victoria, was auch nicht so anders klang wie "Breetoria".
"Bewege jetzt deinen Hintern nach oben!", zischte Mom und deutete In Richtung Flur. Ihr Zeigefinger zitterte, ihr Kopf lief rot an.
"Mom, ich möchte aber nicht zu Tante Brianna! Das ist die totale Einöde! Was soll ich denn dort?!"
"Wie oft muss ich es dir denn noch sagen?! Ich lasse dich nicht alleine hier! Und ganz bestimmt nicht für ein Jahr! Nein, das kannst du vergessen, Toria!"
Zischend stieß ich einen Fluch auf Ukrainisch aus. Das war gut, weil Mom es nicht verstehen konnte. Es war ebenfalls gut, dass ich meine eigentliche Muttersprache nicht vergessen hatte, und das, weil ich ukrainisch gesprochen hatte, bis ich acht war. Genau. Ich hatte keinen Ton Amerikanisch verstanden. Jetzt sprach ich es perfekt, nur noch mit einem winzig kleinen Akzent.
Schrecklich, oder? Nur weil Mom beruflich so viel ins Ausland reisen musste, musste ich mit meiner kleinen Schwester Amber nach Alabama fahren. Und nein, einen Vater, der auf uns aufpassen könnte, obwohl wir alt genug waren, allein zu bleiben, existierte nun nicht mehr in unserem Leben. Mom hatte ihn rausgeschmissen, als sie gemerkt hatte, dass er sie mit einer anderen, viel jüngeren Frau betrug. Solche Männer waren richtige Schweine!
Warum suchte sich Mom nicht einen anderen Job? Sie selbst hatte mir doch auch immer die Ohren vollgeheult, wie schlimm es wäre, ständig unterwegs zu sein. Nur wegen ihrer beschissenen Arbeit musste ich weg von hier, und das für ein ganzes Jahr!
Ein letztes Mal warnte mich Mom, dass ich auf der Stelle nach oben gehen sollte, um meine Koffer zu packen.
Und als sie mir zu nervig wurde, trampelte ich augenrollend und seufzend aus dem Raum, um ausnahmsweise das zu tun, nach dem sie verlangte.


Kapitel eins



Manchmal fragte ich mich, ob das Glück mich vergessen hatte. Mir war schon lange nichts Gutes mehr geschehen.
Es gab Menschen wie Laura, die viel Glück im Leben hatten. Die reiche Eltern, teure Kleidung, einen Freund, ein festes Zuhause und Eltern hatten, die nicht ständig ins Ausland reisen mussten. Laura, die hübsch und klug war. Die Glück hatte, im endlosen Maße. Ja, Laura eben.
Und dann gab es Menschen wie mich, die wenig oder überhaupt kein Glück hatten. Die keine reichen Eltern hatten, kein richtig festes Zuhause, nicht ständig teure Markenkleidung. Genau so ein Mensch war ich, verlassen vom Glück, unentdeckt, übersehen.
Angefangen hatte es früher mit Kleinigkeiten.
Laura und ich hatten uns oft Stickerpäckchen gekauft, die wir neugierig und aufgeregt aufgerissen hatten, um zu sehen, was wir diesmal für Sticker hatten. Laura hatte immer die guten, glitzernden, seltenen Sticker gehabt. Ich nicht. Meine hatte ich oft doppelt. Einmal hatte ich Laura gebeten, mir Päckchen auszuwählen, weil ich gedacht hatte, dass vielleicht ein Funken von ihrem Glück auf mich überspringen würde. Dem war aber nicht so gewesen. In den Päckchen waren Luschen gewesen, wie immer.
Bei den Jungs hatte ich auch nie Glück. Was nützte es mir, wenn jeder sagte, wie hübsch ich war und was für eine schöne Figur ich hätte, wenn ich einfach kein Glück hatte?
Die meiner Meinung nach hübschen Jungs schauten mich nie an, wenn ich an ihnen vorbeiging. Die hässlichen schon, was mich ärgerte. Natürlich zählte nicht nur das Aussehen, aber ich konnte mich niemals in einen Jungen, der hässlich war, verlieben. Es klappte einfach nicht, es war unmöglich. Damit will ich nicht sagen, dass ich oberflächlich bin!
Ich blendete alles um mich herum aus, während ich so nachdachte.
Ich saß neben Mom auf dem Beifahrersitz und fragte mich, wieso mich das Glück so sehr hasste.
Amber, die hinter mir saß, schnippste mir ein zusammengerolltes Kaugummipapier in die mittel-aschblonden Haare.
"Lass das bleiben, du kleines Mistbiest!", fuhr ich sie an.
Achtung, gleich würde Mom wieder etwas sagen.
"Breetoria! Nicht in diesem Ton und keine Ausdrücke! Und du, Amber, hör auf, deine Schwester zu ärgern!", maulte Mom sichtlich genervt.
Was hatte ich gesagt?
Ich presste meine Lippen fest aufeinander und knotete mein feines Haar, das mir bis zur Brust ging, zu einem Pferdeschwanz zusammen. Eingeschnappt pustete ich meinen seitlichen Pony zur Seite.
Ich machte den Sonnenschutz herunter und betrachtete mich kurz im kleinen Spiegel.
Braun gebrannt, einige vereinzelte Sommersprossen auf der ebenen, geraden Nase. Meine Lippen waren recht schmal, mein Gesicht ein wenig kantig. Meine Augen waren mittelgroß und grün, mit dunkleren und helleren Sprenkeln. Die Wimpern waren weder lang noch kurz, dafür aber dicht und dunkel. Nachdem ich kurz meinen genervten Gesichtausdruck gesehen hatte, wanderte mein Blick im Spiegel zum Rücksitz, wo Amber saß und eine braune Haarsträhne aufzwirbelte. So unschuldig, wie es ihr möglich war, guckte sie mich im Spiegel an.
Was für eine Hexe! Ja, sie musste immer die Gute, Vernünftige spielen, obwohl sie das genaue Gegenteil war!
Schnell richtete ich meinen Blick wieder auf das, was vor uns lag. Ein grelles Schild kündigte an, dass wir bald am Flughafen ankommen würden. Das, was darunter stand, konnte ich nicht lesen. Mist, ich hatte vergessen, meine Kontaktlinsen reinzumachen!
"Wir sind gleich da.", sagte Mom.
Na toll. Wunderbar. Warscheinlich hatte sie das nur erwähnt, um meinen Hass auf das verdammt weit entfernte, doofe Alabama zu vergrößern. Ich hatte keine Lust auf den bevorstehenden, langen Flug mit Amber.
Gelangweilt spielte ich mit meinem Wassermelonenanhänger, der an meinem Handy baumelte.
Ein ganzes Jahr würde ich Laura nicht sehen. Ein ganzes, dummes Jahr musste ich auf eine andere Schule gehen müssen, auf der ich kein Schwein kennen würde! Warum musste Mom mir das antun?!
Nach kurzer Zeit kamen wir am Flughafen an. Mom half uns, unser Gepäck sicher reinzubringen. Amber ging noch einmal auf die Toilette. Dann begleitete Mom uns zum Ausgang, dorthin, von wo unser Flug gehen würde.
"Macht es gut, ihr beiden! Ich werde euch vermissen! Und seit lieb bei Tante Brianna, okay? Richtet ihr schöne Grüße aus und ruft mich an!", rief Mom winkend, als Amber und ich schon im Gehen waren und uns immer weiter von ihr entfernten.
Noch immer war ich stinksauer. Dummes Alabama!
"Wie sehr hasst du mich eigentlich?", brüllte ich Mom noch zu.
Danach wirbelte ich herum, ohne ihre Reaktion oder ihren Gesichtsausdruck abzuwarten, und schritt davon.

Der Flug dauerte länger, als ich erwartet hätte. Schon nach vier Stunden war ich so müde, dass ich einschlief. Als ich wieder erwachte, wusste ich nicht, wie viel Zeit vergangen war. Ich wollte es auch gar nicht wissen, es war mir egal.
Eine Stewardess schob einen Wagen durch den engen Gang und stellte jedem Passagier etwas zu essen vor die Nase. Auch Amber und mir.
Als ich den Geruch von dem Zeug, das hier als Essen galt, einatmete, wurde mir übel. So etwas würde ich doch niemals essen!
Ich zupfte der Dame am Ärmel, die gerade im Begriff war, weiterzugehen. Sie drehte sich mit freundlicher Miene zu mir herum.
"Entschuldigen Sie, könnte ich bitte Pommes haben? Ich bin kein Fan von Suppen.", fragte ich weder freundlich noch unfreundlich.
Ihr Lächeln schwand, ihre Lippen wurden klein, die Augen groß.
"Nein, tut mir leid, hier gibt es keine Pommes.", antwortete sie.
"Gut, dann hätte ich gerne eine Wassermelone. Eine ganze, nur für mich allein.", bat ich.
Nun verengten sich ihre Augen zu Schlitzen, ihre Mundwinkel waren nach unten gezogen.
"Miss, wenn Sie sich mit dem, was wir servieren, nicht zufriedengeben, tut es mir sehr leid. Aber wir sind kein fliegendes Restaurant."
"Schade. Ich hätte mehr von diesem Service erwartet.", sagte ich mit einem etwas zu zuckersüßen Lächeln.
Sie presste ihre Lippen so fest aufeinander, dass sie weiß wurden. Ihr übriges Geischt wurde rot wie eine Tomate. So sollte sie sich selbst besser nicht sehen, sonst würde sie sich warscheinlich aus dem Flieger stürzen. Sie wandte sich wortlos von mir ab, um zu den anderen Kunden zu gehen und diese zu bedienen.
Das Kinn meiner Schwester, die sofort nach dem Essen eingeschlafen war, ruhte auf meiner Schulter, sie schnarchte mir leise ins Ohr. Ich versuchte, sie abzuwehren, doch nach wenigen Sekunden war ihr Kopf wieder an mir. Zum Glück schlief der Junge neben mir nicht.
Trotzdem würde dieser Flug noch unerträglich werden...

Durch ein lautes Lachen wurde ich aus dem Schlaf gerissen. Meine Augenlider hoben sich, ich blinzelte gegen die Müdigkeit an. Mein Kopf war irgendwie weich gebettet. Seufzend hob ich ihn von meinem Kissen.
Als mir bewusst wurde, dass ich nicht zuhause in meinem weichen Bett lag, sondern im Flugzeug saß, kam ein tiefes Seufzen über meine Lippen.
Was für eine Scheiße.
Ich war so müde, dass ich weiterschlafen wollte. Aber als ich sah, worauf ich die ganze Zeit gelegen hatte, lief ich knallrot an. Das da vor mir war eine Hose. Eine Jeans um genau zu sein, von Levis, mittellang, TEUER. Darunter befanden sich selbstverständlich Beine. Beine eines Jungen.
Langsam hob ich den Kopf, um zu sehen, wem die Hose gehörte. Ich erstarrte, als ich in das hübsche Gesicht blickte.
Er hatte mittellanges, verstrubbeltes, goldblondes Haar, sein Gesicht war leicht gebräunt. Vereinzelte Sommersprossen lagen auf seinem geraden Nasenrücken. Seine Lippen waren schmal, die Augen grün, umrandet mit langen, dichten Wimpern, die schwarz waren. Sein Gesicht war ebenfalls wie meines leicht kantig.
Mir kam es vor, als kannte ich diesen Jungen. Doch, irgendwo hatte ich ihn schon einmal gesehen...
Er schenkte mir ein kleines, schiefes Lächeln.
Hastig, mechanisch, drückte ich meinen Rücken in den Sitz.
"Oh mein Gott, tut mir leid! Ich... Ich war nur so müde, bitte verzeih mir!", stammelte ich verlegen.
"Macht nichts, keine Sorge. Glaub mir, das habe ich schon oft miterlebt, du bist nicht die erste.", sagte er mit seiner weder tiefen noch hohen Stimme. Sie klang vertraut und doch fremd, mit dem gleichen Akzent, den ich beim Sprechen hatte.
Er schaute wieder auf den Fernseher, der über der Türe hing. Eine Folge "Friends" lief gerade. Mein Gesicht glühte noch immer.
"Amber? Ich glaube, diesen Jungen habe ich schon mal gesehen.", flüsterte ich meiner Schwester zu, "Er sieht jemandem ähnlich."
"Klar, ich weiß, was du meinst, Toria.", wisperte sie zurück und rutschte näher zu mir, "Ich habe ihn auch irgendwie schon mal gesehen. Vielleicht liegt das aber auch nur daran, dass er dir ähnlich sieht."

Ich hatte es immer beschissen gefunden, adoptiert zu sein. Wenn es nicht anders ging, hatte Amber mich damit aufgezogen. In der Schule hatte man über mich gelästert, weil ich meine richtigen Eltern nicht kannte. Und dann war Laura gekommen, die selbst auch adoptiert war. Sie stammte aus Brasilien. Ich war schon immer auf ihren dunklen Teint neidisch gewesen.
Als ich Tante Brianna sah, die fröhlich lächelnd auf uns zukam, hätte ich weinen können. Sie war so furchtbar nett und lebendig, dass ich enttäuscht war, nicht mit ihr verwandt zu sein.
Obwohl ich es niemals zugeben würde, ganz besonders nicht vor Amber, hatte ich sie jetzt schon ins Herz geschlossen.
Ich hatte Brianna noch nie vorher gesehen, hatte immer nur von ihr gehört. Bei Amber war das anders, sie kannte Brianna, hatte sie, bevor ich gekommen war, oft besucht. Und jetzt sahen sich die beiden wieder.
Amber sprang auf Brianna zu, umarmte sie heftig. Das sah irrsinnig komisch aus, weil Amber so groß und schon fünfzehn war. Beinahe wie ein kleines Kind.
Nachdem die beiden sich lange begrüßt hatten, kam Brianna auf mich zu und reichte mir die Hand.
"Hi, ich bin Brianna. Schön, dich endlich mit eigenen Augen sehen zu dürfen, Breetoria! Es tut mir leid, dass ich dich nie besuchen gekommen bin. Ich glaube, ich bin eine schlechte Tante.", sagte sie.
Sie grinste und um ihre Augen entstanden kleine Lachfältchen, die sie jünger aussehen ließen. Wie alt war sie noch gleich? Vierzig? Sie wirkte wie ein aufgewecktes Kind.
"Das macht nichts! Du bist bestimmt keine schlechte Tante!", sagte ich und nahm ihre Hand, die ich kurz schüttelte.
"Du bist ganz schön groß! Und wie alt bist du jetzt?", erkundigte sie sich.
"Ich bin fast sechzehn. Und sieben Zentimeter größer als Amber."
Ich streckte Amber die Zunge heraus. Damit konnte ich sie immer treffen, sie mochte es nicht, kleiner zu sein als ich. Aber mit einem Meter und zweiundsiebzig Zentimetern konnte Am sich doch zufrieden geben, oder etwa nicht?
Brianna half uns, die Koffer in ihr altes Auto zu tragen. Als ich mich auf dem Beifahrersitz niederließ, hatte ich Angst, der Wagen würde zusammenfallen.
"Hier wird es euch bestimmt gefallen.", sagte Brianna.
Ich schaute nach draußen und konnte in der Ferne den Golf von Mexiko glitzern sehen.
Ein paar Boote tummelten sich auf dem Wasser, verlassen und frei. Nirgendwo konnte ich große Einkaufshäuser sehen, nirgendwo große Schilder mit Werbungen für Gucci oder Armani. Das einzige, was ich sah, war die Natur.
Und hier sollte es mir gefallen?! Ich hatte nichts gegen Tante Brianna, aber... gefallen? Niemals. Bestimmt gab es hier noch nicht mal hübsche Jungs. Und falls es einen davon geben sollte, war er bestimmt die Sorte von Junge, die erst mit dreißig bei Mami auszog und brav das tat, was seine Eltern ihm sagten. Obwohl, die sahen eigentlich nie gut aus.
Und so etwas konnte ich am allerwenigsten gebrauchen.
Leise seufzend lehnte ich meinen Kopf in den Autositz und fragte mich, wo ich hier nur gelandet war.
Überraschenderweise fuhr Brianna schnell, sehr schnell. Ehrlich gesagt, das hätte ich nicht von ihr erwartet. Die Umgebung und die Bäume rauschten an uns vorbei, sie verschmolzen zu farbigen Flecken.
Vor uns lag eine ewig lange, freie, staubige Straße.
"Wann sind wir denn da?", fragte Amber mit einem ungeduldigen Ton in der Stimme.
"Warte ab, gleich sind wir da.", grinste Brianna.
Na toll. Wo sie wohl wohnte? Ich erwartete keine große Luxusvilla, sondern eher ein normales Haus mit einem Garten, abseits, in der Nähe nichts besonderes. Eben langweilig, wie es für Alabama üblich war.
Plötzlich bog Brianna in die Einöde ab, obwohl dort keine Straße war. Aber ich konnte die Reifenspuren von anderen Autos ausmachen. Wo zum Teufel lebte sie?!
Wir fuhren ein ganzes Stück geradeaus, bis ein langer Zaun in Sicht kam, dann ein Hof. Brianna fuhr in den Hof und brachte das Auto zum Stehen.
"So, meine Lieben. Wir sind da.", verkündete sie und stieg aus.
Ich wartete, bis Amber und sie außer Hörweite waren und seufzte laut und unglücklich. Dann rutschte ich vom Beifahrersitz und stieg aus, um mir mein Zuhause für ein Jahr anzuschauen.
Vor mir stand ein recht großes, hölzernes Haus, daneben vereinzelt Scheunen. Hinter dem Haus konnte ich ein Stück Wiese entdecken.
Ich marschierte hin und war erstaunt. Vor mir lag eine riesige Wiese, deren Ende ich nicht sehen konnte. Das hintere Stück war eingezäunt, darauf grasten Pferde.
Erst jetzt wurde mir richtig bewusst, wo ich hier gelandet war. Und das war weitaus schlimmer, als das langweilige Haus, das ich mir vorgestellt hatte.
"Neeeeeeeiiiiiin...", schnaubte ich.
Super. Ich müsste ein Jahr meines beschissenen Lebens auf einem stinkenden Bauernhof verbringen. Und noch schlimmer: Ich musste meinen sechzehnten Geburtstag hier feiern, ohne Freunde, ohne Party.
Mein Leben hasste mich und das dumme Glück hatte noch immer nichts zu meinem Leben beigetragen.
"Na, gefällt es dir hier?", ertönte Briannas Stimme dicht an meinem Ohr.
Erschrocken wirbelte ich herum. Brianna grinste mich an.
"Ähm, äh, ja, das tut es.", stammelte ich.
Das Grinsen wich aus ihrem Gesicht, sie senkte den Kopf.
"Du musst mich nicht anlügen. ich merke doch, dass es dir nicht gefällt. Es tut mir leid, dass ich nichts besseres habe.", sagte sie niedergeschlagen und schaute auf ihre Füße.
Sie wirkte wie ein beleidigtes Kind.
"Du kannst doch nichts dafür. Wer weiß, vielleicht wird es mir hier ja gefallen."
Nein, das würde es nicht, da war ich mir sicher.
"Hmmm... Macht doch nichts. Ich hätte mich warscheinlich ähnlich wie du verhalten, wenn mir das passieren würde. Schau, du kommst aus der Großstadt, du bist so etwas nicht gewöhnt. Aber... Schau dich doch ein wenig hier um. Du kannst in die Scheunen gehen und die Pferde begrüßen. Du magst doch Pferde, oder? Jedes Mädchen tut das."
Mochte ich Pferde? Ich hatte noch nie eines gesehen, nur im Fernsehen.
"Okay, mach ich. Danke.", sagte ich und brachte ein Lächeln zustande.
Brianna wirbelte herum und ging davon.
Pferde. Das bedeutete, Gestank. Gestank bedeutete, dass ich auch stinken würde. Dass ich stinken würde, bedeutete, dass ich ein Bauerntrampel war. Und das wiederum bedeutete, dass ich eine Versagerin war! Ja, und diese Versagerin wollte so schnell wie möglich wieder zurück nach Hause!
Geradewegs stampfte ich auf eine der Scheunen zu. Ich stieß die Türe grob auf und setzte einen Schritt voran.
Okay. Ich hatte beschlossen, mich dem Gestank und den Pferden zu stellen! Wie ein Cowboy marschierte ich auf eine der Boxen zu, aus der es schnaubte.
Ich lunste über die Türe und im gleichen Moment riss ein Pferd seinen Kopf hoch. Ich erschrak. Ein lauter Schrei rutschte über meine Lippen. Das Pferd legte die Ohren an und scharrte mit dem Huf.
Ich stolperte einige Schritte zurück. Mein Schrei wurde erst beendet, als ich rücklings in einen Heuhaufen fiel.
"Das darf doch wohl nicht wahr sein!", heulte ich und zupfte mir das Heu aus den Haaren.
Wie lange würde es dauern, um den Gestank wieder auszuwaschen?!
"Du darfst nicht schreien, wenn Pferde in der Nähe sind.", ertönte eine sanfte, männliche Stimme vom Eingang.
Moment mal. Diese Stimme hatte ich doch heute schon mal gehört! Natürlich!
Der Akzent, die Stimmfarbe... Das war der Junge, neben dem ich im Flugzeug gesessen hatte!
Aber... Warum war er hier? Was suchte er hier? Wie konnte das überhaupt möglich sein?
Schritte ertönten, eine Hand erschien vor meinem Gesicht. Ich starrte sie dümmlich an und begriff ziemlich spät, dass er mir helfen wollte.
Ich griff danach und er zog mich mit einem Ruck auf die Beine.


Ich hoffe, dass es euch bis hierhin schon mal gefallen hat! Es geht bald weiter! :-)

Impressum

Texte: Das Cover wurde von mir erstellt. Das Copyright liegt allein bei mir.
Tag der Veröffentlichung: 01.07.2010

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für meine allerbeste Freundin! <3

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