Cover

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Undercover

         Von Melanie Stoll

 

Kapitel 1

 

Amber liebte ihre Familie, aber manchmal übertrieben sie einfach. Gestern hatte sie die Akademie beendet und würde nun am Montag ihren Dienst als Streifenpolizistin antreten, aber dafür musste man doch keine Party schmeißen!

Ihr Vater Scott stand draußen am Grill und wendete gerade die Steaks, während ihr Bruder Alex protestierte, was sich dann zu einer kleinen, aber liebevollen Diskussion entwickelte. Amber grinste und drehte sich zu ihrer Mutter die gerade das Geschirr spülte, sie nahm sich eine weiter Tomate und schnitt diese in gleichmäßige Stücke. „Sag mal, wieso macht ihr diesen Aufstand?“ Wollte sie von ihrer Mutter wissen.

„Das weißt du doch mein Schatz. Außerdem weißt du doch, dass ich es liebe meine Familie um mich zu haben.“

Sophia, Ambers Schwägerin und Frau von Alex kam durch die Tür. „Die Männer benehmen sich wie kleine Kinder.“ Lachte sie und nahm sich Teller aus dem Schrank um den Tisch zu decken.

„So waren sie schon immer, sie lieben es sich gegenseitig aufzuziehen.“ Laura, Ambers Mutter grinste. „Warte bis Ava kommt, sie liebt solche Diskussionen und mischt sich immer ein, wenn die beiden grillen.“

„Ava liebt es ihre Nase in die Angelegenheiten der anderen zu stecken.“ Stimmte Amber zu.

„Ja ich weiß.“ Meinte Sophia Achselzuckend. „Ich kenne euch schon ein paar Jahre.“ Die Frauen lachten und machten sich wieder an die Arbeit, während aus dem Küchenradio die Nachrichten verlesen wurden.

„Drogentoter an Highschool in Boston.” Ertönte die Stimme des Moderators aus dem Lautsprecher. Amber und Laura hielten inne und sahen sich an, während sie den Nachrichten lauschten. „Wie schrecklich.“ Klagte Laura als der Bericht beendet war und trocknete einen Topf ab. „Ich verstehe nicht, wieso so junge Leute zu Drogen greifen.“

„Der Druck, Mama. Die Jugendlichen stehen unter Stress, alle erwarten von ihnen die besten Leistungen, Gruppenzwang, Außenseiter die beliebt sein wollen. Bin ich froh, dass ich aus dem Alter raus bin.“

„Du standest doch nicht unter Druck! Und du warst immer gut in der Schule und beliebt warst du auch.“

„Ja, ich hatte keine Probleme, aber ich kenne solche Schüler, sie hatten es oft nicht leicht. Aber wir leben in Plymouth und nicht in Boston. Hier war es immer ruhig, es gab kaum große Schlagzeilen.“

Ihr Vater kam durch die Tür. „Habe ich da was von Schlagzeilen gehört?“

Die Frauen nickten und berichteten ihm kurz, was sie wussten. Als Captain des Police Department war Scott interessiert an dem, was in der Umgebung so passierte. „Ich hoffe die erwischen die Dealer schnell, ich habe keine Lust, dass solche Drogen in meine Stadt kommen.“

Amber grinste. „Ja, ja Herr Bürgermeister.“ Sie schnappte sich die Salatschüssel und ging durch die Tür nach draußen auf die Terrasse. Es war ein sehr angenehm warmer Tag für Anfang April und Amber genoss die Temperaturen.

„Ich hoffe ihr habt nicht ohne mich angefangen!“ Ertönte die Stimme ihrer Schwester im Garten und Amber sah auf. „Ahh, Glück gehabt, wie ich sehe bin ich pünktlich.“ Laura und Scott brachten die letzten Speisen aus der Küche mit und warfen ihrer ältesten Tochter einen liebevollen Blick zu. „Na, endlich Feierabend?“

Ava nickte. „Kurz vor Feierabend kam noch ein Notfall rein, ein kleiner Junge der sich in einer Tour übergeben hat, also duschte ich schnell, kam wieder zu dem kleinen und bekam wieder die volle Ladung ab, also bin ich wieder…“

„Ava! Verdirb mir mit deinen ekligen Erzählungen nicht den Appetit!“ Beschwerte sich Alex und stellte das Fleisch auf den Tisch.

„Hallo großer Bruder.“ Grinste Ava frech und setzte sich auf einen Stuhl. „Kann es denn sein, dass der taffe, gutaussehende Detektive es etwa nicht hören kann, wenn kleine Kinder rückwärts essen?“ Ein kleines böswilliges grinsen umspielte ihre Lippen, denn sie liebte es ihre Geschwister aufzuziehen.

„Ava!“ Scott sah seine Tochter an und diese hielt den Mund. „Ich muss deine Geschichten aus dem Krankenhaus auch nicht zum Essen hören.“ Alle Köpfe nickten und Ava trank genüsslich einen Schluck aus ihrem Glas. „Okay ich halt den Mund!“ Grinste sie.

„Ach Amber, bevor ich es vergesse: Oma hat vorhin angerufen, du sollst dich bald mal bei ihr melden.“ Sagte Alex und zog Sophia einen Stuhl zurecht.

„Danke, mache ich. Hat sie was gesagt? Geht es ihr gut?“

„Sie vermisst dich bestimmt.“ Meinte Laura, die ihre Mutter wohl auch vermisste.

„Nicht so sehr, wie sie dich vermisst.“ Grinste Amber. „Sie hat, während ich da war fast nur von dir gesprochen. Und wir haben uns bestimmt fünfmal die Fotoalben von deiner Kindheit angeguckt.“

Laura seufzte, lächelte aber. „Ja ich vermisse sie. Schade, dass sie damals nicht mit nach Amerika gekommen ist, aber sie liebt Deutschland und sie hat ja noch mehr Kinder da.“ Meinte sie dann Achselzuckend.

„Wie war es eigentlich in Deutschland? Du hast mir noch gar nichts erzählt!“ Meinte Ava stirnrunzelnd, während sie sich genüsslich eine Gabel Steak in den Mund schob.

„Es war schön. Wir haben uns ein Wohnmobil gemietet und haben eine Städtetour gemacht. Dabei haben wir alle Verwandten in Deutschland besucht.“

„Wahnsinn das eure Oma das mitmacht.“ Staunte Sophia.

„Sie ist 74, kommt einem aber viel Jünger vor.“ Meinte Amber lächelnd. „Sie ist sogar manchmal gefahren.“

„Und wie sieht es in Deutschland mit den Männern aus? War etwas dabei?“ Wollte Ava nun neugierig wissen.

„Ich habe niemanden gesehen, der mich interessiert hätte.“

„Warst du denn überhaupt mal ohne Oma unterwegs?“

„Nein, wieso sollte ich? Schließlich habe ich doch sie besucht.“ Amber streckte ihrer Schwester die Zunge hin. „Und außerdem bin ich 24 und nicht 27 so wie du.“ Stichelte sie woraufhin Ava schnaubte und sich wieder ihrem Essen zuwendete.

„Mädels!“ beschwichtigte Laura und sah ihre beiden Mädchen an.

„Mama.“ Alex zwinkerte. „Wo Amber Recht hat, hat sie Recht.“ Alle fingen an zu lachen und Ava starrte ihre Familie gespielt vorwurfsvoll an. „Na gut“, meinte sie, als sich alle wieder beruhigt hatten, „dann ist jetzt wohl der richtige Augenblick.“ Alle sahen fragend zu Ava. „Ich habe da jemanden kennengelernt.“ Laura fing an zu strahlen und streichelte Avas Hand, die auf dem Tisch lag. „Naja, was heißt kennengelernt, eher wiedergetroffen.“

„Wir kennen ihn?“ Wollte nun Alex wissen woraufhin Ava nickte.

„Könnt ihr euch noch an Pat erinnern?“ Alle nickten und Ava fuhr fort. „Ich habe ihn neulich getroffen, er arbeitet jetzt im Bostoner Krankenhaus als Oberarzt und war neulich zu einer Fortbildung bei uns. Wir haben uns abends zum Essen getroffen und irgendwie hat es da gefunkt.“

„Du warst doch schon immer in ihn verliebt.“ Meinte Amber grinsend und stieß ihrer Schwester liebevoll in die Seite.

„Du fandest ihn auch süß!“ Meinte diese herablassend.

„Ich habe das nur dir zuliebe gesagt. Er war doch viel zu alt für mich!“

„Er ist 30!“

Amber lachte. „Ja, sag ich doch viel zu alt.“

 

Am Abend, als ihre Geschwister sich verabschiedet hatten und ihre Eltern einen kleinen Spaziergang unternahmen, entschied sich Amber für eine Dusche und dann wollte sie sich gemütlich in ihrem Zimmer einen Film anschauen.

Noch lebte sie bei ihren Eltern, aber da sie nun ihre Ausbildung abgeschlossen hatte und ein festes Einkommen hatte, würde sie sich bald auf die Suche nach einer eigenen Wohnung machen. Jetzt stand sie vor dem Spiegel und betrachtete sich. Sie war die einzige ihrer Geschwister, die nach ihrer Mutter kam. Ava und Alex waren groß und schlank wie ihr Vater und hatten dunkle Haare. Amber war nur knapp über einen Meter sechzig, schlank, und hatte blondes Haar, dass sie zu einen Bob geschnitten hatte. Ihre Freundin Izzy sagte, dass es sie älter mache, als ihre lange Mähne, die sie in der Highschool hatte und natürlich hatte sie Recht behalten! Die Kollegen in der Akademie hatten nie irgendwelche Andeutungen darübergemacht, dass sie zu jung wäre, wie ihre Klassenkameraden damals.

Ihre Augen waren grün, aber nicht einfach nur grün. Sie waren an der Pupille hell und nach außen hin wurden sie immer dunkler. Ihre Nase war klein und die Lippen schmal, aber voll. Bis auf ihre Größe war Amber immer zufrieden mit ihrem Aussehen, sie wandte sich Schulterzuckend vom Spiegel ab und ging in die Dusche.

 

 

Kapitel 2

 

Amber frühstückte mit ihren Eltern und fuhr dann ganz gemütlich mit ihrem Vater ins Department. Heute würde sie ihren Partner im Streifendienst kennenlernen und war deswegen auch ein bisschen nervös. Sie saß im Auto neben ihrem Vater und spielte an ihren Fingernägeln. „Alles gut Schätzchen?“

„Wehe du nennst mich vor allen Kollegen Schätzchen!“ Warte sie ihn mit erhobenen Zeigefinger. „Ich bin nur ein bisschen nervös.“ Gab sie dann zu. „Schließlich werde ich in der nächsten Zeit sehr viel Zeit mit meinem Partner verbringen.“

„Du wirst Jacob mögen. Er ist schon seit fast zehn Jahren Streifenpolizist und kennt sich auf den Straßen bestens aus. Er wird auf dich aufpassen.“

„Ich kenne Jacob. Warum hast du das nicht schon eher gesagt? Seine Frau ist im gleichen Fitnessstudio wie ich. Wir unterhalten uns manchmal.“

„Na siehst du!“ Meinte Scott zwinkernd und parkte den Wagen auf seinem Parkplatz, direkt neben dem Eingang.

Gemeinsam traten sie in das klimatisierte Gebäude. Scott führte seine Tochter in einen Konferenzraum zu den anderen neuen. „Ihr könnt euch noch kurz Unterhalten, ich muss noch mal schnell in mein Büro. In einer halben Stunde werdet ihr euren Partnern zugeteilt.“ Damit verschwand er und ließ Amber mit drei jungen Männern allein. Alle musterten sie interessiert. „Hi, ich bin Amber.“ Stellte sie sich vor. Die Männer vor ihr hatten schon ihre Uniform an. „Tom.“ Meinte dann einer von ihnen. „Und das sind Jackson und Casey.“ Die Männer nickten ihr zu. „Bist du etwa auch Cop?“

„Frisch von der Akademie. Und ihr?“

„Du willst allen ernstes Verbrecher jagen? Bist du dafür nicht ein bisschen zu…“ er stockte kurz. „zierlich?“ Meinte er dann.

„Mach dir um mich mal keine Sorgen.“

„Solange du nicht meine Partnerin bist, kann ich damit leben.“ Grinste Tom.

„Keine Sorge, Frischlinge werden für gewöhnlich keine Partner.“ Amber sah ihn an. Sie war sich von vornherein Bewusst gewesen, dass sie sich hier ihren Respekt verdienen musste und wenn diese Frischlinge sie schon für schwach hielten, dann tat der Rest der Wache es bestimmt auch. „Ich bin kein Frischling, ich fahre schon seit zwei Jahren Streife. Ich komme eigentlich aus Boston, euch fehlen hier allem Anschein nach gute Polizisten.“ Erklärte er woraufhin Jackson losprustete. „Ist doch logisch, wenn die schon kleine Mädchen nehmen!“ Er griff ihr ins Haar und zog spielerisch an einer Strähne. Amber griff nach seiner Hand und verdrehte sie ihm. „Auu!“ Schrie er auf und Amber ließ ihn los. „Aber die nehmen Mädchen, die sich wehren können!“ Meinte sie dann gelassen und ging zu einem Stuhl. Tom und Casey sahen sie bewundernd an. „Nicht schlecht.“ Meinte Casey und setzte sich ihr gegenüber. „Wie kommt es, dass so ein, Sorry, kleines, hübsches Mädchen wie du zur Polizei geht und vor allem, wieso kannst du dich so gut wehren?“

Amber grinste. „Ganz einfach, ich bin sozusagen mit zwei Cops aufgewachsen. Mein Vater ist Captain und mein Bruder ist Detective bei der Drogenfahndung.“

Plötzlich ging die Tür auf und mehrere Polizisten stürmten in den Raum. Amber sah auf die Uhr. Ihr Vater hatte etwas von einer halben Stunde gesagt, und das war vor zehn Minuten gewesen.

„Neulinge! Mitkommen.“ Befahl Scott während er hocherhobenen Hauptes den Raum betrat. Irgendwie benahm er sich komisch, so war er sonst nie. Er wirkte irgendwie verärgert und gleichzeitig besorgt. Im Schnelldurchlauf vergab er für den heutigen Arbeitstag die Aufgaben, stellte die neuen vor und übergab sie einem Officer. Nur sie hatte er vergessen. Was war hier eigentlich los? Sie warf einen Blick zu ihrem Vater, doch er ignorierte sie. „Was ist los?“ Zischte sie ihm zu. „Wo ist Jacob?“

„Ihr könnt gehen, alle an die Arbeit!“ rief ihr Vater laut und die Polizisten verließen den Raum.

„Dad!“ Amber ging wütend auf ihn zu. „Ich verlange eine Erklärung! Was sollte das gerade? Was denken die anderen jetzt über mich? Willst du mich…?“ Ihr blieben die Worte im Mund stecken, denn jetzt sah sie den besorgten Ausdruck in seinem Gesicht und gerade als sie nach seiner Hand fassen wollte bemerkte sie Alex. „Alex?“ fragte sie verwirrt. Er trat in den Raum und nickte ihr zu, dann sah sie zwei weitere Männer, die ihm folgten. Sie war verwirrt und blickte von ihrem Bruder zu ihrem Vater und wieder zurück. „Kann mir vielleicht mal jemand erklären, was hier eigentlich los ist?“

„Guten Morgen Amber, ich darf Sie doch Amber nennen?“ Sie war zu aufgewühlt um zu antworten, und so nickte sie nur. „Mein Name ist Havering und das ist mein Kollege Edwards, Alex muss ich Ihnen ja nicht vorstellen.“ Amber verzog keine Miene. „Wollen wir uns vielleicht setzten?“ Alex hielt ihr einen Stuhl hin und Amber setzte sich. „Also…“ Havering zog das Wort in die Länge. „Wir sind von der DEA und wie Sie vielleicht schon mitbekommen haben, ist letzte Woche ein Schüler der Bostoner Newman Highschool an einer Überdosis gestorben.“  Amber nickte und sah zu ihrem Vater, der sich an das Fenster gestellt hatte und nach draußen blickte. Havering erzählte ihr von den Details und der Schule, von den Verdächtigen irgendwann wurde es ihr zu viel und sie unterbrach ihn. „Was wollen Sie mir damit sagen?“

„Wir brauchen Sie Undercover, als Austauschschülerin aus Deutschland.“ Sagte Edwards, die ersten Worte die er sagte und Amber sah ihn ungläubig an. „Und dafür haben Sie mich ausgewählt?“

„Alex hat vor einigen Tagen von Ihnen erzählt, Sie sind jetzt ein Officer und haben die Chance den Streifendienst zu überspringen.“

„Wieso ich? Wieso kann nicht ein Lehrer Undercover eingeschleust werden?“

„Die Schüler vertrauen den Lehrern nicht. Wir brauchen jemanden in ihren Reihen und Sie passen hervorragend, Sie sehen sehr jung aus, niemand würde daran zweifeln, dass sie siebzehn sind. Oder aus Deutschland kommen, da Sie die Sprache beherrschen.“ Erklärte Edwards ihr.

„Ich wollte gehen, aber…“ Amber sah zu Alex und nickte, dann sah sie zu ihrem Vater. „Was sagst du?“

„Ich habe Angst um dich, aber das ist eine einmalige Gelegenheit und hätte ich sie damals gehabt, dann hätte ich sie ergriffen.“

Amber nickte und sah wieder zu ihrem Bruder. „Und was sagst du?“

„Ich werde da sein und auf dich aufpassen. Denn egal was ich sage, ich kenne dich, du wirst diesen Job auf jeden Fall annehmen.“

Amber grinste. „Was muss ich wissen?”

Havering holte eine Mappe aus seinem Aktenordner und öffnete diese. „Das sind die Lehrer, die Naturwissenschaften unterrichten und in der Lage wären die Drogen herzustellen.“ Er legte zwei Fotos auf den Tisch. Das erste war eine Frau, die war Mitte vierzig, hatte mittellanges braunes Haar und ein leicht gelangweilt aussehenden Blick. „Das ist Mrs. Harper, sie hat drei Kinder im Alter von acht bis achtzehn. Wir denken nicht, dass sie die Drogen Herstellt, dieser Kandidat passt besser. Er hielt ihr ein anderes Foto hin und Amber konnte nicht anders, als den Mann zu bewundern. Er sah wirklich sehr gut aus. Jay Stone las sie, und er war 27 Jahre alt. Er hatte kurzes, hellbraunes, vorn hochgestylte Haar und die hellsten blauen Augen, die Amber je gesehen hatte. Er trug einen drei- Tage- Bart und hatte ausgeprägte Wangenknochen, seine Nase war gerade und schmal. Bevor sie ihn weiter anschmachten konnte verdeckte Edwards das Bild. „Er wäre der Perfekte Kandidat. Lebt allein, Single, neu in der Stadt. Eltern leben in Kanada, in Kelowna, haben sich dort zur Ruhe gesetzt. Vater war Professor in Literatur und seine Mutter Bibliothekarin.“

Die Worte stürmten auf sie ein, und Amber hatte Mühe mitzukommen. Der Mann auf dem Bild sah nicht so aus, wie ein skrupelloser Verbrecher.

Havering und Edwards bombardierten sie weiter mit Verdächtigen und ihren Mutmaßungen, zum Schluss gaben sie ihr eine Akte in der sie alles noch einmal nachlesen konnte um sich besser vorzubereiten. Amber wollte gerade aufatmen als Edwards verkündete: „Und nach dem Mittagessen gehen wir Ihre Tarnung durch.“

Ihre Tarnung durchgehen hieß, dass sie zwei Stunden später in einem extra für sie hergerichtetem Raum saß, und zwei Frauen um sie herumscharwenzelten. Sie bekam eine Haarverlängerung, und eine Mani/- Pediküre. Neben ihr standen Kleiderstangen mit Klamotten, als ob sie sich mit ihren 22 Jahren so viel anders kleidete, als die jugendlichen Heutzutage dachte sie leicht genervt. Und während sie so dasaß und das alles über sich ergehen ließ, erzählte Alex ihr von Thea Fischer, ihrer Tarnung. Sie war eine Austauschschülerin aus Deutschland und siebzehn Jahre alt, und stammt aus einer Wohlhabenden Familie.

„Da unser Hauptverdächtiger Stone der Trainer der Basketballmannschaft ist musst du so dicht wie möglich an ihn rankommen. Du wirst Cheerleaderin.“ Er grinste sie frech an.

„Das ist doch nicht dein Ernst! Du weißt doch ganz…“

Er unterbrach sie. „Nur weil du mit Terry an deiner alten Schule nicht ausgekommen bist, heißt es noch lange nicht, dass du an deiner neuen Schule Probleme mit deinem neuen Captain haben wirst.“

„Darum geht es doch gar nicht! Ich will nicht mehr tanzen.“

„Rede keinen Unsinn. Du liebst es zu tanzen!“

Amber sah zu Boden und sagte gar nichts mehr, Alex hatte ja Recht, sie hatte es geliebt Cheerleaderin zu sein. Aber dadurch wurde sie zur Zicke und sah auf die anderen Schüler herab, und das war es, was sie nicht mehr wollte. Nur wollte sie es vor Alex nicht zugeben.

„Na gut, dann werde ich halt Cheerleaderin.“ Gab sie sich geschlagen.

„Und du wirst die Kurse in Naturwissenschaften von Stone besuchen.“

„Alex! Ich bin grottenschlecht in Physik und Chemie!“

„Du sollst ja auch nicht Klassenbeste werden, du sollst die Schüler und Stone beobachten.“ Belehrte er sie.

„Ich glaube nicht, dass er ein Verbrecher ist, er sieht nicht so aus wie einer.“ Meinte sie und sah zu ihrem Bruder.

„Nur weil du ihn süß findest…“

„Ich finde ihn nicht süß!“ Protestierte Amber.

„Natürlich findest du ihn süß, sogar ich gebe zu, dass er gut aussieht. Er ist beliebt und die Schülerinnen stehen alle auf ihn.“

„Das heißt aber noch lange nicht…“

„Ach Amb, versuch es gar nicht erst. Leugnen ist zwecklos. Verlieb dich nur nicht in ihn, du bist noch minderjährig.“ Alex lachte über seinen Witz und Amber gab ihn einen tritt mit dem Fuß. „Auu!“

„Halt den Mund und erzähl lieber weiter.“ Amber lehnte sich zurück und schloss die Augen während ihr die Haare gemacht wurden.

„Deine Gastfamilie.“ Alex grinste und rieb sich belustigt die Hände, dann setzte er sich breitbeinig auf den Stuhl ihr gegenüber. „Also!“ Spannte er sie auf die Folter. „Das wird dir Spaß machen, wir haben dir eine tolle Familie ausgesucht. Sie sind erst vor ein paar Monaten in das Haus gezogen, älteres Ehepaar. Haben vor zehn Jahren ihre Tochter bei einem Unfall verloren, sie wäre ein bisschen älter wie du. Sie freuen sich schon auf dich.“

„Das ist einfach nur traurig! Wieso sollte ich mich darüber freuen? Von Spaß mal ganz abgesehen.“

„Ach die Leute interessieren doch gar nicht!“ Wehrte er mit einem schnauben ab. „Dein Nachbar,“ er grinste sie schelmisch an.

„Das habt ihr nicht gemacht!“ Empört sah sie ihren Bruder an.

„Doch, natürlich! Der gutaussehende Mr. Stone wird dein neuer Nachbar.“ Er lachte und freute sich, über Ambers Reaktion. „Er könnte dich ja vielleicht mit zur Schule nehmen, dann musst du nicht mit dem Bus fahren.“ Schlug er vor und Amber hätte ihm am liebsten noch einmal getreten, aber er saß leider zu weit weg.

„Wie wäre es mit einem eigenen Auto? Wenn ich schon aus einer Wohlhabeden deutschen Familie komme?“

 

 

Kapitel 3

 

Amber hatte eine Woche Zeit um sich für ihren Auftrag vorzubereiten, sie studierte die Lehrer, die beliebtesten Schüler und die Außenseiter. Sie verbrachte viel Zeit mit Alex und gemeinsam überlegten sie sich Theorien, wie die Drogen in die Schule gelangten.

Nun war es Sonntagabend und Alex brachte sie zum Flughafen. „Mir brummt der Schädel. Bin ich froh wenn ich in mein Bett komme.“ Amber seufzte und drückte den Kopf in die Kopfstütze. „Ich hoffe nur das es auch bequem ist.“

„Schon ganz die Diva! Sehr gut kleines!“ Alex lachte und schlug ihr aufs Bein.

„Au!“ Beschwerte sich Amber sofort. „Du musst nicht so zuschlagen, was sage ich den Leuten wenn ich in meinem Miniröckchen über den Schulhof laufe und ein dunkelroter Handabdruck auf meinem Oberschenkel zu sehen ist?“

Alex grinste. „Ich denke mal, in spätestens zwei Stunden wird nichts mehr zu sehen sein.“ Er fuhr seinen Wagen auf einen Behinderten Parkplatz, schaltete den Motor aus und stieg aus.

„Hey! Du darfst hier nicht parken!“ Amber deutete auf das Schild, aber Alex schüttelte nur den Kopf und grinste sie an. „Ich bin Cop, ich parke wo ich will.“ Er hievte die beiden Koffer, in denen sich nicht ein Kleidungsstück von Amber befand, aus dem Kofferraum. „Was hast du denn eingepackt?“

Amber zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung, ich habe noch nicht reingesehen. Deine Leute haben meine Sachen gepackt. Ich durfte nicht mal meine eigene Zahnbrüste mitnehmen. Kannst du dir das vorstellen?“ Alex sagte darauf nichts und folgte seiner kleinen Schwester ins Gebäude. Sie steuerte den Treffpunkt am Infostand an und drehte sich dann zu Alex der sich mit den Koffern abmühte. Amüsiert grinste sie ihn an. „Danke!“

„Diva!“ flüsterte er.

„Hab ich gehört.“

„Ist doch wahr.“

„Ich soll doch meine Rolle spielen.“ Erwiderte sie und sah über die Menschenmenge auf der Suche nach den Browns. „Du solltest jetzt gehen, sie dürfen uns nicht zusammen sehen.“

Alex verabschiedete sich von ihr und setzte sich ein paar Meter weiter auf eine Bank. Amber grinste ihm zu, sie freute sich, dass er noch blieb und mit ihr wartete. Sie setzte sich leicht auf ihren Koffer. Sie trug eine enge Jeans und Sneakers, ein weißes T-Shirt mit Druck und einen Haufen Armreifen. Sie zog ihr Handy aus der hinteren Gesäßtasche und tippte mit ihren Manikürten roten Fingernägeln auf dem Smartphone herum. Sie gab sich alle Mühe gelangweilt auszusehen, was ihr allerdings gar nicht schwer fiel, da ihr wirklich Langweilig war. Dann endlich nach zehn Minuten wurde sie von einem Ehepaar angesprochen. Es waren die Browns, Heather und David stellten sie sich vor und nach ein paar förmlich ausgetauschten Höflichkeiten machten sie sich auf den Weg zum Auto. Amber nickte Alex unauffällig zu und zog ihren Koffer hinter sich her, während David den anderen hatte. Anders als Alex hatten sie nicht direkt vor der Tür geparkt und nach einigen Minuten kamen sie an einem schicken Dodge Geländewagen an. David packte die Koffer in den Kofferraum und Heather öffnete ihr die Hintere Autotür. „Vielen Dank.“ Heather nickte und lächelte sie an. Dann setzte sie sich nach vorne. David war ein großer schlanker Mann Mitte fünfzig mit leicht ergrautem Schläfen. Heather war klein und ein wenig Mollig, sie hatte strahlende Augen und ein liebevollen Blick. Ihre blonden Haare trug sie zu einem Dutt. Die beiden schienen nette Leute zu sein. Sie unterhielten sich während der Fahrt die zum Glück nur ein paar Minuten dauerte. Heather zeigte ihr das Haus und ihr Zimmer dann aßen sie eine Kleinigkeit und Amber verabschiedete sich. „Ach Thea?“ Amber, die schon an der Treppe war blieb stehen. „Wir möchten dir gerne ein Auto besorgen, dann musst du nicht mit dem Bus zur Schule fahren.“

„Oh, dass wäre wirklich schön, aber ich bin erst siebzehn und bei uns in Deutschland darf man nur fahren, wenn einer der Erziehungsberechtigten daneben sitzt.“

„Aber du hast einen Führerschein?“

„Ja, aber ich habe ihn nicht mitgenommen.“

„Oh… vielleicht lässt du ihn dir zuschicken, dann können wir dir ein Auto besorgen.“

„Wenn es geht, sehr gerne!“ Sie musste unbedingt Alex sagen, dass sie einen deutschen Führerschein brauchte. Bus fahren war das letzte, was sie wollte. Als sie endlich allein war holte sie ihr Handy heraus und wählte die Nummer von Alex. Er ging sofort dran und während sie ihm alles berichtete stellte sie sich an das Fenster und sah nach draußen. Sie hatte ein Eckfenster und Ausblick auf den Garten und das Nachbarhaus. Neugierig versuchte sie in das innere des Hauses zu sehen, aber es war dunkel und sie konnte nichts erkennen. Sie verabschiedete sich von ihrem Bruder und seufzte einmal tief durch. Sie musste schlafen, morgen würde ein anstrengender Tag werden. Sie suchte sich schnell ein Outfit für den morgigen Tag aus den Koffern aus und kroch dann nach einer schnellen dusche – ihrer eigenen! -  ins Bett.

 

Heather war so nett und hatte sie am ersten Tag mit dem Auto in die Schule gebracht. Nun machte sie sich auf die Suche des Direktorats. Niemand beachtete sie, alle Schüler gingen ihren weg. Wie sehr sie doch die Highschool vermisst hatte! Dachte sie ironisch und folgte den Hinweisschildern. Sie wurde sofort zum Direx ins Zimmer gelassen und dieser konnte sie nicht schnell genug wieder loswerden, schon kurze Zeit später stand sie wieder im Sekretariat und ließ sich einen Stundenplan geben. „Wann trainieren die Cheerleader?“

„Heute Nachmittag um halb vier.“ Meinte die Dame gelangweilt und sah nicht vom Bildschirm ihres Computers auf. „Danke.“ Amber verließ das Zimmer und war leicht sauer über ihre Abfertigung. Sie sah auf den Gebäudeplan und dann auf ihren Stundenplan. Sie hatte jetzt natürlich Naturwissenschaften bei Mr. Stone! Sie hielt den Plan hoch und versuchte daraus schlau zu werden. Dann zuckte sie die Schultern und drehte sich um und prallte gegen jemanden. Sie besaß jedoch die Geistesgegenwart ihre Sachen festzuhalten, während ihr gegenüber leider nicht so schnell reagiert hatte und ein Haufen Papier zu Boden segelte. „Tut mir leid!“ Beeilte sich Amber zu sagen und ging auf die Knie um alles aufzuheben.

„Ist schon okay.“ Seine Stimme jagte ihr einen Schauer über den Rücken und sie sah auf, und blickte in die blauesten Augen, die sie je gesehen hatte. Sie wusste sofort wer er war und ihr Herz schlug auf einmal doppelt so schnell. Er sah auf den Boden und fing an die einzelnen Papiere aufzusammeln, Amber tat es ihm gleich und kurze Zeit später war alles aufgehoben und sie standen auf. Amber gab ihm die Papiere. „Vielen Dank.“ Meinte er und machte Anstalten zu gehen. „Entschuldigung?“ Jay, wie sie ihn insgeheim nannte drehte sich mit einem Blick auf seine Armbanduhr zu ihr um. Jetzt wo er ein paar Meter von ihr entfernt stand konnte sie ihn sich genauer anschauen. Er trug stylische Jeanshosen und ein dunkelblaues Hemd, dass er an den Armen hochgekrempelt hatte. Seine Haare waren wie auf dem Foto, dass sie von ihm hatte kurz und vorn hochgestylt und der drei-Tage-Bart war auch noch da. Erwartungsvoll sah er sie an. Sie räusperte sich. „Entschuldigung. Sind Sie hier Lehrer?“ Er nickte nur und versuchte nicht erneut auf seine Uhr zu gucken. „Ich bin neu hier. Ich weiß nicht wo ich hinmuss.“ Gestand sie, doch Mr. Stone schwieg und so fügte sie hinzu: „Können Sie mir vielleicht weiterhelfen?“

„Eigentlich habe ich es ziemlich eilig, meine Klasse schreibt gleich eine Klausur und ich muss pünktlich sein.“ Er hob entschuldigend die Hände und wollte sich schon wieder umdrehen. „Können Sie mir dann bitte wenigstens sagen, in welche Richtung ich zu Mr. Stones Klasse muss?“

„Mr. Stone?“ Er wirkte leicht überrumpelt. Und sie nickte nur. „Ja, dass bin ich, dann komm einfach mal mit.“

Jetzt wo Amber sah, dass er leicht verunsichert war fühlte sie sich sofort wohler und ging fröhlich auf ihn zu. „Das ist ja ein Zufall!“ Grinste sie ihn an und folgte ihm durch die mittlerweile leeren Flure. „Ich bin Thea Fischer aus Deutschland.“ Sie hielt ihm die Hand hin, und er sah sie kurz skeptisch an, aber dann siegte die Höflichkeit und er legte seine Hand in ihre. Sie hätte das nicht tun sollen, denn als seine Hand die ihre berührte setzte ihr Herz einmal kurz aus und fing dann wieder in einem unnatürlichen Rhythmus an zu schlagen. Was sollte das nur??

„Mr. Stone, Jay Stone. Aus Plymouth.“ Jetzt grinste er und Amber zog ihre Hand zurück. Am besten sagte sie erst mal gar nichts mehr. Zum Glück kamen sie schnell in ihrer Klasse an und Jay stellte sie ihren Mitschülern vor, dann verteilte er schnell die Klausuren. Als er vorne in der ersten Reihe, an ihrem Tisch ankam meinte er: „Versuch einfach dein Glück.“ Dann wandte er sich der Klasse zu.

„So Leute. Vierzig Minuten, viel Erfolg.“ Er grinste seine Schüler an und streckte seine Daumen in die Luft, dann setzte er sich auf seinen Tisch und überflog die Klasse. Bei Amber blieb sein Blick hängen. Sie saß ganz vorne, hatte ihre nackten Beine überschlagen und wippte mit ihren Riemchensandalen in denen kleine rot manikürte Füße steckten,  auf und ab. Sein Blick glitt höher, sie konzentrierte sich, dabei kaute sie auf ihrem Stift, ihre blonden langen Haare fielen über die Schultern und kamen auf dem Tisch neben ihrer Klausur zum Liegen. Plötzlich sah sie auf und erhaschte seinen Blick. Er nickte ihr zuvorkommend zu, lächelte und stand dann auf um zwischen den Reihen seiner Schüler entlangzuschreiten. „John. Behalte deine Hände auf dem Tisch.“ Meinte er und ein leises kichern ging durch die Klasse. „Ich wollte…“

„Ist doch egal was du wolltest.“ Meinte er grinsend. „Du bist zu gut um beim Schummeln erwischt zu werden.“

„Sie wissen ganz genau das ich nicht schummle!“ Wiedersprach der Junge und widmete sich wieder seinen Aufgaben.

„Shawn, Zane!“ Beide Jungen steckten die Köpfe hoch. „Ich will euch nicht aus dem Team schmeißen, also hört auf zu flüstern und erledigt den Test.“ Amber sah unauffällig nach hinten. Die beiden Jungs trugen Basketball Jacken und sahen ziemlich gut aus. Der eine war strohblond und der andere schwarz, genauso wie seine Haut.  Das waren dann wohl die Basketballstars. Dachte Amber und versuchte sich nun wieder auf den Test vor sich zu konzentrieren. Aber woher sollte sie denn wissen ob Regenwürmer, Schnecken, Raupen und andere Insekten Nützlinge oder Schädlinge waren? Sie setzte die Kreuze nach dem Zufallsprinzip und widmete sich dann der nächsten Aufgabe. Pestizide! Was bitteschön war denn das? „Das kann ja heiter werden!“ Flüsterte sie auf Deutsch vor sich hin, hob den Kopf und strich sich die Haare nach hinten. Dann begegnete ihr Blick dem von Jay, er starrte sie an! Unwillkürlich sah sie auf ihre Bluse, doch da war nichts und in den Haaren hatte sie auch nichts, das hätte sie gespürt als sie sie nach hinten gestrichen hatte. Sie sah wieder zu ihrem Lehrer, doch der saß nun auf seinem Stuhl, die Füße auf dem Tisch und eine Zeitung in der Hand. Schnell kreuzte sie irgendwelche Kästchen an und stand dann auf. „Mr. Stone?“

Er sah fragend zu ihr. „Ja bitte?“

„Ich bin fertig, darf ich bitte auf die Toilette?“

„Natürlich.“ Er wies mit der Hand zur Tür und sie ging zum Pult, legte ihren Test ab und fragte dann ganz liebenswürdig mit einem neckischen Grinsen, dass nur er sehen konnte. „Und können Sie mir auch sagen in welcher Richtung die Toiletten liegen?“ 

„Durch die Tür raus, dann rechts und die…“ Er zählte in Gedanken und meinte dann: „die neunte Tür auf der linken Seite.“

„Danke.“ Flüsterte sie.

„Bitte,“ flüsterte er dann zurück und gerade als sie sich wegdrehen wollte sagte er noch: „da ist ein kleines Schild an der Tür, ein kleines…“ Sie lächelte ihn strahlend an berührte seine Hand, die neben ihrer Klausur lag und er verstummte. „Danke, aber dass weiß ich!“ Sie zwinkerte ihm zu und verließ mit einem aufreizenden Hüftschwung die Klasse.

Wieso hatte sie das nur gemacht? Schalt die sich, sobald sie die Tür geschlossen hatte, wieso versuchte sie mit ihrem Lehrer zu flirten? Sie wusste es wirklich nicht, aber sie musste zugeben, dass es ihr Spaß machte. Und Jay sah nun wirklich verboten gut aus! Wäre sie ihm doch nur so auf der Straße begegnet und stünde er doch nur nicht unter Tatverdacht! Sie betrat die Mädchentoilette und wusch sich zuerst die Hände, eigentlich musste sie gar nicht auf die Toilette. Sie sah sich im Spiegel an und richtete ihr Haar, das ihr in leichten Wellen über die Schulter fiel und auf Brusthöhe zum liegen kam. Ihr weißer Rock saß perfekt und die ärmellose Bluse im Blümchenprint passte perfekt zu ihren rosafarbenen Sandalen. Sie musste zugeben, dass die Sachen die, die Stylisten für sie ausgesucht hatten ihr hervorragend standen, ihre Figur zur Geltung brachten und sie doch gleichzeitig jugendlich aussehen ließen. Zufrieden mit ihrem Aussehen ging sie zurück in ihre Klasse. Mittlerweile hatten schon ein paar mehr Schüler ihren Test abgegeben und sie unterhielten sich leise. Auf ihrem Platz saß Zane, der schwarze Basketballspieler. Sie setzte sich auf den Tisch und grinste ihn an. „Du sitzt auf meinem Platz.“ Flüsterte sie und überschlug ihre Beine. „Ich bin Zane.“ Er hielt ihr die Hand hin und Amber legte die ihre in seine. „Thea.“ Sagte sie und spürte nichts, als Zane sanft zudrückte und dann ihre Hand dann wieder freigab.

„Wie kommt es, dass so ein hübsches Mädchen wie du sich für Naturwissenschaften interessiert?“ fragte er und entblößte zwei Reihen strahlend weißer Zähne.

„Tu ich gar nicht.“ Sie lächelte. „Ich wollte nur nach Amerika!“

Zane lachte und legte seine Hand auf ihr Knie. „Meinst du…“

„Zane!“ ertönte auf einmal die Stimme von Jay hinter ihr. Er klang verärgert. „Sie zu, dass du auf deinen Platz kommst!“

„Aber Sie haben doch gesagt, dass wir uns unterhalten dürfen.“ Protestierte dieser.

„Ja, leise unterhalten! Ihr unterhaltet die ganze Klasse.“ Er deutete auf die Schüler die, die beiden neugierig musterten. Amber nahm Zanes Hand von ihrem Schoß und stand auf. „Tut mir leid.“ Meinte sie zerknirscht und sah Jay direkt in die Augen. „Schon gut.“ Meinte dieser und forderte Zane erneut auf, sich auf seinen Platz zu setzen. „Aber…“

„Heute. Training. Drei Runden extra.“ Damit war das Thema erledigt und Zane ging mit hängendem Kopf zu seinem Platz. Es herrschte ein paar Minuten Stille und bald hatte auch der letzte seinen Test abgegeben und es klingelte zur Pause. Amber konnte gar nicht so schnell gucken, wie Zane plötzlich wieder neben ihr auftauchte. „Was hältst du davon, wenn ich dich meinen Freunden vorstelle?“

Amber musste ein Grinsen unterdrücken, das war ja einfacher als Gedacht. „Sehr gerne.“

 

Endlich waren die Schüler aus dem Raum! Jay ging zum Waschbecken und bespritze sein Gesicht mit kaltem Wasser. Es war nicht richtig von ihm John vor der Klasse bloßzustellen, aber er hatte sich einfach ablenken müssen. Diese Thea, irgendetwas war an ihr und er wusste einfach nicht was. Immer und immer wieder war sein Blick zu ihr gewandert, und als sie dann noch mit ihm geflirtet hatte… er musste aufpassen, noch nie hatte er auch nur einer Schülerin einen zweiten Blick hinterhergeworfen und nun konnte er die Augen von der Austauschschülerin nicht lassen und sie war noch minderjährig! Und dann Zane! Er musste auf andere Gedanken kommen. Er ging zu seinem Tisch und fing an die Klausuren zu korrigieren.

 

 

Kapitel 4

 

Beim Mittagessen lernte Amber die angesagteste Clique kennen, da waren Tess, Captain der Cheerleader und ihre beste Freundin Madison und Zane und Shawn. Zwar saßen noch andere mit ihnen am Tisch, aber diese wurden ihr nicht persönlich vorgestellt. Zane saß neben ihr und verspeiste genüsslich seinen Cheeseburger während sie in ihrem Salat herumstocherte. „Sag mal Tess, könnte ich in dein Team kommen? Ich wollte schon immer mal Cheerleader werden.“

„Hast du denn schon Erfahrungen? Wir sind Vizemeister und dementsprechend haben wir ein hohes Niveau.“

„Naja, in Deutschland haben wir an unseren Schulen keine Cheerleader Teams, aber ich tanze sehr gerne.“

„Mensch Tess, jeder sieht doch, dass sie tanzen kann! Wenn sie mich nicht anfeuert, werde ich mich nicht konzentrieren und wir verlieren das Spiel am Freitag!“ Meinte Zane und legte seinen Arm um ihre Schulter.

„Du meinst wohl eher, dass du dich nicht konzentrieren kannst, wenn sie dich anfeuert! Du wirst doch keine Augen mehr für den Ball haben!“

„Glaub mir, wenn Shawn mir die richtigen Bälle zuwirft versenke ich sie alle!“

„Okay…“ Tess zog das Wort in die Länge. „Wenn Thea gut ist und ihr das Spiel gewinnt, ist sie im Team.“

Zane grinste. „Du bist mir was schuldig!“ Meinte er, nahm seinen Arm zurück und aß in aller Seelenruhe weiter.

„Erst einmal müsst ihr das Spiel gewinnen.“ Meinte sie und steckte sich eine Gabel voll Salat in den Mund.

„Das wird ein Kinderspiel, ich bin sowas von motiviert! Ich kann das Training ja schon kaum erwarten!“

„Stone wird heute einiges von uns fordern!“ Meinte Shawn und lenkte Zanes Aufmerksamkeit von ihr ab.

„Wann ist denn das Training?“ fragte Amber niemand bestimmtes.

„Um halb vier.“ Antwortete Madison.

„Wir beide und du, werden uns früher treffen, ich will, dass du die Grundschritte kennst, wenn die anderen Mädchen kommen.“

„Das ist kein Problem, ich lerne schnell.“

Sie unterhielten sich noch ein wenig, Tess und Madison quetschten sie über Deutschland aus und Amber war froh, dass sie erst vor ein paar Monaten dort war und so viel gesehen hatte. Dann war die Mittagspause zu Ende und Zane war so freundlich, sie zur nächsten Stunde zu begleiten.

Zwei Stunden später stand sie pünktlich um drei Uhr vor der Sporthalle und wartete auf Tess und Madison. Sie kamen fünf Minuten zu spät. „Entschuldigung, aber wir wurden aufgehalten.“

„Ist schon okay, wo kann ich mich umziehen?“

„Komm.“ Tess ging vor und Amber und Madison folgten ihr. Tess war wie man sich einen Cheerleader Captain vorstellte: groß, schlank, vollbusig und blond. Nur schien sie, im Gegensatz zu Terry auch wirklich nett zu sein und Madison war ganz und gar nicht ihr Schoßhündchen oder blöd. Sie war eine der besten Schülerinnen der Schule und eine dunkelhäutige Schönheit. In ihren Schwarzen Haaren hatte sie vereinzelnd dunkelrote Strähnchen und sie war auch nicht ganz so groß wie Tess, hatte aber wesentlich mehr kurven als ihre Freundin. Sie kamen in der Umkleide an zogen sich schnell ihre Sportklamotten an. Tess und Madison zogen ihre Uniformen an und Amber begnügte sich mit einer kurzen schwarzen Shorts und einem enganliegendem pinken Top.

„Sexy!“ Meinte Tess und wuschelte ihr durch die Haare. „Die würde ich zusammenbinden, gleich wirst du ins Schwitzen kommen.“

Amber grinste, gehorchte aber und band ihre Haare zu einem Dutt auf dem Kopf zusammen. Sie war es gar nicht mehr gewohnt so viele Haare zu haben, mit ihrem Bob musste sie nie Haarbänder dabeihaben.  Zusammen gingen sie nach draußen auf einen Platz, der extra für die Cheerleader reserviert war. Sofort sah Amber, wie die Jungs des Basketballteams sich warm machten.

„Na hältst du Ausschau nach Zane?“ Wollte Tess grinsend wissen.

„Oder doch nach Mr. Stone? Du sollst heute anscheinend voll mit ihm geflirtet haben.“ Madison sah sie grinsend an.

„Naja was heißt voll?“ Amber grinste. „Ich habe ihm lediglich gefragt wo die Toilette ist.“ Und seine Hand berührt um zu wissen ob es wieder knisterte. Dachte sie.

„Du wirst keine Chance haben. Er interessiert sich für keine von uns. Ich habe mein Glück auch schon probiert, keine Chance.“

„Einige denken, dass er Schwul ist.“ Meinte Tess mit einem Hinterhältigen Grinsen.

„Nein, der doch nicht! Ich glaube einfach, dass er…“

„Du kennst ihn doch gar nicht!“ Die beiden Freundinnen lachten. „Na dann geh dich mal warmlaufen.“ Meinte Tess und grinste sie an.

„Alles klar!“ Amber wollte gerade loslaufen, als Tess sie zurückhielt.

„Nein, nicht hier.“ Sie deutete mit dem Finger zu den Jungs. „Dort. Zwei Runden um das Feld.“

Amber sah zu den Jungs die jetzt auf den Boden lagen und Liegestützen machten. „Das ist nicht dein Ernst.“ Sie lachte.

„Doch gib ihnen mal ein bisschen Ansporn.“ 

„Was hält Stone davon? Wo ist er überhaupt?“ Wollte Amber wissen, sie wollte keine Minuspunkte bei ihm.

Madison stellte sich neben ihr, legte den Arm um ihre Schulter und deutete mit der Hand auf das Spielfeld der Jungs. „Siehst du den ganz vorne? Blaue Shorts und weißes Muskelshirt?“ Amber nickte. „Das ist er!“

„Nicht euer Ernst! Er macht mit denen mit?“

„Er sagt, dass er mindestens genauso fit ist wie die Jungs und das beweist er ihnen immer.“ Tess zuckte mit den Schultern. „Klasse Typ, wenn du mich fragst.“

„Er macht immer mit. Manchmal lässt er sich sogar dazu hinreißen mit den Jungs zu spielen, anstatt sie zu Coachen, die verstehen sich eher wie Freunde und nicht Lehrer und Schüler. Er ist der beste Lehrer hier an der Schule. Du hast Glück, das du bei ihm im Kurs bist und nicht bei dieser Schreckschraube von Mrs. Harper, die ist voll der Drachen!“ Verkündete Madison.

„Was stehst du hier noch? Schwing deinen Hintern aufs Feld.“

Amber lachte, steckte sich ihre Kopfhörer ins Ohr und lief los.

 

Jay sah auf seine Stoppuhr. Noch 30 Sekunden. „Jungs, durchziehen, nur noch 30 Sekunden.“

„Sie haben gut reden!“ Beschwerte sich Xander und Jay sah auf. Seine Jungs waren gar nicht mehr bei der Sache. Machten nur noch halbherzige Liegestütz. „Jungs konzentriert euch! Was ist schon so wichtig, dass euer Training darunter leidet?“ Er folgte dem Blick der Jungs und verstand sie auf einmal. Thea lief am Rande des Spielfeldes und das in einem schnellen gleichmäßigen Tempo. „Okay! Alle Mann aufstehen und kurz dehnen, dann könnt ihr, ihr hinterherlaufen.“ Die Jungs sprangen auf und liefen ohne sich zu dehnen los. Jay schmunzelte und lief den Jungs hinterher. „Denjenigen, den ich überhole, rennt eine Runde extra!“ Rief er und lief ihnen gemütlich hinterher. Die ersten kamen bei Thea an und er sah wie sie Kopfhörer aus ihren Ohren nahm und über etwas, was Zane ihr sagte lachte. Sie wurde langsamer und Jay holte schnell auf. „Jungs! Denkt an die extra Runde!“ rief er und kam bei Thea an. „Du lenkst meine Jungs ab.“

„Tut mir leid?“ Thea grinste ihn spitzbübisch an.

„Irgendwie glaube ich dir das nicht.“

„Vielleicht meine ich es auch nicht ernst?“ Sie sah zu ihm. „Wie ich höre trainieren Sie mit den Jungs mit?“ Jay grinste nur. „Das beeindruckt die Schüler.“

„Wer sagt denn sowas?“

„Wissen Sie, dass sie der beliebteste Lehrer an der Schule sind?“

„Kann schon sein.“ Er lächelte sie an.

„Bis dann Mr. Stone.“ Sie grinste und machte Anstalten sich die Ohrstöpsel wieder in die Ohren zu stecken.

„Du musst noch eine halbe Runde.“

„Und Sie haben noch eine halbe Runde Zeit, zu beweisen, dass Sie sportlicher als ihre Schützlinge sind.“  Sie zwinkerte und beschleunigte, doch sie musste nicht lange warten und Jay überholte sie. Sie genoss den Anblick den er ihr bot und bog kurze Zeit später zu Tess und Madison ab, die am Rande auf sie warteten. Und wie Amber nicht anders erwartet hatte besiegte der Lehrer seine Schüler. Sie grinste und stellte sich breitbeinig vor den beiden Mädchen um sich zu dehnen.

„Also laufen kannst du!“ Madison schlug ihr auf die Schulter. „Wenn du dann noch tanzen kannst…“

„Na los. Zeig was du kannst.“ Unterbrach Tess sie. „Steck dir deine Stöpsel rein und leg los.“ Amber lachte. „Wenn ihr meint.“ Sie tat wie geheißen und bald schon tanzten alle drei. „So viel zu Grundschritte lernen.“ Meinte Tess nach einer Weile, als sie die anderen Mädchen kommen sah. „Ich lerne schnell, zieh einfach dein Programm durch.“

 

Am Abend als Amber in ihrem Zimmer saß und Hausaufgaben machte! Ja sie machte Hausaufgaben, klingelte plötzlich ihr Handy. „Hey Süße!“ Begrüßte sie ihre Freundin.

„Hey, na was macht die Schule?“ Izzy lachte.

„Sehr witzig, ich sitze hier und mache meine Hausaufgaben.“ Beschwerte sie sich, worauf ihre Freundin in schallendes Gelächter ausbrach.

„Ich weiß noch wie sehr du Hausaufgaben gehasst hast.“

„Sie rauben mir meine Freizeit!“ Beschwerte sie sich. „Wie läuft die Arbeit?“ Wechselte sie das Thema.

„Vergiss es! Du wirst mir jetzt alles Haargenau erzählen. Und vor allem von den Jungs, ist da ein süßer dabei?“

„Das sind alles Grünschnäbel. Zane steht auf mich, aber ich glaube das Madison in ihn verknallt ist.“

„Aha. Ich verstehe gar nichts, aber du kannst fortfahren, scheint eine richtige Highschool Schnulze zu werden.“

„Ach ich habe einfach gesehen, was sie ihm für Blicke zuwirft.“ Sie unterhielten sich noch kurz, dann wurde Amber zum Abendessen gerufen.

Das Essen lief ganz harmonisch ab. Heather und David erzählten von ihrer Arbeit. Sie betrieben gemeinsam ein Diner und schwärmten gerade von der Renovierung die sie vor ein paar Wochen hatten machen lassen. „Du musst unbedingt mal zum Essen kommen, und dir alles anschauen.“

„Sehr gerne, ich wollte schon immer mal ein Diner sehen.“ Amber grinste. „In Deutschland gibt es zwar auch Schnellrestaurants, aber ich bin schon ganz gespannt auf euren.“ Heather erzählte ihr noch ein bisschen von der Inneneinrichtung, während David sich auf die Terrasse verzog und es sich mit seiner Zeitung in einem Schaukelstuhl bequem machte. Amber half Heather die Küche aufzuräumen und verabschiedete sich dann von den beiden, mit der Ausrede schlafen zu wollen. Heather gab ihr Recht und schob es auf den Jetlag, den sie ja hatte.

Als Amber wieder in ihrem Zimmer war, öffnete die ihre Playlist und machte sich daran die Koffer auszupacken, was sich als schneller erwies, als sie gedacht hatte. Dann legte sie sich auf das Bett und wählte die Nummer ihrer Mutter. Sie telefonierte ein bisschen mit ihren Eltern und als das Gespräch beendet war, rief sie Alex an.

„Ich glaube nicht, dass Stone etwas mit den Drogen zu tun hat.“ Äußerte sie ihre Gedanken, als sie von ihrem Tag berichtet hatte.

„Das werden wir noch sehen, du kennst ihn erst einen Tag. Und sonst gefällt dir deine Rolle?“

„Ich bin froh, dass ich nur eine Rolle spiele und im wirklichen Leben nicht so eine Oberflächige Diva bin, die mit ihrem Lehrer flirtet.“

„Geht er denn auf dich ein? Hat er irgendwelche…“

„Nein, er ist voll korrekt, mach dir um mich keine Sorgen.“

„Solange du unter meiner Aufsicht ermittelst, mache ich mir immer Sorgen.“

„Was wirst du Havering und Edwards erzählen?“

„Alles, was du mir erzählt hast. Wieso? Verschweigst du mir etwas?“ Fragte er argwöhnisch nach. „Du bist erst einen Tag auf dieser Schule gewesen, du hast doch nichts angestellt?“

„Außer das ich wohl einen Test voll in den Sand gesetzt habe, habe ich mir nicht zuschulden kommen lassen.“ Amber lachte. „Ich vermisse euch alle, es ist komisch hier zu sein und zu wissen, dass ihr alle ganz normal mit eurem Leben weitermacht.“

„Tut mir Leid kleines, aber so ist das Leben als Undercover Cop nun mal.“

„Danke, dass du mir erlaubt hast es Izzy zu erzählen, ich wäre sonst wohl gestorben!“ Gestand sie.

„Natürlich, Izzy gehört schließlich zur Familie. Ihr seid Freundinnen, da hattet ihr noch Windeln an. Sie würde wissen, dass irgendetwas nicht in Ordnung wäre, wenn wir uns für sie eine Ausrede hätten einfallen lassen müssen.“

„Ja du hast Recht. Es war trotzdem schön heute mit ihr zu telefonieren. Hast du was Neues von Ava gehört? Ich habe versucht sie anzurufen aber ich habe sie nicht erreicht.“

„Sie wird demnächst wahrscheinlich versetzt.“

„Was? Wohin?“

„Nach Plymouth, zu ihrem Pat.“

„Ach so, dass ist ja schön für sie. Also ist es wirklich was Ernstes.“ Stellte sie fest und freute sich wirklich für ihre Schwester. Ava hatte nie wirklich Zeit für eine Beziehung gehabt, klar sie war mit einigen Männern ausgegangen, aber meistens blieb es bei einem Date. Sie beendeten ihr Telefonat und Amber ging in ihr Badezimmer um sich Bett fertig zu machen.

 

Am nächsten morgen wurde Amber schon früh wach und sah auf die Uhr. Es war erst kurz nach sechs Uhr. Und sie musste erst um neun Uhr in der Schule sein. Sie drehte sich noch einmal um, aber es half nichts, sie war einfach nicht mehr müde. Also stand sie auf, ging ins Bad und wusch sich, dann zog sie sich ihre Sportklamotten an und schlich sich leise aus dem Haus. Draußen dehnte sie sich erst mal ausgiebig und stellte ihre Musik ein und joggte dann langsam los. Die Browns lebten in einer gemütlichen Straße in der es ziemlich ruhig war, am Ende der Straße stand eine Kirche, da es zum Strand nicht weit war, beschloss sie am Wasser zu joggen. Sie zog sich ihre Schuhe aus und genoss das Gefühl von Sand zwischen ihren Zehen. Sie versteckte ihr Schuhe zwischen Steinen und lief dann zum Wasser.

Als sie eine knappe Stunde später wieder nach Hause kam, traf sie eine unerwartete Situation. Heather stand im Garten, mit Harke und Schaufel und unterhielt sich mit niemand anderen als Jay. Alex hatte ihr ja gesagt, dass er ihr Nachbar war, aber sie hatte nicht daran gedacht, dass die Browns und er sich kannten. „Guten Morgen Thea, du bist schon auf? Ich dachte du würdest noch schlafen.“

„Guten Morgen, ich konnte nicht mehr schlafen und bin joggen gegangen.“ Erklärte sie. „Ich wollte euch nicht wecken.“ Dann sah sie zu Jay. „Guten Morgen Mr. Stone.“

„Ihr kennt euch?“ Heather sah von Amber zu Jay und wieder zurück.

„Er ist mein Lehrer.“ Klärte Amber auf.

„Guten Morgen, Thea.“ Sein Blick wanderte über ihren Körper und Amber hatte das Gefühl, dass genau dort, wo er sie ansah es anfing zu kribbeln, sie musste sich zusammenreißen um nicht anzufangen sich überall zu kratzen. „So früh schon unterwegs?“

„Ich laufe halt sehr gerne.“ Gab sie keck zurück.

„Also, Jay? Wäre das für dich okay?“ Unterbrach Heather die beiden.

Jay sah zu ihr und dann zu Amber, dann nickte er. „Ja ist in Ordnung, wir können das so machen.“

„Heather!“ Rief David von der Terrasse und hielt ihr das Telefon entgegen. „Kate ist dran, sie bekommt die Spülmaschine nicht zum Laufen.“

„Oh!“ Rief sie aus und eilte zu ihrem Mann.

„Was ist für Sie okay?“ Wollte Amber nun von Jay wissen.

„Du hast nicht zufällig heute Abend schon was vor?“ Fragte er ohne auf ihre Frage einzugehen und Amber sah ihn erschrocken an, hatte sich aber schnell wieder gefangen. „Nein, nicht dass ich wüsste, warum?“

„Du bist ziemlich neugierig.“

Amber zeigte ihm ihr strahlendest Lächeln. „Wenn man mich fragt ob ich etwas vorhabe, möchte ich den Grund auch gerne wissen. Sie wollen nicht zufällig mit mir ausgehen?“ Meinte sie dann trocken.

„Nein, du bist Minderjährig.“

„Und wenn ich älter wäre?“

„Bist du aber nicht.“

„Was ist denn jetzt heute Abend?“

„Ich komme zum Essen rüber.“

Sie grinste. „Das ist ja schön, dann kann ich Sie ein wenig besser kennen lernen.“ Jay sah sie aus einer Mischung von ärger und Bewunderung an. „Flirtest du immer mit deinen Lehrern?“

„Ich bitte Sie! Niemals! Meine Lehrer sind alle Uralt und gar nicht nett anzuschauen.“

„Thea! Ich bitte dich, hör auf damit.“

„Womit?“ Fragte sie scheinheilig.

„Damit! Ich bin dein Lehrer und du…“

„Jay?“ Heathers Stimme ertönte von der Terrasse und beide sahen auf. „Könntest du Thea vielleicht mit zur Schule nehmen? Ich muss ins Diner.“

Mit einem breiten Grinsen sah Amber zu Jay, der sichtlich mit sich zu kämpfen hatte und dann wiederstrebend nickte. „Sehr schön, vielen Dank! Und euch beiden einen schönen Tag, wir sehen uns heute Abend.“ Heather winkte und ging dann zu ihrem Kleinwagen und fuhr aus der Einfahrt. „Wollten Sie nicht joggen?“ Amber deutete auf sein Outfit.

„Ja. Warum?“

„So neugierig?“ Amber lachte über ihren Witz, doch Jay sah sie nur wütend an. „Naja, ich muss noch duschen und mich für die Schule fertigmachen. Wann fahren wir los?“

„Zieh dir eine Hose an.“

„Warum?“

„Und gib dir nicht zu viel Mühe mit deinen Haaren.“ Amber sah ihn fragend an, sagte aber kein Wort. „Du wirst einen Helm tragen müssen, ich fahre mit dem Motorrad.“

„Haben Sie denn kein Auto? Der Helm wird meine Frisur ruinieren.“ Beschwerte sie sich, weil er es von ihr erwartete innerlich freute sie sich richtig auf die Fahrt mit dem Motorrad. Jay grinste sie an. „Doch, aber heute fahre ich mit dem Motorrad.“ Er grinste schelmisch, drehte sich um und joggte auf die Straße. „Ich hole dich in einer Stunde ab.“ Rief er ihr noch über die Schulter zu.  

Mit einem breiten Grinsen betrat Amber das Haus und lief in ihr Zimmer um sich fertig zu machen.

 

 

 

 

Kapitel 5

 

Jay saß um viertel vor neun in seinem Klassenzimmer und versuchte runterzukommen. Diese Thea machte ihm zu schaffen und er konnte ihr nicht mal aus dem Weg gehen, denn jetzt waren sie auch noch Nachbarn! Er stützte den Kopf in seine Hände und fuhr sich durch die Haare während er ein Stoßgebet zum Himmel schickte. Es konnte doch nicht wirklich sein, dass ein junges Mädchen von gerade einmal siebzehn Jahren ihn so durcheinanderbrachte. Wieso schlug sein Herz immer schneller, wenn er sie sah? Wieso hatte er die Motorradfahrt zur Schule so genossen bei der sie ihren Kopf – zwar mit Helm – auf seine Schulter gelegt hatte. Wenn er sie noch einmal mitnehmen musste, würde er mit dem Auto fahren. Eigentlich hatte er sie nur ärgern wollen, als er ihr gesagt hatte, dass sie mit dem Motorrad fahren würden, doch gestört hatte es sie wohl nicht. Vielleicht wollte er auch nicht, dass sie so aufreizend in kurzen Röcken durch die Schule stolzierte und deswegen das Motorrad genommen. Und trotzdem hatte ihr Outfit ihm gefallen. Sie hatte eine Skinny Jeans und weiße Sneaker an, dazu eine weiße Oversized Bluse, die ein bisschen zu wenig zugeknöpft war und zu viel entblößte. Ihre Haare fielen ihr wie auch am ersten Tag offen über die Schultern. Er schüttelte den Kopf und versuchte das Bild von ihr aus dem Kopf zu bekommen. Er hatte bei ihr ein ungutes und zugleich ein sehr gutes Gefühl. Die Schulglocke läutete und er stand auf um die Tür für die Schüler zu öffnen. Auch heute würde Thea wieder in seinem Unterricht sein. Sie würde jeden Tag in seinem Unterricht sein. Sogar beim Sport. Es war wie verhext, aber irgendwie hatte sie alle Naturwissenschaftlichen Stunden bei ihm und nicht bei seiner Kollegin. Die ersten Schüler betraten den Raum und brachten ihn auf andere Gedanken. Dann sah er, wie Zane mit Thea am Arm hereinkam, sie lachte und sah ihn freudestrahlend an. Dann fiel ihr Blick auf ihn und sie winkte ihm fröhlich zu. „Guten Morgen Mr. Stone.“ Rief sie fröhlich, doch Jay nickte ihr nur förmlich zu. Dann forderte er die Klasse auf sich zu setzten und er fing mit dem Unterricht an. Thea saß wieder ganz vorne und sah ihn interessiert an, als er der Klasse das Massenwirkungsgesetzt erklärte. Er war sich sicher, dass sie nichts von dem Verstand, was er erklärte. Da sie ihren Test in Biologie total verhauen hatte, er konnte sich sogar vorstellen, dass sei willkürlich irgendetwas angekreuzt hatte. Allem Anschein nach war sie nicht nach Amerika gekommen um etwas zu lernen. Er musste sich mal die Zeugnisse aus Deutschland zuschicken lassen, er war neugierig ob sie auch dort keine gute Schülerin war.

 

Amber wurde es heute alles zu viel. Zuerst die Gefühle, die sie wegen Jay nicht mehr unter Kontrolle hatte. Sie konnte gar nicht aufhören ihn anzustarren während er irgendwelche Formeln an die Tafel schrieb. Und dann war da noch Zane! Er klebte an ihr wie eine Klette, dann die Blicke von Maddie… Sie musste die beiden unbedingt zusammenbringen, schon allein ihrer Hautfarbe wegen, dachte sie belustigt.

„Thea, willst du deine Gedanken nicht mit uns teilen?“ Jay stand vor ihrem Tisch und sah zu ihr herab. „Besser nicht, das wäre für die betroffene Person vielleicht ein bisschen unangenehm.“

„Ihr schreibt bitte das Tafelbild ab.“ Forderte er seine Schüler auf und ging vor Amber in die hocke um auf Augenhöhe mit ihr zu sein, dann flüsterte er, sodass nur sie es hörte. „Und ich bin nicht zufällig die betroffene Person?“

Amber grinste ihn Schalkhaft an. „Ich denke zwar an Sie, aber nicht rund um die Uhr.“ Sie zwinkerte ihm zu.

„Wenn das so weiter geht Thea, dann werde ich dich aus meinem Unterricht schmeißen.“

Erschrocken sah sie ihn an. „Das können Sie doch nicht machen!“

„Und ob ich das kann!“

„Ich habe an Zane und…“

„Du sollst in meinem Unterricht nicht an irgendwelche Jungs denken, sondern mir zuhören. Du hast es allem Anschein nach nötig, den Biotest hast du auf jeden Fall ordentlich in den Sand gesetzt.“

„Können wir vielleicht vor der Tür darüber reden?“

Jay stand auf und deutete mit der Hand zur Tür. „Bitte sehr.“ Sie ging voran und er folgte ihr dann. Sie lehnte sich an die Wand und sah ihn an. „Es ist nicht sehr nett mich vor der gesamten Klasse so runterzumachen.“ Machte sie ihrem Ärger Luft.

„Meinst du etwa, dass es schön ist, vor der gesamten Klasse angemacht zu werden ohne richtig kontern zu können?“

„Also soll ich dich anmachen, wenn niemand da ist?“ Sie duzte ihn mit Absicht. Doch er ging gar nicht darauf ein.

„Weder noch! Mädchen wie dich gibt es wie Sand am Meer, ihr braucht jede Menge männliche Aufmerksamkeit was?“

„Nein!“ Wehrte sie seine Anschuldigung ab. „Ich…“

„Du flirtest mit mir und mit Zane und was weiß ich noch mit wem!“

„Zane interessiert…“

Jay erhob den Zeigefinger und sie verstummte automatisch, dann als sie merkte, was er geschafft hatte, begehrte sie auf und holte schon Luft um ihm ihre Meinung zu geigen, doch er unterbrach sie.

„Keine Chance. Du bist jetzt ruhig.“ Trotzig sah sie ihn mit vor der Brust verschränkten Armen an, schwieg aber. „Du bist minderjährig, wenn du mich auch nur ein Stück weit leiden kannst, dann lässt du deine Anspielungen sein und respektierst mich als dein Lehrer. Wenn nicht, dann gehe ich zum Direktor und sage ihm was du hier abziehst…“

„Ich…“

„Ich bin noch nicht fertig!“ Er sah sie aufgebracht an. „Was meinst du was ich für ein Ärger bekomme, wenn einer der Schüler mir unterstellt etwas mit einer Schülerin angefangen zu haben?“

Amber hob ergeben die Hände und ging ohne ein Wort zu sagen zurück in die Klasse.

 

„Ich habe keine Ahnung, was mit Mr. Stone los ist!“ Murmelte Zane und Shawn nickte. „Ja heute hat er sich echt merkwürdig verhalten. Es ist sonst nicht seine Masche so auf Schüler loszugehen.“

„Ach lasst gut sein. Vielleicht habe ich es mit meinen Bemerkungen einfach zu weit getrieben.“

„Ach das war doch noch gar nichts!“ Wehrte Shawn ab. „Vor zwei, drei Monaten hat Maddie mal ihr Glück probiert, er hat sie sowas von abblitzen lassen und sie hat es drei Wochen durchgezogen. So ausgetickt ist er aber nie.“

„Wahrscheinlich wurde ihm das alles zu viel und du hast das Fass zum überlaufen gebracht. Es muss aber auch frustrierend sein, von solchen Schnitten angemacht zu werden und die Finger von ihnen zu lassen.“

„Vielleicht hat er ja eine Freundin?“ Mutmaßte Shawn.

„Meint ihr nicht, dass ihr das dann wüsstet?“

„Wieso sollten wir? Ist doch seine Privatsache.“ Zane zuckte mit den Schultern.

„Erstens, wäre sie doch bei euren Spielen aufgetaucht und zweitens lebt er allein.“

„Woher weißt du das denn? Du bist gerade mal den zweiten Tag hier. Bist du etwa eine Spionin?“ Zane sah sie erwartungsvoll an und auch Shawn schien neugierig. „Spionin? Vielleicht auch eine Stalkerin.“

„Weder noch. Er ist zufälligerweise unser Nachbar und Heather hat ihn heute zum Abendessen eingeladen – nur ihn, keine Freundin.“ Und außerdem wusste sie es aus seiner Akte. Jay hatte noch keine ernsthafte Beziehung, seit er hier an der Schule unterrichtete. Sie stießen auf Tess und Madison und verbrachten die Mittagspause zusammen. Der Rest des Unterrichts verging schnell und als die Schulglocke läutete stürmten die Schüler nach draußen. Heute würde es kein Cheerleader Training geben, und auch die Jungs hatten einen freien Nachmittag.

Amber ging nach draußen und holte ihr Handy aus der Tasche, dann wählte sie Alex Nummer. Er ging sofort nach dem ersten klingeln dran. „Wir müssen uns sehen.“ Sagte sie ohne Begrüßung.

„Wieso sprichst du deutsch, du weißt doch das ich die Sprache lange nicht so gut spreche wie du.“ Beschwerte er sich.

„Dann hör nur zu und rede auf Englisch.“ Amber sah ungeduldig auf ihre Uhr.

„Okay, wieso müssen wir uns treffen.“

„Weil ich ein Problem habe, euer Plan geht nicht auf.“

„Das kann nicht sein.“

„Glaubst du, dass ich lüge? Hast du in einer halben Stunde Zeit? Wir treffen uns im Einkaufszentrum im Food Court, ich habe Hunger.“

„Ich werde da sein!“ Versprach er und Amber legte auf. Dann machte sie sich auf den Weg in die Stadt. Sie war gerade vom Schulhof runter als sie Motorengeräusche neben sich vernahm. Sie drehte sich um und sah Jay auf seinem Motorrad sitzen, das Visier seines Helmes stand offen. „Ich dachte ich nehme dich wieder mit nach Hause.“ Sagte er und hielt ihr den Helm hin.

„Nein danke, ich gehe zu Fuß!“

„Das ist zu weit, ich bringe dich gerne.“

„Ich habe nein gesagt.“ Fuhr sie ihn an.

„Bist du etwa sauer wegen heute Morgen?“ Er drückte ihr den Helm an die Brust und wütend griff sie danach. „Ich will nicht nach Hause, sondern ins Einkaufszentrum.“ Erwiderte sie bissig und ging weiter.

„Frustshoppen?“

„Nenn es wie du… ich meine Sie es wollen!“

„Zum Einkaufszentrum ist es fast genauso weit wie bis nach Hause, ich bringe dich dorthin.“ Er stellte die Maschine vor sie, sodass sie nicht mehr weiterkonnte, also blieb sie stehen. „Machen Sie sich keine Umstände, ich finde den Weg schon.“

„Setz dich jetzt sofort hin, ich muss eh noch in die Buchhandlung und ein Buch abholen.“

Widerwillig setzte sie sich hinter ihn und stülpte sich den Helm über. Jay fuhr mit quietschenden Reifen los und Amber krallte sich an seine Jacke. Schon wenige Minuten später hielt er vor dem Einkaufszentrum. „Sollen wir eine Zeit abmachen wann wir nach Hause fahren?“

„Nein, ich nehme mir ein Taxi.“ Damit drehte sie sich um und ging ohne sich zu bedanken ins Gebäude. Mit seinem Helm! Achselzuckend machte er sich auf die Suche nach einem Parkplatz und ging dann in die Buchhandlung. Wo er länger, als er beabsichtigte blieb. Das Buch, dass er sich bestellt hatte war doch nicht wie er es sich vorgestellt hatte und so suchte er die Regale nach einem ähnlichen Exemplar über Pflanzenzucht durch. Aber er wurde nicht fündig und verließ niedergeschlagen das Geschäft. Langsam meldete sich sein Hunger und er beschloss sich einen kleinen Happen zu gönnen, bevor er nach Hause fuhr. Bis zum Abendessen bei den Browns dauerte es noch ein paar Stunden. Er stellte sich an die Schlange um sich einen Burger zu kaufen. Plötzlich hörte er hinter sich eine Stimme und er drehte sich um. Er sah wie Thea sich von einem fremden Mann umarmen ließ, dann küsste er sie auf die Wange und sie setzten sich zusammen an einen Tisch. Das gefiel ihm überhaupt nicht. Der Mann war viel zu alt für sie, er schätzte ihn auf Ende zwanzig Anfang dreißig. Thea war siebzehn“ Was hatte sie nur ein Problem mit älteren Männern? Und wie kam es, dass sie hier jemanden kannte, obwohl sie erst seit zwei Tagen hier war. Er bezahlte seinen Burger und setzte sich in einiger Entfernung an einen Tisch hinter Thea und beobachtete die beiden.

 

Thea war so froh Alex zu sehen und schloss ihn freudig in die Arme. „Schön endlich mal jemanden zu sehen, den kenne!“ Begrüßte sie ihren Bruder und ließ sich von ihm küssen. „Ich bin froh, dass es dir gut geht. Dein Anruf hat mich nervös gemacht. Was ist schiefgelaufen?“

„Eure Idee, dass ich mich an Jay ranmachen soll funktioniert nicht!“

„Jay?“

„So nenne ich ihn. Das spielt doch jetzt überhaupt keine Rolle!“

„Okay, also was ist passiert?“

„Ich hatte jetzt zum zweiten Mal Unterricht bei ihm und er ist völlig ausgetickt, wegen nichts!“

„Du musst schon genauer werden, ich verstehe nur Bahnhof.“

Amber erzählte ihm von ihrem Gedanken von Zane und Madison und wie sie von Jay erwischt wurde, er auf sie losgegangen war und dann die Diskussion vor der Tür. „Wenn ich so weitermache, wie ihr es wollt, fliege ich von der Schule.“ Endete sie.

„Was meinst du, ist jetzt alles zunichte? Willst du raus?“

„Nein, auf keinen Fall, ich will den Schuldigen finden! Aber ich denke nicht, dass Jay etwas mit den Drogen zu tun hat. Ihm liegt etwas an seinen Schülern, er mag sie. Sein Team behandelt er wie Freunde, er trainiert mit und lässt sich sogar dazu überreden bei einem Matsch mitzuspielen.“

„Das könnte aber auch seine Masche sein, er erkauft sich…“

„Nein, mein Gefühl sagt, dass…“

„Das ist Polizeiarbeit, lass deine Gefühle außen vor.“

„Ich muss doch trotzdem auf meinen Instinkt vertrauen!“ Protestierte sie.

„Ja, aber lassen wir es erst einmal so, zumindest bis du Beweise hast, dass er Unschuldig ist.“ Amber nickte. „Was denkst du, wie wir vorgehen sollten?“ Wollte er dann von ihr wissen.

„Als erstes muss ich ein bisschen auf Abstand gehen und vielleicht ein freundschaftliches Verhältnis zu ihm Aufbauen.“

Sie besprachen noch ein paar Einzelheiten, Amber erzählte von der Schule und alles was ihr aufgefallen war. Dann unterhielten sie sich noch ein bisschen über die Familie, dann verabschiedete sich Alex von ihr. „Okay, so machen wir das!“ Er sah auf die Uhr. „Ich muss los, Sophia wartet.“

„Grüß sie von mir okay?“

„Natürlich.“ Er nahm sie noch einmal in den Arm und verschwand dann in der Menge.

Amber sah ihm nach und steckte sich dann die letzten paar Pommes in den Mund. Plötzlich ließ sich jemand neben ihr nieder und sie schreckte hoch und verschluckte sich, an den Pommes als sie Jay erkannte. Wild hustete sie und er saß einfach nur neben ihr und wartete ab. Irgendwann schob er ihr ihre Cola hin und sie trank einen Schluck. „Danke.“ Schniefte sie und wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. „Wofür? Ich habe doch nichts gemacht.“

„Stimmt, Sie hätten mir wenigstens ein bisschen auf den Rücken schlagen sollen!“ Beschwerte sie sich.

„Ich sollte dir den Hintern versohlen!“

 Amber starrte ihn an und Jay wurde sich plötzlich seiner unbedachten Worte bewusst. „Wer war der Mann mit dem du dich hier getroffen hast?“ Wollte er dann wissen.

„Niemand.“ Amber wollte aufstehen, doch Jay zog sie wieder zurück auf den Stuhl. „Du wirst hier schön sitzen bleiben, bis du mir alles erzählt hast.“

„Ich bin Ihnen keine Rechenschaft schuldig!“

„Jetzt hörst du mir mal ganz genau zu! Ich bin dein Lehrer und…“

„Ich weiß wer Sie sind! Und das gibt Ihnen noch lange nicht das Recht so tun als wären Sie mein Vater!“ Unterbrach sie ihn unwirsch und rutschte ein Stückchen von ihm weg. Was eigentlich gar keinen Sinn machte und sie leider nur als ein trotziges kleines Schulmädchen darstellte, aber das war ihr im Moment egal.

„Ich habe langsam den Verdacht, dass du…“

„Ich stehe nicht auf ältere Männer! Das können Sie sich abschminken, Alex ist ein Bekannter von mir.“

Jetzt war es an Jay sie betroffen anzusehen. „Du hast hier Bekannte? Das wusste ich nicht.“ Gab er zu.

„Ja, ich weiß, Sie wissen gar nichts von mir. Das war Alex Moore, er ist der Enkel von einer Nachbarin.“

„Und deshalb lässt du dich von ihm küssen und umarmen?“

„Ich kenne ihn.“ Amber sah ihn an und merkte auf einmal, dass es ihn anscheinend störte, wenn sie mit anderen Männern „flirtete“.  „Sie brauchen nicht eifersüchtig zu sein. Ich stehe nicht auf Alex.“ Sagte sie und grinste dann. „Er ist frisch verheiratet und liebt seine Frau abgöttisch.“

„Wieso sollte ich dir glauben? Bisher war nicht viel von dir Glaubwürdig.“

„Es tut mir leid.“ Gab sie niedergeschlagen zu. „Ich bin zu weit gegangen. Ich dachte, dass steigert mein Image, wenn ich…“ Sie stockte kurz und sah ihn dann an. In ihr spann sich eine Geschichte zusammen und es tat ihr jetzt schon leid, dass sie ihn so belügen musste. „Wissen Sie in meiner alten Schule bin ich nicht so beliebt und hier habe ich die Möglichkeit endlich jemand anderes, jemand besonderes zu sein.“ Sie strich sich durch die Haare. „Die sind nicht echt und die Klamotten die ich trage hat ein Stylist für mich ausgesucht. Meine Eltern haben zwar Geld, aber mit Geschmack sind wir nicht gesegnet.“

„Es ist doch nicht wichtig, wie du aussiehst, dein inneres zählt.“ Jetzt klang er beinahe sanft und Amber bekam ein schlechtes Gewissen, ihn so zu belügen. „Dann sagen Sie das mal den Schülern da draußen, der Druck der auf einem lastet ist unendlich hoch. Meine Eltern wollen immer das ich die Beste bin, also wurde ich eine Streberin und meine Klassenkameraden konnten mich nicht ausstehen. Manchmal wünschte ich es würde etwas geben um meine Gedanken und Gefühle auszuschalten! Kennen Sie das Gefühl?“ Amber wollte nicht so mit Jay spielen, aber sie musste einfach wissen ob er ihr vielleicht einen Ausweg bieten konnte. Sie hoffte aber, dass er ihr keine Drogen andrehen würde.

„Nein.“ Sagte er schlicht. „Thea, du bist ein hübsches Mädchen und allem Anschein nach auch noch intelligent. Wieso willst du jemand sein, der du nicht bist?“

„Sie kennen mich gar nicht! Also tun Sie nicht so, als ob Sie mich verstehen können.“ Er fand sie hübsch?

„Thea!“ Versuchte er es erneut aber Amber blockte ab. Er würde ihr keine Drogen anbieten und deswegen konnte sie dieses Lügengespräch auch ruhig beenden. „Ist schon okay, können Sie mich bitte nach Hause bringen? Ich verspreche auch, dass ich Sie nicht mehr anmachen werde.“ Sie stand auf und ihm blieb nichts anderes übrig, als es ihr gleichzutun.

 

 

 

Kapitel 6

 

Jay betrat an diesem Abend das Haus der Browns mit gemischten Gefühlen. Eigentlich hatte er sich bei ihnen immer wohlgefühlt, seit sie vor einem halben Jahr in das Haus gezogen waren hatten sie ihn schon öfter zum Essen eingeladen. Heather meinte, da er ein Mann war könne er nicht kochen, obwohl er ihr immer wieder versuchte zu erklären, dass er sehr wohl kochte und das eigentlich auch ziemlich gerne. Aber er wollte sich nicht beschweren, an die Kochkünste von Heather kam er lange nicht dran und er genoss es auch sich ab und an mal bekochen zu lassen.

Aber heute war es etwas anderes, Thea war hier. Zwar hatte sie ihm versprochen, ihn nicht mehr anzumachen, trotzdem fühlte er sich nicht ganz wohl. Er klopfte sanft an den Türrahmen und Heather, die am Herd stand drehte sich um. Als sie ihn erblickte grinste sie ihn fröhlich an. „Jay, schön dass du da bist.“ Sie nahm die Blumen, die er ihr mit einem Grinsen hinhielt freudestrahlend entgegen. „Ich habe dir doch gesagt, dass du mir keine Blumen mitbringen sollst.“

„Und mir entgehen lassen wie du dich darüber freust? Niemals.“ Er hängte seine Lederjacke über einen Küchenstuhl und sah sie auffordernd an. „Also? Salat schneiden?“ Fragte er und blickte sich suchend um. Eigentlich stand schon immer alles für ihn bereit.

„Nein, heute hat Thea mir geholfen.“ Sie drehten sich beide zur Tür in der besagte Thea stand und die beiden beobachtete. Jay nickte ihr kurz zu und sie erwiderte es. „Guten Abend Mr. Stone.“ Sagte sie und ging zum Schrank um Gläser herauszuholen.

„Nein, Thea, nimm bitte die schönen, für besondere Anlässe, die stehen oben im Schrank. Ich hole eine Vase für die schönen Blumen. Bin sofort wieder da.“

Amber sah in den Schrank und entdeckte besagte Gläser im obersten Fach, sie stellte sich auf die Zehenspitzen und versuchte dranzukommen, zu Hause wäre sie jetzt einfach auf die Arbeitsplatte geklettert, doch hier konnte sie es wohl kaum machen. Sie drehte sich um und wollte sich einen Stuhl holen, doch plötzlich stand Jay direkt hinter ihr. Sie wich an die Küche zurück und stieß mit dem Po an die Arbeitsplatte. „Ich helfe dir eben.“ Meinte er und streckte sich um an die Gläser zu kommen. Er stand so dicht vor ihr und Amber schluckte, sie konnte ihn riechen, er roch einfach köstlich ihr gefiel sein Aftershave. Um nicht auf seine Brust zu starren sah sie hoch, was sich aber auch nicht als ungefährlicher erwies, denn er sah jetzt direkt runter auf sie. „Kannst du die beiden eben nehmen?“ Er hielt ihr zwei Gläser hin und sie nahm sie, dann war alles ganz schnell vorbei, er drehte sich weg und stellte zwei andere Gläser auf die Arbeitsplatte. Amber sah ihn an und er sie. Niemand sagte etwas, doch das war auch nicht nötig, sie sah, dass ihre Nähe ihn ebenfalls aus der Ruhe brachte. „Ist David noch nicht hier?“ Heather kam mit einer Vase herein, stellte sich an die Spüle und ließ Wasser hineinlaufen. „Nein.“ Antworteten sie Unisono und Heather kicherte. „Er kommt sicher gleich. „Kommt Kinder, setzten wir uns doch solange ins Wohnzimmer, der Braten braucht ja auch noch ein paar Minuten.“ Beide folgten ihr schweigend, Amber schnappte sich schnell noch die Gläser und platzierte sie auf dem Esstisch.

„Wie stellt unsere Thea sich denn im Unterricht an? Bist du ihr Lehrer?“ Hörte sie Heather Jay fragen und dieser wand sich auf dem Sofa. „Ja ich bin ihr Lehrer in Naturwissenschaften. „Ah, welche Fächer? Biologie?“

Jay nickte. „Und Chemie und Physik. Und morgen haben wir Sport.“

„Bist du eigentlich sportlich Thea?“ Wollte Heather nun von ihr wissen.

„Ich liebe Sport. Ich jogge regelmäßig und tanze für mein Leben gern, ich muss nur Lateinamerikanische Musik hören und schon schwinge ich die Hüften.“ Erzählte sie begeistert und ihr Augen leuchteten. Dann wurde ihr bewusst was sie gesagt hatte und sah zu Boden. „Du brauchst dich doch nicht zu schämen, als ich Jung war habe ich es auch geliebt zu tanzen. Was ist mit dir Jay?“

Jay lachte und hob beide Hände. „Ne, danke.“ Meinte er nur und bevor Heather tiefer bohren konnte betrat David das Haus. „Entschuldigt bitte die Verspätung. Die Arbeit…“ Er zuckte mit den Achseln. „Kann ich mich noch schnell frisch machen?“ Heather nickte und nahm den Kuss von David entgegen, dann reichte er Jay die Hand und gab auch Thea einen Kuss auf die Wange. „Wie war die Schule?“ Fragte er.

„Gut.“ Sagte Thea ausweichend und im selben Moment sagte Jay „Anstrengend.“ David lachte und ging nach oben. „Ich komme sofort.“ Entschuldigte Heather sich und ging in die Küche. Amber sah zu Jay, der ihr gegenüber auf dem Sessel saß. „Welches Fach unterrichten Sie am liebsten?“ Fragte sie um die Stille zu füllen die sich zwischen ihnen ausbreitete.

„Sport macht mir am meisten Spaß, am liebsten trainiere ich meine Jungs, aber auch Chemie mag ich. Welche Fächer magst du denn am liebsten? Naturwissenschaften sind es wohl eher nicht?“ Er grinste sie entwaffnend an.

Amber lachte, „Nein. Ich liebe Mathe.“

„Mathe?“ Mit gespieltem entsetzten sah er sie an. „Die meisten Mädels die ich kenne hassen Mathe. Und ich kenne eine Menge.“

Amber zuckte mit den Schultern. „Ich konnte einfach schon immer mit zahlen.“

„Ich muss zugeben, dass Mathe damals, vor ein paar Jahrzehnten als ich noch zur Schule ging,“ Er grinste. „nicht meine Stärke war.“

„Sie können nicht rechnen?“

„Das habe ich nicht gesagt, ich mochte es einfach nur nicht so gerne. Ich beherrsche aber die Grundlagen, und Vertretungsunterricht könnte ich auch geben.“

„Mr. Stone?“ Amber sah zu Jay und dieser sah sie an. „In der Schule…“

„Thea, Jay.“ Heather schielte um die Ecke. „Könnten wir das zu Hause nicht lassen?“

Amber sah sie fragend an. „Was denn?“

„Na dieses Mr. Stone Gerede. Wir sind doch Nachbarn und außerdem Freunde. Thea Siezt mich auch nicht und ich bin 36 Jahre älter als sie, und keine zehn!“

Amber sah zu Jay. „Ich habe ihr das nicht vorgeschlagen, ich habe keine Probleme damit Sie Mr. Stone zu nennen.“ Nicht das er noch dachte, dass sie das abgesprochen hatte, ihn mit Vornamen anzureden und ihm so näher zu kommen. „Ist schon okay, ich finde es auch anstrengend hier und in der Schule Mr. Stone zu sein. Du kannst mich Jay nennen.“ Er sah sie an. „Aber ich der Schule darfst du mich nicht beim Vornamen nennen ist das…“

Amber nickte. „Ja ich weiß. Natürlich nicht.“

David kam die Treppe herunter und ließ sich erleichtert in das Sofa fallen. „Anstrengender Tag.“ Murmelte er. „So jetzt erzählt mal, was war gut und was war anstrengend?“ Wollte er grinsend wissen. „Die Mädels wieder?“ Fragte er an Jay gewandt. Amber sprang von ihrem Sofa auf. „Ich gehe Heather helfen.“ Erklärte sie und verschwand in der Küche.

Das Essen verlief harmonisch und schmeckte phantastisch. Amber genoss die letzten Löffel ihrer Nachspeise und lehnte sich dann satt in den Stuhl. „Was hält ihr von einem Spaziergang?“ Wollte Heather wissen. Ambers Alarmglocken fingen an zu schrillen und sie schüttelte den Kopf. „Geht ihr nur, ich werde hier aufräumen.“

„Ich sollte nach Hause gehen.“ Sagte Jay.

„Ach quatsch, ich wollte dich damit nicht rausschmeißen.“

„Keine Sorge, auf meinem Schreibtisch stapelt sich noch genug Arbeit für den Rest des Abends. Geht ihr beide nur spazieren.“

„Ja, Jay hat Recht.“

Jay sah zu Amber. Es war das erste Mal, dass Sie ihn Jay nannte und es fühlte sich einfach nur gut an. Er musste schnellstens hier raus. Kurze Zeit später verabschiedeten sich Heather und David und Jay hatte es nicht mal mitbekommen, so sehr war er in Gedanken versunken gewesen, es wurde höchste Zeit, dass er sich ebenfalls verabschiedete. Er warf einen Blick um die Ecke und sah wie Thea die Geschirrspülmaschine einräumte. Er lehnte sich lässig an die Wand und sah ihr zu. Irgendwann bemerkte sie ihn und sah auf. „Von zugucken wird es nicht sauber.“ Meinte sie und grinste ihn an Jay erwiderte das Lächeln. „Ich wollte eigentlich los.“ Thea richtete sich auf und strich sich eine Haarsträhne nach hinten. „Ich weiß, dass hast du schon vor fünf Minuten gesagt.“ Sie warf einen Blick auf die Uhr an der Wand und dann wieder zu ihm. Sie ging lässig an ihm vorbei und holte das restliche Geschirr, dass noch auf dem Tisch stand. Jay bewunderte ihren Gang und ihre Kurven. Abrupt drehte er sich weg. „Also ist es okay, wenn ich jetzt gehe?“

„Aber sicher.“ Thea grinste ihn an. „Soll ich dich noch zu Tür begleiten oder findest du selbst heraus?“

„Ich finde schon raus. Bis morgen dann, soll ich dich wieder mitnehmen?“

„Gerne, dann muss Heather mich nicht extra bringen.“

„Hast du nach der Schule noch Training?“ Amber nickte. „Gut ich auch, dann kann ich dich auch wieder nach Hause bringen.“

„Bald bekomme ich ein eigenes Auto, dann musst du mich nicht immer mitnehmen.“

„Das macht mir nichts aus.“

„Aber es würde irgendwann mal anderen auffallen und dann würde es Gerede geben und ich will wirklich nicht, dass du wegen mir deinen Job verlierst.“

Er sah ihr in die Augen, die so viel ernster wirkten als er es je bei einem 17-jährigen Mädchen gesehen hatte. Überhaupt wirkte sie im Privaten ganz anders als in der Schule, sie wollte wohl wirklich einfach nur zu den beliebten gehören, dafür hatte sie es sogar auf sich genommen und war nach Amerika gekommen. „Okay, bis morgen dann.“ Er musste hier raus, bevor er sich vergas. Als er über den Rasen zu seinem Haus ging dachte er noch mal an die Situation in der Küche zurück als sie so dicht an ihm stand. Und als er runtergesehen hatte… er musste unbedingt auf andere Gedanken kommen, nachdem er kalt geduscht hatte.

 

Die erste Hälfte des Schultages ging relativ schnell vorbei, und während des Mittagessens plauderte Amber mit Tess und Madison, dann kamen Zane und Shawn. „Wie lange seid ihr eigentlich schon ein Paar?“ Wollte Amber plötzlich von Tess wissen. „Ach schon eine halbe Ewigkeit.“ Gab sie grinsend zu. „Seit der Junior High oder?“ fragte sie Shawn und dieser nickte. „Und Madison, wie sieht es bei dir aus? Jemanden im Blick?“ Amber sah sie mit einem lächeln auf den Lippen an. „Nein, ich bin Single.“

„Zane!“

„Willst du einen Freund Thea? Ich bin bereit! Ich hätte nichts gegen ein hübsches Mädchen an meiner Seite.“

„Rede doch keinen Unsinn. Vielleicht habe ich ja einen Freund zu Hause?“

„Hast du?“ Zane sah sie erschrocken an und Amber schüttelte den Kopf. „Aber ich will auch ehrlich gesagt keinen Freund.“

„Nicht? Also habe ich keine Chance?“ Zane griff sich an die Brust. „Du verletzt mich, vor allem meinen Stolz.“

Amber lachte. „Zane! Ich mag dich. Du bist cool, aber ich glaube nicht, dass wir zusammenpassen.“

„Bist du dir ganz sicher?“ Es klingelte und jetzt hatten sie mal wieder Naturwissenschaften und Amber musste mit den Jungs zum Unterricht. Sie verabschiedeten sich von Tess und Madison und machten sich zu dritt auf den Weg. „Ja ich bin mir sicher.“ Nahm sie das Thema wieder auf. „Aber ich wüsste da jemanden für dich.“ Zane legte seinen Arm um ihre Schulter und führte sie in die Klasse zu ihrem Stuhl. „Ich bin ganz Ohr. Ist sie heiß? Steht sie auf mich?“ Er setzte sich auf ihren Tisch während Shawn zu seinem Platz in der letzten Reihe ging. „Klar steht sie auf dich! Ich frage mich warum du so blind bist und es nicht merkst, schließlich bin ich erst ein paar Tage hier und mir ist es sofort aufgefallen.“

Jay kam in die Klasse und forderte die Schüler auf sich auf ihre Plätze zu setzen. „Den Namen!“ Bettelte Zane und Amber grinste. „Biiittee!“ Zane stand auf und machte sich auf den Weg zu seinem Platz, rückwärts. Ambers grinsen wurde breiter. „Madison.“ Sagte sie nur und Zane machte große Augen und setzte sich auf seinen Stuhl. „Wirklich?“ Flüsterte er und Amber nickte, dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit nach vorne und sah wie Jay sie anfunkelte. Er sagte aber nichts. Amber sah ihn um Entschuldigung bittend an und er wandte den Blick von ihr, dann fing er mit dem Unterricht an.

Nach dem Unterricht löcherte Zane sie mit Fragen und sie beantwortete sie alle Seelenruhig. Auch Shawn bestätigte ihre Vermutung, was Madisons Gefühle anging. „In letzter Zeit war sie schon ein bisschen komisch, wenn du dabei warst.“ Meinte er und haute Zane auf die Schulter. „Bist du zu blöd sowas zu merken? Ich dachte du stehst nicht auf sie.“

„Ich dachte sie steht auf ältere.“ Verteidigte sich dieser schließlich hat sie Stone angebaggert. „Das hat sie wahrscheinlich nur gemacht, weil sie dich eifersüchtig machen wollte.“

„Ich frage sie nach der Schule nach einem Date.“

„Mach das, ich muss jetzt zum Sport. Muss ich da in die Sporthalle?“

Die Jungs nickten und sie verabschiedeten sich. Beim Sport teilte Jay die Schüler in vier Mannschaften und sie spielten gegeneinander Volleyball. Nach dem Sport war Cheerleader Training angesagt und Amber lief in Sportklamotten nach draußen, wo die anderen Cheerleader sich schon versammelt hatten und sich dehnten. Auch die Jungs waren auf ihrem Platz und Amber winkte ihnen fröhlich zu. Das Training war hart. Amber musste schnell die Choreo lernen, da die Jungs übermorgen ein Spiel hatten bei dem sie ihren ersten Auftritt als Cheerleaderin hatte. Und der Sieg der Jungs bestimmte ja auch darüber, ob die im Team bleiben durfte. Sie Trainierten genauso lange wie die Jungs und als Tess endlich verkündete, dass sie duschen durften war Amber richtiggehend erleichtert.

Sie kam viel zu spät zum Auto von Jay, er saß drin und las in einem Buch. Vorsichtig klopfte sie an die Scheibe und öffnete dann die Tür. „Hi, Sorry für die Verspätung.“ Entschuldigte sie sich. „Kein Problem, ihr habt heute lange trainiert. Und Mädchen brauchen für gewöhnlich immer etwas länger als Jungs.“

„Ich habe mich nicht geschminkt und meine Haare sind auch noch feucht!“ Sie klappte die Sonnenblende herunter und sah sich im Spiegel an. Doch plötzlich war ihr Spiegelbild weg, fragend sah sie zu Jay der sich auf die Straße konzentrierte. „Hör auf dich im Spiegel anzugucken, du siehst gut genug aus!“

„Wirklich? Du findest das ich gut aussehe?“

„Die halbe Schülerschaft findet das! Warum braucht ihr Mädels nur immer Bestätigung?“ 

Wollte er wissen und Amber zuckte mit den Schultern. Mir würde es schon reichen, wenn du es mir sagst. Dachte sie und lehnte sich bequem in ihren Sitz zurück. Den Rest der Fahrt verbrachten sie in einvernehmlichen Schweigen.

 

 

Kapitel 7

 

Die nächsten Tage vergingen wie im Flug. Amber versuchte Ohren und Augen in der Schule offen zu halten, aber ihr fiel nichts Ungewöhnliches auf. Der Unterricht verlief ohne weitere Zwischenfälle und auch in Naturwissenschaften lief alles ganz gewöhnlich ab. Amber machte keine Bemerkungen und störte auch den Unterricht nicht mehr. Ihre Freizeit verbrachte sie mit Cheerleader Training und einen Nachmittag war sie mit den Mädels shoppen und anschließend trafen sie sich mit den anderen Teammitgliedern um gemeinsam ein Eis zu Essen.

Dann war Freitag und ihr erster großer Auftritt stand bevor. Sie hatte die Choreo drauf und auch die Anfeuerungsrufe beherrschte sie. Jetzt mussten die Jungs nur noch gewinnen und sie war im Team. Amber stand in ihrer schwarz/weißen Uniform am Spielfeldrand und feuerte die Jungs wild an, die ganze Atmosphäre begeisterte sie. Es war ganz anders als auf ihrer alten Schule, hier arbeiteten die Jungs und Mädels zusammen, sie respektierten sich gegenseitig und mochten sich. Terry war es damals egal ob ihre Mannschaft verlor oder gewann, sie wollte einzig und allein im Mittelpunkt stehen und ihr Verhalten übertrug sich auf die Mädels. Nach der ersten Spielhälfte lagen ihre Jungs knapp in Führung und die Mädels bejubelten sie, als sie an ihnen vorbei in die Umkleide liefen. „Ich gewinne für dich!“ Rief Zane und warf ihr eine Kusshand zu. Dann stürmte er auf Madison zu und küsste sie vor der gesamten Schule. „Jetzt wissen es alle.“ Rief er und rannte seinen Kameraden hinterher. Madison strahlte Amber an. „Danke Thea.“ Aber Amber winkte ab. „Ich konnte doch nicht dabei zusehen, wie du dich nach ihm verzerrst. Und an mir würde er sich die Zähne ausbeißen.“

„Wieso willst du denn keinen Freund?“ Wollte Madison nun wissen und Tess erklärte: „Überleg doch mal, Thea kommt aus Deutschland und irgendwann will sie ja wohl auch zurück. Dann kann sie es nicht gebrauchen sich hier in jemanden zu verlieben.“

„Oh, so hatte ich es ja noch gar nicht gesehen.“ Gab Madison zu. „Aber ein harmloser Flirt wird ja wohl drin sein oder?“ Amber lachte und nickte. „Abgeneigt bin ich nicht, aber nichts Ernstes.“ Sie drehte sich um, um einen Schluck aus ihrer Wasserflasche zu trinken und sah in kurzer Entfernung Jay stehen, er müsste jedes Wort, dass sie gewechselt haben verstanden haben!

Er kam auf sie zu. „David war gerade hier.“ Erklärte er. „Heather geht es nicht so gut, sie klagt über Kopfschmerzen und sind nach Hause gefahren. Ich soll dich nach Hause bringen.“

„Ist es Schlimm?“ Wollte Amber besorgt wissen. Heather war ihr in dieser knappen Woche die sie sie kannte sehr ans Herz gewachsen.

„Nein, sie konnte nur das Gebrüll nicht mehr hören, du musst dir keine Sorgen machen.“

Amber lächelte und die Besorgnis wich aus ihrem Blick.

„Kommen Sie auch zur Siegerparty?“ Wollte Madison grinsend wissen. „Denn nach diesem Spiel, gehört Thea offiziell zu unserem Team und das wird gefeiert.“

„Ich hatte nicht vor zu einer Party zu fahren.“

„Spielverderber!“ Rief Tess gutgelaunt und legte ihre Arme um Ambers Schultern. „Dann bringen wir Thea nach Hause. Nach der Party!“

„Sicher?“

„Aber natürlich! Wir hupen sogar dreimal, dann wissen Sie, dass sie heil und Gesund zu Hause angekommen ist.“ Ein Schalkhaftes Grinsen umspielte Tess Lippen und Jay lachte. „Das wird der Nachbarschaft glaube ich nicht gefallen.“

„Ist mir doch egal, Hauptsache ist doch, dass Sie ruhig schlafen können.“

Jay reagierte nicht auf ihre Anspielung und verabschiedete sich, dann joggte er zu den Umkleiden um seine Jungs anzufeuern.

„Party?“ Wollte Amber grinsend wissen.

„Ja, bei Xander. Seine Eltern sind Stinkreich und lassen ihn ständig Partys schmeißen, ihnen ist eigentlich alles egal.“ Erklärte Madison und grinste fröhlich. Die Mädels unterhielten sich noch kurz, dann kamen die Jungs wieder und das Spiel ging weiter.

Kurz vor Schlusspfiff versenkte Zane einen drei-Punkte-Wurf und die Newman Highschool gewann mit sechs Punkten Vorsprung das Match. Mit dem Schlusspfiff liefen Schüler, Eltern und Freunde auf das Spielfeld und beglückwünschten die Spieler. Amber sah wie Jay sich einige Meter entfernt das Schauspiel ansah, er sah glücklich aus. Doch plötzlich wurde Amber hochgerissen und beinahe von Zane zerdrückt. „Das habe ich doch gerne gemacht!“ Er strahlte sie an und Amber grinste. „Vielen Dank.“ Dann drückte sie ihm einen Kuss auf die Wange.

 

Eine Stunde später saß sie neben Tess in Shawns Pick Up und fuhr mit den beiden zu Xanders Party. „Wirst du trinken?“ Fragte Amber Shawn und dieser Schüttelte den Kopf. „Nein.“ War seine knappe Antwort und Amber sah ihn fragend an. Er spürte ihren fragenden Blick und er erklärte: „Der Freund meines Bruders, war auf einer Party, und hat getrunken. Er hat sich hinters Steuer gesetzt. Er hat eine rote Ampel übersehen. Es gab tote.“ Es herrschte Schweigen nach dieser kurzen aber heftigen Ansage. „Ich fahre nie, wenn ich etwas getrunken habe.“ Schloss er nach einer Weile. Amber wusste nicht was sie sagen sollte und schwieg. Noch vor einer Woche hätte sie niemals gedacht, dass hinter diesem gutaussehenden, selbstbewussten und vor allem Lebenslustigen jungen Mann so ein Charakter steckte. Selbst die Beziehung zu Tess war anders als alle anderen Beziehungen, die sie in der Highschool erlebt und gesehen hatte. Die beiden erinnerten sie vielmehr an Alex und Sophia. Sie kamen bei Xanders Haus an und so wurde sie in ihren Grübeleien unterbrochen. Sie stiegen aus und gingen ins Haus in der sie dröhnende Musik empfing. Einige Schüler tanzten und andere standen herum und unterhielten sich. Sie entdeckte Zane und Madison, die knutschend in einer Ecke standen. Sie verbrachte einige Zeit mit Shawn und Tess wurde aber bald von ihnen getrennt. Sie beschloss ein wenig nach draußen an die frische Luft zu gehen und setzte sich dort auf einen Stuhl. Sie zog sich ihre High Heels aus und streckte ihre Beine von sich. Sie blieb nicht lange unentdeckt und schon bald war sie mit einigen Mitschülern in Gespräche verwickelt.  Die Party verlief recht harmonisch, es gab keine Prügeleien, zwar war der ein oder andere ein bisschen betrunken, aber nichts wildes und Drogen hatte sie auch keine gesehen. Sie tanzte mit Xander und dann mit einem Rick und irgendwann konnte sie einfach nicht mehr und ließ sich auf das Sofa fallen. Wenig später erschienen Shawn, Tess Madison und Zane und setzten sich zu ihr. „Na bin ich jetzt im Team?“ Grinste sie in die Runde.

„Noch nicht ganz.“

„Wie bitte? Ich war gut und die Jungs haben gewonnen. Das war die Abmachung.“

„Ja, da hast du Recht. Aber die Jungs hatten da so eine Idee und…“ Tess sprach nicht weiter und sah zu Shawn.

„Du musst erst einmal eine Mutprobe bestehen.“ Meinte dieser lachend und rieb sich genüsslich die Hände.

„Eine Mutprobe? Wie alt sind wir? Zwölf?“

„Mach dich nicht lächerlich! Mutproben machen Spaß und die Jungs haben nun mal Lust darauf.“ Tess grinste sie zufrieden an. „Und ich ehrlich gesagt auch.“

„Du führst doch etwas im Schilde!“ Amber sah Tess misstrauisch an, doch diese grinste nur vergnügt vor sich hin. „Kann schon sein! Ich glaube die Mutprobe wird allen gefallen.“ Sie setzte ein verschwörerisches Grinsen auf.

„Aber ich muss jetzt nicht irgendwo nackt in einen Pool springen!“

„Gute Idee!“ Zane und Shawn nickten begeistert doch Tess schüttelte ganz zu Ambers Erleichterung den Kopf. „Ich muss mich also nicht ausziehen?“ Erneut schüttelte sie den Kopf. „Und auch sonst werde ich mich nicht vor gesammelter Menge bloßstellen.“

„Nein. Es wäre sogar besser, wenn dich niemand sieht.“ Meinte sie und jetzt rieb sie sich genüsslich die Hände. „Jetzt spuck es schon aus.“ Entfuhr es Amber und Tess sah sie an. „Thea, Thea! Du kennst wohl die Regeln nicht?“ Verwirrt sah Amber sie an. „Was denn bitteschön für Regeln? Ihr sagt mir was ich machen muss, ich mache es und fertig. Bestanden.“

Ihre Freunde lachten. „Bei uns läuft es ein bisschen anders.“ Erklärte Madison. „Wir sagen dir Zeit und Ort und du tauchst dort auf. Dann erst erfährst du, was du machen musst.“

Amber zuckte mit den Schultern. „Wenn ihr meint. Wann und wo?“

„Morgen Abend um Mitternacht. Wir warten im Auto vor deinem zu Hause.“

Das Thema war beendet und dann verstreuten die Freunde sich wieder. Irgendwann gegen drei Uhr nachts kam Tess sie abholen, sie wollten jetzt nach Hause fahren. Während der Fahrt wurde nicht viel gesprochen, da alle Müde waren und es war zu Glück auch nicht weit bis zu Amber. Als Shawn sein Wagen am Straßenrand parkte wurde Tess plötzlich wieder lebendig und drückte dreimal auf die Hupe. „Spinnst du?“ Fuhr Shawn sie an doch Tess grinste nur. „Das war abgemacht, jetzt weiß Stone, dass Thea sicher zu Hause ist und er kann ruhig schlafen.“

Fragend sah Shawn seine Freundin an und Amber öffnete die Tür. Das konnte Tess ihm auch ohne ihr Beisein erklären. Sie verabschiedete sich und lief den kurzen weg über die Straße und auf die Terrasse. Sie schloss die Tür auf und schlich leise in ihr Zimmer, knipste das Licht an, zog sich bis auf die Unterwäsche aus und schmiss sich aufs Bett. Ihr war alles egal, sie wollte nur noch schlafen. Das, das Licht noch an war merkte sie gar nicht.

 

Er hörte ein Auto hupen, drei Mal. Das musste Thea sein, die jetzt endlich Heim kam. Er sah auf sein Handy, es war jetzt beinahe halb vier und bis jetzt hatte er noch nicht schlafen können! Ständig wanderten seine Gedanken in verbotene Richtungen. Überall sah er Thea, Thea wie sie lachte, wie sie seine Jungs anfeuerte und über das ganze Gesicht strahlte, wie sie tanzte. Ob sie wohl auf der Party mit den Jungs tanzte? Fragte er sich und schalt sich einen Dummkopf, natürlich tanzte sie mit Jungen und sie flirtete auch mit ihnen. Nur nichts Ernstes meinte sie doch. Er musste das Mädchen endlich aus seinem Kopf bekommen! Wenn sie nur ein paar Jahre älter gewesen wäre, hätte er sie sofort um ein Date gebeten. Er hörte das zuschlagen einer Autotür und stand auf und ging zu seinem Fenster. Das Licht auf der Veranda der Browns war an und er sah wie Thea ins Haus ging. Kurze Zeit später ging in Licht in ihrem Zimmer - das wie er festgestellt hatte seinem genau gegenüber lag – an. Und noch ehe Jay weggucken konnte lag ihr Rock auf dem Boden und sie zog ihr Top aus, dann legte sie sich wie sie war ins Bett und schlief wohl Augenblicklich ein, denn das Licht war noch immer an. Er drehte sich wieder zu seinem Bett und sah auf die zerwühlte Decke am Fußende seines Bettes, er war noch nie ein Freund von Decken, er schlief viel lieber komplett ohne. Er legte sich wieder hin und zwang sich die Augen geschlossen zu lassen. Er hatte nur noch ein paar Stunden zu schlafen, denn er war mit seinen Freunden, die für das Wochenende aus Canada angereist waren zum Frühstück verabredet, anschließend wollten sie eine Kanutour machen und es würde ein anstrengender Tag werden. 

 

Amber schlief richtig aus und kam erst gegen zwölf Uhr Mittag in die Küche. Doch alles war still, dann sah sie einen Zettel auf dem Tresen liegen in dem Heather ihr erklärte, dass sie und David beide im Diner waren und erst nachmittags nach Hause kamen. Kurzentschlossen holte sie ihr Handy aus der Tasche und rief sich ein Taxi. Als es zwanzig Minuten später vor der Tür hielt eilte sie zur Tür raus, stieg ins Taxi und nannte ihm die Adresse von Alex Hotel. Dieser saß an der Bar als Amber das Hotel betrat, sie grinste und lief auf ihn zu. „Hey!“ rief sie aus und umarmte ihn stürmisch. Alex erwiderte ihre Umarmung und sie schmiegte sich einen Moment liebevoll an ihn. „Wie geht es dir?“ Wollte er wissen und hielt sie eine Armlänge von sich.

„Das Leben als Teenie ist ganz okay!“ Grinste sie spitzbübisch. „Ich habe hier alle meine Beobachtungen aufgeschrieben.“ Sie deutete auf ihre Tasche.

„Komm trink erst einmal was, dann gehen wir nach oben in mein Zimmer und sehen uns das mal an.“

 

Jay sah genüsslich auf sein Steak und freute sich schon auf das Mittagessen, die halbe Tour hatten sie schon gemeistert, jetzt aßen sie zu Mittag und dann würde es weitergehen. Gerade als er den ersten bissen nehmen wollte, die Gabel war schon auf halben weg zum Mund sah er Thea! Thea, wie sie in die Arme von diesem Mann flog, schon wieder ein Mann, der älter war. Doch als er genauer hinsah erkannte er diesen Alex wieder. Wieso trafen sie sich schon wieder? Und wieso waren sie so vertraut miteinander? „Jay? „Jaahhy!!“ Plötzlich drang die Stimme seines Freundes Ethan zu ihm durch und er sah fragend in seine Richtung. „Ja?“ Fragte er abwesend.

„Weißt du eigentlich, dass du ziemlich dämlich aussiehst?“

Jay legte die Gabel zur Seite und beobachtete wie Thea auf ihre Tasche deutete und sich dann zu diesem Alex an die Bar setzte. Trank sie jetzt etwa Alkohol? Mitten am Tag? Sie war noch Minderjährig! Er behielt nur mühsam seine Beherrschung bei, ballte unter dem Tisch seine Hand zur Faust, sodass es schon schmerzte.

„Was ist los mit dir?“ Wollte nun auch Stephan wissen und folgte seinem Blick. „Kennst du das Mädchen?“

„Sie ist eine Schülerin von mir.“

„Und was regt dich so auf?“ Fragend sahen seine Freunde von ihm zu Thea und wieder zurück.

„Sie trifft sich jetzt schon zum zweiten Mal mit diesem Typen.“

„Na und? Da ist doch nichts Verbotenes dran.“

„Sie ist Minderjährig und der Kerl ist mindestens 30 Jahre alt!“ Fuhr er seine Jungs an und diese sahen ihn erschrocken an.

„Nur weil sie sich treffen heißt das noch lange nicht, dass die eine Affäre haben.“ Versuchte Ethan ich zu beruhigen. „Jetzt iss dein Steak es wird kalt.“

„Mir ist der Appetit vergangen.“ Murrte Jay, steckte sich aber trotzdem die Gabel in den Mund. Das Fleisch schmeckte auf einmal zäh und dann lachte Thea auch noch über etwas, dass dieser Kerl zu ihr sagte. Wütend starrte er auf die beiden, und dann kurze Zeit später standen sie auf und gingen zu den Fahrstühlen, dabei hatte Alex seine Hand an ihren Rücken gelegt und führte sie als ob er befürchtete, dass sie gleich Reißaus nehmen würde. Er musste sie unbedingt aufhalten, er sprang von seinem Stuhl hoch, doch Ethan hielt ihn fest. „Jay, jetzt mach dich nicht lächerlich!“ Bat er, doch Jay riss sich los und schlängelte sich zwischen Tischen und Stühlen zu den Fahrstühlen, er sah wie sie einstiegen und sich die Türen schlossen, bevor er auch nur in die Nähe von ihnen kam. Kurzentschlossen wandte er sich zur Rezeption und wollte gerade den Mitarbeiter ansprechen als Ethan und Stephan kamen und ihn hinauszerrten. „Mach dich nicht unglücklich, jetzt lass die beiden ihren Spaß haben. Wenn dir das Mädchen was bedeutet, dann lässt du sie lieber in Ruhe oder sie wird dich hassen!“ Drangen die Worte seines Freundes an sein Ohr. Jay riss sich von ihm los und stürmte auf das Wasser zu riss sich sein T-Shirt vom Körper und schmiss sich in die Fluten, das Wasser war eiskalt, aber es erfüllte seinen Zweck und Jay reagierte sich langsam ab. Die Jungs hatten Recht, er würde sich nur zum Affen machen, wenn er Thea und diesem Alex die Polizei auf den Hals hetzte. Er schwamm zu Boje und wieder zurück, völlig aus der Puste kam er wieder zu seinen Kumpels und setzte sich neben ihnen in den Sand.

„Jetzt erzähl mal was es mit dieser Thea auf sich hat.“ Forderte Stephan und Jay konnte erzählte.

 

 

Kapitel 8

 

Amber saß auf ihrem Bett und starrte in die Dunkelheit. Mittlerweile war es kurz vor zwölf und die Browns schliefen schon. Leise stand sie auf und sah aus dem Fenster, alles schien still, sogar bei Jay war kein Licht mehr an. Ob er überhaupt zu Hause war? Amber nahm sich ihre Schuhe und schlich leise die Treppe runter und zur Tür. Sie lief auf die Straße und sah sofort den schwarzen Geländewagen von Shawn. Sie öffnete die hintere Tür und schlüpfte ins Auto. „Da bin ich, wo fahren wir hin?“ Sie sah in lauter grinsender Gesichter. „Ihr seid euch also einig, dass die blöde Mutprobe gut ist.“ Stellte sie nüchtern fest. Shawn grinste und hielt ihr ein kleines Glas hin. „Was ist das?“ Wollte sie misstrauisch wissen. „Ein bisschen was zum Mut antrinken.“ Er grinste. „Nein, danke. Dass habe ich nicht nötig.“

„Na los, es ist doch nur ein Schluck.“ Jetzt drängten auch die anderen sie zum Trinken. „Ihr vergiftet mich aber nicht?“ Amber sah misstrauisch in die Runde. „Ach wo! Das ist stinknormaler Tequila.“ Zane nahm Shawn das Glas aus der Hand und stürzte die Flüssigkeit herunter, dann gab er ihm das Glas zurück und dieser füllte es wieder auf. „Siehst du ich lebe noch.“

Amber nahm wiederwillig das Glas, Alkohol war noch nie ihr Ding, dann stürzte sie die brennende Flüssigkeit runter.  „Ich hasse Alkohol!“ Gab sie zu und schüttelte sich. „Und Shawn wehe du trinkst auch nur ein Schluck!“ Sie sah den Fahrer auffordernd an und dieser nickte. „Du weißt was ich von Alkohol am Steuer halte, das Zeug haben wir für dich mitgebracht.“

„Gut und jetzt fahr los. Ich will diese blöde Mutprobe hinter mich bringen!“

Tess und Madison kicherten los. „Wir sind schon da.“

„Wollt ihr mich veräppeln?“ Sie sah die Mädels neben sich fragend an. „Was hast du dir jetzt ausgedacht Tess?“

„Deine Mutprobe!“ Tess hob theatralisch ihre Stimme und machte dann eine Pause. „Du gehst in das Haus von Stone und klaust eine Boxershorts von ihm!“

Amber sah fassungslos ist das strahlende Gesicht von Tess. „Das ist doch nicht dein Ernst!“ Rief sie aus.

„Natürlich, was ist denn schon dabei? Der Mann schläft bestimmt schon, es ist schon fast halb eins.“

„Hast du dir mal überlegt, wo er seine Boxershorts aufbewahren könnte?“ Amber sah auffordernd in die Runde. „Sicher! Das ist ja das lustige dabei, du musst leise sein!“ Tess lachte und die anderen fielen in das Lachen ein. Amber fand diese Idee überhaupt nicht gut, sie konnte dich nicht bei ihrem Lehrer einbrechen, vor allem dann nicht, wenn er sogar zu Hause war und schlief! Sie warf Tess, wie sie hoffte noch einen missbilligenden Blick zu und öffnete die Autotür. „Warte,“ Amber drehte sich um, ein kleiner Hoffnungsschimmer, dass sie vielleicht doch nicht mehr ins Haus einbrechen musste machte sich in ihr breit, aber Tess hielt ihr grinsend eine Taschenlampe und eine schwarze Mütze hin. „Falls er wach wird.“ Amber schnaubte und nahm ihr die Mütze aus der Hand und während sie zum Nachbarhaus schlich stülpte sie die Mütze über. Leise schlich sie zur Hintertür, und sie hatte Glück, sie war nicht verschlossen. Schnell schlüpfte sie hinein und schloss leise die Tür hinter sich. Innerlich schalt sie sich, weil sie sich auf so ein blödes Spiel eingelassen hatte, aber jetzt war es zu spät und… plötzlich kam ihr eine Idee. Wenn sie schon hier war, konnte sie doch in sein Arbeitszimmer und nachgucken ob dort irgendwelches belastendes Material herumlag. Da dieses Haus vom Aufbau genauso wie das der Browns war wusste sie, dass unten ein Büro war und sie ging leise auf die Tür zu. Vorsichtig drückte sie die Klinke herunter, aber sie konnte sogar in der Dunkelheit erkennen, dass hier kein Büro war, denn ein Bett stand unter dem Fenster, es musste das Gästezimmer sein. Oben waren drei Schlafräume, sie vermutete, dass sein Schlafzimmer das größte war, also das von Heather und David. Leise schlich sie auf die Treppe zu und hoffte, dass die Treppe nicht knarzte. Sie hatte Glück und kam ohne ein laut im ersten Stock an, ihr Herz klopfte ihr bis zum Hals und ihre Hände fingen an zu zittern. Ja, sie war eindeutig verrückt! Sie drückte die erste Türklinke herunter. Bingo, dass Büro! Sie fischte ihr Handy aus der Gesäßtasche und schaltete die Taschenlampe ein, dann stahl sie sich zum Schreibtisch und Fotografierte jedes Blatt Papier, was ihr in die Finger kam. Jay schien sehr ordentlich zu sein, denn alles lag fein säuberlich auf seinem Platz. Selbst die Klausuren, die am Rande des Tisches lagen waren geordnet. Fehlte noch, dass er sie sogar alphabetisch korrigierte! Dachte sie in einem Anflug von Ironie. Sie sah sich noch mal schnell im Raum um, fotografierte alle Ecken, machte ein Video und verließ nach ein paar Minuten, etwas ruhiger das Büro. Sein Schlafzimmer müsste am Ende des Ganges liegen und so schlich Amber dorthin. Doch als sie die Tür öffnete, sah sie nur Sportgeräte, dass hier war also gar nicht sein Schlafzimmer, sondern sein Fitnessraum! Dann musste sein Schlafzimmer, dass sein, das sie von ihrem Fenster aus sehen konnte. Die Tür befand sich zu ihrer Rechten und vorsichtig drückte sie die Klinke runter. Ihr Blick fiel auf ein Bett und es lag sogar jemand darin. Also war Jay wirklich zu Hause und schlief. Amber atmete einmal tief durch und trat vorsichtig ins Zimmer, er hatte Teppich verlegt und dieser federte ihre Schritte ab. Ihr Blick wanderte durch den Raum auf der Suche nach dem Schrank oder einer Kommode wo er seine Unterwäsche haben könnte und sah dann, dass er sogar beides hatte. Sie entschied, dass es wahrscheinlicher war, dass er seine Unterwäsche in der Kommode lagerte und schlich auf Zehenspitzen dorthin. Ihr Blick glitt über seine schlafende Gestalt, er lag auf dem Rücken, die Decke lag neben ihm auf dem Boden und er hatte nichts als eine Boxershorts an. Schnell wendete sie den Blick von seinem Halbnackten Körper und versuchte sich auf ihre Mission zu konzentrieren. Sie öffnete die erste Schublade. Socken. Dann die darunter und wurde zum Glück fündig. Schnell schnappte sie sich die Boxershorts, die ganz oben lag doch plötzlich bewegte Jay sich, er murmelte etwas und Amber huschte schnell hinter den Schrank. Ihr Puls schnellte in die Höhe und sie hielt die Luft an, sie hörte es rascheln und dann war nach ein paar Sekunden wieder vollständige Ruhe. Erleichtert atmete sie aus und traute sich vorsichtig aus ihrem Versteck zu gucken. Jay saß jetzt auf dem Bett und starrte in die Dunkelheit. Amber wich wieder zurück und betete, dass er sie nicht gesehen hatte. Dann hörte sie wie er aufstand. Amber fluchte lautlos und fürchtete, dass er sie erwischt hatte. Fieberhaft suchte sie nach einer glaubhaften Erklärung und als sie dann die Boxershorts in ihrer Hand bemerkte, wusste sie, dass die glaubhafteste Erklärung wohl die Wahrheit wäre.

 

Jay schreckte hoch, und setzte sich im Bett auf. Ihn hatte es so was von erwischt, er konnte es nicht mehr leugnen, Thea ging ihm unter die Haut. Er träumte sogar schon von ihr! Er strich sich durchs Haar und stand dann auf um das Fenster zu öffnen, dann nahm er sich seine Wasserflasche und sah dann rüber in ihr Zimmer. Es war drüben Stockdunkel, wahrscheinlich schlief sie schon lange. Dachte er als er einen Blick auf seine Uhr warf. Sie hatten Vollmond und es schien genug Licht in sein Zimmer, dass er die Umrisse seiner Möbel sah. Dann stockte er, hatte er die Schublade an seiner Kommode aufgelassen? Er ließ doch nie irgendwelche Schränke oder Schubladen auf. Er ging zur Kommode und schloss sie, er beschloss sich mal genauer in seinem Zimmer umzusehen und wollte das Licht anmachen, aber dann sah er sie. Ihm rutschte beinahe das Herz in die Hose, er unterdrückte einen Fluch. Sie starrte ihn verunsichert an. „Was machst du hier?“ Wollte er schroff wissen, doch sie schwieg. Er ging auf sie zu und er merkte, wie sie die Luft anhielt, ihm aber direkt ins Gesicht sah. Jetzt wurde er sich erst richtig bewusst, dass er außer seinen Shorts nichts trug, doch das störte ihn nicht. „Was machst du in meinem Schlafzimmer?“ Wiederholte er die Frage. Diesmal legte er mehr Schärfe in seine Stimme und sah sie herausfordernd an. So ruhig kannte er sie gar nicht. „Du hast nichts zu sagen?“ Fragte er und ging auf sie zu er stand jetzt unmittelbar vor ihr und sah auf sie herab. „Was? Hast du Angst?“

„Nein.“ Kam ihre Antwort und ihre Stimme klang klar und fest, er zweifelte nicht daran, dass sie die Wahrheit sagte.

„Was machst du hier? Willst du mich verführen?“ Fragte er süffisant und konnte nicht wiederstehen ihre Haut zu berühren, sanft strich er mit dem Finger über ihre Wange. Sie erzitterte unter seiner Berührung und er nahm es mit Genugtuung auf. Hier war er nicht ihr Lehrer, hier war er einfach nur Jay. „So wie Alex heute Mittag?“ Erschrocken sah sie ihn an und schlängelte sich an ihm vorbei in die Mitte des Zimmers. „Spionierst du mir nach?“

Jay drehte sich zu ihr. „Ich habe in dem Hotel zu Mittag gegessen.“ Erklärte er. „Alex ja? Nur ein Bekannter, frisch verheiratet? So wie du ihm um den Hals gesprungen bist… Thea, Thea… stehst du etwa auf ältere Männer?“

„Nein.“ Kam wieder ihre einsilbige Antwort.

Er ging wieder auf sie zu und sie wich nicht zurück. Im Mondlicht konnte er ihre Augen funkeln sehen. Angriffslustig stand sie vor ihm, es schien als würde sie gleich explodieren aber sie sagte gar nichts. Sie starrte ihn nur an und er starrte zurück, dann fuhr sie sich mit der Zunge über ihre Lippen und um ihn war es geschehen. Er konnte nicht mehr denken, zog sie einfach an sich und drückte seine Lippen auf die ihren, die sich sofort einladend öffneten, er legte seine Arme um ihre Mitte und zog sie enger an sich, und spürte ihr Hände in seinem Nacken. Er wusste nicht, wie lange sie so engumschlungen dastanden und sich küssten doch irgendwann meldete sich sein Gewissen und er ließ sie ruckartig los. Er trat zwei Schritte zurück und sah sie an. Sie stand mitten im Zimmer und wirkte kein bisschen erschrocken von seinem Überfall. „Du solltest gehen, bevor ich mich vergesse!“ Brachte er heraus.

„Es tut mir leid.“ Sagte sie und sah auch wirklich so aus.

„Was tut dir leid? Du musst schon deutlicher werden?“ Meinte er abweisend. Er musste einfach erbarmungslos erscheinen, denn sonst würde er sie wieder küssen, da war er sich sicher. Doch sie sagte nichts. „Tut es dir vielleicht leid, dass du so eine…“ Noch bevor er die Beschimpfung aussprechen konnte hielt sie eine Boxershorts von ihm hoch und er verstummte. „Was…?“

„Eine Mutprobe, danach gehöre ich zum Team.“

„Du klaust meine Unterwäsche?“

Sie zuckte mit den Schultern und sah ihn um Verständnis bittend an. „Ich muss los, die anderen fragen sich sicher schon wo ich bin.“ Sie ging auf die Tür zu, doch er versperrte ihr den weg und stellte sich in den Türrahmen. Allerdings sagte er nichts, sah sie nur auffordernd an. „Bitte, das ist die Wahrheit, ich bin keine Diebin.“

„Keine Angst ich hatte nicht vor die Polizei zu rufen, doch heute Mittag da sah es ganz anders aus!“

„Zwischen mit und Alex läuft nichts, ich schwöre.“ Beteuerte sie und irgendwie glaubte er ihr das sogar. „Was hast du dann mit ihm zu schaffen?“

„Das ist meine Privatangelegenheit.“

Er zog die Augenbrauen hoch und verschränkte die Arme vor der Brust. „Und das hier ist nicht meine Privatangelegenheit?“ Er deutete mit dem Kopf auf ihre Hand die immer noch seine Boxershorts umschlungen hielt. „Ich brauche sie als Beweis, du kriegst sie wieder.“

„Du kannst sie behalten.“ Meinte er grinsend und hob den Arm. „Und grüß Shawn und Zane von mir.“

„Woher weißt du…“

„Wer sonst sollte so eine blöde Idee haben?“ Unterbrach er sie.

„Tess?“

„Ja stimmt, ihr kann man sowas auch zutrauen.“

Sie starrte ihn an, dann den Weg, den er freigemacht hatte und wieder ihn. „Ich darf gehen?“

„Ja.“

„Einfach so?“

„Ja.“

Thea schlüpfte an ihm vorbei und zur Treppe, dann sah sie noch mal zurück. „Danke.“ Flüsterte sie und lief die Treppe herunter, diesmal war es ihr egal ob sie krach machte. Jay ging ins Gegenüberliegende Zimmer und kurze Zeit später sah er, wie Thea auf den Pick Up von Shawn zulief, sie sah noch mal hoch zum Haus, doch er war sich sicher, dass sie ihn nicht sehen konnte.

 

„Wo warst du solange?“ Wurde sie aufgebracht begrüßt, doch Amber reagierte gar nicht darauf. Sie hielt die Boxershorts hoch und wedelte triumphierend damit vor den anderen herum. „Du hast sie?“ Tess sah sie sprachlos an. „Ich hätte nie gedacht, dass du den Arsch in der Hose haben würdest Stone unter der Nase seine Unterwäsche zu klauen.“ Amber lachte und es war ein befreiendes lachen, sie stand so unter Spannung und war froh, dass jetzt alles vorbei war. „Glaubt mir, ich mache das nie wieder.“

„Woher wissen wir, dass sie Stone gehört?“

„Wem denn sonst?“ Aufgebracht sah Amber zu Zane. „Unterstell mir bloß nichts, ich habe mir den Arsch aufgerissen euch diese blöden Boxershorts zu klauen, die gehört Stone. Frag ihn doch, wenn du mir nicht glaubst.“ Sie warf ihm die Shorts zu und Zane fing sie reflexartig auf und sofort wieder zurück. „Ich fasse doch nicht die Unterwäsche von anderen Kerlen an!“ Fuhr er sie aufgebracht an und die anderen fingen an zu lachen. Sie saßen noch eine Weile im Auto, Amber erzählte ihren Freunden wie ihre Suche nach der Unterwäsche gelaufen war, nur ließ sie mehr als die Hälfte aus, denn das hatte sie schließlich nicht zu interessieren.

Als Amber endlich in ihr Zimmer kam war es schon nach eins, sie ging schnell in ihr Bad und wusch sich, dann ging sie in Unterwäsche in ihr Zimmer zurück schaltete das Licht aus und öffnete das Fenster. Sie atmete einmal tief die kühle Nachtluft ein und dann wieder aus, ihr Blick wanderte zu Jays Fenster, er hatte sie geküsst. Und wie! Sie hasste es, dass sie ihn so belügen musste… Plötzlich sah sie ihn. „Na noch nicht Müde?“ Fragte er und Amber schüttelte erschrocken den Kopf. „Seit wann stehst du da?“

„Lange genug, wir sind jetzt auf jeden Fall quitt.“ Sie hörte sein Lachen aus seiner Stimme. „Wie meinst du das?“

„Du hast mich in Unterwäsche gesehen und ich dich.“ Sie sah sein Grinsen förmlich vor sich und konnte es nicht verhindern, dass sie rot anlief. Das war so ganz und gar nicht der Jay Stone den sie kannte. „Quitt? Wohl kaum, ich hatte das Licht an, bei dir war alles dunkel.“ Meinte sie dann mutig.

„Das können wir ändern.“

„Sie sind mein Lehrer!“ Noch bevor sie über ihre Worte nachgedacht hatte waren sie ihr schon entschlüpft.

„Ich weiß.“ Gab er dann zu und Amber wünschte sich, sein Gesicht zu sehen um darin zu lesen ob es ihn auch so deprimierte wie sie. „Du solltest jetzt schlafen gehen.“

„Ja, das sollte ich. Gute Nacht.“ Und bevor sie es sich noch anders überlegen konnte schloss sie das Fenster und ging ins Bett, doch an Schlaf war erst einmal nicht zu denken.

 

 

Kapitel 9

 

Es klopfte zaghaft an ihrer Tür und weckte Amber. „Thea? Bist du wach?“ Hörte sie Heathers Stimme vor ihrer Tür, ihr Blick wanderte auf die Uhr, es war erst halb neun und es war Sonntag! „Ja, kannst reinkommen.“ Rief sie durch die Tür und setzte sich im Bett auf. „Entschuldige, dass ich dich wecke, aber…“ Heather kam ins Zimmer und setzte sich zu ihr aufs Bett. „Heute ist Sonntag und wir gehen immer zum Gottesdienst. Begleitest du uns?“

„Gottesdienst?“ Wiederholte Amber verschlafen.

„Ja um halb elf. Danach gehen wir ins Diner zum Mittagessen.“

„Ist okay, ich bin dabei. Meine Eltern gehen auch sonntags in die Kirche, nur war ich schon seid Ewigkeiten nicht mehr mit.“

„Also glaubst du an Gott?“

„Ja, ich glaube an ihn.“

„Das ist schön!“ Heather lächelte erfreut. „Dann gehe ich jetzt das frühstück vorbereiten während du dich fertig machst.“

Heather verschwand und Amber stand auf und ging ins Bad, nachdem sie sich geduscht hatte beschloss sie sich heute nicht so stark wie sonst für die Schule zu schminken. Schließlich glaubte sich nicht, dass jemand aus der Schule ebenfalls am Gottesdienst teilnehmen würde. Und wenn doch, dann würde derjenige damit klarkommen müssen. Sie hatte einfach keine Lust sich jeden Tag so aufwendig zu schminken. Am liebsten würde sie komplett auf das ganze Zeug verzichten. Sie seufzte und machte sich an die Arbeit. Als sie im Bad fertig war ging sie in ihr Zimmer, ihr Blick fiel auf das Fenster und augenblicklich fragte sie sich, ob Jay wohl noch in seinem Zimmer war. Sie zog sich das Handtuch noch mal fester um den Körper und ging dann zu ihrem Kleiderschrank. Sie entschied sich für ein süßes Blümchenkleid, schnappte sich Unterwäsche und ging wieder ins Bad um sich anzuziehen. Als sie komplett fertig war und noch einmal in ihr Zimmer ging fiel ihr Blick diesmal auf seine Boxershorts, die sie gestern auf ihren Schreibtisch gelegt hatte. Zum Glück hatte Heather sie nicht gesehen, dachte sie belustigt und steckte sie in ihre Handtasche. Sie musste ihm sie so schnell wie möglich wieder abgeben.

Der Gottesdienst verlief genauso wie sie es aus der Gemeinde von zu Hause kannte, doch die Predigt, die der Pastor hielt hallte noch nach dem Gottesdienst in ihr nach und sie war auf dem Weg ins Diner schweigsam, ließ sich seine Worte noch mal durch den Kopf gehen. „Jesus starb, damit wir leben können!“ Hatte er gesagt und jetzt erst wurde es Amber so richtig bewusst was es überhaupt bedeutete. Liebte sie jemanden so sehr um für ihn zu sterben? Klar sie wollte nicht, dass jemanden aus ihrer Familie etwas passierte und sie würde alles auf sich nehmen um sie zu beschützen, aber streben? War sie wirklich bereit dazu?

David parkte und Amber stieg aus. Sie musste später noch darüber nachdenken, jetzt ging sie mit den Browns erst einmal essen. Das Diner war richtig cool. Amber staunte und sah Heather und David fragend an. „Das hier ist cool!“ Sagte sie und grinste die beiden an. „Seid ihr sicher, dass es eures ist?“ Sie grinste und bewunderte die Knallroten Polstermöbel, weißen Tische und den Schachbrettboden. Heather führte sie zu einem Tisch, während David zu einem der Angestellten ging um mit ihm zu reden. Amber steckte ihren Kopf in die Speisekarte. „Was würdest du empfehlen?“ Fragte sie Heather und sah sie auffordernd an. „Die Wraps sind super, wir machen den Teig selbst und die Soße erst! Die ist das Beste am ganzen Wrap.“

„Okay, überredet!“ Amber grinste und legte sie Speisekarte wieder hin. Der Kellner kam und Heather unterhielt sich kurz mit ihm, dann bestellten sie die Getränke, während sie auf David warteten. „Es ist immer das gleiche mit ihm.“ Beschwerte Heather sich spielerisch, doch dann schien sie jemanden zu bemerken denn ihr Gesicht hellte sich plötzlich auf. Amer folgte ihrem Blick und wäre am liebsten im Erdboden versunken als sie Jay erkannte der lächelnd auf ihren Tisch zu kam. Er begrüßte Heather fröhlich und küsste sie auf die Wange. Amber nickte er nur zu und sie rang sich zu einem einfach „Hi.“ durch.

„Setzt dich doch zu uns.“ Forderte Heather ihn auf und Jay nahm Platz, direkt neben Amber und da die Bank ziemlich schmal war, saß er dicht neben ihr. Was ihm allerdings nicht zu stören schien. Er lehnte sich in die Polster, streckte die Beine von sich und legte seine Arme über die Lehne, sodass sie fast in seinem Arm lag. Schnell legte sie die Ellbogen auf den Tisch und sah Heather an. „Ich habe dich gar nicht im Gottesdienst gesehen.“

„Sie gehen zur Kirche?“ Amber drehte sich ruckartig um. Jay grinste sie an. „Überrascht?“

„Ja.“ Gab sie ehrlich zu und er grinste. Heather wechselte das Thema und fragte Jay etwas wegen ihrem Garten und sie hörte es wieder: Nützlinge, Schädlinge und andere Begriffe die sie schon in der Schule gehört hatte. Irgendwann gesellte sich David zu ihnen und sie bestellten ihr Essen. Die Unterhaltung floss so dahin und Amber genoss ihren Wrap, der wirklich der Beste war, den sie je gegessen hatte. Sie hatten ihr Essen schon beendet und das Geschirr war schon abgeräumt, doch sie saßen noch immer zusammen und unterhielten sich. Jay streckte wieder neben ihr und unterdrückte zum wiederholten Mal ein gähnen. „Na so müde?“ Wollte David belustigt wissen und Jay unterdrückte ein Lachen. „Die letzte Nacht war kurz.“ Meinte er dann mit einem schmunzeln und sah wie zufällig zu Amber, doch diese zuckte nicht mal mit der Wimper. „Die Nacht davor auch.“ Schien er dann laut zu überlegen. „Irgend so ein Idiot hat mitten in der Nacht herumgehupt.“

„Echt? Davon haben wir ja gar nichts mitbekommen, nicht wahr David?“ David schüttelte den Kopf und sah zu Amber. „Und du Thea?“

Sie schüttelte den Kopf. „Da war ich bestimmt noch nicht zu Hause.“ Sie sah triumphierend zu Jay doch dieser sah sie nur belustigt an. Und dann besaß er auch noch die Frechheit und legte seine Hand auf ihr Knie. Unwirsch überschlug sie ihre Beine und schob seine Hand so weg. Plötzlich fing ihr Handy an zu klingeln und sie nahm ohne zu überlegen ab. „Hi Alex!“ Sie lächelte und sah dann in das versteinerte Gesicht von Jay. Sie stand auf und murmelte eine Entschuldigung. „Alex! Warum rufst du mich an? Hatten wir nicht abgemacht, dass nur ich mich melde?“

„Ich bin gerade im Büro.“

„Im Büro am Sonntag?“

„Es gab in Lynn einen Zwischenfall.“

„Was ist passiert?“

„Eine Schülerin wurde mit Drogen erwischt.“

„In Lynn? Das ist ja gerade mal eine halbe Stunde von hier. Und habt ihr was rausbekommen?“

„Nein, leider nicht. Sie wusste auch nicht viel mehr, sie hatte die Drogen von ihrer Freundin und diese hatte sie von einem Kerl im Park gekauft.“

„Dann könnten die Drogen von überall sein, es muss noch lange nicht bedeuten, dass sie von der Newman High geschweige denn von Stone kommen.“

„Du glaubst noch immer an seine Unschuld?“

„Ja.“ Nach kurzem Zögern sagte sie: „Ich habe Fotos von seinem Büro.“

„Was? Du warst bei ihm im Haus?“

Amber erklärte ihm kurz von der Mutprobe und dass sie darin ihre Chance gesehen hatte sich mal genauer bei ihm Haus umzusehen. Nur ließ sie aus, dass er sie erwischt hatte und von dem Kuss musste Alex erst Recht nichts wissen.

„Schick mir die Fotos rüber, wir werden sie überprüfen. Und hör dich gefälligst in deiner Schule besser um. Ich will nicht, dass es mehr tote gibt oder sich die Drogen im ganzen Land verteilen.“

„Aye aye Sir.“ Sagte sie und legte auf. Sie schickte ihm noch schnell die Bilder und Videos von gestern Nacht und ging dann wieder ins Diner.

 

Amber konnte den Montag kaum erwarten. Sie wollte jetzt richtig mit ihren Ermittlungen anfangen und nicht jede Mittagspause in der Mensa sitzen und sich oberflächlich unterhalten. Sie wollte hinter der Sporthalle gucken, unter der Tribüne, dahin gehen wo die

Raucher sich trafen, schon allein, wenn sie jemanden beim Kiffen erwischte könnte sie ihn ausfragen. Die Naturwissenschaftlichen Stunden bei Jay schwänzte sie. Sie würde sich nicht konzentrieren können, wenn er da war und sie musste endlich mal weiterkommen!

Doch ganz entgegen ihren Erwartungen fand sie gar nichts heraus. Sie plauderte hier und da mal mit Schülern, flirtete mit Jungs, weil es von ihr erwartet wurde, aber das war es auch schon mit ihren Ermittlungen, die Schule war aus und sie hatte jetzt Training.

Nach dem Aufwärmen kam Jay über das Spielfeld der Jungs zu ihnen und Amber ahnte böses, sie tat als würde sie ihn nicht sehen und tanzte ihre Schritte bis er dicht vor ihr stand. „Thea?“

Amber hörte auf zu tanzen und sah ihn an. „Was?“

„Ich müsste mal kurz unter vier Augen mit dir sprechen!“

„Das geht leider nicht, ich trainiere gerade.“ Meinte sie schnippisch und dann mischte Tess sich ein. „Ist kein Problem, du kannst ruhig gehen.“ Sie zwinkerte Amber belustigt zu und deutete um die Ecke. „Bitteschön.“ Amber sah ihre Freundin wütend an und ging dann voran. Sie lehnte sich an die Wand und sah Jay angriffslustig an, der sich mit verschränkten Armen vor sie stellte. „Du warst heute nicht in meinem Unterricht, ich dachte du wärst krank und jetzt hüpfst du hier herum?“ Er deutete mit der Hand auf die Mädels die mit dem Training weitermachten. „Ja, ich tanze eben gern und Bio ist nicht so mein Ding!“

„Eigentlich müsste ich dich zum Direktor schicken. Denkst du, du kannst dir alles erlauben? Du könntest von der Schule fliegen und dann bist du schneller wieder in Deutschland als das du…“

„Wer fliegt denn von einmal schwänzen von der Schule?“ Unterbrach sie ihn, „Und. Ich habe nur deinen Unterricht geschwänzt.“

„Sie! Hier musst du mich Siezen, ich bin dein Lehrer!“ Fuhr er sie an.

„Ach und wenn ich in deinem Schlafzimmer bin dann nicht?“

„Biest!“ Fuhr er sie an und hätte sie am liebsten in die Arme gezogen, dann wurde seine Stimme sanfter. „Warum machst du das? Ich bin auch nur ein Mann, ob Lehrer oder nicht.“

Sie sah betroffen zu Boden. „Ich weiß es nicht.“ Log sie und konnte ihm dabei nicht ins Gesicht sehen. Sie konnte ihm schlecht erzählen, dass das nicht sie war. Thea war nicht Amber. Er durfte nie von Amber erfahren, sie drehte sich zur Seite und wollte gehen, doch er hielt sie an der Hand fest. „Geh jetzt bitte nicht. Wir müssen das besprechen.“

„Aber nicht hier.“

„Wo denn? Jeder hier in der Gegend weiß, dass ich Lehrer bin und wenn man uns zu zweit irgendwo sieht steht mein Job auf dem Spiel.“ Amber seufzte. Wenn sie ihm doch nur sagen könnte, dass er sich um seinen Job – zumindest nicht wegen ihr-  keine Sorgen zu machen brauchte. „Okay, schießen Sie los.“ Sie betonte das Sie und er sah sie schief an.

„Ich hätte dich nicht küssen sollen.“ Amber starrte ihn an, damit hatte sie nun wirklich nicht gerechnet. „Ich war müde, der Tag war anstrengend und die Nacht davor habe ich auch so schlecht geschlafen.“ Sagte er und Amber sah ihn verwirrt an. Er hatte sie also nicht geküsst, weil er sie mochte oder weil er sie attraktiv fand, sondern weil er müde und nicht bei Sinnen war? „Deswegen musst du nicht von meinem Unterricht fernbleiben, es wird nicht mehr vorkommen. Versprochen.“

Amber schluckte und sah ihn an. „Und berühren werde ich dich auch nicht mehr, ich weiß nicht, was im Diner in mich gefahren ist, wahrscheinlich wollte ich dich ein bisschen aufziehen.“

„Ist okay, morgen werde ich zum Unterricht kommen, kann ich jetzt gehen?“ Sie wollte schon losgehen, aber er hielt sie erneut zurück. „Wer ist Alex?“

„Niemand besonderes, das habe ich Ihnen schon erklärt.“

„Ihr habt euch zweimal getroffen, also zumindest war ich bei zwei malen dabei und dann telefoniert ihr? Und das alles innerhalb von einer Woche? Da soll ich dir glauben, dass er niemand besonderes ist?“

„Ich gehe jetzt, ich muss mich vor Ihnen nicht rechtfertigen! Was ich in meiner Freizeit mache, geht sie überhaupt nichts an!“ Wütend stürmte sie an ihm vorbei zurück zu den Mädchen.

„Was ist los?“ Wollte Tess wissen als sie Amber so aufgewühlt sah.

„Ich kann diesen Mann nicht leiden, er mischt sich in meine Privaten Angelegenheiten. Er denkt nur weil er mein Nachbar ist, müsse er den großen Bruder spielen.“ Die Ironie ihrer Worte brachten beinahe zur Weißglut. Sie stand auf Jay und Alex war ihr Bruder. Jay dachte sie stünde auf Alex! Wie absurd war das eigentlich? „Ich glaube ich bin für heute fertig mit dem Training okay?“ Bittend sah sie zu Tess.

„Ich glaube du solltest dich dringend abreagieren.“ Riet Tess ihr.

„Ja, dafür brauche ich gute Musik. Ich jogge nach Hause.“

„Das ist doch viel zu weit.“

„Knappe zehn Kilometer, die schaffe ich locker. Beim nächsten Training bin ich wieder voll dabei, tut mir leid.“

„Kein Problem, ist ja irgendwo auch meine Schuld. Ich dachte du stehst auf ihn und…“ Amber prustete los, sie konnte nicht anders. „Tut mir leid.“ Wiederholte sie noch einmal und verabschiedete sich dann von den Mädels. Sie ging in die Umkleide und schmiss ihre Sachen in den Spind, zog sich ihre Sportklamotten an und ging wieder nach draußen. Sie sah in die Sonne steckte sich ihre Ohrstecker in die Ohren und drehte die Musik voll auf, dann rannte sie los. Direkt über den Platz auf dem die Jungs noch immer Basketball spielten. Jay ignorierte sie völlig.  

 

Die nächsten Tage verliefen nach dem gleichen Schema, bis auf den Unterschied, dass sie zwar in Jays Unterricht saß, aber nicht daran teilnahm, sie saß einfach nur auf ihrem Platz und ließ die Stunden über sich ergehen. Dabei versuchte sie Jay nicht anzugucken, was ihr natürlich nicht wirklich gelang. So vergingen die nächsten Wochen und Amber hatte nicht mehr die Hoffnung, hier Drogen zu finden. Wahrscheinlich war es dem Dealer oder wer auch immer hinter den Drogen steckte nach dem Tod des Schülers vorsichtiger geworden.

Mittlerweile hatte Amber ihr eigenes Auto von den Browns bekommen, und Amber liebte den Mini Cooper den Heather für sie ausgesucht hatte. Amber verbrachte viel Zeit mit den Browns, doch stehts, wenn Jay zum Essen eingeladen wurde zog sie es vor mit ihren Freunden auszugehen, sich mit Alex zu treffen oder shoppen zu gehen. Seit dem Zwischenfall bei der Sporthalle hatten sie nicht mehr miteinander gesprochen, zumindest nichts Persönliches.

Auch ihr Glaube hatte sich verändert, sie wusste zwar immer, dass es einen Gott gab und von Jesus hatte sie auch schon gehört, aber sie hatte nie darüber nachgedacht, was Jesus für sie getan hatte. Sie ging jetzt gern in den Gottesdienst, und war danach für gewöhnlich mit den Browns im Diner zum Mittagessen. So wie auch an diesem Sonntag, doch nach dem Essen verabschiedete sie sich von dem Ehepaar und fuhr dann nach Dorchester um ihre Schwester zu besuchen, die vor drei Tagen hierhergezogen war. Als sie vor ihrem Apartment stand und auf die Klingel drückte, dauerte es keine drei Sekunden bis die Tür aufgerissen wurde und ihre Schwester sie breit Grinsend in die Arme schloss. „Süße! Wie geht es dir?“ Fragte Ava sie und strich ihr liebevoll eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Mann sind die lang geworden!“ Meinte sie ironisch, lachte und zog sie in ihre Wohnung. „Sorry, hier lebt noch das Chaos, aber ich bin noch nicht dazu gekommen alles auszupacken.“ Meinte Ava als sie Amber vor sie herschob und diese über leere Kartons kletterte. „Komm in die Küche, ich koche uns einen Kaffee.“

„Du bist süchtig!“ Lachte Amber. „Ich glaube es würde dir gut tun auf Koffein zu verzichten, du bist so hibbelig wie ein Ameisenhaufen. Kannst du eigentlich auch mal ruhig sein?“

„Ja. Wenn ich schlafe.“ Konterte Ava und drückte Amber auf einen Stuhl. „Ich habe Donuts gekauft.“ Ava hielt ihr eine Packung vor die Nase und zog sie sofort wieder weg.

„Wollen wir nicht lieber joggen gehen? Ich glaube du hast zu viel Energie getankt.“ Amber lachte und nahm ihrer Schwester den Karton mit den Donuts aus der Hand, suchte in den Schränken nach einem Teller und arrangierte das Gebäck dann auf diesem. Als sie sich umdrehte saß Ava ganz aufgedreht am Tisch, hielt ihre Tasse fest und zappelte mit den Füßen. „Was zu Geier ist mit dir los?“ Amber stellte sich vor ihre Schwester und sah dieser Herausfordernd an.

„Nichts!“ Beteuerte diese.

„Ich sehe doch, dass du nicht normal bist. Du bist zwar immer etwas hibbelig, aber das…“ Sie deutete mit der Hand einen Kreis an um das ganze Chaos um sich herum einzuschließen. „bist du nicht! Du bist vernünftig und ordentlich, du…“

„Pat hat mich gefragt ob ich ihn heiraten will!“ Unterbrach Ava ihre Schwester und sah sie überglücklich an, dann hielt sie ihr den einen Ring unter die Nase. „ist der nicht schön?“

„Ihr wollt heiraten?“ Amber sah ihre Schwester fassungslos an. „Und das sagst mir erst jetzt`“ Amber kreischte, Ava fiel mit ein und dann fielen die beiden sich um den Hals. „Ich bin so glücklich, so verliebt, ich stehe sowas von neben mir.“ Ava sah sie glücklich an und Amber lachte. „Oh ja, du stehst wirklich neben dir, aber jetzt komm setz dich hin und erzähl mir alles ganz genau!“ Forderte sie Ava auf und diese kam ihrer Aufforderung nur zu gern nach. Es wurde ein langer Nachmittag und Amber blieb bis zum Abend. Sie räumten zusammen das Chaos auf und später traf Amber Pat noch mal. Sie kannte ihn ja schon von früher und er sie. Bei einer Pizza plauderten sie über alte Zeiten, über Streiche, die sie als Kinder in der Nachbarschaft gespielt hatten und wie er und Ava sich nach so vielen Jahren getroffen und ineinander verliebt hatten.

Als Amber zu Hause ankam und das Haus betrat saßen die Brown im Wohnzimmer mit Jay! Aber da Amber nicht unhöflich sein wollte begrüßte sie alle und wollte sich eigentlich gleich in ihr Zimmer verkrümeln als Heather sie nach ihrem Nachmittag fragte. „Es war gut, ich war mit den Mädels unterwegs.“ Log sie und hatte sofort ein schlechtes Gewissen, doch sie konnte den Browns ja wohl schlecht erklären, dass sie bei ihrer Schwester war. Vor allem da Thea Einzelkind war.

„Ich muss los.“ Jay stand auf. „Eure Sendung geht ja eh gleich los und ich muss mich noch für die Schule morgen vorbereiten.“ Er verabschiedete sich von den beiden und da Amber ihm aus dem Weg gehen wollte verzog sie sich nach oben, doch auf halben weg holte er sie ein und hielt sie am Arm fest. „Mit den Mädels unterwegs?“ Fragte er und Amber drehte sich zu ihm um. Sie stand eine Stufe über ihm und sah ihm jetzt genau in die Augen. „Ja.“

„Komisch, da ich Tess und Madison vorhin mit Zane und Shawn im Park getroffen habe. Dich habe ich da gar nicht gesehen.“

Mist! Dachte Amber und versuchte sich eine Ausrede einfallen zu lassen. Doch sie kam gar nicht dazu sich zu verteidigen, denn Jay holte schon Luft um mit seiner Standpauke anzufangen.

„Ich habe mich total in dir getäuscht. Zuerst dachte ich, du wärst ein oberflächiges, dummes, aber gutaussehendes Mädchen, das mit jedem Kerl flirtete. Doch dann lernte ich dich ein bisschen besser kennen und musste meine Meinung zumindest teilweise ändern. Du bist nicht dumm, nein, du bist sehr gerissen. Du lügst, dass sich die Balken biegen und schläfst mit einem Mann, der…“

„Ich schlafe mit niemanden!“ Unterbrach sie ihn wütend in ihren Augen funkelte es und sie fuhr fort. „Du kannst von mir denken, was du willst, nimm ruhig an, dass ich dumm bin oder dass ich eine oberflächige Zicke bin, aber unterstell mir keine Affäre mit meinem…“ Abrupt hielt sie den Mund.

„Deinem?“ Fragte Jay da aber auch schon.

„Das geht dich gar nichts an!“

„Und ob es mich etwas angeht, ich bin dein…“

„Jetzt sag nicht Lehrer! Kein Lehrer interessiert es was seine Schüler in ihrer Freizeit machen und du denkst, weil du nebenan wohnst, dass ich deine kleine Schwester bin. Du denkst, dass ich mit den erstbesten Typen ins Bett springe, doch ich sage dir etwas. Du hast nicht den Hauch einer Ahnung wer ich bin.“ Damit riss sie sich von ihm los und stürmte die Treppe hinauf in ihr Zimmer, warf sich auf ihr Bett und fing hemmungslos an zu weinen.

Ausgerechnet der Mann, in den sie sich verliebt hatte, dachte so schlecht von ihr. Sie hasste ihren Job mittlerweile, warum war sie nicht wie ihre Schwester Ärztin geworden? Oder Maklerin oder Architektin oder irgendetwas anderes? Nein sie hatte sich zum Ziel gesetzt Cop zu werden! Das hatte sie nun davon. Sie liebte einen Mann und belog ihn aufs schäbigste! Und das allerschlimmste an der Sache war, dass er dachte, sie hätte eine Affäre mit einem anderen, viel älteren Mann.

 

Jay fühlte sich einfach nur mies! Wieso war er vorhin so ausgetickt? Was ging es ihn an mit wem, wann und wo Thea sich traf? Doch er wusste es, er musste sich nichts vormachen, er hatte sich in seine Schülerin verliebt! Wütend boxte er in seinen Boxsack immer und immer wieder bis ihm der Schweiß von der Stirn tropfte, ungehalten wischte er sich über das Gesicht und boxte weiter auf den Sack. Er war so ein Ungeheuer! Wie konnte ein Lehrer sich nur in seine Schülerin verlieben? Und sie war erst siebzehn, fast noch ein Kind, fast zehn Jahre jünger als er. Aber wie kam es, dass er sich verliebt hatte? In einem hatte Thea nämlich wirklich Recht: Er kannte sie überhaupt nicht! In was also hatte er sich verliebt? Er war doch nicht so oberflächlich, dass es sich in ihr Aussehen verliebt hatte. Ihre Art konnte es doch nicht sein, die war eingebildet, viel zu freizügig, zu jung und sie legte einfach viel zu viel Wert auf die Meinung anderer, hatte sie überhaupt ein Selbstwertgefühl? Sie hat Stylisten ihre Garderobe auswählen lassen, kam nach Amerika um hier neu anzufangen, um beliebt zu sein. Was konnte es sein, dass er in ihr gesehen hatte, dass er sich in sie verliebt hatte?

Er musste hier raus! Wie konnte er eine Schülerin unterrichten, die solche Gefühle in ihm weckte? Sollte er den Direktor um eine Versetzung bitten? Plötzlich riss die Türklingel ihn aus seinen Gedanken, und verschwitzt wie der war ging er nach unten um die Tür zu öffnen. Doch als er erkannte wer vor der Tür stand war er für einen Moment Fassungslos. „Thea?“ Er öffnete die Tür.

„Können wir reden?“ Fragte sie. „In Ruhe?“ Jay war leicht überfordert, nickte aber und ließ sie eintreten. „Setzt dich doch.“ Forderte er sie auf und deutete auf die Couch hinter sich. Thea ging an ihm vorbei und setzte sich starr auf das Sofa. Jay nahm gegenüber von ihr Platz und schwieg, er wartete solange, bis sie das schweigen brach. „Sie hatten Recht, ich habe vorhin gelogen und das tut mir wirklich leid. Ich war nicht mit Tess und den anderen unterwegs. Ich war…“ Sie stockte kurz und sah ihn an. Er, dass sie geweint hatte obwohl sie sich Mühe gegeben hatte dies zu verschleiern. Er nickte ihr aufmunternd zu und sie fuhr fort: „Ich kann dir wirklich nicht sagen wo ich war, aber eines musst du mir wirklich glauben. Ich war nicht bei Alex oder bei sonst irgendeinem Mann. Ich habe jemanden besucht und diese Person war weiblich, ich schwöre es!“ Sie sah ihn so voller Inbrunst an, dass er ihr einfach glauben musste, also nickte er nur. „Ich… ich weiß nicht, wie ich es dir erklären kann oder ob ich es dir überhaupt erklären kann.“

„Was denn erklären?“

„Ich…“ Sie schwieg eine ganze Weile und auch Alex sagte nichts er ließ ihr die Zeit, die sie brauchte. Sie rang die Hände ineinander und brachte nichts heraus, dann stand sie auf. „Ich kann es nicht.“ Flüsterte sie und ging zur Tür, doch Jay holte sie ein und drehte sie zu sich. Sie standen sich gegenüber und schauten sich in die Augen, niemand sagte ein Wort.

„Ich werde den Direktor um eine Versetzung bitten.“ Brach er dann das schweigen.

„Wie bitte?“ Geschockt sah sie ihn an. „Aber… Wieso… Warum willst du das machen? Du liebst diese Schule, du liebst das Basketballteam wie deine Familie und…“ Er legte ihr den Finger auf den Mund und sie verstummte. Stumm sahen sie sich an. „Mach das bitte nicht. Ich werde die Kurse wechseln und gehe zu Harper. Aber mach dir bitte nicht meinetwegen deinen Traum kaputt.“ Flehte sie. „Ich werde bald weg sein und dann wirst du deine Entscheidung bereuen.“

„Du wirst noch Monate an dieser Schule bleiben, und hier neben mir wohnen. Dein Schlafzimmer wird Monatelang neben meinem liegen.“ Widersprach er.

„Bitte, überleg es dir noch einmal. Lass es dir durch den Kopf gehen, bevor du irgendwelche Schritte unternimmst. Bete darüber.“ Flüsterte sie. „Ich werde dir aus dem Weg gehen.“ Flüsterte sie. „Denn ich mag dich wirklich und ich will nicht schuld an deinem Unglück sein.“ Sie drehte sich um und verschwand aus der Tür, noch bevor er überhaupt reagieren konnte.

Und dann sah er seine Boxershorts auf dem Sofa liegen und musste wider Willen grinsen.

 

 

Kapitel 10

 

Die nächsten zwei Wochen vergingen und Amber hielt ihr Versprechen, sie ging Jay aus dem weg. Von ihrer Schwester holte sie sich ein Attest über eine nicht vorhandene Knieverletzung und fiel somit beim Cheerleader Training aus und natürlich durfte sie auch nicht mehr beim Sportunterricht teilnehmen, die Naturwissenschaftlichen Stunden hatte sie nun bei Mrs. Harper, ihr Unterricht war langweilig und mühsam. Sie stand stehts an der Tafel, zeichnete irgendwelche Versuche auf, die sie aber nicht durchführte und ließ die Schüler diese abzeichnen. Jay gestaltete seinen Unterricht viel anregender, ihm hörte man gerne zu, da er für sein Leben gern Lehrer war. Seit ihrem Gespräch in seinem Haus hatte sie nicht mehr persönlich mit ihm gesprochen, sie war nicht zu Hause, wenn Heather ihn zu Essen einlud oder erfand eine Ausrede, warum sie nicht am Essen teilnehmen konnte. Ihre Freundschaft zu Tess und Maddie litt zum Glück nicht darunter, dass sie jetzt verletzt war. Die beiden mochten Thea anscheinend wirklich sehr gern, denn sie nahmen sie überall hin mit und Amber übernachtete sogar öfter bei einer der beiden.

Auch besuchte sie Ava so oft sie konnte, wenn sie nicht zu Hause war fuhr sie ins Krankenhaus und sie verbrachten die Pausen gemeinsam im Park, der direkt neben dem Krankenhaus lag und meistens unterhielten sie sich über die bevorstehende Hochzeit, die im Herbst stattfinden sollte. So auch heute, das Wetter war herrlich, die Sonne schien und Amber beschloss einen Spaziergang ins Krankenhaus zu machen. Nun saßen die beiden gemütlich auf einer Bank und Ava verspeiste das mitgebrachte Essen von Heather. „Sie kocht wunderbar, danke, dass du mir immer etwas mitbringst.“

Amber lachte. „Ja gerne, sie kocht einfach viel zu viel.“

„Sie denkt bestimmt, dass du sonst vom Fleisch fällst, kann es sein das du abgenommen hast?“ Ava ließ ihren Blick über Ambers Körper wandern. Natürlich hatte ihre Schwester Recht, aber Amber wollte es nicht gestehen. „Wird dir der Job zu viel? Hast du Stress, stehst du unter Druck?“

„Weder noch ich…“ Plötzlich sah sie Jay, der im Park joggte und genau auf sie zusteuerte, sie hoffte, dass er sie nicht sehen würde, oder zumindest so tun würde. Doch sie wurde enttäuscht, er sah sie im gleichen Moment und ihre Blicke trafen sich. Ava wurde aufmerksam und sah Jay dann ebenfalls, wenn Jay jetzt weiterlaufen würde, wäre es einfach nur unhöflich. Amber zwang sich zu einem lächeln und setzte sich gerade hin. Jay blieb zwei Schritte vor ihrer Bank stehen. „Hallo.“ Sagte er und lächelte sie an, doch ob er sich wirklich freute sie hier zu sehen konnte sie nicht erkennen. „Hallo Mr. Stone.“ Grüßte sie zurück und er sah sie einen kurzen Moment irritiert an, fing sich dann aber wieder. „Mr. Stone, dass ist Ava. Ava, mein Lehrer.“ Stellte sie die beiden miteinander vor. Jay gab Ava die Hand und diese lächelte ihn an. „Sind Sie Krankenschwester?“ Er deutet auf ihre Uniform und Ava lächelte. „Assistenzärztin im letzten Jahr. Unfallchirurgie.“

„Oh…“ Jay lächelte sie an. „Tut mir leid. Sie sehen sehr jung aus.“

„Kein Problem, dass höre ich öfter. In meiner Familie sehen die Mädels immer jünger aus.“ Sie grinste schelmisch. „Sie sind also der Lehrer von Am äh… Thea?“ Jay nickte. „Und Sie sind die Ärztin?“

„Ja wir haben uns im Krankenhaus kennengelernt als ich wegen meines Knies hier war.“ Sie deutete mit dem Kopf auf das Gebäude hinter sich.

„Irgendwie haben wir uns gut verstanden und jetzt treffen wir uns häufiger.“ Bestätigte ihre Schwester, „Sie hat ja nicht allzu viele Freunde.“ fügte sie dann unnötigerweise noch hinzu. Amber stieß sie in die Seite und versuchte kläglich über den nicht vorhandenen Witz zu lachen. „Mit Tess und Madison ist alles okay?“ Wollte er von ihr wissen. „Du gehst ja nicht mehr zum Training, bist du raus aus dem Team?“

„Nein, es ist alles okay, wir sind Freunde. Ava versucht nur witzig zu sein. Wenn alles okay ist, dann darf ich laut meiner Ärztin…“ Sie sah auffordernd zu Ava hin und fuhr fort. „in drei Monaten wieder aktiven Sport betreiben.“

„In drei Monaten erst wieder? Was ist denn passiert?“

Amber suchte fieberhaft nach einer glaubhaften Erklärung, doch dann kam ihr der Zufall zur Hilfe. „Jay!“ Schrie jemand weiter hinten und Jay sah hin. „Oh, tut mir leid, ich muss los. Dass hat man nun davon, wenn man im Park joggen geht, überall ist jemand den man kennt.“ Er verabschiedete sich und lief dann davon.

„Er ist süß!“ Ava stieß Amber in die Seite. „Von so einem Lehrer habe ich früher immer geträumt!“ Gab sie zu und lachte. Amber sah Jay hinterher und seufzte. „Du hast mir nie von ihm erzählt.“

„Wieso sollte ich? Mittlerweile habe ich nicht mal mehr Unterricht bei ihm.“

„Hast du deshalb diese Verletzung?“ Sie deutete auf Ambers Knie, das unversehrt der Sonne entgegenlachte. „Du gehst ihm doch nicht aus dem weg? Ich dachte das Training behindert deine Ermittlungen.“

Amber sah ein, dass leugnen keinen Zweck hatte. „Ja. Ich gehe ihm aus dem weg.“

„Weil er heiß ist?“ Ava schmunzelte und Amber nickte nur. „Unter anderem.“

„Was denn noch?“

„Er ist mein Nachbar, ich bin bei ihm eingebrochen und wir haben uns geküsst. Dann wollte er versetzt werden, das konnte ich doch nicht zulassen.“

„Du bist in ihn verliebt!“ Ava sah ihre kleine Schwester schockiert an und Amber nickte nur, schluckte den Klos in ihrem Hals hinunter. „Das darf aber nicht sein.“

„Wieso nicht? Wenn er ähnlich empfindet…“

„Ich bin minderjährig und er ist mein Lehrer! Wie stellst du dir das vor?“

„Du bist 24!“

„Das weiß er aber nicht!“

„Dann sag ihm das doch einfach.“

„Wie stellst du dir das vor? Er ist der Hauptverdächtige.“

„Hauptverdächtige? Unter was für Cops ermittelst du eigentlich? Jeder sieht doch, dass er keiner Fliege etwas zu leide tun könnte.“

„Ich weiß, aber Edwards und Havering wollen mir nicht glauben.“

„Und Alex?“

„Der tut nur seine Pflicht.“

„Wenn du jemanden verhaften willst, dann musst du in eine andere Richtung ermitteln.“

„In welche denn? Ich kann doch nicht jeden Schüler unter die Lupe nehmen!“ Amber schüttelte den Kopf. „Ich tu meine Pflicht, wenn die obere Etage sagt, dass ich in eine andere Richtung ermitteln darf, dann mache ich das.“

„Amber, jetzt ergreif doch mal die Initiative. Dieser Mann der so lächelt als wenn die Sonne über ihn aufgeht kann unmöglich ein Schwerverbrecher sein, der jugendlichen Drogen vertickert.“

„Das weiß ich doch auch. Ich denke nicht, dass er etwas damit zu tun hat.“

„Dann frag ihn doch einfach mal.“ Forderte Ava sie auf und stieß ihr in die Seite. „Jay!“ Rief sie. Dann erst sah Amber, dass Jay den weg zurückgelaufen kam, er änderte seine Richtung und kam langsam auf die beiden zu. Ava warf einen Blick auf ihre Uhr. „Jay, wären Sie so lieb und bringen Thea nach Hause? Ich habe gehört, dass Sie ihr Nachbar sind?“ Jay sah kurz fragend zu Amber und dann wieder zu Ava. „Sie ist zu Fuß hierher spaziert, aber mit ihrem Knie sollte sie wirklich nicht so weite Spaziergänge unternehmen.“

Jay blieb gar nichts anderes übrig als zuzustimmen und Ava stand auf. „Oh das ist toll, meine Pause ist jetzt zu Ende, jetzt muss ich mich wieder im kaputte Arme und Knochen kümmern.“ Sie drückte Amber kurz an sich. „Ich habe dich lieb Schwesterherz.“ Flüsterte sie Amber ins Ohr und lief dann beschwingt über den Rasen. „Ich kann zu Fuß gehen, dass macht mir nichts aus.“

„Du hast doch deine Ärztin gehört. Ich habe dahinten geparkt.“ Er deutete mit dem Kopf in Richtung Parkplatz. „Jetzt komm.“ Er streckte die Hand aus und Amber ergriff diese. Das Kribbeln das durch ihren Körper fuhr ignorierte sie. Sie ließ seine Hand los und ging neben ihn her. Den weg zum Auto verbrachten sie schweigend, dann sah Amber ihre Chance und fragte ihn einfach: „Wie stehen Sie zu Drogen?“

„Drogen?“ Verwirrt sah er sie an, dann wandte er den Blick aber schnell wieder auf die Straße.

„Ja, ich habe Schmerzen.“ Schon wieder log sie ihn an, dachte sie traurig. „Und Ava will mir einfach keine Schmerztabletten aufschreiben. Meinen Sie, dass sie mir vielleicht irgendetwas zusammenbrauen könnten? Sie sind doch Chemiker.“

„Thea…“

„Und Biologe sind Sie auch.“

„Thea, ich kann so etwas nicht. So gern ich dir auch helfen würde. Ich habe noch nie mit psychotropen Substanzen gearbeitet, das ist überhaupt nicht mein Fachgebiet, ich müsste mich da erst einmal reinarbeiten und das würde Wochen dauern.“

„Aber Sie haben doch bestimmt Hintergrundwissen oder Connections, kennen Sie nicht jemanden der Ihnen helfen könnte?“

„Sind die schmerzen wirklich so stark?“ Er warf ein Blick auf ihr völlig gesundes Knie.

„Ja.“ Log sie und ihr Herz rutschte ihr in die Hose. Wenn er ihr helfen würde, wenn er ihr Drogen zusammenbrauen würde, dann hätte sie sich schrecklich in ihm getäuscht.

„Am besten kennt die Harper sich mit solchen Dingen aus, ich könnte mal mit ihr reden und sie fragen ob sie wüsste ob bei deiner Verletzung die Natur helfen könnte.“

„Die Natur wird meine schmerzen wohl kaum lindern!“ Giftete sie.

„Ich könnte mit deiner Ärztin reden.“

„Unterstehen Sie sich, lieber leide ich. Wenn sie mir schon als Freundin nicht helfen will, dann wird sie Ihnen erst Recht kein Rezept für mich ausstellen.“

„Dann ist das auch gut so, solche Verletzungen heilen ehesten mit der Zeit, sie brauchen…“

„Also geben Sie mir keine Drogen?“

„Auf keinen Fall!“

„Und Sie kennen auch keinen der auf dem Schulhof welche vertickert?“

„Nein!“ Aufgebracht sah er sie an. „Wenn du so starke schmerzen hast, dann muss Ava dir doch etwas aufschreiben. Oder hol dir eine weitere Meinung ein.“

Sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Nein Danke.“

„Dann kannst du gar nicht so große schmerzen haben.“ Stellte er fest und hielt an einer roten Ampel. „Was ist los? Wieso willst du wirklich Drogen haben?“ Er sah sie an, doch Amber schwieg beharrlich. „Du hast doch alles was du wolltest, du bist beliebt, die Jungs stehen auf dich…“ Er sah sie genauer an. „Was ist es was dich quält? Du hast abgenommen oder?“

Wieso fiel das nur jedem auf? Dache Amber verärgert. „Nur drei Kilo.“

„Deine Haut ist blass und du…“

„Vielen Dank für die netten Komplimente.“ Murrte sie.

„Wieso verdammt noch mal willst du Drogen?“ Er schrie jetzt beinahe und Amber zuckte zusammen.

„Um zu vergessen? Um Abzuschalten? Einfach nur so zum Spaß?“ Schlug sie vor.

„Wenn ich dich auch nur einmal mit Drogen erwischen sollte, dann…“ Seine Stimme überschlug sich beinahe und sein Gesicht wurde knallrot vor Zorn.

„Dann was?“ Forderte sie ihn heraus.

„Dann werde ich dir höchstpersönlich die Polizei auf den Hals hetzten,“ Er machte eine kurze Pause. „nachdem ich dir den Hintern versohlt habe!“

Amber schwieg. Und ließ sich nicht anmerken wie glücklich sie über seine Reaktion war. Wenn er wirklich ein Dealer war, dann würde er die Gelegenheit doch ergreifen und ihr mit guter Laune Drogen verkaufen, doch er war beinahe an die Decke gegangen. Sie musste zu Hause unbedingt Alex anrufen und ihm von diesem Gespräch erzählen, er musste ihr langsam erlauben in eine andere Richtung zu ermitteln. Und sie wusste schon in welche.

 

Sie hatten den Segen von Havering und Edwards! Als Amber an diesem Morgen zur Schule fuhr freute sie sich richtig auf die langweiligen Stunden bei Mrs. Harper. Sie hatte 3 Kinder ihr ältestes war John, sie hatte ihn in den Kursen bei Jay kennengelernt und er war der beste in der Klasse, sei es nun Chemie, Physik oder Biologie. Alex hatte ihr seine Zeugnisse geschickt und Amber war sich sicher, dass er der beste Schüler an der Schule sein musste. Sie ging in den Klassenraum und setzte sich neben Liz. „Hey“, begrüßte sie diese, „ich habe dich hier glaube ich noch nie mit einem Lächeln durch die Tür kommen sehen.“

Amber grinste. „Kann schon sein.“ Gab sie zu und packte ihre Sachen aus. „Sag mal kennst du eigentlich John?“

„Harper?“

Amber nickte und Liz zuckte mit den Schultern. „Ich glaube den kennt niemand so genau, er hält sich von den meisten Schülern fern und ist zum richtigen Außenseiter geworden. Früher war er richtig nett und hilfsbereit, jetzt reagiert er gar nicht wenn man ihn grüßt.“

„Komisch.“

„Wieso? Es gibt doch immer solche Spinner. Und wieso interessierst du dich für ihn?“ Liz sah sie neugierig an.

„Ich will ihn fragen, ob er mal Lust hat mit mir auszugehen.“

„Du. Mit ihm. Ein Date?“

„Ja wieso nicht? Er ist doch süß.“ Amber zuckte mit den Schultern. „Und vielleicht ist er ja so lieb und gibt mir Nachhilfe.“

„Musst du wissen…“ Liz zuckte mit den Schultern und dann begann Mrs. Harper mit dem Unterricht.

In der Pause machte Amber sich auf den Weg zur hinteren Sporthalle, da standen die Raucher meistens und John hatte sie dort schon einige male gesehen, zwar rauchte er nicht aber er versteckte sich dort wohl vor dem Rest der Welt. Amber fand ihn, wie er auf dem Boden saß und in einem Buch las.

„Na interessant?“ fragte sie und ließ sich zu ihm auf den Boden gleiten. „Was liest du denn da?“

„Tolstoi.“

„Anna Karenina?“

John lachte. „Krieg und Frieden.“

„War ja klar!“ Sie grinste und sah in sein Buch. „Du liest es auf Russisch?“ Bewunderung lag in ihrer Stimme.

„Ja, ich wurde zweisprachig aufgezogen, du kennst ja meine Mutter, für sie kann man nicht gut genug sein. Außerdem war mein Vater Russe.“

„War? Ist er tot?“

„Ja, er ist schon vor Jahren bei einem Autounfall gestorben. Ich war noch ein kleines Kind.“

„Oh, das tut mir furchtbar leid!“

Er lachte. „Du kannst doch nichts dafür!“

„Ja, deine Mutter ist wirklich sehr streng.“ Kam sie auf das unverfänglichere Thema zurück. „Ist sie zu Hause auch so?“

„Sie ist eigentlich ganz nett, sie tut nur so streng, aber sie setzt hohe Erwartungen in mich.“

„Du bist der Beste Schüler der Schule, sie kann doch nur stolz auf dich sein, ich verstehe einfach nicht wie man…“ Sie unterbrach sich.

„Was?“ Forderte John sie auf.

„Naja, du bist so gut in der Schule, und ich checke im Unterricht so gut wie gar nichts!“ Gab sie niedergeschlagen zu.

„Ich könnte dir Nachhilfe geben.“

„Wirklich?“ Erfreut sah Amber ihn an. „Das würdest du tun?“

„Wieso sollte ich nicht?“ Verwundert sah er sie an.

„Naja…“ Sie druckste kurz herum. „Ich… die anderen erzählen nicht sehr erfreuliche Dinge über dich, meinen das du nicht leicht umgänglich bist.“

„Die haben doch keine Ahnung.“ Er presste seine Hand zur Faust und sah zu Boden. „Wieso hast du den Unterricht von Stone verlassen?“ Wechselte er plötzlich das Thema.

„Du warst doch dabei. Stone und ich, wir können einfach nicht zusammen.“ Wich sie ihm aus. „Also du warst nicht schlimmer als andere Mädchen, selbst jetzt sind genug in der Klasse die mit ihm flirten. Und die wechseln den Kurs nicht. Hat er dich rausgeschmissen?“

„Sagt er das?“

John schüttelte den Kopf. „Nein, ehrlich gesagt hat er gar nichts dazu gesagt. Aber die Schüler erzählen das.“

„Wusstest du das wir Nachbarn sind?“ John schüttelte nur den Kopf. „Und die Browns mögen ihn echt gern, sie haben ihn sozusagen adoptiert. Er ist mindestens zwei Mal die Woche zum Essen bei uns. Heather besteht darauf, dass wir uns zu Hause duzen, in der Schule ist er mein Lehrer und das wurde mir einfach alles zu viel. So ist es einfacher.“

„Machst du auch deshalb keinen Sport mehr?“

„Du glaubst mir nicht?“

„Ich glaube du stehst auf ihn und er auf dich. Habt ihr ein Verhältnis?“

Amber lachte. „Wir? Ein Verhältnis? Ganz sicher nicht! Wenn dann führt er sich höchstens wie mein großer Bruder auf, aber ganz sicher hat er keine anderen Gefühle mir gegenüber.“ Bis auf den Kuss dachte sie, aber da war er wahrscheinlich zu verschlafen gewesen um überhaupt zu wissen was er tat. „Wie kommen wir eigentlich auf so ein dummes Thema?“

John drehte sich von der Wand weg und setzte sich neben sie. „Also hast du keine Gefühle für ihn?“

„Ich bleibe nur eine Weile hier in Bosten, bald geht es wieder für mich nach Hause, ich will für niemanden tiefer Gefühle als Freundschaft entwickeln.“ Nicht das John noch auf blöde Gedanken kam und sich in sie verliebte, schoss es ihr durch den Kopf.

Aber John nickte. „Ja klingt logisch. Also wann hättest du mal Zeit für die Nachhilfe?“

„Ich bin eigentlich ganz flexibel. Morgen Nachmittag?“ John nickte. „Kommst du dann zu mir?“

„Nein, entweder du kommst zu mir oder wir machen es in der Schule.“ Fragend sah Amber zu John. „Na du willst doch etwas lernen, also brauchen wir ein Labor. Wir haben zu Hause eins oder wir benutzen das in der Schule.“

„Und du kannst einfach so in der Schule ins Labor?“

„Meine Mutter hat den Schlüssel.“

„Aber du darfst doch nicht…“

„Nein, eigentlich nicht, aber mich hat noch nie jemand erwischt.“

„Aber wenn uns dort jemand erwischen sollte, fliege ich bestimmt von der Schule. Können wir uns lieber bei dir treffen?“

Sie machten ein Termin aus und John gab ihr seine Adresse. Dann klingelte es zu nächsten Stunde und gemeinsam gingen sie in die Schule.

 

 

Kapitel 11

 

„Du bist wunderschön!“ flüsterte er an ihrem Nacken und strich ihr dabei eine Haarsträhne hinters Ohr. Ein Schauer durchfuhr sie und sie lehnte sich instinktiv näher an ihn, er drückte ihren Kopf an sein Jackett und tanzte mit ihr Barfuß im Sand. Seine Hand wanderte zu ihrem Kinn und zwang sie sanft, ihn anzusehen. Sie lächelte während sie in seinen strahlend blauen Augen, die dem Meer so glichen versank. Dann senkte er seine Lippen, Amber kam ihm näher und dann sagte er: „Ich habe dir die Drogen besorgt. Willst du sie gleich nehmen?“ Amber wich erschrocken zurück und sah Jay bestürzt an, doch plötzlich war es nicht mehr Jay, sondern John. Er griff in seine Tasche und zog einen kleinen durchsichtigen Beutel mit kleinen bunten Pillen daraus hervor und hielt sie ihr hin…

Amber schreckte hoch und strich sich ihre Haare aus der Stirn, sie schwang die Beine aus dem Bett und riss das Fenster auf. Was für ein schrecklicher Traum! Sie musste raus, einfach nur nach draußen joggen, sie vermisste es zu joggen, seit Wochen war sie schon nicht mehr laufen und jetzt war der Beste Augenblick dafür. Es war erst sechs Uhr, doch an Schlaf war einfach nicht mehr zu denken. Nicht nach diesem Traum. Sie zog sich schnell ihre Sporthose und ein Top an, ging ins Bad wusch sich schnell und lief dann leise die Treppe herunter. Draußen im Garten dehnte sie sich und ausgiebig und steckte sich dann wie gewohnt ihre Musik in die Ohren.

 

Jay konnte nicht mehr schlafen, er stand auf und sah aus dem Fenster und was er da sah erschreckte ihn Thea stand im Garten und dehnte sich. Sie hatte doch eine Knieverletzung, sie durfte gar nicht laufen! Doch es sah nicht danach aus, als ob sie beim Dehnen schmerzen hätte, es schien sogar so, als ob es ihr Spaß machte. Noch bevor er wirklich wusste was er tat stürmte er ins Bad und war kurze Zeit später in Sportklamotten unterwegs zum Strand. Er sah sie sofort und versteckte sich vor ihr. Sie lief Barfuß ihre Schritte waren gleichmäßig, immer im Rhythmus ihrer Musik kamen ihre Füße auf den Sand auf, doch nur für wenige Sekunden. Sie rannte, als ob sie vor jemanden davonlief, doch es war weit und breit niemand zu sehen. Sie lief soweit, dass er sie beinahe aus den Augen verloren hätte, doch dann drehte sie um und lief wieder zurück. Als sie wieder in seiner Nähe kam konnte er erkennen wie glücklich sie war. Sie dehnte sich erneut und plötzlich veränderte sich ihr Gesicht, sie lächelte und fing an zu tanzen. Es sah so faszinierend aus, dass er gar nicht anders konnte, er ging langsam auf sie zu. Sie hatte ihm den Rücken zugekehrt und es schien als ob sie für das Meer und die Sonne tanzte. Er wusste nicht was er tat, denn wenn er bei Sinnen gewesen wäre, dann hätte er das nie getan. Er legte seine Hand auf ihre Hüfte und drehte sie zu sich herum. Sie stieß einen spitzen Schrei aus und ihre Faust, flog direkt auf sein Auge zu, er drehte sich schnell weg und sekundenlang starrten sie sich an. Dann zog er ihr ein Stöpsel aus dem Ohr und steckte ihn in seines. Er erkannte die Stimme von Enrique Iglesias sofort und er lächelte, legte dann seine freie Hand auf ihre andere Hüfte und wiegte sie im Takt. Sie stand erst nur da und starrte ihn an, er grinste und löste somit ihre Spannung und gemeinsam wiegten sie sich zu der Musik. „Du bist gar nicht verletzt.“ Sagte er dann in die Stille und sie schüttelte den Kopf. „Ich habe gesagt, dass ich mich von dir fernhalte.“

„Wie hast du das mit dem Attest geschafft?“

„Das will ich nicht sagen.“

„Warum nicht.“

Sie sah ihm in die Augen, bat lautlos um Verständnis. „Weil ich sonst lügen müsste.“ Jay schwieg eine Weile und löste sich dann von ihr, er trat einen Schritt zurück. „Aber das Attest war echt?“ Sie nickte. „Und deine Freundin Ava ist wirklich Ärztin?“ Erneut nickte sie. „Wieso willst du Drogen?“ Sie sagte nichts und eine Weile schwiegen sie. „Du nimmst aber doch keine Drogen?“

„Nein, das habe ich noch nie, und will auch nie.“

„Ich verstehe das alles nicht. Für wen wolltest du sie denn?“

„Das kann ich dir nicht sagen.“ Es entstand eine kurze Pause. „Aber wenn ich welche haben wollte, könntest du mir welche besorgen?“

„Thea!“

Sie zuckte mit den Schultern. „Ich will es einfach nur wissen. Wärst du in der Lage?“

„Natürlich könnte ich welche machen. Ich könnte in der Schule das Labor benutzen und heutzutage findet man schon ganze Rezepte für alle möglichen Rauschdrogen im Internet. Warum willst du das wissen?“

„Hast du schon mal welche gemacht oder genommen?“

„Nein, verdammt noch mal! Was ist mit dir los?“ Aufgebracht sah er sie an. „Wer bist du? Ich dachte ich kenne dich mittlerweile ein bisschen, doch du bist mir genauso Fremd wie die Kassiererin im Supermarkt. Du trägst so viele Geheimnisse mit dir herum, vertrau mir doch.“

„Ich kann nicht…“ flüsterte sie mit Tränen in den Augen, dann rannte sie weg und Jay ließ sie laufen.

 

In der Schule bereut Amber was sich am Morgen am Strand abgespielt hatte. Sie hatte Jay zu sehr ausgequetscht und er war jetzt vielleicht misstrauisch, sie musste sich etwas einfallen lassen um ihn - falls er ihr auf die Schliche kam - abzulenken. Und sie glaubte, dass sie auch schon wusste wie sie es machen konnte.

Nach der Schule fuhr sie zusammen mit John, zu ihm nach Hause. Zuerst saßen sie nur in seinem Zimmer, dass das reinste Chaos war und unterhielten sich. Irgendwann kamen seine Geschwister und der stellte sie einander vor. „Wann kommt denn deine Mutter?“ Wollte Amber wissen.

„Ach das ist immer ganz unterschiedlich, mal früher mal später. Ich glaube heute wollte sie etwas später kommen, irgendein treffen oder so. Wollen wir in den Keller gehen?“

„Ist da euer Labor oder willst du mich da verführen?“ Amber grinste ihn frech an und stand auf.

„Du flirtest wohl echt immer, was?“

„Liegt in meiner Natur.“

„Du bist schwer durchschaubar.“ Sagte er auf dem weg nach unten.

„Wieso?“

„Man weiß nie, wann du etwas ernst meinst und wann du Scherzt.“

„Echt?“ Amber grinste. „Dann sage ich es mal so: Ich hoffe wir werden unten einen Versuch machen.“ Jetzt grinste John vor sich hin. „Deine Mutter steht eher auf den Theorieunterricht.“

„Mhhmm…“ Stimmte er ihr zu.  „Ich weiß, ihr Unterricht ist langweilig.“

„Wieso führt sie denn keine Versuche mehr durch?“

John zuckte mit den Schultern. „Ich habe keine Ahnung.“ Gestand er und öffnete die Kellertür. „Bereit?“

Amber nickte und trat hinter ihm ein. Sie konnte nur stauen, als er das Licht einschaltete, eine Wand bestand aus einer riesigen Arbeitsplatte und es standen Unmengen an Geräten herum, die Amber noch nie gesehen hatte. „Was macht ihr hier?“

„Wir werkeln ein bisschen herum. Es macht Spaß etwas zu erfinden, ich bin ja eigentlich lieber am Schrauben.“ Er deutete auf die gegenüberliegende Wand wo sie einfach nur ein riesiges durcheinander ausmachen konnte. „Ordnung steht bei dir nicht hoch oben im Kurs habe ich Recht?“ Sie grinste ihn spitzbübisch an und schlug ihn leicht auf die Schulter. „Zeig mir mal an was du so bastelst.“

Sie gingen rüber auf die andere Seite und er zeigte ihr verschiedene Modellautos, Hubschrauber und Flugzeuge. „Wir leben in einer Wegwerfgesellschaft. So viele Leute denken, dass etwas kaputt ist, wenn es nicht mehr richtig funktioniert. Ich besorge es mir und entweder repariere ich es oder baue etwas Neues daraus.“

„Und was wird das?“ Amber deutete auf einen Haufen vor sich.

„Ach ein kleiner Roboter für meinen kleinen Bruder, es spielt gern mit solchem Zeugs.“

„Süß, dass du sowas für ihn machst.“

„Ich schraube gerne und er spielt gern mit dem was dabei herauskommt, so sind wir beide zufrieden.“

„Hilft er dir manchmal dabei?“

„Nein, er kommt nie hier herunter.“

„Nicht? Darf er nicht?“

„Nein, er darf schon. Denke ich zumindest, nur will er nicht. Und meine Schwester kriegen keine zehn Pferde hier herunter.“ Und wie auf Kommando wurde die Tür oben aufgerissen und Adam, der jüngste der Harpers erschien am obersten Treppenabsatz. „John, bist du da unten?“

John sah entschuldigend zu Amber und diese grinste ihn an. „Schon okay.“

„Was gibt’s kleiner?“ Fragte John und lief die Treppe hoch.

Amber sah ihre Chance, zückte ihr Handy und machte ein Video von dem Raum. Öffnete Schubladen und Schränke und versuchte halbwegs gute Aufnahmen zu bekommen, dann sah sie einen Schrank in einer Ecke und wurde neugierig, da dieser ein dickes Vorhängeschloss hatte. Schnell machte sie auch davon Fotos und als sie die Tür hörte setzte sie sich schnell auf einen der Stühle und tat als würde sie sich mit ihrem Handy beschäftigen. John kam immer näher und Amber sah auf. „Ihr habt hier unten ja gar kein Netz.“ Beschwerte sie sich und hielt ihm ihr Handy unter die Nase. Er nahm es ihr aus der Hand und Amber hielt den Atem an, er hatte doch nichts bemerkt? „Ich gebe dir unser W-Lan Kennwort, dann hast du auch hier unten Empfang.“

Amber atmete auf. „Danke!“

„Keine Ursache, aber wir sollten jetzt mit dem Versuch beginnen.“

Es wurde noch ein langer Nachmittag und Amber fuhr erst gegen Abend nach Hause, doch noch auf dem Weg entschied sie sich anders. Sie rief bei Heather an und entschuldigte sich, dass sie heute nicht zum Abendessen kommen würde und schlug den Weg zu Alex ein. Am besten sie trafen sich bei ihm zu Hause, dann war die Gefahr auch nicht so groß gesehen zu werden.

„Du kommst gerade pünktlich zum Abendessen.“ Begrüßte ihre Schwägerin sie, als Alex sie in die Küche führte. „Eigentlich habe ich gar kein Hunger.“ Gab Amber zu, setzte sich aber an den Tisch. „Mein Essen wird dir schmecken, kocht die Brown nicht gut?“

„Doch. Warum fragst du?“

„Naja, man sieht doch, dass du abgenommen hast.“ Sophia stellte eine Terrine mit Suppe auf den Tisch und setzte sich, während Alex ein weiteres Gedeck aufstellte. „Was habt ihr nur alle mit meinem Gewicht?“ Beschwerte sich Amber und tat sich einen Löffel voll Suppe in den Teller. „Ich esse genug und Heather kocht auch sehr gut. Ich wage sogar zu behaupten, dass sie teilweise sogar besser als Mama kocht!“

„Niemals!“ Alex fuhr auf und Amber lachte. „Du hast eben noch nicht ihren Hackbraten probiert, der ist köstlich. Und die Wraps in ihrem Diner erst! Ihr müsst da unbedingt mal hin, schon allein die Atmosphäre…“

„Du willst vom Thema ablenken.“ Unterbrach Sophia sie und Amber starrte sie an. „Woher weißt du das?“

„Ich bin mit deinem Bruder verheiratet, eure Masche kenne ich bereits. Also schieß los, wenn es nicht das Essen ist, was ist es dann? Macht der Job die zu schaffen?“

„Nein.“ War Ambers kurz angebundene Antwort, dann aß sie einen Löffel Suppe und noch einen beim dritten hielt sie es nicht mehr aus und sah strafend ihren Bruder an. „Wie hältst du es bloß mit ihr aus?“

Alex fing an zu Lachen und aß genüsslich seine Suppe weiter. „Sie ist meine Frau, ich habe keine Geheimnisse vor ihr, mir bleibt so etwas erspart.“ Er deutete mit dem Kopf auf Sophia, die Amber noch immer Wortlos anstarrte.

„Und wie lange wird sie das jetzt machen?“

„So lange, bis du ihr sagst was sie wissen will.“

Amber schnaubte. „Na toll!“

„Naja wo sie recht hat, hat sie recht. Du hast eingefallene Wangen und wenn es nicht der Job ist, würde mich auch sehr interessieren was dich so quält.“

„Ihr! Ihr beide und Ava, ihr quält mich.“

„Aber doch nicht so, dass du deswegen aufgehört hast zu Essen.“ Jetzt schmunzelte Alex, und Amber steckte sich den nächsten Löffel in den Mund und nahm sich ein weiteres Stück Brot. „Das Brot schmeckt wirklich gut.“ Beteuerte Amber und Sophia nickte. „Sie wird nicht reden, bis sie gehört hat, was sie hören will oder?“ Amber sah fragend zu ihrem Bruder.

„Als ich ihr den Verlobungsring gekauft habe, wurde ich von ihrer Freundin in der Stadt gesehen. Als ich nach Hause kam fragte mich Sophia wo ich in der Mittagspause war und ich sagte, dass ich im Büro geblieben bin. Sie hat den ganzen Abend kein Wort mehr mit mir geredet. Drei Stunden später schaltete ich den Fernseher ein und sie setzte sich stumm auf diesen Sessel.“ Er deutete mit dem Finger auf den Sessel, der der Couch gegenüberstand. „Sie hat mich eine knappe Stunde angestarrt, also habe ich ihr den Antrag während der Werbung gemacht.“

Amber lachte los, dann wurde sie wieder Ernst. „Ich habe mich verliebt.“ Sagte sie dann und starrte auf ihren Teller. Sophia sprang von ihrem Stuhl und es war ihr völlig egal, dass dieser hintenüberkippte und polternd zu Boden fiel. Sie fiel Amber strahlend um den Hals. „Ich wusste doch, dass da was ist!“

„Wusstest du das du echt anstrengend bist?“ Amber grinste und ließ sich von ihr umarmen.

„Joa, das höre ich öfter, aber diese Masche hat schon immer funktioniert.“

Alex hob den Stuhl vom Boden auf und Sophia setzte sich wieder. „Und wer ist es?“ Wollte er nun wissen.

„Ist es denn so wichtig?“ Amber sah ihren Bruder flehentlich an, doch dieser starrte sie wütend an. „Sag mal spinnst du? Er ist ein Tatverdächtiger! Wie kannst du dich in ihn verlieben?“ Fuhr er sie dann auch schon an.

„Ach was meinst du, warum es mir so beschissen geht?“ Begehrte Amber auf. „Denkst du, dass ich es mir ausgesucht habe?“

„Er ist dein Lehrer!“

„Ich habe kein Unterricht bei ihm. Und ich bin auch kein Kind mehr.“

„Aber er denkt das!“

„Das weiß ich!“

Die Geschwister schrien sich über den Tisch hinweg an und Sophia sah von einem zum anderen.

„Hat er dich angefasst?“ Jetzt wurde Alex noch wütender und stand vom Stuhl auf, Amber sagte gar nichts mehr. „Hat er?“ Und da Amber noch immer beharrlich schwieg, drehte er völlig durch. „Ich bringe ihn ins hinter Gittern!“

„Und wegen welchem Verbrechen willst du ihn beschuldigen?“ Fragte Sophia völlig ruhig an ihn gewandt und Alex verstummte, setzte sich wieder an den Tisch und sah zu Amber. „Sorry.“ Murmelte er.

„Er hat nichts Unrechtes getan.“ Flüsterte Amber und schob den Teller von sich. „Was meinst du wohl wie ich mich fühle? Als ob ich das geplant habe!“

„Wieso ist er denn tatverdächtig?“

„Weil die Ehrenwerten Herren Edwards, Havering und dein lieber Gatte es nicht haben können, wenn ein gutaussehender Kerl beliebt und Erfolgreich ist.“

„Das ist doch völliger Quatsch.“

„Das ist überhaupt kein Quatsch, ihr hattet nichts gegen ihn in der Hand und doch habt ihr mich auf ihn angesetzt und dabei ist er so sauber, wie… keine Ahnung mir fällt jetzt nichts ein. Aber die Harper, sie hat ja drei Kinder und ist lange nicht so gutaussehend und beliebt. Ihr hättet mich sofort auf sie ansetzten sollen, dann hätte ich schon lange Ergebnisse!“

„Du hast etwas herausgefunden?“ Jetzt sah Alex sie Fassungslos an.

„Ich denke schon. Ich war heute bei ihr zu Hause, sie hat im Keller ein ganzes Labor und sie bleibt oft lange da unten. Das hat mir John zumindest erzählt. Ich habe ein Video gemacht als ich kurz alleine war und dann habe ich ein Schrank gefunden der ein dickes Schloss hatte, vielleicht irre ich mich, aber vielleicht auch nicht.“

„Da könnte etwas dran sein. Und denkst du John hat etwas damit zu tun?“

„Nein, so kommt er nicht rüber, ich denke zwar schon, dass er es hinkriegen würde Drogen herzustellen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er es macht.“

„Meinst du, du würdest es hinkriegen die Familie mal aus dem Haus zu locken, damit ich mir mal angucke was in dem Schrank ist?“

„Ich könnte John das nächste Mal auch einfach fragen.“

„Oder so.“ Alex grinste, dann wurde er wieder Ernst. „Amber, Amber… Ich wusste, dass du dich in ihn verliebst, habe ich es dir nicht schon von Anfang an gesagt?“

„Ich irre mich in ihm nicht. Er ist einer der guten, vertrau mir doch.“ Bat sie.

„Ja ich vertraue dir ja, aber ich mache mir Sorgen.“

„Die mache ich mir doch auch, guck mich doch mal an, ich kann nachts kaum noch schlafen. Ich darf wegen einer blöden Knieverletzung kein Sport machen und…“

„Du hast dich am Knie verletzt?“ Alex sah sie bestürzt an. „Davon hast du…“

„Nein, ich bin völlig in Ordnung, aber ich brauchte Zeit und das Cheerleader Training hat mir zu viel davon genommen, abgesehen davon ist Jay auch mein Sportlehrer.“

„Sie nennt ihn schon Jay!“ Sophia grinste.

„Sie nennt ihn schon immer Jay.“ Meinte Alex trocken. „Und dann hast du eine Verletzung vorgetäuscht, sodass du nicht mehr an seinem Unterricht teilnehmen musst? Welcher Arzt macht so etwas?“

„Ava?“ Amber grinste verschwörerisch.

„War ja klar! Und wieso hast du den Kurs gewechselt?“

„Ich konnte nicht mehr in seinem Unterricht sitzen, nicht nachdem wir uns…“ Amber brach abrupt ab.

Sophia strahlte und Alex starrte sie wütend an. „Ihr habt nicht!“

„Und ob sie haben!“ Sophia grinste. „Wie war es? Und wo?“

„Ja, das wüsste ich allerdings auch gerne!“

„Als ich bei ihm eingebrochen bin.“

„Du bist… WAS?“ Sophia sah sie geschockt an. „Wusstest du das?“ Aufgebracht sah sie ihren Mann an.

„Ja.“

„Und du hast es zugelassen? Was wäre, wenn er doch einer der bösen gewesen wäre?“

„Ich habe gar nichts zugelassen, sie musste so eine doofe Mutprobe machen! Kinder!“ Alex schnaubte.

„Eine Mutprobe?“ Sophia strahlte. „Ich will alles wissen!“

 

 

Kapitel 12

 

 Jay sah aus seinem Bürofenster als er das Auto hörte und erkannte Ambers Mini Cooper, dann sah er auf die Uhr, es war beinahe Mitternacht. Wo war sie nur so lange geblieben, dieses Mädchen hatte doch ein Geheimnis und er würde schon dahinterkommen! Nur hatte er bis jetzt leider nichts herausgefunden. Heute hatte er sich in der Schule ihre Akten angesehen und es schien alles okay zu sein. Dann hatte er sogar bei der Stelle angerufen, die Thea an diese Schule vermittelt hatte, aber auch die konnten ihm nichts Neues über sie erzählen. Vielleicht musste er mal an ihrer alten Schule in Deutschland anrufen, aber er fragte sich was er da herausfinden sollte. Wahrscheinlich war er einfach nur Paranoid. Oder verrückt. Oder beides. Er wollte sich ja selbst nicht mal eingestehen, dass er Gefühle für sie hatte, er wünschte sich sogar, dass sie vorbeigehen würden und dass er nicht jedes Mal eifersüchtig wurde, wenn sie mit den Jungs in ihrem Alter flirtete oder… ne mehr wollte er sich wirklich nicht vorstellen. Er schüttelte den Kopf, legte seine Papiere alle ordentlich zusammen, schaltete das Licht aus und streckte sich. Er saß bestimmt schon seit drei Stunden auf diesem Stuhl und langsam bekam er wirklich Hunger.

Er ging die Treppe herunter und belegte sich schnell ein Sandwich, spülte es mit einem Glas Wasser herunter und ging dann ins Bad um sich Bettfertig zu machen. Als er ein paar Minuten später in seine Zimmer kam, schaltete er das Licht ein und sah, dass auch bei Thea noch das Licht an war. Und da es ein warmer Abend war ging er zum Fenster und öffnete es. Er setzte sich, so wie er war, nur mit einer Shorts bekleidet auf die Fensterbank und schnappte sich seine Bibel um darin noch etwas zu lesen. Nach zehn Minuten wurde er unterbrochen. „Sie sollten schlafen gehen um morgen fit für die Schule zu sein, Mr. Stone.“ Hörte er die Stimme von Amber, er grinste.

„Das kann ich nur zurückgeben.“ Er hörte ihr Lachen förmlich heraus und da er nicht wollte, dass der Augenblick vorüber ging fragte er: „Wie war dein Tag?“ Er sah zu ihr herüber und war zum ersten Mal froh, dass ihre Häuser so dicht standen. Thea hatte ihre Haare zu einem Dutt hochgesteckt, und trug nur ein Top und Shorts. Ihr war wohl auch warm.

„Ganz okay, ich war heute bei John, er gibt mir ein bisschen Nachhilfe.“

„Das ist gut.“ Zwar gefiel ihm die Vorstellung nicht, dass Thea allein mit John war, doch das war ihre Angelegenheit. „Meines Erachtens kannst du das gebrauchen.“

Theas Lachen drang zu ihm. „Ja ich weiß, ich bin echt grottenschlecht in sowas. Ich weiß bis heute nicht ob Schnecken Pestizide oder…“

„Nützling oder Schädling!“ Unterbrach er sie grinsend.

„Stimmt.“ Thea schlug sich die Hand vor den Kopf. „Was sind sie denn nur?“

„Die meist gehassten Nützlinge.“

Thea lachte. „Oh ja, ich finde sie auch total ekelig.“

„Mein Geschmack sind sie auch nicht.“

„Also probiert habe ich sie noch nie!“ Thea sah glücklich aus und sie wirkte ganz entspannt. So hatten sie noch nie miteinander geredet und es gefiel ihm sehr gut, er wollte gar nicht, dass dieses Gespräch endete, also suchte er schnell ein neues Thema. „Erzähl mir von Deutschland, ich war noch nie da.“

„Deutschland ist toll!“ Schwärmte sie und fing an ihm von den Städten und den kleinen Dörfern zu erzählen, von den Schwaben und den Bayern. Sie ahmte deren Ausdrucksweise nach und lachte über sich selbst. Sie erzählte von den Inseln und was sie sonst noch alles über ihr Heimatland wusste. „Und deine Eltern? Und hast du Geschwister? Wollte er nach einer Weile wissen. Thea stockte kurz und fuhr dann fort. Meine Mutter Laura arbeitet bei einem Anwalt und mein Vater ist Polizist. Geschwister habe ich keine.“

„Oh dann müssen deine Eltern gute Positionen haben, wenn ihr so wohlhabend seid.“

„Ja. Wie ist es mit Ihrer Familie? Wo kommen Sie her?“

„Nenn mich Jay.“ Entschlüpfte es ihm noch bevor er darüber nachdenken konnte. „Zumindest, wenn wir zu zweit sind. Ich kann es nicht hören, wie du mich höflich mit Mr. Stone ansprichst.“

„Okay. Gerne. Und wie ist es jetzt mit deiner Familie Jay?“

Er liebte es wie sie seinen Namen aussprach. „Ich bin ebenfalls Einzelkind, meine Eltern waren schon ein bisschen älter als meine Mutter schwanger wurde. Mein Vater war Professor und meine Mutter Bibliothekarin jetzt sind sie im Ruhestand und leben in Kelowna. Warst du schon mal dort?“ Thea verneinte und er fuhr fort von der Stadt zu erzählen. So vergingen zwei Stunden. Sie unterhielten sich einfach nur irgendwann sah Jay auf die Uhr und drängte Thea schlafen zu gehen, sie verabschiedeten sich, sie verschloss das Fenster und er legte sich mit offenem Fenster ins Bett und diesmal schlief er sofort ein.  

 

Amber hatte seit Wochen nicht mehr so gut geschlafen wie die letzte Nacht. Sie war wie auf Wolken in ihr Bett gefallen und war sofort eingeschlafen, ihr Gespräch mit Jay war so schön gewesen und noch nie hatte sie sich so lange und so gut mit ihm unterhalten und die meiste Zeit war sie ehrlich zu ihm gewesen, nur die Sache mit ihrer Familie, da musste sie lügen. „Thea! Erde an Thea!“ Amber drehte sich um und sah Tess die mit Madison im Schlepptau hinter ihr ging. „Sorry, war gerade ganz in Gedanken.“

„Ist er heiß?“

„Definitiv nichts für dich!“ Amber lachte und umarmte die Mädels.

„Du hast dich in letzter Zeit sehr oft rargemacht, wer ist der Kerl? Denn ich akzeptiere nur eine Entschuldigung, wenn er auch wirklich ein sehr, sehr heißer Typ ist!“

„Da ist kein Typ. Was gibt es.“

„Wusstest du, dass du voll die Spielverderberin bist?“ Madison sah sie anklagend an. „Tess und ich rätseln schon seit Tagen, wer…“

„Maddie, da ist niemand. Wirklich! Alles Rätseln ist also umsonst. Ihr kennt doch meine Regel: Flirten? Ja. Mehr? Nein!“

„Du hast also keine heiße Affäre?“

„Nein.“ Amber grinste. „Vielleicht sollte ich doch einen Freund erfinden, der zu Hause auf mich wartet.“

„Untersteh dich!“ Tess sah sie drohend an. „Dann wirst du hier keinen Spaß mehr haben.“

„Und damit könnt ihr beide nicht leben, weil ihr schon in festen Händen seid?“

„Genau!“ Nickten die Mädels. „Was ist mit heute Abend? Bist du dabei?“

„Heute Abend?“ Amber sah die beiden fragend an.

„Das Spiel?“ Tess sah sie empört an. „Sag bloß, dass hast du vergessen?“ Amber grinste und nickte nur. „Du wirst mit anfeuern und danach machen wir Party auf Xanders Boot.“

„Xander hat ein Boot?“

„Naja, eher seine Eltern.“

„John!“ Rief Amber plötzlich als sie ihn zwischen den Schülern erblickte und sah zu den Mädels. „Ich habe nachher Nachhilfe bei ihm, ich weiß nicht wie lange es dauert.“

„Vergiss die Nachhilfe, genieß die paar Monate hier!“

John kam und Amber begrüßte ihn. Er umarmte sie kurz und nickte dann den beiden Mädchen zu. „Was meinst du, wie lange wird das heute dauern?“

„Was?“

„Die Nachhilfe, was hast du geplant?“

„Musst du zu dem Spiel?“ Amber biss sich auf die Lippe und sah ihn entschuldigend an und nickte dann. „Wir können bis dahin durch sein.“ Meinte er dann.

„Du kannst mich doch auf die Party begleiten!“ Schlug die freudig vor und sah dann in die nicht so fröhlichen Gesichter von Tess und Madison. „Ich darf doch jemanden mitbringen oder?“ Tess nickte nur und sah überhaupt nicht begeistert aus. „Toll!“ Amber übersah die Abneigung in Tess Blick und Grinste zu John. „Du musst unbedingt mal rauskommen, das wird eine schöne Abwechslung zu deinen langweiligen russischen Büchern sein.“

„Wie du meinst, ich muss dann los, meinen Bruder von der Schule abholen, wir sehen uns dann gleich bei mir?“

Amber nickte und John verschwand. „Warum seid ihr so gemein zu ihm?“

„Er ist ein Streber?“ Madison sah ihm hinterher. „Und er hat überhaupt keinen Style.“

„Ihr seid ja so fies. John sieht eigentlich ziemlich gut aus.“

„Nackt?“

„Tess!“ Amber sah sie strafend an und Tess grinste. „Ist doch wahr, guck dir doch mal an, was er trägt.“

„Hört auf so schlecht über ihn zu reden, er ist ein ganz netter Kerl.“

„Nett und langweilig!“

„Ich geh dann mal, wir sehen uns dann heute Abend.“ Amber küsste die beiden zum Abschied auf die Wange und lief zum Auto. Kurze Zeit später kam sie bei John an und sah gerade noch wie seine Mutter mit seinen Geschwistern vom Hof fuhr. Sie klopfte und John öffnete die Tür. „Wo ist denn deine Mutter mit den beiden hin? Ich habe sie vom Hof fahren sehen. Sie mich aber anscheinend nicht.“ Sie grinste fröhlich und gab John ganz spontan einen Kuss auf die Wange und trat dann ein. John der ein bisschen baff wirkte trat einen Schritt zurück. „Die sind zum Augenarzt und danach wollen sie einkaufen fahren.“ Er öffnete Kühlschrank. „Siehst du, tote Hose. Willst du was trinken?“

Amber schüttelte den Kopf und setzte sich auf den Tisch. „Was hältst du davon, wenn wir auch einkaufen fahren?“ Sie sah ihn prüfend an.

„Einkaufen?“

„Ja, wir kaufen dir für die Party heute Abend ein neues Outfit.“

„Ich weiß nicht mal ob ich zu der Party will.“ Gab er zu.

„Warum denn nicht?“

„Ich bin ein Streber, die Leute haben keine Lust auf mich.“

„Die sollen sich mal nicht so anstellen, jetzt geh in dein Zimmer hol deine Sachen und dann verschwinden wir von hier.“ Sie schubste ihn zur Treppe und als er oben war ging sie zur Hintertür, schloss sie auf und holte dann ihr Handy aus der Tasche und wählte Alex Nummer, er ging sofort dran. „Hey ich habe keine Zeit, aber du hättest jetzt freie Bahn bei der Harper.“ Flüsterte sie in ihr Handy. „Sie ist mit den Kindern unterwegs und ich fahre mit John einkaufen.“ Sie redete deutsch, falls John mitbekam das sie telefonierte. „Ich schicke dir gleich die Adresse, die Tür hinten ist auf.“

„Ist okay, ich sehe mich da dann mal um.“

„Pass auf dich auf.“

„Du auch!“

Sie legte auf und rief in Richtung Treppe: „Hast du Kontaktlinsen?“ Johns Zimmertür öffnete sich und er streckte den Kopf heraus. „Ja, warum?“

„Mach sie rein, sie betonen deine Augen mehr.“ Sie ging zur Spüle und trank ein Glas Wasser, dann stand er vor ihr. „Ich bin soweit.“ Amber lächelte. „Sag ich doch, man sieht sofort deine Augen.“

Eine Stunde später hatten sie fast ein Komplettes Outfit geshoppt, es fehlten nur noch die Schuhe. Das gute an John war, dass er nicht murrte, egal was Amber ihm in die Umkleide reichte er zog es ohne wiederworte an und wartete auf ihr Urteil. „Ich glaube ich will jetzt immer mit dir shoppen, du tust alles was ich will.“ Lachte Amber als sie ihm ein dunkelgraues Cargo Hemd reichte und John nur die Augen verdrehte als er es sah. „Zieh es mal an, darunter das weiße Shirt und die dunkle Hose, die du sowieso kaufen musst.“

„Zu Befehl!“ Er salutierte und zog den Vorhang wieder zu.

„Ich suche dir eben Schuhe, bin gleich wieder da.“

Amber kam fünf Minuten später mit Boots, einer Pilotenbrille und einem Cap wieder und widerstandslos zog John sich die Schuhe an. Amber drehte sich um. „Wieso drehst du dich weg?“

„Ich will das Gesamtbild sehen.“ Sie hörte ihn lachen, dann trat er aus der Umkleide und stellte sich vor den Spiegel um sich selbst du betrachten. Als Amber ihn sah strahlte sie. „Wie findest du es?“ Wollte sie begeistert wissen und begann die Ärmel des Hemds aufzurollen. Dann zupfte sie das Shirt aus der Hose und stellte sich vor ihn. „Wo ist das Cap?“

„Das steht mir nicht!“

„Rede keinen Quatsch!“ Sie ging in die Umkleide und holte es, dann setzte sie es ihm auf den Kopf und zog die Brille, die er am Ausschnitt des Shirts hängen hatte heraus und setzte sie ihm auf, trat zwei Schritte zurück und starrte ihn an. „Wow!“ Brachte sie heraus. „Wärst du ein bisschen älter würde ich mit dir ausgehen.“

„Ich bin älter als du!“ Protestierte er.

„Aber nur ein paar Monate. Mein Freund müsste mindestens zwei bis drei Jahre älter sein.“

„Also habe ich keine Chance?“

„Bei mir nicht.“ Sie sah ihn mit einem aufmunternden lächeln an. „Aber bei den Mädels schon. Du siehst wie ein ganz neuer Typ aus, richtig scharf!“ Sie lachte und John zog sie in die Arme und lachte ebenfalls, sie alberten noch eine Weile herum. Amber durfte John noch ein weiteres Outfit aussuchen und dann fuhren sie gemeinsam zu dem Spiel. Sie kamen ein wenig zu spät und Amber lief schnell in die Umkleide um sich in ihre Uniform zu schmeißen, sie band ihre Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen und lief dann schnell wieder zu John, der vor der Tür auf sie wartete.

Die Jungs standen schon auf dem Spielfeld und wärmten sich auf und die Cheerleader waren auch dabei ihre Choreo noch einmal durchzugehen, aber da Amber ja nicht mittanzte, sondern nur anfeuerte war es auch nicht schlimm. Die Tribüne war ungefähr zur Hälfte gefüllt und Amber schlenderte am Arm von John zu den Mädels. Fröhlich grüßte sie diese und neugierig sahen Tess und Madison zu ihr und John. „Ich dachte da wäre kein heißer Typ.“

„Ich habe nie behauptet, dass John nicht heiß wäre. Ihr wart der Meinung, aber wie sagt man so schön? Kleider machen Leute? Sieht unser John nicht Hammer aus?“ Amber strahlte die Cheerleader an die sich um die beiden gescharrt hatten. „Du bist verrückt!“ Flüsterte John ihr ins Ohr. „Du wirst mir später noch danken.“ Prophezeite sie und überließ ihn sich selbst. Sie zog Tess und Madison hinter sich her. „Na seid ihr jetzt auch der Meinung, dass John auch gut aussehen kann?“

Tess grinste. „Also hast du ihm heute Nachhilfe gegeben!“

Amber lachte. „So könnte man es sagen, es hat aber auch so viel Spaß gemacht. Der Junge lässt alles mit sich machen, ich konnte…“

„Thea?“ Amber drehte sich um und sah zu ihrer Verblüffung Jay hinter sich stehen.

„Ja?“

Er grinste als er sah wie Tess und Madison den Rückzug antraten. „Die müssen nicht gehen.“

„Das weiß ich.“ Warf sie über ihre Schulter zurück, sodass die beiden sie hörten. „Was gibt es denn?“

„Du solltest mit deinem verletzten Knie vielleicht auf das Cheerleading verzichten.“

Amber senkte ihre Stimme. „Jay, du weißt so gut wie ich, dass mit meinem Knie alles okay ist.“

Er liebte es wie sie ihn nannte. „Ich weiß, aber alle anderen hier nicht.“ Er zwinkerte und wollte sich schon umdrehen, besann sich aber anders. „Wer lässt alles mit sich machen?“

„Eifersüchtig?“

„Habe ich Grund dazu?“

Sie zuckte mit den Schultern. „Flirten wir hier gerade?“ Jetzt zuckte er mit den Schultern und lächelte. „Kann sein.“ Dann sah sie die bitte in seinen Augen und beantwortete seine Frage, bevor er sie widerholen musste. „Nein, du musst nicht eifersüchtig sein. Ich war mit John beim einkaufen und er hat widerstandslos das angezogen, was ich ihm gebracht habe.“ Sie deutete mit dem Finger auf John, der neben einem hübschen Mädchen stand und sich mit ihr unterhielt. „Das ist John?“ Amber nickte stolz. „Bist du sicher, dass du einen Stylisten brauchst? Ich hätte das auch angezogen, sieht gut aus.“ Amber freute sich über dieses Kompliment und lächelte. „Nächstes Mal gehe ich gerne mit dir einkaufen.“ Jay grinste drehte sich um und war schon zwei Schritte weit gegangen als Amber rief: „Mr. Stone!“ Er drehte sich um. „Nur mein Knie ist kaputt, meine Stimme ist noch gut zu gebrauchen, anfeuern kann ich noch immer!“ Jay lachte und hob die Hand, dann joggte er wieder zu den Jungs.

Auch dieses Spiel gewann die Newman High zwar ein wenig knapper als das letzte Spiel, aber sie hatten gewonnen und das war was zählte. Die Verlierer Mannschaft war schnell in den Umkleiden verschwunden, während die Newmans von ihren Fans gefeiert wurden. Doch auch bald verließ der letzte Mann das Spielfeld und es kehrte ruhe ein.

Amber war frisch geduscht und machte sich jetzt sorgfältig für die Party zurecht. Sie hatte sich eine mit Pailletten besetzte silberne Shorts eingepackt und dazu ein enganliegendes schwarzes Bauchfreies Top und schwarze Peeptoe Boots. Ihre Haare ließ sie offen über ihren Rücken fallen. Zufrieden drehte sie sich zu den anderen. „Und kann ich so zu eurer Party gehen?“

„Thea!“ Madison sah sie an. „Bist du sicher, dass du so hingehen willst?“

„Warum nicht?“

„Naja… da wird es vielleicht nicht bei einem frechen Flirt bleiben.“ Sie grinste und die anderen Mädchen lachten, stimmten ihr aber zu.

„Ich fühle mich gut. Und ich weiß, wie ich die Typen auf Abstand halten kann.“

Sie verabschiedete sich und ging raus auf den Flur, wo John auf sie wartete. Als er sie sah blieb ihm der Mund offenstehen und Amber grinste. „So schlimm?“

„Bist du sicher, dass du nicht mit mir ausgehen willst?“

Sie umarmte ihn kurz. „Du bist süß! Und wie gesagt, leider ein bisschen zu jung.“ Sie zwinkerte und Arm in Arm gingen zu ihrem Auto und fuhren zum Hafen.

Die Party war schon in vollem Gang und laute Musik begrüßte sie. „Komm wir gehen tanzen!“ Forderte John sie auf. „Du tanzt?“ Verwundert sah sie ihn an.

„Natürlich, ich tanze für mein Leben gern. Nur weil ich ein Streber bin, heißt es noch lange nicht, dass ich keine anderen Hobbys habe.“

Amber hob ergeben die Hände. „Ich entschuldige mich vielmals wegen meiner Vorurteile dir gegenüber.“ John lachte und zog sie mit sich. Es wurde ein lustiger Abend und Amber unterhielt sich mit vielen Leuten, die sie überhaupt nicht kannte. Sie bekam immer bessere Laune und feierte laut mit. Irgendwann dröhnte ihr der Kopf und sie sah auf die Uhr, es war schon nach vier Uhr morgens und plötzlich ging es ihr gar nicht mehr gut. Sie wollte nach Hause, aber sie war nicht in der Lage allein zu fahren und ihre Freunde hatten schon alle die Party verlassen oder sie fand sie nicht. Also entschied sie sich, dass es besser wäre die paar Kilometer zu Fuß zu gehen. Da ihr die Füße schrecklich wehtaten, zog sie sich die Schuhe aus und ging Barfuß, als sie die Hälfte des Weges geschafft hatte wurde ihr immer übler und sie ergab sie am Straßenrand. Warum ging es ihr nur so dreckig? Sie hatte doch gar keinen Alkohol getrunken, plötzlich ging ihr ein Licht auf. Irgendjemand hatte ihr Drogen verabreicht! Von dieser Erkenntnis wurde ihr erneut übel und sie schleppte sich nach Hause, doch vor der Einfahrt blieb sie stehen, sie war zu nichts in der Lage. Ihre Hände zitterten und ihr platzte beinahe der Kopf! Wie konnte das nur passieren? Stöhnend ließ sie sich auf die Straße sinken und wollte weinen, doch sie nahm sich zusammen und sah zu Jays Zimmer. Er musste ihr helfen! Sie rappelte sich auf, stieß sich dabei den Fuß an der Ecke der Mauer die, die Grundstücke voneinander trennte. Voller Schmerzen humpelte sie zu Jays Haustür und klingelte, als sich nichts regte klingelte sie ein weiteres Mal und irgendwann nahm sie den Finger gar nicht mehr von der Klingel. Plötzlich flog die Tür auf und Amber verlor das Gleichgewicht, sie schwankte und hätten starke Arme sie nicht festgehalten, dann wäre sie hingefallen. „Thea! Was um Himmels Willen machst du hier?“

„Akku leer.“ Sie hielt ihm ihr Handy hin, doch Jay verstand gar nichts und half ihr auf das Sofa. „Du solltest nach Hause ins Bett gehen.“ Amber lehnte sich an die Lehne und würde am liebsten einschlafen, doch sie musste wach bleiben. „Ava, ruf Ava an. Sie soll einen Bluttest machen.“

„Bluttest?“

„Drogen!“

„Du hast Drogen genommen?“ Entgeistert sah er auf sie herab und Amber hatte Mühe wach zu bleiben. „Ich darf nicht schlafen.“ Flüsterte sie und machte die Augen zu. Sofort war Jay bei ihr und schüttelte ihren Kopf. „Thea! Bleib wach!“ Befahl er laut und sie nickte. „Ava. Sie soll Alex anrufen, sie müssen herkommen.“

„Alex?“ Noch verwirrter sah Jay zu Amber. „Wieso kennt Ava Alex?“

„Ruf doch bitte erstmal an!“ Bat sie schwach.

„Schlaf nicht ein!“ Befahl er noch einmal und lief hoch um sein Ladegerät für das Handy zu holen und sich etwas überzuziehen. Keine Minute später war er wieder unten in einer Sporthose und T-Shirt und sah zu Amber die noch immer so dasaß wie er sie verlassen hatte. Er wartete, bis das Handy hochfuhr. „Dein Pin Thea!“

Thea nannte ihm die Nummer und er tippte sie ein, dann öffnete er das Telefonbuch und sah sofort die Nummer von Ava. Er drückte auf den anrufen Button und nach dem ersten Klingeln ging sie dran. „Süße alles okay?“ Erklang Avas besorgte Stimme.

„Hallo, hier ist Jay, Thea liegt bei mir auf dem Sofa und hat gesagt, dass ich Sie anrufen soll.“

„Ist alles okay mit ihr?“

„Das ist schwer zu sagen…“ Jay sah besorgt zu Amber, die sich den Kopf hielt. „Ich glaube sie hat Kopfschmerzen.“

„Die Drogen Jay.“ Flüsterte Amber.

„Und sie sagt, irgendwas von Drogen, Sie sollen kommen und einen Bluttest machen.“

„Ich bin sofort da! Geben Sie ihr viel Wasser!“ Sie legte auf und er hörte das Piepen in der Leitung.

„Was ist mit Alex?“ Wollte Amber wissen und Jay zuckte mit den Schultern. „Sie hat einfach aufgelegt.“ Er ging zum Kühlschrank und holte eine Flasche Wasser, öffnete sie und reichte sie ihr. Dann sah er ihre zitternde Hand. „Thea…“ Flüsterte er leise. „Was hast du nur gemacht?“ Dann hob er die Flasche an ihren Mund und Amber trank. „Danke.“ Flüsterte sie und ließ ihren Kopf wieder gegen die Lehne fallen. „Ruf bitte Alex an.“

„Ich will ihn nicht anrufen.“ Jay sah sie an, dann stand er auf und holte eine Decke und deckte sie sanft zu. „Ich will nicht. Ich kümmere mich um dich.“

In Ambers Augen standen Tränen und schnell wischte sie, sie weg, doch Jay hatte sie gesehen. „Es tut mir leid.“ Ihre Stimme war kaum mehr als ein flüstern.

„Was tut dir leid?“ Er setzte sich neben sie und nahm sie in den Arm. Sie schmiegte sich an ihn und genoss seine Nähe.

„Mir tut leid, dass ich gelogen habe.“

„Ich weiß doch, dass du gelogen hast. Aber das ist okay, ich komme damit klar.“

„Du verstehst es nicht!“ Sie rückte von ihm ab und sah ihm ins Gesicht. „Ich habe mich in dich verliebt.“ Gab sie zu und sah wie sich Jays Gesicht von einer bestürzten Miene zu einem Strahlen veränderte, dann wurde sie wieder Ernst. „Ich habe mich auch in dich verliebt.“ Gab er dann zu und nahm sie in den Arm. „Wir werden es schon schaffen, bald bist du 18 wir können nach Deutschland gehen und dann steht uns doch nichts mehr im Weg.“ Versuchte er sie aufzumuntern als sie anfing zu weinen. „Du wirst mich hassen.“

„Niemals!“

„Du weißt ja nicht mal was du da redest!“ Fuhr sie ihn an.

Plötzlich klopfte es heftig an die Tür und Jay sprang auf um zu öffnen. Doch nicht Ava, die er erwartet hatte betrat den Raum, sondern Alex! „Was wollen Sie in meinem Haus?“ Aufgebracht fuhr Jay ihn an, doch Alex kümmerte es nicht und stieß ihn ein Stückchen zur Seite um zu Amber zu gehen. Er setzte sich zu ihr auf das Sofa und nahm sie in den Arm. „Ist alles okay? Was ist passiert? Ava hat mich angerufen und was von Drogen erzählt.“ Er warf einen Seitenblick auf Jay der mit vor Wut verzerrtem Gesicht noch immer an der Tür stand, durch die jetzt auch Ava hereinkam. „Süße!“ Ava lief zu Amber und nahm sie auch in den Arm. Kurze Zeit später, in der niemand etwas gesagt hatte, nahm Ava ihr Blut ab und gab ihr eine Infusion mit Kochsalzlösung. „Bald geht es dir besser.“ Flüsterte sie und strich ihr über das Gesicht. „Du solltest jetzt ein wenig schlafen.“ Riet sie, doch Amber schüttelte den Kopf und sah zu Alex. „Lass es mich ihm sagen.“ Doch dieser starrte sie nur wütend an.

Jay wurde neugierig und setzte sich in den Sessel. „Was sagen?“ Wollte er wissen, doch er wurde ignoriert. Flehentlich sah Amber ihren Bruder an. „Vertraust du ihm?“

„Ja!“ Kam ihre sofortige Antwort und Jay sah sie liebevoll an.

„Tu was du nicht lassen kannst.“ Meinte er dann resigniert und nahm einen Schluck aus der Wasserflasche die noch auf dem Tisch stand.

„So gerne ich das alles mitgekriegt hätte…“ Sie seufzte. „Ich muss leider los, meine Schicht fängt gleich an.“ Ava gab ihrer Schwester einen Kuss und sah dann fragend zu Jay. „Sie kümmern sich um sie?“ Jay nickte. „Selbstverständlich!“

„Können Sie, wenn die Infusion durch ist die Nadel entfernen?“

Jay nickte erneut und zufrieden verabschiedete sich Ava von allen.

„Willst du nicht auch lieber gehen?“ Fragte Amber ihren Bruder. „Vielleicht sollte ich erst einmal allein mit Jay sprechen?“

„Ich bleibe!“ Meinte er und lehnte sich mit verschränkten Armen an einen Schrank.

Amber zuckte mit den Schultern und sah zu Jay, sie schluckte. „Würdest du… Könntest du herkommen?“ Sofort stand Jay auf, setzte sich neben sie und nahm ihre Hand. „Ich liebe dich.“ Flüsterte sie und Jay nickte. „Ich weiß nicht wo ich anfangen soll.“ Hilfesuchend sah sie zu Alex. „Da musst du schon alleine durch. Ich bleibe hier, bis ich sicher weiß, dass du in guten Händen bist.“

Amber schwieg und Jay drückte ihre Hand. „Wie wäre es, wenn du mir zuerst sagst, wer Alex ist?“

„Alex ist mein Bruder.“ Flüsterte sie und Jay verstand zwar was sie sagte, aber es machte irgendwie keinen Sinn. „Bist du deswegen nach Amerika gekommen? Weil du deinen Bruder gesucht hast?“ Versucht er sich eine Plausible Erklärung einfallen zu lassen.

Sie schüttelte den Kopf und eine Träne floss aus ihrem Augenwinkel, Jay wischte sie sanft fort. „Ist schon gut.“ Flüsterte er.

„Ich wollte dich nie belügen!“ Beteuerte sie noch einmal. „Bitte hass mich nicht. Ava ist nicht meine Freundin, sie ist meine Schwester.“

Jay sah verblüfft von Amber zu Alex, dann fiel ihm die Ähnlichkeit zwischen Alex und Ava auf. „Thea, egal was du mir zu sagen hast, es wird schon nicht so schlimm sein.“

„Amber. Mein Name ist Amber.“

Jay sah sie jetzt völlig verblüfft an. „Amber?“

Sie nickte. „Ich heiße Amber Moore, bin 24 Jahre alt und ermittle Undercover an der Newton High.“

„24 nicht 17.“ Flüsterte er vor sich hin. „Du hast gelogen.“ Amber nickte wieder und sah ihn mit tränen in den Augen bittend an. Plötzlich zog er sie an sich und küsste sie, erst sanft und dann immer leidenschaftlicher, bis ein räuspern die beiden auseinanderfahren ließ. „Ich bin dann mal weg. Wie es aussieht hat dein Lehrer die Wahrheit ganz gut weggesteckt. Ich denke du hattest Recht.“ Er gab ihr wie auch Ava einen Kuss auf die Stirn, nickte Jay nochmal zu und verschwand aus der Tür.

„Der erste Teil deiner Offenbarung war eine Erleichterung für mich, aber der zweite…“ Er sah sie besorgt an. „Undercover? Du bist ein Cop?“

„Ich habe die Akademie abgeschlossen und wurde dann beauftragt Undercover an deiner Schule zu ermitteln. Du warst ihr Hauptverdächtiger, deswegen wohne ich auch nebenan und, es war auch Teil meiner Tarnung mit dir zu flirten, dir näher zu kommen, dich auszuspionieren.“

„Hauptverdächtiger? Etwa… Denken die das ich Drogen schmuggle und an die Kinder verkaufe?“

Amber nickte. „Sie dachten, dass du sie selbst herstellst. Aber jetzt nicht mehr.“

„Deswegen hast du mich so ausgequetscht!“ Amber nickte. „Ja, aber ich habe es nicht geglaubt, schon als ich dein Foto das erste Mal sah, da konnte ich mir nur schwer vorstellen, dass du etwas mit Drogen zu hättest. Und dann als ich dich mit deiner Mannschaft erlebt habe, da wusste ich, dass du ein anständiger Mann bist.“

Jay grinste. „Ein anständiger Mann verliebt sich nicht in ein 17 Jähriges Mädchen und erst Recht nicht in eine Schülerin.“

„Ich bin keine 17 mehr.“

„Was meinst du wie erleichtert ich darüber bin? Ich dachte das schlimmste von mir!“

„Das tut mir so leid, aber ich wusste nicht, dass du dich in mich verliebt hast.“

„Ich konnte es nicht sehen, wenn du mit anderen Jungs geflirtet hast. Mit Zane, mit John und weiß der Geier mit wem noch alles.“

„Das ist meine Tarnung, es gefällt mir selbst nicht.“ Gab sie zu. „Ich will nur noch den Job zu Ende bringen und dann ganz normal Streife fahren.“

„Ist Alex auch ein Cop?“

„Ja, er ist Detective beim DEA.“

„Hast du den Job deswegen bekommen?“

„Unter anderem, ja.“ Sie gähnte und hielt sich die Hand vor den Mund.

„Du solltest schlafen.“ Sanft streichelte er ihr eine Haarsträhne aus den Augen.

„Ich freue mich schon, wenn die Haare wieder abkommen.“ Seufzte sie und fuhr sich ebenfalls mit der Hand durchs Haar. „Komm ich binde sie dir zusammen.“ Er stand auf und trat hinter sie, zog ihr das Haarband vom Handgelenk und band die Haare so gut es ging zusammen. „Wie trägst du sie denn sonst?“

„Ich bin nicht so eine aufgestylte, wie Thea. Eigentlich sind meine Haare kürzer, ich kann dir irgendwann mal ein Bild zeigen.“

Er nickte. „Ich mag lange Haare.“

„Die machen mich so jung.“ Wiedersprach sie.

Jay grinste und nickte dann. „Du solltest jetzt schlafen.“ Er stöpselte den Schlauch der Injektion ab und zog dann die Nadel heraus. „Geht es dir etwas besser?“ Fragte er und drückte ihr ein Pad auf die Wunde.

Sie nickte. „Schlafen würde Wunder bewirken.“

Er nahm ihr die Decke weg und Amber sah ihn fragend an. „Die Couch ist unbequem, ich bringe dich ins Bett.“ Amber schluckte und sah ihn nervös an. Jay konnte nicht anders, er lächelte sie an. „Keine Sorge, ich werde schon nicht über dich herfallen.“ Und noch bevor sie protestieren konnte, schob er seine Arme unter ihren Körper und hob die hoch. Amber schlang ihre Arme um seinen Hals und legte den Kopf an seine Schulter und er trug sie nach oben in sein Bett. Sanft legte er sie ab und deckte sie dann zu, draußen wurde es schon hell. „Schlaf gut.“ Flüsterte er und küsste sie sanft auf die Stirn und noch bevor Amber etwas sagen konnte war sie eingeschlafen.

 

Kapitel 13

 

Jay konnte es nicht glauben. Er saß auf seinem Bett und sah der schlafenden Thea… nein Amber zu. Sie war erwachsen und einer Beziehung zwischen den beiden stünde nichts im Wege. Er gähnte und merkte, dass er selbst noch nicht ausgeschlafen war. Er legte sich neben Amber und schlang seinen Arm um ihr Hüfte, er lauschte ihren regelmäßigen Atemzügen und schlief kurz darauf ebenfalls ein.

Drei Stunden später wurde er wieder wach, weil es unten an der Tür klopfte. Schnell, bevor Amber aufwachte sprang er aus dem Bett, wuschelte sich durchs Haar, lief die Treppe runter und öffnete Schwungvoll die Tür. Vor ihm stand eine besorgte Heather. „Weißt du wo Thea ist? Ihr Auto stand nicht auf dem Hof, also bin ich in ihr Zimmer gegangen, ihr Bett war noch unberührt. Sie war die ganze Nacht nicht zu Hause.“

„Es geht ihr sicher gut!“ Beschwichtigte er seine Nachbarin.

„Hat sie dir gesagt ob sie heute bei einer ihrer Freundinnen übernachtet? Du hast sie doch sicher beim Spiel gesehen oder?“

Jay nickte. „Ja sie war da, und ich glaube ich habe gesehen wie sie mit Tess weggefahren ist.“ Das war zwar gelogen, aber er konnte Heather ja wohl schlecht sagen, dass sie oben in seinem Bett lag und schlief. „Vielleicht sollte ich Tess mal anrufen?“

„Heather, das sind Jugendliche, es ist acht Uhr früh am Morgen, die schlafen noch alle.“

„Du hast Recht, ach ich mache mir einfach immer so schnell schreckliche Sorgen.“

„Ich finde heraus wo sie ist und dann melde ich mich bei ihr.“

Heather nickte und trat den Rückweg an. Jay schmiss die Tür zu, fischte Ambers Handy vom Couchtisch und lief wieder nach oben. Amber lag noch genauso, wie vorhin und er setzte sich aufs Bett und tippte Heather eine Nachricht. Dann stand er auf und sah auf dem Fenster. Wie jeden Samstag gärtnerte Heather, plötzlich kam David aus dem Haus. „Sie hat eine Nachricht geschrieben, sie schläft bei einer Freundin.“ Hörte Jay den Mann sagen und seine Frau atmete erleichtert auf. Und sah zufällig in Jays Richtung. „Es hat sich erledigt Jay, sie hat sich gemeldet.“ Rief sie nach oben und Jay nickte nur um Amber nicht zu wecken. Dann entschied er sich joggen zu gehen, er schnappte sich seine Sachen und schlich dann aus dem Haus. Er joggte nur eine halbe Stunde, da er befürchtete, dass Amber – er musste sich noch an ihren Namen gewöhnen – aufwachen würde und er dann nicht da war. Doch er sorgte sich umsonst, sie schlief noch als er kam und er trainierte noch ein wenig in seinem Fitnessraum, duschte dann und ging dann in die Küche und machte Frühstück.

Ava rief um zehn Uhr an und fragte wie es Amber ginge und um halb elf klopfte es erneut an der Tür. Und Jay wunderte wer das schon wieder sein konnte, als er die Tür öffnete und Alex vor ihm stand musste er sich eingestehen, dass er das auch hätte vorausahnen können. Er musste langsam seine Abneigung ihm gegenüber ablegen. „Hi,“ Grüßte er und hielt ihm die Hand hin. „Jay.“ Alex grinste und schüttelte seine Hand. „Alex.“ Jay hielt ihm die Tür auf und Alex trat ein. „Es riecht nach Frühstück. Wo ist Amber?“ Fragte er, als er sie nicht auf dem Sofa liegen sah.

„Ich habe sie nach oben ins Bett gebracht.“ Alex zog die Augenbrauen hoch. „Die Couch ist nicht so bequem wie sie aussieht.“

„Du hast ein Gästezimmer.“

„Woher…? Ach Amber richtig? Als sie bei mir eingebrochen ist.“ Alex nicke. „Sie hat mir alles erzählt.“

„Alles?“

„Naja, das mit dem Kuss erst später.“

„Willst du einen Kaffee?“ Jay ging in die Küche und kam mit einer Thermoskanne zurück, er deutete auf den Tisch. „Frühstück? Wie es aussieht wird Amber wohl noch ein Weilchen schlafen und ich muss echt langsam etwas essen.“

„Zu essen sag ich nie nein.“ Alex setzte sich lächelnd auf den dargebotenen Stuhl, nahm sich ein Brötchen und schmierte sich großzügig Butter darauf. Auch Jay langte zu und sie aßen einen Moment schweigend. „Würdest du Alicia Harper zutrauen Drogen herzustellen?“ Fragte Alex ihn nach einiger Zeit.

„Verbringt Amber deswegen so viel Zeit mit ihrem Sohn?“

Alex nickte und biss in sein Brötchen. „Sie nimmt Nachhilfe bei ihm. Dabei hat sie im Keller einen Schrank gefunden, der ein dickes Vorhängeschloss hatte.“

„Sie könnte darin Gefahrenstoffe lagern, soweit ich weiß hat sie noch jüngere Kinder als John.“

„Ja, zwei. Ich war gestern drin, und habe mich im Keller mal umgesehen, mir ist aber nichts Auffälliges aufgefallen.“

Jay schockte gar nichts mehr, anscheinend brachen die Moores da ein wo sie wollten. „Und was war in dem Schrank?“

„Soweit ich sehen konnte, war da soweit alles in Ordnung. Ich habe Gefahrensymbole gesehen und es gab da Aufschriften wie zum Beispiel GHS05.“

„Ätzwirkung.“ Erklärte Jay. „Aber nur weil es da draufsteht, muss es da nicht drin sein. „Du hast nicht zufällig ein paar Proben mitgebracht?“

Alex lachte. „Das gefällt mir, du denkst wie ein Cop. Ja ich hatte Proben, aber die sind schon bei uns im Labor und werden untersucht.“

Jay nickte nur und aß weiter.

„Hast du dir schon mal Gedanken darübergemacht, wer bei euch an der Schule Drogen an die Jugendlichen verkaufen würde?“

„Ehrlich gesagt nicht. Vor allem hätte ich Alicia niemals verdächtigt.“

„Warum nicht?“

„Naja, sie hat Kinder.“

„Und ist alleinerziehend, Kinder sind teuer. Da reicht das Geld vielleicht nicht aus und sie hat sich einen Nebenjob gesucht.“

„Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sie zulassen würde, dass ihr Sohn an Drogen kommt. Er hat eine vielversprechende Zukunft vor sich. Wenn sie verhaftet würde, was würde aus den Kindern werden? John ist achtzehn, kaum alt genug um sich um seine Geschwister zu kümmern. Er will aufs College.“

„Und das ist auch teuer.“

„Er hat ein Stipendium.“

Alex rieb sich das Kinn. „Das bringt uns doch alles nicht weiter. Wenn die Harper wirklich nichts damit zu hat, wer dann?“

Jay zuckte mit den Schultern. „Nur weil es an unserer Schule den Todesfall gegeben hat, heißt es doch noch lange nicht, dass jemand von der Newman hinter den Drogen steckt.“

„Und dir fällt niemand ein?“

Jay sah seinen Gegenüber Ernst an. „Drogen herzustellen ist heutzutage zu einfach, jeder der einigermaßen gut in Chemie ist und eine Küche hat, könnte etwas zusammenbrauen. Es wäre zwar lange nicht so gut, wie dass, was man auf der Straße von Dealern bekommt, aber es erfüllt genauso seinen Zweck. Ich werde meine Augen und Ohren offenhalten und mich umhören.“

„Danke.“

Die Männer unterhielten sich noch eine Weile und bald verabschiedete sich Alex. „Und pass bitte auf Amber auf, ihr Job ist nicht ungefährlich.“

„Das weiß ich, und ich werde mein Bestes geben.“

Jay räumte den Tisch auf und ging dann nach oben um nach Amber zu sehen, doch sie schlief noch immer. Er ließ die Tür auf und ging nebenan ins Büro um Klausuren zu korrigieren. Er saß jetzt eine halbe Stunde an seinem Schreibtisch als er eine Bewegung an der Tür wahrnahm und sah auf. „Du bist wach.“ Er lächelte und stand auf. „Wie geht es dir?“ Er ging auf sie zu und bewunderte ihren Körper der noch immer in den Klamotten von gestern steckte. Langsam zog er sie in den Arm und küsste sie. „Guten Morgen.“ Murmelte er zwischen den küssen und spürte wie Ambers Lippen sich zu einem Lächeln verzogen. „Eher Mittag.“ Sie löste sich von ihm. „Ich habe ein Problem.“

Jay lachte. „Ach wie? Nur eins?“

Amber grinste. „Die Browns müssen sich…“

„Ich habe ihnen eine Nachricht geschickt, sie denken du bist bei Tess.“

„Du denkst aber auch an alles.“

„Naja… ehrlich gesagt hat Heather mich heute aus dem Bett geworfen, sie hat bemerkt, dass du die Nacht über nicht zu Hause warst. Sie hat gehofft, dass ich ihr sagen könnte wo du bist.“ Amber sah ihn geknickt an. „Das tut mir leid, ich habe gestern nicht daran gedacht ihr Bescheid zu geben.“

„Du hattest andere Sorgen. Heather geht’s gut. Alles okay.“

Amber lächelte ihn jetzt an. „Ich glaube ich habe noch ein Problem.“

„Gibt’s doch gar nicht!“ Gespielt entsetzt sah er sie an.

„Ich muss unbedingt duschen.“

„Oh… da muss ich dich leider enttäuschen, eine Dusche habe ich nicht.“ Er grinste und Amber schlug ihm spielerisch in den Arm. „Komm mit, ich zeige sie dir.“ Hand in Hand führte er sie in sein Badezimmer und legte ihr Saubere Handtücher hin. „Leider besitze ich kein Duschgel für Frauen.“ Amber lachte. „Das habe ich auch nicht erwartet. Ich finde du riechst immer sehr gut.“ Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und roch an seiner Halsbeuge. „Ja.“ Flüsterte sie und küsste ihn dann darauf. „Sehr gut.“

„Ich glaube ich sollte jetzt gehen.“ Jay sah sie intensiv an und drehte sich dann zur Tür. „Ich mache Frühstück.“ Er schloss die Tür hinter sich und ging mit Klopfendem Herzen nach unten.

 

Amber war total glücklich! Summend stand sie unter der Dusche und genoss das heiße Wasser. Niemals hätte sie damit gerechnet, dass Jay es so locker auffassen würde. Schließlich hatte sie ihn Wochenlang belogen und war keine siebzehn. Sie wusch sich schnell und zog sich wieder ihre Klamotten von gestern an, auf dem Weg nach unten musste sie durch sein Schlafzimmer, die sah, dass das Bett noch nicht gemacht war und schüttelte schnell die Decke und das Kissen auf. Dann sah sie auf dem Herrendiener ein Hemd und zog es sich über, dann lief sie Barfuß die Treppe hinunter. „Es riecht köstlich!“ Sagte sie und lächelte Jay an, der gerade an der Spüle stand und Geschirr wusch. „Ich muss zugeben, dass ich einen Bärenhunger habe.“

„Also wirst du nicht weiter abnehmen?“ Sein Blick wanderte über ihre schlanken Beine. „Schickes Hemd, übrigens.“ Er drückte sie an den Kühlschrank und küsste sie. „Das tut so gut!“ Murmelte er an ihren Lippen. „Was?“

„Zu wissen, dass ich kein Ungeheuer bin.“

„Du bist doch kein Ungeheuer!“ Protestierte sie.

„Ich dachte ich hätte mich in eine Schülerin verliebt, ich war fertig. Vor allem konnte ich nicht verstehen warum ich mich in dich verliebt hatte. Du entsprachst überhaupt nicht meinem Typ.“

„Du machst ja Komplimente!“ Amber drückte ihn ein Stück von sich und sah ihm in die Augen. „Du hast dich in Amber verliebt. Thea bin ich nicht.“ Sagte sie dann Ernst.

„Ich mag Amber auch viel lieber.“ Meinte er und küsste sie auf die Wange. „Setzt sich hin. Wie trinkst du deinen Kaffee?“

„Mit Milch und Zucker, schön süß.“ Amber setzte sich an den Tisch. „Isst du nicht mit?“

„Ich habe schon gegessen, mit Alex. Aber ich trinke wohl noch einen Kaffee.“

„Alex war hier?“ Jay nickte, goss zwei Tassen Kaffee ein und setzte sich neben sie. „Und ihr seid euch nicht an die Gurgel gegangen?“

„Ich mochte ihn nicht, weil ich eifersüchtig war, aber jetzt weiß ich ja, dass er dein Bruder ist und zwischen euch nichts läuft. Ich könnte mir vorstellen, dass er ein ganz cooler Typ ist.“

„Er ist der beste Bruder, den man sich vorstellen kann, er macht alles für mich und Ava. Was wollte er?“

„Alex, Ava und Amber?“ Jay ging gar nicht auf ihre Frage ein.

„Einfallsreich oder?“ Sie grinste. „Meine Eltern wollten mal was anderes, als Alex geboren wurde haben sie ihm einfach einen Namen gegeben der ihnen gefallen hatte, dann wurde meine Mutter wieder schwanger und sie dachten sich ein weiteres Kind mit A wäre ganz nett. Und als ich mich dann angekündigt habe konnten sie mit der Tradition nicht brechen. Wir sind die drei A´s!“

„Du siehst ganz anders aus als deine Geschwister, die sind groß und ähneln sich und du, du bist voll der Zwerg.“

„Ich komme nach meiner Mutter, sie ist klein und zart. Ava und Alex gehen nach meinem Vater.“

„Ist er wirklich ein Cop?“

Amber nickte ernst. „Ja in Plymouth, er ist Captain und meine Mutter arbeitet wirklich bei einem Anwalt, aber als Sekretärin und auch nur halbtags. Ich habe versucht an der Wahrheit zu bleiben.“

Jay nickte. „Du kommst also aus Plymouth? Lebst du noch bei deinen Eltern?“

Jay quetschte Amber förmlich über ihre Familie, ihre Kindheit, Jugend, und ihre Ausbildung aus und sie erzählte ihm alles. Auch wie sie zu dem Job gekommen war. „Als ich dein Bild gesehen habe konnte ich gar nicht aufhören es anzugucken Edwards bemerkte es und hat sich einfach umgedreht.“ Sie lachte als sie daran dachte. „Und als ich dich dann traf…“ Sie grinste und lehnte sich an seinen Arm. „Du wusstest, dass du in meinen Unterricht musstest!“ Jay grinste. „Und ich dachte es wäre ein Zufall.“

„Das du mir über den Weg gelaufen bist war auch Zufall, aber nachdem ich dich gesehen hatte, ja da wusste ich, dass ich in deinen Unterricht musste.“

„Du hast mir ganz schön den Kopf verdreht. Ich konnte mich kaum auf die Klasse konzentrieren.“ Beschwerte er sich und kniff ihr in den nackten Oberschenkel. „Dein Outfit… hast du da nicht sämtlichen Jungs den Kopf verdreht?“

Amber zuckte mit den Schultern. „Denke schon, aber die sind mir alle egal. Nur wenn ich Thea bin, dann…“ Sie sprach nicht weiter und Jay nickte. „In der Öffentlichkeit können wir so nicht zusammen sein, niemand darf von uns wissen. Zumindest, bis du denn Fall gelöst hast. Aber meinst du nicht, dass du dich was die Jungs betrifft, ein wenig zurückhalten kannst? Sonst werde ich noch verrückt!“

Amber nickte. „Ja das werde ich.“ Sanft strich sie ihm über die Wange. „Mir gefällt es auch nicht.“ Gab sie zu. „Aber wenn wir das Thema jetzt durchhaben, dann wüsste ich schon gerne, was Alex dir erzählt hat.“ Sie drehte sich zu ihm stellte ihre Füße auf seinem Stuhl ab und sah ihn auffordernd an und Jay erzählte ihr alles.

Die nächsten Tage wurden für Amber und Jay eine kleine Herausforderung. Sie durften niemanden ihre Gefühle füreinander zeigen, zwar sahen sie sich lange nicht so häufig, wie damals als Amber noch bei ihm Unterricht hatte. Dennoch liefen sie sich häufig über den Weg und taten dann stehts so, als würden sie sich nicht sehen.

Doch die meisten Abende verbrachten sie zusammen, sie schlich sich zu ihm und dann saßen sie die ganze Zeit in seinem Haus. Sie kochten gemeinsam, sahen sich Filme an oder sie half ihm beim korrigieren der Klausuren. Sie räumte für ihn auf, wenn er es nicht mehr geschafft hatte oder sie trainierten gemeinsam in seinem Fitnessraum.

Das Blut das Ava Amber abgenommen hatte, hatte ergeben, dass ihr Drogen eingeflößt wurden und Amber erstellte eine Liste mit allen Leuten, die auf der Party gewesen waren. Aber es war nicht so einfach, weil viele jemanden mitgebracht hatten, der mit der Newman High gar nichts zu tun hatte. Und die Liste umfasste jetzt schon beinahe achtzig Personen.

Mit John traf sie sich weiterhin und sie wurden auch gute Freunde, bei seiner Mutter war Amber sich einfach nicht sicher. Sie war oft nicht zu Hause und John kümmerte sich um seine Geschwister, er holte sie von der Schule ab, und kochte sogar für sie. Aber immer, wenn Amber ihn auf das Fehlen der Mutter ansprach blockte er ab.

Eine Woche nach dem Zwischenfall mit den Drogen kam Amber pünktlich um halb vier zum Trainingsplatz der Cheerleader. „Ich darf endlich wieder Sport machen!“ Rief sie glücklich und lief zu Tess und Madison, die den Mädchen gerade die neue Choreografie zeigen wollte. „Und das sagst du uns erst jetzt?“

„Wir saßen doch heute beim Mittag zusammen, da hast du nichts erzählt.“ Beschwerten die beiden sich.

„Da war es ja auch noch nicht sicher, ich habe gerade mit meiner Ärztin telefoniert und die hat mir das okay gegeben.“

„Ohne dich zu untersuchen? Wand Tess ein. „Was ist das den für eine Ärztin?“

„Natürlich hat sie mich untersucht. Aber heute kamen die Ergebnisse, meinem Knie geht es schon viel besser. Was meint ihr wie sehr ich das Joggen vermisst habe?“ Amber strahlte und die restlichen Cheerleader freuten sich, dass Amber wieder mittanzen konnte. „Wenn das so ist, dann kannst du dich ja aufwärmen.“ Tess grinste schelmisch und deutete mit dem Kopf zu dem Basketballteam, die Jungs inklusive Jay wärmten sich noch auf. Und Amber grinste. „Ich darf sie wieder ärgern?“

„Ärgern? Anspornen!“ Widersprach Tess und Amber lachte. „Wie du meinst Captain.“ Sie steckte sich ihre Musik in die Ohren und lief gut gelaunt los und dann dauerte es nicht lange bis die Jungs sie eingeholt hatten. Sie redete kurz mit ihnen, lachte und drehte sich dann um, um zu sehen wo Jay blieb. Er lief hinter ihr und grinste sie schief an. „Jungs diejenigen, die ich überhole laufen eine Runde extra.“ Die Jungs stöhnten und gaben Gas, und schon war Jay neben ihr. „Na?“

Amber grinste. „Na, Mr. Stone?”

“Drehst du deine Runden extra auf unserem Platz?“

„Nein. Ich soll die Jungs nur anspornen.“ Amber hielt sich die Seite und blieb stehen und auch Jay stoppte. Besorgt sah er sie an. „Ist alles okay?“

Amber nickte. „Seitenstechen. Die Pause war zu lang.“ Sie sah hoch in sein besorgtes Gesicht. „Hör auf mich so anzugucken, die Leute denken noch, dass du in mich verknallt bist.“

„Wie gerne ich dich jetzt küssen würde…“ flüsterte er und lächelte sie an und auch Amber grinste nun. „Schon viel besser. Ich könnte mich heute Abend vielleicht rüber schleichen.“ Schlug sie vor.

„Ja, eine Gute Idee. Ich muss dir sowieso noch etwas erzählen.“

„Was denn?“ Wollte sie neugierig wissen.

„Das erfährst du später!“ Er lächelte süffisant und lief dann locker los. Amber holte ihn kurz darauf ein und bog dann zu den Cheerleadern ab.

„Na? Kommst du auf einmal wieder besser mit unserem Stone klar?“ Wollte Tess neugierig wissen.

„Naja,“ gab Amber zu. „ich habe damals überreagiert. Mittlerweile kommen wir besser klar.“

Fragend hob Tess die Augenbrauen und Amber versuchte sich rauszureden. „Wir sind Nachbarn, da sehen wir uns öfter mal und Heather lädt ihn oft zum Essen ein. Oder er kommt, wenn etwas im Haus kaputt ist. David hat wirklich zwei linke Hände was Handwerk angeht. Er ist gar nicht so übel, wie ich damals dachte.“

Tess grinste und sah sie triumphierend an. „Also flirtest du wieder mit ihm?“

„Wenn dann nur ein bisschen, du kennst mich doch!“ Amber zwinkerte und stellte sich zu den anderen Mädchen um die Choreo zu lernen.

 

 

Kapitel 14

 

 Am Abend schlich sich Amber durch die Hintertür in Jays Haus, Jay stand in der Küche und spülte das Geschirr sie schnappte sich ein Geschirrtuch und fing an abzutrocknen. „Hi!“ Jay drehte sich zu ihr. „Ich habe dich gar nicht kommen hören.“

„Ich kann mich ja auch lautlos bewegen.“

„So wie damals als du hier eingebrochen bist.“

Amber lachte. „Ja so ungefähr.“

Jay trocknete sich die Hände ab und zog sie in seine Arme, sie schmiegte sich an ihn und kurz darauf fanden sich ihre Lippen zu einem leidenschaftlichen Kuss. „Ich habe dich vermisst.“ Gab er zu und löste sich leicht von ihr sie legte ihre Stirn an seine und sah ihm in die Augen. „Ich dich auch.“ Flüsterte sie. „Und eines solltest du vielleicht noch von mir wissen.“ Sie trat einen Schritt zurück und sah ihn gespielt vorwurfsvoll an. „Ich bin sehr neugierig, du kannst mir doch nicht sagen, dass du mir etwas sagen willst und dann abhauen.“

Er Lachte und legte seinen Arm um ihre Schulter. „Komm mit, das Essen braucht noch ein bisschen, dann erzähle ich es dir.“ Sie gingen ins Wohnzimmer und Jay reichte ihr ein Glas Wein, gemeinsam setzten sie sich auf das Sofa. Er schwieg eine Weile und Amber stieß ihn in die Seite. „Jetzt erzähl schon.“

„Wir haben demnächst ein wichtiges Spiel in New York.“ Amber zuckte die Schultern. „Na und?“

„Warst du schon mal dort?“ Amber schüttelte den Kopf. „Dann wird es höchste Zeit, wir brauchen schließlich unsere Cheerleader die unsere Jungs anfeuern.“

„Wir kommen mit?“ Amber strahlte ihn an.

„Ja, wir bleiben zwei Tage dort. Wollen wir dann ausgehen?“

„Ein richtiges Date?“

„So stelle ich es mir jedenfalls vor.“ Jay grinste und Amber schmolz dahin.

„Aber was ist, wenn uns jemand sieht?“

„Ich habe das alles schon geplant.“ Und Jay erzählte ihr beim Essen von seiner Idee.

 

Endlich war es soweit, der Ausflug stand bevor und die Schüler standen früh am Freitagmorgen an der Bushaltestelle und unterhielten sich. Dann kam Jay mit einer Frau auf die Gruppe zu. „Wer ist das denn?“ Wollte Amber neugierig wissen.

„Das wird wohl unsere Betreuerin sein. Ich kenne sie auch nicht.“ Meinte Tess, dann mischte sich Mia ein. „Sie ist eine Referendarin, ich hatte mal Unterricht bei ihr, sie ist eigentlich ganz nett.“

Die beiden näherten sich und die Gespräche verstummten. Jays Blick glitt nur sehr kurz über Amber und dann erklärte er seinen Schülern: „Das ist Ms. Montera, sie wird uns begleiten und ein Auge auf die Mädels haben.“

„Was ist denn mit Mrs. Shoemaker? Sie begleitet uns Cheerleader doch sonst immer.“

„Sie hat die Grippe und Ms. Montera war so freundlich sie zu vertreten.“

Die Türen des Busses öffneten sich und die Schüler stürmten hinein. Amber war eine der letzten und setzte sich neben Mia, schräg gegenüber auf dem äußern Sitz nahm Jay neben Ms. Montera Platz. „Was weißt du über diese Ms. Montera?“ Flüsterte Amber.

„Eigentlich nicht viel. Sie unterrichtet noch nicht lange an der Newman High aber nachdem, was ich gehört habe, scheint sie sehr nett und beliebt zu sein. Meistens Unterrichtet sie in der Unterstufe.“

„Was für Fächer?“

„Soweit ich weiß Geschichte und Chemie. Bin mir aber nicht ganz sicher. Wieso willst du das alles wissen?“

„Meinst du sie wird was bemerken, wenn wir nachts abhauen?“ Lenkte sie Mia ab.

„Also sie ist wesentlich jünger als Mrs. Shoemaker, aber ich könnte mir vorstellen, dass sie vielleicht auch schon was geplant hat.“ 

„Wie meinst du das?“

„Guck dir doch mal an wie sie unseren Stone angafft, sie steht voll auf ihn. Ich könnte mir vorstellen das da was laufen wird.“

Amber sah zu Jay und Ms. Montera die sich unterhielten. „Für mich sieht das wie ein ganz normales Gespräch aus.“

„Ist doch klar, dass sie hier nicht in die Flirtoffensive geht. Das macht sie später, wenn sie allein sind.“

Amber sah noch mal zu den beiden, fand aber nicht, dass es so aussah als ob Jay mehr als eine Kollegin in ihr sah. „Sag mal bist du eifersüchtig?“ Mia beobachtete sie neugierig und holte sie so aus ihren Gedanken.

„Eifersüchtig? Ich? Spinnst du? Mr. Stone ist unser Lehrer.“

„Na und?“

„Wie meinst du das?“

„Es wird gemunkelt, dass du auf ihn stehst.“

„Ich finde, dass er sehr gut aussieht, aber zeig mir ein Mädchen, die etwas anderes behauptet.“

„Ja…“ Mia sah zu Jay. „Er sieht wirklich verboten gut aus. Aber trotzdem, du hast doch eine Schwäche für ältere.“

Verdutzt sah Amber zu ihrer Sitznachbarin. „Woher hast du das denn?“

„Du flirtest zwar mit unseren Mitschülern, aber du hast nie einen geküsst oder bist mit einem von ihnen ausgegangen…“

„Das heißt aber noch lange nicht, dass…“

„Lass mich ausreden!“ Unterbrach Mia sie. „Jemand hat dich mit einem gutaussehenden dunklen Typen in einem Hotel gesehen. Ihr wirktet sehr vertraut.“

„Wer erzählt denn sowas?“

„Das wird allgemein in der Schule über dich erzählt. Ich dachte du wüsstest es.“

„Nein, das wusste ich nicht.“

„Naja, jetzt weißt du es ja.“ Sie schwieg kurz und dann siegte ihre Neugier. „Stimmt es denn Thea? Warst du mit einem älteren Mann aus?“

„Ich habe mich mit Alex getroffen.“

„Uiii!“ Mia klatschte erfreut in die Hände. „Ich wusste es doch.“

„Er ist der Enkel, meine Nachbarin in Deutschland. Ich habe ihn dort kennengelernt. Er lebt hier in Boston. Mit seiner Frau. Und er ist ein Cop.“ Während Amber erklärte wurde Mias Gesicht immer düsterer. „Er würde nie etwas mit einer Minderjährigen anfangen.“

„Aber es wurde gesehen, wie ihr zu den Fahrstühlen gegangen seid.“

„Wer hat dir das erzählt?“

Jetzt war Mia wieder ganz begeistert. „Ach irgendein Neuntklässler, seinem Onkel gehört das Hotel.“

„Wir sind nach oben gegangen, weil er mir etwas für die Familie in Deutschland mitgegeben hat.“

„Wieso habt ihr euch in einem Hotel getroffen? Wenn du sagst, dass er in Boston lebt, dann hättest du ja auch zu ihm nach Hause fahren können.“

Amber dachte angestrengt nach. Wie war das Gespräch nur so auf sie gekommen? „Er hat dort zu Mittag gegessen, weil seine Frau auf Geschäftsreise war.“

„Aber wieso hatte er da ein Zimmer?“

„Mensch Mia! Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du sehr neugierig bist?“ Mia grinste gutgelaunt und wartete auf Ambers Erklärung. „Ich darf dir das eigentlich gar nicht sagen.“

„Schieß los.“

„Du darfst es niemanden sagen.“ Mia nickte begeistert. „Versprich es mir, Alex könnte tierische Schwierigkeiten bekommen, wenn etwas herauskommt.“

„Ich verspreche es!“ Feierlich erhob Mia die Hand wie zum Schwur.

„Er ist ein verdeckter Ermittler und hat sich in eine Biker Gang eingeschleust. Die Biker sind fiese gefährliche Leute, die viele Überfälle begehen. Er lebt solange in dem Hotel.“

„Oh… Von denen habe ich schon gehört! Und dieser Alex hat sich dort eingeschleust?“

Amber nickte nur. „Lässt du mich jetzt ein bisschen lesen?“ Sie holte aus ihrer Tasche ein schweres Buch heraus und Mia sah sie geschockt an. „Das liest du?“

Amber grinste. „Ich versuche es. Das ist ein Buch von John, ich habe ihm versprochen, dass ich mir Mühe geben werde es zu lesen. Ich bin noch ganz am Anfang.“

„Wenn du meinst!“ Mia drehte sich um und setzte sich auf die Knie um sich mit den Mädchen hinter ihnen zu unterhalten.

 

Als der Bus endlich nach viereinhalb Stunden ihre Herberge erreichte stand Amber erleichtert auf. Sie war es nicht gewohnt so lange zu sitzen und beschloss, gleich nachdem sie sich in ihrem Zimmer eingerichtet hatte eine Runde joggen zu gehen. Sie teilte sich das Zimmer mit Madison und Tess und als Zane und Shawn kamen entschieden die beiden, dass sie Amber bei ihrem Lauf begleiten wollten. Tess und Madison hatten keine Lust und schalteten den Fernseher ein.

Als die drei draußen ankamen sahen sie Jay und Ms. Montera, die wohl ebenfalls vorhatten eine Runde joggen zu gehen. Shawn und Zane begrüßten ihren Lehrer mit Handschlag. „Na Stone auch mal die Beine vertreten?“

„Ja, nach dem ganzen Lärm im Bus, wollte ich mal ein bisschen Ruhe haben.“

„Ach keine Sorge.“ Warf Zane unbekümmert ein. „Wir stören Sie beide nicht.“ Er warf einen nicht zu übersehenden Blick von Ms. Montera zu Jay und wieder zurück. Dabei grinste er wie ein Schuljunge. Amber sah zu der Frau und musste sich eingestehen, dass sie wirklich ein bisschen verliebt aussah. Zane und Shawn alberten ein bisschen rum und fingen an sich zu dehnen, Ms. Montera konnte den Blick nicht von Jay nehmen und Amber sah zu ihm, sein Blick huschte nur kurz über sie aber sie sah, dass er sich sichtlich unwohl fühlte. „Was hält ihr davon, wenn ihr Jungs zusammenlauft und ich mit Ms. Montera?“ Jay sah sie dankbar an, während die Dame sie mit ihren Augen zu erdolchen versuchte. „Ich finde ein Wettrennen wäre ganz toll.“

„Ein Wettrennen?“ Zane sah zufrieden in die Runde.

„Ja, zwei Runden um den Platz, Ms. Montera und ich laufen die Runden ganz normal, während ihr das Rennen macht.“ Schlug sie vor.

„Dann macht ihr aber mit.“ Warf Shawn ein.

„Wozu? Ihr seid doch eh viel schneller als wir.“

„Ich habe gesehen wie du läufst.“ Widersprach Shawn.

„Ja, weil deine liebe Freundin mich immer über euren Platz jagt.“

„Sie weiß halt was meine Jungs brauchen.“ Lachte Shawn und gab Zane ein Highfive.

„Dann stellt euch doch mal auf.“ Forderte Amber die Jungs auf und sah dann zu Ms. Montera. „Es ist doch okay für Sie, wenn wir ein kleines Spiel daraus machen?“ Amber sah den Widerwillen in den Augen der anderen Frau, war aber auch nicht bereit Jay zu teilen. Dann nickte Ms. Montera und Amber grinste fröhlich. Sie gab das Startzeichen und die Jungs rannten los. „Wollen wir ihnen hinterherjoggen?“

Ohne ein Wort zu sagen lief Ms. Montera los und Amber setzte ihr Kopfschüttelnd hinterher. „Ich habe ihnen doch nichts kaputt gemacht?“ Fragte Amber nach einer Weile, sie wollte der Frau eigentlich nicht auf die Füße treten, aber sie hatte auch Jays flehenden Blick gesehen und sie musste ihn einfach retten. „Ich meine…“ Sie tat als würde sie überlegen. „Hatten Sie beide sich verabredet?“

„Jay hat verlauten lassen, dass er eine Runde laufen wollte und ich habe angeboten ihn zu begleiten.“

„Also hatten Sie beide kein Date oder so?“

„Zum Sport machen? Tickt ihr jugendlichen heutzutage so?“

„Wieso denn nicht? Man kann doch mit seinem Freund zusammen Sport machen. Es macht doch viel mehr Spaß gemeinsam Sport zu treiben.“

„Ja, aber nur ein bestimmter Sport. Sonst ziehe ich es vor allein in meinem Fitnessstudio zu schwitzen, das muss mein Freund nun wirklich nicht sehen.“

„Also sind Sie die Freundin von Mr. Stone!“

„Nein. Wieso?“

„Oh... Tut mir leid, das habe ich angenommen, weil in der Schule gemunkelt wird, dass er eine Freundin hat.“

„Hat er das?“

Amber zuckte mit den Schultern. „Das wird zumindest in der Schule erzählt.“

„Alles nur Gerüchte!“

„Dann stehen Sie auf ihn?“ Amber sah zu der Frau und in dem Moment überholten die Männer sie zum ersten Mal. „Ich gehe lieber in mein Zimmer, ich bin wohl doch erschöpfter als ich gedacht hatte.“ Die Frau drehte sich um und lief langsam davon. Amber grinste Schadenfroh und sprintete los. Innerhalb weniger Sekunden war sie bei den Jungs und überholte sie. Sie hörte Protestrufe und lief lachend weiter, bis sie selbst wieder eingeholt wurde. „Na schön geplaudert?“ Fragte Jay und lief neben ihr. Amber sah nach hinten, Shawn und Zane liefen einige Meter hinter ihnen und schnitten ihr Grimassen zu. Amber streckte ihnen die Zunge heraus. „Sie steht auf dich, ich habe ihr gesagt, dass das Gerücht umläuft du hättest eine Freundin.“

„Danke!“ Flüsterte er. Amber nickte nur fröhlich und gab noch mal Gas, aber Jay ließ sich nicht abschütteln und kurz vor dem Ziel sprintete er los und ließ auch Amber weit hinter sich zurück. Letzten Endes kam Amber ziemlich gleich mit den beiden Jungs ins Ziel. „Wie schaffen Sie es immer gegen uns zu gewinnen?“ Wollte Zane schnaufend wissen.

„Ich laufe schon seit ich ein kleiner Junge war. Meine Eltern brachten mich zu Wettkämpfen, ich war immer der beste Sprinter und habe auch schon ein paar Marathons gewonnen.“

„Warum haben Sie das nie erzählt?“

„Ihr habt nie gefragt!“ Jay grinste und trank einen Schluck aus seiner Wasserflasche und hielt sie dann den jugendlichen hin, die sich kein Wasser mitgebracht hatten.

 

Am Abend fand das Spiel statt und die Jungs waren in Bestform. Jay stand die meiste Zeit nur am Spielfeldrand und feuerte seine Jungs an. Es gab nichts zu bemängeln, sie spielten so wie er es ihnen gesagt hatte und seine Taktik ging auf. Die New Yorker waren in der Abwehr schwach und allein Zane warf fünf drei- Punkte Würfe. Zum Schluss gewannen die Newman High mit sieben Punkten Vorsprung.

Jay schickte seine Jungs in die Dusche und folgte ihnen ein paar Minuten später, doch dann sah er Amber und änderte seine Meinung. Sie stand mit ein paar Mädchen aus dem Team zusammen und unterhielt sich. „Thea?“ Rief er und sie sah auf, er winkte sie zu sich und kam ihr ein Stückchen entgegen, damit die Mädchen hören konnten worüber sie redeten. „Weißt du wie es David mittlerweile geht?“  

Amber verstand ihn sofort und nickte. „Ja ich habe vorhin mit Heather telefoniert. Er hat sich heute drei Mal übergeben und mit dem Durchfall ist es auch nicht besser geworden.“ Amber sah zu den Mädchen die ihre Gesichter verzogen und vor sich hinmurmelten. Dann gingen sie weg. Jay lachte. „Du bist echt gerissen. Du weißt was Mädels nicht hören wollen oder?“ Amber grinste. „Naja, ich würde so etwas auch nicht wissen wollen, und da du nach dem Gesundheitszustand gefragt hattest, dachte ich so würde ich sie wegscheuchen.“

„Wo werdet ihr heute feiern?“

„Wir treffen uns gleich um neun gehen dann etwas Essen, danach geht’s nach West Chelsea ins Marquee.“

„Hast du Lust?“

„Nein gar nicht.“ Gab sie zu.

„Ich hole dich um elf Uhr ab, ich werde draußen vor der Tür warten.“

Amber nickte erfreut und drehte sich dann zu den Umkleiden. „Ach und Thea?“ Sie drehte sich noch einmal um. „Wenn du das nächste Mal mit Heather telefonierst, dann richte ihnen meine Grüße aus und Gute Besserung!“

„Mach ich!“ Amber winkte ihm zum Abschied und lief dann in die Mädchenumkleide.

Die Stunden bis elf waren lang. Jay fuhr mit einem Taxi zurück in ihre Herberge und saß gemütlich in Sporthose und T-Shirt in seinem Bett und sah sich ein Basketballspiel an. Plötzlich klopfte es an der Tür und diese wurde einen Spalt geöffnet. „Mr. Stone?“ Er sah auf und erkannte Ms. Montera innerlich seufzte er auf, er hatte jetzt wirklich keinen Nerv für diese Frau. In einer Stunde traf er sich mit Amber!

„Ja?“

„Darf ich kurz reinkommen? Ich hoffe ich habe sie nicht geweckt?“

Jay nickte und die Frau kam ins Zimmer und schloss hinter sich die Tür. „Ich gucke mir das Spiel an.“ Er deutete mit dem Kopf auf den Fernseher. Da Ms. Montera nichts sagte sah er sie an und fragte dann: „Kann ich Ihnen irgendwie helfen?“

„Die Mädchen sind noch nicht zurück und langsam mache ich mir Sorgen.“

„Das brauchen Sie nicht. Die sind mit den Jungs in einem Club und feiern.“

„Aber sie müssen bis zehn Uhr zurück sein.“

„Das sind Jugendliche, die werden so schnell nicht zurückkommen, machen Sie sich keine Gedanken. Gehen Sie schlafen, lesen sie ein Buch oder sehen Sie fern. Genießen Sie den freien Abend. Sie haben doch gar keine Lust auf das Gekreische der Mädchen.“

Sie lächelte ihn zaghaft an. „Läuft das immer so?“

„Jupp!“ Er nickte.

„Hätten Sie denn vielleicht Lust noch einen Film mit mir zu schauen?“ Fragte sie dann zaghaft und kam einen Schritt näher auf das Bett zu. Ihre Zimmer waren sehr klein, und es gab kein Sofa, nur einen Schreibtisch, einen Stuhl und ein Bett. Sie wollte doch nicht allen Ernstes hier mit ihm in einem Bett liegen und einen Film gucken! „Tut mir leid aber ich bin gleich noch mit jemandem verabredet.“

„Sie kennen hier in New York jemanden?“

„Ja, eine alte Freundin, wir haben auf der gleichen Uni studiert.“ Er wollte nicht lügen, aber er konnte ihr auch nicht sagen mit wem er sich wirklich traf. Langsam verstand er Amber und dass es sie ankotzte alle Leute in ihrer Nähe zu belügen.

„Okay, dann wünsche ich Ihnen einen schönen Abend.“ Sie ging wieder zur Tür und öffnete diese.

„Danke und eine Gute Nacht Ihnen, Ms. Montera.“

„Jenna.“

„Jay.“

„Gute Nacht Jay.“ Sagte sie noch und die Tür fiel krachend ins Schloss. Jay atmete aus und sprang aus dem Bett. Er musste hier so schnell wie möglich weg, nicht das Jenna noch auf die Idee kam und zurückkam! Er zog sich die Sporthose aus, schlüpfte in seine Jeans und zog sich dann noch ein Sakko über das T-Shirt. Nach einem letzten Blick in den Spiegel zog er sich noch seine Sneakers an und verschwand dann durch die Tür. Da er noch genügend Zeit hatte entschied er sich zu Fuß zum Club zu gehen.

 

Amber hatte keine Lust mehr. Zwar hatte sie auch Spaß mit ihren Freunden, aber sie vermisste Jay und wollte viel lieber mit ihm tanzen als mit irgendwelchen Jungs. Sie warf einen Blick auf die Uhr, zehn vor elf. Langsam konnte sie sich auf den Weg machen. Sie sah zu Tess und Madison die zusammen mit einigen Mädchen standen und zu ihr herübersahen und grinsten. Amber drehte sich um und sah Benson hinter sich stehen der sie breit angrinste. Sie hatte ihn hier kennengelernt und er schien sich wirklich für sie zu interessieren, da er immer wieder kam. „Hey, Lust zu tanzen?“

„Hättest du Lust mich nach draußen zu begleiten?“ Sie sah ihn auffordernd an und er grinste sie fröhlich an. „Von mir aus gerne.“

„Super, ich verabschiede mich nur schnell von den anderen.“ Sie nickte zu den Mädels und ging hinüber. „Ich hau dann mal ab, okay?“

„Mit ihm?“

„Er begleitet mich. Einwände?“

„Nein, er ist süß!“ Madison grinste. „Viel Spaß!“

„Aber sei morgen pünktlich, wir machen doch diese blöde Tour im Empire State Building.“

„Ich werde bestimmt noch vor euch in der Herberge sein.“

„Also willst du schnell machen?“

„Ich werde morgen da sein. Bis dann!“ Sie winkte den Mädels noch mal zu und ging dann zurück zu Benson, hackte sich bei ihm ein und er führte sie zum Fahrstuhl. „Gehen wir zu mir oder zu dir?“

„Ich hatte dich doch gefragt, ob du mich nach draußen begleitest.“

„Ja, aber warum solltest du mich das fragen, wenn du nicht vorhättest mit mir abzuhauen?“

„Ich werde von jemanden erwartet.“

„Deinem Freund?“ Amber zuckte mit den Achseln, der Fahrstuhl ging auf und sie gingen hinaus. „Danke, aber ab hier komme ich auch alleine klar.“
„Du hattest nach draußen gesagt.“ Er ging voran und Amber folgte ihm wiederwillig. Draußen sah sie sich nach Jay um und dann entdeckte sie ihn in einer dunklen Ecke, er sah zu ihr, machte aber keine Anstalten zu ihr zu kommen. „Also, ich muss dann mal.“ Verabschiedete sie sich. „Es war schön dich kennen gelernt zu haben.“

„Ja ebenso und viel Spaß mit deinem echten Date.“

„Sorry, dass ich dich so ausgenutzt habe, aber ich musste wirklich los und die Mädels hätten mich allein nicht gehen lassen.“

„Aber mit einem Kerl, den du kaum kennst lassen sie dich gehen.“

„Sie fanden wohl, dass du nett bist.“

„Ich bin leider viel zu nett, eigentlich müsste ich dich jetzt entführen.“

Amber lachte. „Das würde mein Begleiter aber nicht zulassen.“ Sie sah noch mal zu Jay, er stand noch immer im Schatten eines Hauses. „Ich geh dann mal, bye!“ Sie lief über die Straße und direkt in Jays Arme. Er fing sie geschickt auf und drückte sie an sich, und küsste sie. „Oh, dass wollte ich schon den ganzen Tag machen. Amber grinste an seinem Mund. „Ich weiß, ich aber auch.“

„Wer war der Kerl der dich begleitet hat?“

„Irgendein Benson. Ohne Begleiter hätten die Mädels mich doch nicht gehen lassen.“

„Aber mit einem Kerl die du kaum kennst?“

Amber grinste. „Komisch, genau das gleiche hat Benson gerade auch gesagt.“

„Hat er auch gesagt, dass du verboten gut in deinen Sachen aussiehst?“

Amber schüttelte den Kopf und blickte an sich herab. Sie trug ihre Peeptoe Boots, eine Jeansshorts und ein Oberteil aus Spitze das ziemlich durchsichtig war. „Solche Sachen trägt aber auch nur Thea, Amber ist ein wenig dezenter.“

„Zum Glück.“ Jay grinste und zog sie wieder an sich. „Sonst könnte ich wohl nie die Hände von dir lassen.“

„Was machen wir?“

„Wir holen uns jetzt ein Eis und spazieren zum Empire State Building.“

„Da gehen wir doch morgen hin.“

„Na und? Aber nicht als Pärchen, und außerdem haben wir morgen dann die Erinnerung an heute. Du wirst dir merken wo und wann wir uns geküsst haben.“

„Das klingt wirklich sehr vielversprechend.“ Sie lächelte ihn glücklich an und Arm in Arm gingen sie los.

Die Besichtigung war sehr schön und Amber war froh, dass das Empire fast die ganze Nacht aufhatte. Zusammen standen sie auf der Aussichtsplattform im 102 Stockwerk und bewunderten die Skyline. Es waren zu dieser Uhrzeit nicht viele Besucher hier und die meiste Zeit waren sie unter sich. Sie alberten, scherzten und küssten sich. „Wir sollten vielleicht langsam mal zurückgehen.“ Schlug Jay vor und nahm ihre Hand. „Dir ist ja kalt!“ Erschrocken nahm er ihre Hände in die seinen und hauchte hinein. „Es geht schon, ich bin viel zu aufgeregt um etwas von der kälte zu spüren.“ Wortlos zog er sein Jackett aus und legte es über ihre Schultern. „Jetzt wirst du aber frieren.“ Protestierte sie.

„Mir ist so gut wie nie kalt. Erst recht nicht mit einer Frau wie dir an meiner Seite.“ Er zwinkerte ihr zu und führte sie wieder hinein zu den Fahrstühlen.

Sie gingen zu Fuß zu der Herberge zurück, als sie in Sichtweite kam blieb Jay stehen und sah zu Amber herab. „Der Abend ist wohl zu Ende.“ Er seufzte. „Jetzt müssen wir zurück in die Realität.“ Sie schmiegte sich an ihn. „Ich will noch nicht gehen.“ Gab sie zu.

„Ich weiß, ich auch nicht.“ Er legte sein Kinn auf ihren Kopf. „Das war unser erstes treffen in der Öffentlichkeit.“ Amber nickte. „Du solltest jetzt reingehen, ich komme in ein paar Minuten nach.“

Amber grinste Widerwillen. „Du bist sehr vorsichtig.“

„Ich will nicht, dass deine Tarnung auffliegt.“

„Oder, dass du deinen Job verlierst.“

„Das werde ich nicht, schließlich bist du kein Kind mehr.“ Er legte seine Finger unter ihr Kinn und küsste sie sanft, dann schob er sie von sich. „Geh jetzt rein und leg dich hin.“

„In Ordnung Mr. Stone.“ Sie grinste ihn spitzbübisch an und gab ihm dann sein Jackett zurück.

„Ich liebe dich, Amber!“

„Ich dich auch!“ Sie sah ihm in die Augen. „Gute Nacht.“

„Nacht.“

Jay wartete noch zehn Minuten, dann ging auch er ins Haus und in sein Zimmer. Die Jugendlichen waren allem Anschein noch nicht da, da es verdächtig ruhig war. Als er an Ambers Tür vorbeikam war er versucht noch mal nach ihr zu sehen und blieb vor der Tür stehen, doch dann siegte die Vernunft und er ging in sein eigenes Zimmer.

 

 

Kapitel 15

 

„Jetzt erzähl schon, wie war deine Nacht?“ Tess stand vor dem Spiegel und schminkte Madison. „Aber kannst du vielleicht zuerst zu Mr. Stone gehen und ihn fragen ob es okay wäre, wenn wir eine halbe Stunde später losfahren? Die Jungs sind alle noch im Bett und sind nicht wach zu kriegen.“

„Habt ihr es denn überhaupt probiert?“

„Sicher, wir waren vorhin dort, aber Shawn und Zane weigern sich aufzustehen. Zumindest nicht vor elf Uhr.“

„Und wieso muss ich dann fragen?“

„Weil er dich mag und dir die bitte sehr wahrscheinlich nicht ausschlagen wird. Ist doch logisch.“ Tess zog einen Strich mit dem Eyeliner und sah gar nicht auf. „Und du magst ihn auch, leugnen ist Zwecklos und jetzt geh.“ Tess grinste sie schelmisch an und Amber ging zur Tür. „Dafür seid ihr mir was schuldig!“

„Oder du uns!“ Rief Madison ihr nach, doch Amber hatte die Tür schon hinter sich geschlossen. Sie ging über den Flur in den Trakt der Jungen und blieb vor Jays Tür stehen. Unnötigerweise schlug ihr Herz bis zum Hals und ihre Finger schwitzten als sie, sie hob um zu klopfen, dann öffnete sie die Tür und wünschte sich im nächsten Moment weit, weit weg. Jay stand mit einem Handtuch um den Hüften vor seinem Bett und Ms. Montera hatte ihre Arme um seinen Hals geschlungen. Beide sahen sie erschrocken an.

„Amb…“

„Mr. Stone!“ Ambers Stimme klang eiskalt und ihr Blick glitt von ihm zu der Frau, die er jetzt von sich gestoßen hatte. „Ich glaube ich komme lieber später wieder.“ Sie drehte sich um und schloss die Tür, doch diese wurde im nächsten Moment wieder aufgerissen. „Thea!“ rief er und Amber drehte sich um. „Bitte, geh wieder rein.“ Flüsterte sie und Jay sah sie fassungslos an. „Welcher Lehrer rennt bitte einer Schülerin hinterher?“ Zischte sie und schon stand auch Ms. Montera in der Tür. „Jay? Ist etwas?“

„Was wolltest du Thea?“

„Die Jungs schlafen noch und Tess hat gefragt ob wir vielleicht eine halbe Stunde später fahren können.“

„Ja, das kommt uns ganz Recht.“ Sagte Ms. Montera und zog Jay zurück in sein Zimmer. Amber hörte noch wie er „Jenna“ sagte und lief auch schon zurück in ihr Zimmer. Ihr war übel und sie wollte sich am liebsten übergeben. Wie konnte Jay nur sowas machen? Gestern hatten sie doch so einen schönen Tag und Jays Gefühle ihr gegenüber wirkten auch echt, hatte sie sich wirklich so in ihn getäuscht? Sie unterdrückte ihre Tränen und atmete einmal tief durch, dann öffnete sie die Zimmertür und ging zu ihrem Schrank. „Was machst du denn da?“ Wollte Madison wissen. „Und was hat Stone gesagt?“

„Ist okay. Und weil ich jetzt noch Zeit habe, dachte ich, dass ich eine Runde laufen gehe.“ Amber sah die Mädels nicht an und zog sich schnell um, dann schnappte sie sich ihre Schuhe und lief aus dem Raum.

„Was ist mit ihr los?“ Fragte Tess und Madison schüttelte den Kopf.

Amber zog sich im Flur ihre Schuhe an und gerade als sie an die Treppe kam, öffnete sich die Tür von Jay und sein Blick fiel auf sie. „Können wir reden?“

Amber schüttelte den Kopf und lief die Treppe runter, Jay folgte ihr. Sie setzte sich auf einen Stuhl und zog sich ihre Laufschuhe an. „Amber…“

„Thea! Ich heiße hier Thea!“ Zischte sie.

„Jenna, ich…. Sie…“

„Jetzt sag bloß nicht sie bedeutet dir nichts!“ Amber sah auf und erkannte einige ihrer Mitschüler die Treppe herunterkommen. „Ist okay, bis nachher Mr. Stone!“ Rief sie übertrieben glücklich und lief aus dem Raum. Sie musste hier raus, sie konnte sein Gesicht nicht sehen, sie konnte es nicht ertragen in seiner Nähe zu sein. Ihr kamen Bilder von letzter Nacht in den Kopf und sie schüttelte ihn. Sie musste auf andere Gedanken kommen, also rannte sie los und ließ die Musik in ihren Ohren ihren Schmerz betäuben.

 

Jay wusste nicht was er tun sollte und nachdem Amber ihn im Eingangsbereich so hatte abblitzen lassen und die neugierigen Schüler ihn musterten verzog er sich zurück in sein Zimmer.

Da es Gestern so spät geworden war, hatte er ausgeschlafen und gerade als er aus der Dusche kam und sich anziehen wollte entdeckte er Jenna in seinem Zimmer und diese fiel ihm ohne ein Wort zu sagen um den Hals. Sekunden später stand dann Amber im Raum und beinahe hätte er ihren echten Namen gesagt, wenn sie ihn nicht gehindert hätte! Er setzte sich niedergeschlagen auf sein Bett und vergrub die Hände in seinen Haaren.

Amber war sauer auf ihn und Jenna, die er hochkant aus seinem Zimmer geworfen hatte wahrscheinlich auch und er musste heute noch den ganzen Tag mit den beiden Frauen überstehen und er konnte nicht einmal ordentlich mit Amber sprechen! Wie er diese Geheimniskrämerei hasste und diese Drogendealer.

Als er um halb zwölf nach draußen kam standen die Schüler alle mit gepackten Taschen vor dem Bus und Unterhielten sich. „Ihr könnt alle einsteigen, es sind alle da.“

„Wo ist den Ms. Montera?“

„Es gab wohl einen Notfall in der Familie, sie hat sich einen Mietwagen genommen und ist nach Hause gefahren. Wir machen diese Tour, die jetzt leider um eine halbe Stunde gekürzt wird und fahren dann ebenfalls wieder nach Hause.“

Die Schüler stiegen ein und Jay wartete, bis alle drin waren und stieg dann selbst ein. Er setzte sich auf den ersten freien Platz und bemerkte Sekunden später seinen schweren Fehler. Er saß genau vor Amber und ihren Freundinnen.

„So Thea, jetzt kannst du nicht mehr abhauen. Wir wollen alles wissen.“ Hörte er die Stimme von Madison und wurde neugierig.

„Da gibt es nichts zu erzählen.“

„Also da sind wir anderer Meinung, denn der Typ mit dem du gegangen bist, war kurze Zeit später wieder da – du nicht.“ Fügte sie unnötigerweise hinzu.

„Ach ich hatte einfach keine Lust auf den Typen und bin…“

„Jetzt wähle deine Worte mit Bedacht, denn wir haben Benson in die Mangel genommen.“

„Ihr würdet gute Cops abgeben, bei euren Verhörtaktiken!“ Schimpfte Amber. „Ich habe mich mit jemand anderes getroffen.“

„Wer war es?“

„Das sage ich nicht.“

„Woher kennst du ihn?“

„Habe ihn beim Spiel kennengelernt und ihm meine Nummer zugesteckt, er hat sich bei mir gemeldet und…“

„Ihr seid in der Kiste gelandet.“ Endete Tess ihren Satz.

„Nein. Wir hatten eigentlich einen schönen Abend, wir sind viel spazieren gegangen und haben uns die meiste Zeit unterhalten, dann hat er mich zurück in die Herberge gebracht. Mehr war da nicht.“

„Werdet ihr euch wiedersehen?“

„Ich glaube nicht, es stellte sich heraus, dass er wohl nebenbei noch eine andere hatte.“

„Was?“ Erklangen nun die beiden Stimmen von Tess und Madison unisono. „Woher weißt du das?“

„Ich weiß es einfach und jetzt lasst mich bitte diesen Tag hinter mich bringen!“

 

Amber war so erleichtert als die Tour endlich zu Ende war und sie alle wieder in den Bus steigen durften. Sie wollte nur noch nach Hause, am allerliebsten zu ihrer Mutter, sie vermisste sie so unendlich doll. Sie setzte sich in die Erste Reihe, da die anderen es bevorzugten den hinteren Teil des Busses in beschlag zu nehmen, so hatte sie Ruhe. Das Jay sich direkt hinter den Busfahrer setzte half ihr überhaupt nicht. Er zog sein Handy aus der Tasche und tippe darauf herum, dann vibrierte ihr eigenes. Automatisch sah sie darauf. Ich habe dich nicht betrogen. Las sie, sah ihn demonstrativ an und wählte dann die Nummer ihrer Mutter. Sie ging beim zweiten Klingeln dran. „Oh Amber mein Schatz, schön dass du anrufst!“ Hörte sie die Stimme ihrer Mutter. „Wie geht es dir?“

„Ehrlich gesagt gar nicht gut.“ Sagte sie auf Deutsch.

„Wieso sprichst du deutsch?“ Fragte ihre Mutter und verfiel dabei selbst in ihre Muttersprache.

„Ich sitze hier in einem Bus voller Schüler, die alle denken, dass ich siebzehn bin und außerdem sollen sie nicht verstehen, was ich dir erzähle.“

„Schieß los mein Schatz. Ist es ein Junge?“ 

„Woher weißt du das alles nur immer?“

„Ich bin deine Mutter!“ Sagte sie, als ob das als Erklärung reichte, doch Amber war es im Moment egal.

„Ich habe mich verliebt.“

„Aber doch nicht in einen deiner Klassenkameraden?“

„Nein, in meinen Lehrer.“ Flüsterte sie jetzt.

„Oh…“ Hörte sie ihre Mutter. Dann war einige Sekunden nichts zu hören. „Erzähl mir alles. Von Anfang an.“ Und Amber erzählte ihrer Mutter alles, vom ersten zusammentreffen und ihrem Einbruch, und wie er sie erwischt und geküsst hatte, wie sie ihm aus dem Weg gegangen war und schließlich wie sie ihm erzählt hatte wer sie wirklich war. Ihre Mutter hörte nur zu und warf nur ab und zu eine Frage ein. Dann kam Amber zu ihrem Date gestern und was sie heute Vormittag in Jays Zimmer erlebt hatte.

„Amber, du warst schon immer so vorschnell. Du hast dem armen Mann ja nicht mal Zeit gegeben seine Sicht der Dinge zu erzählen!“

„Ja wie denn? Niemand darf uns zu zweit sehen.“

„Wenn du wolltest, dann hättest du auch einen Weg gefunden, rede dir da nur nichts ein. Du gehst dem Mann aus dem Weg.“

„Wieso bist du auf seiner Seite?“

„Weil ich nach deiner Erzählung einfach nicht glauben kann, dass er so ein Mann ist, der eine Frau wie dich betrügen würde. Er mag dich, der einzige Fehler, den er meines Erachtens gemacht hat ist der, dass er die Frau nicht sofort aus seinem Zimmer gescheucht hat.“

„Woher willst du wissen, ob sie nicht schon die ganze Nacht bei ihm war?“

„Kind, glaub mir, ich weiß es einfach. Gib deinem Jay eine Chance und lass ihn die Sache erklären.“

Amber sah zu Jay hinüber. Er saß in seinem Sitz und starrte Löcher in die Luft. Es schien, als ob er in Gedanken ganz wo anders war. Und er sah überhaupt nicht glücklich aus. „Ich werde mit ihm reden.“ Versprach Amber ihrer Mutter und bald darauf verabschiedeten sie sich. Amber drehte sich in ihrem Sitz zu Jay und schrieb ihm eine Nachricht. Wir reden später. Treffen heute um 23 Uhr am Strand. Jay sah sofort auf sein Handy, las die Nachricht und wirkte schon um einiges Erleichterter. Hoffnungsvoll sah er zu ihr und nickte ihr zu.

 

Amber lief lautlos am Wasser auf und ab und wartete auf Jay. Es war zwar erst zehn Minuten vor zehn, aber sie war einfach ungeduldig und wollte endlich wissen was heute Morgen vorgefallen war. Sie hatte wirklich zu vorschnell reagiert und Jay in eine Schublade gesteckt, die eigentlich nicht zu ihm passte. Sie ging zu einer Bank die im Schatten lag und setzte sich darauf. Kurz darauf hörte sie Schritte und sah auf. Jay war da und hielt Ausschau nach ihr. „Ich bin hier.“ Flüsterte sie und Jay drehte sich um. Sie konnte in der Dunkelheit sein Gesicht nicht erkennen. Er kam auf sie zu. „Es ist viel zu Gefährlich um diese Uhrzeit allein hier draußen zu sein.“ Sagte er und setzte sich neben ihr. „Du hattest dem Treffen zugestimmt.“

Jay schüttelte den Kopf. „Ich hätte allem zugestimmt um mit dir zu reden.“ Er sah sie an und in seinen Augen lag eine solche Entschlossenheit und sie erkannte Bedauern. „Dann rede.“ Forderte sie ihn auf und Jay nickte. „Gestern, bevor ich losgegangen bin um dich abzuholen, da kam Jenna in mein Zimmer.“

„Gestern schon?“

Er nickte erneut. „Sie wollte wissen ob es normal ist, dass ihr alle noch nicht da wart.“

„Pah, als ob.“

„Das ist mir mittlerweile auch klar. Nachdem ich ihr gesagt hatte, dass es ganz normal ist, dass ihr kommt wann ihr kommt, hat sie mich gefragt ob wir uns zusammen einen Film anschauen wollten. Ich habe abgelehnt und gesagt, dass ich mich mit jemanden treffe und bin auch sofort los nachdem sie mein Zimmer verlassen hatte.“

Amber nickte und Jay fuhr fort. „Heute Morgen schlief ich aus und als ich aus der Dusche kam, stand sie in meinem Zimmer. Es ist nichts zwischen uns vorgefallen! Sie kam plötzlich auf mich zu und… den Rest hast du ja gesehen.“ Sie schwiegen beide eine Weile.

„Ich reagiere manchmal ein bisschen zu schnell, aber diese Jenna kam mir schon bei Joggen so vor, als ob sie auf dich stehen würde und als ich euch beide da so gesehen habe… da ist das Fass wohl übergelaufen.“

„Du glaubst mir also?“ Hoffnung schwang in seiner Stimme mit und Amber nickte. „Ja ich glaube dir und kann mir jetzt sogar lebhaft vorstellen wie hart es für dich sein muss, wenn Thea mit Jungs flirtet.“

Ohne eine Vorwarnung zog er sie in seine Arme und wenige Augenblicke verschmolzen ihre Lippen zu einem innigen Kuss. „Ich würde dich nie betrügen Amber,“ zärtlich legte er seine Hände auf ihre Wangen und sah sie an. „ich liebe dich!“ Amber nickte. „Ja, ich dich auch.“ Sie saßen noch eine Stunde so am Wasser und genossen die Ruhe. Amber lag an Jays Brust und lauschte seinem Herzschlag und den Wellen, die leise am Ufer plätscherten. „Wir sollten langsam gehen, es wird schon spät und morgen ist Schule.“ Jay zog sie auf die Beine und gemeinsam Arm in Arm traten sie den Heimweg an.

 

 

Kapitel 16

 

Der Montag und Dienstag flogen nur so dahin und am Mittwoch stand ein Freundschaftsspiel der Newman High gegen die Old Lynn Highschool an. Am Nachmittag unternahm Amber mit Tess und Madison eine Shoppingtour und kauften sich für die anstehende Badesaison Badeanzüge. Nach dem Shoppen fuhren sie gemeinsam zurück zur Schule. „Sagt mal Mädels, ich habe euch zwar noch nie gefragt aber kanntet ihr Ben eigentlich?“

„Ben der Drogentote?“

„So nennt man ihn?“

Madison nickte. „Ja, aber wir kannten ihn nicht. Er war einer der Außenseiter.“

„Naja, er war eigentlich nicht immer ein Außenseiter.“ Warf Tess ein. „Er war ein ziemlich guter Freund von Xander. In der Middle School.“

„Echt? Xander wirkt aber nicht allzu betroffen.“

„Er überspielt es mit seinen Partys, Xander war schon immer so. Er ist eine Frohnatur, liebt das Leben.“

„Wie kam es denn, dass die beiden sich auf einmal nicht mehr so gut verstanden?“

„Am Basketballteam würde ich behaupten. Xander kam sofort ins Team und Ben war leider nicht gut genug. Die erste Zeit waren sie trotzdem noch immer befreundet, aber die Freundschaft rückte immer weiter in den Hintergrund. Ben fing an sich andere Freunde zu suchen und erwischte die falschen.“

„Mit wem war er denn befreundet?“

„Irgendeine Gang, lauter Schulabbrecher die meisten leben auf der Straße oder in Bruchbuden und dealen mit Drogen.“

„Das Thema deprimiert mich. Können wir nicht von etwas anderem reden?“ Ertönte Madisons Stimme vom Rücksitz und Amber stellte keine weiteren Fragen. „Mir tut seine Familie nur leid.“ Sagte sie und sah aus dem Fenster.

„Die sind über seinen Tod doch schon lange hinweg. Kennst du Liz?“

„Elizabeth mit der ich Naturwissenschaften habe?“

„Ja. Er war ihr Freund.“

„Fester Freund.“ Fügte Madison hinzu.

„Wow. Sie hat nie ein Wort gesagt und ich dachte wir würden uns gut verstehen.“

„Sie ist ein bisschen… naja… anders?“

„Wir sind schon wieder bei diesem Drogenthema.“

„Wir sind jetzt eh da.“ Amber parkte den Wagen und die Mädels stiegen aus und gingen in die Umkleide. Auf dem Weg dorthin kam ihnen Jay entgegen und Amber strahlte ihn an. „Hi Mr. Stone.“ Begrüßte Tess ihn. „Ist Shawn schon da?“

„Hi Mädels! Ich habe ihn noch nicht gesehen, bin aber selbst grade erst gekommen.“

„Okay.“ Tess und Madison gingen weiter und Amber folgte ihnen und beim vorbeigehen berührte Jay kurz ihre Hand. Amber drehte sich um und lächelte ihm zu und beeilte sich dann ihren Freundinnen zu folgen.

 

Amber stand vor den Zuschauern und sah in den Reihen der Tribüne auf und ab. Liz war eigentlich bei jedem Spiel der Jungs dabei, doch irgendwie fand Amber sie heute nicht. „Na wen suchst du?“ Mia stand neben Amber und sah sie auffordernd an.

„Liz. Hast du sie gesehen?“

„Ja, sie war hier. Aber sie ist vor ein paar Minuten gegangen.“

„Vor wie vielen Minuten?“

„Wenn du dich beeilst könntest du sie noch einholen. Aber was willst du denn so wichtiges von ihr?“

„In welche Richtung ist sie?“ Amber sah sich hektisch um. „Sie hat noch meine Hausaufgaben!“ Log sie und Mia zeigte Richtung Parkplatz. „Ich bin sofort wieder da!“ Rief sie und lief los im Augenwinkel sah sie noch wie Jay ihr hinterher sah. Zum Parkplatz war es zum Glück nicht weit und vielleicht hatte sie ja Glück und sie erwischte Liz, bevor sie nach Hause fuhr. Doch plötzlich hörte sie ein sehr bekanntes Geräusch und das ging ihr durch Mark und Bein. Ein Schuss. Amber rannte los, in die Richtung, aus der der Schuss kam und dann sah sie Liz, wie sie am Boden lag und sich krümmte. Ein Mann stand vor ihr und trat mit dem Fuß auf ihre Schulter, wo die Kugel allem Anschein nach steckte. „Du hast die letzte Warnung wohl nicht verstanden, jetzt kannst du deinem Freund folgen!“ sagte der Mann, nahm die Waffe und entsicherte. Amber überlegte gar nicht, sondern sprang aus ihrem Versteck und schaffte es ihm die Waffe aus der Hand zu schlagen. Der Mann reagierte schnell und griff Amber an, doch sie wich seinem Schlag aus und traf ihn mit dem Fuß im Magen. Er sah sie verwundert an und griff sie erneut an. Amber währte sich so gut sie konnte, doch er war einfach viel stärker als sie und er erwischte sie mit der Faust. Amber hielt sich den Kopf und taumelte zurück. Dann traf sie auch schon der nächste Schlag und sie fiel auf den Boden. Der Mann suchte nach seiner Waffe und beide sahen sie im gleichen Augenblick, sie lag nur ein paar Meter von Amber entfernt. Sie wollte danach greifen, doch er war schneller, packte die Waffe und richtete sie auf sie. „Sag Lebewohl Schätzchen.“ Er grinste sie finster an und plötzlich sprang Jay ihn an und Schlug ihm die Waffe aus der Hand. Der Mann sah ihn überrascht an und griff ihn dann an. „Jay!“ Rief Amber, doch er schien sie gar nicht zu hören die Männer schlugen auf sich ein und plötzlich ergriff der Unbekannte die Flucht. „Jay!“ Amber lief zu ihm und nahm ihn in den Arm. Auf einmal hörte sie Stimmen und drehte sich um, Shawn und Zane kamen angelaufen. „Was ist hier los?“ Wollten sie wissen und dann sahen sie Liz, die bewusstlos am Boden lag. Jay kniete sich neben ihr auf den Boden und befühlte ihren Puls.

„Ist sie tot?“ Flüsterte Zane und Jay schüttelte erleichtert den Kopf. „Shawn lauf los und ruf einen Krankenwagen und die Polizei. Sag ihnen, dass eine Schülerin mit einer Waffe angegriffen wurde.“ Shawn machte schon Anstalten loszulaufen, da hielt Jay ihn noch mal zurück. „Sag ihnen sie sollen Detektive Alex Moore bescheid geben.“ Shawn nickte und lief los. Amber ging zu Zane. „Ist alles okay?“

„Ob alles okay ist?“ Fuhr er sie an. „Hier liegt Liz, angeschossen. Unser Trainer hat sich gerade mit einem fiesen Schläger geprügelt und du fragst ob alles okay ist?“ Er wurde immer lauter. „Was hast du…“

„Zane!“ Unterbrach Jay ihn barsch. „Hör auf Thea so anzufahren. Schließlich hat sie verhindert, dass schlimmeres passiert ist.“

Verwundert sah Zane zu Amber. „Du…“

„Ich war zuerst hier und habe den Mann überrascht. Plötzlich ging er auf mich los und ich habe versucht mich zu wehren.“

„Wie konntest du dich gegen so einen Mann wehren? Der war mindestens zwei Meter groß und dreimal so schwer wie du.“

„Ich kann mich selbst verteidigen.“ Fuhr sie ihn an.

„Anscheinend nicht. Du siehst echt scheiße aus!“ Plötzlich sah er sie besorgt an.

Jay ging zu ihr, nahm ihr Gesicht in die Hand und drehte es ins Licht. Jetzt sah er ihre aufgeschlagene Lippe und das Veilchen. Er zog die Luft ein und Amber entzog sich seinem Griff. „Es geht schon.“ Wehrte sie ab.

„Wenn Stone nicht gekommen wäre...“ Murmelte Zane und sah wieder zu Liz. „Wenn er nicht gekommen wäre, dann würdest du jetzt neben ihr liegen!“ Fuhr er sie wieder wütend an und Amber ging auf ihn zu und nahm ihn in den Arm. „Mir ist aber nichts passiert.“ Beruhigte sie ihn und spürte seinen festen Griff um ihre Mitte.

„Gott sei Dank!“ Flüsterte er.

Plötzlich hörten sie die Sirenen und wenige Augenblicke später war die Polizei und auch ein Krankenwagen da.

Ein besorgt blickender Alex rannte auf Amber zu doch sie schüttelte unmerklich den Kopf und Alex wurde wieder der Cop der er war und hielt ihr und Jay die Marke entgegen. „Ich bin Detektive Alex Moore. Was ist hier passiert?“

Amber erzählte ihm alles und Jay nickte hin und wieder. Zane und Shawn wurden von einem anderen Polizisten verhört. „Kannst du den Mann beschreiben?“

„Ich weiß wer er ist.“

„Du weißt was?“ Jay sah sie verwundert an und Amber grinste. „Ich habe sein Tattoo gesehen, er ist einer des Sinaloa Kartells.“

„Bist du dir sicher? Niemand weiß wer der Boss dieses Kartells ist, er hält sich immer im Hintergrund.“

„Ja ich weiß, ich bin mir aber sicher, dass es einer von ihnen war, und er war gut. Er war ein Auftragskiller, ich kam nicht gegen ihn an. Und du weißt, dass ich mich wehren kann!“

„Aber was wollte er von einer Schülerin?“

„Er wollte sie töten, wie schon ihren Freund, weil er der Koch war, welche Rolle sie in dieser Sache spielt, weiß ich nicht.“

„Bist du dir sicher? Ben? Woher weißt du das?“ Jetzt war es an Jay sie aufgebracht anzusehen.

„Die Mädels haben mich darauf gebracht. Wir haben uns heute ein bisschen über Ben unterhalten und ich habe erfahren, dass Liz seine Freundin war.“

„Wieso wussten wir nichts davon?“ Wollte Alex wissen.

„Das weiß ich nicht, aber Liz wird es euch bestimmt erklären können, wenn sie wieder bei Bewusstsein ist.“

„Geht es dir wirklich gut?“ Wollte Alex jetzt wissen und musterte sie aufmerksam.

„Hör auf mich so mitleidig anzuschauen. Die Leute sehen das.“

Jay legte seine Hand um ihre Schulter und zog sie ein wenig zu sich. „Für dich gilt das gleiche.“

„Ich bin dein besorgter Lehrer. Ich bin beinahe verrückt geworden als ich dich mit ihm habe kämpfen sehen.“

„Du hast den Mann richtig verprügelt.“ Gab sie zu und sah ihn bewundernd an.

„Ihr solltet beide mal ordentlich untersucht werden.“ Alex sah die beiden mit einem Schmunzeln an. „Sanitäter!“ Rief er und einer der Männer kam auf ihn zu. „Die beiden sollten auch einmal durchgecheckt werden. Nehmen Sie sie mit ins Krankenhaus.“

„Danke, dass du meiner Schwester das Leben gerettet hast.“ Flüsterte er Jay ins Ohr und klopfte ihm dann auf die Schulter. Jay nickte nur und folgte Amber und dem Sanitäter.

 

„Was machst du nur für Sachen?“ Amber lag in ihrem Krankenhausbett und sah ihre besorgten Freunde an. Tess und Shawn und Madison und Zane saßen auf Stühlen um ihr Bett herum. „Jetzt erzähl mal was passiert ist.“

„Liz hatte noch meine Hausaufgaben und da ich sie brauchte bin ich ihr kurzerhand auf den Parkplatz gefolgt. Dann hörte ich einen Schuss und lief in die Richtung und sah einen Mann, der Liz mit einer Waffe bedrohte. Also habe ich versucht ihn zu stoppen.“

„Was denkst du wer du bist? Superman oder was? Er hätte dich töten können!“ Brachte Madison wütend hervor.

„Was hätte ich denn tun sollen? Er hätte sonst Liz getötet!“ Es herrschte einen Moment betretendes Schweigen. „Wie kam es denn, dass ihr beide plötzlich da wart?“  Fragte sie an die Jungs gewandt.

„Wir haben gesehen, wie Stone dir hinterher ist und haben uns gefragt was ihr beide wohl treibt.“ Zane besaß den Anstand rot zu werden.

„Wir dachten, dass er dir vielleicht nachstellen würde.“ Sprang nun auch Shawn ein. „Und als der Schiri zur Halbzeit pfiff sind wir ihm hinterher.“

„Mr. Stone? Mir nachstellen?“ Amber gab sich Mühe belustigt auszusehen. „Das hat er doch gar nicht nötig. Ihr habt doch gesehen wie er mich im Unterricht hat abblitzen lassen.“

„Vielleicht fehlte ihm ja deine Aufmerksamkeit.“

„Was für ein Quatsch. Mittlerweile verstehen wir uns ganz gut, schließlich ist er ein guter Freund von Heather und David. Wahrscheinlich hat er sich einfach nur Sorgen gemacht und ist mir hinterhergelaufen.“

„Was eine ausgezeichnete Idee war!“ Beendete Tess die kleine Diskussion. „Und wie geht es Liz jetzt?“

„Sie ist bis jetzt noch nicht aufgewacht, aber sie ist stabil.“

„Also keine Lebensgefahr?“ Wollte Zane wissen und Amber schüttelte den Kopf. „Warum wurde sie denn angegriffen? Wurde sie vergewaltigt?“

„Nein. Sie ist wohl in krumme Geschäfte verwickelt und die Kartelle sehen es nicht gerne, wenn sie Konkurrenz bekommen.“

„Was denn für ein Kartell?“

Amber zog die Schultern hoch. „Ich weiß doch auch nicht alles.“ Log sie.

„Hat es etwas mit Ben zu tun?“

Amber wurde hellhörig und sah neugierig zu Shawn. „Xander hat mir heute Nacht gesteckt, dass Ben wohl Drogen gekocht hat.“

„Dann ist er wegen seinen eigenen Drogen gestorben?“ Madison sah ihn erschreckt an und Shawn schüttelte den Kopf. „Ich weiß nur das, was Xander mir erzählt hat.“

„Woher wusste Xander es?“

Shawn sah zu Amber. „Ben hat es ihm wohl gesagt. Er wollte seine Leistung steigern um in das Team zu kommen, er hat vor Xander damit geprahlt, aber bis es soweit kommen konnte…“ Er beendete den Satz nicht und es herrschte einen Augenblick schweigen.

„Was sagen die Browns zu deiner Aktion?“ Wechselte Madison das Thema.

„Sie übertreiben, machen sich schon fast genau solche Sorgen um mich, wie meine eigenen Eltern. Sie waren vorhin hier. Ich hätte sie glatt eingeliefert, wenn ich Ärztin wäre.“

„Musste Stone eigentlich auch über Nacht im Krankenhaus bleiben?“ Wollte nun Tess wissen.

„Soweit ich weiß nicht, er hat nur leichte Prellungen von den Schlägen die er abbekommen hat.“

„Wahrscheinlich war er so sauer auf den Kerl, weil er auf zwei wehrlose Mädchen losgegangen ist, dass Stone einfach nur rotgesehen und auf den Schläger eingeprügelt hat.“

„Er wollte unser kleines Karatekid beschützen.“ Lachte Zane und die anderen fielen aufgrund des Kosenamens mit ein.

„Er ist wohl eher das Karatekid.“ Meinte Tess. „Unsere kleine Thea hat es ja nicht geschafft sich gegen ihn zu wehren.“

„Ihr habt den Mann nicht gesehen!“ Warf Zane ein. „Er war bestimmt zwei Köpfe größer als Stone.“

„Einen!“ Amber grinste Zane an. „Übertreib nicht.“

„Er wirkte schon sehr bullig!“ Meinte Shawn. „Ich frage mich, warum so ein Kerl eine Schülerin angreift.“

„Das ist Sache der Polizei, da sollten wir uns nicht einmischen.“

„Genau!“ Ertönte plötzlich eine Stimme von der Tür und Amber freute sich ihren Bruder und ihre Schwester zu sehen.

„Ihr solltet jetzt besser gehen, damit ich nach meiner Patientin gucken kann.“ Sagte Ava und ihre Freunde standen auf und verabschiedeten sich. Alex begleitete sie hinaus und Ava fiel Amber um den Hals. „Was machst du nur für Sachen?“

„Meinen Job?“ Amber grinste.

„Und wieso habt ihr mich nicht angerufen, als du eingeliefert wurdest?“

„Ich wollte es nicht, du solltest dir keine Sorgen machen und ausschlafen.“

„Dann hättet ihr mich heute Morgen anrufen können.“

„Ich war doch in guten Händen.“ Wehrte Amber ab und sah ihre Schwester dann bittend an. „Du musst unseren Eltern nur erklären, dass es mir wirklich gut geht. Wenn du Mama nicht überzeugst, dass mir nichts fehlt, dann wird sie nichts halten können und sie wird herkommen und meine Tarnung gefährden.“

„Ich rufe sie gleich an, nachdem ich dich untersucht habe.“

„Ich wurde schon untersucht! Ich darf nachher nach Hause.“

„Ich habe dich aber noch nicht untersucht. Jetzt setzt dich auf.“ Amber ließ die Untersuchung über sich ergehen und sogar Ava kam zu dem Entschluss, dass sie außer einer gebrochenen Rippe und ein paar Prellungen wirklich nichts Schlimmes hatte, und einer Entlassung nichts im Wege stünde.

Am späten Nachmittag kam Heather mit Jay im Schlepptau in ihr Zimmer. „Thea Schätzchen!“ Heather umarmte sie liebevoll und setzte sich zu ihr aufs Bett. „Wie geht es dir mittlerweile? Hast du noch starke Schmerzen?“

„Alles halb so wild, Heather. Du musst dir keine Sorgen machen.“ Sie lächelte an ihrer Ersatzmutter vorbei Jay an und dieser lächelte zurück und setzte sich auf einen Stuhl.

„Ich bin außer mir vor Sorge! Welcher Mann greift zwei Schülerinnen an? Ist man denn nirgendwo mehr sicher?“ Redete sie sich in Rage. „Ich wollte losfahren um dich abzuholen. Habe aber meinen Schlüssel im Haus vergessen. Also bin ich noch einmal rein, habe das Ding zehn Minuten gesucht, nur um dann festzustellen, dass er am Schlüsselboard hing. Dann bin ich also wieder ins Auto, habe den Wagen beim dritten Mal anbekommen und wollte rückwärts aus der Einfahrt rausfahren und habe dabei die Mülltonne angefahren!“

„Ich habe das gesehen und fand es sicherer, wenn ich sie fahre.“ Beendete Jay ihre Ausführungen.

„Wahrscheinlich eine sehr gute Idee!“ Amber lachte und stand auf.

„Schätzchen, meinst du, du bist schon so weit? Du solltest besser noch liegen bleiben.“

„Ich fahre jetzt nach Hause, da muss ich doch aufstehen. Mach dir doch keine Gedanken, mir geht es gut. Ich war heute schon duschen und meine wenigen Habseligkeiten habe ich auch schon eingepackt.“ Sie zog sich ihre Sneakers an und während sie sich die Schürsenkel zuband wurde ihr kurz übel, aber sie ignorierte es und ließ sich nichts anmerken. Dann sah sie auf und direkt in Jays wissenden Blick. „Alles gut.“ Flüsterte sie, während Heather ihr Bett machte. „War nur das bücken.“ Er nickte und sah belustigt zu Heather. „Dir ist schon klar, dass das Bett gleich wegkommt und die Bettwäsche abgezogen wird?“ Fragte er sie amüsiert.

„So sieht es einfach viel ordentlicher aus.“ Erwiderte sie und drehte sich zur Tür. „Hilf Thea, ich werde schon mal gehen und sie abmelden.“ Heather verließ den Raum und ließ die beiden allein zurück.

„Das mache ich liebend gerne.“ Er zog sie in seine Arme und küsste sie. „Jag mir nie wieder so einen Schrecken ein.“ Befahl er und löste sich von ihr.

„Mein Retter.“ Amber strahlte ihn an. „Du hast mir das Leben gerettet. Danke!“

„Das würde ich immer wieder tun.“ Er drückte sie kurz an sich, hauchte ihr einen Kuss aufs Haar und führte sie dann aus dem Zimmer.

Die Fahrt verlief ziemlich eintönig, da Heather es übernahm das Gespräch zu führen, es war nett von ihr und sie versuchte Amber auf andere Gedanken zu bringen. „Was hältst du davon, wenn wir uns heute alle zusammen einen Film anschauen?“

Amber wollte eigentlich mit Alex reden und überlegen, was die nächsten Schritte wären, aber ihr war auch klar, dass Heather sie so schnell nicht aus den Augen lassen würde. „Ja, können wir gerne machen.“

„Jay, du bringst dann bitte deinen leckeren Nachoauflauf mit.“

„Ach ich bin auch eingeladen?“ Er sah schelmisch zu Heather und diese Schlug ihm spielerisch gegen den Arm.

„Natürlich, du bist immer bei uns willkommen.“

„Das weiß ich doch.“ Jay konzentrierte sich wieder auf die Straße. „An welchen Film hast du denn gedacht?“

„Ach darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Aber eine schöne Liebes Komödie wäre doch nett oder?“

Ein paar Stunden später saß Jay zusammen mit Amber auf dem Sofa und schauten sich gemeinsam mit Heather und David eine Komödie mit Jennifer Aniston an. Amber saß in einer Decke eingekuschelt mit einigem Abstand neben ihm und er hätte die Distanz liebend gern überwunden, doch Heather sah immer wieder besorgt zu Amber und so blieb er wo er war. „Kannst du mir bitte mein Glas Wasser geben?“ Flüsterte Amber ihm zu und Jay tat ihr den Gefallen. Als er ihr das Glas hinhielt berührte sie mit ihrer Hand sanft die seine und sah ihm glücklich in die Augen. Ach was würde er doch dafür geben, allein mit ihr zu sein. Als sie fertig mit dem trinken war überraschte sie ihn, indem sie sich an ihn lehnte und die Augen schloss. Er merkte, an ihren Atem, dass sie innerhalb weniger Minuten eingeschlafen war und bemerkte dann, wie Heather sie beobachtete. „Sie schläft.“ Flüsterte er unnötigerweise und Heather nickte lächelnd. „Lass sie noch ein bisschen schlafen, dann kannst du sie in ihr Zimmer bringen.“

Jay nickte und wandte sich wieder dem Fernseher zu. Er genoss es, wie Amber an seiner Schulter schlief und versuchte es ihr so gemütlich wie möglich zu machen. Irgendwann fing er an gegen die eigene Müdigkeit zu kämpfen und verlor.

Jay erwachte, weil jemand in der Küche mit Töpfen hantierte. Schlaftrunken öffnete er die Augen und sah sich im Raum um. Er war noch im Wohnzimmer der Browns und Amber schlief in seinem Arm. Sanft streichelte er ihr durchs Haar und versuchte sich aufzusetzen, seine Knochen taten vom ungemütlichen liegen weh, doch er wollte Amber nicht aufwecken. Vorsichtig schob er sie von seinem Schoß, stand auf und streckte sich. „Haben wir hier zusammen geschlafen?“ Ertönte plötzlich die verschlafene Stimme von Amber und er drehte sich zu ihr um. Sie strich sich durch ihre Haare und strahlte ihn glücklich an. „So würde ich am liebsten jeden Tag aufwachen.“ Jay grinste und kniete sich vor das Sofa. „Heather ist in der Küche.“ Flüsterte er und küsste sie dann schnell auf den Mund. „Bald hast du den Fall gelöst und dann kannst du bei mir einziehen, dann werden wir jeden Morgen gemeinsam aufwachen.“

Amber sah ihn nur an, sagte aber nichts. Sie hatten noch nie von einer gemeinsamen Zukunft gesprochen, beide vermieden sie das Thema. „Du kannst es dir ja noch überlegen.“ Sagte er dann und stand auf. Er war enttäuscht, als Amber ihn nicht zurückhielt und ging in die Küche in der es köstliche nach Pancakes roch. „Warum habt ihr mich nicht geweckt?“ Fragte er Heather und diese lächelte. „Ihr saht so müde aus und wir wollten euch nicht stören.“

„Stören?“

„Ihr passt so gut zusammen und ihr wirkt sogar richtig verliebt, ihr…“

„Heather! Ich bin der Lehrer von Thea. Sowas darfst du nicht mal denken, was meinst du, was es für einen Skandal gibt, wenn solche Gerüchte entstehen?“

„Papperlapapp!“ Heather winkte ab und wendete Seelenruhig ihre Pancakes. „Ich sage doch niemandem etwas.“

„Ich muss rüber, die Schule fängt bald an.“

„Setz dich hin und frühstück erst einmal ordentlich.“ Sie stellte ihm eine Tasse mit dampfenden Kaffee auf den Tisch und Jay setzte sich ohne wiederworte. Gerade als er mit de Essen fertig war kam Amber in die Küche. Top gestylt für die Schule, kaum wiederzuerkennen, da sie sich sehr stark geschminkt hatte um das Veilchen zu verstecken. Jay sah sie kaum an, er war noch immer enttäuscht, dass sie nichts zu sagen hatte, was ihre gemeinsame Zukunft anbelangte. „Ich gehe dann mal rüber. Danke für das Frühstück.“ Sagte er stand auf und verließ fluchtartig das Haus.  

 

 

Kapitel 17

 

 Der Schultag verflog nur so, Amber wurde von ihren Klassenkameraden ausgequetscht und sie erzählte jedem, der es wissen wollte die Geschichte. Irgendwann hatte sie einfach keine Lust mehr und während des Sportunterrichts verkrümelte sie sich in die letzte Ecke auf der Tribüne und tat so als würde sie in einem Buch lesen. In Wirklichkeit beobachtete sie Jay, es tat ihr leid, dass sie ihm keine Antwort geben konnte. Aber sie stand nun mal am Anfang ihrer Karriere und es war doch schon immer ihr Traum gewesen Polizistin zu sein. Es konnte doch nicht sein, dass ein Mann kommt und sie ihre Träume über den Haufen warf. Dieser Undercover Job war wie ein Sprungbrett eine steile Karriere bei der Polizei zu starten. Wenn alles gut ginge, würde sie bald zum Detective befördert werden. Und dann kam Jay, Jay wollte bestimmt keine Polizistin an seiner Seite haben. Er war eher der Typ, der ein ruhiges Leben und Kinder wollte und sie war einfach noch nicht bereit für eine eigene Familie und Kinder.

„Na das Buch muss ja richtig gut sein, wenn du schon seit fünf Minuten auf die gleiche Stelle starrst.“ Holte eine Stimme sie aus den Gedanken und sie sah auf in Johns fragende Miene. „Ist alles okay? Ich habe von deiner geheimen Identität erfahren.“

Amber sah ihn entgeistert an. „Was?“

„Naja, wer hätte ahnen können, dass in dir ein kleines Karatekid schlummert?“ John lachte und stieß ihr gegen die Schulter und Amber atmete erleichtert auf. „Dafür haben meine Eltern gesorgt. Ich war schon früh in Selbstverteidigungskursen.“

„Und du bist dir sicher, dass es nichts damit zu tun hat, dass dein Vater ein Cop ist?“

„Wahrscheinlich schon.“ Sie grinste und schlug das Buch zu. „Also warum schwänzt du den Sportunterricht?“

„Ich habe dich hier so einsam und verlassen sitzen sehen, also bin ich zu Stone und habe ihn freundlich gefragt ob ich dir ein wenig Gesellschaft leisten darf. Er hat sofort zugestimmt, schien besorgt um dich.“

„Ja wahrscheinlich, weil er den Mann gesehen hat, der auf Liz geschossen hat.“

„Nur gesehen? Ich habe da was anderes gehört.“ Er zog fragend die Augenbrauen hoch und Amber seufzte. „Du weißt doch alles.“

„Wenn du wüsstest. Die Leute verdrehen die Wahrheit wie es ihnen gefällt.“

„Erzähl mir davon.“

„Wenn du meinst. Also du und Stone habt eine Affäre und wolltet euch heimlich treffen, oder er ist ein Stalker und stellt dir nach. Die beiden Geschichten mögen ja vielleicht noch glaubhaft sein, aber die dritte…“

Amber grinste. „Stone ist bestimmt kein Stalker. Was ist die dritte?“

„Die ist total verdreht.“ Er schmunzelte und wechselte dann das Thema. „Man sagt ja, dass ein Opfer sich öfter in seinen Retter verliebt. Stimmt das?“ Amber schwieg und sah John fragend an. „Du kannst mich auch anlügen, aber ich merke, wenn du lügst.“

„Ich mag ihn. Ich mochte ihn schon, bevor er mich gerettet hat.“

„Hattet…“

„Bevor du mich jetzt weiter ausfragst. Kein Kommentar.“

„Ach komm schon!“ Amber drehte sich um und sah hinter sich Mia stehen. „Du wolltest doch schon vom ersten Tag was von ihm.“

„Wo kommst du denn her?“

„Ich war grad auf der Toilette und konnte einfach nicht wiederstehen.“ Gab sie fröhlich zu. „Also stimmt es, Du und Stone?“

„Mia! Zwischen uns ist nichts. Weißt, du, dass du ihn in Schwierigkeiten bringen kannst?“

„Mir doch egal, was fällt ihm ein mit einer Schülerin zu schlafen?“

„Wir haben nicht…“ Amber sah sie empört an.

„Tja…“ Mia drehte sich weg und lief wieder nach unten in die Sporthalle, dabei warf sie Jay einen vielsagenden Blick zu und dann wieder zu Amber, Jay folgte ihrem Blick und Amber zuckte mit den Schultern.

„Thea! Zwischen euch läuft wirklich etwas!“ John sah sie aufgebracht an.

„Wir sind Freunde, was ja auch irgendwo selbstverständlich ist, wenn er mein Nachbar ist, wir uns ständig über den Weg laufen und sogar in die gleiche Kirche gehen!“

„Thea, Thea… versuch dir nichts einzureden. Ihr habt beide Gefühle füreinander, auch wenn ihr es euch nicht eingestehen wollt. Man kann es sehen.“ Amber packte ihre Sachen zusammen und stand auf. „Sorry das war echt kitschig…“  

„Das muss ich mir nicht anhören.“ Sie schulterte ihre Tasche und verließ die Sporthalle.

Bis zum Nachmittag machte das Gerücht die Runde und die ganze Schule nahm an, dass sie und Jay ein Verhältnis miteinander hatten. Sie war gerade auf dem Weg zu ihrem Auto, als sie von Tess und Madison eingeholt wurde. „Wo warst du den ganzen Tag?“ Wollte Tess wissen.

„Ich habe mich versteckt?“

„Stimmt es?“

„Was?“

„Das mit dir und Stone?“

Amber holte tief Luft. „Gerüchte!“ Genervt drehte sie sich weg und setzte ihren Weg fort.

„Uns brauchst du nicht zu belügen, ich glaube wir kennen uns mittlerweile gut genug um ehrlich zueinander zu sein.“

„Ich werde hier bestimmt nichts erzählen, hier haben die Wände Ohren.“ Sie wollte die Mädels nicht belügen, sie waren ihr einfach schon viel zu sehr ans Herz gewachsen.

„Okay, wir fahren zu mir.“ Bestimmte Tess und nahm Amber den Schlüssel weg. „Hey das ist mein Auto!“ Beschwerte sie sich.

„Denkst du ich setzte mich in ein Auto, dass du in deinem Gefühlschaos fährst?“ Tess schloss auf und Amber ließ sich auf den Beifahrersitz fallen.

Kurze Zeit später saßen sie in Tess Zimmer und Amber überlegte, was sie den Mädels erzählen konnte.

„Jetzt hattest du genug Zeit, jetzt erzähl uns endlich alles.“

„Ihr wollt nicht alles wissen!“ Rutschte es Amber heraus und die beiden Mädchen starrten sie schockiert an. „NEIN!“ Rief Amber. „Nicht das was ihr jetzt denkt…“ Amber griff sich an die Stirn. „Oh Mann, wo fange ich nur an?“

„Wie wäre es mit deinem Beziehungsstatus?“ Schlug Madison vor

„Wie wäre es mit: Nicht interessiert?“

„Also hast du Gefühle für unseren Lehrer?“

„Ich will ihn nicht in Schwierigkeiten bringen!“

„Denkst du etwa wir? Er ist der beliebteste Lehrer der Schule und er hat die Jungs alle auf Vordermann gebracht. Sie sind mittlerweile eins der besten Teams des Staates!“

„Wenn Stone fliegt, haben wir ein großes Problem, aber anscheinend macht die Hälfte der Schule sich keine Sorgen darum.“

„Sie werden mich hassen, wenn er gehen muss.“ Amber schlug sich die Hände an den Kopf.

„Muss er?“

„Nein.“

„Ihr wart also nicht im Bett?“

„Nein.“

Ihre Freundinnen sahen sie erleichtert an. „Aber du stehst auf ihn.“ Meinte Tess nach einer Weile.

„Kann sein, dass ich mich in ihn verliebt habe.“ Gab sie endlich zu und es schien, als ob ihr ein Stein vom Herzen fiel.

„Einerseits freue ich mich für dich, andererseits hast du ein fettes Problem.“

„Ich weiß, aber ich werde es in Ordnung bringen.“

 

Als Amber am späten Abend, nachdem David und Heather sich von ihr verabschiedet hatten, in ihrem Zimmer war und aus dem Fenster schaute, sah sie Jay in seinem Zimmer. Es dauerte nicht lange und er bemerkte auch sie. Sie öffnete es und sah ihn entschuldigend an. „Tut mir leid.“ Sagte sie und Jay nickte nur. „Es war klar, dass früher oder später solche Gerüchte die Runde machen.“

„Aber wir waren doch immer so vorsichtig.“ Wiedersprach sie.

„Es ist meine Schuld. Ich bin dir hinterhergelaufen.“

„Hättest du es nicht getan…“

„Das Spielt keine Rolle.“ Unterbrach er sie.

„Natürlich spielt es eine Rolle!“

„Ich würde es immer wieder tun.“ Sagte er mit ruhiger, ernster Stimme.

„Aber bekommst du jetzt keine Probleme?“

Er zuckte mit den Schultern. „Ich denke, dass ich es morgen erfahren werde. Hast du jemanden von uns erzählt? Die Wahrheit meine ich.“

„Nein zumindest nur einen Teil der Wahrheit. Ich war heute bei Tess und habe ihr und Maddie gestanden, dass ich in dich verliebt bin.“

 „Und was wollten sie wissen?“

„Ob ich mit dir geschlafen habe natürlich.“

„Und was hast du gesagt?“

„Das muss ich dir jawohl nicht sagen!“

„Streng genommen haben wir zusammen geschlafen.“

„Dir ist doch klar, dass sie das nicht meinten!“ Jay lachte und Amber war erleichtert. „Sie wissen eigentlich gar nichts von uns, nicht mal das wir uns treffen, lediglich, dass ich in dich verliebt bin. Das du ebenfalls Gefühle für mich hast wissen sie nicht.“

„Vielleicht brauchst du einen Fake Freund?“

„Nein, das will ich nicht.“ Sie machte eine kurze Pause und gab dann zu: „Ich kann es nicht.“ Jay sah sie erleichtert an. „Ja, es wäre auch nicht einfach für mich.“ Gestand er. „Dich mit einem jüngeren zu sehen.“ Er grinste und Amber musste lachen. „Hör auf mich zum lachen zu bringen, das hier ist ein ernstes Thema.“

„Ach Süße,“ Er sah sie an und sie wünschte sich, dass sie bei ihm wäre. „Sie könnten mich höchstens für eine Weile suspendieren, wenn du den Fall gelöst hast, dann kann ich wieder unterrichten.“

„Ich hoffe soweit kommt es nicht, die halbe Schule würde mich hassen, weil du wegen mir suspendiert wurdest.“

„Ich werde ja erst einmal mit Sanchez reden müssen, dann sehen wir weiter. Du solltest jetzt schlafen gehen, es ist schon spät.“

„Ja, du hast Recht. Mehr als spekulieren können wir eh nicht.“

„Gute Nacht, schlaf gut.“

„Ja, du auch Jay.“

 

Noch vor Schulbeginn wurde er zum Direktor zitiert, und jetzt saß Jay auf einem der unbequemen Stühle vor dem Schreibtisch seines Chefs. „Mr. Stone, wir sind hier eine seriöse Schule. Es wird nicht geduldet, dass ein Lehrer mit einer Schülerin ein Verhältnis unterhält.“ Fing dieser auch schon mit seiner Zurechtweisung an.

„Ich…“

„Lassen Sie mich bitte aussprechen.“ Unterbrach Mr. Sanchez ihn und Jay schwieg. „Ich habe mich noch nicht mit Ms. Fischer unterhalten, dass werde ich nachher noch tun. Zuerst wollte ich Ihre Version der Geschichte hören. Mir gefällt das ganze hier überhaupt nicht, muss ich ehrlich zugeben.“ Sein Chef ballte die Fäuste und streckte die Finger dann wieder. Dann stand er auf und ging im Raum auf und ab. Jay verfolgte seine Bewegungen ohne ein Wort zu sagen. „Eigentlich sollten Sie geehrt werden, weil sie zwei Mädchen das Leben gerettet haben, doch jetzt sitzen Sie hier und müssen solche Anschuldigungen über sich ergehen lassen.“ Der Mann blieb stehen und lehnte sich an seinen Tisch. „Ich frage ganz einfach: Haben Sie ein Verhältnis zu einer minderjährigen Schülerin? Sei es nun Ms. Fischer oder eine andere?“

„Ich habe kein Verhältnis mit einer Minderjährigen.“ Sagte Jay ehrlich und sah dem Direktor ernst ins Gesicht. In ihm machte sich Erleichterung breit und die leise Hoffnung seinen Job doch nicht zu verlieren.

„Wissen Sie,“ Sein Chef sah ihn gerade heraus an. „Mir sind viele Gerüchte zu Ohren gekommen.“ Jays Hoffnungen starben. „Viele der Schülerinnen machen Ihnen unseriöse Angebote und…“ Er räusperte sich und ließ den Satz unbeendet. „Sie sind nie darauf eingegangen, und deswegen glaube ich Ihnen auch, was dieses Gerücht betrifft.“

Jay atmete erleichtert auf. „Heißt das, dass ich meinen Job weiterhin machen darf.“

„Sie sind ein guter und beliebter Lehrer, es wäre eine Schande, wenn ich Sie feuern müsste.“ Jetzt lächelte der ältere Mann und reichte Jay die Hand. Jay stand auf und schüttelte diese freudig. „Lassen Sie mich noch einen Rat mit auf den Weg geben: Versuchen Sie sich nicht allein mit minderjährigen Schülerinnen erwischen zu lassen.“

Jay nickte. „Ich werde mir Mühe geben, danke Sir.“ Jay verließ das Büro und ging in seine Klasse. „Leute, ich bin zu spät, aber das heißt nicht, dass ihr hier eine Party schmeißen könnt.“ Begrüßte er seine Klasse und schloss die Tür.

 

Amber saß in ihrem Unterricht und versuchte dem Lehrer zuzuhören, was ihr wirklich schwer viel, sie konnte sich einfach nicht konzentrieren. Jays Job stand auf dem Spiel und das alles ihretwegen, vielleicht sollte sie ihre Tarnung vergessen und… Noch bevor sie den Gedanken zu Ende denken konnte, vibrierte ihr Handy und sie holte es heimlich aus ihrer Tasche. Jay hatte ihr geschrieben. Alles gut, mach dir keine Sorgen. Ich behalte meinen Job. Wenn du zum Direx gehst, sei so taff wie am ersten Tag. Mehr stand dort nicht, aber Ambers Herz schlug ihr wild gegen die Brust. Wie hatte Jay es nur geschafft, dass er nicht suspendiert wurde? Sie tippte ihre Fragen, doch sie bekam keine Antwort, logisch, da er ja selbst Unterricht hatte. Plötzlich wurde die Tür geöffnet und eine Frau kam herein, ging zum Pult ihres Lehrers und gab ihm einen Zettel, dann verschwand sie wieder. Ihr Lehrer las den Brief und sah sie dann direkt an. „Thea, du sollst bitte zum Direktor.“

Die Klasse fing an zu johlen und Amber stand auf. „Aber gerne doch.“ Sie grinste ihren Verdutzt dreinblickenden Lehrer an, sammelte ihre Sachen ein und ging dann aus der Klasse. Die ging zu ihrem Spind und stopfte ihre Sachen hinein, dann ging sie in die Mädchentoilette um ihr Aussehen noch einmal zu überprüfen. Sie trug eine enganliegende Jeansshorts, dazu ein Oversized T-Shirt und Cowboystiefel, ihre Haare hatte sie zu einem Zopf geflochten, der ihr auf die rechte Schulter fiel. Jetzt öffnete sie den Zopf und ließ ihre Haare offen über ihre Schultern fallen. Zufrieden mit ihrem Aussehen ging sie zum Büro von Mr. Sanchez. Seine Sekretärin winkte sie durch. Sie klopfte an die Tür und als das „Ja, bitte!“ Ertönte öffnete sie die Tür. „Hi, ich sollte mich hier melden.“ Meinte sie keck und setzte sich einfach auf den Stuhl, auf dem Jay noch vor ein paar Minuten gesessen hatte. „Thea Fischer, nehme ich an?“

„Wenn Sie mich meinen, dann ja. Ich bin Thea, Sie dürfen mich duzen.“

„In Ordnung.“ Der Direktor ließ seinen Blick über ihren Körper wandern und Amber hatte Mühe nicht ihr Gesicht zu verziehen. „Gefällt Ihnen was sie sehen?“ Fragte sie frech, schlug die Beine übereinander und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Weißt du, warum du hier bist?“

„Damit Sie etwas Hübsches zum Anschauen haben?“

Mr. Sanchez hüstelte und setzte sich dann auf seinen Stuhl. „Es gibt da ein Gerücht, dass in der Schule die Runde macht.“

„Ich wusste gar nicht, dass alte Leute sich für Gerüchte interessieren.“ Amber studierte angelegentlich ihre Fingernägel.

„Ich interessiere mich für Gerüchte, wenn sie meine Schule betreffen. Vor allem aber meine Lehrer.“

„Ach dieses Gerücht!“ Amber strahlte ihn an. „Sie meinen ich und Stone?“ Dann seufzte sie theatralisch. „Ich wünschte es wäre wahr, er ist der heißeste Lehrer, den ich je gesehen habe.“ Gab sie zu und meinte auch wirklich jedes Wort Ernst.

Der Direktor nickte nur und Amber stand auf, setzte sich auf seine Tischkannte und sagte dann: „Ich habe wirklich alles versucht und was habe ich nun davon? Letzten Endes versauere ich bei dieser langweiligen Mrs. Harper. Könnten Sie das vielleicht wieder ändern? Ich würde gerne wieder bei Mr. Stone in den Unterricht. Ihn gucke ich mir viel lieber an, als diese alte Frau.“

„Es wäre das beste für dich, wenn du dich so weit wie möglich von ihm verhältst.“ Riet er ihr und hatte Mühe nicht auf ihre Beine zu starren.

„Er hat mir schließlich das Leben gerettet.“

„Ja und deswegen, werde ich wegen solcher dummen Gerüchte, die irgendwelche Schüler in die Welt gesetzt haben, bestimmt nicht einen so beliebten Lehrer suspendieren.“

„Sie wollen ihn suspendieren?“ Amber tat erschrocken und stand auf.

„Nein, das werde ich nicht. Du kannst jetzt wieder in den Unterricht gehen.“

„Okay, gerne!“ Sie lächelte ihn an, und stolzierte dann aus dem Büro. Sie wollte jetzt am liebsten mit Jay reden und ihm alles Haargenau erzählen, aber sie musste bis zum Abend warten. Sie wollte gerade wieder in den Unterricht, als ihr Handy wieder zu vibrieren anfing. Sie zog es aus ihrer hinteren Gesäßtasche und erkannte Alex Nummer sofort ging sie dran. „Alex ist alles okay?“ Fragte sie auf Deutsch.

„Liz ist gerade aufgewacht, wenn du möchtest kannst du ins Krankenhaus fahren und dir anhören was sie zu sagen hat.“

„Ich bin unterwegs.“ Sie legte auf und lief zum Auto. Endlich, jetzt würden sie vielleicht endlich einen Schritt weiterkommen.

 

Amber kam zeitgleich mit Alex im Krankenhaus an und gemeinsam fuhren sie mit dem Fahrstuhl in den dritten Stock. „Du wirst vor der Glastür stehen bleiben und von draußen zuhören.“ Wies er sie an und Amber nickte.

Alex ging in das Krankenzimmer und ließ die Tür einen spalt breit auf. „Hallo Liz, ich bin Detective Alex Moore. Ich hätte da mal ein paar Fragen an dich, meinst du, du kannst sie mir beantworten?“

„Ja.“ Ertönte die leise Stimme von Liz.

„Hast du mit deinem Freund Ben Drogen gekocht?“

„Drogen? Nein.“

„Sie wussten nichts von den Drogen die Ben gekocht hat?“

„Nein. Er war kein Drogendealer.“ Verteidigte sie ihren Freund.

„Was war er denn?“

„Einfach nur ein Typ. Ich mochte ihn, wir hatten eine schöne Zeit zusammen, aber das wars auch schon. Ich weiß nicht was er sonst so getrieben hat.“

„Wer waren seine Freunde?“

„Keine Ahnung, ich habe nie einen von ihnen gesehen.“

„Worüber habt ihr euch so unterhalten, wenn ihr euch getroffen habt?“

„Meistens hat er sich darüber ausgeheult, wie ungerecht er sich behandelt fühlt.“ Alex nickte ihr aufmunternd zu und sie fuhr fort. „Er fand es unfair von Mr. Stone, dass dieser ihn nicht ins Team gelassen hatte. Obwohl ich zugeben muss, dass Mr. Stone nichts falsch gemacht hat, Ben konnte zwar ein bisschen spielen, aber er war einfach kein Teamplayer. Aber warum fragen Sie mich nach Ben aus? Ich bin doch das Opfer, haben Sie den Mann gefunden, der auf mich geschossen hat?“

„Wir glauben, dass Ben Drogen gekocht hat, er wollte seine Leistung steigern und hat einem Kartell die Geheimformel einer neuen Designerdroge Namens Ruxxor geklaut, verbessert und selbst zusammengebraut. Die Kartelle sehen so etwas nicht gerne und haben ihn umgebracht, dabei haben sie es wie eine Überdosis aussehen lassen.“

„Aber Ben ist tot, wieso gehen sie dann auf mich los?“

„Das ist die Frage, die uns auch beschäftigt.“

 

Kurze Zeit später kam er zurück zu Amber auf den Flur. „Wir müssen ihr Handy hacken, könntest du es schaffen eine Software auf ihr Handy zu spielen?“

„Ja, das müsste ich hinkriegen, ich werde sie gleich besuchen.“

„Gut, ich habe hier ein Handy, auf dem ist eine Software für die Überwachung von Liz installiert du musst die Geräte nur für eine Weile verbinden und die Software wird übertragen. Sobald die Software installiert ist, wird ihr Handy zu einem aktiven Mikrophon und wir hören alles in ihrer Nähe.“

„Was für ein Spaß!“ Amber grinste und nahm ihm das Gerät ab.

„Und wie erklärst du ihr, dass du hier bist, obwohl du eigentlich in der Schule sein solltest?“

„Sieh zu und lerne!“ Amber grinste ihn spitzbübisch an, drückte ihm ihr eigenes Handy an die Brust und klopfte dann sanft an die Tür von Liz, sie ließ sie extra einen Spaltbreit auf.

„Hey Liz.“ Sagte sie leise und ging zum Bett um ihre Freundin zu umarmen.

„Thea?“ Fragend blickte Liz zu Amber. „Was machst du hier?“

Amber überging ihre Frage und stellte eine Gegenfrage. „Wie geht es dir?“

„Ich habe schmerzen in der Schulter, ansonsten geht es eigentlich, und dir? Ich habe nur am

Rande mitbekommen, dass du aufgetaucht bist. Was hast du dir nur dabei gedacht?“

„Was hätte ich denn tun sollen? Etwa zusehen wie ein Typ meine Freundin umbringen will?“

„Danke, dass du mir geholfen hast, das hätte nicht jeder getan.“

„Ich würde jedem Menschen helfen. Aber erzähl mal, was meinst du, warum der Mann dich angegriffen hat?“ Amber setzte sich auf das Bett und hielt Ausschau nach Liz Handy, sie entdeckte es auf dem Nachttisch, dabei lauschte sie den Ausführungen von ihrer Freundin. Sie unterhielten sich eine Weile und irgendwann musste Liz auf die Toilette, Amber rief nach einer Krankenschwester und sobald Liz aus dem Zimmer war holte sie das Handy von Alex heraus und verband es mit dem von Liz. Es dauerte nur wenige Augenblicke bis die Software installiert war und packte das Handy wieder in ihre Tasche. Als Liz nach einer Weile wiederkam, verabschiedete Amber sich von ihr. „Ich sollte wohl langsam wieder in die Schule, bevor jemand merkt, dass ich die letzten zwei Stunden nicht da war.“

„Danke, dass du mich besucht hast.“

„Gerne, und ich hoffe dir geht es bald wieder gut, dass du zur Schule kannst. Ohne dich werde ich die Stunden bei der Harper einschlafen!“

Liz kicherte und Amber winkte ihr zum Abschied noch einmal zu.

Grinsend trat sie auf Alex zu und gab ihm das Überwachungshandy zurück und nahm ihr eigenes. „Und? Sind wir Online?“

Alex nickte, legte seinen Arm um seine Schwester und schlenderte mit ihr zum Fahrstuhl. „Wir müssten den Fall bald gelöst haben.“

 

 

 

Kapitel 18

 

Alex saß in seinem Büro und starrte in die Dunkelheit. Es war schon längst Feierabend und seine Kollegen hatte sich schon vor Stunden verabschiedet. Doch Alex zog es nicht nach Haus, Sophia war für ein paar Tage bei ihren Eltern und er war eh allein, also konnte er genauso gut hier im Büro bleiben und sich überlegen, wie er Amber helfen konnte die Gangster zu überführen. Er hatte sich seine Theorie zusammengereimt: Ben hing mit ein paar Typen des Sinaloa Kartells ab, findet zufällig die geheime Formel der Droge, verbessert sie und bringt sie auf den Markt. Das gefällt dem Kartell nicht und sie beschließen ihn zu töten, doch allem Anschein nach arbeitete Ben nicht allein, da die Drogen weiterverkauft werden und das Kartell schickt einen Auftragskiller um Liz zu töten. Die hat aber allem Anschein nach nichts mit den Drogen zu tun, das glaubte er ihr zumindest. Er raufte sich die Haare und schaltete den Computer aus. Heute würde er eh nicht mehr weiterkommen. Er stieg gerade die Treppe herunter als sein Handy klingelte. „Jess, was kann ich für dich tun?“ Begrüßte er seine Kollegin.

„Hey Alex! Ich glaube ich habe da etwas, das dich interessieren dürfte. Kannst du in zehn Minuten im Krankenhaus sein?“

„Ist dir etwas passiert?“

„Nein, mach dir keine Gedanken. Wir hatten heute eine Razzia und wir haben jemanden festgenommen, du solltest mal mit ihm sprechen.“

„Ich bin sofort da!“ Alex legte auf und beschleunigte seinen Gang, lief in der Tiefgarage zu seinem Auto und fuhr mit quietschenden Reifen davon. Ein paar Minuten später traf er im Krankenhaus ein und wurde am Eingang schon von Jess erwartet. „Was ist denn nun passiert?“

„Ich habe eine kleine Überraschung für dich. Komm mit.“ Sie ging ihm voran durch schmale Krankenhausgänge und blieb dann vor einer Tür die von zwei Polizisten bewacht wurde stehen. „Du darfst zuerst!“ Sie lächelte und öffnete die Tür, Alex sah seine Kollegin an und trat dann ins Zimmer. Ein lächeln umspielte seine Lippen als er den Mann in dem Bett erkannte. „Gerald!“ Grüßte er ihn und setzte sich auf sein Bett. „Wie geht es meinem Lieblings Spitzel?“ Gerald keuchte schmerzvoll auf und Alex sah ihn mit einem belustigten Funkeln in den Augen an. „Was?“

„Mein Bein. Es ist gebrochen.“

„Oh, hängt es etwa deswegen in der Schlinge?“ Fragte Alex unschuldig.

„Würden Sie bitte auf einem der Stühle Platz nehmen, damit ich wieder gerade liege und die schmerzen aufhören?“

„Du hast Schmerzen?“

„Das Schmerzmittel wirkt noch nicht.“

Abrupt stand Alex auf und stellte sich vor den Mann. „Ich brauche ein paar Informationen.“

„Ich wüsste nicht, warum ich Ihnen welche geben sollte.“ Erwiderte der Kranke trotzig.

„Sag mal hast du diese hübsche Ärztin schon kennengelernt? Groß, schlank, dunkle lange Haare, meist zu einem einfachen Pferdeschwanz zusammengebunden.“ Gerald nickte und lächelte Alex an. „Ja sie ist heiß!“

„Sie ist meine Schwester, und wenn du nicht kooperierst, dann wird es keine Schmerzmittel oder sonstiges mehr geben.“

Gerald sah ihn mit vor Überraschung aufgerissenen Augen an.  „Das ist deine Schwester?“

Alex beachtete seine Frage gar nicht und stellte ihm stattdessen eine Gegenfrage. „Roxxor. Was weißt du darüber?“

„Das Sinaloa Kartell.“

„Du musst mir schon mehr bieten, denn so viel weiß ich auch.“

„Ich habe nur mitgekriegt, dass sie zur Zeit Probleme haben, jemand verkauft ein hochwertigeres Roxxor zum halben Preis.“

„Wie verkauft er es?“

„Man schreibt einer Nummer das man etwas haben möchte, kriegt eine Antwort, wo man das Geld hinterlegen soll und wenn das Geld abgeholt wurde bekommt man eine Nachricht wo das Roxxor versteckt ist.“

„Und du hast den Dealer nie gesehen?“

„Einmal habe ich ihm geschrieben, aber er hatte wohl keine Zeit oder brauchte das Geld, wir haben uns verabredet. Aber er hatte eine Mütze auf, ein Tuch vor dem Gesicht und eine Sonnenbrille auf, ich konnte ihm beim besten Willen nicht erkennen. Geredet haben wir auch nicht.“

„Du weißt also nicht ob es ein Mann oder eine Frau war?“

„Nein.“

„Wo habt ihr euch getroffen?“ Gerald nannte ihm die Adresse. „Gut, wenn ich noch fragen habe, dann weiß ich ja wo ich dich finde.“ Er schlug ihm leicht gegen die Schulter und machte Anstalten aus dem Zimmer zu gehen überlegte es sich dann aber noch einmal anders. Er lehnte sich an die Stange, an der das Bein von Gerald befestigt war. „Wenn du auch nur einen blöden Spruch zu meiner Schwester sagst, dann…“ Er ließ seine Drohung unbeendet und rüttelte stattdessen an der Stange. Gerald stöhnte und Alex verließ das Zimmer. „Das war ein sehr anregendes Gespräch, vielen Dank.“ Er grinste Jess an, die an der Tür gewartet hatte. „Hast du Lust mich zu der Adresse zu begleiten?“

„Ich hatte gehofft, dass du mich das fragst.“ Sie grinste und gemeinsam gingen sie zu seinem Auto und fuhren zu der Adresse. Es war eine Garagenvermietung. „Das passt ja.“ Murmelte er vor sich hin und Jess nickte. „Komm sehen wir uns mal um.“ Sie stiegen aus und gingen durch die schwach beleuchteten Gänge zwischen den Garagen entlang. Es war totenstill und man hörte nur ab und an ein Auto auf der Hauptstraße fahren. Sie hatten schon drei Gänge hinter sich, als Alex ein merkwürdiges Geräusch hörte. Er blickte sich um und entdeckte auf einer Garage einen Ventilator. „Was macht ein Ventilator auf der Garage?“ Flüsterte er.

„Und vor allem, er ist in Betrieb.“ Meinte Jess und Alex zog seine Waffe. „Es ist nicht abgeschlossen.“ Flüsterte Jess und bückte sich um das Tor zu öffnen. Alex stellte sich in Position und nickte ihr zu. Sie öffnete das Tor, trat zur Seite und zog ebenfalls ihre Waffe. „Polizei! Die Hände hinter den Kopf und ganz langsam umdrehen!“ Rief Alex und hielt die Waffe auf einen jungen Mann. Dieser drehte sich mit auf dem Hinterkopf verschränkten Händen um.

 

Amber sah müde auf ihre Uhr während sie zu ihrem Auto ging und unterdrückte ein Gähnen. Sie war mit ihren Freunden im Kino und danach waren sie noch ins Diner gegangen, nun war sie reif für ihr Bett, gerade als sie einsteigen wollte klingelte ihr Handy. Sie zog es aus ihrer Tasche und als sie Alex Nummer auf dem Display erkannte ging sie sofort dran. „Amber!“ Rief er ins Telefon und in seiner Stimme klang ein wenig euphorisch. „Wir haben gerade einen jungen verhaftet.“

„Wo seid ihr? Ich bin gerade unterwegs.“ Er nannte ihr die Adresse und Amber startete den Wagen. „Wer ist es?“

„Er will seinen Namen nicht sagen und er hat auch keinen Ausweis dabei. Wir haben ihn aber auf frischer Tat ertappt.“

„Ich bin sofort da, wenn er ein Mitschüler von mir ist, dann werde ich ihn erkennen und bestenfalls sogar kennen.“ Sie legte auf und drückte das Gaspedal durch, von der Müdigkeit war nichts mehr zu spüren. Wenige Minuten kam sie an die Adresse und fuhr langsam an dem Auto von Alex vorbei, kurze Zeit später entdeckte sie einen Polizeiwagen und schaltete den Motor aus. Sie ging zu Alex und nahm ihn kurz in den Arm. „Gute Arbeit Bruder!“ Sie lächelte, als sie in sein Gesicht sah und begrüßte dann Jess, die sie flüchtig kannte. „Wo ist er?“

Alex pfiff und lenkte somit die Aufmerksamkeit des Polizisten auf sich, der neben der Tür des Streifenwagens stand. „Lassen Sie ihn noch mal raus.“ Der Officer nickte und öffnete die Tür und ein junger Mann stieg aus dem Auto.

„Xander?“ Entsetzt starrte Amber den Jungen an, von dem sie dachte, sie würde ihn kennen. „Was…?“

„Thea? Was machst du denn hier?“ Xander sah sie ebenfalls geschockt an.

Amber ging gar nicht auf seine Frage ein. „Was ist mit dir los? Wieso kochst du Drogen? Du hast es doch gar nicht nötig!“

Xander sah sie verächtlich an. „Du hast doch keine Ahnung!“ Er spuckte auf den Boden. „Meine Eltern beachten mich kein Stück und mein bester Freund wurde von meinen neuen Freunden nicht akzeptiert, und dass nur, weil er nicht so gut Basketball spielen konnte.“

„Also wolltest du ihm helfen seine Leistung zu steigern?“  Riet Amber.

„Ja verdammt, ich brauchte meinen besten Freund an meiner Seite. Ich wollte ihm doch nur helfen!“ Seine Stimme klang jetzt niedergeschlagen. „Aber er wurde süchtig, innerhalb von ein paar Tagen hat er eine Überdosis genommen und ist gestorben!“

„Er war nicht süchtig, es sollte nur so aussehen als sei er an einer Überdosis gestorben. Er wurde ermordet.“

„Ermordet? Woher willst du das wissen?“ Xander sank auf den Boden und lehnte sich an die geschlossene Autotür.

„Ihr habt mit eurer Drogen Kocherei das Sinaloa Kartell geschadet und die machen kurzen Prozess mit Leuten die ihren Geschäften schaden. Und du bist auch in Gefahr.“

„Woher weißt du das alles?“

Amber sah zu Alex und dieser nickte. „Weil ich ein Cop bin!“ Erklärte sie ihm dann.

„Du bist was? Wie kann das? Du bist doch erst siebzehn.“ Xander stand wieder auf und ging auf sie zu. Der Officer wollte ihn aufhalten doch Amber schüttelte den Kopf und der Officer blieb wo er war.

„Ich bin dreiundzwanzig und Undercover an der Newman High, mein Auftrag war es den Koch zu finden und das habe ich nun. Also ist mein Auftrag ausgeführt.“

„Amber!“ rief Alex und hielt sein Handy am Ohr.

„Amber? Ich dachte du heißt Thea.“

„Mein Name ist Amber. Ich muss jetzt los.“ Sie drehte sich um und ging zu Alex, der sein Gespräch gerade beendet hatte. „Liz wurde entführt.“

„Ich dachte sie wird bewacht!“ Amber sah ihren Bruder vorwurfsvoll an.

„Das wurde sie auch, die beiden Cops die sie beschützen sollten wurden niedergeschlagen.“

„Wir haben doch ihr Handy, hat sie es mit? Wir sollten sofort los.“ Amber lief zu ihrem Wagen, als sie ein Handy klingeln hörte. Sie drehte sich zu der Garage, aus der das Klingeln kam. „Xander ist das deins?“ Sie öffnete die Tür des Streifenwagens in dem Xander wieder saß und dieser nickte. Alex hielt ihm das Handy hin. „Geh dran und stell auf laut.“ Xander gehorchte.

„Hallo?“

„Ist da Xander?“ Ertönte eine Stimme am anderen Ende der Leitung.

„Ja. Wer will das wissen?“

„Das ist jetzt nicht wichtig, da ich deinen ja auch erst gerade erfahren habe. Sie ist hübsch, deine Freundin.“

Im Hintergrund erklang das betteln eines Mädchens. „Liz…“ Flüsterte Xander und hielt sich die Hand vor den Mund.

„Wenn du nicht in einer zehn Minuten in dem Haus in der Edgewood Street 116 bist, ist sie tot.“ Dann wurde das Gespräch unterbrochen. Fassungslos sah Xander auf das Handy in seiner Hand. „Sie werden sie umbringen!“ Flüsterte er und sah Amber bittend an. „Du musst sie retten.“

„Wir fahren sofort los.“ Rief sie und lief zu ihrem Auto. Alex folgte ihr. „Rufen Sie Verstärkung.“ Forderte er die beiden Officer auf. Sobald er im Auto saß fuhr Amber los. „Ich brauche eine Waffe.“

Wortlos reicht Alex ihr eine und sie nickte ihm zu.

 

 

Kapitel 19

 

Das Auto wurde langsamer und Liz biss sich auf die Lippe. Sie hatte schreckliche Angst, ihre Hände schwitzen obwohl sie innerlich zitterte und ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. „Sie werden mich doch nicht umbringen?“ Brachte sie zaghaft heraus und sah den Mann neben sich auf der Rückbank an.

„Eigentlich ziehe ich es vor mich von solchen Dingen fern zu halten, aber es dauert nun schon viel zu lange, ich mag es nicht, wenn man mich bestiehlt. Und dein Freund hat es nun mal getan. Ich töte Männer die mich bestehlen, du solltest hoffen, dass er kommt, denn wenn er nicht kommt, dann töte ich dich.“

Die Tür öffnete sich und der Mann der auf dem Beifahrersitz gesessen hatte zog sie unsanft aus dem Wagen. „NEIN! BITTE… Ich habe… NEIN…“ Sie versuchte sich zu wehren, doch sein griff wurde immer stärker und schob sie vor sich ins Haus.

 

Amber hielt ihren Wagen vor dem Nachbarhaus. „Los geht’s.“ Sagte sie aufmunternd und nickte ihrem Bruder zu. „Pass auf dich auf.“

„Das mache ich, und pass du auf dich auf.“ Er drückte ihr Knie und dann stiegen sie aus und schlichen leise zum Haus. Unter einem alten Fenster aus dem hinter Vorhängen leise Stimmen ertönten blieben sie stehen. „Wir müssen irgendwie ungesehen da reinkommen.“ Flüsterte Amber und Alex sah sich um. „Komm mal mit.“ Er ging ein paar Meter weiter, und hinter einer Hecke entdeckten sie eine Tür die in den Keller führte. Sie schlichen die Treppe hinunter und Alex drückte die Türklinke herunter. Die Tür ging ohne Mühe, mit einem leisen Knarren, das in der Stille wie Ohrenbetäubender Lärm klang auf. „Sollten wir nicht auf Verstärkung warten?“ Fragte Amber vorsichtshalber und hielt Alex zurück. „Zehn Minuten sind vorbei, die machen keine Späße. Liz könnte jeden Moment getötet werden.“ Amber stieß ihn vorwärts und gemeinsam durchquerten sie den Keller zur Treppe die auf der anderen Seite des riesigen, leergeräumten Raumes lag. Alex ging vor und öffnete die Tür die ins Haus führte einen Spaltbreit. „Alles sauber.“ Amber folgte Alex immer den Stimmen nach und dann sahen sie, wie Liz auf einem Stuhl saß und die Männer beschwor, dass Xander noch kommen würde. Der Mann vor ihr - Amber erkannte in ihm den Mann, der Liz vor ein paar Tagen umbringen wollte, - saß in einem alten zerschlissenen Sessel und hielt ihr eine Waffe vor den Körper. Ein weiterer Mann stand am Kamin und tippte auf seinem Handy herum und ein dritter saß auf einem Stuhl und biss in ein Sandwich. Amber sah, wie sehr Liz zitterte, sie blickte zu Alex. Und dann rief er: „Polizei, Hände hoch!“ Die Männer, standen blitzschnell auf und sahen erschrocken in ihre Richtung. Dann plötzlich, eröffnete einer der Männer das Feuer und es ging blitzschnell. Amber schoss auf den Mann am Tisch und erwischte ihn an der Schulter, Alex traf den am Klavier, während der Mann, der Liz bewachte sich das Mädchen schnappte und als Schutzschild vor sich hielt und aus dem Raum floh. Amber und Alex rannten ihm hinterher und plötzlich kam ein weiterer Mann aus einem Raum gestürmt. Alex kämpfte mit ihm und Amber rannte weiter. Auch ihr kam ein Mann entgegen, doch sie war schneller als er und schoss ihm ins Knie, dann schlug sie ihm ins Gesicht und er verlor das Bewusstsein. Jetzt stand Amber vor einer verschlossenen Tür. „Amber, alles okay?“ Rief Alex und Amber drehte sich zu ihm um. „Er muss hier reingelaufen sein.“

„Ich trete sie ein.“ Alex holte aus und trat die Tür ein, Amber richtete ihre Waffe auf den Mann, der mitten im Raum stand und Liz immer noch wie ein lebendiges Schutzschild vor sich hielt. „Sie haben keine Chance.“ Rief Alex. „Geben Sie auf.“ Plötzlich ertönte von draußen Sirenengeheul, der Mann wurde unachtsam, blickte hinter sich und Amber rief: „Liz, dreh dich zur Seite.“ Das Mädchen gehorchte und Amber schoss dem Mann in die Schulter, er schrie vor Schmerzen auf, ließ seine Waffe fallen, doch zog Liz wieder an sich, bevor diese fliehen konnte. Alex trat auf den Mann zu und riss ihm Liz aus den Armen. Amber rannte zu ihrer Freundin und nahm sie in den Arm, während sie dabei zusah, wie ihr Bruder den Mann erledigte, der die sie und Liz bedroht hatte. „Und das ist für meine Schwester!“ Alex trat dem Mann mit dem Fuß ins Gesicht und dieser blieb reglos am Boden liegen. Liz schluchzte an Ambers Schulter auf und Amber zog sie noch enger an sich.

 

Eine halbe Stunde später, saß Amber neben Liz im Krankenwagen und erzählte ihr von ihrer geheimen Mission. Das Mädchen sah sie Fassungslos an. „Du bist ein Cop?“

Amber grinste und nickte. „Jetzt erzähl mir mal wieso du Alex nichts von Xander erzählt hast, allem Anschein nach wusstest du doch von ihm.“

„Er hat herausgefunden, dass Ben Leistungssteigernde Drogen kocht und ist beinahe ausgerastet. Aber er überzeugte Xander von seiner Sache und als Ben starb, da beichtete mir Xander alles. Ich hatte ihm versprochen niemandem etwas zu erzählen und er versprach mir, dass er damit aufhören würde. Ich habe ihm geglaubt und nie irgendjemandem irgendetwas gesagt, ich wusste ja nicht, dass er weiter macht. Ich wusste noch nicht mal wo die Jungs die

Drogen hergestellt hatten.“ Verteidigte sie sich und bittere Tränen liefen ihre Wangen herunter. Amber nahm sie in den Arm. „Ist ja gut, jetzt ist alles vorbei.“ Sie wiegte sie hin und her. „Du musst mir nur noch eine Frage beantworten.“

„Gute Arbeit, Schwesterchen.“ Alex grinste Amber an als diese wenig später aus dem Krankenwagen sprang und nahm sie in den Arm. „Du hast deinen ersten Job erledigt.“ Lobte er sie und Amber musste wider Willen grinsen. Doch dann wurde sie wieder Ernst. „Liz hat mir erzählt wer der Mann am Telefon war. Wir brauchen so schnell wie möglich einen Haftbefehl.“

 

Amber kam erst sehr spät nach Hause, der Haftbefehl wurde ausgestellt und sie hoffte, dass der Mann bis dahin nicht fliehen würde. Sie hatten ihm zwar über das Handy von dem Schläger aus geschrieben, dass Xander aus dem Weg war, genauso wie auch Liz, aber man wusste ja nie. Amber zog sich ihre Klamotten aus und sprang unter die Dusche, dann öffnete sie das Fenster und sah rüber zu Jay. Bei ihm war alles dunkel, sie vermisste ihn so und wünschte sich, dass sie ihm alles erzählen könnte.

Dann zuckte sie mit den Schultern und dachte: Wieso eigentlich nicht? Fröhlich verließ sie ihr Zimmer und lief leise rüber zu Jays Haus, die Hintertür war wie gewohnt nicht verschlossen und Amber schlich ins Haus und die Treppe zu seinem Schlafzimmer hoch. Sie sah seine schlafende Gestalt sofort und grinste darüber, dass er seine Decke schon wieder komplett weggestrampelt hatte. Sie ging zum Bett und bewunderte im Schein der Laterne seine Muskulöse Brust, sie konnte es nicht verhindern, wie von selbst fuhren ihre Finger über seine Brust, zu seinem Hals und dann in sein Gesicht. Jay schlug die Augen auf und starrte sie an. „Was…?“

„Psst.“ Flüsterte Amber und legte ihren Mund auf den seinen. Jay wurde schnell wach und ehe Amber sich versah lag er über ihr und liebkoste sie. „Jay!“ Er sah auf und blickte sie an.

„Hm?“ Seufzte er und küsste ihren Hals. Amber erschauerte und genoss den Kuss, doch dann kam sie wieder zur Besinnung. „Du solltest jetzt besser aufhören.“ Flüsterte sie und zog seinen Kopf sanft zu sich hoch. „Willst du nicht wissen wieso ich hier bin?“

„Nicht wirklich, Hauptsache du bist da. Du hast mir gefehlt. Die letzten Tage waren der reinste Horror.“ Gab er zu und stützte sich mit den Ellbogen ab um sie nicht zu erdrücken. Amber strahlte ihn an und legte sich auf die Seite, so dass auch Jay es gemütlicher hatte. Er sah ihr in die Augen und grinste dann. „Also gut, raus mit der Sprache, ich kann dir ja förmlich ansehen, dass du es nicht für dich behalten kannst.“ Er küsste sie auf die Nasenspitze und legte seinen Kopf dann auf sein Handgelenk um sich abzustützen.

„Es ist vorbei.“ Amber strahlte ihn glücklich an.

„Was?“ Schockiert sah Jay sie an und kapierte erst einmal gar nichts. „Du kommst her, machst mich verrückt vor Verlangen nach dir und dann sagst du, dass es vorbei ist?“

„Ach Jay!“ Amber lachte und küsste seine Hand, die ihre fest umschlugen hielt. „Du bist doch sonst so schlau.“ Ihre Augen strahlten glücklich. „Aber ich schiebe das mal auf die späte Stunde und das du bis eben noch tief und fest geschlafen hast. Nicht wir sind Vergangenheit, wir fangen jetzt erst richtig an. Wir haben den Fall gelöst.“ Nach und nach klärte sich Jays Gesichtsausdruck und die Sorge verschwand aus seinem Blick. „Wir können offiziell ein Paar sein?“ Brachte er heraus und Amber nickte erfreut. Jay bestürmte sie mit küssen und sie alberten und lachten gemeinsam herum. Nach einer Weile wurde er wieder ernst. „Ich will jetzt alles wissen.“ Meinte er und Amber nickte.  „Ben war der Drogenkoch,“ Jay nickte und Amber fuhr fort. „Xander, sein ehemaliger bester Freund ist ihm auf die Schliche gekommen und hat ihn zur Rede gestellt, aber Ben überredete ihn mitzumachen.“ Sie erzählte ihm alles was vorgefallen war und Jay wirkte sehr betroffen. „Warum sind die beiden nicht zu mir gekommen? Wir hätten doch bestimmt eine Lösung gefunden.“ Amber strich ihm übers Haar. „Du kannst nichts dafür. Du bist ein guter Lehrer und wenn die beiden nachgedacht hätten, dann wüssten sie, dass du ihnen geholfen hättest.“

„Ben hätte Ersatzspieler werden können, ich hätte mir mehr Zeit für ihn genommen um ihn fit zu bekommen. Ich wusste nicht, dass er so an dem Sport hing.“

„Ich glaube das wussten die wenigsten, und vielleicht liebte er Basketball ja auch nicht so sehr, wie das Privileg im Team zu sein.“

„Das werden wir nie mehr erfahren…“ Seufzte er und kuschelte sich an sie.

„Willst du wissen wie es weiter ging, nachdem wir Xander verhaftet hatten?“

Jay nickte nur und Amber erzählte ihm wie sie Liz befreit hatten, sie merkte plötzlich, wie sehr sie ihn mit ihrer Geschichte schockierte. „Ist alles okay?“

„Ich glaube ich will gar nichts mehr wissen.“ Gab er zu und sah sie entschuldigend an. „Ich will mir nicht vorstellen müssen, wie du dein Leben riskierst.“ Sanft streichelte er über ihre Wange. „Ich muss mich…“ Er stockte und sah sie dann an. „Ich muss ehrlich sein und ich glaube nicht, dass ich nachts noch ein Auge zu tun kann, wenn ich weiß, dass du bei der Arbeit bist.“

„Jay.“ Frustriert setzte Amber sich auf und Jay tat es ihr nach. „Du wusstest, dass ich Polizistin bin.“

„Nicht als ich mich in dich verliebt hatte.“ Verteidigte er sich und Amber sah ihn mit einem Hauch von Vorwurf und Traurigkeit in den Augen an.

„Ich wollte schon immer Polizistin werden, schon als kleines Mädchen spielte ich lieber draußen mit den Jungs Räuber und Gendarm als mit Puppen.“

„Du warst noch ein Kind…“ Warf er ein.

„Und jetzt habe ich meinen Traum wahr gemacht. Ich habe sofort einen großen Undercover Einsatz bekommen und diesen in wenigen Monaten gelöst. Ich kann meinen Job.“

„Ich habe nie behauptet, dass du nicht gut in dem bist, was du tust.“

„Das fühlt sich aber so an!“ Warf sie ihn vor und stand vom Bett auf, sie brauchte dringend Abstand zu ihm, er stand ebenfalls auf und öffnete das Fenster dann drehte er sich zu ihr. „Versuch doch auch meine Seite zu verstehen, wenn ich gewusst hätte, wie dein Abend heute aussehen würde, meinst du ich hätte da Seelenruhig geschlafen?“ Amber antwortete nicht und er fuhr fort. „Ich würde mir immer Sorgen machen, Süße. Was passiert mit dir, wenn du diesen Job abgeschlossen hast? Wirst du dann Streife fahren?“

„Ich werde auf mich aufpassen.“

„Du kannst noch so gut auf dich aufpassen, es kann trotzdem schnell etwas passieren.“

„Es kann immer etwas passieren, egal wo ich bin!“

„Aber die Wahrscheinlichkeit ist in deinem Job viel größer, als wenn du eine Kindergärtnerin wärst.“

„Das ist es? Du willst eine Kindergärtnerin als deine Frau?“ Amber begehrte auf und verschränkte wütend die Arme vor der Brust. „So eine Frau bin ich nicht, ich brauche Abwechslung in meinem Job, ich will jeden Tag etwas anderes erleben und nicht die Kinder irgendwelcher Leute erziehen.“

Jay kam auf sie zu und fasste sie an den Armen. „Kindergärtnerin war nur ein Beispiel. Ich will eine Frau, bei der ich sicher bin, dass sie auch noch da ist, wenn ich von der Arbeit komme. Ich will eine Frau, die mich mehr liebt als ihren Job und ich will eine Familie gründen.“

„Ich bin noch nicht bereit für Kinder.“

„Ich will sie auch nicht sofort, aber in ein paar Jahren wäre es schön. Und du bist die Frau, die ich in dieser Position sehe.“

„Jay…“ Flüsterte sie und ging ein paar Schritte zurück. Sie hob abwehrend die Hände und sah dann zu Boden als sie sein betroffenes Gesicht sah. „Eine Frage noch, dann kannst du gehen.“ Er sah sie bittend an und sie nickte. „Liebst du mich mehr als deinen Job?“ Als sie nicht antwortete drehte er sich wieder zum Fenster und starrte in die Nacht. „Du solltest jetzt besser nach Hause gehen.“ Er hörte ihre Schritte, sie entfernten sich von ihm und dann hörte er wie sie die Treppe nach unten lief, kurze Zeit später fiel die Tür ins Schloss und er sah, wie sie über den Rasen auf das Haus der Browns zulief, sie sah nicht nach oben und er verließ das Fenster und legte sich wieder ins Bett, doch an schlaf war nicht mehr zu denken.

 

Jay hatte nur sehr unruhig geschlafen, immer wieder wurde er von Alpträumen gequält in denen Amber angeschossen wurde, oder sie starb in seinen Armen und er konnte nichts für sie tun. Als er um fünf Uhr erneut aus einem Alptraum erwachte stand er auf und zog sich seine Sportklamotten an, er rannte förmlich vor den inneren Stimmen in seinem Kopf davon und lief heute seinen Rekord. Als er dann um halb sieben mit dem Frühstück durch war entschied er sich schon mal in die Schule zu fahren, sein Leben ging ja trotz allem weiter. Er stieg auf das Motorrad und als er aus der Einfahrt fuhr warf er einen Blick zu Ambers Fenster, sie bewegte sich darin und Jay wandte den Blick ab und gab Gas.

Er saß nun schon fast eine Stunde in seinem Klassenzimmer und korrigierte Klausuren, müde streckte er sich in seinem Stuhl und stand dann auf um sich im Lehrerzimmer eine Tasse Kaffee zu holen. Es war noch nicht viel los in der Schule, ab und zu lief ihm ein Schüler über den Weg, aber größtenteils waren die Gänge leer, da der Unterricht erst in einer Stunde begann. Auch im Lehrerzimmer war noch nicht viel los. Er sah zwei Kollegen, die in einer Ecke standen und sich unterhielten, dann war da Jenna Montera, sie saß an einem Tisch und las in einer Zeitung. Sie sah kurz auf, als die Tür hinter ihm ins Schloss fiel, senkte den Blick jedoch sofort wieder als sie ihn erkannte. Er ging zur Kaffeemaschine die leider direkt neben ihr stand. „Morgen.“ Sagte er und goss sich eine Tasse des schwarzen Gebräus ein. Jetzt sah sie wieder auf. „Morgen, na lange Nacht?“

„Könnte man so sagen, irgendwann konnte ich einfach nicht mehr schlafen und bin joggen gegangen.“

„Du joggst viel, kann es sein?“

Jay grinste, dann nickte er und trank einen Schluck. „Und steht was Interessantes drin?“ Fragte er um das Gespräch im Gang zu halten. „Nicht wirklich.“ Meinte sie zu und legte die Zeitung zur Seite. „Sag mal,“ Sie sah zu ihm auf. „Hast du eine Freundin?“

Jay verschluckte sich prompt und hatte Mühe den Kaffee im Mund zu behalten. Jenna unterdrückte ein grinsen und Jay musste zugeben, dass er sie eigentlich ganz sympathisch und auch attraktiv fand. „Nach letzter Nacht bin ich mir da nicht mehr so sicher.“ Gab er zu und setzte sich auf einen Stuhl ihr gegenüber. „Möchtest du darüber reden?“

Jay lächelte sie freundlich an und schüttelte den Kopf. „Ich wollte mich nochmal bei dir entschuldigen, ich hätte dich damals in deinem Zimmer nicht so überfallen sollen und vor allem hätte ich dich mit den Kids nicht allein lassen dürfen, das war sehr unprofessionell von mir.“

„Schwamm drüber, wir sind alle gut zu Hause angekommen.“

„Gab es denn kein Gerede? Ich hatte eigentlich gedacht, dass es sich wie ein Lauffeuer in der Schule verbreiten würde.“

Verwirrt sah er sie an und Jenna fuhr fort. „Uns hat doch eine Schülerin erwischt, Thea wenn ich mich nicht irre. Sie muss es doch ihren Freundinnen erzählt haben und diese würden es weitererzählen und so weiter, du weißt schon.“

„Thea hat niemandem etwas erzählt.“

„Ich frage mich, warum sie das getan hat.“

Zum Glück musste Jay darauf nichts erwidern, da Mr. Sanchez zu ihnen trat und sich ebenfalls an der Kaffeemaschine bediente. „Wie mich diese Kinder manchmal nerven.“ Schimpfte er vor sich her und ertränkte seinen Kaffee beinahe mit Zucker. „Ist etwas vorgefallen?“ Wollte Jay wissen, doch sein Chef schüttelte nur den Kopf. „Nichts von Belang. Ist wohl heute nicht so mein Tag.“ Dann sah er zu Jay und meinte dann. „Und Sie haben wohl auch nicht besonders gut geschlafen oder?“

„So kann man es nennen.“ Jay stand auf und wollte an seinem Chef vorbeigehen, doch dieser hielt ihn zurück. „Hätten Sie noch kurz Zeit? Auf meinem Schreibtisch befindet sich ein Schreiben, das für Sie gedacht ist.“

Jay sah den Direktor fragend an und dieser erklärte: „Ach es geht da um Basketball oder so, ich habe nur die ersten paar Zeilen gelesen und nichts verstanden. Irgendetwas von Revenge und Freundschaftsspiel.“ Jay nickte, es kam öfter vor, dass Briefe die eigentlich für den Trainer bestimmt waren an den Schulleiter geschickt wurden. „Und dann hätte ich gerne gewusst wie die Schulischen Leistungen ihrer Jungs sind.“ Fügte sein Boss noch hinzu. Das kam leider auch öfter vor und Jay seufzte leise vor sich hin und folgte Mr. Sanchez dann den schmalen Flur, vorbei an den Lehrertoiletten in das Vorzimmer, in dem eigentlich Mrs. Alban saß, doch von ihr war nichts zu sehen. „Wo ist denn Mrs. Alban?“ Wollte Jay wissen.

„Keine Ahnung, das ist mir im Moment auch ziemlich egal.“ Kam die ruppige Antwort von Mr. Sanchez.

 

Amber konnte die ganze Nacht nicht schlafen, sie drehte sich in ihrem Bett hin und her und irgendwann gab sie es dann auf und ging ins Bad sie starrte ihr Spiegelbild minutenlang an, und fing kurzerhand an ihre Extensions aus den Haaren zu fummeln. Drei Stunden später stand sie frisch geduscht erneut vor dem Spiegel und wirkte jetzt viel zufriedener. Sie stylte sich die Haare und schminkte sich wie Amber – nicht wie Thea, für ihren letzten Schultag. Alex hatte ihr mitgeteilt, dass sie den Haftbefehl nun hatten und Amber freute sich schon auf das Gesicht der Person, dem sie bald die Handschellen anlegen würde. Sie zog sich eine Jeans, ein einfaches T-Shirt und Sneakers an, dann ging sie hinunter in die Küche, in der Heather wie gewöhnlich schon das Frühstück vorbereitete, als sie Amber sah erschrak sie und legte sich die Hand auf die Brust. „Mein Gott, hast du mich erschreckt! Was hast du nur mit deinen Haaren gemacht?“

„Gefällt es dir nicht?“ Fragte Amber sie anstatt zu antworten.

„Doch, es steht dir sehr gut. Mir gefällt auch, dass du dich dezenter geschminkt hast.“

„Ja, das dauert nur halb so lang.“ Sie grinste und schnappte sich einen Apfel. „Seid ihr beide heute Nachmittag da?“

„Nein, wir kommen erst gegen Abend. Warum?“

„Ich wollte euch etwas erzählen und es wäre schön, wenn ihr beide anwesend sein würdet.“

„David ist noch im Bett, bei ihm wurde es gestern ziemlich spät und er wollte ausschlafen, mich halten ja keine zehn Pferde mehr im Bett, sobald die Sonne aufgegangen ist, David ist da ganz anders.“

Amber grinste, schnappte sich einen Apfel aus der Obstschale und biss genüsslich hinein. Es war so typisch Heather, dass diese ohne Punkt und Komma redete. Ihr Handy piepte und Amber sah darauf. „Heather? Ich muss jetzt los.“

„Aber du musst doch noch frühstücken und bis zum Schulbeginn hast du noch Zeit.“ Wiedersprach die Frau und Amber umarmte sie spontan. „Wir sehen uns heute Abend.“ Rief sie und dann fiel auch schon die Tür hinter ihr ins Schloss.

Alex wartete mit zwei Uniformierten Officer vor der Schule auf sie, als sie endlich eintraf, sie hatten noch eine halbe Stunde bis der Unterricht beginnen würde und Amber führte die Männer zum Büro des Direktors. Sie kannte nur den Weg, der nicht durchs Lehrerzimmer führte und sie kamen vor der Tür des Direktors an ohne, dass sie von einem Schüler aufgehalten wurden. „Du trägst deine Haare wieder kurz.“ Stellte ihr Bruder fest und Amber strich sich Automatisch durch die Haare. „Ja.“ Sagte sie dann, obwohl es ja offensichtlich war. „Du siehst sofort viel Erwachsener aus.“ Amber grinste. „Breit?“ Ihr Bruder nickte und Amber öffnete die Tür, ohne anzuklopfen. „Ihr wartet hier.“ Flüsterte Alex den beiden Officer noch zu und folgte Amber in den Raum und rannte sie dabei beinahe um, da sie plötzlich stehen geblieben war. „Jay?“ Fragend sah sie die besagte Person an. Alex grinste und schlug Jay auf die Schulter. „Lange nicht mehr gesehen. Wie läuft es so?“ Plauderte Alex drauflos.

„Sie kennen sich?“ Mischte sich nun Mr. Sanchez ärgerlich in das Gespräch mit ein und sah Jay auffordernd an. „Was soll das hier werden? Wer sind Sie?“

„Das ist…“ Er stockte kurz. „Thea Fis…“

„Guten Morgen, Mr. Sanchez. Wie unhöflich von mir.“ Unterbrach Alex Jay und drückte seine Schulter. „Mein Name ist Alex Moore, Detective.“ Er zeigte kurz seine Marke und stellte dann Amber vor. „Das ist meine Schwester. Officer Amber Moore. Sie hat Undercover ermittelt um herauszufinden welcher ihrer Schüler Drogen an Ihre Schule gebracht hat.“

Während Alex erzählte sah Jay fragend und neugierig zu Amber, diese versuchte ihn möglichst zu ignorieren, doch seine Blicke durchbohrten sie förmlich.

„Thea? Amber?“ Der Direktor sah fragend zu Amber und diese nickte. „Ein und dieselbe Person.“ Stimmte sie ihm zu. „A…ab…aber dann habe ich…“ Stotterte er und Amber half ihm auf die Sprünge. „Ja, sie haben keiner minderjährigen auf die Beine gestarrt.“ Der Mann wurde puterrot, tat aber so als ob nichts wäre und sah stattdessen zu Jay. „Haben Sie mich belogen?“

„Ich weiß grad nicht worauf Sie hinauswollen.“

„Ich habe Sie vor einigen Tagen gefragt ob sie eine Beziehung zu Thea, ich meine Amber haben.“

„Ich kann mich nur erinnern, dass ich Ihnen versichert habe, dass ich keine Beziehung zu einer Minderjährigen habe. Amber ist kein Kind mehr.“

„Demnach wussten Sie, dass sie Undercover an MEINER Schule ermittelt?“ Jay nickte und sein Chef fuhr wütend fort. „Und Sie haben nicht gedacht, dass ich es vielleicht wissen sollte?“ Schrie er Jay an, doch er verschränkte seine Arme lässig vor der Brust. „Nein.“ Sagte er dann schlicht und Mr. Sanchez sah ihn zornig an.

„Interessiert es Sie gar nicht, was wir herausgefunden haben Mr. Sanchez?“ Unterbrach Amber den Direktor und er blickte von Jay zu ihr und wieder zurück. Amber räusperte sich um die Aufmerksamkeit von Jay abzulenken. „Wollen Sie nicht wissen, welcher Schüler Ihnen in den letzten Monaten so viel Ärger gemacht hat?“ Der Mann antwortete noch immer nicht und Alex schritt ein. „Wahrscheinlich will er es nicht wissen, weil er meint, dass er die Antwort schon kennt.“ Er zuckte mit den Schultern und holte seine Handschellen heraus. Jetzt hatte Alex die Aufmerksamkeit beider Männer auf sich gelenkt. „Möchtest du Schwesterherz?“ Er hielt ihr die Handschellen hin und Amber griff mit einem Lächeln danach. „Aber gerne.“ Dann ging sie zum Schreibtisch und stellte sich an den Tisch, direkt zwischen Jay und Mr. Sanchez. „Ich wüsste zu gerne, was in Ihrem Kopf los ist Mr. Sanchez.“ Gab sie zu und sah ihn an. „Ich kann dir sagen, was in meinem Kopf los ist. Ich frage mich, was du mit diesen Handschellen bezweckst und warum mein Angestellter meinte, dass ich es nicht wissen muss, wenn hier an meiner Schule ermittelt wird.“

„Tja, was soll ich sagen? Er war aufmerksamer und hat mich sozusagen erwischt.“

„Und wieso verhaften Sie ihn erst jetzt? Sie hätten es doch schon viel früher tun können, zum Beispiel als sie beide zusammen im Bett waren.“ Bevor Alex oder Amber auf seine Beleidigung reagieren konnte sprang Jay auf und schlug seinem Chef mit der Faust ins Gesicht, als er es knacken hörte grinste er und verschränkte seine Arme vor der Brust. Mr. Sanchez hielt sich die Nase und Blut floss über seine Hand. „Ich verhafte nicht Jay, ich verhafte Sie.“ Sagte Amber dann, so als ob gar nichts gewesen wäre. „Er hat mich geschlagen!“ Rief Mr. Sanchez aufgebracht. „Ich habe nichts gesehen, du Alex?“ Amber sah ihren Bruder fragend an und dieser schüttelte den Kopf. „Geschlagen? Nein, dass muss mir entgangen sein.“

Amber trat hinter den Direktor und legte ihm die Handschellen an. „Mr. Sanchez ich verhafte Sie…“

„Warum denn?“ Rief er aufgebracht.

„Das wollte ich Ihnen gerade erklären. Sie haben Ben töten lassen und es dabei wie eine Überdosis aussehen lassen, dann haben Sie einen Auftragskiller auf Liz gehetzt, der beinahe auch mich getötet hätte und dann haben Sie Liz entführt und…“

„Sie haben keine Beweise!“ Rief er.

„Oh doch. Liz Handy war verwanzt.“ Alex spielte ihm eine Aufnahme ab. „Eigentlich ziehe ich es vor mich von solchen Dingen fern zu halten, aber es dauert nun schon viel zu lange, ich mag es nicht, wenn man mich bestiehlt. Und dein Freund hat es nun mal getan. Ich töte Männer die mich bestehlen, du solltest hoffen, dass er kommt, denn wenn er nicht kommt, dann töte ich dich.“ Hörte man die Stimme von Sanchez.

„Außerdem haben wie die Aussage von Liz, die Sie eindeutig identifiziert hat und Ihre Schläger haben wir auch alle.“

Amber schob Sanchez ein Stück nach vorne und dieser ging unwillig vor ihr her. Draußen übergab sie den beiden Officer den Verbrecher und drehte sich zurück zu Jay. Dieser saß noch immer am Tisch. Alex nickte. „Ich übernehme. Wir treffen uns später im Dezernat.“

„Danke.“ Amber drückte ihrem Bruder einen Kuss auf die Stirn und dann ging sie zurück ins Büro.

„Ich wusste nicht, dass du hier sein würdest.“ Begann sie.

„Und ich wusste nichts, das mein Chef hinter allem steckt.“

„Ich bin gestern leider nicht mehr dazu gekommen.“

„Ich weiß.“ Er warf einen Blick auf seine Uhr und meinte dann. „Der Unterricht fängt gleich an, ich sollte langsam los.“ Er wollte an ihr vorbei gehen, doch sie hielt ihn fest. „Können wir reden?“

„Wenn du meine Frage immer noch nicht beantworten kannst, dann haben wir uns nichts mehr zu sagen.“ Er ging zur Tür und öffnete diese, dann drehte er sich noch einmal um. „Du weißt ja wo ich wohne.“ Die Tür schlug hinter ihm zu und Amber blieb allein zurück.

 

 

Kapitel 20

 

Zwei Wochen waren nun vergangen und Amber hatte noch immer kein Wort mit Jay gesprochen. Mr. Sanchez saß im Gefängnis und wartete auf seinen Prozess, Amber lebte wieder bei ihren Eltern und fuhr Streife. Doch das aufregendste, dass sie bisher erlebt hatte, war wie ein alter Obdachloser Mann versuchte mit einer Flasche Wodka aus einem Supermarkt zu fliehen versuchte. Sie musste nicht mal laufen um ihn zu erwischen und mit jedem Tag der verging wurde sie unglücklicher. Ihr Job füllte sie lange nicht so sehr aus, wie sie gedacht hatte. Es war immer das gleiche, sie fuhr Stunden lang mit dem Auto durch die Straßen, schrieb Strafzettel und ermahnte Kinder. Und dafür hatte sie eine gemeinsame Zukunft mit Jay aufgegeben? Amber schüttelte den Kopf und konzentrierte sich darauf, ihre Uniform anzuziehen. Ihre Schicht würde in zehn Minuten beginnen und sie hatte schon jetzt keine Lust darauf. Auf dem Weg nach draußen zu ihrem Auto kam ihr Vater ihr entgegen. Amber setzte ein falsches Lächeln auf und begrüßte ihn. „Hi Dad!“ Sie küsste ihn kurz auf beide Wagen und fragte ihn dann wie der Tag so lief. Scott strahlte seine Tochter an und berichtete ihr von seinem ruhigen Vormittag. Amber unterdrückte ein seufzten, es war ja nicht so, dass sie wollte das etwas Schlimmes passierte, aber es war einfach so langweilig. Lange nicht so wie es in Filmen gerne dargestellt wurde, es lag wohl daran, dass Plymouth einfach ein kleines Städtchen war und die Rate der Strafauffälligkeiten sich auf Schlägereien in Diskotheken und gelegentlichen Diebstahl bezog. Wochentags war so gut wie nie was los. Sie verabschiedete sich von ihrem Vater und ging zu Jacob, der mit einem Kaffee in der Hand schon auf sie wartete. Sie begrüßte ihn und stieg dann auf der Beifahrerseite in das Polizeifahrzeug. Sie fuhren einige Zeit in der Stadt herum, ohne irgendetwas spannendes zu sehen. Die meiste Zeit Unterhielten sie sich über Jacobs Familie und der Renovierung seines Hauses. Amber hatte eigentlich gar kein Interesse daran, doch spannenderes passierte hier nicht. Und so hörte sie ihm zu, stimmte ihm bei seinen Entscheidungen zu und nickte an den angebrachten Stellen. So verging auch ihr dreizehnter Arbeitstag nach ihrem Undercover Job.

Amber schlürfte in die Umkleide, zog sich die Uniform wieder aus, zog sich ihre Shorts und das Tanktop wieder an und spritze sich vor dem Verlassen der Umkleide etwas Wasser ins Gesicht. Es war draußen unnatürlich heiß und Amber beschloss spontan eine Runde schwimmen zu gehen. Sie fuhr nach Hause und begrüßte ihre Mutter die das Abendessen vorbereitete, ihr Vater mähte den Rasen. „Ich laufe zum See und gehe eine Runde schwimmen.“ Teilte sie ihrer Mutter mit und lief nach oben in ihr Zimmer, zog sich schnell um und schaltete ihren IPod ein. 

Während sie so lief musste sie zurück an ihrer Zeit in Boston denken und an die Freundinnen, die sie dort gefunden hatte. Tess und Maddy, die Cheerleader und das Basketballteam.

An dem Morgen, als sie Sanchez verhaftet hatten und als sie sich wieder beruhigt hatte, nachdem Jay sie allein im Büro des Direktors zurückgelassen hatte, war sie auf den Flur gegangen um nach Hause zu fahren. Doch die Schüler waren alle noch nicht in ihren Klassen, sie standen im Flur und auf dem Schulhof, auf dem zwei Polizeifahrzeuge standen und in eines wurde gerade der Schuldirektor verfrachtet. Sie blieb im Hintergrund stehen und ließ die Streifenwagen wegfahren. Sie würde gleich, wenn sich alles beruhigt hatte in ihr Auto steigen und ins Präsidium fahren. Doch als die Menschenmenge sich so langsam auflöste sah sie Tess und Madison auf sich zukommen, beide redeten aufgeregt miteinander. „Weißt du wieso der alte Sanchez verhaftet wurde?“ Fragte Tess und im gleichen Moment rief Madison aufgeregt: „Was hast du nur mit deinen Haaren gemacht?“

„Sanchez hat Ben töten lassen und es wie einen Selbstmord aussehen lassen. Und das waren nur Extensions.“

„Woher weißt du…?“ In diesem Moment glitt der Blick von Tess an ihre Taille und blieb auf der Polizeimarke hängen. „Du bist ein Cop?“

Amber nickte. „Ich wurde an eure Schule geschleust um Undercover zu ermitteln.“ Erklärte sie.

„Dann bist du überhaupt gar nicht siebzehn?“

Amber musste wiederwillig grinsen. „Nein, ich bin dreiundzwanzig. Ich habe gerade die Polizeiakademie abgeschlossen, als mein Bruder kam, der übrigens Detektive bei der DEA ist, und mir…“

Tess hob ihre Hand und Amber verstummte. „Wir wollen alles hören, von Anfang an.“ Und so setzten sich die Mädels an einen Tisch im Schatten und Amber begann zu erzählen.

 

Amber kam am See an und ihre Gedanken verblassten.

Am See lagen noch ein paar Leute auf ihren Standtüchern und genossen die letzten Sonnenstrahlen, Kinder spielten im Sand oder im knietiefen Wasser während die Mütter Strandspielzeug und leere Getränkeflaschen einsammelten, und die letzten Sachen zusammenpackten um nach Hause zu fahren. Ambers Blick wanderte wie immer schnell über alle Leute, dann legte sie den IPod zur Seite und zog sich ihre Shorts und das Top aus. Sie lief auf den Steg, an dem ein Boot festgemacht war und sprang Kopfüber in das kühle Wasser. Gleichmäßig kraulte sie bis zu einer Boje und wieder zurück.

Während sie aus dem Wasser ging ließ sie wie immer ihren Blick über ihre Umgebung schweifen, sie lächelte einem kleinem, etwa dreijährigem Mädchen zu und ging zu ihren Sachen. Doch diese lagen dort nicht mehr allein. Jetzt lagen drei Handtücher darum und auf diesen saßen drei Männer. „Könnte ich bitte an meine Sachen?“ Fragte sie und sah niemand bestimmtes an. Sie kannte die Jungs nicht, dabei kannte sie fast jeden hier im Ort. Vor allem die, die in ihrem Alter waren. „Ach das sind deine? Wir haben uns schon gewundert, wieso jemand hier einfach einen IPod liegen lässt ohne, dass er angst hat das dieser geklaut wird.“ Erklärte ihr ein gutaussehender Blonder Typ mit braunen Augen, der sich nach hinten auf die Ellenbogen abstützte und sie betrachtete. In seinen Augen blitze es, doch Amber wollte sich keine Gedanken wegen seines Blickes machen.

„Die Verbrechensrate ist hier sehr niedrig.“ Meinte Amber und bückte sich um ihre Sachen aufzuheben.

„Willst du dich nicht ein bisschen zu uns setzen?“ Fragte er dann und rutschte auf seinem Handtuch zur Seite. „Ich bin Jay.“

Amber schluckte. Wie wahrscheinlich war es eigentlich einem Mann zu begegnen der auch Jay hieß? „Nein, danke ich muss weiter.“ Lehnte sie ab.

„Bist du dir sicher?“

„Ganz sicher.“

„Gibst du ihm denn wenigstens deine Nummer?“ Fragte einer seiner Freunde, doch Amber sah ihn nicht einmal an und schüttelte den Kopf. Sie hörte wie die Jungs lachten und Witze auf Kosten von Jay machten. Sie wandte sich ab und zog sich schnell ihre Shorts an und wollte gerade gehen, als der Blonde neben ihr auftauchte. „Hör nicht, auf das was die sagen, die sind nur neidisch, weil ich dich zuerst angesprochen habe.“

„Mich stört nicht, über was die reden, mir ist es sogar ziemlich egal.“ Amber biss sich auf die Lippe und konnte nicht anders, als diesen Jay mit ihrem zu vergleichen. Ihr Blick wanderte über seinen flachen Bauch und eine behaarte Brust.

„Gefällt dir was du siehst?“ Holte er sie aus ihren Gedanken und Amber hob Schuldbewusst den Blick zu ihm.

„Ich kenne einen Jay. Noch einen würde ich nicht überleben.“ Entschlüpften ihre Worte, noch bevor sie darüber nachdachte.

Er grinste sie an. „Nicht alle Jays lassen so ein Mädchen wie dich ziehen.“

„Danke.“ Murmelte sie und zog sich das Top an. Was sich leider als Fehler herausstellte, ihr Bikinioberteil war noch komplett nass und der Baumwollstoff saugte das Wasser sofort auf. Jay konnte also nicht mal was dafür, dass jetzt er es war, der sie – oder besser, ihre Brüste anstarrte. „Ich muss jetzt wirklich los.“ Holte sie ihn ins hier und jetzt zurück und um seine Mundwinkel spielte ein kleines lächeln als er sie wieder ansah. „Komm ich begleite dich nach Hause, es wird schon dunkel.“

„Ich kenne den Weg.“ Sagte sie nüchtern und ging los. Sie hörte seine Schritte neben sich und drehte sich zu ihm um. „Du solltest zu deinen Freunden zurück.“

„Ich begleite dich, nicht das noch ein Böser Mann kommt und dich klaut?“

Langsam platze Amber der Kragen. „Wenn du nicht sofort zu deinen Jungs zurückgehst, dann…“

Er hob abwehrend die Hände und grinste sie frech an. „Alles klar, ich gebe auf. Aber tu mir noch den Gefallen und lächle mich an, bevor ich zu meinen Jungs zurück gehe.“ Amber musste wider Willen Grinsen und schlug ihm spontan leicht gegen die Schulter. „Hast du zufällig eine Schwester?“ Fragte er dann und Amber lachte laut los und schüttelte den Kopf. „Meine Schwester Ava ist Verlobt. Und mein Bruder…“

„An dem habe ich kein Interesse.“ Lachte er.

„Amber??“ Erklang plötzlich eine sehr bekannte Stimme und Amber drehte sich glücklich um. „Izzy!“ Schrie sie auf und umarmte ihre Freundin stürmisch. „Ich dachte du kommst erst morgen wieder.“ Amber hatte ihre Freundin schon eine Ewigkeit nicht mehr gesehen, da diese gerade im Urlaub mit ihren Eltern war als Amber nach Hause kam.

„Meiner Mutter ging es nicht so gut und sie wollte schon früher nach Hause. Und nachdem ich ungefähr zehn Minuten in eurem Wohnzimmer, mit deinem Vater auf dich gewartet habe, dachte ich, dass ich auch hierherkommen kann. Wer ist denn der gutaussehende Mann?“ Wollte ihre Freundin nun neugierig Wissen und strahlte den Mann neben Amber an.

„Hi, ich bin Jay.“ Stellte dieser sich vor und Izzy sah verwirrt zu Amber.

„Aber ich dachte, dass er dich verlassen hat und…“ Sie stockte kurz und sah noch mal genauer zu dem blonden Jay. „Sagtest du nicht, dass er dunkle Haare und hellblaue Augen hat? Außerdem müsste er doch größer sein und…“ Sie brach Abrupt ab und sah entschuldigend zu Amber. „Das ist nicht dein Jay oder?“

Amber schüttelte resigniert den Kopf, hatte sich aber schnell wieder unter Kontrolle und strafte die Schultern. „Erzähl mir alles über deinen Urlaub.“

„Ich war mit meinen Eltern unterwegs, glaub mir, da gibt es nichts zu berichten! “ Lachte Izzy, und Amber sah die Belustigung in den braunen Augen ihrer besten Freundin, Amber stieß ihr in die Seite. „Und wehe du vergisst ein Detail!“

Izzy ignorierte Ambers Aufforderung und sah zu Jay. „Hast du gerade versucht meine Freundin anzumachen?“

Jay hob beschwichtigend die Arme vor der Brust und zwinkerte Izzy dann zu. „Wenn ich gewusst hätte, dass ihre Freundin das schönste Lächeln, der Welt hat…“ Er machte eine kurze Pause. „…dann hätte ich nie auch nur einen Blick auf sie geworfen.“

Izzy sah ihn durchdringend an und Amber trat einen Schritt zurück um ihr Lächeln, dass in ihr hochstieg zu verstecken. Gleich würde es losgehen.

„Du machst mir ein Kompliment und im gleichen Satz beleidigst du meine allerbeste Freundin?“

Jay sah verunsichert von der einen zur anderen und versuchte sich zu entschuldigen, doch Izzy unterbrach ihn. „Amber, du solltest ihn verhaften. Er ist eine Gefahr für alle Frauen, die ihm über den Weg laufen.“

„Du bist ein Cop?“

Amber war sich nicht sicher, ob er sie Fassungslos oder bewundernd anstarrte, sie wusste aber, dass es ihr nicht gefiel. „Wenn er mich weiter so anstarrt mache ich es vielleicht auch.“ Sagte sie dann Schulterzuckend zu Izzy, dieser Satz holte ihn aus seiner Trance heraus und er entschuldigte sich schnell bei ihr. „Tut mir leid, aber ich kann mir kaum vorstellen, dass du…“ Er deutete mit den Händen einen Frauenkörper vor sich an und fuhr fort. „… einen Job machst, der eigentlich für Männer vorgesehen ist.“

„Ts, ts, ts.“ Schmunzelte Izzy. „Ein Mann voller Vorurteile. Und ich wollte ihm anbieten, ihn vor Gericht zu vertreten. Aber da der Anwaltsberuf seines Erachtens wohl auch ein “Männerberuf“ ist.“ Sie malte Anführungsstriche in die Luft. „Werde ich mich ihm gar nicht erst anbieten.“ Sie hackte sich bei Amber unter. „Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend Mr. Jay!“ Izzy drehte sich Ruckartig um und zog Amber ein wenig ungeschickt hinter sich her.

„Ich werde rauskriegen wo du arbeitest und dann wirst du mit mir ausgehen!“ Rief Jay ihnen hinterher und Izzy grinste glücklich vor sich hin, dabei ignorierte sie den Wissenden Blick, den Amber ihr zuwarf.

Gemeinsam verbrachten sie den Abend bei Amber im Zimmer und nachdem Izzy Amber wirklich alles von ihrem Urlaub berichtet hatte, es gab wirklich nichts Interessantes von der Reise zu berichten, forderte Izzy sie auf nun von ihrem Job zu erzählen. „Fang ganz von vorn an.“

„Du weißt doch alles, wir haben jeden Tag telefoniert.“

Izzy beachtete ihren Einwand gar nicht und sprang zur nächsten Frage. „Wie sieht Jay aus?“

„Gut?“ Amber stand von ihrem Bett auf, auf dem die beiden es sich mit einigen Snacks gemütlich gemacht hatten und trat zum Fenster. „Du hast doch die Bilder gesehen, die ich dir von uns geschickt habe.“ Sagte sie zum Fenster.

Plötzlich stand Izzy hinter ihr und nahm sie in den Arm. „Du vermisst ihn sehr, oder?“

Amber nickte und zwinkerte um die Feuchtigkeit in ihren Augen zu vertreiben, aber es hatte keinen Sinn und so ließ sie die Tränen lautlos fließen. Sie ließ sich von Izzy tröstend in die Arme nehmen und weinte lautlos an der Schulter ihrer Freundin. Als Amber sich einigermaßen beruhigt hatte, schob Izzy Amber sanft zurück aufs Bett und setzte sich neben sie. „Hat er sich noch gar nicht bei dir gemeldet?“ Amber schüttelte traurig den Kopf. „Weißt du warum? Wie habt ihr euch denn getrennt? Ihr mögt euch eigentlich doch sehr.“

„Ich habe ihn das letzte Mal im Büro von Mr. Sanchez gesehen.“ Amber erzählte ihr kurz warum Jay bei der Verhaftung anwesend war.

„Und worüber habt ihr geredet, als ihr dann unter euch wart?“

„Er will, dass ich meinen Job an den Nagel hänge. Er will lieber eine Kindergärtnerin.“

Izzy machte ein komisches Geräusch, es klang wie ein stöhnen und seufzen zugleich. „Da kennt er dich aber nicht besonders gut.“

„Er will Kinder…“ Flüsterte Amber dann als ihr das Gespräch wieder in den Sinn kam, Jay wollte sie an seiner Seite, er wollte eine Familie mit ihr gründen.

„Willst du denn Kinder?“ Holte Izzy sie aus ihren Gedanken.

„Ja schon.“ Gab sie zu. „Aber noch nicht jetzt. Ich bin Mitte zwanzig, ich will Karriere machen, Reisen, das Leben genießen.“

„Du bist Mitte zwanzig.“ Wiederholte Izzy. „Bis du Karriere gemacht hast, bist du mindestens dreißig oder älter. Was hast du von deiner Karriere, wenn du dann Kinder bekommst?“

„Ich kann einfach noch keine Kinder bekommen, ich bin zu jung.“

„Ach Jay will dich als Gebärmaschine benutzen?“ Meinte Izzy aufbrausend. „Ja dann solltest du auf jeden Fall die Finger von ihm lassen. Was denkt er denn wer er ist? Er kann…“

„Izzy!“ Unterbrach Amber sie. „Du weißt das er nicht so ist.“

Izzy sah ihre Freundin an, dann schüttelte sie betrübt den Kopf. „Ich weiß, dass er nicht so ist obwohl ich ihn leider noch nicht kennenlernen konnte.“ Izzy nahm Ambers Hand in die ihre und drückte sie sanft. „Aber du kennst ihn besser und du liebst ihn, das merke ich. Ich verstehe nur nicht, wieso ihr euch in dieser Sache nicht einigen könnt.“

„Er will nicht, dass ich Cop bin.“

„Dann geh in den Innendienst!“

„Das ist langweilig.“ Noch bevor Amber diesen Satz ausgesprochen hatte, wusste sie, dass es eigentlich egal war, ob sie im Innendienst oder im Außeneinsatz arbeiten würde. Es war beides langweilig. Solange sie ein einfacher Officer wäre, würde ihr Leben so weiterlaufen wie bisher.

„Liebst du deinen Job denn so sehr? Mehr als ihn?“ Izzy hob die Hand um den Einwand von Amber zu unterbinden. „Sag jetzt nichts, du musst dir einfach nur selbst eingestehen, dass du jetzt noch auf ihn wartest.“

„Wieso…?“ Amber brach ab.

„Du lebst noch immer bei deinen Eltern.“ Erklärte Izzy. „Du weißt wie sehr ich meine Eltern liebe, aber nachdem ich einen Job bekommen habe, konnte ich nicht schnell genug in eine eigene Wohnung ziehen. Gib es doch einfach zu. Du sitzt noch hier bei deinen Eltern, weil du wartest, dass Jay kommt und dich zu sich holt.“

So hatte sie es noch gar nicht gesehen. Stimmte das, was Izzy da sagte? Suchte sie sich keine Wohnung, weil sie hoffte, dass es sich nicht lohnte?

„Meinst du, ich bin so verkorkst?“ Kicherte Amber plötzlich und Izzy sah besorgt zu ihrer Freundin. „Wirst du jetzt verrückt?“

„Nein. Langsam wird mir klar was ich wirklich will.“

 

 

Kapitel 21

 

Jay sah auf die Uhr des Klassenzimmers über der Tür. Noch zehn Minuten, dann hätte er endlich Feierabend und das Training würde beginnen. Seine Schüler waren unnatürlich ruhig, wahrscheinlich spürten sie seine schlechte Laune. Er zuckte mit den Schultern, man musste ihn ja nur ansehen und schon bekam man das grauen. Er konnte nachts kaum schlafen, weil er sich schreckliche Sorgen um Amber machte, er sah sie irgendwo verletzt liegen, in einer Schlägerei verwickelt und manchmal träumte er von ihrem Grabstein. Er wachte dann stehts schweißgebadet auf und zwang sich dazu nicht mehr einzuschlafen. Auch anrufen wollte er sie, er hatte sein Handy schon unzählige Male in der Hand, den Daumen schon fast auf dem grünen Telefon, doch er tat es nicht. Ärgerlich wühlte er sich durchs Haar und forderte seine Schüler auf, ihre Sachen zu packen. Der Klassenraum leerte sich ziemlich schnell und als Jay aufsah, standen Shawn und Zane vor seinem Schreibtisch. „Was wollt ihr?“

„Naja, wir machen uns langsam Sorgen um Sie.“ Gab Shawn unumwunden zu. „Sie laufen hier wie eine Leiche durch die Schule, und jedem, der Sie anschaut und etwas von Ihnen will, schlagen Sie mit einem einfachen Blick in die Flucht.“

„Bin ich so?“ Jay hatte ja keine Ahnung, dass er so übelgelaunt rüberkam.

„Ja, seid The… ich meine Amber von hier weg ist.“

„Das habt ihr euch also auch schon zurecht gereimt.“ Jay verschränkte seine Arme vor der Brust und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Vielleicht bin ich aus einem ganz anderem Grund so drauf.“

Zane sah seinen Lehrer skeptisch an. „Wir sind alle auf sie hereingefallen, Sie sind nicht der einzige der sich vorkommt wie ein Trottel. Ich habe mit ihr geflirtet!“ Zane grinste bei der Erinnerung.

„Okay Jungs, ich reiße mich am Riemen…“

„Das Training ist zu hart.“ Shawn verschränkte die Arme vor der Brust und sah seinen Trainer herausfordernd an. Zane stieß ihm in die Seite. „Das wollten wir nicht ansprechen.“ Flüsterte er ihm zu, doch Jay hörte es. „Jetzt ist der beste Zeitpunkt.“ Widersprach der Captain.

„Zu hart?“ Jay sah erschrocken auf. Hatte er denn überhaupt noch einen Blick für das, was in seiner Umgebung passierte?

„Die Jungs beschweren sich. Sie haben eine halbe Stunde drangehängt, schon die neue Aufwärmphase schlaucht uns. Nach dem Training wollen die meisten nur noch schlafen und wir haben auch noch andere Verpflichtungen oder Hobbys.“

„Oder Freundinnen.“ Stimmte Zane zu.

Jay stand auf und ging um den Pult, dann lehnte er sich dagegen. „Nimmt euch heute mal frei.“ Sagte er dann und sah in zwei völlig verblüffte Gesichter. „Es ist Freitag, geht amüsiert euch. Das Wetter ist schön, fahrt baden, geht mit euren Freundinnen ein Eis essen oder was auch immer ihr wollt.“

Die beiden Jungs strahlten ihn an, dann schlugen sie ihm nacheinander an die Schulter und verschwanden aus dem Klassenzimmer.

Jay stöhnte und ging zum Waschbecken. Sein Spiegelbild erschreckte ihn, er sah wirklich aus wie eine Leiche. Langsam reichte es mit Trübsal blasen, er musste wieder auf die Beine kommen, der alte werden. Er packte seine Sachen vom Tisch und verließ wenig später auf seinem Motorrad das Schulgelände. Er fuhr als erstes ins Diner von Heather und David und bestellte sich einen großen Wrap, er hatte seid Tagen nicht mehr ordentlich gegessen. Heather kam aus der Küche und strahlte ihn an. „Schön, dass du dich mal Blicken lässt, ich habe dich ja schon ewig nicht mehr gesehen.“ Rief sie freudig aus, als sie ihn sah und umarmte ihn herzlich. Dann sah sie ihn genauer an und legte besorgt die Stirn in Falten. „Sag mal ist das heute deine erste Mahlzeit? Und schläfst du überhaupt?“

Er wollte ihr keine Sorgen bereiten und grinste sie an. „Mir geht es gut und euch?“ Überging er ihre Fragen, doch so leicht ließ Heather sich nicht abwimmeln. „Du bist ein miserabler Schauspieler.“ Sie setzte sich neben ihn und fragte dann sanft: „Was ist denn los?“

„Ich schlafe nicht besonders gut in letzter Zeit, es ist verdammt heiß da draußen.“ Versuchte er sich halbwegs rauszureden.

„Du wirst doch nicht etwa krank? Sind deine Eltern okay? Ist einer von ihnen Krank? Machst du dir deswegen Sorgen?“ Sprudelten die Fragen aus ihr heraus.

„Mit meinen Eltern ist alles okay, sie sind gesund und haben sich neulich ein Boot gekauft. Mir geht es auch gut, ich fahre jetzt in die Apotheke, hol mir da was und werde das ganze Wochenende schlafen.“ Beruhigte er seine mütterliche Freundin.

„Ich werde für dich kochen, ich stelle das Essen ganz leise in deine Küche, damit du nicht wach wirst.“ Sie hob den Finger. „Und spätestens Montag will ich wieder den alten Jay sehen.“

Jay lächelte sie an. „Das wirst du!“

 

Den halben Sonntag verschlief Jay, er wurde er gegen Nachmittag wach und streckte sich genüsslich in seinem Bett. Seit er am Freitag nach Hause gekommen war, hatte er so gut wie nur geschlafen. Ausgeschlafen und einigermaßen zufrieden ging er ins Badezimmer und rasierte sich erst einmal, dann zog er sich seine Sportklamotten an und beschloss mal wieder am Strand joggen zu gehen.

Als er nach einer Stunde wieder nach Hause kam, stand schon das Essen auf dem Herd, dass Heather ihm wohl gebracht hatte, als er unterwegs war. Er hob den Deckel des Topfes und ein herrlicher Essensduft stieg ihm in die Nase. Er schloss den Deckel wieder und beschloss zuerst zu duschen. Wenig später aß er den köstlichen Eintopf und schloss genießerisch die Augen, als er den letzten Löffel nahm. Zufrieden lehnte er sich in den Stuhl und ließ das Essen ein wenig sacken. Das Klingeln der Tür schreckte ihn auf und Jay stieß mit seinem kleinen Zeh gegen das Tischbein. Er unterdrückte einen Schmerzenslaut und humpelte wütend zur Tür, riss sie auf und starrte böse in das Gesicht eines kleinen Mädchens. Sofort lächelte er. „Hallo!“ Begrüßte er sie und sie lächelte ihn zaghaft an. „Was kann ich für dich tun?“

„Wir sind bei meiner Oma und spielen Ball und als mein Bruder geschossen hat, ist er in ihren Garten geflogen. Kann ich ihn bitte wiederhaben?“

„Dein Bruder hat ihn in meinen Garten geschossen?“ Das Mädchen nickte und dabei flogen ihre Zöpfe, die sie sich wahrscheinlich selbst geflochten hatte wild hin und her. „Aber warum musst du dann kommen und den Ball holen? Wo ist er denn?“ Das Mädchen drehte sich um und zeigte auf die Straße. „Er passt von dort auf mich auf.“ Jay sah einen etwa fünf Jahre alten Jungen vor der Einfahrt stehen und winkte ihm fröhlich zu. „Wie heißt er denn?“

„Er heißt Taylor und ich bin Clara.“

„Du bist also die große Schwester ja?“ Stolz nickte die kleine. „Ich bin schon sieben und wir haben noch die Babys. Es sind Zwillinge.“ Gab sie bereitwillig Auskunft.

„Ach dann ist deine Hannah Oma nicht wahr? Sie hat mir nämlich vor einiger Zeit erzählt, dass ihr Tochter Zwillinge bekommen hat.“

Clara nickte. „Ja, manchmal sind sie schon anstrengend, aber ich helfe meiner Mutter, wenn Papa bei der Arbeit ist.“

„Das ist auch richtig so. Sollen wir jetzt euren Ball holen?“ Er ging vor ihr her und das Mädchen plauderte munter weiter mit ihm, nach einiger Zeit lief sie zurück zu ihrem Bruder und gemeinsam verschwanden sie im Garten der Nachbarn.

Am Montag saß Jay abends bei den Browns, sie hatten gegessen und nun sah er sich mit David ein Eishockeyspiel im Fernsehen an, während Heather die Küche aufräumte. Nach einiger Zeit setzte sie sich zu ihnen und plauderte mit den beiden, die das Spiel eh nur halbherzig schauten. „Amber hat mich heute Nachmittag angerufen.“ Sagte Heather beiläufig zu David und Jay wurde hellhörig. „Ich soll dich ganz lieb von ihr grüßen.“

„Danke.“ Erwiderte der Mann knapp. „Schon komisch, dass sie plötzlich doch kein Kind mehr ist.“ Gab er zu bedenken und trank einen Schluck aus seinem Wasserglas.

„Ich habe aber auch wirklich gar nichts gemerkt. Klar sie kam mir schon ein wenig erwachsen vor, sie hat mir immer geholfen, aber dass schloss ich auf eine gute Erziehung und nicht auf eine Undercover Agentin.“

„Eigentlich ist sie nur eine Polizistin. Sie wurde von ihrem Bruder…“

„Ach das weiß ich doch alles,“ unterbrach sie Jay. „Aber trotzdem, ich hätte doch etwas merken müssen!“

„Sie hat uns allen was vorgespielt.“ Vernahm sich nun David.

„Bist du deshalb böse auf sie?“ Fragte Heather.

„Nein, schließlich hat sie gute Arbeit geleistet.“ Lobte er nun anerkennend und Heather nickte. „Wer hätte geahnt, dass Mr. Sanchez…“ Sie ließ den Satz unbeendet und schüttelte den Kopf.

„Was erzählt sie denn so?“ Wollte Jay nun wissen, da er seine Neugier nicht mehr zügeln konnte.

„Das übliche, ihr geht es gut. Die Arbeit läuft. Es ist sehr heiß draußen…“ Zählte Heather auf. „Sag mal, ihr habt euch doch eigentlich ganz gut verstanden oder?“ Wollte sie plötzlich wissen. Und Jay nickte leicht, mit einem unbehaglichen Gefühl. „Ich wusste doch, dass ihr euch zueinander hingezogen fühlt!“ Rief sie enthusiastisch aus. „Bist du ihr Böse, weil sie geflunkert hat?“

„Nein.“ Sagte Jay kurzangebunden, er wusste nicht, wie viel er ihnen sagen konnte ohne den beiden vor den Kopf zu stoßen. Zum Glück wurden sie unterbrochen, da David nun auf den Fernseher zeigte, ein Spieler wurde gefoult und es gab einen Strafstoß der ins Tor ging. Kurz darauf verabschiedete Jay sich von den beiden und ging nach Hause.

 

Amber hatte einen Entschluss gefasst. Nun saß sie in der Küche ihrer Eltern und versuchte es ihren Eltern schonend beizubringen. Aber sie fand einfach nicht die richtigen Worte und so platze sie einfach damit heraus. „Ich werde ausziehen.“ Ihre Eltern unterbrachen ihr Gespräch und schauten sie verwirrt an. Ihre Mutter erholte sich zuerst. „Ausziehen? Aber du hast doch gar nicht nach Wohnungen gesucht.“ Wandte sie ein.

„Wann willst du denn ausziehen? Und wo ist deine Wohnung?“ Wollte auch ihr Vater wissen.

„Ich gehe zu Ava, zumindest vorläufig, bis ich etwas gefunden habe.“

„Aber sie wohnt in Boston. Du willst doch nicht jeden Tag soweit zur Arbeit fahren?“

Amber sah ihren Vater an. „Ich möchte kündigen.“ Gestand sie nun und ihr Vater sah sie verdutzt an. „Aber… aber wo willst du denn arbeiten? In Boston ist es viel zu gefährlich als Streifenpolizist.“

„Ich glaube ich möchte gar keine Polizistin mehr sein.“ Gab sie zu.

„Aber deine Ausbildung! Du… Hast du es dir gut überlegt?“

„Ich bin mir sicher.“ Antwortete sie fest überzeugt. „Ich werde mir etwas Neues suchen, irgendetwas wird mir sicher gefallen.“

„Es ist der Lehrer habe ich Recht?“ Wollte nun ihre Mutter leise wissen in ihren Augen erkannte Amber stolz und plötzlich fühlte sie sich in ihrer Sache bestätigt und nickte nur. „Das ist gut mein Kind. Du liebst ihn oder?“

Erneut nickte Amber, weil ihre Kehle plötzlich wie zugeschnürt war und dicke Tränen in ihren Augen standen. „Es ist schön, dass du dich endlich entschieden hast, deinem Herzen zu folgen.“ Sie legte ihre Hand unter Ambers Kinn und streichelte ihr über die Wange. „Und irgendwo hat der Mann auch Recht, ich habe mir immer schreckliche Sorgen um deinen Vater gemacht, als er noch im Einsatz war. Und wegen Alex verbringe ich auch viele Schlaflose Nächte.“ Laura nahm ihre Tochter in den Arm. „Ich würde deinen Lehrer gerne einmal kennenlernen.“ Sagte sie nun und entlockte Amber damit ein fröhliches lächeln.

 

Ein paar Tage später saß Amber in ihrem vollgepackten Auto und fuhr auf den Highway 3 Richtung Boston. Sie brauchte ein bisschen länger als eine Stunde und parkte ihren Wagen vor Avas Wohnung. Gemeinsam luden sie ihr Auto aus und brachten Ambers Habseligkeiten in das Gästezimmer. Dann aßen sie in einem Bistro zu Mittag, und redeten über die Hochzeit die in ein paar Monaten stattfinden sollte. Als Amber ihre Portion verspeist hatte lehnte sie sich genüsslich zurück. „Das war lecker.“

„Was hast du heute Abend vor, wenn ich zur Nachtschicht muss?“

„Ich wollte zu Jay fahren.“

Ein Grinsen umspielte Avas Lippen. „Hast du dich bei ihm gemeldet?“

„Nein, er hat noch Unterricht.“

„Du willst ihn also überraschen?“

„Ich denke schon, ich habe mir darüber noch nicht so wirklich Gedanken gemacht.“

„Was ziehst du an?“ Amber sah sie verwirrt an. „Na es ist doch euer erstes Treffen seit ein paar Wochen, da kannst du dich ruhig hübsch machen.“

„Darüber mache ich mir die wenigsten Gedanken. Ich weiß nicht wie er reagieren wird, wenn er mich sieht. Ob er mich überhaupt noch will.“ Sprach sie ihre Ängste aus. „Vielleicht hat er ja auch schon eine neue?“ In ihren Gedanken sah sie Jenna Montera in den Armen von Jay und schüttelte den Kopf um diese Gedanken loszuwerden.

Ava legte ihr beschwichtigend den Arm um die Schulter und drückte sie an sich. „Ich glaube, dass er dich wirklich liebt und, dass er sich freuen wird, wenn du wiederauftauchst.“

Ein paar Stunden später saß Amber in einem Rock mit Blümchenprint und einem rosafarbenen Top in ihrem Auto vor Jays Haus und versuchte sich zu beruhigen, ihr Herz schlug ihr wie wild in der Brust und Amber legte ihre Hand darauf. Sie war nicht mal so nervös gewesen, als sie bei ihm eingebrochen war. Sie trank noch schnell einen Schluck Wasser und dann öffnete sie die Autotür, bevor sie sich weiter den Kopf zerbrechen würde. Sie lief das kurze Stück über die Straße und hoffte, dass keiner der Nachbarn sie sah. Sie hatte Glück und kam ungesehen auf Jays überdachter Terrasse zum Stehen. Sie holte noch einmal tief Luft und drückte dann auf die Klingel. Nach einer kurzen Zeit hörte sie seine Schritte auf der Treppe, sie ging einen Schritt zurück und versuchte ein neutrales Gesicht zu machen, was ihr aber kläglich misslang. Dann öffnete sich die Tür und Jay stand vor ihr. Er trug eine Shorts und ein Muskelshirt, mehr nicht. Amber starrte ihn an und brachte einfach kein Wort heraus. Aber Jay ging es ähnlich. Seine Überraschung sie hier zu sehen stand ihm im Gesicht geschrieben. Unverwandt starrte er sie an. „Amber?“ Flüsterte er dann ihren Namen und Ambers Knie fingen an zu zittern. Sie brachte nur ein nicken zustande und blickte wie hypnotisiert in seine beinahe himmelblauen Augen.

Dann verblasste die Überraschung langsam und Jay hatte sich erholt. „Willst du reinkommen?“

„Gerne.“

Er hielt ihr die Tür auf und sie trat in den Flur. „Geh ruhig ins Wohnzimmer, möchtest du etwas trinken?“ Er folgte ihr, ging aber weiter in die Küche und holte zwei Gläser aus dem Schrank. „Ich habe vorhin Eistee gemacht.“

„Ja, danke.“ Amber beobachtete, wie er ruhig zwei Gläser eingoss und ihr ein über den Tresen hinschob. Sie nahm es trank einen kleinen Schluck und stellte das Glas wieder zurück. „Wie geht es dir?“ Brachte sie schließlich heraus und Jay sah sie skeptisch an. „Du bist doch nicht den weiten weg gekommen um mich zu fragen wie es mir geht.“

„Nein.“ Gab sie zu und schwieg, sie sah zu Boden und bereute, dass sie hierhergekommen war. Er hatte bestimmt keine Gefühle mehr für sie. „Ich sollte gehen.“ Brachte sie hervor und stürmte zur Tür, doch Jay hielt sie am Handgelenk fest. „Was willst du hier?“ Fragte er stumpf und ignorierte den Stromstoß der ihn durchfuhr, als er sie berührte. Er ließ ihre Hand fallen. Wenn sie gekommen war um ihn zu sehen, zu quälen und wieder zu gehen, würde er ihr das nicht einfach machen. Amber trat einen Schritt zurück und stotterte: „I…ich ha… habe einen Fehler ge… gemacht. Ich hätte nicht herkommen sollen.“

„Warum bist du hier?“ Fragte er eindringlich und ging auf sie zu, während sie automatisch zurück ging. „Ich hätte mich vorher melden sollen, ich weiß ja nicht, ob du…“

„Amber!“

Beim klang ihres Namens aus seinem Mund wurde ihr ganz heiß und sie sah in seine Augen, in denen sie leider nichts von seinen Gefühlen erkennen konnte.

„Ich wohne jetzt in Boston.“ Sagte sie, weil ihr einfach nichts anderes einfiel.

„Hat dein Daddy dich versetzt?“ Fragte er höhnisch und sie zuckte zurück, so kannte sie Jay gar nicht. Unwillkürlich trat sie noch einen Schritt zurück, unfähig irgendetwas zu sagen.

Jay gab seine Überheblichkeit auf und ließ sich auf das Sofa fallen. „Bist du gekommen um mich daran zu erinnern, was ich verloren habe? Willst du sehen wie ich leide?“

Ambers Augen füllten sich mit Tränen, die ihr lautlos über die Wangen liefen. Jay litt ihretwegen? Langsam ging sie auf ihn zu und setzte sich neben ihn. Er beachtete sie nicht und sie berührte zaghaft seine Hand. „Ich habe dich vermisst.“ Gab sie zu und wischte sich die Tränen mit der anderen Hand von den Wangen. Er sah sie an und auf einmal konnte sie so viele Gefühle in seinen Augen lesen. „Ich liebe dich.“ Flüsterte sie und sah zu Boden.

„Tagelang quälten mich Albträume, ich sah dich verletzt in einem Graben liegen, ich sah dich in Schlägereien verwickelt, im Krankenhaus…“ Seine Stimme wurde immer leiser und Amber sah auf, direkt in seine warmen Augen. „… auf dem Friedhof.“

Sie schmiss sich in seine Arme und Tränen rannen über ihr Gesicht. Sie legte ihre Hände auf seine Wangen und dann küssten sie sich. Innig. Leidenschaftlich. Bis er sich plötzlich löste. Vorsichtig schob er ihr Gesicht einige Zentimeter zurück und sah ihr in die Augen. „Ich kam grad wieder mit meinem Leben klar und dann kommst du wieder?“

Amber nickte. „Ich liebe dich mehr als meinen Job.“ Seine Augen fingen an zu leuchten und ein lächeln stahl sich auf seine Lippen. „Es stellte sich heraus, dass ich meinen Job gar nicht mag, es ist langweilig stundenlang im Auto zu sitzen und durch die Straßen zu fahren. Du bist die Action in meinem Leben. Und wenn du mich noch willst, dann…“ Weiter kam sie nicht, denn er zog sie wieder an sich und küsste sie zärtlich. „Ich liebe dich doch auch.“ Flüsterte er an ihrem Mund und Amber lächelte ihn überglücklich an.

 ENDE

 

 

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Tag der Veröffentlichung: 14.02.2018

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