Die Wohngemeinschaft von Tatjana, Julian und Moritz ist vor ein paar Wochen von Sarah erweitert worden. Die 20- Jährige studierte genau wie Moritz Tiermedizin und ging mit ihm an die selbe Uni. Tatjana, studierte derzeit Jura und Julian jobbte in einem Café. Es war gerade früh am Morgen, als Tatjanas Wecker zu spät klingelte und Tatjana, dann ein paar Minuten zu spät zu ihrer ersten Prüfung kam. Der junge Professor tadelte sie und gab auch ihr die Unterlagen. Die Aufgaben waren schwer und sie hatte ziemlich viel zu tun, denn ihr gingen bereits mehr als 10 Minuten ab. Mit schlechtem Gefühl, gab sie als Letzte ihre Arbeit ab und verließ traurig den Saal. Ihr Entschluss stand fest, sie würde das Studium abbrechen und zu ihrem Vater nach Australien ziehen.
„ .. Und genau deshalb habe ich mich entschlossen, das Studium abzubrechen und zu meinem Vater zu ziehen..“ meinte sie dann ein paar Stunde später als die Vier am Tisch saßen. Sarah, schaute sie empört an, ihr Gesichtsausdruck änderte sich allerdings schlagartig, dann meinte sie nur noch niedergeschlagen, dass sie das entscheiden müsse. Damit war das Thema erst mal ´abgehakt ´.
Doch Tatjana nahm den Kontakt zu ihrem Vater auf und bald darauf stand fest, dass Tatjana in einem Monat zu ihrem Vater fliegen sollte.
„ Ich will nicht, dass du fliegst“ , seufzte David und sie kuschelte sich noch enger in seine Arme. Doch die Zeit ging total schnell vorbei. Erst waren es noch drei Wochen, dann nur noch 7 Tage und auf einmal war es schon Morgen. Julian, Moritz und Sarah begleiteten sie zum Flughafen, aber David hatte sich schon eine Woche über nicht gemeldet, er war ziemlich gekränkt gewesen. Tatjana umarmte Sarah ein letztes Mal, Tränen liefen ihr die Wangen herrunter. Sie wurde von David einfach total enttäuscht, denn Tatjana hatte gehofft, dass er ihr wenigstens auf Wiedersehen sagen würde und sie ein letztes Mal in seine Arme schließen würde, aber dazu war er zu feige um zum Flughafen zu kommen. Ihr Gepäck wurde bereits von einem Steward entgegen genommen, sie führten eine persönliche Kontrolle von allen Gepäckstücken durch, weil eine Bombendrohung ganz Berlin in Atem hielt, als Tatjanas Name jedoch gerufen wurde, hielt sie inne, drehte sich um und sah David auf sie zu kommen. Der Steward drückte ihr die Tasche und den Koffer wieder in die Hand und wollte sie ins Flugzeug begleiten um sie an ihren Platz zu führen, aber die junge Frau, drehte sich um und warf sich dem gerade kommenden Mann in die Arme.
Mit Tränen in den Augen blickte sie hinab. Da war ihr Berlin, sie wollte es verlassen und nur wegen diesem blöden Studium? Nein! In Tatjana machte sich Selbstzweifel breit, ob sie wirklich nach Australien wollte, oder sich einfach etwas vormachen um ihr Leben von Vorne anzufangen. Es dauerte nicht lange und schon schlief sie ein.
„ Junge Dame, wir sind angekommen, wenn Sie nicht wieder mit uns nach Berlin zurückfliegen wollen, dann sollten Sie jetzt aussteigen“ , meinte der Steward. Lächelnd half er der noch müde aussehenden jungen Frau in die Jacke und half ihr mit ihrem Handgepäck.
Die anderen Fluggäste warteten schon auf ihr Gepäck. Auch Tatjana hatte ihr Gepäck schnell gefunden und suchte sich nun hilflos nach ihrem Vater um. Sie wusste nicht einmal mehr, wie er aussah, sie hatte ihn seit über 7 Jahre nicht gesehen. Ein gut aussehender, junger Mann sprach sie an, ob sie Tatjana Brückner sei, nachdem sie genickt hatte, stellte sich der Mann als Chris vor. Er nahm ihr das Gepäck ab und führte sie zu ihrem Auto. Sein Englisch war fließend, jedoch sprach er so schnell, dass Tatjana nur die Hälfte verstand. Als sie auf seine Frage, ob sie denn Erfahrung im Umgang mit Pferden hätte, nicht reagierte, lächelte er sie verlegen an und stellte die Frage nochmal. Da Tatjana keine Erfahrung im Umgang mit Pferden hatte, musste sie die Frage verneinen und erstaunt feststellen, dass sich ihr Vater einen Hof gebaut hat und nun mit einer neuen Frau beisammen lebt. Chris zeigte ihr das Zimmer, in dem sie leben würde, es war schlicht und einfach eingeräumt, aber dennoch gemütlich.
Tatjana ließ sich auf ihr zukünftiges Bett fallen und sog erst ein Mal die Luft ein. Hier war es so viel anders als in Berlin, hier war es weit und nicht so eingeengt wie in der Stadt, aber auch die Temperaturen waren ganz anders, viel wärmer war es hier. Sie erfrischte sich nur etwas und ging dann hinaus um das Grundstück zu erkunden und ihren Vater zu begrüßen. Er war wieder gekommen. Ich hörte einen Mann mit tiefer Stimme mit Chris sprechen. Ganz klar, sie sprachen über mich, so gut war mein Englisch auch wieder um zu verstehen, dass Chris meinem Vater mitteilte, dass ich ziemlich überrascht war, hier einen ganzen Hof vorzufinden. „ Darling!“ begrüßte mein Vater mich und nahm mich in den Arm. Er war mir irgendwie fremd geworden, doch sein Geruch war genau so, wie ich ihn in Erinnerung hatte. Lucio zeigte mir sein Anwesen. Zuerst das Haus, dann ging es in den Stall, zu den Pferden. Mit denen hatte ich am Allerwenigsten gerechnet. Aus einer Box hörte man eine Frau sprechen. Sie sprach langsam aber dennoch flüssig und es schien als wolle sie ein Pferd beruhigen. Wir gingen an der Box vorbei und das Pferd gefiel mir auf Anhieb. El Dorado stand an der Boxentür. Als Lucio und ich vor der Tür stehen blieben, kam die Frau zu uns. Sie war gebräunt, hatte einen dunklen Teint und ihr Haar war dunkelbraun, fast schwarz, sie war hübsch und stellte sich als Sara vor. Man konnte sehen, dass sie ein Händchen für Pferde hat, doch das Pferd, bei dem sie gerade in der Box gewesen war, ließ sich von ihr nicht beruhigen, es tänzelte herum und doch schnupperte es begeistert in meine Richtung, vorsichtig streckte ich meine Hand nach ihm aus, doch weiter hinten im Stall schepperte es und ein Eimer fiel krachend zu Boden. El Dorado riss den Kopf in die Höhe und trat rückwärts. Lucio und Sara zogen mich schnell weiter. Sara war, wie sich herausstellte meine Stiefmutter. Die Ställe waren groß und einladend. Mein Vater zeigte mir zu guter Letzt noch den Reitplatz und die imposante Reithalle, in der ein Mann gerade einen Rappen ritt. Dieser Rappe war wunderschön, sein Name war Babossa, wie mir der Mann später erzählte. Mein Vater ließ mich allein und ich blickte staunend dem jungen Mann und Babossa hinterher. Marcello gefiel es anscheinend, dass ich zuschaute, denn er lud mich ein auf Babossa zu reiten, während er ihn führen würde. Zögernd, sagte ich dass ich noch nie geritten sei und müde von dem langen Flug sei, der Mann nickte mir verständnisvoll zu und verließ dann die Halle mit dem Pferd.
Am nächsten Morgen, ging sie mit ihrem Block und den Stiften hinaus, um die schöne Landschaft und das tolle Gutshaus zu malen. Tatjana saß noch nicht lange, als sich Lucio und seine Frau zu ihr hinzu gesellten und sich eine Tasse Kaffee nahmen. Die Drei unterhielten sich lebhaft, als ein Schrei aus dem Stall kam. Lucio sprang auf, aber auch Sara und Tatjana sprangen auf und rannten in den Stall, dort angekommen sahen sie gerade noch, wie der junge Hengst El Dorado die ihnen entgegengesetzte Stalltür durchquerte. Marcello lag am Boden. Sara kümmerte sich um Marcello. Fabio hingegen, beruhigte die anderen Pferde. Anscheinend kam nur mir in den Sinn, in welcher Gefahr El Dorado jetzt schwebte, wenn der Hengst auf die Landstraße laufen würde, dann wäre er wahrscheinlich bald tot. Schnell lief ich aus dem Stall, lief hinter das Haus, um nachzusehen ob der Hengst dort stand und tatsächlich stand er dort, am Apfelbaum und fraß gemütlich die Früchte des Baumes. El Dorado hatte Tatjana bereits gesehen, doch er schaute sie neugierig an und schnupperte an ihrer Hand, als sie sie zögerlich nach dem um den Hals baumelnden Strick griff. Der Hengst wich zurück, blieb aber dann dennoch stehen. Die junge Frau spürte, dass zwischen dem Fuchs und ihr eine besondere Verbindung herrschen zu schien, denn er ließ sich wiederstandslos führen. Als sie ihn in den Stall zurückbrachte, kniete nicht nur Sara neben Marcello, auch Fabio war über ihn gebeugt, an einer Boxentür lehnend, schien Chris gerade mit dem Notarzt zu telefonieren. Chris sah sie an, als wäre sie nicht ganz bei Trost, den wilden Hengst zu führen. Er wollte auf den Fuchs zugehen, doch er legte nur die Ohren an und Chris blieb auf Abstand. Selbst Sara wollte er nicht an sich heranlassen, einzig und allein Tatjana ließ er an sich heran.
Das blieb auch die nächsten Tage so. Marcello, war ins Krankenhaus gebracht worden, es ging ihm mittlerweile auch schon besser, er hatte nur eine Gehirnerschütterung und ein paar geprellte Rippen, aber nun wollte und durfte keiner mehr zu El Dorado außer Tatjana. Sie durfte die ganze Pflege von ihm übernehmen. Chris zeigte ihr Alles, er lehrte ihr richtig zu longieren und gab ihr Reitstunden. Das Longieren konnte sie mit El Dorado schon üben. Reiten jedoch durfte sie ihn noch nicht, weil er noch zu jung war um angeritten zu werden.
Die Telefonate mit David wurden immer kürzer, die Briefe an Sara wurden bald gar nicht mehr abgeschickt und auch so wurde Deutschland ziemlich unwichtig für die neue Mami von El Dorado.
Er hatte mehr Power denn je, schön langsam, gewöhnte er sich an Chris und bald konnten sie die ersten Reitversuche starten. Auch Tatjana hatte nun schon genug Sicherheit um auf dem jungen Hengst zu reiten. Die ersten Versuche wagte Tatjana, man könnte fast sagen, dass El Dorado besonders auf sie aufzupassen schien. Er war ein gelehriger Junghengst. Schon bald konnte er zuverlässig die Trabverlängerungen und Traversalen, auch den Galoppwechsel lernte der Lusitano schnell. Tatjana und er wurden ein immer besseres Team und schon bald wurde das jährlich stattfindende Rennen zu ihrem Ziel.
Chris trainierte mit den beiden, El Dorado schienen Wettrennen großen Spaß zu machen und so gingen sie an den Start.
Es waren bestimmt über 50 Pferde. Selbst Sara, Lucio, Marcello und Chris starteten mit ihren besten Pferden. Das Startsignal war gegeben und die Pferde schossen los. Die Leute schrien und feuerten die Pferde an. Durch das Dorf musste man reiten um dann durch eine lange Allee in ein ausgetrocknetes Gebiet zu kommen, es staubte und allmählich löste sich das Feld auf, Sara und Fabio fielen zurück. Marcello hielt sich im Mittelfeld auf und Chris und Tatjana waren bei den besten 5 dabei, vor dem Wasserdurchritt scheuten einige Pferde und blieben stehen, auch El Dorado erschrak zuerst und blieb aus vollem Tempo stehen, beinahe wäre seine Reiterin heruntergefallen, mit einem großen Platscher sprang er hinein und fand offensichtlich Spaß an der Sache, denn er ließ sich nicht weiter irritieren und galoppierte mit großen Sprüngen weiter. El Dorados Galoppsprügen schienen immer länger zu werden und bald war die Spitze wieder erreicht, nun war nur noch das hügelige Gradland zu überwinden und dann ging es wieder in das Dorf. Das grüne Gras leuchtete die Pferde nur so an, denn 2 Pferde von der Spitze blieben einfach stehen und fingen an zu grasen, die Reiter fielen herunter. Chris und Tatjana waren nun fast ganz an der Spitze, Schulter an Schulter jagten sie mit Dominique dahin. Jetzt waren sie schon im Dorf angelangt. Tatjana und Chris holten das Letzte aus ihren Pferden heraus. Sie rannten sich die Seele aus dem Leib. Dominique fiel mit seinem Pferd erschöpft zurück und gemeinsam mit Chris überquerte Tatjana die Ziellinie.
Nachdem sie die Pferde zum Schritt durchpariert hatten, kamen alle Leute und umringten die Pferde. Jeder wollte den Rappen und den Fuchs berühren.
„ Tatjana!“ , schrie eine mir wohlbekannte Stimme. Es war David. Wie sich herausstellte, hatte mein Vater David und Sarah eingeladen zu uns zu kommen und sie hatten das Rennen von hier aus verfolgt. Glücklich fielen wir uns in die Arme..
Tag der Veröffentlichung: 27.08.2011
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