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Prolog

Marvin ist ein ehemaliger Navy-Seal, in Deutschland geboren, als Sohn eines US-Soldaten und einer deutschen Dolmetscherin, wuchs er bereits zwei sprachig auf.
Sein erstes Lebensjahr verbrachte er in Amerika, weitere Länder folgten, da der Vater immer wieder mit seiner Einheit versetzt wurde.
Er hat sich nach seinem Ausstieg aus der US-Navy der Entwicklungshilfe zu gewandt und zog mit seiner Frau Linda und den beiden Kindern nach Deutschland in die nähe seiner Eltern.
Aus Ostafrika, besser gesagt aus Kenya schreibt er seiner Familie Briefe, die zeigen, was er erlebt und erfährt, doch ein Happy End wird es für ihn nicht geben.
Dies sind die Briefe, die bei seiner Familie ankammen, er hat allerdings weit mehr geschrieben, die leider auf dem Weg zu seiner Familie verschollen blieben...


An meine lieben Daheimgebliebenen,

ich bin sicher nach einer Stunden langen Odisee endlich in Nairobi angekommen.
Am fusse des Mount Kenya und in der nähe des Lake Tana wird mein Zielort liegen, ein kleines Dorf

hat sich bereit erklärt mich aufzunehmen und mir einen Einblick in ihre Lebensweise, Sprache und alltäglichen Gewohnheiten zu gewähren.
Für mich hat mein Abendteuer schon längst begonnen und ich bin von den neuen Eindrücken schon jetzt überwältigt – hätte ich euch doch nur mitgenommen, damit ihr dies auch alles sehen könntet. Ihr würdet mich verstehen, es ist eine ganz andere Welt als unsere.
Obwohl ich mich darauf vorbereitet habe, muss ich eingestehen, dass ich doch einem Kulturschock erlegen bin. Grund ist das besagte Dorf in das ich kommen werde. Von meinen Verbinungsmännern habe ich erfahren, dass sich dort nie etwas in Sachen Infrastrucktur getan hat und die Bevölkerung noch immer so lebt wie vor hunderten von Jahren. Kein Strom, kein fliessendes Wasser und darum auch keine Sanitäranlagen, nichts was wir ansonsten gewohnt sind, ist dort zu finden.
Keine Angst, ich habe all meine Impfungen über mich tapfer ergehen lassen, sonst hättet ihr mich doch nicht ins Flugzeug steigen lassen.
Und ja, ich bin mir ganz genau im klaren, was noch alles auf mich zu kommen kann und was passieren kann, alles ist möglich. Aber vielleicht besteht ja die Chance, dass ich in diesem Dorf etwas bewegen kann und mein Wissen ihnen mehr Fortschritt bringt und ich ihnen helfen kann selbstständig den Weg aus der Armut und dem Hunger

zu finden.
Ich bereue es schon jetzt allein geflogen zu sein, so vielles wäre besser, wenn du und die Kinder bei mir wäret. Ihr fehlt mir, mit jedem Tag der verstreicht, mehr denn jeh und ich bin mir schon jetzt darüber im klaren, dass dieser Einsatz der letzte sein wird.
Nach Südamerika, Asien und Australien, wird Afrika

mein letzter Einsatzort sein, das verspreche ich euch.
In verbundener liebe,
Marvin


Hallo ihr lieben,

meine ersten Wochen in Afrika sind bereits vergangen und ich fühle mich hilflos und ohne euch, sehr einsam.
Ich versuche wirklich zu helfen, scheitere aber regelmässig an der Sprachbariere.
Nach jahrelangen Dürreperioden steht uns hier in der Gegend eine nie dagewesene Hungersnot bevor. Denkt nur, schon jetzt haben die stillenden Mütter kaum noch Milch für ihre viel zu kleinen Babies.
Mir zerreisst es das Herz, wenn ich diese kleinen viel zu dünnen Kinder sehe.
Was wir hier dringend brauchen, ist sauberes Wasser, Essen und auch die richtige Hygiene. Aber es fehlen auch die richtigen Ärzte, ich kann ihnen in Sachen ErsteHilfe helfen, aber mehr ist das leider nicht und hier grassiert ein Magen-Darm-Virus, zumindest glaube ich das. Am schlimmsten für mich ist, dass bereits die ersten gestorben sind, die ganz alten und die jüngsten Kinder waren die ersten!
Es ist so grausam zu sehen zu müssen und alles was ich tun kann, ist laut um Hilfe rufen. In der Hoffnung, dass mich irgend jemand erhört.
Jeden Tag versuche ich weiter am Brunnen zu bauen, aber ich finde kein Grundwasser, es scheint wie verhext zu sein. Gezwungenermasen haben sich alle dann aus dem Fluss bedient und das einzige wozu ich sie dann noch bringen konnte war, wenigstens das Wasser vorher abzukochen. Aber selbst das half nichts, denn nacheinander sind alle, die davon tranken, krank geworden.
Vielleicht ist es ja auch kein Magen-Darm-Virus, sondern die Fabrik, die flussaufwärts steht und ihre Abwasser in den Fluss einleitet. Morgen werde ich mir mal diese Fabrik genauer ansehen, ich muss unbedingt herrausfinden was diese Magen-Darm-Probleme verursacht.
Ich liebe euch,
Marvin


Meine überalles geliebten Schätze,

ich vermisse euch sehr und ich weiss, dass ich mich schon viel eher hätte melden müssen. Aber ich war selbst krank und unfähig zu schreiben. Nachdem ich die Fabrik besucht hatte und nichts erfahren konnte, weil niemand dort mit mir reden wollte, habe ich schreckliche athemwegsprobleme bekommen, sodass der Dorfschamane sich um mich kümmern musste.
Es tut mir schrecklich leid, dass ich dadruch Lilly’s Geburtstag verpasst habe, aber ich verspreche, dass ich es wieder gut machen werde.
Aber es gibt auch gute Nachrichten zu verkünden, denn es hat endlich geregnet, immer wieder, eine ganze Woche lang! Wir konnten es kaum glauben, aber es ist wahr, so unglaublich es klingt, wir haben uns so sehr über diesen Regen gefreut! Nun wird alles gut werden und ich werde wohl sehr bald nach Hause kommen können.
Jetzt klart der Himmel

sich auf und die Pflanzen fangen bereits an zu spriesen, über Nacht hat sich hier die Landschaft verändert. Von trostlosem Sand-Braun in ein sattes Grün, es ist wirklich unglaublich diese Veränderung. Erst jetzt bemerke ich, wie wunderschön dieses Land um den Mount Kenya ist. Ich wünschte ihr währet hier bei mir und könntet das alles sehen.
Hilfsgüter sind auch eingetroffen, es hat also etwas gebracht, dass ich meinem Arbeitgeber die Hölle heiss gemacht habe. Er schickt mir Carepakete und ein Ärzteteam, stell dir das vor, endlich kann ich den Menschen hier wirklich helfen!
Mit dem Chefarzt habe ich mich gleich unterhlaten und ihm von unerer rätzelhaften Krankheit erzählt, er wird alles nur erdenkliche tun, damit wir herrausfinden was hier wirklich vorgeht.
Die hälfte der Menschen des Dorfes sind bereits krank, 25 bereits gestorben, von den ganzen Kindern, sind nur noch 5 am leben und ich weiss nicht, ob sie es schaffen werden. Den alten geht es im Moment am schlechtesten und soweit mir die Ärzte sagen konnten, wird es wohl keiner von ihnen überleben.
Ich helfe wo ich nur kann und denke, dass ich zurück kommen werde, wenn alle ausser Gefahr sind.
Bitte versteh, dass ich sie jetzt nicht so hilflos zurücklassen kann.
Mein Verdacht, dass es von der Fabrik kommen könnte, erhärtet sich immer mehr. Vor allem ist es, meines erachtens sehr komisch, dass keiner, wirklich keiner, weiss was dort genau vor sich geht und was dort genau gemacht wird.
Seit heute Morgen ist vor allem das Wasser im Fluss zu einer stinkenden Brühe geworden. Sofort hat einer der Ärzte eine Wasserprobe entnommen und sie per Eilboten zum Robert-Koch-Institut geschickt.
Ich denke, dass wir auf dem richtigen Weg sind und bald wissen, woran diese Menschen hier leiden.
In inniger Liebe,
dein Marvin


Meine Liebste,

gerade geht die Sonne

über Mount Kenya auf. Was für ein Anblick, wärst du doch nur bei mir und könntest es sehen. Heute ist unser 5. Hochzeitstag und heute sind wir auch 10 Jahre schon ein Paar. Eigendlich wollte ich schon längst bei dir und den Kindern sein. Aber hier ist alles noch viel schlimmer geworden, denn das Dorf stirbt!
Sie haben der Dürre getrotzt, den Hunger überstanden, aber einer Vergiftung können sie nicht weiderstehen, sie bringt sie um. Ja du hast richtig gelesen, eine Vergiftung. Das Wasser im Fluss ist pures Gift und selbst die europäischen Ärzte, scheinen hier machtlos zu sein. Sie können nicht mehr tun, als alle noch lebenden mit Medikamenten voll zu pumpen.
Als die Ergebnisse des Instituts endlich vorlagen, waren bereits 75 % der Dorfbevölkerung erkrankt und mitlererweile ist davon gerade mal noch 5% am leben.
Du glaubst nicht, wie viel ehlend ich hier sehe, am schlimmsten für mich ist es, wenn wir wieder einen jungen Menschen verlieren. Ich helfe den Ärzten wo ich nur kann und habe inzwischen sogar gelernt eine Infusion zu legen, stell dir das vor, ich bin sozusagen ihr Azubi geworden.
Die örtliche Polizei wurde bei bekanntwerden der Ergebnisse sofort alamiert, aber in der Fabrik fanden sie niemanden mehr, der für alles verantwortlich gemacht werden konnte. Besser gesagt, niemand lebendes, die gesammte Belegschaft lag tot in den Fabrikgebäuden verteilt. Sie wurden alle ermordet! Soweit ich weiss, wird immer noch ermittelt, aber die Betreiber der Fabrik sind auf der Flucht und haben vermutlich das Land breits verlassen.
Das einzig positive im Moment ist, dass die letzten 5 Kinder noch immer am leben sind, drei Mädchen und zwei Buben, alle im alter unserer Töchter! Ungefähr 10 Jugendliche im alter von 13 bis 17 Jahren leben auch noch, aber allen geht es nicht sehr gut. Wir kämpfen um sie, und werden sie auch nicht aufgeben. Um sie alle aber nach Nairobi zu bringen, sind sie einfach zu schwach, sie würden den Transport nicht überleben. Also werden wir weiterhin sie im Dorf pflegen.
Den restlichen noch lebenden Erwachsenen geht es von Tag zu Tag schlechter, denn die Medikamente wollen nicht anschlagen.
Ich bin froh dass auch endlich ein Priester zu uns gefunden hat, Pater Antonio ist eine richtige Stütze für uns, vor allem für mich. Er hilft mir über meinen ganzen Kummer hingweg zu kommen, ich will doch nur helfen und bin selbst doch hilflos, weil alles jetzt in der Macht der Medikamente liegt. Mehr können wir einfach nicht tun, jetzt bleibt uns nur noch die Hoffnung, dass alle durchkommen.
Pater Antonio hilft mir, die Toten ordentlich zu begraben und den Überlebenden trost zu spenden.
Mitlererweile kann ich den hiesigen Dialekt, der hier im Dorf gesprochen wird, fliessend sprechen und wurde auch als einer der ihren akzeptiert. Du glaubst nicht, wie sehr mich das ehrt, dass sie endlich volles Vertrauen zu mir haben.
Ich weiss, mein Schatz, ich hatte versprochen nur 6 Monate zu bleiben und jetzt ist es schon ein ganzes Jahr, aber hier werde ich dringender gebraucht.
Du kannst es dir kaum vorstellen, aber diese Menschen hier haben nichts und wir, wir leben bei uns im reinsten Luxus.
Ich liebe Dich,
dein Marvin


An meine geliebte Familie,

morgen bringen wir die Überlebenden nach Nairobi, dort wird sich die Kirche von Pater Antonio ihrer annehmen. Es sind die 5 Kinder und 10 Jugendlichen, ansonten hat niemand von den Erwachsenen aus dem Dorf überlebt. Stell dir vor, von 100 Menschen, haben gerade mal 15 Überlebt und das wegen vergiftetem Wasser!
Was ist das blos für eine Welt?
Heute mussten wir die letzten begraben und da es den Kindern und Jugendlichen soweit besser geht, dass sie tranzportiert werden können, haben wir uns entschieden sie nach Nairobi zu bringen.
Sie müssen fort von hier, sonst gehen sie an ihrer Trauer zu grunde und sie müssen ihre zweite Chance nutzen können und da sie dies am besten im kirchlichen Weisenheim können, wird Pater Antonio sich weiterhin um sie kümmern können.
Oh Liebste, ich werde endlich nach Hause kommen und wenn alles gut geht, bin ich an Heilig Abend bei euch! Und ihr ahnt es ja gar nicht, wie sehr ihr mir fehlt! Ich vermisse euch drei so unendlich sehr und bin froh, bald bei euch sein zu können. Dann, werde ich niemals mehr von euch gehen und bei euch bleiben, versprochen.
Bitte, gib unseren beiden kleinen einen Kuss von mir und sag ihnen, ihr Papa wird ganz bald bei ihenen sein, aber verrate nicht, dass es Weihnachten sein wird, ich möchte sie überraschen.
Ich liebe euch,
Marvin


Epilog

Aber mein Mann kam nicht bei uns an. Mir fallen die gleich folgenden Worte nicht leicht, denn noch immer schmerzt mich den Verlusst den ich erlitten habe.
Auf dem Weg vom Flughafen zu uns nach Hause, rasste ein LKW, der Fahrer war übermüdet, in das Auto meiner Schwiegereltern, die ihn abgeholt hatten.
10 km von unserem zu Hause entfernt, verstarb mein Mann an den Folgen seines Schädelbruchs in den Armen seiner Mutter.
Er wurde nur 33 Jahre alt, wir waren fünf Jahre verheiratet und 10 Jahre ein Paar, wir haben zwei gemeinsame Töchter Lilly ist sieben und Lola 5. Er war ganze 16 Monate von uns getrennt.
Sein Tod brach mir das Herz, aber dank unserer unglaublichen Töchter, die ihm so sehr ähnlich sind, gab es einen Grund für mich weiter zu machen. Für sie musste ich mich zusammen reissen, für sie musste ich lernen ohne ihn zu leben.
Aber ich war nicht allein, ich hatte meine Familie und die meines Mannes, die mir auch weiterhin halt geben und dann waren da noch die 15 Überlebenden des Dorfes Kenyata und natürlich auch Pater Antonio. Mit ihnen stehe ich auch weiterhin in engem Briefkontakt.
Lilly und Lola wollen auf jedenfall Pater Antonio in Nairobi besuchen, sie wollen das Land sehen, in dem ihr Vater zu letzt war und sie wollen die 15 Kinder kennenlernen, die ihr Papa getrettet hat.
Wir sind unendlich stolz auf ihn, aber er fehlt, überall und jeden Tag. Doch der Schmerz lässt mit der Zeit nach, aber die Wunde des Verlustes wird ewig da sein.
Linda John

diese Geschichte ist frei erfunden


Impressum

Tag der Veröffentlichung: 09.08.2011

Alle Rechte vorbehalten

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