Der Coach klatschte in die Hände und verkündete damit das Ende des Trainings. Das Team versammelte sich in einem Kreis, sie hielten alle ihre Fäuste aneinander und schrien, nach dem ihr Pointgard bis drei gezählt hatte, „Phoenix“.
Manu lehnte sich an die kühle Wand der Tribüne und seufzte.
Die Spieler bewegten sich langsam auf den Ausgang der Halle zu, während einige noch damit beschäftigt waren die Basketballbälle einzusammeln, andere griffen nach ihrem Trinken und verschwanden einfach. Manus Blick blieb an Jans Rücken haften, welcher nun den Raum verließ.
15 Minuten. Er wusste es aus Erfahrung, eine viertel Stunde würde es dauern, bis Jan sich duschte, umzog und zurück in die Halle kam. Manu verspürte Freude und Panik gleichzeitig, sein Körper konnte sich einfach nicht entscheiden, was er fühlen sollte, während er am liebsten einfach nichts verspürt hätte, dann wäre das alles nämlich nicht so kompliziert.
Sie hatten sich seit mehr als einer Woche nicht mehr getroffen, Manus Training war letzte Woche komplett ausgefallen, da sie sich außerhalb der Halle nie trafen, gab es in dieser Woche also auch keine Treffen. Er hatte es Jan nicht gesagt, er wusste nicht, ob es ihn überhaupt interessiert hätte, dass sie sich für eine Woche nicht treffen konnten. Vielleicht würde Jan heute gar nicht erst hinter die Tribüne kommen? Oder hatte er bemerkt, dass Manu heute wieder da war? Oder dachte er, Manu wollte nicht mehr, dass die Treffen hier stattfanden? Das Training der gesamten Ravens war ausgefallen, das musste Jan doch irgendwo gehört haben.
Jan konnte nicht wütend auf Manu sein, weil er ihm das nicht gesagt hatte, sie waren sich gegenüber des anderen in keinster Weise verpflichtet. Diese Sache, die zwischen ihnen beiden ablief, konnte man nun wirklich nicht Beziehung oder Affäre nennen. Sie trafen sich jedes Mal, nach Jans Training, hinter der Tribüne um zu knutschen oder etwas herumzumachen, viel weiter waren sie eigentlich nie gegangen. Außerhalb der Halle trafen sie sich nicht, sie hatten nicht mal Kontakt oder die Telefonnummer des anderen.
Manu hatte noch nie eine richtige Beziehung gehabt, er wusste nicht, ob er so etwas konnte oder überhaupt wollte. Jan wollte offensichtlich keine oder jedenfalls nicht mit Manu, sonst hätte er ihn wenigstens nach seiner Nummer gefragt oder etwa nicht?
Sein Blick fiel auf die große digitale Uhr über dem Basketballkorb, noch fünf Minuten. Während Manu nervös, immer noch hinter der Tribüne versteckt, auf und ab lief, dachte er daran, wie sich das alles überhaupt so entwickeln hatte können.
***
Es war vor ungefähr einem halben Jahr, als die Pheonix begannen, in der Halle der Ravens zu trainieren. Die Pheonix waren das Basketballteam aus dem Nachbarbezirk, ihre Halle wurde wegen Sparmaßnahmen der Stadt gesperrt und so mussten sie beim Feind trainieren. Manu gehörte zu den Ravens, spielte erst seit drei Jahren, er hatte erst mit 14 begonnen, also ganz schön spät, aber er versuchte sein Manko aufzuholen.
Jedenfalls sahen die Jungs der Ravens und Pheonix sich nicht, auch wenn sie die gleiche Halle benutzen. Die Pheonix trainierten immer erst, wenn die Ravens ihr Training schon beendet hatten.
Eines Tages jedoch, hatte Manu seine Trinkflasche hinter der Tribüne vergessen. Als Straffe dafür, dass sie sich zu wenig konzentriert hatten, ließ ihr Coach sie das ganze restliche Training die Treppen der Tribüne rauf und runter sprinten, dabei hatte er seine Falsche dort abgestellt und sie am Ende des Trainings dort vergessen. Erst als er sich schon geduscht und sich angezogen hatte, wollte er seine Tasche packen und bemerkte, dass er die Flasche dort gelassen hatte. Da er wusste, dass nun die Pheonix in der Halle trainierten, schlich er sich unauffällig in die Halle hinter die Tribüne, um diese zu holen. Als er die Flasche bereits hatte, steckte er seinen Kopf kurz neben der Tribüne hervor. Die Neugier hatte ihn gepackt, er wollte wissen, in wie fern sich das Aufwärmprogramm der Pheonix von dem ihren unterschied.
Der Coach der Pheonix war noch nicht da, deshalb warfen die Spieler Körbe oder übten verschiedenen Arten von Hand- und Richtungswechsel. Manu musterte jeden Spieler kurz, bis sein Blick auf einem hängen blieb.
Da stand er, auf der Dreierlinie und vollzog Jump Shots. Manus´ Blick verharrte auf ihm und er beobachtete ihn eine Zeit lang. Relativ groß, wahrscheinlich größer als er, leicht sichtbare Muskeln, wie sie eigentlich fast jeder Spieler hatte. Dunkelblondes bis hellbraunes Haar, welches etwas länger, und nach links frisiert war. Er hatte einen leichten Bartschatten, Manu mochte eigentlich keine Bärte, aber dieser Anblick ließ ihn daran zweifeln, denn dem Typen stand er wirklich. Hellblaue Augen blickten konzentriert dem Ball hinterher und schlossen sich, als der Ball danebenging.
Eigentlich war er nicht Manus Typ, wenn er genauer darüber nachdachte, hatte Manu keinen speziellen Typen, aber er konnte den Blick einfach nicht mehr von diesem Jungen abwenden.
Er konnte den Blick nicht von ihm lösen, auch nicht, als der Coach die Halle betrat und auch nicht, als sie mit dem eigentlichen Training anfingen. So kam es, dass Manu geschlagene zwei Stunden, hinter der Tribüne versteckt, den Jungen musterte und seinen Gegnern beim Training zusah.
Er dachte nicht darüber nach, warum er sich beim nächsten Training wieder dort versteckte und den Jungen wieder beobachtete. Jan, so hieß der Typ, er hatte gehört, wie einer seiner Teamkollegen ihn so gerufen hatte. Manu wusste, dass dies schon so wirkte, als würde er zum Stalker mutieren. Er versuchte sich selbst einzureden, dass er sie nur beobachtete, um die Taktigen der Gegner zu kennen, aber ehrlich gesagt, merkte er sich diese gar nicht, er war zu sehr von Jan fasziniert, um sich auf diese zu konzentrieren.
So kam es, dass er die nächste Woche ebenfalls, nach beiden Trainingseinheiten, dort hinter der Tribüne stand und ihn beobachtete.
So auch an dem Tag, an dem sich alles veränderte. Es war das vierte Mal, dass Manu schon dort stand und lauerte, er redete sich immer wieder ein, dass es wirklich das letzte Mal sein würde, dass er dort war, dabei glaubte er es sich selber nicht. Das Training der Ravens war vorbei und alle Spieler, bis auf Jan, verließen die Halle. Manu fand dies nicht merkwürdig, Jan blieb öfter länger als die anderen, um noch etwas alleine zu üben oder seine Wurftechnik zu verbessern. Der Wurf ging daneben und Jan kniff seine Augen zusammen, wie er es immer tat wenn er nicht traf. Plötzlich aber blickte er in Manus Richtung, Manu zuckte sofort zurück, lehnte sich an die kühle Mauer der Tribüne. Es war still in der ganzen Halle, Manu bildete sich ein, dass sein Atem unglaublich laut sei. Er schloss die Augen, hielt die Luft an und bettete, dass Jan ihn nicht bemerkte und auch nicht auf ihn zukam. Sein Herz raste, ihm wurde schwindelig, er würde gerade überall lieber sein, als hier.
Manu hörte Schritte, ihm wurde immer schlechter, Jan würde auf ihn zu kommen, gleich würde er da sein, doch dann hört er, wie Jan anfing, mit dem Ball zu dribbeln und atmete erleichtert aus. Er hatte ihn nicht bemerkt sondern übte jetzt weiter.
Manu seufzte und öffnete die Augen, das war wirklich knapp, er durfte ihn nicht mehr beobachten, irgendwann würde das schief gehen.
Manu schreckte zusammen, als plötzlich ein Basketball hinter die Tribüne rollte. Bevor er verschwinden konnte, hörte er bereits Jans Stimme:
„Hey, kannst du mir den Ball zu werfen?“.
Wie versteinert verharrte Manu, wie hoch war die Chance, dass Jan jemand anderen meinte?
„Boah, jetzt tu nicht so, ich weiß genau, dass du hinter der Tribüne bist“.
Manu atmete einmal tief ein und aus, mit wackligen Beinen und einem unangenehmen Knoten im Bauch, griff er nach dem Ball und trat unsicher aus seinem Versteck hervor.
Jan stand in der Nähe des Korbes und blickte ihn abwartend an. Er trug das Trikot der Ravens, welches in den Farben Schwarz und Blau gehalten war.
Er gab sich einen Ruck und gab Jan einen gezielten Brustpass, welchen Jan genau vor seinem Gesicht auffing. Anstatt aber weiter zu üben, blieb dieser mit dem Ball in der Hand stehen und blickte Manu weiterhin abwartend an. Was wollte er von ihm? Wollte er, dass er ging?
Samt Ball kam Jan auf ihn zu und blieb dann vor ihm stehen.
„Wieso beobachtest du uns eigentlich?“.
„Ich beobachte euch nicht“, wiedersprach Manu, er wusste selbst nicht woher er die Kraft dazu nahm, ihm zu antworten und ihn dann auch noch anzulügen.
„Natürlich tust du das, du bist seit gut zwei Wochen bei jedem Training hinter der Tribüne. Die anderen haben es zwar nicht gemerkt, aber ich schon. Willst du mit Basketball anfangen, traust dich aber nicht, dich anzumelden? Oder was soll das?“.
„Ich spiele schon seit drei Jahren“, klang Manus Stimme unsicher? Er wusste es nicht, er freute sich, dass er überhaupt etwas raus bekam.
„Aha… Dann bist du also ein Raven?“.
Manu nickte langsam als Bestätigung.
„Hm… Und wieso schaust du dann zu?“.
„Ich… Ich wollte nur sehen, wie euer Training so ist“.
„Willst du etwa wechseln?“, Jan zog verwundert die Augenbrauen nach oben.
„Nein“, kam es instinktiv von ihm, bevor er überhaupt darüber nachdenken konnte. Er würde nie wechseln, er mochte sein Team und er mochte seinen Trainer.
„So, dann musst du mir aber erklären, wieso du mich dann so genau beobachtest“.
Nervös blickte Manu ihn an, was sollte er bitte antworten? Würde Jan gehen und ihn stehen lassen, wenn er nichts antwortete? Oder sollte Manu einfach gehen? Nein, irgendetwas musste er sagen, wenn er nur seinen verdammten Mund aufbekommen würde.
„Dein Handgelenk“, Manu ohrfeigte sich innerlich, wieso platze ihm das auf einmal heraus?
„Was?“, er wurde verwirrt angeblickt.
„Beim Werfen, du hast zu wenig Drall, du musst dein Handgelenk kräftiger einsetzten, dann triffst du auch“, erklärte er ihm.
„Mein Handgelenk? Ich spiele schon länger, solche Anfängerfehler mache ich nicht“.
„Ja, erst nach einer Zeit, wenn du schon länger spielst und müde bist, dann vernachlässigst du beim Werfen dein Handgelenk und triffst deswegen nicht“.
Fragend zog er seine Augenbrauen zusammen und blickte auf den Ball in seiner Hand. Während er dribbelte ging er wieder auf die Dreierlinie und vollzog dann dort erneut einen Jump Shot, welcher diesmal auch reinging.
Verwundert blickte Jan ihn an:
„Okay, du hast Recht, das beantwortet aber lange nicht meine Frage. Ich habe dich bemerkt, ich spüre ganz genau deine Blicke auf mir, du siehst nur mich an, nicht die anderen Spieler. Wieso machst du so etwas? Gefalle ich dir? Bist du so einer?“.
Während er gesprochen hatte, war er Manu immer näher gekommen, bis er direkt vor ihm stehen geblieben war. Meinte er mit ‚so einer‘ schwul? Wollte Jan das von ihm wissen?
Es kostete ihn schon eine Menge an Mut und Kraft überhaupt vor Jan stehen zu bleiben, er hätte genauso gut aus der Halle rennen oder umkippen können. Aber zum Antworten hatte er nun wirklich nicht genug Kraft, das konnte keiner von ihm erwarten.
„Keine Antwort ist auch eine Antwort, weißt du?“, die hellblauen Augen musterten ihn von oben bis unten.
Schlagartig fühlte Manu sich um noch ein Stück unwohler in seiner Haut, er war nun wirklich nichts besonderes, an ihm gab es nichts zu sehen. Er war durchschnittlich groß, etwas kleiner als Jan, hatte flache Muskeln, die man nur sehen konnte, wenn man genau hinblickte, blasse Haut, mittelange braune Haare, die nie so standen, wie sie sollten und als Abrundung dunkelgrüne Augen. Alles in einem nichts Besonderes, wieso blickte Jan ihn also so genau an? Dumme Frage, vielleicht weil er wusste, dass Manu schwul war und ihn beobachtete?
„Hm… Wollen wir eins gegen eins spielen?“.
Manu wollte gar nicht wissen, was für einen dummen Gesichtsausdruck er gerade hatte. Wieso wollte Jan plötzlich gegen ihn spielen? Oder hatte er sich diese Frage nur eingebildet?
„Musst du nicht langsam nach Hause?“, fragte er dümmlich nach und hasste sich im nächsten Moment dafür.
„Könnte ich dich auch fragen, ist dein Training nicht seit über zwei Stunden vorbei?“, Jan grinste ihn an. Wieso verdammt nochmal grinste er? Bildete Manu sich das alles nur ein? Oder Träumte er etwa? Nein, der Anfang des Tages war doch so normal verlaufen, das konnte kein Traum sein.
„Hier, der Verlierer kriegt den Ball“, Jan holte den Ball und passte ihn Manu zu.
„Fangen wir von der Mittellinie an, du spielst offense, jeder spielt in seinen eigenen Korb?“, Jan stellte sich bereits in der defense Stellung auf.
„Ähm… Na gut“, Manu war gerade unglaublich dankbar dafür, dass er nach dem Duschen keine Jeans sondern eine Jogginghose angezogen hatte.
Er ging auf Jan zu und versuchte dessen plötzliche Nähe auszublenden und sich auf das Spiel zu konzentrieren, er musste sich jetzt anstrengen, er durfte nicht schlecht spielen.
„Das war echt gut, schön das Training so ausklingen zu lassen. Willst du auch?“, Jan reichte ihm seine Wasserflasche doch Manu schüttelte bloß den Kopf. Er war zwar fertig und durstig, aber er wollte nicht so schwach erscheinen. Er hatte sich wirklich bemüht und war eigentlich ganz zufrieden mit sich. Während des Spiels hatten sie sich beim Decken nebensächlich berührt, doch Manu hatte es trotzdem geschafft, sich halbwegs zu konzentrieren.
„Machen wir das beim Nächsten Mal wieder?“.
Manu zuckte als Antwort bloß mit den Schultern.
„Ach komm schon, ich will dir doch eine Chance auf Revanche geben!“, Manu hatte ganz knapp bei ihrem eins gegen eins Spiel verloren, sich aber trotzdem gut geschlagen, wenn man bedachte, wie gut Jan spielte und was für eine Ablenkung er doch war.
„Wie heißt du überhaupt?“, fragte er nun nach.
„Manu“.
„Oh… Manu, also was sagst du? Mittwoch nach dem Training wieder hier?“.
„Vielleicht“, er wollte aber gleichzeitig wollte er nicht. Es war ihm einfach peinlich, aber er wollte auch wieder in seiner Nähe sein. Er wusste nicht, ob er kommen würde, vielleicht würde er Jan nie wieder beobachten. Wieso wollte er überhaupt mit ihm spielen? Mit seinem vermeintlichen Stalker? Darüber würde er noch viel nachdenken, er sah sich jetzt schon, wie er sich nachts im Bett hin und her wälzen würde, weil er zu viel nachdachte.
„Das nehme ich als Ja. Also bis dann“, Jan winkte ihm zu, verschwand aus der Halle und ließ einen verwirrten Manu zurück.
Trotz des vielen Nachdenkens, der schlaflosen Nächte und der großen Unruhe die ihn plagte, war es wohl schon denkbar gewesen, dass er kommen würde. Durch seine Nervosität hatte er bei seinem Training eine Menge Fehler gemacht, dem Coach sagte er, dass es einfach nicht sein Tag war. Erneut versteckte er sich hinter der Tribüne und beobachtete die Ravens. Bis heute wusste er nicht, ob er sich eingebildet hatte oder ob Jan wirklich immer wieder in seine Richtung gelächelt hatte.
Sofort nachdem der letzte Raven die Halle verließ, machten sie sich ohne große Worte wieder an ihr eins gegen eins Spiel. Dieses Mal gewann tatsächlich Manu, auch wenn es wieder nur knapp war. Dieses Arrangement hielten sie einige Wochen lang bei. Stück für Stück verlor Manu seine Nervosität vor Jan und freute sich immer mehr auf ihr Spiel, traute sich auch immer offener mit ihm zu reden. Seinen Eltern sagte er, dass sein Training länger dauern würde, oder dass er sich gleich nach dem Training mit Freunden traf.
So freundeten sie sich immer mehr an, bis zu diesem Tag, an dem Jan ihr ganzes Verhältnis mit einem Schlag änderte. Wie immer hatte Manu sich hinter der Tribüne versteckt und den Ravens beim Training zu gesehen. Der Coach schien ziemlich wütend auf die Mannschaft zu sein, denn das ganze Training verlief brutal und war mehr als anstrengend. Kaum dass es zu Ende war, verschwanden die meisten auch schon aus der Halle. Nur Jan blieb, der sich erschöpft auf der Tribüne niederließ und mit einem Zug die Reste aus seiner Wasserflasche trank. Plötzlich ging das Licht aus, der Coach hatte es wohl abgedreht. Manu brauchte einen Augenblick, bis er sich in der Dunkelheit orientieren konnte. Durch die Glastüren und der leicht transparenten Decke, kam doch genug Licht in die Halle, um wenigstens etwas sehen zu können.
Zögernd kam Manu hervor und setzte sich neben Jan hin.
„Tut mir leid, heute bin ich wirklich zu fertig, um jetzt noch gegen dich zu spielen“, erklärte Jan und starrte seine leere Falsche an.
Wortlos holte Manu seine eigene Wasserflasche hervor und reichte sie Jan, welcher ihn dankbar ansah und nun auch aus dieser trank. Manu wusste nicht recht ob er gehen oder bleiben sollte. Immerhin hatte Jan ja gesagt, dass sie heute nicht spielen würden, dies wunderte ihn auch nicht wirklich, denn er hatte ja gesehen, wie anstrengend sein Training war. War das seine Art ihm zu sagen, dass er gehen sollte? Was sollten sie denn machen, wenn sie nicht spielten? Weiterhin verunsichert beschloss er einfach sitzen zu bleiben und abzuwarten.
Eine Weile lang saßen sie schweigend nebeneinander, Manu wollte Jan verschnaufen lassen und wusste auch nicht recht, was er sagen sollte.
Manu lauschte dem Klang des Regens. Durch die ganze Halle konnte man den Klang der Regentropfen wiederhallen hören, welche auf die Decke der Halle einhämmerten. Manu fand das Geräusch mehr als angenehm, es war nicht zu laut und auch nicht zu leise. Er lauschte generell gerne dem Regen. Immer wenn es regnete ließ er sein Fenster offen und hörte den Tropfen zu, es hatte einfach etwas beruhigendes, er wusste nicht warum es so auf ihn wirkte.
„Willst du gar nicht wissen, warum das Training heute so brutal ausgefallen ist?“, durchbrach Jan nach einer Weile die Stille.
„Warum denn?“, fragte Manu nach, er hätte vorhin fragen können, aber er hatte nicht gewusst, ob dies unangenehm für Jan wäre.
„Hast du mitbekommen, dass wir am Samstag ein Match hatten?“, fragte Jan nach.
Als Antwort schüttelte Manu den Kopf:
„Nein, habt ihr verloren?“.
„Das ist nicht das Problem, wir haben schon gewonnen, aber gerade mal mit zwei Punkten. Wir haben einfach lausige Fehler gemacht, die wir uns eigentlich nicht mehr erlauben dürfen“.
„Oh... Okay, deshalb war euer Coach also so wütend“.
„Mhm... Aber nicht nur er. Das ganze Team ist wütend. Und ich auch, ich hab so einen blöden Fehler im dritten Viertel gemacht“.
„Hm... Das ist vielleicht scheiße, aber gewonnen ist gewonnen. Und ihr könnt diese Fehler ja im nächsten Spiel ausbessern, solange ihr wisst, warum sie falsch waren. Wenigstens wisst ihr, was ihr zu verbessern habt“.
„Kann schon sein, trotzdem ist es ein scheiß Gefühl“.
„Weißt du, was unser Coach immer sagt? Nutze das scheiß Gefühl und schöpfe Ehrgeiz daraus“.
Jan reichte ihm seine, nun ebenfalls leere, Flasche wieder, dabei berührten sich ihre Hände und beide hielten in der Berührung kurz inne.
„Das sollten wir wirklich machen“, meinte Jan leise und räusperte sich anschließend.
„Freu dich, der erste Ratschlag von mir ist noch umsonst“, witzelte Manu und löste schnell ihre Berührung.
Was war das gewesen? Hatte Jan ihn wirklich viel länger berührt, als es nötig war oder war dies bloß eine Wunschvorstellung? Erst jetzt wurde Manu bewusst, was für einen unnötigen Satz er gerade gesagt hatte. Der erste Ratschlag ist noch umsonst, wie war er bitte auf diesen Spruch gekommen? Gut, der Spruch war nicht gerade peinlich, aber gut oder witzig konnte man den schon gar nicht nennen.
„Unser Coach sagt immer, wir sollen uns gefälligst holen was wir wollen. Sei es der Sieg, der Ball oder sonst was“, erklärte Jan.
„Klingt nicht gerade poetisch aber etwas ist schon dran“.
Erneut breitete sich Stille zwischen den beiden aus, wobei Manu immer wieder die unangenehmen Blicke von Jan auf sich spürte. Wieso starrte dieser ihn so gespannt an? Augenblicklich wurde Manu heiß. Sein Herz raste und er hörte das Blut in seinen Ohren rauschen. In diesem Moment hasste er seinen Körper mehr denn je, wieso musste er bloß wegen Blicke so in Panik ausbrechen? Wie sollte ein normaler Mensch in so einen Zustand auch nur zu einem Gedanken fähig sein?
Langsam, so langsam, dass Manu zuerst dachte, er würde es sich einbilden, lehnte sich Jan Stück für Stück näher und musterte weiterhin gespannt sein Gesicht. Manu versuchte seinem Blick auszuweichen, war mit diesem Vorhaben aber nicht erfolgreich.
„Weist du, was ich schon seit Wochen machen will?“, hörte er ihn leise fragen.
Unbewusst hielt Manu seinen Atem an, wieso kam er ihm so nahe um ihn diese Frage zu stellen?
„Keine Ahnung, endlich mal ein Match gewinnen?“, riet er darauf los.
Ein Grinsen breitete sich auf Jans Gesicht aus, als nächstes spürte er ein Pochen auf seiner Schulter, er hatte Manu leicht geschlagen.
„Jetzt werd´ nicht frech, wir spielen immer noch besser als ihr“.
„Das glaubst auch nur du“, murrte Manu.
„Egal, komm rate weiter“.
Manu zuckte mit den Schultern:
„Ich habe keinen Schimmer“.
„Dann sollte ich dir wohl einen Tipp geben oder?“, erneut blickte Jan ihm tief in die Augen.
Manu war hin- und hergerissen. Am liebsten wollte er aufspringen und sich aus der Nähe von Jan befreien, weil er in dessen Anwesenheit einfach nicht denken konnte. Er hatte eine leichte Vorahnung, was Jan damit meinen könnte, aber vielleicht war es wieder mal nur Wunschdenken? Aber warum sonst sollte er ihn so anschauen? Und sich ihm so nähern? Was wollte er? Vielleicht war es auch nur eine Falle? Was sollte das alles?
Sofort stoppten seine Gedanken, als Jan plötzlich seine Lippen auf seine presste. Manus Hirn verabschiedete sich in den Stand-by Modus und er konnte erneut das Blut in seinen Ohren rauschen hören, so laut, dass er nicht einmal mehr den Regen hören konnte. Manu vernahm jede Kleinigkeit von Jan. Er konnte seinen Duft riechen, welcher eine Mischung aus seinem Deodorant, seinem Duschgel und seinem Schampon und durch und durch einfach Jan war. Er fühlte die Wärme, die sein Körper ausstrahlte, spürte den Kontrast zwischen seinen rauen Bartstoppeln und den weichen Lippen, welche auf seinen lagen.
Es war ein unbeholfener viel zu kurzer Kuss und doch reichte er aus, um Manus Körper verrücktspielen zu lassen. Augenblicklich spürte er wie sich ein Kribbeln unaufhaltbar in seinem Bauch ausbreitete. Seine Hände begannen zu schwitzen und zu zittern, verrieten mal wieder, wie aufgeregt er war.
Langsam löste Jan sich von ihm und betrachtete ihn abwartend. Dachte er, dass Manu jetzt wütend oder angeekelt sein würde? Wartete er deshalb seine Reaktion ab? War er verunsichert? Genau wie er selbst?
„Also… Ich finde das können wir noch viel besser hinkriegen“, murrte Manu leise, packte Jans Kopf mit seinen Händen und zog ihn erneut zu sich heran.
Erneut fanden sich ihre Lippen, dieser Kuss wurde viel sicherer und besser. Kein Zögern mehr, denn beide Jungs wussten ja, dass der andere es ebenfalls wollte. Manu vergrub seine, immer noch zitternden, Hände in Jans Haaren, welche noch leicht feucht waren. Es war ihm egal, dass Jan noch immer verschwitzt von Training war, er wollte einfach nur weiterhin seine Nähe spüren und ihn küssen.
***
„Hey, hab dich letzte Woche vermisst“.
Mit diesen Worten riss Jan Manu aus seinen Überlegungen und holte ihn wieder zurück in das hier und jetzt. Jan kam zu ihm hinter die Tribüne und blieb direkt neben ihm stehen.
„Unser Training ist ausgefallen“.
„Mhm, das habe ich früher oder später mitbekommen. Du hättest es mir ruhig früher sagen können“.
„Tja, jetzt weißt du es ja“.
Es hatte Jan also doch gestört, dass er nicht da war. Irgendwie tat es gut, zu wissen, dass er ihm doch nicht ganz egal war. Immerhin waren sie ja nicht zusammen, da hätte es ihm genauso gut gar nicht interessieren können.
Stürmisch trafen Jans Lippen auf seine, augenblicklich schlang er seine Arme um seinen Nacken und erwiderte den drängenden Kuss. Wie hatte er nur eine Woche ohne dieses Gefühl aushalten können? Eng pressten sie sich aneinander, küssten sich immer wilder und streichelten sich gegenseitig. Nach einer Zeit drängte Manu ihn in Richtung der Matten. Hinter der Tribüne waren viele Sportgeräte verstaut, so auch die Sportmatte die sich zwischen dem Baren und einem Springbock befanden. Auf diesen lagen sie öfter, wenn sie rummachten.
Mit einem Ruck landete Jan auf dem Rücken und Manu auf ihm. Langsam, ohne ihre Küsse zu unterbrechen, ließ Manu seine Hand unter sein T-Shirt sinken und schob es Stück für Stück hoch. Plötzlich löste Jan sich von ihm und hielt seine Hand fest.
„Was ist denn?“, fragte er schnaufend nach, er wollte ihn endlich wieder Haut an Haut fühlen, sehnte sich so sehr nach dieser Nähe.
„Mir ist nur eingefallen, dass ich dich etwas fragen wollte“, Jan atmete ebenfalls etwas schwer.
„Meine Eltern vereisen über das Wochenende und ich konnte sie dazu überreden ohne mich zu fahren… Willst du vielleicht am Samstag bei mir übernachten?“.
Verwundert blickte Manu ihn an, diese Frage kam ziemlich unerwartet, wenn man bedachte, dass sie sich noch nie außerhalb der Halle getroffen hatten. Wollte er das?
Seufzend rollte er sich von Jan runter und legte sich neben ihm auf den Rücken. Sollte er ja sagen? Es war ziemlich klar, dass sie miteinander schlafen würden, wenn er bei Jan übernachten würde. Und es war auch klar, wer welchen Part dabei übernehmen würde. Jan war schon immer der dominantere von ihnen beiden gewesen. Dies waren einfach unausgesprochene Fakten. Aber war er dazu bereit? Er wusste es nicht, leichte Panik stieg in ihm auf.
„Du musst nicht zusagen, es ist bloß eine Idee. Ich weiß, wir haben uns noch nie richtig getroffen, außer hier… Ich dachte nur-“.
„Okay, aber dafür will ich auch etwas von dir haben“, Manu wusste nicht, woher seine plötzliche Entschlossenheit kam, aber sie war einfach da.
Und jetzt, wo er zugestimmt hatte, war sie auch schon so schnell wieder weg, wie sie gekommen war und er verfluchte sich selbst für diesen Entschluss. Er wollte es, aber irgendwie wollte er es auch nicht. Aber absagen konnte er nicht, denn dafür würde es sich wohl noch mehr hassen. Egal wie er sich entschied, es war so oder so eine blöde Entscheidung.
„Was denn?“, Jan blickte ihn überrascht an.
„Ich will deine Telefonnummer“, erklärte Manu und war sich sicher, dass er dabei nur halb so unsicher klang, wie er es wirklich war.
„Okay, Deal. Wir hätten sowieso schon längst Nummern tauschen sollen“, stimmte Jan zu.
Nachdenklich starrte Manu an die Decke der Tribüne, an der man die einzelnen Stufen erkennen konnte. Was sollte das alles? Jan wollte, dass er bei ihm übernachtete, er hatte ihn vermisst und er fand, dass sie schon längst Nummern getauscht hätten sollen. Hatte das alles etwas zu bedeuten? War er Jan wichtig, in irgendeiner Weise?
Warum trafen sie sich überhaupt Woche für Woche hinter der Tribüne? Sie hatten noch nie etwas deswegen abgesprochen, es war einfach so. Sollte er ihn fragen? Wie sollte er das bitte machen? Sollte er einfach sagen:
Jan, wieso treffen wir uns eigentlich immer, um zu knutschen? Magst du mich oder findest du es einfach nur gut?
Wie verzweifelte würde das klingen? Immerhin wusste Manu noch nicht mal selbst, warum er jede Woche auf ihn wartete. Wie konnte er dann von Jan erwarten, dass er ihm eine Antwort geben konnte?
„Hey, wie gesagt, du musst nicht kommen, wenn du nicht willst“, riss Jan ihn erneut aus seinen Gedanken.
Hatte er bemerkt, dass Manu sich verrückt machte? Natürlich hatte er es bemerkt, immerhin hatte er sein guten fünf Minuten nichts mehr gesagt und nur an die Decke gestarrt.
„Doch, ich komm gerne“, versicherte er.
Egal wie unsicher er sich wegen der ganzen Sache war, diesmal log er nicht. Er war immerhin wirklich gerne in Jans Nähe und freute sich, über dessen Einladung. Nur in allem anderen war er sich noch mehr als etwas unsicher.
Der Regen hatte aufgehört, doch die Luft war weiterhin feucht und kühl als Manu die Halle verließ. Es war ziemlich angenehm von der stickigen heißen Luft, welche in der Halle lag, in die kühle frische Luft zu wechseln. Sie hatten noch eine Weile rumgelegen und sich geküsst und gestreichelt. So wie sie es immer taten. Doch jetzt, wo Manu die Halle verlassen hatte und er nicht mehr in Jans Nähe war, begann er wieder Panik zu schieben. Wieso hatte er nur zugestimmt? Okay, Manu musste zugeben, er stellte sich die Vorstellung mit Jan zu schlafen ziemlich erregend und schön vor, aber die Praxis war da doch etwas anders. Er hatte schon so viele Horrorgeschichten darüber gehört, dass das erste Mal besonders weh tat.
Außerdem wusste er nicht, ob er diesen Schritt wirklich mit Jan gehen sollte. Er gab es schon zu, er hörte sich an wie ein Mädchen, aber sollte er das nicht mit jemandem wagen, den er auch liebte? Oder mit dem er wenigstens zusammen war?
Er mochte Jan, das auf jeden Fall, aber war er auch in ihn verliebt? Und selbst wenn, woher sollte er wissen, dass Jan auch in ihn verliebt war? Aber mögen musste er Manu schon oder? Immerhin trafen sie sich so oft, waren liebevoll zu einander und.... Jetzt sollte er bei ihm übernachten. Empfand Jan nur rein körperlich etwas für ihn? Oder mochte er auch ihn selbst als Menschen? Vielleicht beides?
Entnervt stieß Manu die Luft aus seiner Lunge aus. Er war 17 Jahre alt und noch immer eine Jungfrau. Dies war wirklich eine Schande, die meisten Jungs aus seiner Klasse waren schon längst keine mehr. Aber dies gestaltete sich für ihn ziemlich schwer, immerhin wusste keiner, dass er schwul war. Es war nicht so, dass er es verheimlichte, es gab bloß keinen Grund dies den anderen mitzuteilen. Das ging keinen etwas an. Würde er einen Freund haben, würde er dies offen zugeben und sich niemals verstecken. Aber da er keinen hatte, musste er sich auch nicht outen.
Jedenfalls noch nicht in der Schule, seine Eltern und einige Freunde wussten es. Er machte kein Geheimnis daraus. Wenn es nötig war, gab er es zu, aber rumschreien würde er es auch nicht. Heteros schrien doch auch nicht rum, dass sie hetero waren oder?
Aber das war eine ganz andere Geschichte. Fakt war, es war ziemlich schwer in seiner Lage, an einen Freund zu gelangen. Doch sollte er nur deshalb mit Jan schlafen? Würde er es nicht bereuen, nicht auf jemanden gewartet zu haben, mit dem er auch eine Beziehung führte?
Und da war sie wieder, diese verdammte Frage: Würde er gerne eine Beziehung mit Jan führen? Wie würde so eine Beziehung überhaupt aussehen? Und selbst wenn er eine wollen würde, wäre Jan der gleichen Meinung?
Aber wenn er mehr von ihm wollen würde, hätten sie doch schon sicher mehr miteinander unternommen, als sich zwei Mal in der Woche hinter der Tribüne zu treffen und rumzumachen oder?
Aber wenn er es sich recht überlegte, hatte Jan ihn jetzt eingeladen, also wollte er vielleicht mehr? Wollte er bloß Sex oder wollte er ihn auch anderweitig besser kennen lernen? Wenn er so darüber nachdachte... Sie hatten bei ihren Treffen nicht nur rumgemacht oder gegeneinander gespielt, sie hatten auch oft nur geredet und sich Sachen erzählt.
„Das habe ich noch nie jemandem gesagt. Ich erzähle dir nicht alles, aber ich weiß, dass ich dir alles sagen könnte. Das zu wissen ist ein gutes Gefühl“.
Das hatte Jan irgendwann mal zu ihm gesagt, als sie über peinliche Geschichten redeten. Daraufhin hatte Manu ihn nur verwundert angeschaut und nichts geantwortet. Was sollte man auf so etwas schon antworten? Egal was er gesagt hätte, es hätte den Moment zerstört. Es wäre sowieso egal gewesen, denn bevor Manu auch nur die Chance hatte zu antworten, verschloss Jan einfach seinen Mund mit seinen eigenen Lippen.
Weder danach noch davor hatte er so etwas Ähnliches zu ihm gesagt, das war das einzige Mal und trotzdem dachte Manu öfter an diese Worte. Es stimmte schon, sie erzählten sich vieles. Seltsam war, dass Manu erst jetzt realisierte, was sie sich eigentlich alles erzählten. Immerhin konnten beide sicher gehen, dass der andere es nicht weitersagen würde, denn es wusste ja keiner, dass sie sich kannten.
Also schön, sie vertrauten einander, bis zu einem gewissen Grad jedenfalls, und sie mochten sich immerhin genug, um sich mehrmals in der Woche heimlich zu treffen. Manu dachte an ihn, ziemlich oft und er träumte auch von ihm. Das waren oft feuchte aber auch emotionale Träume. Er freute sich immer mehr auf ihre Treffen und beobachtete Jan gerne bei seinem Training. Er beobachtete ihn generell gerne, weil er in seinen Augen einfach verdammt gut aussah. Das alles war schön und gut, aber was hieß das alles? War er in Jan verliebt?
Manu war so lange in Gedanken versunken, dass er zuerst gar nicht bemerkte, dass er bereits zu Hause angekommen war. Erschöpft holte er seinen Schlüssel hervor und freute sich schon auf sein bequemes Bett.
Er würde seine Eltern erst morgen fragen, ob er am Wochenende bei einem Freund übernachten dürfe. Er würde behaupten, dass er bei seinem neuen Teamkollegen überachten würde, welcher erst seit zwei Wochen bei ihrem Training mitmachte. Hoffentlich würden sie ihm das glauben und auch erlauben. Beim ihrem nächsten Treffen würde er dann Jan Bescheid geben, was Sache war.
Rein theoretisch könnte er Jan ja auch anlügen und behaupten, er müsste dieses Wochenende mit seinen Eltern weg, aber... Egal wie viel Panik und Angst er auch hatte, irgendwie freute er sich auf ein Wochenende mit Jan. Er konnte es nicht einfach absagen, auch wenn ein Teil von ihm es sich wünschte.
Müde ließ er sich in sein Bett fallen und schloss die Augen. Natürlich, welch ein Wunder, sah er wieder Jan vor sich. Seufzend öffnete er seine Augen wieder, doch er wollte nicht verschwinden.
In diesem Moment fasste er einen Entschluss, an welchen er sich auch halten würde. Ab jetzt würde er nicht mehr darüber nachdenken, was er für ihn empfand und was er von ihm wollte. Manu würde diese Gedanken verdrängen und das Wochenende einfach auf sich zukommen lassen. Er würde bei Jan übernachten und wenn es so kommen würde, auch mit ihm schlafen. Und wenn er sich im letzten Moment um entschied, konnte er ja noch immer nein sagen. Jan würde ihn sicher nicht zwingen, darin war er sich sicher.
Erneut schloss er die Augen und versuchte nun zu schlafen.
Hey. Ich habe dir ganz vergessen zu sagen, dass wir am Freitag ein Match haben, deshalb fällt mein Training aus. Weißt du schon, ob du am Wochenende kannst?
Manu las diese Zeilen immer wieder und wieder. Jan hatte also ein Match, super. Das hieß sie würden sich schon wieder nicht sehen. Naja, aber dafür hatten sie ein ganzes Wochenende zusammen, denn seine Eltern hatten ihm das mit dem neuen Teamkollegen abgekauft. Manu wollte Jan eigentlich bei ihrem Treffen Bescheid geben, aber dies hatte sich ja gerade erledigt.
Gelangweilt sah er an die Tafel. Der Lehrer schmierte gerade irgendwelche Zahlen an die darauf und erklärte dabei im Eiltempo, wie das alles errechnet werden musste und wie leicht und simpel das doch war. Selbst wenn Manu sich konzentrieren hätte können, er hätte wohl sowieso nichts verstanden.
In seinem Kopf arbeitete er gerade an einer guten Antwort. Er durfte nicht zu schnell antworten, denn das würde so wirken, als ob er die ganze Zeit auf eine Nachricht von Jan gewartet hatte. Zu spät aber auch nicht, dass würde so wirken, als ob ihm das ganze gar nicht interessieren würde. Musste das eigentlich alles so kompliziert sein? Wieso machte er sich darüber eigentlich Gedanken? Sollte das nicht gleichgültig sein?
Ihm erschien der Ausweg, Jan einfach zu sagen, dass er doch keine Zeit hatte, immer verführerischer je näher das Wochenende rückte. Aber würde keinen Rückziehen machen, das hatte er sich geschworen.
Okay. und ja, ich kann
Antwortete Manu simpel, nach dem er seines Ermessens nach genug Zeit abgewartet hatte. Prompt kam auch schon eine Antwort, Jan schien sich also keine Gedanken darüber zu machen, wie schnell er zurück schreiben durfte.
Super! Freu mich schon. Wann warst du eigentlich das letze Mal im Kino?
Da Jan sich mit der Antwort kaum Zeit gelassen hatte, antwortete Manu nun auch sofort:
Ist schon eine Weile her, wieso?
Naja, wenn du Lust hast könnten wir uns den neuen Horrorfilm anschauen, der soll angeblich gut sein.
Verwundert blickte Manu auf sein Handydisplay. Hatte Jan sich wirklich gemerkt, dass Manu Horrorfilme mochte oder war dies bloß ein Zufall?
Ähm klar, das wäre nicht schlecht.
Klasse, dann können wir uns ja am Samstag so gegen drei beim Streetballfeld treffen?
Okay, aber wieso am Streetballfeld?
Na damit wir um die Karten spielen können. Der Verlierer zahlt, also mit anderen Worten: du.
Sei dir da mal nicht so sicher!
:DD Wir werden ja sehen. Wir haben gerade Vertretung und schauen irgend so eine langweilige Komödie. Und was habt ihr?
Mathe, aber frag bloß nicht was wir gerade machen, denn ich verstehe kein Wort. Wie soll ich dann eigentlich zu dir kommen?
Es fahren mehrere Busse in die Stadt. Der erste gegen zwölf Uhr.
Okay, den nehm ich dann.
Kaum hatte Manu sich versehen, konnte er sein Handy nicht mehr weglegen, da er mehrere Stunden lang konstant mit Jan schrieb.
Martin, der in fast jeder Stunde neben ihm saß beäugte ihn deshalb etwas kritisch. In der fünften Stunde war er schließlich genervt genug davon, dass sein Freund geistig dauernd abwesend war und riss ihm sein Handy aus der Hand:
„Mit wem schreibst du da eigentlich die ganze Zeit?“.
Bevor Jan überhaupt antworten konnte, scrollte Martin auch schon die Nachrichten von ihm und Jan durch.
„Ist das DER Jan? Von den Pheonix´?“, fragte er ungläubig nach.
Manu antwortete mit einem simplen Nicken.
„Ich dachte ihr trefft euch nicht in der Öffentlichkeit? Und seit wann schreibt ihr bitte miteinander? Weis ich da etwas nicht?“, fragte er weiter und wendete seinen Blick wieder auf Manus Handy.
Außer Martin hatte er keinem von seinen Freunden von den Treffen mit Jan erzählt, wenn er also darüber reden wollte, konnte er das nur mit ihm. Aber wollte er überhaupt reden?
„Was meint er damit, ob du am Wochenende kannst?“, Martin war offensichtlich am Anfang ihres Gespräches angekommen.
„Er hat mich gefragt, ob ich Samstag bei ihm übernachten will“, erklärte er leise, darauf bedacht, dass kein anderer sie aus der Klasse hörte.
„Er will also...“, Martin beendete den Satz nicht und Manu nickte erneut.
„Aber ihr habt noch nie...“.
„Ja“.
„Also das erste Mal“, stellte Martin unnötigerweise fest.
„Mhm....“.
„Das scheint ja ganz schön ernst zu werden...“.
„Keine Ahnung, muss nicht sein, ich meine... Ich weiß nicht“,
„Wie du weißt nicht?“.
„Wir sind nicht wirklich zusammen oder so etwas in der Art“.
„Ja, mag schon sein. Aber ist es rein körperlich oder seid ihr auch befreundet? Willst du denn überhaupt mit ihm zusammen sein? Denn wenn nicht, ist es doch vollkommen in Ordnung, wenn eure Beziehung nur körperlich ist, solange ihr beide das wollt und wisst“.
„Das ist es ja, wir haben darüber noch nie wirklich geredet und ich weiß sowieso nicht, was genau ich von ihm will...Vielleicht sollte ich das Wochenende absagen, solange ich das nicht weiß oder was glaubst du?“.
„Also, du weißt nicht, was du von ihm willst, aber du fühlst dich wohl, wenn du bei ihm bist nicht?“.
Manu musste grinsen und konnte Martin nicht in die Augen schauen, als er zu gab:
„Ja schon“.
„Dann wäre es doch schade, das Wochenende abzusagen. Genieß´ die Zeit mit ihm einfach und... Wenn du mehr Zeit mit ihm verbringst, wird dir vielleicht ja auch klar, was du wirklich willst. Vielleicht hast du dich nach dem Wochenende schon entschieden“.
„Ja, vielleicht hast du Recht. Aber... Ich hab trotzdem leicht Panik vor, du weißt schon“.
„Bei Männern kann ich dir leider keine Tipps geben. Lass dich zu nichts überreden, was dir nicht gefällt, der Rest sollte sich von alleine regeln. Hat Jan denn schon Mal...?“.
„Ich weiß nicht...“.
„Junge, wie es aussieht, weißt du fast gar nichts. Aber du weißt schon, wie das bei zwei Jungs funktioniert?“, Martin grinste ihn an.
Manu schlug ihm gegen die Schulter:
„Arschloch“.
„Ja, genau“, stimmte Martin zwei deutig zu.
„Boah...“, Manu verdrehte genervt die Augen.
„Ach was, das wird schon“, er klopfte Manu aufmunternd auf die Schulter.
Nachdenklich blickte Manu aus dem Fenster des Busses. Er hatte zwei Plätze für sich selbst ergattert, kein Kunststück, denn im Bus saßen nicht gerade viele Gäste. Er hatte seinen Kopf an die Fensterscheibe gelehnt und beobachtete, wie er Meter für Meter Jans Stadt näher kam. Dieser würde ihm von der Bushaltestelle abholen, so hatten sie es besprochen.
Immer wieder fielen ihm die Augen zu, viel hatte er letzte Nacht nicht geschlafen, eigentlich kam es ihm so vor, als ob er gar nicht geschlafen hatte. Die ganze Zeit hatte er sich in seinem Bett hin und her gewälzt und sich tausend Fragen gestellt.
Musste er etwas besorgen, bevor er zu Jan reiste? Oder würde Jan das machen? Woher sollte er wissen, was sie genau brauchten? Kannte Jan sich genauer aus? Musste er sich irgendwo rasieren, wo er es sonst nie tat?
Irgendwann hatte Manu dann den Fehler begangen seinen Laptop anzuschalten und diese Fragen zu googlen. Spätestens zu dem Zeitpunkt konnte er den Schlaf ganz vergessen. Er stieß auf so viele Horrorgeschichten, welche sich um das erste Mal handelten, dass er bereits kurz davor gewesen war, Jan abzusagen.
Doch irgendwann hatte er tief durchgeatmet und seinen Laptop bei Seite gelegt. Es würde schon gut gehen, jedenfalls versuchte er sich das immer wieder einzureden. Trotzdem wollte der Schlaf sich nicht bei ihm einstellen. So lag er weiterhin wach und dachte nach. Er schlief erst ein, als es schon hell in seinem Zimmer war.
Jetzt, nach gefühlten 4 Stunden Schlaf und drei Kaffees, saß er hier im Bus und blickte alle zwei Sekunden auf sein Handy. Noch eine viertel Stunde, fünfzehn Minuten, und er würde bei der Haltestelle aussteigen, an der Jan auf ihn warten würde. Wie sollte er diesen begrüßen? Sie konnten sich in der Öffentlichkeit ja bloß wie Freunde verhalten. Umarmten Freunde sich, wenn sie sich trafen?
Am liebsten würde er bei der nächsten Haltestelle aussteigen und wieder umkehren. Er war so unsicher, wusste nicht, wie er sich Jan gegenüber verhalten sollte und machte sich seit Tagen deshalb verrückt. Manu hasste es einfach, so unsicher zu sein, er kam sich so dumm deswegen vor.
Manus Herz schlug wie verrückt, als der Bus der Haltestelle näherte, bei welcher er aussteigen musste. Es fühlte sich an, als würde sein ganzer Körper in Schweiß ausbrechen, so heiß war ihm einfach.
Ihm wurde immer heiß wenn er nervös war, aber so nervös war er bis jetzt nur einmal in seinem Leben gewesen. Bei einer Mathe Schularbeit bei der er einfach einen kompletten Blackout hatte. Doch dieses Szenario war nicht annähernd mit einer Mathe Arbeit zu vergleichen. Dagegen war die noch ein Witz gewesen.
Er nahm seine Kopfhörer raus und verstaute sie in den Taschen seiner Weste. Manu trug einen Jogginganzug, den offiziellen Jogginganzug der Ravens Spieler um genau zu sein. Sie war in den Farben blau schwarz gehalten und auf seinem Rücken war ein großer schwarzer Rabe und der Rest ihres Logos zu sehen.
Vielleicht war es ein Fehler, in seinem Anzug in die Stadt zu reisen, in der jeder für die Pheonix war, aber er war einfach zu stolz auf diesen Jogginganzug. So lange hatte er es sich gewünscht, diesen Anzug zu bekommen und damit offiziell als Spieler der Ravens durch die Straßen zu laufen und er würde sich dafür sicher nicht verstecken, auch nicht in der Heimatstadt der Pheonix. Die Pheonix hatten nicht mal mehr eine Halle und trainierten noch immer bei den Ravens, daher hatte wirklich keiner das Recht, ihm schiefe Blicke wegen dieser Weste zuzuwerfen. Und selbst wenn, es würde ihm den Buckel runterrutschen.
Manu seufzte verhalten, es war ihm eigentlich egal, er wusste ja genau, dass er nur über solche Sachen nachdachte, um seine Gedanken über die eigentlichen Probleme abzulenken. Der Bus blieb nun endgültig stehen. Er musste aussteigen. Jetzt gab es kein Zurück mehr.
Erneut atmete er tief durch, packte seine Sporttasche und stand auf. Vor ihm drängen sich einige Kinder und andere Jugendliche durch den Gang. Ob das Punk Mädchen vor ihm, mit den grünen Haaren, wohl auch zu ihrem Freund unterwegs war? Manu schüttelte den Kopf, auch?, es gab kein auch, er wusste ja noch immer selbst nicht, was das zwischen ihm und Jan war.
Sofort schlug ihm angenehm die kühle frische Luft entgegen, als er aus dem Bus ausstieg. Das schlimmste an Busfahrten waren für ihn immer die Klimaanlagen und Heizungen, durch diese wurde die Luft in alten Bussen immer so stickig und verursachten Kopfweh bei ihm. Doch zum Glück war dies dieses Mal nicht der Fall.
Sofort setzte sein Herz für einen Moment aus, als er plötzlich Jan auf einer der Banken entdeckte. Er saß alleine dort, trug einen schwarzen Pulli und eine schwarze Adidas Jogginghose. Seine Hände in die Tasche des Hoodies vergraben, blickte er ihm entgegen, es kam Manu vor, als würde er ihm, sogar aus dieser Ferne, direkt in die Augen blicken. Jan hatte irgendwann schon mal beiläufig erwähnt, dass er seine grünen Augen besonders mochte. Manu verstand dies bis zu dem heutigen Tag nicht, wie konnte jemand wie Jan, ausgerechnet seine Augen interessant finden?
Ab diesem Zeitpunkt wirkte alles so real. Bis jetzt hatten sie zwar darüber gesprochen und darüber geschrieben, dass sie das Wochenende zusammen verbringen würden, doch wirklich glauben konnte Manu es erst jetzt. So blöd es auch klang, es wirkte alles so unwirklich bis zu diesem Zeitpunkt. Doch jetzt saß Jan da, seine blond-braunen Haare so schön verwuschelt wie immer, mit leichten Bartstoppeln in seinem Gesicht, und einem Grinsen, das wohl ihm galt.
Jan stand auf und kam auf ihm zu. Erneut breitete sich Panik in Manu aus, wie sollte er ihm begrüßen? Mit einem Handschlag? Einer Umarmung? Nein, sicher keine Umarmung. Ein einfaches Hey? Bevor er sich entscheiden konnte, stand Jan schon vor ihm.
„Hey“, Jan schlug mit seiner rechten Hand in Manus ein und zog ihn mit seinem linken Arm in eine kurze Umarmung. Instinktiv, ohne darüber weiter nachzudenken, erwiderte Manu die Begrüßung einfach. Für jeden anderen wirkte es wohl so, als würden sich zwei Kumpels begrüßen. Die verdammten Passanten konnten ja nicht ahnen, was alles in Manu vorging. Oder war es ihm vielleicht doch anzusehen?
Wusste die alte Oma, die gerade auf der Straßenseite gegenüber von ihnen auf ihren Bus wartete, wozu Manu Jan besuchte? Warf sie ihnen etwa komische Blicke zu?
Verdammt! Langsam, nein, viel zu schnell, wurde Manu einfach verrückt.
„In den Sachen können wir sofort um die Karten spielen. Gehen wir aufs Streetballfeld, danach zu mir duschen und dann ins Kino. Das passt so oder?“, Jan nahm ihm seine Tasche ohne weitere Worte ab und machte sich auf den Weg.
„Ja, klar“.
Viel ließ Jan da ja nicht offen, doch es störte ihn nicht, offensichtlich hatte er ihren Ablauf schon etwas vorgeplant.
„Hat die Busfahrkarte denn viel gekostet?“, erkundigte er sich, nach dem sie eine Weile stumm nebeneinander hergelaufen waren.
„Nicht wirklich“.
„Gut, dann kannst du dir unsere Karten ja leisten“.
Manu musste kurz grinsen, es war echt unglaublich wie viel Selbstvertrauen dieser Junge hatte, es reichte sicherlich für sie beide.
„Warum so gut drauf? Gestern gewonnen?“, Manu wusste gar nicht, gegen wen die Pheonix gespielt haben.
„Natürlich, was für eine Frage“.
Manu blickte ihn misstrauisch an:
„Es war wohl knapp hm?“.
„Mit nur fünf Punkten, aber gewonnen ist gewonnen“.
Es war mehr als wahrscheinlich, dass Jan heute gewinnen würde. Sie spielten zwar ungefähr gleich gut, jedoch war Manu einfach müde, weil er die letzten Tage mehr als zu wenig Schlaf hatte und zusätzlich etwas müde von der Fahrt. Nicht weil sie etwa anstrengend war oder sehr lange dauerte, aber es war einfach der fehlende Schlaf plus die stickige Luft aus dem Bus. Er fühlte sich nicht so, als wäre er heute gut in Form. Dennoch würde er es natürlich versuchen, doch sicherheitshalber hatte er genug Geld mitgenommen, um sich zwei Karten und etwas zum Essen leisten zu können.
Die Stadt hatte zwei Streetballfelder, welche beide aneinander grenzten. Die Felder waren beide von einem hohen Drahtzaun umrandet. Es war nur ein Feld offen, das andere war komplett zugesperrt. Wortlos ging Jan in das offene Feld und legte Manus Tasche auf den Boden.
„Bis wie weit spielen wir? Wer zuerst über 30 ist?“, fragte Jan und zog sich seinen Pullover aus, unter welchem er noch ein weitgeschnittenes T-Shirt anhatte.
„Okay“, Manu tat es ihm gleich und zog sich seine Weste aus.
„Du hast doch einen Ball mit oder?“, fragte Jan nach und deutet auf Manus Tasche.
„Du hast gesagt ich soll einen mitnehmen, also habe ich einen mit. Wobei ich stark bezweifle, dass du keinen zu Hause hast“, Manu bückte sich über die Tasche um seinen Ball hervorzuholen.
„Eigentlich habe ich drei, doch die sind nicht so gut“, Jan grinste ihn an.
Manu mochte es eigentlich überhaupt gar nicht, in Jogginghosen zu spielen, es war ein komplett anderes Gefühl, als in Basketballshorts, außerdem konnte sich der Ball beim between the legs in seiner Hose verheddern. Man sollte meinen, das war unmöglich, doch es war ihm schon öfter passiert. Doch er wollte nicht die ganze Busfahrt über in Shorts da sitzen oder sich am Feld umziehen, also musste er jetzt wohl damit leben.
„Von der Mittelline, der Verlierer beginnt?“, fragte Manu nach.
„Ja, wie immer“, Jan nickte.
„Gut, hier hast du“, Manu passte Jan den Ball zu und stellte sich auf.
Manu hatte sich zusammen gerissen, das ganze Spiel über. Er spielte besser, als er es die letzten Trainings war. Es stand 27:28 für Jan. Manu konnte noch aufholen, wenn er einen Dreier warf. Zum Glück hatte Jan seinen letzten Wurf verfehlt und Manu hatte sich Blitzschnell den Rebound geholt. Schnell stürmte er auf seinen Korb zu und blieb bei der Dreierlinie stehen, um einen Jumpshot zu machen.
Doch bevor er richtig werfen konnte, schlangen sich zwei Arme um ihn und hoben ihm samt Ball in die Luft.
„Hey! Ich weiß nicht, was ihr da für einen Dreck lernt, doch jetzt erklär mir, wie das kein eindeutiges Foul sein kann!“, murrte Manu Jan an, welcher ihn noch immer in der Luft an sich gepresst hielt.
„Es ist Streetball Manu, hier gibt es keine Schiedsrichter“.
„Das ist trotzdem ein Foul!“.
„Jetzt tu nicht so, als ob es dich sonderlich stören würde“.
„Ich tue nicht nur so“, Manu betonte das tue besonders und blickte Jan grimmig an.
„Ach ja?“, Jan grinste für einen Augenblick, in der nächsten Sekunde spürte Manu schon seinen Mund auf seinem.
Instinktiv erwiderte er den Kuss und ließ dabei unbewusst den Ball fallen. Scheiß doch auf das Foul, das war es allemal wert.
Als nächstes realisierte er nur mehr, dass er auf dem Boden gestellt wurde, Jan sich den Ball krallte und nun auf seinen Korb zu lief.
„Arschloch!“, schrie er ihm hinterher und sprintete sofort hinterher, zu Jans Pech konnte Manu wirklich schnell sein, wenn er wollte.
Vor der Freiwurflinie holte er ihn wieder ein, sprang auf seinen Rücken, schlang seine Beine um seinen Oberkörper und hielt ihm die Augen zu.
„Was du kannst, kann ich auch“, meinte er nur.
„Wetten ich treffe trotzdem?“, Manu konnte das eingebildete Grinsen geradezu aus seiner Stimmer heraushören.
„Schaffst du sowieso nicht“.
„Sicher? Du weißt, wenn ich treffe gewinne ich?“.
„Ich hätte schon längst gewonnen, wenn du nicht so unfair spielen würdest“.
„Tust du doch gerade auch nicht“.
Manu zerrt es ganz schön auf die Nerven, das Jan sein Gewicht einfach aushielt, als würde es nichts sein.
Jan vollzog die Wurfbewegung, so gut er dies mit Manu auf seinem Rücken eben konnte, und… Manu glaubte seinen eigenen Augen einfach nicht, traf einfach.
Jan befreite seine Augen von Manus Händen und setzte diesen ab:
„Und?“.
„Du bist ein Arschloch“, antwortete Manu leicht schmollend.
„Das heißt wohl, ich habe getroffen?“.
„Das heißt einfach, dass ich dir darauf keine Antwort geben werde“.
Jan lachte:
„Also ja“.
Manu konnte nicht länger ernst bleiben und fing nun an zu grinsen:
„Ich hasse dich“.
Jan zuckte mit den Schultern:
„Damit kann ich leben“.
Auf dem Weg zu Jans Haus unterhielten sie sich etwas, während sie mit dem Ball auf dem Asphalt des Gehsteiges dribbelten und den Ball daher hin und her passten. Jan wohnte in einem kleinen Einfamilienhaus Haus, mit kleinem Vorgarten mit niedrigem Zaun, genau so, wie Manu es sich vorgestellt hatte.
„Du kannst deine Sachen bei mir im Zimmer abstellen, die Tür gleich am Ende des Ganges“, Jan deutete auf eine Tür, „Wenn du willst kannst du als erster Duschen gehen. Du kannst dich ruhig bedienen, Shampoo, Duschgel und Handtücher liegen bereit im Badezimmer“, er deutete erneut auf eine Tür.
„Äh ja okay, dann geh ich gleich“, Jan folgte ihm nicht, als er sein Zimmer betrat.
Es war kein großes Zimmer, doch irgendwie passte es zu Jan. Das Zimmer wurde größtenteils von dem hölzernen Doppelbett dominiert, das in der Ecke stand. In der Ecke über dem Bett gab es ein Regal, welches neben einem Wecker und einer kleineren Musikanlage mit verschiedenem Krimskrams überfühlt war. In der Ecke hängen auch viele Poster und einige Fotos. Poster von Serien und Filmen, die er größtenteils nicht kannte, aber auch einige witzige Poster. Wie zum Beispiel eins mit dem Spruch: „Der frühe Vogel kann mich mal“.
Gleich neben der Tür standen ein Schreibtisch und gleich daneben ein etwas größerer Schrank mit einem Spiegel. Wie schon gesagt, sehr groß war das Zimmer nicht, doch Manu fühlte sich sofort wohl darin. In der Mitte des Raums lag ein großer Teppich der ziemlich flauschig wirkte, er war ihn Grüntönen, passend zu den hellgrünen Wänden.
Ob Jan sich das Grün wohl ausgesucht hatte? Oder war das Zimmer einfach schon grün gewesen und ihm war es egal? Er konnte sich irgendwie beides über ihn vorstellen.
Manu stellte seine Tasche auf den Sessel des Schreibtisches ab und wühlte darin rum, bis er angemessene Wechselkleidung fand. Gestern hatte er seine Tasche gut fünf Mal ein- und ausgepackt, weil er einfach nicht wusste, was er mitnehmen und anziehen sollte. Einmal war er so frustriert gewesen, dass er seine gesamten Klamotten, aus seinem Schrank, auf seinen Boden geworfen hatte.
In diesem Moment war er einfach schlimmer gewesen, als jedes Mädchen. Dass er eigentlich nicht nur wegen seiner Kleidung, sondern eher viel mehr wegen seiner Aufregung frustriert war, wusste er zwar, verdrängte es aber einfach.
„Wenn du nicht bald duschen gehst, geh´ ich doch als Erster. Und glaub mir das willst du nicht, denn ich lass sicherlich ein heißes Wasser übrig“, hörte er Jan vom Flur schreien.
In der Halle ginge das Wasser der Duschen immer nur eiskalt oder brennend heiß. Manu hatte sich schon oft genug verbrannt und duschte deshalb nach dem Training nur mehr kalt. Das hieß aber nicht, dass er daran gewöhnt war, sondern viel mehr, dass er eine warme Dusche viel mehr zu schätzen wusste als sonst jemand.
„Komme schon!“, antwortete und stürzte, durch den Gang an Jan vorbei, ins Bad und knallte die Tür hinter sich zu. Er kannte Jan gut genug um zu wissen, dass er sonst seine Drohungen wahr gemacht hätte.
Das Badezimmer war auch nicht gerade groß. Offensichtlich waren alle Räume in diesem Haus klein, wirkten aber dennoch gemütlich. Klein aber Fein hätte seine Mutter wohl gesagt. Das Bad war in blau Tönen gehalten. Die Wände bestanden nur als Kacheln, welche ein hell bis dunkel Blaues Muster hatten. Gleich neben der Tür befand sich das Waschbecken. Über dem Waschbecken gab es, wie meist üblich, einen beleuchteten Spiegel, welcher einen kleinen Schrank mit Regalen hatte.
In der rechten Ecke des Raumes gab es eine ziemlich große Dusche, in der Linken gab es ein Klo. Neben der Dusche und unter dem Waschbecken, gab es kleinere Schränke mit Türen und Schubladen.
Manu überlegte eine Zeit lang, ob er die Tür verschließen sollte und ließ es letzten Endes doch bleiben. Auf dem Schrank, neben der Dusche, lagen einige große Handtücher, welche ordentlich zusammen gelegt waren.
Manu hatte zwar eigenes Duschzeug mit, doch dieses hatte er in seiner Tasche gelassen. Er hätte es nie im Leben zugegeben und wollte es sich selbst nicht eingestehen, doch er fand den Gedanken mehr als verlockend, so wie Jan zu duften.
Als er in die Dusche stieg, bemerkte er, dass dort mehrere Duschgel- und Shampooflaschen standen. Es brauchte zwei Versuche, doch dann fand er jenes, nach dem Jan meistens roch. Genießerisch inhalierte er es förmlich ein und kam sich gleich im nächsten Moment blöd deswegen vor.
Manu hatte sich seine Wechselkleidung mit ins Bad genommen, also zog er sich gleich dort um. Nachdem er gestern so ein Theater veranstaltet hatte, hatte ihm irgendwann so die Wut gepackt, dass er einfach das, was ihm in die Hände fiel einpackte.
Deshalb trug er jetzt eine etwas enger geschnittene schwarz-graue Jeans, einen dünneren blau-schwarz gestreiften Pulli. Manu rubbelte sich die Haare, mit einem Handtuch, trocken, während er aus dem Badezimmer ging. Er hatte vergessen Socken mitzunehmen und musste deshalb wieder in Jans Zimmer. Seine benutzte Kleidung hatte er derweil in dem Badezimmer liegen lassen, er würde sie irgendwann später wieder einpacken, das würde Jan schon nicht stören.
Er trat auf den Gang und schloss die Badezimmertür hinter sich. Im nächsten Augenblick schon, wurde er gegen jene Tür gedrückt und in einen etwas forscheren Kuss verwickelt. Im ersten Moment war er zu überrascht, um sofort zu reagieren und konnte sich gerade noch ein Auflachen verkneifen.
Doch dann erwiderte er den stürmischen Kuss, legte er seine Arme um seinen Nacken und fuhr mit seiner rechten Hand durch das dunkelblonde, noch immer leicht verschwitzte Haar. Es hätte kein Blatt mehr zwischen sie geplatzt, er spürte Jans Körper deutlich, wie sich seine festen Muskeln gegen seine eigenen pressten. Jan roch doch ziemlich intensiv, da das Spiel von vorhin auch nicht so einfach an ihm vorbei gegangen war, doch Manu störte dies nicht. Sie hatten sich schon öfter gleich nach dem Training geküsst. Manu unterlag in diesem Moment so vielen Eindrücken. Die Wärme und Kraft, die Jan ausstrahlte, in dem er ihn einfach gegen die Tür drückte. Der Kontrast, zwischen Jans warmen Körper und der kalten geraden Tür war schon etwas seltsam, aber in einer gewissen Art auch angenehm.
Jan hatte leichte Bartstoppeln, die beim Küssen so angenehm kratzten, er liebte es einfach, wenn er einen drei Tage Bart trug. Ihm stand es ja auch, nur bei Manu sah es seltsam aus, deshalb konnte er sich nie einen wachsen lassen.
Der Kuss wurde immer fahriger und Jan begann mit seinen Händen an Manus Körper auf und ab zu wandern. Irgendwann schlich sich seine Hand langsam unter Manus Pulli und begann, diesen leicht hinauf zu schieben.
Da löste Manu den Kuss und grinste ihn an:
„Wolltest du nicht duschen?“, wenn sie jetzt so weiter machten, würde das wohl nichts mehr werden. Doch sie hatten ja die ganze Nach Zeit und sie wollten noch ins Kino.
„Doch nur…“, Jan lehnte seine Stirn an seine, „mir ist gerade eingefallen, dass ich dich heute noch nicht anständig begrüßt habe. Das musste ich nachholen“.
Es stimmte schon, Liebe machte dumm. Denn so wie die beiden sich jetzt gerade angrinsten, konnten sie auf Außenstehende nur wie zwei glückliche Vollidioten wirken. Doch das war Manu in diesem Moment sowas von egal.
Grinsend presste er seine Lippen erneut auf Jans, ehrlich gesagt, konnte ihm das Kino doch gestohlen bleiben, er war gerade sehr gut aufgehoben.
Irgendwann, Manu wusste selbst nicht mehr nach wie viel Zeit, lösten sie sich dann doch von einander. Jan war ins Badezimmer verschwunden und Manu wartete auf ihn. Vielleicht würden sie es doch noch ins Kino schaffen, wenn nicht, dann sahen sie sich eben einen anderen Film an. Manu wartete in Jans Zimmer, bis er mit dem Duschen fertig war.
Zufrieden seufzend drehte Manu sich in Jans Bett. Er hatte seine Nase in sein Kopfkissen vergraben und fühlte sich einfach wohl. In solchen Momenten, wie diesen, glaubte er daran. Zwischen Jan und ihm war einfach etwas. Es konnte nicht bloße Lust und Laune sein. Jan bedeutete ihm etwas, ob er es wahr haben wollte oder nicht. Er wusste nicht, was er ihm bedeutete und was genau das zwischen ihnen war... Doch in diesem Moment, wenn sie so Beinandrer waren, wollte er es auch nicht wissen. Es fühlte sich gut an und er würde es einfach genießen. Sich darüber den Kopf zerbrechen konnte er auch, wenn er wieder zu Hause sein würde.
Manu kuschelte sich tiefer in das Kissen und schloss die Augen. Er schob seine Hände unter das Kissen und hielt kurz inne.
Da war etwas unter dem Kissen. Etwas, was in Plastik verpackt war. Manu nahm es in die Hand und fuhr mit seinem Daumen darüber. Es war ein Kondom, eindeutig. Gleich wurde ihm ganz anders. Wo kam das her?
Hatte es Jan von seinem "letzten Besuch" oder lag es dort, weil er es heute Nacht benutzen wollte? Hatte Jan denn schon Erfahrungen? Oder war er genau so nervös? Manu brachte es einfach nicht über sich, ihn das zu fragen. Wollte er es überhaupt wissen? Würde das etwas von seiner Nervosität nehmen?
Dies war eines der wenigen Themen, über welche sie nie geredet hatten. Jan konnte genauso gut eine Freundin haben und Manu wusste es einfach nicht. Sie hatten nie über Beziehungen und Liebe geredet.
Soweit war er sich sicher, Jan betrog sicher niemanden mit ihm, so etwas traute er ihm einfach nicht zu. Dennoch war es interessant, warum hatten sie darüber nie geredet?
Bevor er noch weiter in seine Gedanken versinken konnte, betrat Jan das Zimmer:
„Wir können in fünf Minuten gehen, muss mir nur noch Schuhe und Jacke anziehen".
Manu setzte sich auf, irgendwie fühlte er sich ertappt, obwohl es keinen Grund für so etwas gab:
„Okay, ich bin schon fertig".
Es war sehr seltsam und viel zu ungewohnt, mit Jan in der Öffentlichkeit rumzugehen. Sie hielten natürlich nicht Händchen oder etwas Derartiges. Sie wirkten auf Außenstehende wie zwei Bekannte oder Freunde.
Dennoch war es für Manu sehr seltsam. Sie hatten sich ja sonst nie in der Öffentlichkeit getroffen oder sind zusammen wo hingegangen. Naja, wenn man heute nicht zählte, war dies wirklich das erste Mal. Aber heute hatte er ihn lediglich vom Bus abgeholt und war mit ihm zum Streetballfeld gegangen, das zählte für Manu nicht.
Doch das Kino war doch ein sehr öffentlicher Ort, wo man schon öfter Bekannte traf, als an einem Busbahnhof. Sie hatten sich bis jetzt immer nur in der Halle getroffen, irgendwie war es einfach so merkwürdig mit Jan auf der Straße rumzulaufen, während sie sich über allesmögliche unterhielten.
Hauptsächlich aber darüber, welche Matches sie demnächst vor sich hatten und welche von den Spielen Heimwärts und Auswärts stattfinden würden. Die nächsten Monate hatten sie keine Meisterschaften mehr, nur bloße Freundschaftspiele. So kam es oft vor, dass sie gegen die gleichen Mannschaften spielten.
Hin und wieder gaben sie sich daher Tipps, obwohl sie damit eigentlich dem Feind halfen. Aber für Manu fühlte es sich nicht so an, als sei Jan sein Feind. Natürlich wurden ihre Mannschaften immer wieder mit einander verglichen und die Fans der beiden Mannschaften stritten sich öfter mit einander.
Doch dies waren meist die Fans der Bundesliga und nicht die der Nachwuchsspieler. Eigentlich hatten die Nachwuchsspieler keine große Fangemeinschaft. Nur hielten die Fans der Bundesliga selbstverständlich zu den jeweiligen Nachwuchsteams, des eigenen Vereins.
Und da die Ravens und Pheonix sehr große Rivalen waren, da sie ja doch aus der Nachbarstadt kamen und so ständig mit einander verglichen wurden, hassten die Nachwuchsspieler die andere Mannschaft ebenfalls. Manu war sich nicht sicher, wie seine Teamkollegen reagieren würden, wenn sie wüssten, dass er mit einem Pheonix befreundet war. Sie würden sicher einige Sprüche fallen lassen und der Coach würde ihn sicher, während des Trainings und auch sonst, damit verarschen, aber sonst naja… Aber würden sie auch locker reagieren, wenn sie wüssten, was er und Jan so miteinander machten?
Manu konnte noch immer nicht beschreiben, was das zwischen ihm und Jan war, aber es war sicherlich keine Freundschaft. Es war irgendetwas, das darüber hinweg ging. Oder? Wie gesagt, er wusste es selbst nicht, aber eine Freundschaft konnte man das wohl nicht ganz nennen.
„Pass auf jeden Fall bei der Nummer sechs auf. Der foult jedes Mal unter dem Korb, und zwar richtig und bei uns ist es dem Schiedsrichter nie aufgefallen. Und Nummer 13 musst du nur ganz kurz streifen und er schmeißt sich auf den Boden und tut so, als ob du ihm das Bein gebrochen hättest. Nummer 8 ist schnell und wendig und zieht bei der Defense durchgehend an deinem Trikot. Aber vielleicht sind die Schiedsrichter bei euch ja nicht so blind, wie bei uns “, erklärte Jan und betrat das Kino.
„Das glaubst du ja selbst nicht. Aber besser so, als wie wenn sie bei jeder Berührung glauben etwas zu sehen“, entgegnete Manu.
„Nein, du verstehst nicht. Das war ja das interessante. Uns haben sie ständig gefoult und die Schiedsrichter haben nichts gesehen. Aber wenn wir neben 13 nur vorbeigecuttet sind, war es schon ein Foul“.
„Klingt ja überhaupt gar nicht parteiisch“, murrte Manu sarkastisch, „Du erinnerst dich aber ganz schön gut an das Spiel“.
„Das kann ich nicht vergessen. Bei dem Spiel hat unser Coach so richtig heftig mit den Schiedsrichtern gestritten. Und nichts für das Vorurteil, aber natürlich waren es zwei Frauen und ein Mann, die als Schiedsrichter tätig waren. Ich will kein Vorurteil bestätigen, aber da ist es schon blöd“.
„Hmpf“, Manu brummte nur als Antwort.
„Also. Bleibt es bei dem Horrorfilm oder hast du es dir anders überlegt?“, fragte Jan ihn nun und blickte auf die vielen Filmplakate, welche in dem Raum hingen. Neben dem Filmplakaten hingen jeweils die Uhrzeit, zu welcher der Film starten würde und die Nummer des Kinosaals, in welchem der Film gespielt wurde.
Das Kino hatte sieben Säle. Neben dem Eingang gab es noch ein Café, welches wohl zum Kino gehörte. Wenn man das Kino betrat, stand man in einer großen Eingangshalle, in welcher zwei Kassen und ein größerer Stand mit Snacks stand.
Vereinzelt waren da auch Tische und Sessel für diejenigen, welche auf den Beginn eines Films warteten.
„Ich schaue nur Horror und Thriller, wenn es sich jemand anders überlegt, dann ja wohl du“, entgegnete Manu.
„Naja, ehrlich gesagt überlege ich schon, ob wir in einen anderen Film gehen sollen“, gab Jan zu.
Manu blickte ihn amüsiert an und versuchte sich ein Lachen zu verkneifen:
„Hast du etwa Angst?“.
„Nein, wo denkst du hin“, Jan blickte ihn ernst an.
„Weshalb willst du dann einen anderen Film?“.
„Hm… Ich weiß nicht, ich dachte wir können auch den Film wählen, welcher am wenigsten Zuschauer hat, uns in die letzte Reihe setzten und ja…“, er warf ihm einen ziemlich eindeutigen Blick zu.
Manu schüttelte energisch den Kopf:
„Oh nein, ich bestehe auf meinen Horrorfilm. Ich will den sehen, alles andere können wir auch wann anders machen“.
„Na schön“, Jan schob die Unterlippe leicht vor und tat so, als ober schmollen würde.
Er wurde aus diesem Jungen einfach nicht klug, in einem Moment führte man ein ernster Gespräch mit ihm und ihm nächsten tat er so, als ob er schmollen würde.
Manu schlug ihm auf die Schulter:
„Ich geh die Karten holen“.
Als Manu von der Kassa, mit zwei Karten in seiner Hand, zurückkam, saß Jan an einem der Tische. Vor ihm, auf dem Tisch, standen eine Packung Popcorn, Käse Nachos und eine große Cola.
„Ich hab uns Snacks und Trinken geholt“, Jan grinste ihn an, während Manu ihm seine Karte gab.
„Okay“.
„Was? Kein Danke?“, hakte Jan nach.
„Ich habe die Karten bezahlt und auch kein Danke gehört“, entgegnete er und nahm sich etwas von den Nachos.
„Du hast verloren, du musstest die Karten zahlen“.
„Ich hätte genauso gut gewinnen können, wenn du nicht unfair gespielt hättest und das weißt du auch“.
„Du bist echt ein schlechter Verlierer, weißt du das?“.
Als Antwort bewarf Manu ihn einfach mit etwas Popcorn.
Sie saßen relativ weit hinten, ganz am Rand. Da vor ihnen keiner saß, legten sie beide ihre Beine hoch, auf den Sitz jeweils vor ihnen. Die Cola stand genau zwischen ihnen. Manu hatte die Nachos für sich ergattert, so blieb Jan nur das Popcorn. Doch die Nachos waren, wie immer, viel zu schnell weg und so aß Manu irgendwann bei ihm mit.
Während des Films berührten sie sich immer wieder flüchtig, ihre Hände, wenn sie nach Essen oder Trinken griffen, ihre Beine, wenn sie ihre Position beim Sitzen etwas veränderten. Sie tauschten sich immer wieder kurz über den Film aus, führten aber sonst keine Gespräche.
Irgendwann, nahe am Ende des Films, bei einer Stelle an welcher der Film nicht mehr so interessant war und sie nichts mehr zu Essen oder trinken hatten, lehnte sich Jan plötzlich zu ihm.
„Weist du, ich hasse im Kino ja immer die Pärchen, die nicht aufhören können sich abzuknutschen“, hauchte er ihm zu.
Manu nickte bestätigend:
„Ja, die sind so nervig“.
„Genau… Aber wolltest du das nicht auch schon immer mal ausprobieren?“.
Ehrlich gesagt hatte er nie darüber nachgedacht, aber wenn er ihn schon so fragte wollte er nicht nein sagen. Die Szene des Filmes war gerade sowieso nicht wichtig.
Jan deutete seinen Gesichtsausdruck wohl richtig, denn nach einem kurzen Blick zu dem Mann, welcher neben ihnen saß, packte er ihn im Nacken und küsste ihn einfach.
Er wusste nicht, wie lange dieser Kuss dauerte, doch bald schreckten sie durch einen lauten Soundeffekt auseinander und lachten sich dann gegenseitig deshalb aus.
Es war schon dunkel und leicht kühl draußen, doch die Kälte war angenehm, Manu mochte die nächtliche Frische. Wohl als einziger, denn auf ihrem Heimweg trafen sie kaum auf Passanten.
Jan und er lachten viel, redeten über den Film und blödelten rum. Manu verspürte einen so großen Drang Jan zu berühren, doch auf der offenen Straße ging dies ja nicht. Deshalb ging er sehr nahe an ihm und streifte ihn immer wieder mit seinem Arm, Jan schien es zu bemerkten, sagte aber nichts dazu. Im Gegenteil, er berührte Manu auch immer wieder beiläufig und lächelte ihn dabei etwas an. Aber vielleicht bildete Manu sich das auch nur ein.
Sie zogen sich beide brav die Schuhe aus, als sie den Gang betraten. Die Wohnung war leicht geheizt, sodass Manu sofort warm wurde, da er sich an die Kälte von draußen gewöhnt hatte.
„Ich schieb schnell die Lasagne in den Offen. Du kannst schon ins Wohnzimmer gehen und Musik anstellen“, Jan deutete aufs Wohnzimmer und verschwand dann in der Küche.
Nach längerem Suchen entdeckte er die Musikanlage, sie war auf dem Regal neben mehreren CDs, gleich in der Nähe vom großen Fernseher.
Überrascht stellte er fest, dass sich das neue Royal Blood Album unter den CDs befand. Manu mochte die Band, es war nicht seine Lieblingsband, aber er mochte sie eigentlich. Aber er war sich hundertprozentig sicher, dass Jan keinen Rock mochte. Warum also? Vielleicht seine Eltern? Aber woher sollten sie diese Band kennen? Sie war ziemlich neu. Manu legte die CD ein und startete die Musik. Er bekam einen halben Herzinfarkt, weil die Anlage viel zu laut aufgedreht war, stellte sie dann aber schnell leiser.
Leise summte er die Musik mit und macht es sich auf der Couch bequem. Wenig später kam Jan zu ihm und setzte sich ebenfalls auf die Couch.
„Ich dachte du magst Rock nicht?“, fragte er nach.
Jan zuckte mit den Schultern:
„Tu ich auch nicht wirklich“.
„Warum dann Royal Blood?“.
„Deine anderen Bands waren mir zu viel. Zu viel Geschreie und Gekreischte, zu laut und schnell. Das war die ruhigste“.
Die ruhigste von seinen Bands? Manu blickte ihn mit großen Augen an, hatte er die CD wegen ihm gekauft?
„Also gefällt es dir eigentlich nicht?“.
Jan verzog den Mund:
„Es geht. Ich kann´s mir anhören aber naja“.
Manu war nicht beleidigt, viele konnten mit seinem Musik Geschmack nichts anfangen, aber wieso kaufte Jan eine CD, die er nicht mal mochte?
„Weißt du, heutzutage kann man sich Musik auch runterladen. Oft sogar gratis. Ich hab nicht mal die CD, obwohl ich die Band sogar mag“.
„Du kannst sie haben“.
„Was? Nein, ich-“.
„Ich mag es sowieso nicht“, unterbrach Jan ihn.
„Wieso kaufst du es dann überhaupt?“, Manu sah ihn skeptisch an, er hatte die CD sicher nicht nur gekauft, damit er ihm jetzt davon etwas vorspielen kann.
Aber wer weiß, Jan hatte sich die Namen von seinen Bands gemerkt, dabei haben sie nur sehr selten über Musik gesprochen. Ehrlich gesagt war Manu schon etwas beeindruckt. Also merkte sich Jan auch solche Sachen über ihn. Manu dachte immer, wie lächerlich es war, dass er sich jedes Detail von Jan merkte.
Jan antwortete nicht sondern blickte ihn nur an, für eine etwas längere Zeit herrschte Stille zwischen ihnen und es man vernahm nur die Klänge der Musik. Dann lehnte sich Jan näher an ihn heran und fing einfach an, ihn zu küssen.
Manu, der sich schon seit dem kurzen Kuss im Kino nach seiner Nähe sehnte, hatte dem natürlich nichts entgegen zu bringen und ließ sich gleich von ihm auf seinen Schoß ziehen. Ihm war klar, dass er deshalb etwas femininer wirkte, da meistens ja die Mädchen auf dem Schoß ihres Freundes saßen, doch in diesem Moment war ihm sowieso alles egal.
Der Kuss wurde vertieft, sie küssten sich mal langsamer und mal schneller, passten sich automatisch an den anderen an. Bald schon fand Manu seine Hände in Jans Haaren wieder, ohne dass er darüber auch nur nachgedacht hätte. Wie er es liebte, Jans Frisur noch mehr durcheinander zu bringen.
Jans Hände strichen immer wieder langsam über seinen Rücken und seinen Hintern, bis sie sich dann endgültig unter seinen Pullover schlichen. Manu seufzte kurz, er liebte dieses Gefühl einfach, wenn sie sich das erste Mal Haut an Haut berührten. Er saß nun rittlings auf Jan und drängte sich enger an ihn, was nun Jan zum Seufzen brachte.
Es war einfach viel zu viel für seine Sinne, wie immer wurde Manu träge und blendete sein Umfeld komplett aus. Er nahm nur mehr ihn war, seine Lippen, seine Berührungen, seine weichen Haare, seine Bartstoppeln, die ihm leicht kratzen, und die Geräusche, die er hin und wieder von sich gab.
Doch plötzlich versteifte sich Jan und schob Manu von sich runter. Manu konnte sich einen protestierenden Laut gerade so verkneifen. Bevor er allerdings fragen konnte, was denn los war, sprang Jan auf.
„Fuck! Die Lasagne“.
Manu legte sich auf den Rücken, starrte an die Decke und konnte nicht anders als dämlich zu grinsen. Bald schon hörte er Jan aus der Küche fluchen.
Als Manu sich nach einer Zeit schließlich in die Küche wagte, schnitt Jan gerade die verbannten Stellen der Lasagne ab und stellte die, halbwegs, unversehrten Teile auf zwei Teller.
Auf dem Küchentisch lagen bereits Besteck und Gläser.
„Was willst du trinken?“, fragte Jan, als er die Teller auf den Tisch stellte.
„Wasser reicht mir“.
„Mineral oder Leitung?“.
„Egal“, Manu setzte sich an den Tisch.
„Schmeckt´s?“, erkundigte Jan sich nach einer Zeit, in der sie schweigend gegessen hatten. Eigentlich schmeckte die Lasagne immer noch verbrannt, doch Manu wollte nicht pingelig erscheinen.
„Ja, schmeckt gut“, nickte er.
Jan grinste ihn an:
„Es ist zwar nett von dir, zu lügen, doch wir wissen wohl beide, dass sie scheiße schmeckt“.
Manu verzog den Mund leicht und legte seine Gabel weg:
„Schon“.
Jan grinste ihn weiterhin an:
„Sollen wir eine Pizza bestellen?“.
„Ich weiß nicht, hast du denn nichts anderes zu Hause?“.
„Doch schon… Aber willst du wirklich riskieren, das so etwas wieder geschieht?“, er deutete zu seinem Teller.
„Also Pizza“, beschloss Manu.
„Okay“, Jan zückte sein Handy, „Was für eine?“.
„Hawaii?“.
„Nein“, er schüttelte den Kopf.
Manu blickte ihn stirnrunzelnd an:
„Warum nicht?“.
„Weil Ananas nicht auf eine Pizza gehört“.
„Und warum nicht?“.
„Weil es einfach nur eklig schmeckt? Da ist mir die verkohlte Lasagne lieber“.
„Meine Fresse, dann iss du die verkohlte Lasagne und ich bestell mir selbst Essen“.
„Dann nehmen wir doch einfach eine Hälfte Hawaii und die Andere Bauernpizza“.
„Und worüber diskutieren wir hier dann? Bestell endlich“.
Jan wählte eine Nummer:
„Okay, okay. Bin schon dabei“.
„Kennst du wirklich die Nummer von der Pizzeria auswendig?“.
„Nicht nur auswendig, sondern auch im Schlaf“, entgegnete er.
„Passiert wohl öfter so etwas wie heute, hm?“.
„Eigentlich nicht. Ich versuche normalerweise gar nicht erst zu kochen“.
Manu war ebenfalls schlecht im Kochen. Bei dem Gedanken musste er grinsen, falls sie jemals zusammen wohnen sollten, würden sie wohl beide verhungern oder nur mehr von Lieferdiensten und Fertigprodukten leben. Er konnte sich schon die Diskussionen ausmalen, sie würden sicher täglich darum streiten, wer heute das Essen organisieren muss.
Ob es wohl jemals, wirklich zu so etwas kommen würde? Der Gedanke abwegig, aber irgendwie war es eine lustige Vorstellung.
Später saßen sie beide auf der Couch. Sie hatten die Pizzas doch im Wohnzimmer gegessen und sich dann lange über alles Mögliche unterhalten. Über ihre Kindheit, peinliche aber auch rührende Geschichten und sonstiges.
Nun saß Manu am Ende der Couch, während Jan sich hingelegt und seine Beine auf Manus Schoß gelegt hatte. Ihre Gespräche waren abgeebbt und es breitete sich eine Stille zwischen ihnen aus, die irgendwie angenehm war. Manu strich immer wieder leicht über seine Beine, welche in seinem Schoß lagen. Draußen war es schon dunkel, es war schon später Abend. Sollte Jan nicht langsam versuchen, ihn zu küssen, zu streicheln oder sonst etwas Derartiges? Oder wartete er darauf, dass Manu den Anfang machte, sich zuerst annäherte? Er konnte sich gut vorstellen, dass Jan wirklich nur darauf wartete und deshalb tatenlos rumlag. Jan übernahm zwar meistens die Initiative, doch manchmal mochte er es, wenn Manu die Führung an sich nahm und Manu mochte das eigentlich auch. Aber eben nur manchmal, er wartete meistens lieber darauf, dass Jan den ersten Schritt tat.
Doch noch in diesem Moment wurde es Manu zu viel, er wollte ihn küssen und ihn berühren und wenn Jan nicht damit anfing, dann machte er es eben selbst. Langsam strich er mit einer Hand Jans Bein hinauf, bis er an dem Ende seines Hemdes angekommen war. Dort schob er seine Hand unter sein Hemd, lehnte sich über ihn und stütze sich mit der anderen Hand neben seinem Kopf ab. Bevor Jan reagieren konnte, küsste er ihn einfach. Manu konnte fühlen, wie er in den hinein lächelte, im nächsten Moment schob er seine Hand, auf der er sich abgestützt hatte, weg, sodass sein ganzes Körpergewicht nun auf ihm lag.
Die Küsse wurden von Moment zu Moment heftiger, wie schon so öfter an diesem Tag, verirrte sich Jans Hand erneut unter Manus Pullover, nur mit dem Unterschied, dass er ihm diesen nun über den Kopf zog. Nach einer Zeit löste sich Jan von seinen Lippen und begann sich an seinem Hals herab zu küssen. Manu schob seine Hände zwischen sie und versuchte die Knöpfte von Jans schwarzem Hemd zu öffnen. Seine Hände zitterten leicht, da er, ohne das er es wollte, nervös wurde. Er schaffte es gerade Mal, die ersten drei Knöpfe zu öffnen, seine Hände zitterten einfach viel zu sehr. Verdammt, er war doch vorher nie so nervös gewesen, außer vor ihrem ersten Kuss vielleicht.
Da er es einfach nicht schaffte, mehr Knöpfe zu öffnen, zog er ihm das Hemd einfach über dem Kopf. Jan hörte auf Küsse auf seiner Haut zu verteilen und half ihm dabei. Danach versuchte er sie zu drehen, sodass er nun auf Manu lag. Sie mussten beide kurz lachen, da sich dies auf der, nicht gerade breiten, Couch etwas schwerer gestaltete.
Jans Lippen fanden seine endlich wieder und Manu seufzte zufrieden auf. Endlich wieder dieses Haut an Haut Gefühl, kein störrender Stoff zwischen ihnen, jedenfalls obenrum.
Jan legte seine Hände auf seinen Hintern und drückte ihn noch enger an sich. Später strichen seine Hände über Manus Rücken.
Er hielt es nicht mehr aus, er wollte ihm näher sein. In diesem Moment konnte er nicht einmal darüber nachdenken, musste er aber auch nicht. Das hatte er in den letzten Tagen ja mehr als oft getan. Vorsichtig drängte er seine Hände zwischen ihre beiden Körper und fuhr mit ihnen langsam an Jans Oberkörper herab. Er spürte die warme weiche Haut und die leichten, jedoch festen Muskeln darunter. Seine Muskeln waren weit genug ausgeprägt, sodass man sie auch mit freien Augen sehen konnte, jedoch nicht zu bullig. Genau wie seine eigenen, dies war ein sehr schöner Nebeneffekt von einem richtigen Basketballtraining. Sie mussten oft genug Liegestütze, Kraftübungen und Ausdauertraining machen.
Manu fuhr mit seinen Händen langsam immer tiefer, bis er an seiner Hose angelangt war. Als er sich daran machte, diese zu öffnen, löste sich Jan von ihm.
„Sollen wir… in mein Zimmer gehen?“, sagte er etwas außer Atem.
Sie sollte schon, aber Manu wollte sich gerade nicht wirklich von ihm lösen, also presste er als Antwort seine Lippen erneut auf seine und nestelte weiterhin an seiner Hose rum. Jan seufzte in den Kuss hinein, löste ihn jedoch nicht erneut. Er versuchte Manu zum Aufstehen zu bewegen, ohne ihre Küsse zu lösen.
Es stellte sich heraus, dass es irrsinnig schwer und aufwendig war, den weg zu Jans Zimmer zu zweit hinzulegen und sich dabei weiterhin zu küssen. Sie stießen öfter gegen eine Wand, eine Tür oder stolperten über manch andere Sachen. Jedes Mal kicherten sie beide kurz auf und versuchten es dann weiter. Nach längerer Zeit, in der sie einfach küssend im Gang standen, gaben sie schließlich auf und sprinteten lachend in Jans Zimmer. Dort blieben sie vor seinem Bett stehen und widmeten sich erneut einander.
Manu schlug die Augen auf und streckte sich, wie immer, wenn er aufwachte. Augenblicklich hielt er inne, da diese Bewegung zu einem unangenehmen Ziehen führte. An dieses Gefühl in seinem Hintern musste er sich erst einmal gewöhnen.
Ja, sie hatten gestern miteinander geschlafen, öfter sogar. Beim ersten Mal hatte sich Manu, trotz Vorbereitung, schmerzhaft verkrampf, daher mussten sie den Versuch abbrechen. Beim zweiten Mal hatte er die Schmerzen kaum mehr gespürt, doch es hatte viel zu kurz gedauert, da sie beide zu schnell fertig geworden waren. Beim dritten Mal war es dann einfach nur mehr schön und verdammt gut gewesen.
Irgendwann zwischen dem zweiten und dritten Mal, das war so gegen halb drei Uhr gewesen, waren sie in Boxershorts bekleidet in die Küche gegangen und hatten sich Pfannkuchen gemacht. Manu hatte plötzlich Heißhunger bekommen und Jan war mit der Idee von Pfannkuchen sofort einverstanden gewesen. So waren sie also mitten in der Nacht in der Küche gestanden und hatten diskutiert, wie man richtige Pfannkuchen machte. Während ihrer Versuche waren nur Zwei angebrannt und darauf waren sie eigentlich ziemlich stolz. Sie hatten dort am Küchentisch gesessen und glücklich ihre Palatschinken gegessen und diskutiert, ob man „Pfannkuchen“ oder „Palatschinken“ sagte.
Nach dem dritten Mal, waren sie dann schließlich, zusammen unter eine Decke gekuschelt, eingeschlafen.
Jan schlief noch, er hatte sich im Schlaf Manu zugewandt, ihre Gesichter waren nur wenige Zentimeter voneinander entfernt, doch ihre Körper berührten sich gar nicht, obwohl sie beide nackt unter einer Decke lagen. Manu musterte sein Gesicht, Jan gab schmatzende Geräusche von sich. Was er wohl träumte?
Langsam streckte er seine Hand aus und fuhr mit einem Finger Jans Gesichtszügen nach. Eines wurde ihm in diesem Moment klar:
Er mochte diesen Jungen wirklich. Er wusste nicht, ob es Liebe war, denn er hatte noch nie jemanden geliebt, aber er mochte ihn. Obwohl er ein Phoenix war, trotz seines schrecklichen Musik Geschmackes, seinen miserablen Kochkünsten und seiner, oft übertriebenen, Selbstsicherheit.
Jan murrte im Schlaf, legte seinen Arm um Manus Hüfte und zog ihn eng zu sich, schlief danach seelenruhig weiter. Manu konnte sich kein Lächeln mehr verkneifen.
Er wollte ihn öfter in seiner Freizeit treffen, diese heimlichen Treffen in der Halle reichten ihm nicht mehr, nicht nach dem gestrigen Tag. Er wollte ihm seinen Tagesablauf erzählen, seinen erfahren. Weiterhin mit ihm stundenlang schreiben, so wie letztens, als er in der Schule war.
Natürlich würde er ihm das nie sagen, er wusste wie mädchenhaft das alle klang, er könnte das nie aussprechen, ohne sich lächerlich dabei vorzukommen. Manu würde es ihm nicht sagen, er würde einfach dafür sorgen. Fürs erste wollte er diesen Vormittag oder wahrscheinlich schon Mittag, noch genießen. Dann würde er abwarten, vielleicht hatte es Jan ja auch so gefallen und er würde sich wieder bei ihm melden. Irgendwie würde er das schon hinbekommen.
Manu unterbrach seine Gedankengänge, als Jan seine Augen auf schlug. Doch er schloss sie bald wieder und murrte leise etwas, dass Manu als „Morgen“ verstehen konnte. Jan war also ein Morgenmuffel und kein Stehaufmännchen. Irgendwie machte ihn das noch ein Stück sympathischer, falls das überhaupt möglich war.
„Morgen“, sagte Manu um weiten deutlicher und lauter als Jan.
Doch dieser öffnete seine Augen erst nach geschätzten zehn, fünfzehn Minuten wieder.
„Morgen“, murrte er dieses Mal deutlicher, während er ihm aus müden hellblauen Augen entgegenblickte.
Manu musste kurz lachen:
„Das hatten wir schon. Du bist am Morgen nicht der hellste hm?“.
Jan zog ihn noch etwas enger an sich und gab ihm einen kurzen Kuss.
„Ich bin in der Früh sehr schnell überfordert“, brummte er leise.
„Wäre mir nicht aufgefallen“.
Jan murrte erneut etwas undeutliches, kuschelte sich erneut in sein Kissen und an Manu ran und schloss seufzend die Augen.
In dieser wohligen Wärme und Jans Nähe war er nach einigen Minuten selbst wieder eingeschlafen.
Als Manu das nächste Mal seine Augen öffnete, fühlte er sich einfach pudel wohl. Es waren so viele Eindrücke auf einmal, welche auf ihn einwirkten. Jans weiche Haut an seiner, die warme Decke unter der sie beide aneinander geschmiegt da lagen. Er lag an Jans Oberkörper gekuschelt, während dieser einen Arm um ihn gelegt hatte. Manu konnte seinen Atem und Herzschlag spüren. Zufrieden seufzend wünschte er sich, dass er jeden Morgen so aufwachen würde. Wobei, er war ja eigentlich in der Früh aufgewacht, nur waren sie dann wieder eingeschlafen.
„Hey, auch wieder wach?”.
Manu konnte schon fast das Grinsen aus Jans Stimme heraushören.
„Morgen”, murmelte er ihm entgegen, was Jan zum Lachen brachte, er konnte seinen Körper unter sich zucken fühlen.
„Diesmal bin nicht ich es, der wieder damit anfängt”, meinte Jan amüsiert.
„Wie spät ist es eigentlich?”, fragte Manu und hob seinen Kopf, um Jan direkt ansehen zu können.
Jan bewegte sich etwas unter ihm, um auf eine Uhr blicken zu können:
„Fast Eins”.
„Oh… Wann sind wir das erste Mal aufgewacht?”, Manu vergrub seinen Kopf an Jans Halsbeuge.
„Keine Ahnung mehr… aber eindeutig zu früh”.
Sie redeten beide in einer sehr ruhigen Tonlage, als ob sie Angst haben würden, dass sie jemand anderen weckten. Natürlich war das Blödsinn, aber Manu war aufgefallen, dass er dies eigentlich immer tat, wenn er bei jemanden übernachtete.
Jan begann sich unruhig unter ihm zu bewegen:
„Ich müsste Mal auf´s Klo… Kannst du?”.
Manu gab nur ein Oh von sich und rollte sich widerwillig von Jan runter. Dieser stand aus dem Bett auf und zog sich eine Boxershorts über:
„Ich… habe leider nichts da, woraus wir Frühstück machen könnten. Wir haben das letzte für die Pfannkuchen aufgebracht. Ich kann dir Kaffee anbieten, aber sonst schaut es schlecht aus”.
„Macht nichts, Kaffee reicht”, eigentlich frühstückte er am Wochenende immer viel und etwas spät, sodass er nicht mehr zu Mittag essen brauchte, doch er wollte vor Jan nicht zu kleinlich wirken.
„Nein… Wir können einfach in ein Café gehen und dort Frühstücken oder besser gesagt Mittagessen”.
„Das klingt gut”.
„Okay, ich geh als erster ins Bad, danach können wir gehen”.
Sobald Manu aus dem Bett stieg umgab ihn schon unangenehme Kälte, das Bett war einfach viel zu angenehm warm, um es zu verlassen. Schnell holte er sich sein Handy und kuschelte sich dann wieder in´s Bett, während er einige Nachrichten durchging. Das Bett war noch immer warm und duftete so angenehm nach Jan, ihn und der letzten Nacht. Nach seinen Nachrichten checkte er auch gleich den Busfahrplan mit seinem Handy.
Er musste heute wieder nach Hause, die Zeit mit Jan war irgendwie viel zu schnell vergangen, er wollte noch nicht nach Hause. Doch er konnte ja seine Abfahrt so lange wie möglich hinauszögern. Und vielleicht würden sie sich bald wieder so privat treffen, er wünschte es sich jedenfalls.
Als Jan wieder aus dem Bad kam setzte er sich auf das Bett, während er sich seine Haare mit einem Handtuch trocken rubbelte. Manu setzte sich ebenfalls auf und schlug die Decke von seinen Beinen.
„Du… kannst jetzt ins Bad“, Jan musterte ihn nicht gerade unauffällig, doch Manu war dies nur recht, so musste er sich das bei Jan wenigstens nicht verkneifen.
„Okay… Wann soll ich ungefähr nach Hause fahren?“.
„Der letzte Bus fährt um halb Acht. Meine Eltern kommen vorher eh nicht nach Hause, also kannst du ruhig so lange bleiben“, Jan warf sein Handtuch achtlos auf den Boden.
Im nächsten Moment hatte er seine Hand in Manus Nacken gelegt, ihn näher an sich gezogen und seine Stirn an seine gelegt. Manu versuchte ein Grinsen zu unterdrücken, gab es allerdings auf, als seine Mundwinkel trotzdem zuckten. Er konnte Jans nasse Haare spüren und seinen Atem an seinen Lippen, bevor anfing ihn zu küssen. Sofort seufzte er auf und ließ sich auf den Kuss ein. Jans kalte Hände strichen von seinem Nacken, seinen nackten Rücken entlang runter, bis sie bei seinem Hintern angekommen waren. Jan löste seine Lippen von seinen und wanderte mit diesen nun zu seinen Hals hinab, auf welchen er mehrere Küsse verteilte. Seine Hände blieben währenddessen dort wo sie waren.
„Hast du eigentlich Schmerzen?“, hauchte er leise gegen seinen Hals, woraufhin sich eine Gänsehaut über Manus ganzen Körper ausbreitete, die Haut an seinem Hals war nämlich schon gereizt genug von Jans Küssen.
Fragte er, weil er erneut mit ihm schlafen wollte? Oder weil er sich wirklich etwas Sorgen machte? Oder vielleicht beides?
Jan löste sich von seinem Hals und blickte ihn fragend an, kein Wunder, er hatte ja noch immer nicht geantwortet.
„Schon. Gehört wohl dazu“, gab er zu.
Die etwas kalten Hände verschwanden von seinem Rücken, im nächsten Moment strich er ihm mit einer Hand durch die Haare, während er ihm einen seltsamen Blick zuwarf.
„Tut mir leid“, hörte er ihn leise murmeln.
„Muss es nicht, das nächste Mal musst einfach du herhalten“, meinte Manu grinsend, worauf Jan ihn überrascht anblickte.
Er konnte nicht anders, als über seinen Gesichtsausdruck zu lachen, woraufhin sich der überraschte Blick in einen genervten änderte.
Manu beugte sich grinsend vor, um ihn zu küssen.
„Ich geh dann mal ins Bad“, meinte er, bevor er aus dem Zimmer verschwand.
Sie hatten sich in ein Café gesetzt und dort, wie besprochen, das Frühstück nachgeholt. Während des Essens hatten sie sich unterhalten und wenn sie das Reden mal kurz eingestellt hatten, warfen sie sich immer wieder Blicke zu und grinsten sich an. Es war so seltsam, es fühlte sich komplett anders, als ihre Treffen hinter der Halle an, aber irgendwie war es auch gleich. Während sie am Tisch saßen, berührten sich ihre Füße unter dem Tisch immer wieder willkürlich, die Kellnerin hatte ihnen deshalb ein Mal einen sehr seltsamen Blick zugeworfen, worüber sie beide aber nur gelacht hatten.
Ihr Tisch war von der Kellnerin abgeräumt worden und Manu hatte sich noch einen Kaffee bestellt, als Jan auf das Klo verschwand. Manu hielt die Tasse mit seinen beiden Händen und blickte auf den Milchschaum, der am Boden der Tasse übrig geblieben war. Er war in Gedanken versunken, deshalb schreckte er sich auf, als sich plötzlich jemand zu ihm an den Tisch setzte. Als er von einer Tasse aufblickte fand er zu seiner Überraschung aber nicht Jan gegenüber von sich vor.
Sein Herz setzte für einen Moment aus. Scheiße. Das war Andre, Jans Teamkollege.
„Was machst ein Raven denn hier? Ist das nicht die falsche Stadt?“.
„Sagt einer, der in unserer Stadt trainieren muss, weil er keine Halle hat“, konterte Manu.
„Denkst du nicht, dass es gefährlich ist, in so einer Weste in unserer Stadt rumzulaufen?“, Andre deutete auf ihn, er hatte noch immer die Weste von gestern an, auf welcher das Logo der Ravens oben war.
„Willst du mir etwa drohen?“, Manu lachte auf.
So verfeindet sie auch waren, Prügeleien würden sie sich nicht anfangen, das war dann doch etwas zu lächerlich.
„Nein, nein. Aber man muss echt selbstbewusst sein für sowas. Du kennst ja unsere Fangemeinde“.
Wo er recht hatte, hatte er reicht. Die Fangemeinden von den Ravens und den Phoenix waren nicht ohne. Ein großer Teil von ihnen bestand aus älteren Menschen, die sich während der Spiele betranken und so noch aggressiver waren, was blinde Schiris anging.
„Also, was hat dich hierher verschlagen? Manu richtig?“.
Der Grund für seine Anwesenheit kam gerade aus dem Herrenklo zurück und blieb wie versteinert stehen, als er sah, dass Manu nicht mehr alleine am Tisch saß. Manu versuchte weiterhin auf Andre zu blicken, er sah jedoch aus seinen Augenwinkeln, wie Jan einen überraschten Gesichtsausdruck annahm und dann langsam, als ob er Angst hätte, dass Andre seine Schritte hören könnte, wenn er denn schneller gehen würde, wieder in die Herrentoilette verschwand.
„Ich war nur jemanden besuchen, aber das hat sich erledigt. Ich verschwinde dann mal wieder in meine Stadt“, er warf einige Scheine auf den Tisch und stand dann auf.
„Man sieht sich am Spielfeld“, grüßte er Andre, bevor aus dem Café verschwand.
Er war wütend, wusste aber nicht warum. Frustriert lief er die Straße entlang, zurück zu Jans Haus. Warum war Jan wieder auf das Klo verschwunden? Hätte er sich nicht einfach dazu setzten können? Natürlich war es klar, dass er Andre nicht sagen wollte, was sie miteinander taten. Das war auch nicht nötig. Er hätte ihm nicht sagen müssen, dass sie mit einander geschlafen haben oder dass sie sich seit Monaten trafen, um miteinander rumzumachen, aber verdammt! Hätte er nicht so tun können, als ob sie sich aus Versehen im Café getroffen hatten? Oder…
„Verdammte Scheiße!“, murrte er laut, woraufhin er einen überraschten Blick von einer Frau bekam, an der er gerade vorbeigegangen war.
Es war von Anfang an klar gewesen, dass sie niemanden etwas sagen würden. Sie hatten nie darüber geredet, aber es war einfach so gewesen. Er selbst hatte es ja auch nur Martin gesagt. Wieso störte es ihn auf einmal? Weil nach diesem Wochenende alles anders war? Manu schnaubte entnervt.
Von wegen, gar nichts war anders. Ja, sie hatten mit einander geschlafen und ja, er war sich jetzt sicher, dass er mehr für Jan empfand, aber was hatte sich sonst schon geändert? Alles würde gleich bleiben.
Sie würden sich weiterhin heimlich hinter der Tribüne treffen, vielleicht hin und wieder mit einander schreiben und falls Manu wirklich Glück hatte, würden sie irgendwann mal wieder ein Wochenende miteinander verbringen.
War das alles, was er sich zu erhoffen hatte? Manu hasste sich im Moment selbst dafür, dass er auf mehr hoffte. Jan hatte ihn nicht enttäuscht, er konnte ihn nicht enttäuschen, immerhin waren sie sich einander nichts schuldig. Sie trafen sich heimlich und sie hatten nie vor, dies zu ändern. Also konnte er gar nicht wütend auf Jans sein, denn sie hatten beide nie etwas anderes von einander erwartet. Wieso also, reichte es ihm auf einmal nicht mehr? Und wieso musste ihm das genau nach diesem Wochenende klar werden? Oder wurde es ihm gerade klar, weil sie so viel Zeit zusammen verbracht haben? Wünschte er sich deshalb auf einmal eine normale Beziehung?
Er hasst es, die ganzen Gedanken und Fragen.
„Hey! Manu warte“, hörte er plötzlich Jans Stimme hinter sich, als dieser ihn einholte, „Du warst ganz schön schnell weg“.
„Mhm“, jetzt hatte er ihn eingeholt und begann neben ihm herzulaufen.
„Das war echt knapp, was hat Andre zu dir gesagt?“.
„Er hat mich gefragt, was ich hier mache“.
„Und was hast du gesagt?“.
Hatte er etwa Angst, dass er sie verraten hatte? Dachte er wirklich, dass er so dumm sein würde, ihn ohne sein Wissen zu outen? Traute er ihm das zu?
„Die Wahrheit natürlich, dass wir die Nacht zusammen verbracht haben. Dabei habe ich kein einziges Detail ausgelassen“, murrte er sarkastisch.
Jan blickte ihn überrascht an, bevor er jedoch etwas sagen konnte, redete Manu weiter:
„Ich habe ihm gesagt, ich würde jemanden besuchen. Mehr nicht. Was denkst du denn?“.
Er konnte Jans Nähe gerade einfach nicht ausstehen. Nicht weil er so wütend auf ihn war, sondern einfach weil er so wütend auf sich selbst war. Manu hatte eigentlich keinen Grund wütend zu sein, war es aber einfach. Deshalb war er genervt von sich selbst. In dem Moment verstand er sich einfach selbst nicht, er wusste nur, dass er weg wollte.
„Nichts, ich… Egal“.
„Ja, egal. Ich muss jetzt gleich nach Hause“, erklärte er.
„Warum? Ich dachte, du bleibst bis später?“.
Weil ich mich wie eine verdammte Tusse aufführe, die mehr von dir will, aber ihr verdammtes Maul nicht aufmachen kann, weil sei genau weiß, dass es sowieso zu nichts führen würde!
„Hab vergessen, dass ich morgen eine Mathe Prüfung habe. Und ich bin scheiße in Mathe“.
Das stimmte sogar, obwohl er sicher nicht für diese Prüfung lernen würde, dass würde so spät auch nichts mehr bringen.
„Oh… Das ist schade“, Jan klang ehrlich bedauernd, was Manu ihm sofort glaubte, immerhin musste er sich ja jetzt wieder alleine beschäftigen.
„Mhm“
Schweigend gingen sie zu Jans Haus, Manu war noch immer genervt und Jan hatte offensichtlich nichts mehr zu sagen, das war vielleicht auch besser so.
Als sie das Haus betraten, ging Manu geradewegs ins Badezimmer, um seine restlichen Sachen einzusammeln, verschwand dann in Jans Schlafzimmer um seine Tasche fertig zu packen. Während der ganzen Zeit stand Jan im Gang und beobachtete ihn dabei. Nach einer kurzen Weile stieß er sich von der Wand ab und folgte ihm ebenfalls ins Schlafzimmer.
,,Hast du alles?”, fragte er.
Das war der erste Satz, der seit gut 15 Minuten zwischen ihnen gefallen war, Manu nickte, während er den Reisverschluss seiner Tasche zuzog.
Sofort schulterte er sie und wollte wieder in den Gang gehen, um sich seine Schuhe anzuziehen, doch Jan Jan hielt ihm am Arm fest.
,,Musst du wirklich schon gehen?”, die blauen Augen blickten ihn komisch an. Manu konnte nicht deuten, was dies für ein Blick war, Jan ließ keine Regung zu, blickte ihn einfach nur an.
,,Ja, ich muss den Bus noch erwischen. Der nächste kommt erst am Abend. Und ich muss wirklich lernen”, eigentlich lügte er ihn ja nicht an. Er hatte wirklich eine Matheprüfung am nächsten Tag und eigentlich sollte er wirklich lernen. Eigentlich.
,,Und das ist dir erst heute eingefallen?”, er blickte ihn skeptisch an.
,,Ja, weil mich vorher jemand angeschrieben hat, ob ich schon gelernt habe”, das war jetzt wirklich eine Notlüge. Es fühlte sich komisch an, er hatte Jan noch nie bewusst angelogen.
,,Mhm… Das ist wirklich blöd. Musst wohl ´ne Nachtschicht beim Lernen einlegen”.
,,Hm, schlafen werde ich wohl wirklich nicht”, murmelte Manu während er seine Schuhe anzog, überrascht bemerkte er, dass Jan es ihm gleichtat.
,,Was tust du?”, fragte er, nachdem sie sich beide wieder aufgerichtet hatten.
,,Na was wohl, ich begleite dich noch zum Bus”, erklärte er, als ob es selbstverständlich gewesen wäre. War es das? Wollte Jan das wirklich tun oder tat er es nur, weil er sich dazu verpflichtet fühlte?
,,Das musst du wirklich nicht”, Manu wollte nicht mehr in seiner Nähe sein, er wollte einfach alleine sein und nachdenken. Über Jan und sie beide.
,,Hab ich was falsches gemacht? Oder bist du auf einmal so… abweisend?”.
Manu seufzte auf und fuhr sich mit seiner Hand über sein Gesicht. Jan hatte es also bemerkt. In dem Moment tat es ihm leid, denn er wusste, dass er ihm Unrecht tat. Jan konnte nichts dafür, dass Manu auf einmal nicht mehr wusste, was er wollte. Er hatte vollkommen normal reagiert, als er im Café wieder auf das Klo verschwunden war, immerhin wusste wirklich niemand von ihnen. Aber irgendwie fras es Manu innerlich auf, dass er plötzlich mehr wollte und doch alles beim alten blieb.
,,Manu, sag es mir einfach”.
Manu trat auf ihm zu und küsste ihn kurz. Es war ein keuscher, einfacher Kuss.
,,Es ist nichts. Ich muss einfach weg”, meinte er, als sie sich von einander lösten.
,,Okay… Aber, weißt du, ich will mindestens einen richtigen Kuss”, meinte Jan grinsend und zog ihn eng an sich. Manus Tasche fiel mit einem lauten Knall auf den Boden, als Jan ihn gegen die Wand drängte.
03:15 sagten ihm die Ziffern, als er auf die Uhr blickte. Manu hatte die ganze Zeit versucht zu schlafen, hatte sich aber einfach nur in seinem Bett hin und her gewälzt. Im Dunklen tastete er auf seinem Nachtkasten herum, bis er sein Handy gefunden hatte. Innerlich fluchend kniff er seine Augen zu, als er sein Handy entsperrte, das Licht vom Handy Display war einfach zu hell, seine Augen hatten sich bereits an die Dunkelheit gewöhnt.
Das Wochenende war echt schön mit dir.
Viel Spaß mit Mathe, schreib mir morgen, wie es dir gegangen ist.
Las er die Nachricht zum bestimmt zehnten Mal. Aber er hatte keine Lust darauf zu antworten.
Sie standen den Nachmittag noch lange knutschend im Gang, bevor es jedoch zu mehr werden konnte, hatte Manu sich von ihm gelöst und war schnell aus der Haustür verschwunden, mit der Begründung, dass er noch den Bus erwischen musste.
Als er dann nach Hause gekommen war, war er geradewegs in sein Bett gefallen. Die fette Sporttasche lag noch immer unausgepackt neben seinem Bett. Die Schultasche lag unberührt auf seinem Schreibtischsessel, er hatte sein Matheheft noch nicht einmal ausgepackt.
Manu war noch nie so lustlos gewesen, er hatte zu rein gar nichts Lust. Nicht zum Lesen, nicht zum Musik hören, Serien schauen oder sonst was. Nicht einmal schlafen konnte er. Irgendwann war die Nachricht von Jan eingegangen, die er zuerst gar nicht gelesen hatte, da er auch keine Lust verspürte, mit irgendjemanden zu schreiben. Später hatte er die Nachricht gelesen und sein Handy dann wieder auf den Nachtkasten fallen lassen.
Es war alles viel zu lächerlich.
Alles nervte ihn und er war genervt von sich selbst, einfach, weil ihn alles… nervte. Das war ein Teufelskreis.
Alles nur weil Jans Freund unbedingt in diesem Café auftauchen musste. Nur wegen ihm, machte er sich jetzt verrückt, wegen etwas, worüber er eigentlich nicht nachdenken sollte. Er hätte bis halb Acht bei Jan bleiben können, sich noch einen schönen Tag mit ihm machen können, nichts anderes wollte er eigentlich. Stadtessen mache er sich verrückt.
Das Wochenende hatte alles verändert.
Er wollte eine richtige Beziehung mit ihm, darüber war er sich jetzt im Klaren. Doch er konnte es ihm nicht sagen. Jan wäre nicht dafür, denn welcher Basketballspieler würde schon zugeben, dass er schwul ist und mit einem Jungen, aus einer verfeindeten Mannschaft zusammen war?
Nein, Jan würde ihm den Vogel zeigen oder ihn einfach nur anschweigen. Vielleicht empfand er nicht einmal genug für ihm, vielleicht war Manu nur ein Zeitvertreib.
Wenn er dies aussprach, würde es für immer zwischen ihnen stehen.
Manu seufzte und vergrub sein Gesicht im Kissen. Er konnte das nicht mehr, er konnte sich einfach nicht mehr mit Jan heimlich treffen und mit ihm schreiben, als ob nichts wäre.
Schnaufend fasst er einen Entschluss. Diese heimlichen Treffen würden nicht mehr stattfinden, er würde einfach nicht erscheinen.
Es war viel zu stickig im Zimmer, genervt stand er auf, um ein Fenster zu öffnen. Manu wollte gar nicht wissen, wie oft er in den letzten Stunden an das Wort scheiß und scheiß nervig gedacht hatte, während er so vor sich hindachte.
Unruhig atmete er die kühle Nachtluft ein. Er würde sich nicht mehr mit Jan treffen, so scheiße er sich auch deshalb fühlte, es würde ihm noch schlechter gehen, wenn sie trotz allem so weiter machten wie bisher.
03:30 zeigte der Wecker nun an. In weniger als drei Stunden würde er aufstehen.
In ungefähr vier Stunden, würde er einen Mathetest schreiben, den er vollkommen verhauen würde.
Noch dazu kam der Gedanke, dass er Jan wahrscheinlich nie wieder berühren würde. Außer vielleicht am Spielfeld, wenn sie vor und nach dem Spiel ab klatschten, wenn die Phoenix’ wieder gegen die Ravens spielen würden.
03:40. Den Schlaf konnte er eigentlich vergessen.
AB HIER GEHTS WEITER:
Hey, warum bist du heute nicht zum Training gekommen? Langsam mach ich mir echt Sorgen um dich, antworte doch mal.
Es war Dienstagabend 21:03 Uhr. Jans Training fing um 19:00 Uhr an und dauerte zwei Stunden. Manu lag schon den ganzen Nachmittag im Bett, eigentlich hätte er ab halb Sechs selbst Training gehabt, doch er war zu Hause geblieben. Dem Coach hatte er gesagt, dass er mit dem Lernen nicht klar kam und diese Woche aussetzen musste, weil seine Eltern ihn dazu zwangen.
Ja, das war eine Notlüge, seine Eltern dachten, dass das Training diese Woche einfach ausgefallen ist. Sie wären nie auf die Idee kommen, dass Manu freiwillig ein Training ausfallen lassen würde, also haben sie auch nicht weiter nachgefragt.
Das war bereits die dritte Nachricht von Jan. Gestern hatte er ihn angeschrieben und gefragt, wie Mathe gelaufen sei. Stunden später hat er ihm erneut geschrieben, weil keine Antwort kam. Natürlich wusste Jan, dass er die Nachricht gelesen hatte und einfach nicht antwortete.
Manu wollte nicht antworten und er wollte ihn auch nicht sehen. Seit ihm klar wurde, dass das sowieso alles unsinnig war. Er verbachte seine Tage damit, im Bett rumzuliegen und sich irgendwie von der ganzen Sache abzulenken. Sogar seine Hausaufgaben erledigte er diese Woche alle peinlichst genau, weil er einfach irgendeine Beschäftigung brauchte. Er ging viel Laufen und trainierte daheim etwas, zum Training konnte er ja nicht, und auf dem Spielfeld draußen hätte ihn einer seiner Kollegen sehen können. Das durfte nicht passieren, denn offiziell lernte er ja für seine Mathe Nachprüfung.
Jan schrieb ihm täglich mehrere Nachrichten, Manu ertappte sich dabei, wie er immer wieder auf sein Handy schaute, um zu sehen, ob er erneut geschrieben hatte. Oft hatte er auch überlegt, was er antworten könnte. Einige Male hatte er sogar angefangen eine Antwort einzutippen, diese aber sofort wieder gelöscht, weil er sich dumm dabei vorkam. Donnerstag hatte er das Handy dann ganz ausgeschaltet, weil er keinen Nerv mehr dazu hatte, stündlich auf das Display zu sehen und auf eine weitere Nachricht zu hoffen, auf welche er sowieso nicht antworten würde.
Freitagmorgen schaltete er es wieder ein. Gespannt wartete er und war enttäuscht, als ihm sein Display keine neue Nachricht ankündigte, in diesem Moment fing er wieder an, sich selbst für seine Enttäuschung zu hassen.
Wieso war er enttäuscht? Er hatte ihm die ganze verdammte Woche nicht geantwortet. Wieso wünschte er sich dann, dass Jan es weiterhin versuchte? Den meisten wäre es wahrscheinlich schon nach einem Tag zu nervig geworden. Wieso konnte er sich nicht einfach damit abfinden, dass es unnötig war, sich um den ganzen Umstand so viele Gedanken zu machen?! Schließlich versuchte er den Kontakt abzubrechen und nicht Jan, wieso wunderte er sich dann, dass Jan sich langsam aufgab?
Frustriert atmete er laut aus, er benahm sich wie eines dieser nervigen Mädchen, die nicht wussten was sie wollten und damit alle verrückt machten. Manu hasste solche Mädchen, er sah sie immer wieder in Filmen. Nie hätte er gedacht, dass er eines Tages selbst so enden würde. Das war echt ein neuer Tiefpunkt.
Den ganzen Schultag über war Manu gereizt, für seine Mitschüler war dies nichts neues, er war schon seit Montag seltsam drauf, jedenfalls sagte das jeder zweite zu ihm. Heute musste er zum Training kommen, er konnte keinem erzählen, dass er am Freitagabend lernte, das würde ihm sowieso kein Mensch glauben. Jan würde heute auch Training haben und er würde auch bemerken, dass Manu wieder dabei war. Doch Manu würde sicher nicht wie immer hinter der Tribüne auf ihn warten. Die Zeiten waren vorbei, auch wenn ein Teil von ihm sich das so sehr wünschte. Selbst wenn er das machen würde, Jan würde wahrscheinlich gar nicht mehr auf ihn warten, nachdem er ihm eine Woche aus dem Weg gegangen war.
Manu überkam erneut ein mulmiges Gefühl, als er vor der Tür der Halle stand. Er schloss die Augen und atmete tief durch, bevor er seine Hand hob, um die Tür zu öffnen. Immer wieder ging er es durch, er hatte sich fest vorgenommen, was er die nächsten Stunden machen würde.
Er würde sich jetzt umziehen, sich mit anderen mobilisieren und aufwärmen. Dann würde er versuchen, sich, so gut wie möglich, auf das Training zu konzentrieren, immerhin hatte er drei Einheiten verpasst und hatte sicherlich sehr viel zum Aufholen. Heute durfte er sich keine Fehler erlauben, vor allem nicht wegen seiner Unkonzentriertheit, denn darunter würde das ganze Team leiden.
Nach dem Training würde er versuchen, schnell in die Umkleide zu kommen, bestenfalls ohne dabei von Jan gesehen zu werden. Dann würde er, ohne zu duschen, so schnell wie möglich, nach Hause kommen, duschen konnte er dort auch.
So der Plan, so weit so gut, jetzt musste er sich nur daran halten. Seufzend öffnete er seine Augen und steuerte auf die Tür seiner Kabine zu. Die Sporttasche auf seinen Schultern kam ihm auf einmal so schwer vor. Bevor er die Tür öffnete, riss er sich nochmal kurz zusammen. Er konnte schon die Musik aus der Kabine hören, einer seiner Kollegen nahm immer eine Box mit, und drehte diese ziemlich laut auf.
Die Jungs durften nicht merken, dass etwas mit ihm nicht stimmte. Aber das würden sie auch nicht, dafür würde Manu sorgen. Mit einem aufgesetzten Lächeln machte er die Tür auf und wurde schon von den ersten begrüßt.
„Manu, was ist los mit dir?“, Martin reichte ihm seine Flasche bevor sie beide in die Kabine gingen.
„Was soll mit mir sein?“, fragte er gereizt und schnappte sich die Flasche.
„Du hast heute so viele Fehler gemacht, dass ist nicht normal“, mischte sich ein anderer Mitspieler in ihr Gespräch ein.
„Ich hatte seit einer Woche kein Training und bin müde“, murrte er.
„Ist es wegen dem Wochenende? So schlecht gelaufen?“, fragte Martin, als er sicher war, dass die anderen sie nicht hören würde.
Martin wusste ja als einziger Bescheid, er nervte ihm schon die ganze Woche mit Fragen über sein Wochenende, doch Manu hatte ihm bis jetzt keine Antwort gegeben.
„Das geht dich ja wohl nichts an“, zischte er, während er sich schnell umzog.
„Du hast mir tagelang die Ohren vollgeheult deswegen, es geht mich sowas von etwas an“, entgegnete er.
Martin saß neben ihm und ist gerade mal dazu gekommen, sich die Schuhe auszuziehen, er hatte es nicht so eilig wie Manu. Die anderen waren alle schon unter der Dusche.
„Ich habe dich einmal um einen Rat gebeten und dir nicht tagelang die Ohren vollgeheult, okay?“.
„Jetzt spuck´s doch einfach aus“, Martin trank etwas aus seiner Flasche, während Manu seine letzten Sachen in seine Tasche stopfte.
„Kann nicht, muss schon los“.
Überrascht hob Martin seine Augenbrauen:
„Jetzt schon? Duscht du nicht? Und stalkst dann die Feinde?“.
„Ich bin kein Stalker und nein, das tu ich nicht“.
„Wow, da ist echt etwas sehr schief gelaufen“.
„Ist es nicht, es ist nur… Vergiss es, lass mich einfach in Ruhe damit okay?“.
„Na schön, da will man einmal nett sein…“.
„Ciao Jungs, ich bin dann weg“, brüllte Manu in die Richtung der Duschen und erhielt einige Antworten.
Vor der Tür blieb Manu allerdings angewurzelt stehen, was wenn die Phoenix erst jetzt kamen und er ihnen beim Verlassen der Kabine begegnen würde?
„Keine Sorge, sie sollten schon in der Halle am Aufwärmen sein“, hörte er Martin hinter sich sagen.
„Okay.. Mach´s gut“, murrte Manu und öffnete die Tür.
„Bis Montag“, hörte er ihn noch sagen.
„Manu!“, hörte er plötzlich eine bekannte Stimme hinter sich und spürte ihm nächsten Moment eine Hand auf seiner Schulter.
Er hatte es bis zur Tür geschafft, er hatte es fast geschafft, doch als er sich umdrehte sah er Jan hinter sich stehen, in Basketballshorts und einem Trikot. Hatte der Kerl immer schon so unverschämt gut ausgesehen? Oder bildete Manu sich das bloß ein, weil er seit Tagen wegen ihm nicht schlafen konnte?
„Wo gehst du hin?“, Manu konnte nicht sofort auf diese Frage antworten, er war zu sehr von diesen Augen abgelenkt.
„Nach Hause?“, erst im nach hinein merkte Manu, wie unsicher seine Stimme geklungen hatte.
„Aber warum? Willst du nicht hinter der Tribüne warten?“, Jans Stimme klang seltsam, als er diese Frage stellte, Manu konnte nicht einordnen was mit ihr nicht stimmte.
„Was machst du hier? Seit ihr nicht beim Aufwärmen?“.
Manu wollte nicht antworten, daher stellte er lieber eine Gegenfrage. Er konnte hören, wie der Trainer der Phoenix Kommandos brüllte, darauf folgten die Geräusche von Schuhen, welche über den Boden der Halle sprinteten.
„Ich habe meine Flasche vergessen, damit ich mit dir reden kann. Warum hast du nicht geantwortet und wieso warst du die ganze Woche nicht beim Training?“.
Wurden sie dafür denn nicht bestraft? Wenn jemand von ihnen sein Trinken in der Kabine vergas, musste er 50 Cent in die Mannschaftskassa zahlen, oder drei Liniensprints laufen, je nachdem wie ihr Coach gerade aufgelegt war.
„Ich war beschäftigt“, antwortete Manu während er mit den Achseln zuckte.
„Zu beschäftigt, um auf eine einfache Nachricht zu antworten?“, hakte Jan nun etwas lauter nach.
Wusste der verdammte Junge nicht, wie gefährlich das gerade war? Jeden Moment konnte jemand aus seinem Team aus der Kabine kommen und ihr Gespräch bemerken.
„Solltest du nicht langsam zurück in die Halle? Die bemerken noch, dass du deine Flasche zu lange suchst“.
„Scheiße Manu, was ist los?“, Jan packte ihn an seinen Schultern und drückte ihn gegen die Wand. Manu konnte nicht schnell genug reagieren und auf einmal befanden sich nur noch Millimeter zwischen ihren beiden Gesichtern.
Lange schauten sich beide tief in die Augen, ohne etwas zu sagen, im Hintergrund hörte man, wie der Coach durch die Halle brüllte und die ersten damit begannen, mit ihren Bällen zu dribbeln. Diese Geräusche vermischten sich mit der lauten Musik, welche aus der Kabine von den Ravens kam.
Doch Manu war abgelenkt, er bekam diese Geräusche nur schleierhaft mit, viel sehr war er mit Jans Nähe beschäftigt. Es befand sich eine seltsame Spannung zwischen ihnen, Jan war offensichtlich wütend auf ihn und trotzdem war diese Anziehung da. Diese Nähe erinnerte ihn zu sehr an ihre gemeinsame Nacht und so breitete sich langsam Erregung in ihm aus, Jan schien es da nicht anders zu ergehen, Manu konnte es spüren. Jan presste ihn so sehr mit seinem Körper an die Wand, dass es unmöglich war, seine Erregung nicht zu bemerken.
Jans Gesicht kam noch näher, jeden Moment würde er ihn küssen, Manu wusste es. Und er wusste auch, wo sie sich befanden. Doch die Tatsachen, dass das alles andere als der geeignete Ort dafür war und dass er mit Jan eigentlich nichts mehr zu tun haben wollte, erreichte sein Gehirn gerade nicht. Viel mehr wünschte er sich die Berührung ihrer Lippen herbei, dies und andere Sachen.
Manu hatte seine Augen bereits geschlossen und spürte schon beinahe die Berührung auf seinen Lippen, als Jans Körper sich plötzlich anspannte.
„Jungs, ich unterbrech euch nur ungerne, aber das ist echt der falsche Ort für so etwas“, hörte Manu plötzlich Martins Stimme. Irrte er sich oder klang dieser gerade wirklich amüsiert?
Jan rührte sich nicht sondern blickte Martin nur erstarrt an. Manu atmete erleichtert aus und schob Jan von sich, der noch immer keinen Mucks von sich gegeben hatte. Sie hatten verdammt Glück, dass genau Martin sie erwischte, jeder andere aus seinem Team hätte nicht mehr so amüsiert reagiert.
„Entspann dich, ich weiß Bescheid“, Martin machte mit seiner Hand eine abwinkende Bewegung.
Jan blickte Martin überrascht an, dann blickte er zu Manu:
„Stimmt das?“.
Manu blickte Jan an ohne zu antworten, eigentlich hatten sie es ja für sich behalten und niemanden von ihren Treffen erzählt, sie hatten das nie besprochen, aber es war eine unausgesprochene Abmachung gewesen. Augenblicklich änderte sich Jans Gesichtsausdruck, aus der überraschten Miene wurde schnell eine wütende.
„Wer weiß es noch? Das ganze Team? Euer Trainer? Bin ich eine scheiß Lachnummer für euch? Weil ich was mit-“.
„Keiner außer ihm weiß es, aber wenn du weiterhin so rum brüllst ändert sich das ja vielleicht, willst du das?“, zischte ihn Manu leise an.
Jan wollte erneut etwas sagen, doch nun kam Martin ihn zuvor:
„Du solltest dich wieder deinem Team anschließen, bevor die anderen aus der Kabine kommen und sehen, wie ein Phoenix mit uns streitet“.
„Nicht ehe-“, bevor Jan seinen Satz beenden konnte, trat Ben aus der Kabine der Ravens.
Mitten im Satz hörte er auf zu sprechen und begab sich mit schnellen Schritten zurück in die Halle.
„Was war denn mit dem?“, fragte ihr Mitspieler verwundert.
„Hat sein Trinken in der Kabine vergessen. Die Arschlöcher müssen dafür nicht mal zahlen“, hörte Manu Martin sagen.
Manu verabschiedete sich erneut mit einem Wort bei ihnen und verließ dann das Gebäude. Immer noch etwas abwesend machte er sich auf den Weg nach Hause, er war sogar zu unfähig, sich seine Kopfhörer auf dem Heimweg auf zu setzten. Den ganzen Weg über hatte er nur vier Wörter in seinem Kopf, welche sich immer wieder wiederholten.
Was war das gerade?
Den ganzen Samstag lag Manu nun schon im Bett und starte an seine Decke. Seine Anlage war aufgedreht und die Töne von Lauten Gitarren und dem Gesang von dem Sänger füllten sein ganzes Zimmer. Er bekam nicht wirklich mit, welches Lied zurzeit abgespielt wurde, doch es war ihm egal. Das einzig wichtige war, die Stille zu vertreiben, denn er konnte sie einfach nicht mehr ertragen.
Langsam wurde er immer unruhiger, bald würde er verrückt werden. Er hatte einfach nichts mehr zu tun und das machte ihn wahnsinnig. Hausaufgaben hatte er bereits alle gemacht, seine Hausarbeiten hatte er ebenfalls gemacht und er war schon eine Stunde Laufen gewesen. Und jetzt hatte er einfach auf rein gar nichts Lust. Serien oder Filme schauen war unmöglich, genauso wie Lesen oder sonstiges, er konnte sich einfach auf nichts konzentrieren. Sein Zimmer war bereits so sauber, wie noch nie, seine Mutter hatte schon skeptisch geschaut, als sie es kurz betreten hatte.
Jetzt lag er da und konnte seinen Gedanken nicht mehr entkommen. Dieser panische Blick welchen Jan hatte, als er gedacht hatte, Martin hätte sie entdeckt, er hatte sich in sein Gehirn eingebrannt. Manu hatte die pure Panik in seinem Blick sehen können, außerdem konnte er spüren, wie sich von einer Sekunde zur anderen sein ganzer Körper angespannt hatte.
Entspann dich, ich weiß Bescheid.
Und dieser eine Satz, welchen Martin gesagt hatte, dieser Satz, hatte einfach ausgereicht, dass aus Jans Panik Wut wurde. Was hatte er sich bitte gedacht?
Bin ich eine scheiß Lachnummer für euch?!, hatte er gefragt. Jan hatte Angst, hatte sich sonst was von Manu gedacht. Irgendwie störte Manu das mehr, als es ihn stören sollte. Traute Jan ihm das wirklich zu? Dass er ihn verarschte und sein ganzes Team Bescheid wusste? Okay, er hatte es Martin erzählt, aber meine Güte er brauchte nun mal auch jemandem zum Reden. Oder hatte Jan das vielleicht nur aus der Überraschung heraus gesagt?
Seufzend vergrub Manu sein Gesicht tiefer in seinem Kissen. Wäre das denn so schlimm? Verdammt, sie könnten nie zusammen sein, nicht offiziell, doch aus irgendeinem Grund wünschte Manu sich das. Im gleichen Moment hasste er sich selbst dafür, weil er genau wusste, dass dies unmöglich und bloßes Wunschdenken war.
Manu versuchte sich auszumalen, wie es wohl sein würde, wenn jeder über sie Bescheid wusste. Martin hatte ganz harmlos reagiert, aber da war er wahrscheinlich auch der einzige von seinem ganzen Team. Aber Martin wusste auch schon länger, dass Manu eine Vorliebe für Jungs hatte. Manu hatte sich nicht einmal outen müssen, Martin hatte ihn irgendwann von selbst darauf angesprochen.
„Stehst du eigentlich auf Jungs?“, Martin blickte ihn fragend an.
Sie lagen beide zusammen unter den Schatten eines Baumes, es war ein warmer Sommertag und sie verbrachten den Nachmittag in einem Freibad. Beide lagen sie auf ihren Decken und beobachteten das Geschehen des Beckens, welches in ihrem Blickfeld lag.
„Wie kommst du auf sowas?“, antwortete er mit einer Gegenfrage.
„Ich bin nicht blind, aber du bist es“.
„Was?“, Manu verstand kein Wort.
„In der letzten Viertel Stunde sind mindestens vier gut aussehende Mädels hier vorbeigekommen, doch du hast nicht einer nach geschaut. Vorher als wir schwimmen waren, hast du aber den einen Typen im Sportbecken so genau beobachtet. Ich dachte zuerst du bewunderst ihn, weil er so schnell ist, aber naja“.
„Hm…“, also waren die Blicke doch zu auffällig gewesen, verdammt.
„Also? “.
Manu blickte an Martin vorbei, für einen Moment dachte er darüber nach ihn anzulügen, andererseits… Es hätte sich schon gut angefühlt, endlich mit jemandem darüber reden zu können. Aber wollte er überhaupt darüber reden?
„Okay, dein Schweigen sagt alles, mehr muss ich nicht wissen“, Martin legte sich wieder, nachdem er sich kurz aufgesetzt hatte, hin und bedeckte sein Gesicht mit seinem rechten Arm.
„Stört dich das denn nicht?“, fragte Manu verwundert. Eigentlich hatte er damit gerechnet, dass Martin jetzt abhauen und nie wieder mit ihm reden würde.
„Solange du nicht auf mich stehst geht mich das nichts an. Stehst du auf mich?“, Martin nahm nun seinen Arm aus seinem Gesicht und blicke Manu grinsend an. Manu konnte sich ein Lachen nicht verkneifen, das war viel zu absurd.
„Hey, lach nicht, was ist daran so abwegig?“.
„Tut mir leid, aber du bist echt alles andere als mein Typ“.
„Was ist denn dein Typ?“.
„Ich weiß nicht, aber du bist es auf jeden Fall nicht… Aua! Was denn? Würdest du das überhaupt wollen?“, Martin hatte ihn geschlagen.
Seit diesem Zeitpunkt betrachtete Manu ihn als seinen besten Freund, immerhin war er der einzige, dem er solche Sachen anvertrauen konnte. Er sagte ihm zwar nicht alles, doch es fühlte sich gut an, dass er genau wusste, dass er jederzeit die Möglichkeit hatte, sich bei ihm auszureden.
Martin hatte locker reagiert, doch wie würden die anderen das aufnehmen? Die meisten würden ihn aus dem Weg gehen, sich nie wieder vor ihm umziehen oder duschen wollen, einige würden sicher größere Probleme haben und ihn beleidigen. Er wusste nicht wie sein Team zu Homosexuellen stand, sie hatten nie wirklich darüber geredet.
Einige wenige wären vielleicht so tolerant und würden den Körperkontakt und die Nähe zu Manu nicht ganz vermeiden wollen. Doch auch diese würden ihn spätestens verprügeln, wenn sie hören würden, dass er etwas mit Jan, dem Pointgard der Phoenix am Laufen hatte. Aber hatte er das überhaupt noch?
Das war doch scheiß egal, so oder so würde aus ihm und Jan nie etwas Offizielles werden, doch auf dieses ganze Verstecken hatte Manu wirklich keine Lust und auch keine Nerven mehr, Erneut sah er die Panik in Jans Augen vor sich.
Wäre es so schlimm? Vor was hatte er Angst?
Davor dass alles wussten, dass er schwul war? Dass er etwas mit Manu hatte? Hatte er ein Problem mit Manu selbst? Oder nur damit, dass Manu ein Raven war?
Oder war es einfach das alles zusammen?
Verdammte Scheiße, Manu wollte darüber doch gar nicht nachdenken, nachdenken half nichts, es machte nur noch alles schlimmer, Da wusste er, doch wieso konnte er dann nicht damit aufhören?
Jan passte im Laufen zu seinem Mitspieler, lief weiter und bekam einen Bodenpass, als er unter dem Korb stand. Dann vollführte er einen Reverse Lay Up doch verwarf diesen leider. Manu konnte förmlich den Frust aus Jans Gesicht lesen, kein Wunder, er hatte bereits die letzten drei Körbe verworfen. Sein Mitspieler holte sich den Rebound und warf nach, dieser traf mit dem ersten Versuch. Jan gab den Ball weiter und stellte sich erneut in der Reihe auf.
„Willst du Sonntag wirklich mitspielen oder lässt du dir etwas einfallen?", vernahm er plötzlich Martins Stimme neben sich.
Das Training war seit einer viertel Stunde vorbei, doch Manu und einige andere aus seinem Team waren in der Halle geblieben und hatten sich auf die Tribüne gesetzt, um den Phoenix beim Training zu zusehen. Immerhin spielten sie am Sonntag gegen sie und es konnte nicht schaden, den Feind genauer zu beobachten. Manu wusste selbst nicht, warum er sich das antat, seit er hier saß beobachtete er jede einzelne Bewegung von Jan. Doch dieser hatte ihm bis jetzt keinen einzigen Blick geschenkt, hatte er ihn nicht bemerkt oder ignorierte er ihn einfach? Manu wollte Jan sehen und das war die perfekte Ausrede, immerhin beobachtete er zusammen mit anderen das Training so konnte niemand merken, dass er nur Augen für ihn hatte.
Seit dem Vorfall damals auf dem Gang waren nun genau zwei Wochen vergangen. Jan hatte ihm noch drei Nachrichten geschrieben, doch dann hatte er aufgegeben. Seit dem hatte Manu es vermieden ihm zu begegnen, er war ihm erfolgreich aus dem Weg gegangen, so war dies das erste Mal seit zwei Wochen, dass er ihn sah.
Bitte, ruf endlich zurück und lass uns reden. Sag mir wenigstens, was ich falsch gemacht habe. So viel habe ich ja wohl verdient.
Ich habe immer noch die Royal Blood CD, die ich dir geben wollte.
Verdammt Junge, sag mir wenigstens, dass ich dich in Ruhe lassen soll, anstatt einfach nicht zu antworten.
Manu hatte die Nachrichten, zusammen mit den anderen, sicher um die tausend Mal gelesen und sich gewundert, dass Jan es überhaupt noch probierte. Natürlich konnte er seit diesem Zwischenfall noch weniger schlafen und natürlich dachte er jede freie Minute, mehr als unfreiwillig, über Jan und ihre Lage nach. Doch je mehr er darüber nachdachte, desto mehr wurde ihm bewusst, dass er richtig gehandelt hatte. Aus ihnen würde nie etwas Festes werden, das war ihm eigentlich auch schon von Anfang an klar. Doch er wusste doch erst seit ihrem gemeinsamen Wochenende, dass er etwas Festes wollte!
Es war besser so, er sollte sich nichts mehr vormachen. Doch wann würde er bloß aufhören, ununterbrochen an ihn zu denken und sich nach ihm zu sehnen?
,,Erde an Manu! Bekomme ich irgendwann eine Antwort?", vernahm er erneut Martins Stimme.
Manu hatte vollkommen vergessen, dass Martin neben ihm saß, offensichtlich erwartete dieser eine Antwort, doch ihm war leider entgangen, was Martin ihn vorhin gefragt hatte, bis es ihm nach kurzem Überlegen wieder einfiel.
„Sorry. Ja, ich spiele am Sonntag mit, warum sollte ich mir eine Ausrede einfallen lassen?".
„Tja, ich weiß auch nicht, weil dich das alles noch immer beschäftigt? Und du noch nicht mal antworten kannst, wenn er in der Nähe ist? Wie willst du dich dann beim Match konzentrieren?".
„Ich kann sehr wohl antworten".
,,Ja, so um die fünf Minuten nachdem ich dich gefragt habe. Diese Reaktionszeit wird nicht ausreichen".
Und in diesem Moment geschah es, dunkelbraun traf auf grün, Jan blickte direkt zu ihm, direkt in Manus Augen. Das Team hielt eine Trinkpause, alle standen versammelt da und hielten ihre Trinkfalschen in der Hand. Der Rest des Teams blickte ihnen feindselig entgegen, doch Manu konnte sich nur auf Jans Blick konzentrieren, welcher offensichtlich ihm galt. So sehr er es auch versuchte, Manu konnte den Blick nicht von Jans lösen.
Gott bewahre er wollte es auch nicht!
So oft hatte er sich in den vergangenen Nächten dieses Gesicht vorgestellt. Diese Augen und diesen Körper. Hatte sich buchstäblich nach ihm gesehnt, sich an ihre einzige gemeinsame Nacht erinnert.
Hatte Jan wirklich schon immer so gut ausgesehen? Manu kannte zwar jedes Detail von Jan auswendig, aber jetzt, wo er ihn wieder einmal wirklich vor sich hatte, konnte er es nicht glauben. Hatte er dieses Wochenende wirklich mit diesem Jungen verbracht? All diese Dinge wirklich mit dem Typen erlebt, welcher ihn gerade so einen Blick zu warf? Hatte Manu wirklich den Kontakt selbst unterbrochen? Er verstand gerade selbst nicht, wie er die Kraft dazu gefunden hatte. Außerdem verstand er auch nicht, woher er gerade die Selbstbeherrschung nahm, um nicht quer durch die Halle zu laufen, Jan an sich zu ziehen und ihn einfach zu küssen.
Würde Jan sich wehren? Oder würde er mitmachen? Vor den ganzen anderen würde er ihn wahrscheinlich verprügeln, wenn er überhaupt auch nur in seine Nähe kam. Verdammt!
Warum hatte er diesen Jungen nur jemals kennen lernen müssen?
Warum hatte er ihn damals von dem ersten Anblick fasziniert?
Warum waren sie sich näher gekommen?
Und warum musste alles so kompliziert sein?
Und die wichtigste Frage von allen: Warum konnten sie nicht einfach zusammen verschwinden und erneut eine schöne Zeit miteinander verbringen? So nach dem Motto: Komm, tauchen wir zusammen in eine Höhle ab und vergessen den Rest der Welt.
„Hey, haut gefälligst ab. Wir haben euch ja auch nicht beim Training gestalkt", drängte auf einmal eine Stimme, welche Manu nur wie aus der Ferne mitbekam.
„Wenn ihr uns in Aktion erleben wollt, müsst ihr eben bis Sonntag abwarten", meinte eine andere fremde Stimme.
Doch Manu war es egal, was die fremden Stimmen von ihnen verlangten, seine Aufmerksamkeit galt einzig und allein Jan und diesem schien es nicht anders zu gehen. Doch dann war da eine Hand auf seiner Schulter und sofort war er wieder im hier und jetzt angelangt. Martin hatte ihm einen leichten Schlag verpasst und ihm zum Gehen bewegt.
„Noch zwei Minuten und die ganze Mannschaft hätte gemerkt, was zwischen euch los ist", murmelte ihm Martin leise zu, als sie schon draußen vor der Halle waren. Die anderen Mitspieler hatten sich bereits verabschiedet, es waren nur mehr sie beide übrig.
„Ich weiß nicht was du meinst".
„Schon klar, ihr habt euch ja auch bloß mit den Augen ausgezogen, überhaupt nicht auffällig".
„Von wegen".
War es das? War es wirklich offensichtlich, was zwischen ihm und Jan lief? Wieso wusste Manu dann selbst nicht, was zwischen ihnen war?
Im einem Moment beschloss er, dass er nichts von Jan wollte, dass es das beste für sie beide war, ihm aus dem Weg zu gehen. Doch dann reichte ein Blick aus und Puff, auf einmal war seine ganze Selbstbeherrschung und Überzeugung weg. Ob Jan überhaupt wusste, was er ihm alles mit einem solchen Blick alleine antat? In welches Gefühlschaos er ihn immer wieder aufs Neue stürzte? Wusste er es nicht oder war es ihm einfach egal?
Diese ganzen Fragen, welche seit Wochen in seinem Kopf rumspukten raubten ihm den letzten Nerv. Nicht mehr lange und er würde einfach verrückt werden.
Manu bemerkte erst was er vorhatte, als Martin ihn zurück hielt.
„Wo willst du hin?".
„Nirgendwo hin", entgegnete Manu von sich selbst überrascht.
„Du wolltest in die Halle, dich mit ihm treffen hm? Manu, das ist nicht mal eine schlechte Idee. So kann´s nicht weiter gehen. Ihr solltet das zwischen euch wirklich mal klären. Doch vorher solltest du vielleicht wissen, was du selbst willst. Weißt du das?"
„Ich will ihn", sagte Manu ohne zu überlegen.
„In Ordnung, dann sag ihm das", meinte sein Freund und ließ den Arm, mit welchem er ihn aufgehalten hatte, wieder sinken.
„Das geht nicht. Es ist unmöglich, dass wir zusammen kommen. Ich meine richtig zusammenkommen".
„Du kannst nicht wissen, ob es unmöglich ist, nicht so lange du es nicht probierst".
„Machst du Witze? Wir sind beide Jungs, noch dazu ist er ein Phoenix. Und ich weiß nicht mal, ob er das gleiche auch will", Manu hatte sich erneut auf dem leeren Parkplatz umgeblickt, bevor er dies leise sagte.
„Dann finde raus, ob er das gleiche will".
„Du stellst dir das so einfach vor... Selbst wenn er das gleiche will, es geht einfach nicht".
„Du bist ein verdammt feiges Arschloch, das muss ich dir als bester Freund wirklich sagen.
Wenn du nichts mehr von ihm wissen willst, dann ist das in Ordnung. Wenn du mit ihm zusammen sein willst, dann ist das auch in Ordnung. Wenn du nur Sex von ihm willst, auch gut. Alles ist in Ordnung, solange du es ihm verdammt noch mal sagst! Ihm einfach aus dem Weg zu gehen, ohne ihm zu sagen warum, das ist einfach nur feige.
Der Junge kann keine Gedanken lesen, das kann keiner, du musst ihm schon sagen, was du von ihm willst. Du musst was für dein Glück tun, das kommt nicht einfach von selbst.
Ich hab dir jetzt Wochenlang zugesehen und ich finde es reicht. Du bist selbst für deine Lage verantwortlich und nur du kannst an deiner Lage etwas ändern. Also nimm es hin, oder ändere etwas daran, aber hör auf ihm Selbstmitleid zu baden und konzentrier dich endlich wieder auf andere Sachen! Du hattest lange genug Zeit, dich zu fangen“.
Manu brauchte erst einmal eine Zeit, um das Ganze, was Martin gesagt hatte verarbeiten zu können, von der einen Sekunde zur anderen breitete sich eine unglaubliche Wut in ihm aus.
„Ich bin daran schuld?! Wer hat gesagt, ich soll das Wochenende bei ihm verbringen und dann sehen, was ich will? Jetzt weiß ich was ich will und kann es nicht haben! Du hast keine Ahnung, wie scheiße sich das anfühlt!".
„Du kannst es sehr wohl haben, du musst nur endlich deinen Arsch hoch bekommen und etwas dafür tun!“.
„Ich kann es haben? Sag mir wie Martin und ich mache es! Sag es mir! Soll ich mich outen? Soll ich ihn outen? Sollen wir beide aufhören Basketball zu spielen? Sollen wir zu Volleyball wechseln?“.
Stille breitete sich zwischen ihnen aus, Manu blickte ihn verzweifelt an, doch Martin erwiderte seinen Blick bloß. Manu schulterte seine Sporttasche erneut und blickte seinen Freund weiterhin an:
„Tja, darauf hast du wohl auch keine Antwort“.
Nach diesen Worten drehte er sich um und machte sich auf den Weg nach Hause.
Manu lag in seinem Bett und versuchte zu schlafen, so frisch geduscht nach einem anstrengenden Training konnte er immer am besten schlafen, oft war er da zu müde, um nachdenken zu können. Doch heute war dies nicht so. Hatte Martin recht? Sollte er mit Jan reden? Aber was würde das bringen? Würde er sich am Sonntag wirklich nicht konzentrieren können, wenn Jan im gegnerischen Team spielen würde?
Nein verdammt, er würde sich zusammen reißen und sein bestes geben! Er würde Jan so gut wie möglich ignorieren, es war sowieso ziemlich unwahrscheinlich, dass sie sich gegenseitig decken würden, also würden sie nur sehr selten in der Nähe des anderen sein.
Sein Handy vibrierte und holte ihn damit aus seinen Gedanken.
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Martin hatte ihm vorhin etwas geschrieben, doch er hatte es sich nicht durchgelesen. Die andere Nachricht war von… Jan, natürlich, von wem sonst.
Manu bekam augenblicklich Herzrasen, als er seinen Namen las.
Hab dich heute beim Training gesehen. Hab eigentlich gehofft, dass du hinter der Tribüne auf mich warten würdest…
Viel Glück am Sonntag
Was dachte er sich bloß? Was erwartete er von ihm? Machte er das bloß, um Manu abzulenken?
„Meine Fresse, leckt mich doch“, murrte Manu wütend vor sich hin, bevor er sein Handy komplett ausschaltete. Bis Sonntag würde er es gar nicht mehr anschalten, das nahm er sich in diesem Moment fest vor.
Der Samstag ging einerseits viel zu schnell vorbei, zehrte sich aber andererseits wie Kaugummi. Manu war schon früh wach geworden, das wusste er, er hatte allerdings nicht auf seinen Wecker geschaut und versucht das Ausschlafen, so lange wie möglich, auszudehnen.
Als er, frustriert darüber nicht mehr Schlafen zu können, letzten Endes doch aufstehen musste, war es halb Elf. Da er nicht so recht wusste, was er mit seiner Zeit anfangen sollte, ging er Laufen. Eigentlich betrug seine kleine Runde immer nur eine halbe Stunde, doch er heute wollte er Zeit tot schlagen. So dehnte er seine Laufstrecke auf zwei Stunden aus. Natürlich brauchte er so auch Pausen zwischendurch, diese Runde konnte er nicht durchlaufen, wie seine Normale.
Doch ihn hatte der Ehrgeiz gepackt, außerdem dachte er die ganze Zeit daran, dass er nicht zurück in sein Zimmer wollte. Dort würde er wieder auf seinem Bett sitzen und von seinen eigenen Gedanken verrückt werden.
Nach dieser langen Runde nahm er eine ausgiebige Dusche und dachte darüber nach, wie er den Rest des Tages absitzen sollte. Doch leider fiel ihm kein größerer Tapetenwechsel ein, als im Wohnzimmer anstatt in seinem Zimmer die Zeit zu verbringen. Denn wie auch sonst in den letzten Tagen, war er einfach für jede Handlung zu unkonzentriert. So verschwendete er seine ganze Freizeit und tat nichts produktives, er fühlte sich echt wie ein Gefangener der einfach nur seine Zeit absaß.
Als Manu mit einem mulmigen Gefühl über den Parkplatz der Halle ging, war es schon elf Uhr, ungewöhnlich spät für einen Treffpunkt. Wenn sie ein Auswärtsspiel hatten, trafen sie sich immer viel früher um mit einem Kleinbus wegzufahren. Offiziell war es heute auch ein Auswärtsspiel, doch da die Phoenix ja ihre Halle benutzten, mussten sie nirgendwo hinfahren.
Einige seiner Teamkollegen standen schon versammelt vor dem Eingang, offensichtlich war die Tür noch versperrt oder sie wollten einfach geschlossen als Mannschaft die Gänge der Halle betreten, so war es vor den Matches eigentlich üblich.
In der Umkleidekabine herrschte eine geteilte Stimmung, wie es meist der Fall war. Jeder ging mit der Aufregung vor einem Spiel anders um. Die Verarbeitungsweise der Aufregung ließ sich kurz gefasst in drei Arten aufteilen. Es gab Leute, die top motiviert waren und sich gegenseitig aufbauende Sachen förmlich zu schrien. Andere waren nervös, zappelten herum, fluchten durchgehend und gingen alle fünf Minuten aufs Klo. Dann gab es noch die dritte Art, diese Menschen, und dazu zählte Manu meist auch, saßen ruhig auf ihren Plätzen, schienen außen völlig gelassen zu sein, drehten innerlich aber durch und versuchten sich mental vorzubereiten. In der Kabine konnte man gerade jeder der drei Arten wunderbar beobachten.
Wie immer wurde laut Musik gespielt, wobei zwei drei Leute doch mit Kopfhörern da saßen und ihre eigene Musik hörten. Martin saß, wie meistens, neben Manu und ging nochmal die Strategien für heute durch, in dem er diese auf den Zetteln immer wieder aufs Neue studierte.
Manu selbst schnürte sich gerade seine Schuhe fest zu und atmete etwas kräftiger durch, das machte er öfter, wenn er versuchte sich selbst zu beruhigen. Er war schon lange nicht mehr so nervös vor einem Spiel gewesen. Natürlich war die Nervosität vor jedem Match noch etwas da, auch wenn es mit der Zeit immer besser wurde. Doch heute war alles anders. Obwohl er sehr viel geschlafen hatte, kam es ihm so vor, als ob er sich die ganze Nacht nur von einer Seite auf die andere gerollt hatte.
Er musste sich heute gut konzentrieren, durfte sich keine Fehler erlauben, durfte sich nicht von Jan ablenken lassen. Irgendwie musste er diese zwei Stunden durchdrücken, danach wäre es vorbei und er könnte das endlich alles hinter sich lassen.
Du schaffst es. Denk nicht darüber nach, tu es einfach. Ob es Jan auch so geht?
Manu schüttelte seinen Kopf, als ob er damit seine Gedanken ordnen könnte. Verdammt, seine Gedanken schweiften doch ständig ab, das durfte er sich nicht erlauben. Nein, er würde es durchziehen.
Während der Mobilisierung und dem Aufwärmen glaubte er ständig Jans Blicke auf sich zu spüren, die ganze Zeit über war er sich aber nicht sicher, ob es wirklich so war oder ob er sich das bloß einbildete. Hin und wieder blickte er unterbewusst selbst zu Jan rüber, ermahnte sich aber jedes Mal selbst dafür, als er es bemerkte.
Nach einer Zeit schaffte er es, das ganze auszublenden und konzentrierte sich auf die Übungen. Eine weitere Hürde war natürlich das Abklatschen vor dem Spiel mit dem gegnerischen Team, doch als Jan an der Reihe war, wich Manu seinem Blick einfach aus und ging, nachdem sie kurz abgeklatscht hatten, schnell weiter.
Während des Spiels konnte er ihn bestens ignorieren, zum Glück waren sie, durch einen Zufall, nie für lange Zeit beide gleichzeitig im Spiel gewesen. Was allerdings dazu führte, dass Manu, als er auf der Bank saß, Jan zu jederzeit auf dem Spielfeld beobachten konnte. Doch dies versuchte er zu unterbinden.
Nun spielten sie bereits im dritten Viertel, die Zeit lief ab, es waren noch vier Minuten vom Viertel übrig. Es stand 53:52 für die Phoenix´, das ganze Spiel über war es ein Kopf an Kopf Rennen gewesen. Manu war vor einiger Zeit eingewechselt worden, er wusste nicht wann genau, so richtig konnte er das nie einschätzen, wenn er sich auf das Spiel konzentrierte. Manu hatte den Ball von seinem Mitspieler erhalten und rannte zum gegnerischen Korb, er hatte es gerade erst über die Mittelinie geschafft, als es geschah.
Manu wusste nicht mehr genau wie es geschah, doch jemand rempelte ihn von hinten an, und das nächste was er vernahm war, dass er auf dem Boden lag und sich höllische Schmerzen in seinem rechten Knöchel ausbreiteten. Schmerzhaft verzog er sein Gesicht und begann zu fluchen. Die Zeit wurde angehalten und einige Mitspieler versammelten sich um ihn herum.
„Kannst du aufstehen?“, wurde er gefragt.
Manu versuchte es vorsichtig, als er allerdings etwas Gewicht auf seine rechte Seite verlagerte, durchzog der Schmerz ihn noch stärker als zuvor. Sofort wurde er gestützt und so vom Spielfeld getragen und dann auf die Bank gesetzt. Dani, welcher immer eine Tasche voller Arzneien zu jedem Spiel mitschleifte, blickte ihn verwirrt an:
„Wir sollten dir zwar ein Kältespray drauf tun, aber vielleicht wäre es auch besser, wenn wir den Schuh einfach enger zubinden, damit die Schwellung nicht zu stark wird, kannst du überhaupt auf den Fuß auftreten?“.
„Ich wurde gerade vom Spielfeld getragen, sieht es so aus, als ob ich auftreten könnte?“, murrte Manu gereizt.
„Trägt ihm in die Kammer vom Masseur. Dort gibt’s eine Eismaschine, legt etwas Eis drauf“, schuf der Couch Dani und einem anderen Mitspieler an. Manu blickte sich nach Martin um, doch dieser war bereits auf dem Spielfeld. Er war wohl für Manu eingewechselt worden. Das Spiel lief bereits weiter, während Manu allerdings mit der Hilfe seiner Freunde in die besagte Kammer humpelte, verlangten die Phoenix gerade nach einem Time Out.
In der Kammer setzten sie ihn auf der Massageliege ab, Manu versuchte sich den Schuh selbst auszuziehen, gab es aber auf, als es zu schmerzvoll wurde. Mit Danis Hilfe gelangt es ihm dann doch. Da sie nicht wussten, wie sie das Eis am besten auf seinen Knöchel legen sollten, wickelte Dani Eis in ein Handtuch ein und reichte dies dann Manu, damit er es selbst draufhalten konnte. Ihr anderer Mitspieler war schon längst wieder zum Spiel verschwunden, Dani wollte allerdings bei Manu bleiben. Manu versicherte ihm sicher gute fünf Mal, dass dies nicht nötig war, immerhin hätten sie dann gleich zwei Spieler weniger, was alles noch schlimmer machen würde. Bevor er ging stellte Dani noch einen Eimer voll mit Eis neben Manu ab, damit er immer wieder neues auf die Verletzung legen konnte und ließ ihn dann endlich allein.
Manu fluchte mehrmals auf, wenn er wenigstens das Spiel weiterhin mit verfolgen könnte… Aber vielleicht war es auch besser so, er würde sowieso nur Jan beobachten. So hatte er das Spiel wenigstens jetzt schon hinter sich. Er fragte sich, wie schlimm die Verletzung wohl war, bei seinem Glück musste er sicher für einige Zeit beim Training aussetzten. Natürlich hatte er seine E Card nicht dabei, er würde wohl seine Eltern anrufen müssen, damit sie ihm nach dem Spiel gleich ins Krankenhaus oder zu Arzt bringen konnten.
Wessen schuld war es überhaupt, dass er gestürzt war? Bei der ganzen Aufregung hatte er das nicht mitbekommen. Nun ja, immerhin war er jetzt allein und hatte seine Ruhe. Wenigstens etwas. Ob ihn jemand holen würde, wenn das Spiel vorbei war? Er konnte versuchen zurück in die Halle zu humpeln, um das letzte Viertel zu sehen.
Manu legte sich seufzend zurück, nein, er würde jetzt einfach hier liegen bleiben, er hatte die Nase voll. Nicht einmal der Endstand interessierte ihn oder wer gewinnen würde. Er hatte genug von allem heute, er wollte einfach nur mehr zurück in sein Bett und schlafen, für die nächsten sechs Monate wenn möglich.
Manu wusste nicht, wie lange er schon auf der Liege lag und seine Gedanken schweifen ließ, als die Tür der Kammer plötzlich aufging. Im ersten Moment dachte er, dass es sicher sein Coach oder Martin war, welcher nach ihm sehen wollte, doch als er aufblickte musste er feststellen, dass er sich irrte. Denn vor ihm stand niemand anderer als Jan.
„Was machst du denn hier?“, Manu setzte sich auf.
„Mein Coach hat gemeint, dass ich ihm aus den Augen gehen soll, nachdem ich mit meinem Arschloch von Mitspieler Streit angefangen habe“, erklärte er und kam auf ihn zu.
„Streit?“, Manu senkte seinen Blick auf seinen Knöchel, er sollte das Eis wieder wechseln, es war halb geschmolzen.
„Ja, weil er dich gefoult hat. Wie geht’s dir?“, fragte er und nahm, das in ein Handtuch gewickelte Eis von Manus Knöchel, „ist sehr stark angeschwollen“, stellte er fest.
„Es geht mir hervorragend, blendend. Siehst du das denn nicht?“, murrte er sarkastisch.
Jan gab einen skeptischen Laut von sich, nahm Manu das Handtuch ab und wickelte frisches Eis darin ein, um es dann selbst auf Manus Knöchel zu legen.
„Manu, jetzt sag mir endlich was ich falsch gemacht habe. Warum gehst du mir aus dem Weg? Ich will endlich eine Antwort, ich werde noch verrückt“, Jan suchte seinen Blick.
„Ich habe verdammte Schmerzen! Muss das wirklich jetzt sein?“, entgegnete er, das war nur eine halbe Lüge, immerhin hatte er wirklich Schmerzen, auch wenn er so oder so nach einer Ausrede gesucht hätte. Manu hatte überhaupt keine Lust auf eine Konfrontation mit Jan.
„Ja, das muss jetzt sein. Wenigstens kannst du jetzt nicht mehr vor mir weglaufen“, meinte er grinsend.
„Wenn es darauf ankommt kann ich immer noch humpeln“, Manu versuchte Jans Blicken auszuweichen, es gelang ihm jedoch nicht.
„Warum willst du unbedingt eine Antwort darauf haben? Es hatte doch sowieso alles nichts zu bedeuten“.
Der Ausdruck in Jans Augen änderte sich auf einen Schlag, als Manu diese Worte aussprach.
„Ach, es hat sowieso nichts bedeutet? Oh, dann hab ich wohl etwas verwechselt, vielleicht habe ich ja mit einem anderen Jungen meine Zeit verbracht. Oder vielleicht habe ich mich auch einfach nur geirrt“, er hörte zwar eine wütende Stimme, doch sie passte nicht zu Jans Gesichtsausdruck. Seine Stimme war wütend, seine Mimik jedoch schien verletzt.
„Oh nein mein Lieber, spiel jetzt nicht den Beleidigten, wenn jemand das Recht dazu hat, dann ja wohl ich“, plötzlich überkam Manu ebenfalls eine Wut.
„Du? Warum genau du? Du hast doch einfach von heute auf morgen deine Meinung geändert, hast einfach aufgehört auf die Treffen zu kommen und mir nicht mal geantwortet. Du musst dich erst einmal verletzten, damit ich dich überhaupt dazu bekomme, mit mir zu reden!“.
„Ich habe aufgehört, weil ich mit dir zusammen sein will!“, bevor Manu darüber nachdenken konnte, was er da überhaupt tat, hatte er es bereits ausgesprochen. Ach was soll´s, scheiß drauf, dachte er sich nur. Jetzt war es raus, jetzt konnte er ihm die Wahrheit sagen, danach würde er ihn ja endlich in Ruhe lassen. Vielleicht konnte er Jan dann eines Tages sogar vergessen.
„Ja und? Das will ich doch auch. Wo liegt das Problem?“, Jan blickte ihn verwirrt an.
„Offiziell zusammen“, erklärte ihm Manu, mit einem Mal wurden Jans Augen groß.
„Offi… ziell? Woher soll ich das denn bitte wissen? Wieso hast du nichts gesagt?“.
„Weil ich selbst nicht wusste, dass ich das will, bis zu… naja, auf einmal wusste ich es einfach“, Manu konnte förmlich spüren wie sein Herz schlug, jeden einzelnen Schlag.
„Und, wie stellst du dir das bitte vor?“, fragte Jan, nun war er wieder vollkommen ruhig geworden und blickte Manu einfach nur aus der Nähe an.
„Ich weiß es nicht… Egal, wir könnten sowieso niemals richtig zusammen sein. Das macht alles keinen Sinn“.
„Oh nein, das macht alles sehr wohl Sinn“, Jan kam ihm näher, es befanden sich jetzt nur mehr Millimeter zwischen ihren Gesichtern. Jan war im stehen zwar größer als Manu, aber er hatte sich etwas zu ihm runter gelehnt. Wollte er ihn küssen? Wirklich? Jetzt?
„Was für einen Sinn soll das alles denn noch haben?“, hakte Manu nach, als eine Zeit lang nichts geschah.
„Diesen natürlich“, hauchte sein Gegenüber, bevor er seine Lippen auf seine presste.
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ich weiß leider noch nicht wann, da ich seit den letzten Monaten gar nicht mehr zum Schreiben komme x.x
Tag der Veröffentlichung: 29.01.2015
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Hier möchte ich mich gleich noch einmal bei DasPseudonym für das Cover bedanken. Ich weis, dass du lange dafür gebraucht hast und dass es aufwendig war, aber es ist wirklich toll geworden. Danke!
Außerdem möchte ich mich auch für deine Unterstützung bei dieser Story bedanken. Hätte ich keinem zum besprechen meiner Ideen gehabt, wäre die Geschichte nie so entstanden.