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Why Can´t It Be Easy?

 

Clay starrte den Bildschirm vor sich an, als ob sich so das Problem von selbst lösen würde. Seine Augen brannten, schon seit Stunden saß er vor dem Computer, fand jedoch keine Lösung. Wie sollte er sich auch konzentrieren können, wenn seine Gedanken dauernd abschweiften?
Früher wäre ihm so etwas nie passiert, egal was vorgekommen war, was ihn auch beschäftigt hatte, er konnte sich immer auf seine Arbeiten konzentrieren. Hausaufgaben, neue Programme für die Wächter, Berichte von den Pforten – egal was mit ihm los war, wie bedrückt er auch war, in seine Arbeiten konnte er sich immer stürzen. Wenn man sich nur gut genug auf eine Sache konzentrierte, verschwanden die eigenen Probleme doch normalerweise für einen Moment. Doch jetzt? – Fehlanzeige. Als ob ihm sein Bewusstsein einfach einen Streich spielen würde, als ob es ihn verspotten würde.


>>Bis jetzt habe ich ja immer mitgespielt, aber jetzt kannst du das vergessen – dieses Mal werden dich deine Gedanken und Gefühle nie ruhen lassen!<< , er bildete sich schon ein, die höhnische, verspottende Stimme seines Unterbewusstsein zu hören.

Erneut seufzte er, langsam wurde er hier noch verrückt! Aber was machen? Wenn ihn etwas beschäftigt hatte, hatte er es immer verdrängt und angefangen ein neues Programm zu schreiben oder ein neues Gadget für die Pforten-Handys erfunden, genau das versuchte er gerade doch auch! Aber es wollte einfach nicht klappen.

Seine Gedanken wanderten einfach immer zu IHM. Blake hieß diese Person, er verstand es nicht, eigentlich kannte er ihn schon lange. Im Kindergarten und in der Volksschule waren sie sehr gut befreundet gewesen, hatten sich immer verstanden. Doch dann kam die Mittelschule, später die Pubertät. Jake war hergezogen, Blake und Clay hatten sich ohne einen richtigen Grund distanziert, so wie es nun mal im Leben oft vorkommt. Jake und er waren beste Freunde geworden, als sie dreizehn waren, wurden sie beide als Wächter auserkoren, zusammen mit Alicia und Beka, die seitdem auch zu seinem engen Freundeskreis gehörten. 
Ja, es war traurig um ihre Freundschaft, aber solche Sachen geschahen nun mal einfach, das war doch normal. Doch in letzter Zeit dachte Clay viel zu oft an Blake, doch leider dachte er nicht an ihn, wie man an einen alten Kumpel dachte, sondern… auf einer anderen weise. So wie man an seinen Schwarm dachte, Clay hasste dieses Wort. >Schwarm<, wie das klang. Er ertappte sich immer öfter dabei, wie er an ihn dachte, zu den unpassendsten Zeitpunkten, sogar bei Tests oder Einsätzen! Fragte sich, was Blake wohl gerade machte, ob er wohl auch manchmal an Clay dachte, was er wohl von Clay hielt.

Dachte an seine hohe und dünne Statur, an seine roten, mittelangen Haare, die immer so weich und dicht wirkten, obwohl er viel mehr fand das sie fast orange aussahen. An seine helle Haut, seine hellbraunen Augen, man sollte meinen braune Augen wären langweilig, weil sie zu oft vorkamen, doch Blakes waren so eigen, sie waren so schön hell, nicht unnatürlich hell, aber Clay fiel es immer wieder auf, wenn er in diese blickte. Auf seinen Wangen, beinahe direkt unter seinen runden Augen, befanden sich noch die eine oder andere Sommersprosse, früher hatte er mehr gehabt, jetzt hatte er kaum noch welche, man konnte sie nur sehen, wenn man wirklich genau hinblickte, was Clay in letzter Zeit öfter machte, ohne das er es wirklich wollte. Unabsichtlich starrte er Blake in der Schule an, wenn er sich selbst dabei ertappte, hoffte er immer inständig, dass es keinem anderen aufgefallen war. Clay musste grinsen, als er daran dachte, dass Blake seine Sommersprossen früher immer gehasst hatte, ob er sich darüber freute, dass er nicht mehr so viele hatte? Er selbst fand die Sommersprossen eigentlich immer irgendwie… niedlich. Aber jetzt, da Blake nur mehr so wenige hatte, schaute er wirklich besser aus.

„Verdammt, wieso denke ich über so etwas nach?!“, brummte er zu sich selbst und rieb sich mit seiner rechten Hand sein Nasenbein.

„Clay? Du sitzt da jetzt seit Stunden und kommst nicht weiter, hör für heute doch einfach auf, du brauchst auch mal eine Pause“, hörte er Alicia hinter sich sagen.

Eigentlich hatte sie recht, aber das würde er nie laut zugeben, er drehte sich in seinem Bürostuhl zu ihr um, sie saß auf der Couch, am anderen Ende des Stützpunktes und, wie sollte es anders sein, war gerade in ein Buch vertieft. Sie las wirklich viel, machte dies Meistens in der Hütte um Schneller bei den Einsätzen zu sein.

Ihre grünen, mandelförmigen Augen waren wieder dem Buch zugewidmet, sie wusste das sie von ihm keine Antwort zu erwarten hatte, sie kannte ihn zu gut. Sie hatte hellblonde, wellige Haare, die sie fast immer offen trug. Manchen Jungs hatte sie schon den Kopf verdreht, oft wurde er gefragt ob er oder Jake mit ihr zusammen waren, weil sie so oft zusammen gesehen wurden. 
„Sie hat Recht, stell den Computer aus und hilf mir bei meinen Hausaufgaben“, kam es von Beka, die an dem anderen Schreibtisch saß und verzweifelt in ihr Mathe Buch starrte. Oh ja Mathe, das war Bekas Schwachstelle.


Beka war eigentlich, soweit er es beurteilen konnte, auch recht attraktiv, sie hatte langes, glattes braunes Haar, welches sie, im Gegenzug zu Alicia, fast immer zusammenband. Sie war recht dünn, ziemlich sportlich, hatte hellblaue Augen. Doch sie war auch ziemlich herrschsüchtig, behielt in Stresssituationen jedoch immer einen kühlen Kopf, fällte meistens die besten Entscheidungen. Die Jungs waren einfach eingeschüchtert von ihr, weil sie immer alles selber hinbekommen wollte. Aber sie war auf jeden Fall die geborene Anführerin, kein Wunder also, dass sie ihre Einheit leitete. Ihre Tante Sonja, bei der Beka wohnte und in dessen Garten sich ihr Stützpunkt, getarnt als Gartenhütte, befand, war auch der Mentor ihrer Einheit. Mentoren waren immer früher selbst Wächter gewesen und kümmerten sich um die Wächter, falls diese mal überfordert waren.

„Na schön, wo hängt es denn?“, Clay rollte mit seinem Sessel zu Bekas Schreibtisch um einen Blick in Ihre Mathe Aufgaben zu riskieren.

„Viel einfacher wäre es, wo es nicht hängt“, brummte sie.

„Na schön, was hast du denn schon?“.

„Meinen Namen und das Datum“, murrte sie, Beka stand mit Mathe wirklich auf Kriegsfuß. 
Clay bemühte sich sein Lachen zu unterdrücken und machte sich daran, Beka die Aufgabe zu erklären. 
Er musste den anderen Wächtern oft bei Schulaufgaben helfen, doch es störte ihn eigentlich nicht. Die erste Aufgabe erklärte er Beka Schritt für Schritt, die nächsten versuchte sie alleine zu lösen. Da Beka nervös wurde, wenn man ihr über die Schulter blickte, ließ er seinen Blick durch die Hüte schweifen.

Alicia lag auf einer von drei Couchen, die um einen kleinen Tisch aufgestellt waren, gegen über von den Couchen, war die Eingangstür, welche offen war und den Blick in den Garten von Sonja und Beka bot.

An einen der Wände, war noch ein großer Tisch, mit seinem PC, auf dem PC-Tisch waren mehrere von seinen Bücher und seinen Notizen verstreut, gegen über von der Wand mit dem PC war eine Wand, vor dem ein kleiner Fernseher auf einem Fernsehertisch stand. Links neben dem Fernsehertisch war noch ein kleiner Kühlschrank, rechts neben dem Tisch ein Mülleimer. Die Wände waren Hölzern, einige Bilder von ihnen waren an ihnen befestigt, da Alicia sie immer so oft fotografierte.

 

So sah es aus, wie eine normale Hobby Hütte, doch sobald man den Lichtschalter betätigte, veränderte sich die ganze Hütte.

Aus dem normalem HP PC wurde ein Hochleistungscomputer, welche nur die Wächter besaßen, aus einem Bildschirm wurden vier, vor denen tauchten auch vier Tastaturen, vier Mäuse und vier Bürosessel auf. Sodass jeder Wächter seinen eigenen PC hatte.
Aus dem Kleinen Fernseher, wurde ein riesiger Bildschirm, auf dem die Aufnahmen der ganzen Stadt sichtbar waren. Ja, Wächter hatten immer, ihre ganze Stadt verkabelt und verwanzt, jede Straße, jedes Haus und jedes Gebäude, ausgenommen der Bade- und Schlafzimmer natürlich. So konnten sie schneller feststellen, wo sich Tiere versteckten, falls sie entkommen waren und ob sich irgendwo eine Pforte öffnete, ohne dass sie es bemerkten. Nur die Couchen blieben dieselben wie vorher

„Stimmt das?“, fragte Beka nach und zeigte mit ihrem Bleistift auf die Rechenaufgabe die sie gerade gelöst hatte.

„Ja, jetzt hast du den Bogen raus“, meinte er lächelnd.

Ob Blake sich mit Mathe Aufgaben schwer tat? Dann könnte er ihm seine Hilfe anbieten und sie würden sich etwas näher kommen…

Schnell schüttelte Clay seinen Kopf, wieso nur hatte er immer solche Gedanken? War sein Leben nicht so schon kompliziert genug?


Vor zwei Jahren wurde ihm gesagt, dass er als Wächter geeignet wäre, ihm wurde erklärt, dass es nicht einen Planeten mit Menschen gab, sondern drei. Er erfuhr von Erdan, einem Planeten wo die Menschen mit ihrer Technologie viel weiter waren und von Erdian, einem Planeten, auf dem die Menschen so leben, wie es auf der Erde im Mittelalter üblich war. Erdian wurde von einem grausamen König beherrscht.

Dann kamen noch diese Pforten, die sich immer wieder zwischen den drei Planeten öffneten, durch welche Tierarten, die noch nie ein Erdenmensch erblickt hatte, auf die Erde gelangen. Natürlich hatte er das damals alles nicht geglaubt, aber dann hatte er ein Tier gesehen, welches durch eine Pforte gekommen war. Seine Freunde und er wurden zwei Jahre lang ausgebildet, waren jetzt die Wächter, dieser Stadt.

Das alles sollte für einen Jungen in seinem Alter schon kompliziert genug sein, aber nein, das Schicksal muss natürlich noch eine Schaufel drauflegen und sich in Blake verlieben lassen. Lange hatte er es verdräng, aber es ist einfach nicht mehr zu leugnen, mittlerweile träumte er schon von ihm. Es waren schöne Träume, sehr angenehm, aber was nützte das?

 

Dass er auf Jungs stand, wusste er bereits, er hatte es einen engsten Freunden und seinen Eltern eigentlich schon gesagt. In der Schule hatte er sich nicht geoutet, aber nicht weil er sich dafür schämte, sondern weil er fand, dass es eigentlich niemanden etwas anging. Außerdem gab es auch keinen Grund dazu.

Aber wieso Blake? Und wieso jetzt? Wahrscheinlich mochte er noch nicht mal Jungs oder er mochte einfach Clay nicht mehr. Selbst wenn es nicht so wäre und es wundersamer Weise klappen würde, er wurde viel zu oft zu Einsätzen gerufen, weil sich eine Pforte öffnete, eine Beziehung war unvorstellbar.

Das alles hatte er sich schon tausend Mal gesagt, doch es nützte einfach nichts, die Gedanken hörten nicht auf.

 

Sie zuckten alle zusammen, als sie hörten wie der Alarm los ging. Clay war der erste, der sein Pforten Handy aus seiner Tasche zog. So eines besaßen alle Wächter, es war wie ein normales Handy, nur das es eben die Öffnung eine Pforte um circa fünf Minuten voraussagen konnte und dank Clays Erfindung konnte auch der Standpunkt genau ermittelt werden. Er hatte vieles erfunden um die Pfortenhandys noch besser zu machen, der hohe Rat hatte ihm schon oft dafür gedankt. 
Der hohe Rat, bestand aus mehreren Frauen und Männern welche von allen drei Planeten stammen. Sie hatten einen Stützpunkt im Weltall, wo genau wurde wegen Sicherheitsgründen nie genannt. Die Wächter arbeiteten für den Rat, diese finanzierten die Stützpunkte und organisierte die Suche nach zukünftigen Wächtern. Denn man wurde nicht einfach so Wächter, man wurde nach bestimmten Kriterien ausgesucht. Außerdem versuchte der hohe Rat Frieden zwischen und auf den drei Planeten zu halten. Was auf der Erde sowie auf Erdian ziemlich unmöglich war, denn auf der Erde herrscht immer Krieg und auf Erdian herrscht noch immer der grausame König, daher was es nicht wundersam dass es viele Rebellen und Aufstände unter dem Volk gab.

Deshalb wussten auch nur die Wächter, Mentoren und Ratsmitglieder von den anderen Planeten und den Pforten, der hohe Rat will nicht riskieren dass Krieg zwischen den drei Planeten ausbricht. Auf Erdan wussten die Einheimischen es auch nicht, doch auf Erdian wusste jeder der Einwohner Bescheid, weil ein König vor langer Zeit dachte, die Menschen hätten ein Recht auf dieses Wissen.

 

„Wo?“, fragte Alicia, während sie alle aufsprangen und aus der Hütte rannten. 
„Im Park, eine Pforte von Erdian“, antwortete Clay, während er auf den versteckten Knopf auf dem Pfortenhandy drückte einen versteckten Knopf, durch welchen er in Sekundenschnelle den Schutzanzug der Wächter anhatte.

Dieser schütze sie vor den meisten Verletzungen und vor Kälte.

„Wo ist Jake überhaupt?“, so schnell wie sie konnten liefen sie nebeneinander zum Park, Wächter mussten immer fit sein, denn sie mussten Meist in Minuten von einem Standpunkt der Stadt zu einem anderen kommen.

„Ist er nicht vor zwei Stunden laufen gegangen?“, Jake war der sportlichste aus ihrer Gruppe und er war es auch, der am besten mit den Waffen der Wächter umgehen konnte.

Als sie im Park waren, musste sie noch einige Minuten warten, bis Jake auf sie zugelaufen kam, er hatte bereits ebenfalls seinen Schutzanzug an.

„Jake! Verdammt nochmal, wieso hast du so lange gebraucht?! Und wieso bist du so aus der Puste? Du solltest mehr Sport machen!“, Beka fing bereits mit ihrer Schimpfparade an.

„Falls du es wissen willst, ich komme genau jetzt vom joggen und bin deshalb so aus der Puste“, verteidigte er sich sofort.

„Also, habt ihr das Tier schon irgendwo entdeckt?“, fragte er gleich danach und ließ Beka keine Möglichkeit noch etwas zu sagen.

Clay starrte erneut auf sein Handy:

„Die Pforte ist erstaunlicher Weise noch offen und zwar genau in dieser Richtung“, Kurz sah er sich um und zeigte mit seiner Hand dann in die Richtung des Parks, indem man zu einem Teich gelangte.

„Das Tier kann noch nicht weit von der Pforte entfernt sein, das Handy hat uns ja immerhin fünf Minuten vor der Öffnung gewarnt“.

Sie konnten nur dankbar sein, dass sich kaum Menschen im Park befanden, das hätte die ganze Sache nur noch komplizierter gemacht.

Plötzlich sahen sie Feuer und Rauch, sobald der Rauch begann etwas zu verblasen, entdeckten sie das Wesen, welches diesen verursacht hatte.

„Verdammt, ist das etwa ein Drache?“, fragte Alicia verwundert.

„Das erklärt dann wohl, wohin die Drachen im Mittelalter verschwunden sind“, überlegte Clay.

„Egal was es ist, wir müssen es aufhalten“, unterbrach Jake ihre Unterhaltung und machte sich daran sich langsam dem Tier zu nähern.

„Beka, was ist für eine Art? Welche Schwachstellen?“, fragte er, immerhin kannte Beka ja alle bekannten Arten der Tiere.

„Ich weiß es nicht“, antwortete diese.

Jake drehte sich überrascht um und ging wieder von dem Wesen weg, die anderen beiden blieben ebenfalls überrascht stehen, noch nie war es vorgekommen, dass Beka eine Art nicht kannte.
„Wie du weist es nicht? Bist du nicht dafür da? Um es zu wissen?“, Clay ging immer näher auf Beka zu.

„Doch schon, aber mir will einfach nicht einfallen welche Art das sein soll! Ich habe diese noch nie gesehen!“, rechtfertigte sie sich.

„Na toll und was machen wir jetzt?“, Alicia atmete seufzend aus.

„Na was wohl, ob sie es kennt oder nicht, wir müssen das Tier hier wegschaffen, ich bin für den Frontalangriff. Clay du gehst voran, und beschießt es, Alicia nachdem das Tier auf ihn achtet, betäubst du es. Ich schalte die Gravitation aus und du Beka fängst es in den Behälter ein“.

Zuerst blickten die drei Jake erstaunt an, normal war es Beka, die die Pläne schmiedete, es war das erste Mal, dass jemand anders die Befehle gab.

„Passt auf, dass ihr nicht ins Feuer gerät“, rief Beka schließlich noch, damit war der Plan besiegelt.

Jedoch scheiterte dieser schnell, so oft Clay ihn auch mit seiner Waffe beschoss, das Tier spie einfach noch mehr Feuer, sodass er sich in Sicherheit bringen musste und ihn unmöglich weiter beschießen konnte. Alle hatten den gleichen Gedanken: Was sollten sie bloß machen? Sie mussten das Tier irgendwie zurück durch die Pforte schaffen, diese würde sich aber in kürze schließen.
„Ihr müsst das Kommando 11 einleiten! Ich übernehme den Posten C!“, rief plötzlich eine weibliche Stimme.

Überrascht blickte er in die Richtung, aus der die Stimmte gekommen war. Er glaubte seinen Augen nicht, da stand ein Mädchen, mit langen schwarzen Haaren, sie war ebenfalls in einem Schutzanzug gekleidet.

„Macht was sie sagt, wir haben nichts zu verlieren!“, rief Jake schnell aus und machte sich daran das Kommando 11 einzuleiten, sie die schwarzhaarige es gesagt hatte.

Clay war zwar etwas perplex riss sich aber sofort wieder zusammen und begann mit dem Kommando, das hieß sie fingen an das Tier zu umkreisen, während die Fremde sich von hinten dem Tier näherte.

Gezielt schoss die Fremde einige Schüsse, auf die Schwachstelle des Wesens ab, welche sich offensichtlich am Rücken befand. Gleich darauf war das Tier gereizt und drehte sich zu ihr um, Clay und Alicia nützten die Situation um das Tier mit Betäubungsschüssen aus der direkten Nähe zu beschießen, als diese langsam wirkten, stellte er den Regler der Waffe um, sodass er mit seinem Strahl bewirkte, dass die Gravitation, die auf das Tier einwirkte, ausgestellt wurde und das Tier sich langsam in die Luft begab. Beka ließ das Tier nun durch ihren Strahl schrumpfen und fing das Tier dann, in einen Behälter, welcher extra für diese Zwecke angefertigt worden war, ein. Kaum hatte sie das Tierchen in ihrem Behälter, warf sie diesen durch die offene Pforte. Durch diese würde das Tier wieder auf seinen Heimatplaneten gelangen und sobald der Behälter die Pforte auf diesem Planeten verlassen hat, wird das Tier wieder auf seine normale Größe anwachsen.

Plötzlich, bevor sie auch nur fragen konnte, wer sie war, kippte die Fremde um und rollte den Hügel hinab auf dem sie standen, bevor Clay auch nur reagieren konnte, lief Jake ihr auch schon hinterher.
„Jake, was ist da unten los?“, Clay hatte sich den beiden genähert, er sah wie Jake das Mädchen in seinen Armen hielt.

„Sie ist ohnmächtig geworden!“, rief er zurück und machte sich daran, die Fremde vorsichtig hochzuheben und sie den Hügel wieder raufzutragen.

„Was machst du da?“, fragte Beka als er an ihnen vorbei ging.

„Wonach sieht es aus? Ich bringe sie in den Stützpunkt“, erwiderte Jake bloß.

Clay kam ihm sofort nachgerannt, die anderen beiden hinter ihm:

„Geht es oder soll ich dir helfen?“,

„Jake wir kennen sie nicht, du kannst sie nicht einfach in den Stützpunkt bringen!“, entgegnete Beka.
„Mag sein, aber wir können sie doch nicht einfach da liegen lassen!“, wo Jake recht hatte, hatte er reicht.

„Ja natürlich, aber du kannst sie nicht dorthin bringen“, beharrte sie.

„Wieso? Sie ist eine Wächterin, wie wir und sie hat uns geholfen!“.

„Ja aber was, wenn sie nur da ist, um uns auszuspionieren?“, warf Alicia ein.

„Wer sollte uns bitte ausspionieren?“, Clay sah Alicia fragend an.

„Keine Ahnung, das ist es ja“, meinte sie.

„Wenn ihr fertig mit eurer Paranoia seit, ich bin im Stützpunkt“, Jake machte sich weiter auf dem Weg, sein bester Freund konnte manchmal zwar wirklich unnötig stur sein, aber dieses Mal verstand Clay ihn.

Eine lange Zeit lang diskutierten sie weiter, bis Jake mit Clays Hilfe die anderen überzeugt hatte, sie mit in ihr Stützpunkt zu nehmen. Als sie im Stützpunkt angekommen waren, legte Jake das Mädchen auf eine Couch und sie holten Sonja, die Mentorin, diese hatte das Mädchen verarztet, durch den Sturz hatte sie viele Wunden.

Sonja bat Clay etwas Essen zu holen und gab ihm Geld, laut ihr sah das Mädchen aus, als hätte sie schon lange nichts gegessen. Insgeheim freute sich Clay, dass er Essen holen durfte. Da gab es nämliche eine Pizzeria, welche nicht weit vom Stützpunkt entfernt war, in welcher Blake hin und wieder arbeitete. Ja er wusste das es lächerlich war, dorthin zu gehen, nur weil er Blake vielleicht erblicken würde, aber es war egal, keiner wusste ja, wie lächerlich er sich aufführte, nur er selbst und er konnte damit leben.

Nervös betrat er die Pizzeria, sie würden bald schließen, er hoffte, dass er noch bestellen durfte. Die Einrichtung war einfach gehalten, ein blau gekachelter Boden, weise und hellblaue Wände, auf denen sich ein oder anderes schwarzweis Bild befand, welches wohl auf Italienischen Straßen aufgenommen worden war, mehrere große hölzerne Tische, an denen kaum noch Gäste saßen. Auf jeden der hölzernen Tische befanden sich karierte Tischdecken, Brotkörbe, Servietten, Besteck und sonstiges, was man zum Verzehr benötigte.


Unruhig ging Clay auf den Tresen zu, an dem man die Bestellungen aufgeben musste und an dem die Kassa stand. Es war ein langer Tresen an dem man etwas Trinken oder auch Essen konnte und hinter dem die Angestellten in die Küche gingen. Teilweise wünschte er sich, dass Blake heute arbeiten würde, aber teilweise hoffte er auch das Gegenteil. Daran wie lächerlich er war, wollte er gar nicht bedenken.

Als er am Tresen stand musste er einige Minuten warten, da tauchte Blake gerade auf, er kam gerade aus der Küche. Er hatte ein weißes Hemd und eine schwarze Hose an, dies trug er bei der Arbeit immer, dazu hatte er eine grüne Schürze um seine Beine gebunden, auf dem das Logo der Pizzeria abgebildet war. Clay entdeckte, dass etwas Mehl an seiner Schürze und in seinem Haar war, er machte die Pizzen heute wohl selbst.

Sofort wurde Clay noch viel nervöser als er eigentlich schon war, wieso begann sein Herz gerade jetzt zu rasen? Und wieso wurde ihm jetzt auf einmal so heiß? War das vielleicht eine verspätete Reaktion, auf den Angriff des Drachens vorhin?

Blake schien in Gedanken verloren zu sein, sein Blick war gesenkt und schien gerade über etwas nachzudenken, erst als er sich an den Tresen stellte, erblickte er Clay und fing sofort an zu lächeln. War es, weil er sich freute ihn zu sehen oder war das Lächeln erzwungen? So oder so, Clay erwiderte es automatisch.

„Hey Clay! Was machst du denn hier?“, Blake lächelte noch immer, aber seine Augen schienen müde, wie lange er wohl schon arbeitete?

„Naja, hier kann man doch Essen auch mitnehmen oder?“, fragte er noch immer unsicher nach.

„Achso ja, entschuldige die dumme Frage…“, Blake strich sich mit der Hand durch sein Haar, „Es ist nur nach mehreren Stunden in diesem Laden denkt man nicht mehr klar“.

„Macht ja nichts“, murmele Clay leise, und blickte auf das Mehl in Blakes Haaren, wieso verspürte er nur den Drang, dieses aus seinen Haaren zu wischen?

„Nun ja, du hast Glück“, meinte dieser grinsend.

„Wieso?“, Clay blickte ihn verwirrt an, hatte er etwas nicht mitbekommen?

„Eigentlich sperren wir in zehn Minuten, aber da ich heute alleine hier bin, kann ich den Laden noch länger auflassen und dir noch schnell was zu essen machen“, erklärte er.

Clay blickte Blake erstaunt an, das würde er wirklich machen? War er denn nicht schon fertig genug von seiner Arbeit?

„Aber… Ich kann auch woanders hingehen, wegen mir musst du das nicht machen. Ist zwar echt nett von dir, doch-“.

„Ach was, ist schon in Ordnung“, Blake winkte ab.

„Sicher?“, er sah ihn zweifelnd an.

„Natürlich, ich bringe den Gästen dort drüben nur schnell die Rechnung und dann bereit ich dir was zu“, damit ging Blake auch schon zu dem Tisch, an dem die letzten Gäste saßen und kassierte von ihnen das Geld. Gleich darauf gingen die Gäste und Blake begann den Tisch abzuräumen, währenddessen setze Clay sich an einen der Barhocker an den Tresen und schaute Blake dabei zu. Er begann seinen Körper zu verfluchen, wenn ihm ein großer Drache von einem anderen Planeten gegenüber stand, dann war er nur minimal gespannt und jetzt, wo er Blake einfach nur ansah, wurde ihm heiß, er war nervös und sogar seine Hände begannen leicht zu zittern, war das etwa normal?

„Also“, Blake stellte sich vor Clay, hinter dem Tresen, „was darf´s sein?“.

„Mir wurde lediglich gesagt, dass ich eine Pizza hohlen soll, welche ist relativ egal. Ich würde sagen Margaritha fällt dir am leichtesten oder?“.

„Die ist gar nicht für dich?“, fragte er nach.

„Nein, eine Bekannte ist vorbeigekommen und ist von der langen Fahrt, wie ausgehungert und leider hatten wir nichts mehr daheim“.

„Achso, dann empfehle ich die Hauseigene, die ist am leckersten“.

Clay blickte Blake geradewegs in seine hellbraunen Augen, in dem schwachen licht konnte man nur seine helle Haut sehen, seine Sommersprossen waren nicht zu erahnen. Am liebsten hätte er ihn an seinem Hemdkragen gepackt, ihn über den Tresen zu sich gezogen und seine Lippen einfach auf seine gepresst, pfeif auf die Pizza. Er sah die Bilder bereits deutlich vor sich, in seinem Kopf malte er diese Szene bereits aus, aber leider würde er nie im Leben den Mut dazu finden, es wirklich zu machen. Schon seit Ewigkeiten hatte er nicht mehr mit Blake gesprochen, er konnte sich gar nicht vorstellen wie dieser reagieren würde.

„… ist das in Ordnung?“, fragte Blake nach, er hatte gar nicht mitbekommen das dieser etwas zu ihm gesagt hätte?

„Wie bitte?“, fragte er nach und kam sich wie ein Volltrottel vor.

„Die Pizza kann erst in einer halben Stunde fertig sein, ist das in Ordnung?“, fragte er geduldig erneut nach.

„Achso ja, kein Problem“, antwortete Clay viel zu schnell.

„Okay, dann gehe ich und bereite sie schnell zu“, damit verschwand Blake in die Küche und Clay atmete tief durch, er musste sich endlich zusammenreisen.

Etwas später kam Blake wieder aus der Küche zurück und zog sich seine Schürze aus:

„So, die Pizza muss jetzt circa 25 Minuten im Offen bleiben… Du musst nicht hierbleiben wenn du was Besseres zu tun hast, du kannst sie auch später hohlen“, bot er ihm an.

Ein Teil von ihm hätte das Angebot gerne angenommen, wäre einfach geflohen aus Blakes Nähe, doch dafür hätte er sich im Nachhinein sicher verflucht.

„Nein nein, ich kann hier warten, wenn ich dich nicht störe“, wollte Blake ihn vielleicht loswerden? Er hatte doch noch sicher viel zu tun.

„Ach was, ich habe gerne Gesellschaft… Unter der Woche sitze ich die letzen Stunden der Schicht oft alleine hier“, Blake begann das Mehl von seiner Schürze zu wischen, er hatte es wohl gerade entdeckt.

„Läuft das Geschäft so schlecht?“.

„Nein, aber die meisten kommen am Nachmittag oder am Wochenende…“.

„Achso“, einen Moment lang wurde es still zwischen ihnen, Clay wurde wieder unruhig, hatten sie denn wirklich nichts zu reden?

„Weißt du, solange du warten musst, könntest du ja noch etwas Anderes bestellen“, meinte Blake.
„Ach ja? Was würdest du mir empfehlen?“.

„Unser Gelato ist das Beste der Stadt, original italienisches Eis, wird jeden Monat importiert“.

„Und schmeckt es denn auch?“.

„Wenn du das Eis einmal probiert hast, willst du nie wieder ein anderes“, Blake zwinkerte ihm zu.
„Musst du das als Angestellter nicht sagen?“, fragte Clay grinsend.

Blake musste lachen, Clay mochte sein Lachen, musste er lächelnd feststellen.

„Eigentlich schon ja… Aber dich würde ich doch nie anlügen, es ist wirklich mein Lieblingseis“. Kurz überlegte Clay, bis ihm etwas einfiel:

„Dein Lieblingseis? Wirklich?“.

Bestätigend nickte Blake.

„Na gut dann vertraue ich deinem Geschmack… Ich nehme zwei Eisbecher“.

Blake zog seine Augenbrauen hoch:

„Zwei?“.
„Ja zwei, wenn sie wirklich so gut sind, reicht ein Eisbecher ja nicht aus“.

„Na schön, der Kunde ist König“.

Wenige Minuten später kam er mit zwei Eisbechern aus der Küche und stellte diese vor Clay ab. Dieser griff sich zwei Löffel, aus dem Behälter, welcher auf dem Tresen stand und reichte Blake einen:

„Komm setzt dich zu mir, ich lad dich ein“.

„Ähm… wir dürfen von Kunden nichts annehmen“, murmelte dieser.

„Es ist doch niemand da, der es merken würde oder? Außerdem schuld ich dir was“.

Einen Moment lang blickte ihn der rothaarige fragend an, zuckte dann jedoch mit den Schultern und setze sich zu neben Clay auf einen Hocker.

„Danke, das ist besser als jedes Trinkgeld“, meinte er lächelnd.

„Muss ich mir merken, ich darf dir also nie Trinkgeld geben sonder muss dir ein Eis spendieren“.
„Naja oder du machst beides“.

„Mal sehen… War es heute ein anstrengender Tag?“.

„Nicht wirklich, aber ich habe zu wenig geschlafen und der Schlafmangel hat seine Folgen“.

„Wieso hast du nicht schlafen können?“, hatte Blake vielleicht die gleichen Probleme wie er? Lag er auch die halbe Nacht wach und begehrte eine Person, die er sowieso niemals haben könnte?
„Ach, ich habe über viele Sachen nachgedacht und ja...“.

„Was für Sachen?“, fragte er interessiert nach.

Einen Moment lang blickte Blake ihn nachdenklich an, schüttelte dann jedoch den Kopf:

„Nicht so wichtig“, murmelte er und senkte seinen Blick wieder, „Was hast du heute gemacht?“.

„Über Sachen nachgedacht“, wiederholte er seine Worte von vorhin

„Du auch? Dann haben wir ja was gemeinsam… Tut mir leid, mit Schlafmangel kann man sich nicht richtig mit mir unterhalten ich weiß“, seine Stimme wurde immer leiser.

„Ach was, ich habe immer schon gerne mit dir geredet“, erst als er den Satz ausgesprochen hatte, fiel Clay auf, was er da überhaupt sagte.

„Ich meine…“, Clay wusste nicht wie er sich da jetzt rausreden sollte.

„Ich habe eigentlich auch immer gerne mit dir geredet… Haben wir aber ganz schön lange nicht mehr was?“, fragte Blake nach.

„Leider“, stimmte er vorsichtig zu.

„Das lässt sich in Zukunft ja ändern nicht?“, fragte der rothaarige lächelnd.

Clay nickte langsam, wie konnte er mit Schlafmangel und nach so einem Arbeitstag, wo er auch noch länger bleiben muss, noch so schön lächeln? So ein Lächeln gehörte verboten!

Sie unterhielten sich noch lange, lachten später auch viel und laut, die Pizza wäre beinahe angebrannt, da Blake zu spät auf die Uhr geschaut hatte. Die ganze Zeit über hätte Clay am liebsten seine Hand genommen, welche neben seiner lag. Er hätte einfach seine Hand genommen und ihm eindeutig erklärt, über was für „Sachen“ er die ganzen letzen Wochen nachdachte. Doch natürlich traute er sich nicht.

„Hier bitte, das macht 6,50“, er reichte ihm die Pizza Schachtel.

„6,50? Für eine Pizza und zwei Eisbecher?“.

„Passt schon, die Eisbecher gehen auf mich“, winkte er lächelnd ab.

„Oh nein, ich habe dich eingeladen, also wie viel kosten zwei Eisbecher?“, fragte er hartnäckig.

Blake grinste:

„Für dich heute nichts“

Clay reichte ihm kopfschüttelnd die genannte Summe aus dem Geld welches ihm Sonja gegeben hatte. Suchte dann aber noch einen zehn Euro Schein aus seinem Geld und reichte diesen Blake:

„Na schön, wenn ich die Eisbecher schon nicht zahle, gebe ich dir wenigstens Trinkgeld“.

Clay hob die Hand zum Abschied und drehte sich zum gehen um, schnell raus hier, bevor ihm doch noch die Worte rausrutschten, die er nicht vor Blake verlieren sollte.

„Clay warte mal“, eine Hand legte sich auf seine Schulter, sofort blieb er wie versteinert stehen, es war vielleicht nur eine kleine Bewegung, doch trotzdem beschleunigte sich sein Herz auf sein vierfaches Tempo.
Langsam drehte er sich um und sah Blake fragend an, kurz bildete sich in ihm die Hoffnung, dass Blake ihn vielleicht küssen wollte, sofort schob er den Gedanken bei Seite, wie absurd war das bloß? Konnte er denn keinen Funken weit mehr klar denken?

„Weißt du noch damals… als wir noch klein waren wollten wir uns mal zusammen einen Horrorfilm ab 18 anschauen, hatten dann aber bereits nach den ersten zehn Minuten zu viel Angst und haben den Fernseher ausgeschalten“.

Kurz musste er nachdenken, doch dann lächelte er:

„Ja ich weiß noch, deine Eltern waren kurz weg von zu Hause und wir haben uns eine Kassette aus ihrem Schlafzimmer genommen“.

„Genau… Wir haben den Film noch und ich hab ihn noch immer nicht gesehen, ich hab ihn vor ein paar Tagen gefunden und dachte mir, wir könnten das vielleicht nachholen?“.

Verblüffte blickte Clay ihn an, bat er ihn gerade um ein Treffen? Vielleicht sogar um ein Date? Na schön ein Date meinte Blake damit sicher nicht, einfach ein Treffen unter alten Freunden. Oder Bekannten, er hatte doch vorhin gemeint, dass sie öfter miteinander reden sollten, war das vielleicht eine Möglichkeit dazu, ihn wieder besser kennen zu lernen?

„Wenn du keine Lust hast, dann kannst du es natürlich sagen! Wir würden wohl mehr lachen als Angst haben, der Film und seine Effekte sind sicher so richtig alt“.

„Das klingt echt gut, so ein alter Horrorstreifen der mehr eine Komödie ist, dank seinen alten Effekten… Außerdem hätte mein kleines ich sich das sicher gewünscht“, meinte er lächelnd.

„Dein kleines Ich?“, fragte Blake neckend nach.

„Nicht nur du leidest unter Schlafmangel, entschuldige die Wortwahl“.

„Würde es am Samstagabend bei dir gehen?“, Blake überging seine Entschuldigung einfach.

„Ja“, antwortete Clay reflexartig, bevor er überhaupt nachdenken hätte können, sein Körper hatte von selbst reagiert.

„Cool. Du weißt noch wo wir wohnen oder?“.

„Wenn ihr seit dem nicht umgezogen sein, dann ja“.

„Sind wir nicht“, bestätigte er.

„Das werde ich spätestens am Samstag feststellen “.

„Habe ich dich jemals belogen?“, fragte er scheinheilig.

„Als wir fünf waren, hast du mir gesagt, dass wenn ich Hundefutter esse, ich mir etwas wünschen kann und es dann wahr wird“.

„Hey! Ich dachte damals selbst das würde stimmen!“, verteidigte er sich.

„Das würde ich jetzt an deiner Stelle auch sagen“.

„Glaub es oder glaub es nicht. Naja wir sehen uns dann morgen in der Schule“.

„Jap, bis morgen“, am liebsten hätte er ihn noch an sich gezogen und in den Arm genommen, schnell verließ er die Pizzeria bevor er das noch wirklich machte.

 

Gerade als er bei der Hütte ankam, wurde das Mädchen wach, sie schien wirklich hungrig zu sein, außerdem lobte sie Blakes Pizza, er hatte wohl wirklich eine gute Wahl getroffen.

Es stellte sich raus, dass das Mädchen Melina hieß, sie kam von Erdan, weil sie von dem hohen Rat die Anweisung erhalten hatte, eine Woche bei ihrer Einheit mitzuarbeiten. Nur hatte der hohe Rat vergessen das ihnen mitzuteilen. Sie schien wirklich nett zu sein, die Einheit verstand sich mit ihr auf Anhieb gut. Außerdem hatte sie eine interessante Geschichte, ihre Mutter war von der Erde, ihr Vater von Erdan. Ihre ersten Lebensjahre hatte sie auf der Erde verbracht, war dann aber als sie fünf geworden war, nach Erdan umgezogen, weil ihr Vater dort eine Stelle als Mentor angenommen hatte. Ihr Vater hatte sie von klein auf als Wächter erzogen und ausgebildet, daher war sie im sportlichen Bereich, was Nahkampf und Schießübungen mit Waffen sogar besser als Jake. Sie und Jake schienen sich gleich sehr gut zu verstehen, sie waren wohl auf der gleichen Wellenlänge. Sonja, die Mentorin der Einheit, nahm Mel bei sich auf, also lebte sie die Woche, welche sie hier bleiben würde, bei Beka. Alicia schien zuerst sehr skeptisch gegenüber Mel, was sich im Laufe des Abends änderte.

Sie redeten alle lange, bis es spät abends war. Mel, Beka und Sonja verabschiedeten sich, Alicia ging ebenfalls.

 

    „Kann ich heute wieder bei dir übernachten? Es gibt wieder Stress mit meinem Stiefvater“, fragte Jake.

Es gab wirklich oft Stress bei ihm zu Hause, sein Stiefvater stritt öfter mit ihm. Sein biologischer Vater hatte ihn und seine Mutter verlassen, als er noch im Kindergarten war, deshalb zog er dann später in der Mittelschule auch in diese Stadt. Hier lernte seine Mutter einen Mann kennen, sie heirateten bald und bekamen zusammen ein Kind. Jane, das war Jakes kleine Schwester. Doch Scott, sein Stiefvater, behandelte die Kinder nicht gleich, für Jane tat er alles, er kümmerte sich wirklich rührend um sie, doch mit Jake stritt er sich dauernd. Doch Jakes Mutter mischte sich da nie ein, so kam es, dass Jake wirklich oft bei ihm übernachtete, wenn es wieder einen Streit gab.

    „Was ist denn vorgefallen?“, fragte Clay nach, während sie zu ihm nach Hause gingen.

    „Ach, nicht so wichtig. Das übliche…“, Jake redete nie darüber, hatte es ihnen allen nur einmal erzählt.

Manchmal schlief er nach einem Streit auch im Stützpunkt, so waren sie überhaupt darauf gekommen in was für einer Lage er sich befand.

 

Als sie bei Clay angekommen waren, musste er feststellen, dass seine Eltern nicht zu Hause waren, dies war öfter der Fall, er hatte sich bereits daran gewöhnt. Es war beinahe schon regulär, Jake wusste genau von wo er die Matratze und das Bettzeug hohlen musste, welches er in Clays Zimmer brachte.

Sie machten sich schlafbereit, Jake hatte schon eine eigene Zahnbürste in dem Badezimmer stehen, Clays Eltern wussten, dass er oft hier schlief, sagten aber nie etwas dagegen. Einmal, als Clay sich geoutet hatte, dachten seine Eltern er wäre mit Jake zusammen, dies dachten sie lange, bis sie Clay endlich glaubten, dass sie wirklich nur Freunde waren.

Es war bereits dunkel im Zimmer, beide versuchten zu schlafen, Clay in seinem Bett, Jake auf der Matratze neben dem Bett. Clay warf einen Blick auf seinen besten Freund, er hatte die Arme unter seinem Kopf verschränkt und schien an die Decke zu starren.

    „Bist du noch auf?“, fragte er leise.

Jake blickte ihn im Dunklen an:

    „Ja“.

Clay dachte schon, seit Stunden über das Treffen mit Blake nach, er musste endlich mal mit jemanden darüber reden.

    „Ich überlege gerade… Ist es ein Date, wenn zwei Menschen sich treffen, aber der eine gar nicht weiß, dass der andere ihn mag?“.

Jake setzte sich auf und machte das Licht an:

    „Wie bitte?“.

    „Wie soll ich sagen… Hattest du schon mal dieses Gefühl, bei einer Person… Naja, dass du immer in ihrer Nähe sein willst, sie immer berühren willst, auch wenn nur flüchtig. Sie am liebsten umarmen oder küssen würdest, dich aber nicht traust und… Du die ganze Zeit an die Person denken musst und… Sie dich nach einem Treffen fragt, du ja sagst, aber gar nicht weist, wie diese Person das damit das Gleiche meint, wahrscheinlich nur freundschaftlich und du überlegst, wie du ihr irgendwie klar machen kannst, dass du mehr willst, dich aber auch nicht aufdrängen willst und…“, Clay wollte nicht so viel reden, aber nach den ersten Worten kamen die Sätze nur so aus ihm raus, er dachte schon wochenlang darüber nach, es musste mal raus.

    „Warte, warte, warte. Du hast dich verliebt?“, fragte Jake nach um sicher zu gehen.

Leicht nickte Clay, das war er doch oder? Solche Gefühle waren doch nicht normal!

    „Und diese Person bin NICHT ich, richtig?“.

Clay zog sein Kissen hervor und warf es mit voller Wucht nach Jakes Kopf.

    „Okay, okay, entschuldige der Spruch war jetzt nicht angebracht. Wer ist es? Kenn ich ihn?“.

    „Egal, vergiss es“, Clay drehte sich weg und zog die Decke über sich.

    „Ach komm schon, der Spruch war nicht so gemeint. Du kannst mit mir darüber reden“.

Er blieb stumm, traute sich nicht, es zu sagen, wollte auf einmal wieder einen Rückzug starten.  

    „Lustig, dass du fragst… Ich glaube ich könnte mich ernsthaft in Mel verlieben“, hörte er Jake sagen.

Sofort sprang Clay auf und starrte ihn an:

    „In Mel? Aber sie ist doch nur eine Woche hier! Ist das nicht zu…“.

    „Kurz, ja ich weiß. Ich sollte mich wohl von ihr fernhalten, das kann nichts werden. Aber ich denke, in Laufe der Woche, will ich wohl doch einmal mit ihr ausgehen, wenn ich denn den Mut finde, sie zu fragen“.

    „Willst du dir das wirklich antun? Mit einem Mädchen ausgehen, dass nur eine Woche da ist? Was ist wenn du dich wirklich verliebst? Wird das nicht schlimm?“.

    „Ich habe beschlossen für den Moment zu leben, schmollen kann ich ja wenn sie wieder weg ist… Also, jetzt wo ich dir das gesagt habe, was ist bei dir los? Mir ist aufgefallen das du in letzter Zeit unkonzentrierter bist, aber ich dachte das liegt daran, dass du zu viel an deinen Programmen arbeitest“.

    „Na schön, ja ich habe mich verknallt, glaube ich jedenfalls. Und die Person hat mich eingeladen, am Wochenende einen Film anzuschauen, aber er meint das sicher nicht so, wie ich es gerne hätte“.

    „Hey, wenn ich mich traue, Mel um ein Date zu bitten, musst du dich auch trauen, dem Typen klar zu machen, dass du nicht Freundschaft von ihm willst“.

    „Du hast gut reden! Die Wahrscheinlichkeit, dass Mel hetero ist, ist sehr viel größer, als die Wahrscheinlichkeit, dass er schwul ist!“.

    „Verdammt, daran habe ich noch gar nicht gedacht! Was ist wenn sie nicht auf Jungs steht? Boah danke Clay, jetzt bin ich noch nervöser!“, Jake wurde etwas lauter.

    „Gerne, jetzt weißt du wie es mir geht“, brummte er leise.

    „Kopf hoch, wenn er schwul ist, hast du riesiges Glück und wenn nicht, dann suchst du dir halt einen anderen, es gibt noch viele Jungs“.

    „Ich will aber keinen anderen“, die Worte waren ihm rausgerutscht, bevor er sie aufhalten konnte.

    „So ernst ist es also? Wer ist es denn?“, Jake begann noch neugieriger zu werden.

    „Egal, das wird sowieso nichts, ich werde das Treffen absagen“.

    „Oh nein, das machst du nicht! Vergiss was ich gesagt habe, lern ihn einfach besser kennen, schau ob er vielleicht etwas an dir interessiert ist und wenn du auch nur ein Zeichen entdeckst, welches darauf hinweist, auch wenn es ein noch so kleines ist, riskier es!“.

    „Du stellst es dir so einfach vor“, murrte Clay nur.

    „Clay, zwing mich nicht dir eine Ohrfeige zu geben! Es kann doch nicht schaden, den Jungen besser kennen zu lernen“.

Ja, dass dachte er vielleicht, aber wenn er sich noch mehr in Blake verlieben würde?

    „Fürs Erste solltest du rausfinden, ob er denn wirklich 100 %-ig hetero ist“.

    „Und wie soll ich das bitte anstellen?“.

    „Ich weiß nicht, sag du es mir“.

    „Wie meinst du das?“, Clay blickte ihn verwirrt an.

    „Naja, du hast es uns gesagt… Aber wenn es jemand nicht von dir weiß, wie könnte er herausfinden, dass du schwul bist?“.

    „Keine Ahnung…“, er überlegte für einen Moment.

Seufzend ließ er sich wieder in sein Bett fallen:

    „Wieso muss das alles so kompliziert sein?“.

    „Wenn es einfach wäre, wäre es nicht so schön“, meinte Jake.

    „Manchmal hasse ich deine Aussagen, weißt du das?“.

    „Wenn du nicht auf der schnelle einen anderen besten Freund findest, musst du mich wohl weiterhin aushalten“.

Ohne etwas zu erwidern, schielt Clay das Licht aus, es war wohl am besten wenn er endlich versuchte zu schlafen.

 

    „Clay? Darf ich dir noch eine Fragen stellen?“.

    „Hm?“.

    „Dieser Junge… Kann es sein das es Blake ist?“.

Überrascht ries Clay seine Augen auf und setze sich gerade in seinem Bett auf, er hoffte nur das Jake seine Reaktion im Dunklen nicht bemerkte.

    „Wie… wie kommst du darauf?“, er bemühte sich mit einer ruhigen Stimme zu reden, aber Jake kannte ihn schon viel zu lange, er durchschaute ihn sicher.

    „Naja, letztens hast du im Schlaf seinen Namen gemurmelt, ich dachte mir zuerst nichts dabei, aber nachdem was du mir gerade erzählt hast…“.

    „Bitte sag es den anderen nicht, solange nichts Wichtiges passiert will ich es für mich behalten“.

    „Ich sage es schon niemanden… Unter einer Bedingung“.

Eine Bedingung? Wie konnte er nur eine Bedingung verlangen?! Sie waren beste Freunde, sollte er Clay nicht bedingungslos zur Seite stehen?

    „Welche?“, brachte Clay mit gepresster Stimme hervor.

    „Du gehst am Samstag zu diesem Treffen mit ihm und wenn es auch nur freundschaftlich gemeint ist“.

    „Manchmal da hasse ich dich“, brummte er nur, sein Herz jedoch begann schon wieder zu rasen, alleine schon wenn er an das Treffen mit Blake dachte. Na ganz toll, wie sollte er so einschlafen können? Jetzt war er noch viel nervöser als vorhin! Dieses andauernde Herzrasen war sicher nicht gesund, er sollte mal zum Arzt gehen.

    „Ja, ich habe dich auch lieb Clay“, hörte er Jakes sarkastische Stimme.

 

Die Tage zogen an ihm vorbei und er war kurz davor seinen Verstand zu verlieren. Gleichzeitig Vorfreude und Angst wegen einem kommenden Ereignis zu verspüren belastete ihn einfach viel zu sehr. Immer wieder spielte er in seinem Kopf das Treffen ab, von den ganz absurden Möglichkeiten, wie es ablaufen könnte, bis hin zu den realistischen, bis hin zu den unwahrscheinlichsten. Er dachte fast Tag und Nacht nur mehr daran und verspürte ihn seinem Magen ein mulmiges Gefühl, als ob er einen Knoten in seinem Magen hätte. Waren das etwa die berüchtigten Flugzeuge im Bauch?

 

Währenddessen beobachtet er die ganze Woche über, wie Jake und Mel sich immer besser verstanden. Er freute sich für seinen Freund, ihm schien es gut zu gehen und er schien diese Mel wirklich immer mehr und mehr zu mögen. Auch wenn er sich für ihn freute, es tat ihm weh das zu mit anzusehen. Bei Jake lief es einfach so leicht und er wusste noch nicht einmal ob jemals so unbefangen mit Blake umgehen können würde. Letzend Endes war der Tag gekommen, Mel würde übermorgen wieder nach Hause reisen und er würde am nächsten Tag zu Blake nach Hause gehen.

Am Freitag war seine Unruhe am schlimmsten, in der Nacht konnte er nicht schlafen, also ging er in den Stützpunkt um an seinen Programmen weiter zu arbeiten. Außerdem musste er noch seine Berichte für diese Woche fertig schreiben.

Wächter mussten jede Pforte die sich in ihrer Stadt öffnete schriftlich dokumentieren. In diesem Bericht mussten sie alles genauestens Angeben, den Zeitpunkt, den Ort, welches Tier durch die Pforte gekommen war und welches Manöver sie gegen das Tier vollzogen hatten. Diese Berichte wurden wöchentlich an den Rat geschickt, eigentlich wechselten sich die Wächter von Einsatz zu Einsatz ab, doch leider nutzten sie die Berichte auch oft als Wetteinsätze. Clay hatte letzte Woche eine Wette gegen Alicia verloren, also musste er diese Woche nicht nur seine sondern auch Alicias Berichte schreiben. 

So gut es ging versuchte er sich mit seiner Arbeit abzulenken, das Brennen in den Augen, das Kopfweh von seinem Schlafmangel, das alles war er schon gewohnt, er verbrachte wirklich viele Nächte in dem Stützpunkt, denn der Hochleistungscomputer konnte einfach viel mehr als sein eigener zu Hause.

Er bekam gar nicht mit, wie die Stunden an ihm vorbeizogen, die Gedanken an Blake und das Treffen versuchte er einfach immer wieder zu verdrängen, irgendwann klappte es auch, weil er zu erschöpft war an mehr als eine Sache auf einmal zu denken.

 

Das es draußen wieder hell wurde, bekam er nur mit, weil Alicia in der früh in die Hütte kam.

    „Morgen Clay, wie geht’s?“, mit einem dicken Buch in der Hand setzte sie sich an ihren Stammplatz und legte ihre Füße auf den Couchtisch.

    „Du bist schon hier? Wie spät ist es?“, die Frage war dumm, er hätte auch einfach auf den Bildschirm vom Computer nachsehen können, doch das fiel ihm erst nachher ein.

    „Halb Neun, hast du die Nacht wieder durchgemacht?“, Alicia war Frühaufsteherin, wenn Clay die Nacht nicht durchmachte oder Jake nicht schon wieder im Stützpunkt, wegen seinem Stiefvater, übernachtete, war sie die erste die anwesend war.

    „Sieht man doch oder? Ich musste deine Berichte noch schreiben“, er drehte sich mit dem Bürosessel zu ihr und streckte sich, seine Muskeln waren alle schon leicht verspannt.

    „Geb jetzt nicht mir die Schuld dafür, du hättest dir die Zeit besser einteilen können“.

    „Mach ich nicht, ich sag ja nur“.

    „Hat Jake Mel schon gefragt?“, wollte sie wissen.

Er hob seine Hand vor dem Mund, während er ausgiebig und laut gähnte.

    „Nein hat er nicht“, das Jake Mel mochte war während der Woche jedem aufgefallen, Clay hatte den Verdacht, dass es selbst Mel aufgefallen war.

    „Wann will er das dann machen?“.

    „Ich schätze heute, morgen geht sie ja schon wieder“.

    „Ja, leider… Sie ist wirklich nett und lustig, ich werd sie vermissen, du auch?“.

    „Ich schätze schon, aber wir können ja nichts machen“.

    „Mhm… Also falls er sich nicht traut sie zu fragen, habe ich eine Idee“.

    „Achja? Welche?“, gespannt blickte er sie an.

    „Wenn Mel fragt, ob wir heute Zeit haben, sagen wir ihr, dass wir am Montag einen Italienisch Test haben und dass du uns Nachhilfe geben musst“.

    „Gute Idee, können wir machen“, Clay drehte sich erneut zu seinem PC um, Jake war der Einzige der Einheit, der nicht Italienisch sondern Spanisch belegt hatte, das war glaubhaft.

 

Genau als Mel in die Hütte kam, wurde Clay mit seiner Arbeit fertig, er musste es nur mehr speichern und den Computer runterfahren.

    „Was macht ihr beide denn schon hier?“, fragte Mel verblüfft.

    „Ich bin Frühaufsteher und er sitzt schon die ganze Nacht hier“, erklärte Alicia.

Clay spürte, dass Mel ihn anstarrte:

    „Die ganze Nacht? Du warst gar nicht zu Hause?“.

    „Ich kann diese Arbeit nur mit diesem Computer fertig programmieren… Der zu Hause schafft es nicht“.

    „Was programmierst du denn?“.

    „So einiges“, gab er einsilbig zurück, er war viel zu müde um das jetzt genauer zu erklären.

    „So einiges, also jetzt verstehe ich echt was du meinst“, murmelte Mel sarkastisch.

    „Frag ihn bloß nicht noch einmal, wenn er erst einmal anfängt zu erklären, kommen wir normal Menschen und dumm wie Brot vor“.

    „Du würdest dich mit Alina gut verstehen“, sagte Mel.

    „Ist das nicht deine Freundin?“, sie hatte Alina und ihre anderen Kollegen aus ihrer Einheit unter der Woche öfter erwähnt.

    „Ja. Und sie liebt es Computer zu zerlegen, sie verbessert zusammenzubauen, neue Programme zu schreiben und der gleichen. Wenn sie anfängt zu erklären, was sie alles macht, verstehen wir kein einziges Wort“.

    „Oh ja, das klingt nach unserem Clay“.

    „Leute, ich bitte euch auch ganz nett, kann mir bitte jemand einen Kaffee holen?“, fragte Clay während er sich müde die Augen rieb.

    „Klar, aber du weist Kaffee ist kein Ersatz für Schlaf?“, Alicia stand auf.

    „Ja doch. Ich sagte Kaffee und nicht Lebensweisheiten“, murrte er leise.

Alicia ließ sich auf die Couch neben Mel fallen:

    „So, jetzt kannst du ihn dir selbst holen“.

    „So war es doch nicht gemeint!“, wenn er müde war, wurde Clay öfter unhöflich, daran sollte sie eigentlich gewöhnt sein.

    „Die Bewegung tut dir aber sicher gut“, Alicia streckte ihm kurz, wie kleine Mädchen es oft taten, die Zunge entgegen, während Clay aus der Hütte schlürfte.

 

Leise und langsam ging er durch die Hintertür in Sonjas und Bekas Haus, Sonja ging früh arbeiten und sperrte die Hintertür immer auf. Denn sie erlaubte der ganzen Einheit ihre Küche zu nutzen. Während die Kaffeemaschine brummte, schloss er kurz seine Augen. Das war ein Fehler, er hätte nicht die ganze Nacht durchmachen sollen, nicht heute. Das Treffen war wichtig und er bezweifelte, dass er dort sinnvolle Sätze rausbekommen würde, wenn er so müde war. Normalerweise war das kein Problem, aber Blake war nun mal eine Ausnahme, bei ihm war er so schon unruhig genug.

Der Kaffe war fertig, er nahm sich die Tasse, nahm aus dem Kühlschrank die Milch, er trank seinen Kaffee mit sehr viel Milch und ohne Zucker. Langsam ließ er sich er sich am Küchentisch nieder, als er Bekas Stimme hinter sich hörte.

    „Warst du schon wieder die ganze Nacht wach oder schmeckt unser Kaffee einfach besser als eurer zu Hause?“, fragte sie spöttisch während sie zum Kühlschrank ging.

    „Hey du kennst mich, zwei Kaffee und ich bin wieder wie neu“.

    „Das glaubst du doch selbst nicht. Willst du auch was?“, fragte sie während sie eine Müslischachtel aus dem Küchenschrank hervorkramte.

Beka wartete seine Antwort gar nicht ab, sondern deckte den Tisch gleich mit zwei Müslischüsseln und zwei jeweils Löffeln. So oft wie er die ganze Nacht im Stützpunkt durchmachte, so oft frühstückte er auch mit Beka und manchmal sogar mit Sonja gemeinsam.

 

Nach dem Frühstück und einer zweiten Tasse starkem Kaffee gingen sie wieder in die Hütte zu den anderen. Clay legte sich auf die eine Couch hin und schloss die Augen, er wollte seinen Augen einfach ein paar Minuten Ruhe gönnen, vielleicht auch ein Nickerchen machen.

   „Clay, Sonja hat überlegt eine Sperrzeit für die Hütte zu verkünden“, erzählte Beka.

Clay öffnete die Augen und blickte Beka an, sie hatte sich auf die Couch zu Mel und Alicia gesetzt.

Seine Augen fielen ihm wieder zu:

    „Wie eine Sperrzeit?“.

    „Na eine Zeit, am Abend, nachdem keiner mehr den Stützpunkt betreten darf“, erklärte sie.

    „Und wieso das?“, es wäre einfach zu anstrengend gewesen sie bei der Frage auch noch anzusehen.

    „Weil sie mitbekommen hat, wie lange du immer aufbleibst nur um an den Computer rumwerkeln zu können“.

    „Ich habe zu Hause nun einmal nicht so einen Rechner wie diesen hier“.

    „Sie hat ja auch nichts dagegen, dass du ihn benutzt, aber sie will nicht, dass du noch mehr Schlafmangel bekommst“.

   „Das ist unfair!“, erwiderte er etwas lauter und öffnete seine Augen wieder, gerade als Jake in die Hütte kam.

Er konnte genau sehen wie Mels und Jakes Blicke sich für eine Zeit streiften.

    „Was ist unfair?“, fragte dieser und setzte sich an das Fußende von Clays Couch.

    „Sonja will Sperrzeiten für die Hütte aufstellen, damit Clay nicht so oft durchmacht“, erklärte Alicia ihm.

    „Nun, nichts für ungut, aber du machst in letzter Zeit wirklich zu oft durch“, er blickte seinen Freund an.

    „Was für einen Unterschied macht es, wenn ich hier Schlafmangel erleide oder zu Hause?“, meinte dieser nur.

    „Also-“, wollte Beka gerade einwenden, wurde dann aber von Clay unterbrochen:

    „Können wir das Thema wechseln? Bitte?“, er wollte nicht, dass sie noch nach fragten warum er zu Hause an Schlafmangel litt, fürs erste reichte es, dass Jake es wusste.

 

    „Was wollt ihr heute Abend eigentlich machen?“, ergriff Mel nun das Wort.

Alicia zog scharf die Luft ein:

    „Es ist dein letzter Abend Mel, ich weiß, es tut mir echt leid. Wir haben am Montag eine Italienisch Prüfung und ich bin bei den letzten Tests schon durchgerasselt, ich muss heute lernen, sonst komm ich nicht durch“, eins musste er ihr lassen, Alicia konnte gut schauspielern, als Wächter musste man sowas wohl erlernen.

Mel nickte und blickte Beka an:

    „Ich muss auch lernen, Sprachen liegen mir leider nicht so“, sie blickte Mel entschuldigend an, ja lügen war wohl eine Sache die alle Wächter beherrschten.

    „Bevor du fragst, ich falle auch weg, ich muss den beiden ja Nachhilfe geben“, erklärte er.

    „Oh… Also wenn ihr alle lernen müsst, will ich euch nicht aufhalten“.

    „Ich muss nicht lernen“, warf Jake plötzlich ein, er wusste vom ganzen Plan nichts, dabei sollte es wohl auch bleiben.

    „Hast du keinen Italienisch Test?“, fragte Mel verblüfft.

    „Ich gehe in die Spanisch Gruppe, wir haben am Montag keine Prüfung“.

    „Weist du, ich wollte dich sowieso-“, Jake wurde von einem Alarm unterbrochen.

 

    „Eine Pforte von Erdian, öffnet sich in drei Minuten, im Wald am Rande der Stadt“, Alicia hatte als erstes ihr Handy hervorgeholt.

Schon waren alle aufgesprungen und machten sich auf den Weg, in Richtung Wald, wie immer war beim sprinten Jake ganz vorne, jedoch versuchte Mel ihn, wie schon bisher in dieser Woche, zu überholen, sie liefen Kopf an Kopf, aber keiner von beiden schien schneller zu sein. Clay im Gegensatz wollte nicht der erste sein, er freute sich dass er überhaupt mitkam. Er riss sich wegen des Einsatzes zusammen, er hoffte seine Erschöpftet würde zu keinem Hindernis werden.

Im Wald angekommen, hielten sie Ausschau nach der Pforte, nachdem sie ihre Schutzanzüge per Knopfdruck angelegt hatten.

    „Die Pforte hat sich bereits geschlossen, ein Tier ist entkommen, aber dafür ein großes“, Clay deutete, auf die Brandspur im Boden, welche eine geschlossene Pforte hinterließ und auf die großen Schleimspuren, die von dieser Brandspur ausgingen.

Danach startete er ein Programm auf seinem Handy und blickte sich um:

    „Es ist genau in dieser Richtung“, er deutet mit seiner Hand hinter ihnen.

Alle blickten in diese Richtung, aus der keine Sekunde später, eine alte Dame auftauchte.

    „Der Radar sagt, dort steht das Wesen“.

    „Von wegen Wesen, das ist eine alte Frau!“, schnaufte Alicia, „siehst du, das durchmachen tut dir nicht gut, so machst du bloß Fehler in deine Arbeiten!“.

    „Ich habe keine Fehler gemacht“, beharrte Clay, müde hin oder her, mit seinen eigenen Programmen konnte sogar im Schlaf umgehen.

    „Achja? Und wo ist dann das riesige Tier?“, fragte nun Beka.

 

Während die beiden diskutierten, ging Jake auf die Frau zu:

    „Entschuldigen Sie, haben Sie sich vielleicht im Wald verlaufen?“.

Keinen Augenblick später, verwandelte sich die Frau, vor ihren Augen, in ein Wesen, welches einer Nacktschnecke ähnelte, nur das diese hier, so groß wie ein Gebäude war.

Sofort brachten die fünf sich in Sicherheit, in dem sie sich in einen riesigen Busch stürzten, dank dem Schutzanzug verletzten sie sich auch nicht an den Dornen.

    „Es ist von Erdian. Es wäre harmlos, wenn sein Schleim nicht so giftig wäre. Er ätzt sich sogar durch unseren Anzug hindurch, also passt bitte auf. Am besten wir gehen das Kommando 14 durch, Alicia und Clay, ihr geht auf Posten A, Jake und Mel, ihr übernimmt B und ich nehme C, in Ordnung?“.

Nach einem einstimmigen „Ja“ machten sich alle auf ihre Plätze. Alicia und Clay versteckten sich hinter einem Baum und regelten ihre Waffen, bewirkten mit ihren Strahlen, dass die „Schnecke“ in der Luft schwebte.

Nun waren Mel und Jake an der Reihe, welche sich hinter einem Baumstamm in Deckung gebracht haben, sie sollten das Tier jetzt eigentlich mit ihren Waffen schrumpfen lassen.

 

Doch irgendwas schien bei Jake und Mel nicht zu stimmen, plötzlich, stürzte Mel sich auf Jake um sich mit diesem abzurollen, keine Sekunde zu früh, denn das Wesen gab wirklich einen merkwürden Laut von sich und versprühte dann den Schleim, auf die Fläche, auf der sie vorher gestanden waren. Mel musste das wohl vorausgesehen haben.

Die beiden lagen nun nebeneinander auf dem Boden, Mel griff nach ihrer Waffe und feuerte den Strahl, wohlbemerkt liegend, vom Boden ab. Gleich darauf fing Beka das Alien,  in einen Behälter auf.

 

Beka und die anderen öffneten eine Pforte um den ungebetenen Gast wieder auf seinen Heimatplaneten zu schicken, währenddessen beobachtete Clay Mel und Jake, die etwas weiter weg waren.

Jake auf und klopfte sich den Dreck von seiner Hose. Gleich darauf stand er schon neben Mel und nahm ihre Arme, um ihr aufzuhelfen.

    „Danke, das hätte schlimm ausgehen können“, obwohl sie bereits stand, ließ er noch immer ihre Arme nicht los.

    „Nichts zu danken, jetzt sind wir Quitt“.

    „Stimmt doch gar nicht, ich habe dich bloß in den Stützpunkt getragen, das hier hätte viel schlimmer werden können“, meinte er.

Man konnte die Anspannung zwischen ihnen förmlich sehen, in Clay stieg erneut eine leichte Eifersucht auf, er wusste es war falsch, aber er konnte nichts dafür, genau so etwas wünschte er sich auch.

    „Als Dank, führe dich heute aus“, bot Jake Mel lächelnd an

    „Ausführen?“, fragte Mel nach.

    „Ja, ausführen, ausgehen, auf ein Date gehen oder wie du es nennen willst. Sagt man das auf Erdan anders?“.

    „Nein, die Begriffe sind mir bekannt“, sie begann zu lächeln.

    „Oh, aber nur um noch einmal sicher zu gehen. Das ist kein Treffen unter Freunden, wo die anderen Freunde einfach nicht auftauchen sondern-“.

Mel fing an zu lachen:

    „Ob du es glaubst oder nicht, ich weiß was ein Date ist“.

Plötzlich verschwand das Lächeln aus seinem Gesicht, er blickte sie ernst an:

    „Und was sagst du? Du musst natürlich nicht“.

    „Ich würde aber gerne“, meinte sie und da fingen wieder beide an, sich anzulächeln.

    „Achso?“, hakte Jake grinsend ein.

Alicia tippte Beka auf die Schulter und zeigte auf Mel und Jake. Alicia begann zu  grinsen und blickte Beka schadenfroh an, sie wussten zwar, dass Mel und Jake sich mehr mochten, aber Beka hatte mit Alicia gewettet, dass Jake sich nicht trauen würde Mel um ein Date zu bitten. So musste nächste Woche Beka Alicias Berichte machen.

 

Die Truppe machte sich auf den Weg zurück, in den Stützpunkt, diesmal aber wieder in Zivilkleidung.

    „Wisst ihr was komisch ist? Die Woche gab es nur Pforten, die von Erdian kamen“, dachte Clay laut, wieso war ihm das nicht früher aufgefallen?

    „Nicht ganz, was ist mit mir?“, wandte Mel ein.

    „Deine war am Sonntag, die zählt nicht zu dieser Woche“.

    „Stimmt, Mels Pforte war wohl die letzte. Komisch, normaler weise muss doch mindestens eine entstehen“, überlegte Alicia.

    „Okay, nennt mich dumm, aber irgendwie habe ich noch immer nicht verstanden, wie diese Pforten überhaupt entstehen“, gab Jake zu.

    „Das weiß keiner genau, es wird erforscht. Das wir künstlich welche herstellen können, ist immerhin schon ein weiter Fortschritt, früher mussten die Wächter entweder noch die Pforte erwischen, durch die die Tiere gekommen waren oder warten bis sich eine neue in diese Welt öffnete“, erklärte Clay.

    „Und mit den Reisen mussten sie ja immer warten und konnten nichts voraus planen, musste auf die nächste Pforte warten, welches sich dorthin öffnete wo sie hinwollten“, erzählte Mel.

    „Aber das dauert doch sicher Monate, bis sie sich an dem gewünschten Ort öffnete“, Beka hob die Augenbrauen.

    „Vielleicht sogar Jahre“, warf Alicia ein.

 

Am Nachmittag schaffte er es dann doch noch seinen Schlaf nachzuholen. Er hatte sich im Wohnzimmer von Bekas uns Sonjas Haus schlafen gelegt, falls er für einen Einsatz gebraucht wurde, konnte er da nämlich schnell anwesend sein. Er hoffte nur, dass sich am Abend keine Pforte öffnen würde, dass würde für ihn und für Jake unangenehm werden. Er hatte sich mit Blake gegen halb Sechs verabredet, erst gegen Fünf wurde er jedoch wach. Wie von der Tarantel gestochen sprang er auf und lief in die Hütte um seinen Rucksack zu holen, er musste noch schnell nach Hause um sich umzuziehen.

In der Hütte saßen jedoch noch Beka und Alicia die sich gerade über irgendwas unterhielten.

    „Endlich wach?“, fragte Beka spöttisch während Clay nach seinem Rucksack Ausschau hielt.

   „Sieht man doch“, murrte dieser nur, da war er, unter seinem Schreibtisch!

    „Und auf wen wettest du beim Date?“, wollte Alicia von ihm wissen.

    „Wetten auf Dates? Sind wir dafür nicht etwas zu alt?“, fragte er während er seinen Rucksack schulterte.

Wenn jemand von ihrer Einheit ein Treffen hatte, hatten sie die Angewohnheit entwickelt, dass der Rest der Einheit dieses über den Überwachungsvideos des Stützpunktes nachverfolgte. Davor wurden Wetten über Berichte abgeschlossen. Meist wetteten sie darum, ob es einen Kuss geben würde und wer von beiden die Initiative

 ergreifen würde.

    „Nein wieso? Beka setzt fünf Berichte auf Jake, doch ich denke dass Mel ihn küssen wird“, erklärte Alicia.

    „Na schön, ich setzte drei auf Jake, aber ich kann es leider nicht mit ansehen“.

Er wollte die Hütte bereits verlassen, als sie ihm hinterher riefen.

    „Entschuldigt, muss nach Hause bin zu K.O. für sowas“, bevor sie etwas antworten konnten, war er bereits verschwunden.

In eine rekordverdächtigen Zeit, war er nach Hause gelaufen und hatte sich blitzschnell fertig gemacht. Gleich darauf ging er im Eilschritt zu Blakes Haus. Lächerlicherweise musste er sich eingestehen, dass er wirklich lange überlegt hatte was er anziehen sollte. Aber auf Grund des Zeitmangels hatte er sich für eine einfache schwarze Jeans und einen dunkelgrünen Hoodie entschieden, wenn er sich plötzlich anders anzog als sonst, würde es doch auffallen nicht?

Atemlos war er vor Blakes Haustür angekommen, sogar fünf Minuten zu früh, er fing an die Hausklingel anzustarren. Es war Jahre her, seit er das letze Mal hier war und doch kam es ihm so vertraut vor. Sein Herz begann, wie immer, schnell zu schlagen und ihm wurde wieder unangenehm warm. Das letzte Mal als er ansatzweise so nervös war, war bei dieser einer Mathe Schularbeit gewesen, bei der er einen Blackout gehabt hatte und wirklich gar nichts mehr wusste, nein, eigentlich war dieses Gefühl das Mathe-Blackout-Erlebnis Hoch zwanzig. Fühlte sich so etwa Liebe an? Sollte das Gefühl etwa das sein, von dem alle so viel schwärmten? Konnte man wirklich von diesem seltsamen Kribbeln im Bauch schwärmen? War es nicht mehr nervig? Mit so etwas konnte man doch gar nicht klar denken! Wünschten die Menschen sich so etwas wirklich?

Ein letztes Mal atmete er tief durch und versuchte das Kribbeln in seinem Bauch zu ignorieren, irgendwie freute er sich Blake zu sehen, trotz der nervigen Reaktion seines Körpers oder gerade wegen dieser?

 

Ungläubig schüttelte er seinen Kopf und drückte die Klingel, jetzt war die Zeit gekommen an dem es kein Zurück gab, aber er wollte gar nicht zurück, er würde mit Blake den Abend verbringen, wie mit einem Kumpel, doch vielleicht konnte er ja mehr über ihn erfahren, das war doch ein Anfang.

Es war gut gewesen, dass Alicia und Beka nichts von dem ganzen mitbekommen hatten, sonst würden sie ihn auch noch beobachten, doch Jake hatte ihnen sicher nichts gesagt.

    „Hey, siehst du, wir sind wirklich nicht umgezogen“, Blake stand lächelnd vor ihm in der Tür, während Clay nachdachte, hatte dieser die Tür geöffnet.

Blake trug eine etwas engere Jeans und ein einfaches dunkelgrünes Hemd, ob er wohl lange überlegt hatte was er anziehen sollte? Denn das dunkelgrüne Hemd brachte seine grünen Augen unglaublich zur Geltung. Clay hätte sich für den Gedanken geohrfeigt wenn er alleine gewesen wäre. 

    „Ja, jetzt muss ich dir wohl glauben. Komme ich eh nicht zu früh?“.

    „Nein nein, genau richtig, bin gerade jetzt mit dem aufräumen fertig geworden“, Blake trat zur Seite und ließ ihn eintreten.

    „Du hättest wegen mir doch nicht aufräumen müssen“, Clay zog wie gewohnt seine Schuhe aus und folgte Blake in sein Zimmer.

    „Du hast ja keine Ahnung, mein Zimmer schaut normalerweise mehr als unmenschlich aus!“, wiedersprach der rothaarige.

    „Meins doch auch, ist nichts dabei“, meinte Clay nur grinsend, ja ein unmenschliches Schlafzimmer, das kam ihn von sich selbst bekannt vor.

    „Und was hast du heute so gemacht?“, fragte Blake eher beiläufig, während sie die Treppen hochstiegen.

    „Geschlafen“, gab Clay einsilbig zurück.

    „Geschlafen? Und sonst so?“, er konnte förmlich das Lächeln aus Blakes Stimme heraushören.

    „Danach bin ich zu dir gekommen“, gab er zu.

    „Wie konntest du so lange schlafen?“, fragte er verblüfft doch nicht vorwerfend.

>>Weil ich die ganze Nacht wegen dir wach war, da ist das Schlafen nicht schwer<<, hätte er am liebsten gesagt, antwortete stattdessen aber:

    „Glaub mir, das ist nicht schwer. Und was hast du gemacht?“, sie waren schließlich in Blakes Zimmer angekommen, sofort blickte er sich um, ob sich denn viel verändert hatte.

    „Nun ja, geschlafen, aufgeräumt, geputzt und jetzt bist du da“.

    „Die Mühe hättest du dir echt nicht machen müssen“.

    „Würdest du nicht sagen, wenn du wüsstest wie es hier ausgesehen hat! Mein Vater arbeitet viel zu viel, kann nicht aufräumen so bleibt es an mir hängen und ich habe zu wenig Zeit“.

Seine Eltern hatten sich vor Jahren getrennt und seine Mutter war nach England gegangen, dass hatte Clay mitbekommen, auch wenn sie nicht so gut befreundet waren. Sein Vater arbeitet als Schriftsteller bei mehreren Verlagen, er hatte ziemlich viel zu tun und schrieb meist den ganzen Tag in seinem Zimmer oder in einem Café.

    „Naja egal, ich habe die Kassette auf DVD überspielt, aber es hat irgendwie nicht geklappt, aber wir können den Film einfach über den Laptop streamen, keine Sorge, ich kann den Bildschirm auf meinen Fernseher übertragen, also müsste das gehen…“.

    „Ist in Ordnung“.

    „Das Trinken habe ich schon abgestellt, kannst dich ruhig bedienen, nur das Knabber-Zeug habe ich vergessen… Könntest du an dem Laptop schon mal nach dem Stream suchen? Ich hohle nur schnell die Chips“.

    „Okay, kein Problem“.

Sobald Blake aus dem Zimmer verschwunden war, sah er sich erneut im Zimmer um. Die Wände waren hellgrün, früher waren sie blau gewesen, er konnte sich noch wage erinnern. Das Zimmer war eher klein, nicht sehr groß. Es war gut beleuchtet, dank eines Dachfensters. Das Mobiliar war auf das nötigste beschränkt, ein kleines Bett, ein alter hölzerner Kleiderschrank, welcher wohl seine besten Jahre hinter sich hatte. Das Bett stand in einer Ecke, der Schrank an der Wand gegenüber vom Bett, neben dem Schrank war ein großer Ankleidespiegel an der Wand befestigt, an dem Spiegel waren einige Bilder und Post-its mit englischen Sprüchen befestigt. Es waren wohl Songtexte und Zitate. Blake konnte wirklich schön schreiben wenn er wollte, das war schon immer so gewesen.

Er hatte einen längeren Schreibtisch, über dem ein Bücherregal befestigt war, welches vollgestopft war, die meisten Bücher konnte er auf den ersten Blick in die Gerne Fantasy einschätzen. Zwischen dem Schreibtisch und dem Schrank war seine Zimmertür, auf der Tür war ein großes Plakat mit dem Spruch „Keep Calm and Rock´n´Roll“ aufgehängt. Der Schreibtisch war ordentlich gehalten, die Schulbücher und Hefte waren auf einem Stapel gelegt, daneben der Laptop, die Getränke welche er vorbereitet hatte und zwei Gläser. Bei der Wand mit dem Dachfenster, war ein Flachbild-Fernseher auf einem dunkelbraunen Fernsehertisch, der Fernseher war direkt gegenüber von seinem Bett, so hatte man die perfekte Sicht vom Bett auf den Fernseher. Neben dem Fernsehertisch war noch eine Musikanlage, neben der mehrere CDs auf dem Boden lagen, er hatte wohl kein Regal für sie.

 

Nach seiner Begutachtung setzte Clay sich an den Schreibtisch und klappte den Laptop auf, dieser war wohl nur auf Standby, denn er ging sofort an. Automatisch wollte er in der Adressleiste den Link eingeben, welcher zu der Seite führte, auf der er immer Filme streamte, dann sah er, auf welcher Seite der geöffnete Browser war. Ungläubig rieb er sich die Augen und blickte erneut hin.

Es war eine ihm bekannte Plattform, für homosexuelle Jugendliche. Blake war auf der Seite eingeloggt und es war gerade ein Beitrag geöffnet welcher „Outen oder nicht outen? Woher weiß ich wann der richtige Zeitpunkt ist?!“ hieß und er selbst war der Verfasser des Beitrags. Konnte das wirklich stimmen? Konnte Clay wirklich so ein Glück haben? Na schön, es hieß nicht, dass Blake seine Gefühle erwiderte, aber es hieß, dass seine Chancen gerade mächtig gestiegen sind!

 

    „Und? Hast du den Film scho-“, Clay hörte einen lauten Aufprall hinter sich und drehte sich zu Blake.

Dieser war gerade wieder in das Zimmer gekommen und hatte die Chips-Schalle fallen lassen, als er sah, was Clay gerade an seinem Laptop sah.

    „Ich… Hab ich… etwa vergessen die Seite zu schließen?“, fragte Balke leise,  nein er flüsterte bereits und blieb noch immer wie versteinert stehen.

Clay antwortete nicht, sondern blickte Blake weiterhin an, konnte es wirklich wahr sein? Es schien ihm so unwirklich, vielleicht träumte er nur?

    „Ich… Ich bin nicht… Ich…“, Blake stammelte, brachte aber keinen sinnvollen Satz hervor.

    „Blake, stehst du auf Jungs?“, fragte Clay und versuchte ruhig zu klingen, doch er erhielt von Blake keine Antwort, dieser blickte ihn nur geschockt an.

    „Das ist doch nichts Schlimmes… Ich kann mit Mädchen auch nicht wirklich etwas anfangen, ich mag Jungs auch lieber“, gab er zu.

    „Wirklich?“, Blake schien sich wieder zu fangen.

    „Ja, wirklich“, bestätigte Clay ruhig und blickte Blake weiterhin an.

Dieser setzte sich auf sein Bett und vergrub sein Gesicht in seinen Händen:

    „Ich hab es noch niemandem gesagt“, murmelte dieser.

Clay klappte den Laptop wieder zu und setzte sich neben Blake aufs Bett.

    „Hast du es schon…?“, Blake blickte ihn wieder an, am liebsten hätte Clay ihn einfach umarmt und nicht losgelassen, er wirkte gerade so verwirrt und unsicher, dass es einfach niedlich war. Ja, er schämte sich für den Gedanken, aber es war nun mal so.

    „Ich habe es nur meinen Eltern und meinen engeren Freunden gesagt“.

    „Und wie haben sie reagiert?“.

    „Wer?“.

    „Na alle“.

    „Meine Eltern freuen sich nicht unbedingt, aber sie haben auch nichts dagegen. Beka war ist es ziemlich gleichgültig, Alicia und Jake haben sich sogar gefreut“, erzählte er.

    „Gefreut? Wirklich?“.

Clay nickte bestätigend, Alicia hatte sich gefreut, weil sie es süß fand, sie fand aber fast alles süß und Jake hatte sich gefreut, weil er so einen besten Freund hatte, mit welchem er sich nie um Mädchen streiten würde.

    „Wann hast du es bemerkt?“, Blake blickte ihn fragend an.

    „Ich weiß nicht genau… Ich habe Mädchen nie gut aussehend gefunden, Jungs jedoch hin und wieder schon… Du?“.

    „Ich glaube ich habe mich verliebt und das in einen Jungen“, murmelte er.

    „Ach ja? Wer ist es denn?“, für den Bruchteil einer Sekunde machte Clay sich Hoffnungen, dass er es war, konnte doch sein oder?

    „Nicht so wichtig… Jake hatte sich also wirklich darüber gefreut?“.

Wieso kam Blake jetzt auf Jake? War es etwa in den er sich verliebt hatte?

    „Ja, hat er, wieso sollte er es auch nicht?“.

    „Ihr versteht euch ziemlich gut oder?“.

    „Ja, er ist ein guter Freund, wir können immer auf einander zählen“, auch wenn Jake ihn hin und wieder sehr nervte, freute er sich doch ihn als Freund zu haben.

    „Wieso willst du das wissen?“.

    „Nicht so wichtig…“, Blake richtet seinen Blick auf den Teppichboden, >>Nicht so wichtig<<, war wohl seine Standard Antwort heute.

    „Wieso traust du dich denn nicht, dich zu outen?“.

    „Ich weiß nicht, ich habe einfach Angst vor der Reaktion der anderen, von meinem Vater, vor allen. Und wieso hast du es in der Schule noch nicht offiziell gemacht?“, nun schaute er mit seinen dunkelgrünen Augen direkt in Clays Augen.

    „Weil ich finde, dass es sonst keinen etwas angeht… Außerdem gibt es keinen Grund es ihnen zu sagen…“.

 

Sie unterhielten sich noch länger, Blake wollte vieles von ihm wissen, jedoch sagte er ihm den ganzen Abend über nicht, in welchen Jungen er sich verliebt hatte. Doch Clay konnte es sich zusammenreimen, seine Stimmung wurde von Moment zu Moment schlechter, jedoch versuchte er es sich nicht anmerken zu lassen. Immer öfter im Laufe des Abends hatte er ihn nach Jake gefragt, es war wohl ziemlich wahrscheinlich, dass er ihn gemeint hatte.

Später hatten sie die Chips von dem Boden aufgekehrt, hatten sich eine neue Packung geholt und hatten sich den Film doch angesehen. Doch gleich danach ging Clay auch schon, er hatte keine Lust darauf, sich das anzutun. Gab es eine größere Qual, als neben dem Jungen auf einem Bett zu sitzen, in den man verliebt war, dabei aber zu wissen, dass dieser seinen eigenen besten Freund begehrte?

Während er sich über die ganze Sache den Kopf zerbrach, ging er nach Hause und ließ sich, so wie er war, auf sein Bett fallen. Gedankenverloren starrte er seine Zimmerdecke an. Eigentlich konnte er froh sein, das nervige Herzrassen, Bauchkribbeln und das Gefühl von Wärme war verschwunden. Es hatte dem dumpfen und schwerem Gefühl in seiner Brust Platz gemacht, bildete er es sich ein oder war selbst das Atmen schwerer geworden? Sollte er sich glücklich schätzen? Immerhin wusste er jetzt so er stand und musste sich nicht mehr dauernd fragen, ob er bei Blake eine Chance hatte. Wäre es vielleicht besser gewesen unwissend zu bleiben? Nein, jetzt konnte er wenigstens anfangen das Beste daraus zu machen. Er konnte beginnen Blake zu vergessen, aber  versuchte er das nicht bereits seit Wochen?

 

Er hätte Jake jetzt hassen können, doch dieser konnte doch für nichts. Er hoffte, dass wenigstens sein Freund heute einen schönen Abend erleben würde, dann würde einer glücklich sein. Clay wünschte es ihm wirklich, auch wenn es unfair war.

In einer gewissen Weise, befand er sich in der gleichen Lage wie Blake, er war in jemanden verliebt der einen anderen wollte, denn Jake war in Mel verliebt. Sollte er sich jetzt über diese Tatsache freuen oder machte es das Ganze noch schlimmer?

Clay hatte sich nicht getraut es Blake zu sagen, dass Jake mit Mel ausging. Er wollte nicht, dass dieser genau so litt wie er es gerade tat, er wollte wenigstens ihm den Schmerz ersparen.  

Er wusste es nicht, er wusste nur, dass es sich anfühlte, als würde ihm jemand die Kehle zuschnüren, er fühlte sich fertig und einfach müde, er wollte nichts mehr, er wollte nichts mehr machen, außer im Bett liegen und lernen mit dem Schmerz umzugehen, welcher sich in ihm ausbreitete. Tränen traten in seine Augen, doch er würde nicht weinen, selbst dafür war er zu erschöpft.

 

Clay hatte sicher schon hunderte von Nächten durch gearbeitet, schon Wochen hinter sich, in denen sich unendlich viele Pforte öffneten und er am Tag zu sehr vielen anstrengenden Einsetzten musste, doch noch nie kam er sich so erschöpft, wie nach dieser Nacht. Die ganze Zeit über hatte er sich von einer Bettseite zur anderen gedreht, da er nicht schlafen konnte hatte er mitten in der Nacht einen Spaziergang gemacht um frische Luft zu schnappen, doch auch das hatte nichts geholfen.

Gegen halb Fünf hatte er das Schlafen vollkommen aufgegeben und machte sich daran sein Zimmer aufzuräumen um wenigstens etwas Sinnvolles tun zu können. Er fühlte sich einfach miserabel und wäre am liebsten zu Hause geblieben, doch heute würde Mel wieder gehen und er musste sich einfach von ihr verabschieden.

Nachdem er etwas Ordnung in sein Zimmer geschafft hatte, machte er sich auf den Weg in den Stützpunkt.

 

Jake und Mel waren bereits da, sie lagen beide auf einer Couch, hatten sich beide in die Arme genommen und küssten sich gerade. Der Schmerz in seinem Inneren wurde noch größer, war es so egoistisch sich das Gleiche zu wünschen? War er ein schlechter Freund, weil er eifersüchtig wurde? Wieso konnte er das mit Blake nicht haben? Diese Unbeschwertheit? Wieso konnte er Blake nicht einfach in den Arm nehmen, ihm sagen was er für ihn empfand und ihn einfach küssen? Wieso erwiderte er seine Gefühle nicht? Er wusste, dass die Welt unfair war, er war kein naives Kind mehr, aber war allein das schon zu viel verlangt? Hatte nicht ein jeder Mensch einen Seelenverwandten verdient? Wieso konnte Blake nicht seiner sein?

Na schön, Jake und Mel konnten noch nicht wissen ob sie seelenverwandt waren, würden es wohl auch nie erfahren, da Mel heute weg musste. Heute war wirklich ein schrecklicher Tag, alle in seiner Umgebung wurden enttäuscht. Blake, weil Jake ihn wohl nie mögen würde, doch Blake wusste das ja noch nicht, Jake und Mel, weil Mel heute gehen musste und er selbst wegen dem ganzen Schlamassel.

Gerade wurde ihm bewusst, dass er die beiden anstarrte und diese noch immer nicht bemerkt hatten, das er da war.

 

    „Soll ich wieder rausgehen?“, fragte er nun etwas verlegen..

Schnell setzten die beiden sich auf:

    „Nein, nein“, Jake legte noch immer seinen Arm um sie.

Clay setzte sich gegenüber von ihnen auf die Couch.

    „Wie war die Nachhilfe gestern?“, fragte Jake nach.

Kurz musste Clay überlegen, doch dann fiel ihm wieder ein, dass Jake ja dachte, er hätte gestern Beka und Alicia Nachhilfe gegeben.

    „Ja, ganz gut“.

Schon kamen Alicia und Beka ebenfalls in die Hütte und setzten sich zu ihnen, keiner sagte etwas, wegen des gestrigen Abends.

Die anderen begannen sich darüber zu unterhalten, wie sehr sie Mel doch vermissen würden und dass sie wirklich jeder Zeit wieder kommen könne. Alicia knüpfte ihr das Versprechen ab, mindestens einmal in der Woche anzurufen. Clay wollte es nicht ganz zugeben, doch auch er bedauerte es etwas, dass  Mel schon gehen musste. Sie war wirklich schwer in Ordnung und Jake schien es erstaunlich sehr mitzunehmen, wenn man bedachte, dass sie sich erst eine Woche kannten. Circa eine Stunde später, kam auch Sonja in die Hütte.

    „Ich sage es wirklich ungerne, aber ihr müsst euch langsam verabschieden, es wird Zeit“.

Alle standen auf, alle umarmtem Mel noch einmal, letzte Worte wurden ausgetauscht.

Clay fuhr den Computer hoch und machte sich daran, eine Pforte nach Erdan zu öffnen, nachdem Sonja den Schalter umgelegt hatte.

 

Jake stand die ganze Zeit neben Mel und blickte sie bedrückt an, diese nahm ihm erneut in den Arm. Wie konnten die beiden nach einem gemeinsamen Abend so einander hängen? Es war wunderlich, hatte es sie so stark erwischt?

Doch er konnte sich nicht weiter darüber Gedanken machen, denn irgendetwas stimmte mit dem Computer nicht. Zuerst dachte er, es lag daran, dass er erschöpft war, deshalb probierte er es noch ein zweites Mal, doch es klappte schon wieder nicht. Irgendwas war falsch.

 

    „Ich kann keine Verbindung zu Erdan herstellen!“, stellte Clay laut fest.

    „Wie du kannst keine Verbindung herstellen?“, fragte Beka nach.

Sonja ging zum Computer und blickte auf den Bildschirm, Clay machte ihr Platz, da sie es selbst probierte die Pforte zu öffnen, aber selbst sie schaffte es nicht, es konnte also nicht an seiner Unkonzentriertheit liegen.

Von Mels Gesicht konnte man ihre aufsteigende Panik erkennen.

    „Ruf den hohen Rat an!“, meinte sie entschlossen.

    „Vielleicht sollten wir es später erneut versuchen?“, schlug Alicia vor.

    „Mel, beruhig dich, das hat sicher nichts zu bedeuten“, versuchte Beka mit ruhiger Stimme auf sie einzureden.

    „Clay ruf an, jetzt“, Mel wurde nun etwas lauter, doch er konnte ihr es nicht verübeln, er würde wohl auch Panik bekommen.

 

Wenige Augenblicke später, hatte Clay eine Videokonferenz mit dem hohen Rat hergestellt und diese auf den großen Bildschirm an der anderen Wand übertragen.

    „Sonja von Einheit Y658T9. Warum haben Sie um eine Audienz gebeten?“.

    „Wir wollten eine Pforte nach Erdan herstellen, dies wird uns aber nicht gewährt“.

    „Momentan können keine Pforten nach Erdan geöffnet werden“, meinte einer der Ratsmitglieder.

    „Warum?“.

    „Dies unterliegt der Geheimhaltung“, antwortete dasselbe Mitglied wie vorhin.

Die anderen blieben alle ruhig und starten auf den Bildschirm

    „Sie verstehen nicht, wir haben einen Gast von Erdan und sie muss heute wieder zurück“, erklärte Sonja.

    „Was für einen Gast haben Sie?“, fragte derselbe Mann, er war heute offensichtlich der Sprecher des Rats, denn die anderen Mitglieder schwiegen.

    „Eine Wächterin, Melina Mekay aus der Einheit X154S3“.

    „Wo ist diese Wächterin?“.

Mel trat vor den Bildschirm:

    „Ich bin hier“.

    „Nun Melina Mekay, von der Einheit X154S3, dann muss ich dir wohl leider etwas Tragisches mitteilen“, der Mann sah sie emotionslos an, verzog kein einzige Miene.

„Erdan ist zerstört worden. Es gibt keine Überlebenden“.

 

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ab hier geht es weiter:

 

Seit dem dunklen Tag war nun eine Woche vergangen. Mel war damals aus dem Stützpunkt gestürmt und hatte sich in Sonjas Gästezimmer begeben. Seit dem Tag hatte sie dieses Zimmer auch nicht mehr verlassen, aber wer konnte es ihr verübeln? Sie stand sicher unter einem riesigen Schock, sie redete mit niemanden, wenn man zu ihr sprach, gab sie keine Antwort, als ob sie Taub wäre. Mit leer schienenden Augen starrte sie vor sich hin, schien in einer Art Trance zu sein. Auch das Essen und Trinken vernachlässigte sie, jeden Tag versuchten sie mit ihr zu reden oder sie wenigstens zum Essen zu bringen, aber leider klappte es nur selten.

Alle hatten Mitgefühl mit ihr, alle waren traurig das Erdan zerstört worden waren. Diese vielen unschuldigen Menschen, Tiere, Lebewesen, die nun einfach von heute auf morgen nicht mehr existierten, Die vielen Leben die ausgelöscht wurden, die vielen Kulturen und technischen Fortschritte, welche nun nicht mehr existent waren. Sie alle hatten Mitgefühl mit Mel, am meisten schien es jedoch Jake zu treffen, es war mehr als offensichtlich, dass er Mel in diesem Zustand nicht sehen konnte. Seinen Freund hatte die Liebe wohl sehr erwischt, auch wenn es dazu nur eine Woche brauchte. Die Stimmung war in den letzten Tagen mehr als getrübt, alle waren traurig und schienen nicht mehr richtig anwesend zu sein, aber nicht nur die anderen, Clay selbst war auch sehr mitgenommen durch die Ereignisse.

Die ganze Zeit über hatte er versucht nicht an Blake zu denken, ein Planet wurde ausgelöscht, eine gute Freundin war unter Schock, die Sache mit Blake hätte das Letzte sein sollen, über das er sich den Kopf zerbrach, doch so einfach war es natürlich nicht. Er versuchte zwar, ihm aus dem Weg zu gehen, was auch gut geklappt hatte, doch nun stand der rothaarige genau vor ihm und starrte mit seinen hellbraunen Augen direkt in seine.

 

Sie befanden sich in der Schule, vor dem Kaffeeautomaten, Clay hatte mal wieder wenig Schlaf gehabt und wollte seinen bereits dritten Kaffee an dem Tag zu sich nehmen, plötzlich war Blake hinter ihm aufgetaucht, doch da sein Kaffee noch nicht fertig gewesen war, hatte er nicht gehen können. Nun standen sie beide an einem der hohen, silbernen Tische, die neben dem Automaten aufgestellt waren und tranken ihre heißen Getränke aus braunen Plastikbechern.

    „Weißt du… ich dachte eigentlich ich wäre der einzige, der dieses dunkle Gesöff, welches sich Kaffee schimpft, aus dem Schulautomaten trinkt“.

    „Du magst keinen Kaffee?“, Clay hob überrascht seine Brauen, wenn Blake keinen mochte, wieso trank er dann welchen?

    „Doch schon, nur schmeckt der aus dem Automaten schrecklich“, er verzog sein Gesicht.

    „Stimmt… Aber wenn man verschlafen hat, bekommt man nun mal keinen anderen…“.

Blake nickte leicht und nahm einen weiteren Schluck aus seinem Becher, Clay klopfte etwas unruhig mit seinen Fingern auf der Tischplatte rum, Blakes Nähe wirkte noch immer aufregend auf ihn, auch wenn sein Anblick mit Schmerz verbunden war. Wieso konnte er nicht einmal in seinem Leben Glück haben? Wieso musste er sich direkt in so einen verlieben, der in seinen besten Freund verliebt war?

    „Clay, wir haben doch gesagt, wir würden uns jetzt wieder öfter treffen, wie früher… Es war wirklich schön, wieder Zeit mit dir zu verbringen, ich habe darauf gewartet, dass du ein Treffen vorschlägst, aber du… hast nicht“, Blake blickte stur auf seinen Becher während er sprach.

Plötzlich hob er seinen Blick und starrte mit seinen Augen wieder direkt in die von Clay:

    „Hab ich dich mit irgendetwas verärgert? Oder hab ich das einfach falsch verstanden, als wir gemeint haben, wir sollten uns wieder öfter treffen?“.

    „Ich…“, Clay wusste nicht was er dazu sagen sollte, Blake machte sich wirklich Gedanken darum? Irgendwie überraschte das ihn.

    „Oh Gott, tut mir leid, ich weiß es ist erst eine Woche vergangen, aber irgendwie…“, Blake senkten seinen Blick nun wieder auf den, mittlerweile leeren, Becher.

    „Irgendwie?“, hakte Clay nach.

    „Ach ich weiß auch nicht, tut mir leid“, Blake wandte sich vom Tisch ab und ging auf den Mülleimer neben dem Automaten zu.

Ohne ihn zu grüßen wollte er weggehen, doch als Clay das bemerkte, ließ er seinen Becher stehen und lief ihm hinterher, ohne groß über sein Handeln nachzudenken.

Nach kurzer Zeit hatte er ihn eingeholt:

    „Jetzt warte doch mal, so war das nicht gemeint, ich würde mich wirklich gerne wieder mit dir Treffen…“.

Verwunderung bildete sich in Blakes Gesicht ab:

    „Wirklich?“.

    „Natürlich“, Blake lächelte ihn an, Clays Magen zog sich durch diesen Anblick zusammen, wieso war das Leben so unfair? Wie konnte er ihn nur so ein Lächeln schenken, wenn er ihn eigentlich nur als Freund haben wollte?

    „Es war einfach nur eine stressige Woche, weißt du? Ich hatte keine Zeit“, er war noch immer verwundert, dass sich Blake wirklich Gedanken um ihn gemacht hatte.

    „Hast du heute denn noch immer Stress? Ich habe heute frei und wollte mir den neuen Horrorfilmim Kino ansehen, der soll angeblich richtig gut sein, ich habe nur keinen der mit mir hingeht“.

    „Also fragst du mich nur, weil du keinen anderen hast?“, Blake blickte ihn wegen der Frage verwundert an.

    „Was? Nein ich-“, Clay unterbrach ihn.

   „War doch nur ein Scherz! Hört sich echt gut an, ich war schon lange nicht mehr im Kino“, Blake schien Horrorfilme also zu mögen oder war es bloß ein Zufall, dass er schon wieder einen mit ihm anschauen wollte?

    „Klasse, er fängt gegen halb Sieben an“, teilte er ihm mit.

    „Okay, wann soll ich dich abholen?“.

    „Ach was, du musst mich nicht abholen, wir können uns einfach vor dem Kino treffen“.

    „Es macht mir aber wirklich nichts aus dich abzuholen“, bestand Clay.

    „Hast du dann nicht einen längeren Weg?“.

    „Macht mir nichts aus“, sie standen nun vor Blakes Stammklasse, während sie geredet hatten, waren sie langsam weiter gegangen ohne es zu bemerken.

    „Aber du musst doch nicht-“.

    „Keine Wiederrede. Also, welche Uhrzeit?“, Clay grinste ihn an, er konnte nicht anders.

    „So um Sechs?“.

    „In Ordnung, werde da sein“, er hoffte gerade inständig, dass kein Einsatz dazwischen kommen würde.

    „Schön, ich muss dann, unser Physik Lehrer ist immer vor dem Läuten da“, Blake deutete mit einer Hand zu seiner Klassentür.

    „Okay, dann bis später“.

    „Ja bis später“, Blake lächelte ihm noch einmal an und verschwand dann in seine Klasse.

Clay atmete einmal tief durch und machte sich auf den Weg in seine Klasse, wie sollte er einen weiteren Abend in Blakes Nähe überstehen, ohne zu versuchen ihn in den Arm zu nehmen oder zu küssen? Wie sollte er diese Kraft aufbringen?

 

Die Stunden des Unterrichts zogen an ihm vorbei, doch er bekam von dem ganzen Stoff nichts mit. Immer wieder schwanden seine Gedanken zu dem heutigen Abend oder zu Mel.

Er wendete seinen Blick langsam zu seinem besten Freund, welcher in den meisten Fächern neben ihm saß, auch er schien nachdenklich und traurig zu sein. Clay wusste genau was ihm beschäftigte, seine Gedanken waren die ganze Zeit nur bei Mel, gestern hatte er sogar die letzen zwei Stunden geschwänzt um früher bei ihr zu sein. Jake setzte sich jeden Tag in Mels Zimmer, redete auf sie ein, versuchte sie zum Essen oder zum Trinken zu bekommen. Clay kannte ihm gut genug um zu wissen, dass er dies wirklich solange machen würde, bis sie wirklich mit ihm sprechen würde, auch wenn es Monate dauern würde. Ob es überhaupt so weit kommen würde? Würde sie monatelang bei ihnen bleiben? Der hohe Rat hat noch nichts über Mels weiteren Aufenthalt beschlossen, sie hatten, nachdem Sie die schreckliche Nachricht verkündet hatten, die Konferenz einfach beendet.

Kaum war die Schule zu Ende, gingen die Wächter in den Stützpunkt, Jake schaute wie immer nach Mel, Beka und Alicia fingen schon mal mit den Hausaufgaben an, während Clay sich ausnahmsweise nicht an den PC setzte, sondern sich auf die Couch fallen ließ und für einen kurzen Moment die Augen schloss.

Die Stimmung zwischen ihm und seinen Freunden war noch immer getrübt, alle machten sich Sorgen, alle waren wegen dem Verlust traurig gestimmt und keiner wollte wirklich darüber reden. Es war wie ein stilles Versprechen, dass keiner Mels Zustand oder Erdan erwähnte.

 

    „Was macht ihr heute Abend?“, durchbrach Alicia die Stille, die sich seit längerer Zeit in der Hütte breit gemacht hatte.

    „Ich schätze ich werde heute einfach früh schlafen gehen, ich bin hundemüde und kann seit Tagen nicht mehr richtig schlafen“, erzählte Beka eher nebenbei, während sie in einem ihrer Schulbücher vertieft war.

Dass sie nicht schlafen konnte, wunderte ihn nicht, in letzter Zeit fand keiner von ihnen mehr richtigen Schlaf, keiner erwähnte es, aber es fiel auf, denn alle waren noch viel müder als sonst.

    „Ich schätze das sollte ich auch tun… Schlaf würden wir wohl alle mal brauchen… und du Clay?“.

Würden sie es falsch verstehen, wenn er die Wahrheit sagte? Alle trauerten, waren schlecht drauf und erschöpft und er ging mit seinem Schwarm ins Kino? Naja, das Blake sein Schwarm war, wusste keiner außer Jake, aber trotzdem. Er machte sich einen schönen Abend, während alle Trübsal bliesen?

    „Ich gehe ins Kino“, antwortete er wahrheitsgemäß.

    „Was schaust du dir an?“, wollte Alicia wissen.

    „Den neuen Horrorstreifen…“, murrte er leise.

    „Ist das Leben nicht schon Horror genug?“, hörte er Beka leise brummen.

    „Jetzt lass ihn doch, ist seine Sache. Allein?“, auch wenn er nicht hinblickte, wusste er genau, dass Alicia ihn fragend ansah.

Clay öffnete die Augen und tatsächlich – er kannte seine Freunde schon viel zu gut.

    „Wieso fragst du?“, erwiderte er, woraufhin auch Beka ihren Blick wieder hob und Clay verwundert anblickte.

    „Naja, soll angeblich ein echt guter Film sein, ich würde gerne mitkommen wenn du-“.

    „Nein nicht allein“, gab er zu und setzte sich auf.

    „Mit wem dann?“.

    „Einem Freund“.

    „Einem Freund? Clay, triffst du dich gerade mit einem Typen? Wieso sagst du uns nichts? Wer ist es? Wie lange? Ist er-“.

    „Er ist nur ein Freund! Ein alter Bekannter“, versuchte er die Lage wieder zu entspannen.

    „Wie heißt dieser alter Bekannter?“, fragte Alicia grinsend, von einem Schlag auf den anderen war Erdan für eine kurze Zeit vergessen, Alicia war, was Beziehungen von anderen Menschen anging, schon immer viel zu neugierig.

    „Geht dich nichts an“, meinte er nur und wollte sich an den Computertisch setzten.

    „Wenn du es mir nicht sagst, verfolgen wir dich heute Abend!“, meinte Alicia.

    „Dann sag ich das Treffen eben ab“, Clay zuckte mit den Schultern.

    „Das würdest du nicht, du weist genau-“.

    „Ist es Blake?“, fragte Beka plötzlich, die sich bis jetzt nicht in das Gespräch eingemischt hatte.

Kurz versteifte Clay:

    „Wie kommst du darauf?“.

    „Ich habe euch heute Morgen beim Kaffeeautomaten beobachtet und irgendwie schien mir das… Ich weiß auch nicht… verdächtig?“.

Stumm schaltete er den Rechner an und beschloss gar nichts mehr zu sagen.

    „Also triffst du dich mit Blake?“, hakte Alicia gleich nach.

    „Er ist nur ein alter Bekannter!“.

Plötzlich wurde sein Bürosessel gedreht und Alicia stand direkt vor ihm, sie hatte sich hinab gebeugt um mit ihm auf einer Augenhöhe zu sein.

    „Sag mir ins Gesicht, dass er nur ein alter Freund ist“, Alicia erkannte sofort wenn er log, sie kannten sich untereinander einfach viel zu gut. Er konnte seinen Freunden nichts vorlügen und seine Freunde ihm auch nichts.  

    „Das ist bescheuert, wieso sollte ich?“.

    „Wenn du es nicht tust, weiß ich, dass du es mir nicht ehrlich sagen kannst…“.

    „Na schön, er ist nur ein alter Freund und ich will nichts von ihm. So, zufrieden?!“.

Nun starrten ihn beide Mädchen an.

    „Du lügst“, meinte Alicia lächelnd.

    „Ist doch egal, er ist sowieso nicht an mir interessiert“.

    „Woher  willst du das wissen? Hat du ihn etwa gefragt?“, kam die Frage nun von Beka.

    „Ich weiß es einfach“.

    „Hat er es dir gesagt?“, richtete nun wieder Alicia das Wort an ihn.

    „So in etwa…“.

    „Wie meinst du das?“.

    „Vergiss es!“, Clay wollte sich mit seinem Bürostuhl wieder zum Rechner drehen, doch Alicia hielt ihn weiterhin auf.

    „Jetzt komm schon!“, bevor er antworten konnte, ging der Alarm los.

Schnell war Clay einen Blick auf sein Pfortenhandy, eine Pforte würde sich in zehn Minuten öffnen, im Wald, am Rande der Stadt.

Ausnahmsweise kam ihm der Einsatz genau richtig, sonst mussten sich die Pforten immer zu den unpassendsten Momenten öffnen. 

 

Früher als es ihm lieb war, war der Abend gekommen. Als er Blake abholte, strahlte ihm dieser entgegen als er ihm die Tür öffnete. Clay schwankte den ganzen Tag zwischen Freude und Trauer, es versetzte ihn immer wieder einen Stich, wenn er an Blakes Gefühle dachte. Zu fuß machten sie sich auf den Weg ins Kino, sie unterhielten sich locker und lachten hin und wieder. Blakes Gesellschaft war einfach angenehm, auch wenn er angespannt war, er konnte keine schlechte Laune haben, wenn Blake so mit ihm redete und ihm solche Blicke zuwarf. Für diesen Abend versuchte er seine traurigen Gedanken einfach zu verdrängen und es sich einfach gut gehen zu lassen.

Im Kino legten sie ihr Geld zusammen und teilten sich einen großen Kübel Popcorn, eine kleinere Portion Nachos und eine große Cola.

Clay versuchte vom Film zwar alles mitzubekommen, achtete jedoch immer wieder auf Blake, dieser schien sich selbst bei den schlimmsten Szenen nicht zu schrecken, er zuckte noch nicht einmal zusammen, daraus ließ sich wohl schließen, das Blake wirklich öfter Horrorfilme schaute. Es war nur ein kleines Detail über Blakes Leben und trotzdem gefiel er ihm deshalb etwas mehr.

Während er auf die Leinwand blickte, glaubte er, Blakes Blicke zu spüren, welche auch öfter auf ihn ruhten, dann jedoch gestand er sich, dass er sich das einbilden musste.

Auf dem Weg nach Hause redeten sie noch etwas über den Film, bis es wieder still zwischen ihnen wurde. Blake hatte noch immer den Popcorneimer in seiner Hand, es war zu viel gewesen, sie hatten während des Filmes nicht alles essen können.

Clay nahm sich eine Hand voll aus dem Eimer:

    „Du schaust gerne Horrorfilme oder?“.

    „Ja, hin und wieder“, gab Blake zu.

    „Man merkt es“.

    „Was meinst du?“, Blake warf ihm einen verwunderten Blick zu.

    „Du hast dich bei keiner einzigen Szene erschreckt, obwohl manche echt gut waren“.

    „Naja, dass liegt nicht daran, dass ich Horrorfilme mag, aber meistens kann ich mir schon im Voraus denken was passieren wird… Ich schau viel lieber Krimis, Thriller oder sonst etwas, dass mit Kriminal Psychologie zu tun hat“.

    „Ach ja? Du interessierst dich also sehr für Kriminal Psychologie?“.

Blake nickte:

    „Ja, ich weiß auch nicht warum, aber ich will einfach wissen, was die Menschen sich dabei denken, während sie so schlimme Taten begehen… Ich weiß das klingt komisch“.

    „Nein, ich find das cool, solche Interessen haben nur die wenigsten. Da hab ich doch letztens so einen Krimi gesehen, wie hieß der doch… Criminal Minds? Ist das nicht auf diese Psychologie aufgebaut?“.

    „Doch, dass ist von allen mein Lieblings Krimi, aber ich sehe wirklich eine Menge solcher Serien, lese auch viel darüber“.

Das war wieder ein neues Detail, das er von Blake erfahren hatte, dachte er lächelnd.

    „Ich sammle sogar die Serien auf DVD“, erzählte Blake weiter.

Erneut breitete sich eine kurze Stille um sie aus, welche Clay durchbrach:

    „Darf ich dich was fragen?“.

    „Kommt drauf an was“, entgegnete er grinsend.

    „Wieso hattest du heute keinen anderen, der mit dir ins Kino gegangen ist?“.

    „Nun ja, erst einmal wollte ich, dass wir uns mal wieder treffen und…“, das Grinsen verschwand aus seinem Gesicht, „ich weiß nicht, ob es dir aufgefallen ist, aber ich habe nicht wirklich viele Freunde…“.

Kurz überlegte Clay, jetzt wo er es sagte bemerkte er es, er hatte Blake nur selten mit anderen Mitschülern  in der Schule gesehen und am Nachmittag traf er ihn immer alleine an. Wieso hatte er das nie mitbekommen? Er hatte sich einfach immer gedacht, dass Blake Freunde in der Klasse hatte, mit diesen musste er sich ja am Gang nicht unterhalten.

    „Hm… Wieso eigentlich nicht?“.

    „Ich mag meine Mitschüler nicht wirklich, was den Schulstoff angeht helfen wir uns zwar, aber sonst, naja… Im privaten haben wir rein gar nichts gemeinsam, es kommt mir oft so vor als wäre ich von einem anderen Planeten, wenn sie anfangen über ihre Interessen und Hobbys zu reden“.

    „Von einem anderen Planeten hm?“, innerlich musste Clay kurz wegen diesem Ausdruck grinsen, wenn Blake wusste, dass es in der Schule manche Schüler von anderen Planeten gab.

    „Die Interessen sind einfach zu verschieden und ich habe keine Lust mich zu verstellen“.

   „Das verstehe ich, ist wahrscheinlich auch besser so, den anderen den ganzen Tag etwas vorzuspielen kann nicht gut für dich sein“.

 

Sie unterhielten sich weiter, bis sie bei Blakes Haustür angekommen waren.

    „Clay? Danke, dass du mitgegangen bist, ist schön mit dir“.

    „Gerne doch“.

    „Darf ich dich noch etwas fragen? Was ist mit euch los? Ich habe bemerkt, dass Jake, du und die anderen diese Woche so traurig wirken“.

    „Es ist etwas vorgefallen“, sagte er nur.

    „Was ist denn vorgefallen? Du kannst mit mir reden wenn du willst“.

    „Weißt du noch Bekas Cousine, welche letzte Woche bei uns war? Mel?“.

    „Das Mädchen, das einmal mit euch in der Pizzeria war? Schwarze Haare, hellgrüne Augen, recht dünn?“.

    „Genau die. Während sie bei Beka zu Besuch war, ist der Rest ihrer Familie verunglückt, sie ist von heute auf morgen zur Vollwaise geworden und hat niemanden mehr. Sonja, Bekas Tante, will sie aufnehmen, aber es ist alles so kompliziert zu regeln und ja… Mel ist echt schwer in Ordnung und sie tut uns leid“, das war jedenfalls die offizielle Version des Geschehenen, er wusste nicht warum er das Blake erzählte, er tat es einfach.

    „Oh Mann, das ist echt scheiße, die Arme“.

Clay nickte einfach, da gab es nicht wirklich etwas, was man dazu sagen konnte.

Kurz verharrten sie noch, dann zeigte Blake mit seiner Hand auf die Tür hinter sich:

    „Ich sollte dann wohl rein gehen… also nochmal danke, dass du Zeit hattest“.

Clays Hand zuckte, am liebsten hätte er Blake im Nacken gepackt, ihn zu sich gezogen und ihn einfach geküsst. Er wollte für einen Moment vergessen, dass nicht er es war, den Blake wollte und es einfach riskieren, einfach seine Lippen und seine Nähe spüren, doch bevor es geschehen konnte, steckte er seine Hand in seine Hostentasche. Für so eine Aktion war er viel zu feige, auch wenn er solche immer wieder in seinen Tagträumen durchspielte.

   „Ich danke dir für die Einladung“, erwiderte er grinsend.

   „Gerne, dann gute Nacht“, Blake warf ihn einen Blick zu, den er nicht deuten konnte, als ob er noch etwas sagen wollte.

   „Ja, Nacht“, erwiderte er, woraufhin Blake seinen Blick sinken ließ und seine Tür aufschloss.

 

Die Wochen zogen an Clay vorbei und er bekam gar nicht mit, wie die Zeit verging. Mel blieb weiterhin in dem Gästezimmer, noch immer versuchten sie mit ihr zu reden, doch sie blieb schlicht und einfach stumm, aber immerhin nahm sie hin und wieder Essen zu sich. Auch wenn die Lage schrecklich war, gewöhnten sie sich langsam daran. Auch wenn Jake am meisten unter dieser Situation litt, gab er sein bestes um es nicht zu zeigen. Ein paar Mal hatten sie darüber geredet, wie Jake wieder bei ihm übernachtet hatte, doch er war nicht mehr so offen, redete nicht mehr so viel wie früher und lachte auch viel weniger, beinahe kaum. Auch wenn er ihn verstand, wünschte er sich doch seinen alten Kumpel zurück, wünschte sich, dass alles gut gehen würde.

 

In diesen Wochen freundete er sich immer mehr mit Blake an, sie verbrachten sehr viel Zeit miteinander. Sie trafen sich sehr oft, meistens bei Blake aber auch hin und wieder bei Clay zu Hause. Bei Blake war es angenehmer, da sein großer Bruder bereits ausgezogen war und sein Vater fast den ganzen Tag über in seinem Arbeitszimmer oder in einem Café in der Stadt an seinen Büchern arbeitete. Die beiden unterhielten sich über alle möglichen Sachen, lachten viel zusammen, unternahmen auch hin und wieder etwas. Bei Blake schauten sie entweder einen von seinen Krimiserien zusammen an oder einen Horrorfilm, wenn sie sich aber unterhalten wollten, was oft der Fall war, hörten sie dabei Musik. Die meisten der Bands, die Blake hörte, kannte Clay nicht, aber zwei oder drei hatten sie gemeinsam, also wurden CDs von denen angehört wenn sie bei ihm waren. Blake hatte ihm erzählt, dass er all seine CDs, wie die Anlage, von seinem Bruder geschenkt bekommen hatte, als dieser ausgezogen war, daher waren die meisten Alben schon ein paar Jahre alt, doch genau diese kannte Clay sogar.

Auch wenn Clay die ganze Zeit über litt, konnte er einfach nicht nein sagen, wenn Blake ihn mal wieder fragte, ob er Zeit hätte. Hin und wieder holte er ihn sogar von der Arbeit ab und brachte ihn nach Hause, um sich einfach mit ihm unterhalten zu können. Manchmal setze er sich sogar mit seinen Hausaufgaben in die Pizzeria und unterhielt sich in den Stunden vor Ladenschluss mit Blake, da es vor der Sperrstunde nur mehr wenig und manchmal sogar gar keine Gäste gab, langweilte Blake sich, daher war Clay seine Rettung.

Manchmal, wenn er Nachts wach lag und nicht schlafen konnte, was natürlich oft der Fall war, nahm er sich fest vor, Blake am nächsten Tag die Wahrheit zu sagen oder ihn einfach zu küssen, doch am nächsten Tag verwarf er diese Idee natürlich wieder. Blake fragte ihn nämlich oft über Jake aus, dann ging es ihm immer schlecht, weil er sich dachte, Blake wäre nur mit ihm befreundet, weil er mehr über Jake erfahren wollte. Doch diese Gefühle verdrängte er geschickt wie immer. Vielleicht hätte er sich leichter getan, wenn er sich von Blake fern gehalten hätte und versucht hätte ihn zu vergessen, auch darüber dachte er in schlaflosen Nächten nach, doch diese Kraft, sich von ihm fernzuhalten, hatte er einfach nicht. Auch wenn er so still weiterhin litt, es gab einfach keine andere Möglichkeit.

 

    „Ich bin die Mentorin, der Einheit Y658T9“, identifizierte sich Sonja dem hohen Rat geduldig.

Die anderen Wächter saßen hinter ihr auf den Couchen und verfolgten die Besprechung stumm.

Sie hatte um eine Besprechung gebeten, diese wurde ihr aber erst heute erlaubt, da der Rat viel zu beschäftigt war.  Clay war nicht verwundert, ein Planet wurde zerstört, da war sicher die Hölle los. Die Einwohner von Erdian, die von der Existenz der anderen beiden Planeten Bescheid wussten, waren  sicher über die tragischen Nachrichten schockiert, der hohe Rat musste für Ordnung sorgen.

Doch Clay konnte nur spöttisch den Kopf schütteln, der Rat hatte auf Erdian reichlich versagt. Auf dem Planeten herrschte Hierarchie, es gab einen König, der für den gesamten Planeten zuständig war. Dieser König war grausam und die Bewohner Erdian waren mehr als unzufrieden mit ihm. Immer wieder gab es unter den Untertanen Proteste und Aufstände, viele wollten sich zusammenschließen und den König stürzen, doch der König war nicht dumm. Seine Krieger patroulierten überall, sobald sie etwas Derartiges hörten, mussten die Menschen mit ihrem Leben bezahlen, so konnte den König auch niemand aufhalten.

Der Rat hatte eigentlich die Aufgabe, für Frieden zu sorgen, aber wenn man Erdian betrachtete, konnte man dies gleich vergessen. Natürlich ließ der König nicht mit sich verhandeln, hinzu kam noch, dass viele Adeligen, welche im Rat tätig waren, seinen Befehlen Dienst zu leisten hatten. Alles war zum Scheitern verurteilt.

 

    „Nun, Sie haben um eine Besprechung gebeten?“, fragte der Redner des Rates.

Jeden Tag war es ein anderes Mitglied, welches die Stimme des Rates repräsentierte, es konnten ja unmöglich alle Mitglieder gleichzeitig reden. Die Mitglieder hatten keine besonderen Merkmale, außer dass sie alle schwarze Roben trugen, und sowohl die Männer, als auch die wenigen Frauen, ihr Haar lang und im Nacken zusammengebunden hatten.

    „Ja, habe ich“, bestätigte Sonja.

    „In Ordnung, was ist Ihr Anliegen?“.

    „Wie ich Ihnen letztens mitgeteilt habe, ist die Wächterin Melina Mekay, aus der Einheit X154S3 von Erdan bei uns. Da die Wächterin nicht mehr zu ihrem Heimatplaneten zurückkehren kann, will ich ihre Versetzung zu unserer Einheit beanspruchen. Ich habe die angehörigen Wächter gefragt und sie waren sich alle einstimmig einig, dass wir sie gerne hier aufnehmen würden. Ich würde sie bei mir wohnen lassen und würde auch die Verantwortung für sie tragen“.

    „Einen Moment bitte, wir besprechen das“, schon war der Ton ausgestellt und sie konnten alle am Bildschirm sehen, wie diskutiert wurde, nach längerer Zeit wurde der Ton wieder angestellt.

    „In Ordnung. Wir hätten dazu einige Fragen. Warum ist diese Wächterin überhaupt auf die Erde gegangen?“.

    „Sie hat eine Nachricht von euch, dem hohen Rat, erhalten, dass sie für eine Woche in unserer Einheit verbleiben sollte“.

Der Sprecher wendete seinen Blick, zu der Frau, die das Protokoll niederschrieb, offensichtlich war sie die Assistentin.

    „Stimmt das?“.

Die Frau betrachtete einige Papiere, es war wohl Mels Akte.

    „Hier wurde nichts davon vermerkt“.

    „Wenn es nicht vermerkt worden ist, dann stimmt es auch nicht“, behauptete der Sprecher.

    „Wie kann es nicht stimmen, wenn sie hier bei uns ist und wir die Nachricht von ihrem Pfortenhandy rückverfolgt haben und dabei einen Rechner, des hohen Rates, als Versender der Nachricht festgestellt haben?“, beharrte sie.

    „Wer hat diese Rückverfolgung durchgeführt?“.

    „Clay, der Computerspezialist unserer Einheit“.

    „Haben Sie dafür eine Genehmigung von uns eingefordert?“.

Clay war kurz davor aufzuspringen, Menschen waren gestorben, ein Planet wurde ausgelöscht, die letzte Überlebende war bei ihnen und stand noch immer unter Schock und der Sprecher des Rats interessierte sich nur für Genehmigungen?!

    „Nein, das haben wir nicht. Eine fremde Wächterin ist in unserem Zuständigkeitsbereich eingetreten und behauptete, sie wurde vom hohen Rat geschickt, die korrekte Vorgehensweise bei so einem Fall, ist doch, die Nachricht zurückzuverfolgen oder irre ich mich?“.

Der Redner schien zu überlegen, nickte dann aber.

    „Unter solchen Bedingungen, liegen Sie im Recht. Aber wir haben wie gesagt keine Nachricht versendet“.

Sonja nahm Mels Handy und legte es in den kleinen Teleporter und schickte es an den hohen Rat.

    „Ich habe Ihnen das Pfortenhandy zugeschickt, kontrollieren Sie es doch selbst“.

    „Danke. Die Besprechung wird für zehn Minuten unterbrochen“ und schon war der Bildschirm schwarz.

 

Sonja atmete tief durch und setzte sich zu den Wächtern.

     „Wie kann es sein, dass sie behaupten, die Nachricht wäre nicht von Ihnen?“, sprach Alicia das aus, was wohl alle dachten.

    „Die vertuschen sicher etwas“, überlegte Beka,

    „Was sollten sie denn schon vertuschen? Bestimmt hat ein Assistent bloß einen blöden Fehler begangen“, meinte Clay.

    „Sie werden ihre Versetzung hierhin doch sicher zulassen oder? Wo soll sie denn sonst hin?“, fragte Jake und blickte Sonja ernst an.

    „Ich denke, sie sind sogar froh, wenn sich das klärt, dann müssen sie sich nämlich nicht um sie kümmern“, dachte Sonja laut.

     „Ich kann es nicht glauben, dass sie das ganze so kalt lässt. Erdan ist zerstört und Mel ist als letzte Überlebende bei uns und sie quengeln über solche Kleinigkeiten“, Alicia verschränkte wütend ihre Arme vor der Brust.

    „Es ist nun mal ihr Job, objektiv zu handeln“, murmelte Clay, auch wenn er es selbst nicht ganz nachvollziehen konnte.

 

Alle zuckten zusammen, als der Rat den Rückruf tätigte. Alle waren nervös und gespannt auf die Antwort. Sonja atmete tief durch und ging zurück an die Stelle vor dem Rechner um den Anruf entgegen zu nehmen.

    „Nun, wir haben folgende Entscheidungen getroffen. Sobald die Wächterin selbst mit uns geredet hat und sie mit allem einverstanden ist, wird der Antrag, sie in Ihre Einheit zu versetzten, stattgegeben. Ob Sie ab jetzt ihre Erziehungsberechtigte sein sollen, wissen wir noch nicht, wir wollen zuerst mit Melina selbst reden und ihre Meinung hören. Außerdem wollen wir, dass sie ein Gespräch mit einem unserer Psychologen führt, um zu sehen, ob sie denn in der Lage ist, das Wächteramt überhaupt noch auszuführen. Wir würden das Gespräch gerne nächste Woche mit ihr führen, am Mittwoch um 15:30 Uhr. Bis dahin unterliegt sie noch Ihrer Verantwortung, haben Sie das verstanden?“.

Sonja bejate die Frage.

    „Gut. Wir werden Ihnen das Pfortenhandy der Wächterin gleich wieder zurückschicken“.

    „Und was ist nun mit der Nachricht? Kam sie von dem Rat?“, fragte Sonja nach.

    „Dieses Wissen gehört nicht zu ihren Aufgabenbereich. Auf Wiedersehen“.

    „Wie bitte?“.

Doch Sonja bekam keine Antwort mehr, denn der Rat hatte das Gespräch beendet.

 

    „Wie meint der das? Es würde nicht zu deinen Aufgabenbereich gehören?“, Beka blickte ihre Tante fragend an.

    „Ich weiß es nicht, sie verbergen etwas“, Sonja wirkte nachdenklich.

    „Sie wollen bloß nicht zugeben, dass sie einen Fehler gemacht haben“, behauptete Clay weiterhin, wieso musste der Rat die Fehler immer auf die Wächter schieben? Waren sie so vernarrt darin professionell zu wirken, dass sie es nicht zu gaben wenn sie Fehler machten?

Sonja setzte sich wieder zu den Wächtern und seufzte laut:

    „Es tut mir leid, dass ich das sagen muss, aber es lässt sich nicht mehr vermeiden. Wir müssen Mel zu einem Psychologen bringen und das noch vor Mittwoch, sonst werden sie Mel vielleicht noch wegbringen“.

    „Wie meinst du das, wegbringen?“, Alicia wirkte leicht verwundert.

    „Sie hat seit sechs Wochen, kein Wort mehr geredet, isst kaum etwas, es ist schon ein Erfolg, dass sie überhaupt trinkt. Sie scheint, als ob sie nichts mehr von ihrer Umwelt mitbekommen würde“.

   „Ihr Heimatplanet wurde zerstört, es ist doch klar, dass sie geschockt ist. Menschen die eine Person, die sie geliebt haben, verlieren, haben oft ihr Leben lang damit zu kämpfen, bei ihr ist es ein ganzer Planet! Keiner kann sich vorstellen, was sie durchmacht!“, Jake sprang auf, man sah ihm deutlich an, dass er gerade etwas in Panik geriet.

    „Ja, natürlich ist es das. Aber sie braucht Hilfe, die wir ihr nicht geben können“, Sonja schien der Gedanke auch nicht besonders zu Gefallen.

    „Aber zu was für einem Psychologen? Wir können keinem sagen, dass ihr Heimatplanet zerstört worden ist. Können wir ihr denn nicht irgendwie helfen?“, wollte Alicia wissen.

    „Nun ja, ihr wollt doch, dass sie hier bleibt nicht? Das heißt bis Mittwoch muss es ihr wieder etwas besser gehen, sonst kann sie nicht mit dem Rat reden“, erklärte Sonja.

    „Und wenn es ihr nicht besser geht, nehmen sie sie einfach mit?“, frustriert strich Beka sich durch die Haare.

    „Wenn sie das Wächteramt nicht antreten kann, kann sie nicht in diese Einheit versetzt werden und somit hält sie nichts hier“, erklärte die Mentorin weiter.

    „Und wenn ich sie dazu bringe, wieder normal mit uns zu reden?“, fragte Jake leise nach.

    „Das wäre natürlich toll, aber Jake, sie hat seit sechs Wochen nichts gesprochen, ich glaube nicht, dass du etwas bewirken kannst, du warst doch schon öfter bei ihr“, öfter war untertrieben, jeden Tag versuchte Jake sie zum Reden zu bringen, die anderen haben sich damit abgefunden, dass sie einfach Zeit für sich brauchte und probierten es nicht mehr.

 

Nach dieser Unterhaltung hatte Jake den Stützpunkt verlassen und war wahrscheinlich zu Mel gegangen, für den Rest des Tages hatte er sich dann nicht mehr blicken lassen. Sonja war daraufhin auch bald verschwunden, Clay verbrachte seinen Freitagnachmittag dann damit, Alicia bei den Hausaufgaben zu helfen und seine Berichte für diese Woche fertig zu schreiben.

Am frühen Morgen machte er sich auf dem Weg zum Stützpunkt, obwohl es Samstag war, war er viel zu früh aufgewacht und konnte nicht mehr schlafen. Als er in Bekas Garten ankam bekam er eine Nachricht von Blake:

>>Hey, ich will dich nicht damit nerven, aber checkst du Physik? Wir haben am Montag eine Prüfung und ich verstehe den Stoff einfach nicht. Kannst du mir helfen?<<

Schnell tippte Clay eine Antwort:

>>Klar, hast du heute denn Zeit?<<

Als er sein Handy wieder einstecken wollte, kam bereits die Antwort, eines hatte er gelernt, wenn Blake etwas wollte, konnte er verdammt schnell zurückschreiben.

>>Meine Schicht fängt heute um drei an, können wir uns schon um eins in der Pizzeria treffen?<<

Er tippte erneut eine Antwort, während er in den Stützpunkt betrat.

 

    „Morgen“, hörte er plötzlich, wie zwei Stimmen ihn grüßten, er war zu sehr in sein Handy vertieft, sodass er gar nicht mitbekam, dass noch jemand in der Hütte saß

Verwundert blickte er auf die Couch, dort saßen Jake und Mel, beide in Jogginghosen und T-Shirt, schienen verschwitzt und hatten beide eine Wasserfalsche in der Hand.

    „Morgen… Mel, geht’s dir wieder besser?“, fragte er sofort.

    „Ja, tut mir leid, dass ich euch so lange auf den Nerven gelegen bin“, meinte sie.

   „Das macht nichts, freut mich, dass du wieder da bist“, meinte er und setzte sich ihnen gegenüber, es war einfach so komisch, Mel wieder vor sich zu haben, wieder ihre Stimme zu hören.

    „Heißt das, du redest übermorgen mit dem Rat?“, fragte Clay interessiert nach, Jake war aufgestanden um sich eine neue Flasche Wasser zu holen.

    „Ja und wenn eure Einheit dafür ist, werde ich erst einmal hier bleiben“.

    „Natürlich sind wir dafür“, Clay lächelte sie aufmunternd an.

 

Es dauerte eine Weile, da waren bereits alle Wächter in der Hütte angekommen, einschließlich Sonja. Alle hatten Mel verblüfft angestarrt, und alle fragten sich, was Jake gestern wohl gemacht hatte, er würde ihn irgendwann fragen, wenn sie alleine waren. Auch wenn es fraglich war, wie Jake es von heute auf morgen geschafft hatte, Mel wieder zum Reden bringen, freute Clay sich. Die beiden waren in der Früh sogar zusammen laufen gewesen und am Nachmittag gingen sie in den Wald um Schießübungen mit den Waffen zu machen, auch wenn sie lange ausgesetzt hatte, schien Mel noch immer fit zu sein. Vor dem schlimmen Ereignis, waren Jake und Mel auch zusammen trainieren gewesen. Jake war der sportlichste in ihrer Einheit und trotzdem war Mel damals sogar besser gewesen als er, Clay war gespannt ob sie ihn noch immer so leicht beim Laufen überholte…

 

Auch wenn es erst kurz nach Fünf war, lag Clay gerade in seinem Bett und starte an die Decke. Heute war ein schöner Tag gewesen, Mel war wieder da und um eins hatte er sich, wie verabredet mit Blake zum Lernen getroffen. Er hatte ihm geduldig den Stoff, Schritt für Schritt neu erklärt, Blake hatte gemeint, dass er seinen Physik Lehrer einfach nicht verstand, dieser erklärte wohl alles viel zu kompliziert und schnell, bei Clay jedoch lernte er erstaunlich schnell. Blake war unglaublich dankbar gewesen und hatte ihn angestrahlt, als seine Schicht begann, spendierte er Clay eine Pizza aufs Haus, auch wenn dieser sich zuerst gewehrt hatte.

    „Wenn du sie nicht isst, stecke ich sie zurück in den Offen und lasse sie verbrennen, willst du das?“, hatte er nur entgegengebracht und Clay den Teller auf den Tisch gelegt.

Lachend hatte er den Kopf geschüttelt und sich an das erste Stück gemacht, in Blakes Pizzeria gab es wirklich die beste Pizza der Stadt, war sie vielleicht die beste, weil Blake sie machte?

Jetzt lag er jedenfalls, mit einem immer noch vollen Magen, im Bett und dachte mal wieder über seine Lage nach. Blake und er verstanden sich einfach perfekt, ob sie sich auch so gut verstehen würden, wenn sie zusammen wären? Wären sie glücklich?

Clay schüttelte seinen Kopf, solche Gedanken sollte er nicht haben, das war nicht gut für ihn.

 

Plötzlich hörte er sein Handy klingeln, zuerst dachte er sich instinktiv, es sei der Alarm für eine Pforte, doch dann erkannte er seinen Klingelton. Als er Blakes Namen auf dem Display las, begann sein Herz automatisch schneller zu schlagen und sein Magen zog sich zusammen. Mit zitternder Hand ging er ran und war gerade sehr dankbar, dass keiner seine Reaktion auf Blakes Anruf mitbekam.

    „Hey, was gibt’s?“.

    „Ich habe heute früher Schluss, ein Wasserrohr in der Küche ist gerade geplatzt und das Restaurant wird über das Wochenende repariert. Ähm, was machst du gerade?“.

    „Jetzt gerade? Gar nichts, du?“.

    „Naja, ich bin zu Hause und Dad ist in einem Schreiber-Café, mir ist echt langweilig, willst du vielleicht her kommen?“.

    „Ähm… Klar, ich mach mich gleich auf dem Weg“.

    „Okay danke, die Tür unten ist offen, du kannst dann einfach in mein Zimmer kommen“.

    „In Ordnung, bis gleich“.

Sofort sprang er vom Bett auf und stürzte ins Badezimmer um sich etwas fertig zu machen, er war aufgeregt wie immer, obwohl er solche Treffen schon gewohnt sein sollte.

 

Als er in Blakes Zimmer ankam, hörte er „Seether“ aus seiner Anlage spielen. Er sah sich im Zimmer um und sah, dass Blake auf seinem Bett lag und seine Arme unter seinem Kopf verschränkt hatte. Blake sah ihn an, setzte sich aber nicht zur Begrüßung auf.

    „Die CD kann ich laufen lassen oder?“.

    „Natürlich, du weißt ich mag die Band“, Clay ging auf ihn zu, Blake rückte und machte ihm Platz, sodass Clay sich neben ihm legte.

    „Danke, dass du gekommen bist, ich habe so wenig Freizeit wegen der Arbeit, dass ich gar nicht weiß, was ich machen soll, wenn ich mal frei habe“.

    „Was ist mit deinen Krimiserien?“.

    „Mir war nicht danach… Und Physik muss ich jetzt auch nicht mehr lernen, also habe ich nichts zu tun“.

    „Mhm…“.

    „Meine Chefin hat durch den Rohrbruch irgendwie mitbekommen, dass ich angeblich zu viel arbeite, jetzt überlegt sie noch jemanden anzustellen. Der Neue würde die Küche putzen, die Tische abräumen und mir mit dem Kellnern helfen, dann müsste ich nur das Essen machen, kassieren und hin und mit Hilfe des anderen Kellnern“.

    „Klingt doch gut“, meinte Clay.

    „Ja schon, wird aber wohl dauern bis wir jemanden finden, sie stellt keine Erwachsenen mehr ein, weil sie uns ja weniger zahlen muss… Und was gibt es bei dir so Neues?“.

    „Nicht viel, obwohl… Wir haben jetzt alle wieder eine gute Laune“.

    „Wir?“, fragte Blake nach.

    „Du weißt schon, Beka, Alicia, Jake und ich“.

    „Und wieso? Geht’s es Mel wieder etwas besser?“.

    „Ja, sie hat sich vom Schock erholt und ist jetzt wieder zu Sonja und Beka gezogen, wir freuen uns alle, vor allem Jake, jetzt ist er nicht mehr so schlecht gelaunt. Mel wird wohl bald in unsere Schule gehen, das hat sie jedenfalls vor“.

    „Wieso freut es Jake besonders?“, Blake blickte ihn in die Augen, Clay konnte seinen Blick nicht deuten.

Innerlich musste er seufzten, sollte er Blake die Wahrheit sagen? Dann würde er sich aber genau so schlecht fühlen, wie er sich die ganze Zeit fühlte, dass wollte er ihm nicht antun, andererseits musste ihm irgendjemand die Wahrheit sagen… Aber wieso musste unbedingt er ihm die schlechte Nachricht mitteilen?

    „Naja, er hatte ziemlich Liebeskummer wegen ihr“, gab er leise zu.

Blake zog seine Augenbrauen fragend in die Höhe:

    „Warte, verstehe ich das richtig? Jake steht auf Mel?“.

    „Ja, ihn hat es richtig erwischt, sie sind auch sowas wie zusammen, ist wohl etwas komplizierter…“, mit jedem Wort das er sprach, veränderte sich Blakes Gesichtsausdruck.

Er konnte seinen Ausdruck einfach nicht deuten, war er jetzt traurig? War er verzweifelt und fertig? Doch auf einmal begann Blake zu lächeln, doch so plötzlich das Lächeln da war, verschwand es auch wieder. Was ging bloß in ihm vor?

 

Langsam beugte sich Blake über ihn und blickte ihm tief in seine Augen, er war ihm schon so nah, dass er seinen Atem auf seinem Gesicht spüren konnte. Clay wusste nicht warum, aber konnte sich einfach nicht mehr bewegen, er war wie versteinert und wartete einfach ab, was Blake vor hatte. Langsam versank er in den hellbraunen Augen, welche ihm immer näher kamen.

Dann spürte er, wie Blake seine Lippen auf seine presste, für die ersten Augenblicke bewegte er sie nicht, presste sie nur auf seine. Doch als er begann sie zu bewegen, erwachte Clay aus seiner Starre und erwiderte den Kuss. Zu Anfang wirkte er etwas unbeholfen, doch dann wurde er immer besser und schöner. Längst hatte er seine Augen geschlossen und seinen Arm um Blakes Nacken gelegt, um diesen näher an sich zu ziehen. Ihm wurde gleichzeitig heiß und kalt und er spürte ein Herzrasen. Blake war ihm sehr nahe gekommen und lag halb auf ihm, wegen dieser Nähe konnte er nicht spüren, ob es sein oder Blakes Herz war, welches so raste.

Clay wusste nicht, wie viel Zeit verging während sie sich küssten und Blake sich immer näher an ihn drückte, er hatte einfach sein Zeitgefühl verloren, doch als Blake mit seiner Zunge über seine Unterlippe strich und damit den Kuss vertiefen wollte, versteifte Clay plötzlich und öffnete seine Augen.

Was tat er hier? Was machten sie? Warum küsste ihn Blake plötzlich?!

Als ihm die Antwort in den Sinn kam, zog sich alles in ihm zusammen und er stieß Blake von sich.

Er benutzte ihn, er konnte Jake nicht haben, deshalb musste er wohl als Lückenbüßer herhalten. Doch Clay wollte keine zweite Wahl sein, er wollte kein Trostpreis sein. Natürlich mochte er Blake unheimlich sehr, doch das konnte er sich einfach nicht antun, jetzt würde er bei ihm bleiben, weil es ihm wegen Jake schlecht ging, doch danach?

 

Sofort sprang er auf und stürmte aus dem Zimmer, die Treppen runter und dann aus dem Haus, er musste hier einfach weg! Wie Blake ihm noch hinterher geschrien hatte, hatte Clay gehört, doch er hatte nicht darauf reagiert, er konnte ihn einfach nicht mehr ansehen, er wäre vielleicht vor ihm zusammengebrochen, wenn er bei ihm geblieben wäre. Clay lief durch die Straßen und wusste nicht wohin er eigentlich ging, er wollte einfach nur weg, nach Hause wollte er nicht, zu dem Stützpunkt wollte er auch nicht, überall würden ihn Leute fragen was los sei.

 

Es war kalt und dunkel draußen geworden, am Ende hatte er im Wald am Rande der Stadt geendet, durch den er noch immer ging. Es tat gut die frische, kalte Luft einzuatmen, beim Ausatmen den eigenen Atem zu sehen, den Duft von Moos und Laub einzuatmen, einfach seinen Gedanken hinterher zu hängen.  

Sein Handy hatte öfter geklingelt, immer wieder war Blakes Name auf seinem Display erschienen, jedes Mal hatte er ihn weggedrückt, nach dem vierten Anruf hatte er sein Handy einfach ausgeschaltet, er hatte keinen Nerv mehr dafür.

Er wusste nicht wie spät es war, als er heim kam, wahrscheinlich bereits viel zu spät, denn auf der Straße fuhren kaum mehr Autos und keiner war mehr unterwegs, die Lichter in den Häusern waren bereits längst ausgeschaltet, es schien als ob die ganze Stadt schlafen würde, während er draußen herum irrte.

Langsam sperrte er die Haustür mit seinen Schlüssel auf, leise und vorsichtig schlich er in sein Zimmer um seine Eltern nicht zu wecken. Jetzt war er fertig, müde, verzweifelt und wollte einfach nur mehr in sein Bett, schlafen und nie wieder aufwachen. Wenn er schlief musste er nicht mehr nachdenken, dann verfolgten ihn diese Bilder, aus Blakes Zimmer auch hoffentlich nicht mehr.

 

Als er sich aber in sein Bett fallen ließ, landete er auf etwas hartem und warmen, er landete auf jemanden! Unter ihm wurde leise geflucht und dann ging das Licht vom Nachtkasten an, er entdeckte den verschlafenen Jake unter sich.

    „Verdammt Jake was machst du hier?!“, fuhr er ihn an.

    „Leiser, deine Eltern schlafen“, zischte dieser nur zurück während er sich aufsetzte.

Jake stand langsam auf und verschwand aus dem Zimmer, gleich darauf kam er mit der Gästematratze unter seinem Arm wieder und schloss Clays Zimmertür hinter sich.

    „Es gab wieder Stress zu Hause und ich habe nicht gewusst wo ich schlafen soll, ich habe versucht dich anzurufen, aber dein Handy ist ausgeschaltet. Ich bin einfach hergekommen und  naja… Dein Handy war aus und deine Eltern haben gemeint du wärst bei Blake, weil ich dachte du würdest heute nicht mehr kommen, habe ich mich einfach in dein Bett gelegt… Sorry“.

Während er das alles erzählte, legte er die Matratze neben Clays Bett ab und holte sich jeweils ein Kissen und eine Decke aus Clays Schrank.

Bis auf die Boxershorts zog Clay sich aus und deckte sich in seinem Bett zu.

    „Wo warst du eigentlich so lange? Es ist halb Drei“, warf Jake ihm vor.

Clay gab keine Antwort, er wollte einfach nur schlafen.

    „Warst du etwa so lange bei Blake?“, fragte er ihn grinsend.

    „Es ist etwas vorgefallen und ich wollte einfach alleine sein“, murrte Clay leise.

    „Was ist denn passiert?“, Jake setze sich wieder auf und blickte seinen besten Freund besorgt an.

    „Nichts“, er wusste genau, dass Jake ihm die Lüge nicht abkaufen würde.

    „Du kannst es mir sagen, es ist keine Schande… Ich habe heute auch einen Korb bekommen“.

     „Was ist passiert?“, wollte nun Clay wissen, es schien zwischen ihm und Mel doch gut zu laufen?

    „Naja, ich wollte sie, als wir die Schießübungen im Wald gemacht haben, küssen, doch… Sie hat gemeint, dass sie jetzt keine Beziehung gebrauchen kann und dass sie sowieso zu viel um die Ohren hat. Ich komme mir vor wie ein unsensibles Arschloch, weil ich es nicht von selbst gewusst habe. Ich meine das Mädchen hat ihren ganzen Heimatplaneten verloren und ich versuche sie zu küssen ich meine-“.

    „Alleine schon, weil du dich wegen dem fertig machst, bist du kein Arschloch“, unterbrach Clay seinen Redeschwall.

    „Ja, ich fühle mich aber trotzdem mies. Auf jeden Fall sind wir fürs erste nur befreundet, ich verstehe ja, dass sie gerade keine Beziehung braucht, aber ich hoffe, dass es trotzdem etwas werden kann, wenn sie dazu bereit ist“.

    „Mach dir keine Sorgen, es ist doch irgendwie klar, dass sie dich auch mag, sonst wäre sie nicht mit dir ausgegangen“.

    „Ja, ich habe nur Angst, dass wenn wir jetzt anfangen uns zu befreunden, sie mich immer nur als einen Freund sehen wird…“.

    „Wenn du denkst, dass sie breit dafür ist, solltest du sie noch einmal auf euch ansprechen“, schlug Clay vor und gab sich alle Mühe nicht vor Müdigkeit zu gähnen.

   „Hm… Und wie läuft es zwischen dir und Blake?“.

   „Wie ich dir schon gesagt habe, er ist auch schwul, steht aber auf einen anderen“, mehr hatte er ihm bisher nicht gesagt und er würde ihm wohl auch nicht mehr sagen.

Jake sollte nicht wissen, dass Blake in ihn verliebt war und er würde ihm auch mit Sicherheit nicht sagen, was heute geschehen war. Auch wenn er sein bester Freund war, er wollte einfach mit niemanden darüber reden.

 

    „Clay wach auf, es ist schon fast Nachmittag“, jemand rüttelte an seinem Arm, doch seien Augen waren viel zu schwer, er wollte sie nicht öffnen.

    „Ist mir egal“, murrte er.

    „Jetzt komm schon, du hast lange genug geschlafen“.

Missmutig öffnete Clay seine Augen und blickte Jake an, welcher sich über ihn gebeugt hatte.

Auf einem Schlag fielen ihm die Ereignisse von Gestern wieder ein. Schmerz breitete sich in ihm aus, sein innerstes zog sich schmerzvoll zusammen und das Atmen fiel ihm wieder schwer. Murrend zog er sich die Decke über den Kopf.

    „Clay?“, hörte er Jake fragen.

    „Lass mich einfach in Ruhe okay?“.

    „Komm schon, so schlimm ist Aufstehen auch wieder nicht“, probierte dieser es weiter.

    „Ich fühl mich nicht gut, ich bleibe heute im Bett“.

    „Hat das etwas mit gestern zu tun?“, fragte Jake nun.

Clay drehte ihm den Rücken zu und vergrub sein Gesicht in seinem Kissen, er hatte keine Lust darüber zu reden, er hatte auf gar nichts Lust.

    „Was ist denn Gestern passiert?“, er kannte Jake gut genug, um zu wissen, dass dieser so lange weiterfragen würde, bis er endlich die Wahrheit aussprach.

    „Er hat mich geküsst“, murmelte Clay leise in sein Kissen.

    „Wer? Blake? Jetzt rück schon raus mit der Sprache“, Clay wunderte sich, das Jake ihn überhaupt verstanden hatte.

    „Der Junge in den er verliebt ist, ist mit jemand anderen zusammen, er kann ihn also nicht haben. Blake hat das herausgefunden und wollte mich als Lückenbüßer benutzen“.

    „Was? Nein, das glaube ich nicht, Blake würde dich doch nicht ausnützen“.

    „Woher willst du das wissen?!“, fragte er lauter nach als er wollte.

   „Hat er dir denn das gesagt?“.

    „So in etwa“.

    „>>So in etwa<<, was soll das heißen? Hat er oder hat er nicht?".

    „Ist doch egal oder?! So ist es und ich fühle mich scheiße deswegen! Darf ich jetzt bitte in meinem Bett liegen bleiben und mich weiterhin schlecht fühlen? Alleine!“.

    „Na schön, ruh dich aus… Ich sag den anderen, dass du krank bist, dann musst du heute nicht zu den Einsätzen kommen“.

    „Danke und Jake?“.

    „Ja?“.

    „Kannst du das Rollo bitte wieder runterlassen bevor du gehst? Das Zimmer ist viel zu hell“.

    „Okay“.

 

Den Rest des Tages verbrachte er weiterhin in seinem Bett, seiner Mutter hatte er gesagt, dass er starke Kopfschmerzen hätte. Irgendwann war er kurz aufgestanden, um seine alten CDs zu durchsuchen. Als er das „Seether“ Album gefunden hatte, welches sie bei Blake gehört hatten, legte er es in seiner Anlage ein. Dann stellte er „The Gift“ auf der Wiederholungsschleife ein, dieses Lied war in Blakes Zimmer gelaufen, während sie sich geküsst hatten.

Er wusste, dass er sich gerade erbärmlich aufführte, doch das war ihm egal. Aus seinem Handy hatte er sogar den Akku entfernt, denn die Einsätze klingelten auch dann auf dem Handy, wenn es ausgeschaltet war. Die Einheit hatte nun Mel wieder, sie waren zu viert, sie würden auch ohne ihn zu Recht kommen. Was machte schon ein Tag ohne den Technikexperten aus?

 

Mit geschlossenen Augen, lauschte er der Musik und spielte erneut die Erinnerung an den Moment in seinem Kopf durch. Es war so schön gewesen Blake nahe zu sein, er würde es gerne wieder erleben, aber der Gedanke, dass Blake dabei wahrscheinlich an Jake gedacht hatte, tat ihm in seiner Seele weh.  

 

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AB HIER GEHT ES WEITER:

 

Am Montagmorgen quälte Clay sich aus dem Bett, er hatte keine Lust auf gar nichts, er wollte einfach weiterhin in seinem Bett liegen. Er wusste durchaus, das er ein zu großes Drama daraus machte, doch ein einziges Mal hatte er auch das Recht, sich mal in den Mittelpunkt zu stellen oder? Clay durfte doch auch mal zeigen, wie verdammt schlecht es ihm ging. Sein Handy schaltete er erst wieder ein, als er das Haus verließ, eigentlich war er viel zu spät dran, aber beeilen wollte er sich jetzt auch nicht.

Kaum hatte das Pfortenhandy wieder Empfang, traf eine ungelesene Nachricht nach der anderen ein, auch viele verpasste Anrufe. Natürlich alle von Blake, offensichtlich wollte er sich mit ihm treffen, um mit ihm zu reden, er erwartete ihn vor dem Kaffeeautomaten in der Schule. Clay schüttelte den Kopf und steckte sein, auf Stumm gestelltes Handy, in seine Hosentasche. Er würde nicht zu diesem Treffen mit Blake gehen, worüber sollten sie schon reden? Wollte er ihm sagen, dass ihm der Kuss leid tat? Das würde er nicht verkraften, es hatte Clay ja gefallen, er wollte nicht hören, dass es eigentlich für jemanden anderen bestimmt war.

Auf dem Weg zur Schule, lud er sich Blakes Stundenplan auf sein Handy, er musste ihm einfach aus dem Weg gehen, dafür musste er wissen, welche Stunden er hatte. Erst beim zweiten Läuten traf er in seiner Klasse ein, er setze sich in die zweite Reihe zwischen Alicia und Beka, vor ihnen saßen Jake und Mel, sie hatte sich wohl bereits in der Schule angemeldet.

Die Stunden zogen an ihm vorbei, bei neuem Stoff versuchte er aufzupassen, was ihm nur teils gelang, zum Glück wiederholten sie aber in fast jeder Stunde nur den bereits gelernten Stoff. Niemand von der Einheit sprach ihn an, obwohl alle bemerkten, dass er noch niedergeschlagener wirkte, als in den letzten Wochen, Jake hatte die anderen wohl vorgewarnt. Nach der Schule kam er zwar mit in den Stützpunkt, machte sich aber nicht an seine Arbeit sondern legte sich auf die Couch und starrte vor sich hin. Alicia versuchte hin und wieder mit ihm zu spaßen und auch wenn Clay dankbar für ihre Bemühungen war, war ihm nicht nach spaßen zu mute.

 

Mel bereitete sich weiterhin vor, am Mittwoch würden Begutachter vom hohen Rat kommen, um mit ihr zu reden und am Donnertag würde sie bereits bei der monatlichen Untersuchung teilnehmen.

Jeden Monat schickte der hohe Rat weitere Begutachter zu jedem Stützpunkt, die Wächter mussten sich testen lassen, ob sie fit genug waren um weiterhin im Dienst zu sein. Sie mussten eine gewisse Strecke in einem Zeitlimit ablaufen, mussten simulierte Kämpfe ausführen und sie mussten mündlich, eine halbe Stunde lang, theoretische Fragen beantworten, welche mit Einsätzen zu tun hatten. Normalerweise bestanden alle Wächter mit links, innerhalb der Einheit ging es gar nicht darum, ob man bestand oder nicht, viel mehr wurden auch hier manchmal Wetten über Berichte abgeschlossen. Es war jedoch meistens so, dass Jake beim Laufen und auch beim Kämpfen der Beste der Einheit war und Beka in dem theoretischen Teil abräumte. Alica und Clay waren zwar auch gute Wächter und bestanden ebenfalls, aber sie konnten keine neuen Rekorde vorweisen.

 

Clay hatte aufgehört dem Gespräch der anderen zu lauschen, er war immer weiter in seine Gedanken abgedriftet, so bekam er zuerst auch gar nicht mit, dass der Alarm wegen einer Pforte losging. Erst als sie ihn öfter angesprochen hatten, bemerkte er es und zog sein Handy hervor.

    „Öffnet sich in vier Minuten, auf der Einbahnstraße hinter der Trafik“, erklärte er, nachdem er einen Blick auf sein Handy geworfen hatte.

    „Mitten auf der Straße? Na toll, wie machen wir das?“, fragte Jake, während sie bereits alle aufgesprungen waren und den kürzesten Weg dorthin liefen.

Beka schien kurz zu überlegen, während alle anderen bereits ihre Schutzanzüge per Knopfdruck anlegten.

    „Jake, Mel ihr zieht die Schutzanzüge nicht an“, befiehl Beka.

    „Was wieso?“, fragte Mel.

    „Ihr beiden stellt euch an den Anfang der Einbahnstraße und haltet zufahrende Autos auf“.

    „Wie sollen wir das bitte machen?“, Jake blickte Beka verwirrt an.

    „Lasst euch etwas einfallen, simuliert einen Unfall oder keine Ahnung. Wir sollten uns freuen, dass es eine Einbahnstraße ist, sonst wäre alles viel komplizierter“.

    „Aber-“, Jake wollte etwas einwenden, Mel jedoch packte ihn am Arm und zog ihn mit sich:

    „Okay, wir sorgen dafür, komm Jake“.

Die beiden verschwanden an den Anfang der Straße, Clay, Beka und Alicia begaben sich an die Stelle, an der sich die Pforte geöffnet hatte.

    „Aber schaffen wir den Einsatz denn zu dritt?“, zweifelte Alicia.

    „Wir haben keine andere Wahl“, entgegnete Beka.

Auch wenn Clay sich versuchte auf die Lage zu konzentrieren, wollte ihm das einfach nicht gelingen, er war zu dieser Zeit einfach nicht in Form, es schien als wäre er mit dem Körper anwesend aber mit dem Geist ganz weit weg. Er bemühte sich, doch er konnte daran einfach nichts ändern, er hoffte inständig, dass es den anderen nicht auffallen würde.

Als sie an die Stelle, wo sich die Pforte laut dem Handy bereits geöffnet hatte, angekommen waren, war das Tier von Erdian bereits dort. Clay musste zweimal schauen, weil er sich dachte, er würde es sich einbilden, man sollte meinen, er sollte sich an die fremden Tiere gewöhnt haben, doch dieses schockierte ihn etwas. Die Tiere von Erdian waren anders, als die von der Erde, jedoch hatten sie immer Ähnlichkeiten zu den Tieren auf der Erde, als hätte die Evolution sich nur etwas anders dort abgespielt.

Das Tier war dunkelgrün, sah aus wie eine Mischung aus einer Echse und einem Stachelschwein, war aber so groß wie ein Elefant und stand auf vier froschartigen Beinen. Es war eindeutig eine Amphibie, es hatte eine dunkelgrüne, schimmernde Haut,  es sah im Licht so aus, als wäre die Haut mit Schleim überzeugen. Auf dem Rücken jedoch war ein breiter Streifen, aus denen lange dünne Stacheln wuchsen. Die Augen des Lebewesens waren Rund, hatten eine gelbe Farbe und eine schwarze schlitzförmige Pupille. 

 

Die drei Wächter nahmen hinter mehren Mülltonen, die nebeneinander standen, Deckung.

    „Also, dass das Tier von Erdian kommt, muss ich wohl nicht mehr erwähnen. Normalerweise ist es nachtaktiv, also war es auf der anderen Seite der Pforte wohl bereits Nacht. Bei Licht ist es empfindlich und wird leicht gereizt, was uns wohl eher einen Nachteil verschafft. Normalerweise ist es nicht aggressiv, doch durch die Tatsache, dass es Tag ist, können wir uns das abschminken. Die Stacheln, benutz er um Feinde zu verjagen, sie sind höchst giftig und er kann damit angreifen, also passt auf“, erklärte Beka schnell.

    „Wie gehen wir vor?“, fragte Clay.

    „Ich komme von vorne auf das Tier zu, so wird es sich auf zwei Beine stellen, weil es mir Angst einjagen will. Die Schwachstelle ist auf dem Rücken, unter dem Stachel-Streifen. Ich lenke es also ab, ihr kommt dann aus dem Versteck. Alicia betäubt es, Clay du schrumpft es, ich werde es dann einfangen. Gibt es Fragen?“.

Alicia und Clay schüttelten beide ihre Köpfe.

    „Schön, wie gesagt, passt auf die Stacheln auf, er kann diese abschießen.“.

Schon hatte Beka die Deckung verlassen und ging, mit erhobener Waffe, auf das Tier zu.

Die beiden kamen ebenfalls aus dem Versteck hervor und schlichen langsam von hinten auf das Wesen zu. Wie Beka es vorausgesagt hatte, stellte es sich auf seine zwei Hinterbeine und schien sich vor Beka groß machen zu wollen, obwohl es auf vier Beinen bereits geschätzte vier Meter hoch war. Clay zielte und machte sich darauf bereit, das Tier zu schrumpfen, nachdem Alicia die betäubenden Schüsse getätigt hatte. Zielsicher tätigte sie gleich mehrere Schüsse mit ihrer Waffe und traf exakt auf die, von Beka ernannte, Schwachstelle des Tieres. Es schien Panik zu bekommen, da es bemerkt hatte, dass es umzingelt war. Clay wollte gerade den Strahl abfeuern, welcher das Tier schrumpfen lassen würde, als er plötzlich bemerkte, dass das Tier seine Stacheln von seinem Rücken abfeuerte. Ab da schien für ihn alles in Zeitlupe abzulaufen, reflexartig drückte er ab und begann das Tier zu schrumpfen, doch die Stacheln waren bereits abgefeuert. Er vernahm, wie sein Name geschrien wurde, als nächstes lag er schon am Boden und Alicia war halb auf ihm.

Durch die bekannten Geräusche, bekam er mit, wie Beka das Tier einfing, eine Pforte öffnete und es zurückschickte.

Alicia, welche immer noch über ihm lag, begann leise zu murren, er verstand nicht was sie sagen wollte.

 

    „Danke“, murmelte er, während er sich mit ihr aufsetzte.

Erst da bemerkte er, dass ihr Gesicht schmerzverzerrt war und sie sich mit der linken Hand an den rechten Arm griff, in dem Arm steckte ein Stachel von dem Tier.

    „Verdammte Scheiße!“, erschrocken sprang er auf.

    „Beka!“, diese richtete ihren Blick nun ebenfalls auf Alicia, dann schnappte sie nach Luft.

    „Okay, ruhig bleiben, ruhig bleiben… Clay heb sie hoch und trag sie so schnell du kannst in den Stützpunkt, ich werde Sonja anrufen und ihr sagen, dass sie das Gegengift vorbeireiten soll, dann werde ich noch den anderen Bescheid geben“, Beka zückte bereits ihr Handy und betätigte einen Anruf über Kurzwahl.

Clay hob sie hoch und blickte starr zu Beka:

    „Ihr wird’s wieder gut gehen oder?“.

    „Ganz ehrlich? Keine Ahnung, das Gift ist stark und es kommt auch darauf an wie ausgewachsen das Tier war. Jetzt lauf´ verdammt!“, sie schien sehr nervös.

    „Hallo Sonja? Es ist etwas geschehen…“, fing sie an in ihr Telefon zu reden, während Clay endlich seien Starre löste und sich auf den schnellsten Weg zum Stützpunkt machte.

    „Clay, ich bin müde… Es tut weh…“, vernahm er etwas später Alicias leise Stimme.

    „Hey halt durch okay? Bleib wach“, seine Stimme klang verzweifelt, er selbst merkte es.

    „Aber meine Augen fallen zu“, murrte sie.

    „Nicht einschlafen hörst du? Komm erzähl mir was“, er war sich sicher, dass alles noch schlimmer wurde, falls sie ihr Bewusstsein verlieren sollte. Das alles war seine Schuld, er würde es nicht verkraften, wenn Alicia jetzt wegen ihm Schaden nehmen würde.

    „Hm… Wie läuft es mit Blake?“.

   „Was? Wie kannst du in so einem Moment danach fragen?“, er sah sie verwundert an, während er sich bemühte nicht langsamer zu werden.

Sie schlang ihre Arme etwas enger um seinen Hals:

    „Ich weiß nicht… Du redest nie mit mir darüber und da du jetzt so ziemlich unter Schock stehst, hatte ich gehofft du würdest es mir sagen…“, ihre Stimme wirkte schwach und war viel stiller als sonst.

Kurz musste Clay lächeln:

    „Du bist echt unglaublich, du wurdest wegen mir verletzt und jetzt fragst du so etwas“.

    „Ich bin halt unverbesserlich… Auch wenn du manchmal nervig bist, bist du doch ein toller Kerl, er wäre dumm, wenn er das nicht bemerkt“.

Er konnte es nicht fassen, wieso war ihm früher nie so stark aufgefallen, wie nett Alicia eigentlich war? Sie durch litt Schmerzen und trotzdem versuchte sie ihn zu trösten, obwohl es eigentlich umgekehrt richtig wäre.

    „Tut es stark weh?“, fragte er nach.

    „Nicht mehr… Aber ich spüre meine Hand nicht mehr richtig, sie wird taub“.

Clay bezweifelte, dass dies gut war, sagte es ihr jedoch nicht.

 

Endlich kam er beim Stützpunkt an, Sonja war bereits dort und hatte eine Menge Utensilien auf den einen Couchtisch ausgebreitet. Von Verbandszeug, bis Desinfektionsmittel und mehren andere Sachen, von denen er nicht sagen konnte, wofür sie verwendet wurden.

    „Leg sie auf die Couch, vorsichtig!“, wies Sonja ihn an.

Ohne ein Wort legte er sie auf diese ab, kaum hatte er dies getan, wurde er zur Seite geschubst und Sonja begann Alicia mit einem wissenden Blick zu mustern.

    „Okay, wir müssen den Schutzanzug ablegen, den Stachel entfernen und dir das Gegengift spritzen. Hast du noch ein Gefühl in dem Arm?“.

    „Nicht wirklich“, antwortete sie.

    „Das ist nicht gut, das Gift hat sich bereits verbreitet… Das Entfernen und Spritzten wird so noch mehr weh tun… Dann lass uns mal vorsichtig den Schutzanzug ausziehen…“, Sonja machte sich daran Alicia zu helfen.

    „Clay, geh du raus und warte vor der Tür“.

    „Aber-“, wollte er wiedersprechen.

    „Nein, geh“, schnitt Sonja ihm gleich das Wort ab.

Kopfschüttelnd ging er, wie befohlen, vor die Tür. Er fühlte sich mies, wirklich schlecht, er war Schuld an der Lage, er hätte schneller reagieren sollen, Alicia hätte ihn nicht retten sollen. Sie hatte ihm geholfen und ist so selbst verletzt worden, das war doch unfair! Wieso konnte es nicht ihn statt ihr treffen?

Die anderen trafen ein, als er bereits auf dem Boden saß und den Kopf zwischen seinen Beinen vergraben hatte. Ihr durfte nichts passieren, ihr musste es einfach wieder gut gehen.

    „Geht es ihr gut?“.

    „Ist Sonja bei ihr?“.

    „Ist sie noch bei Bewusstsein?“.

    „Wird sie gesund?“.

Mehrere Fragen stürmten auf ihn ein, er konnte gar nicht sagen welche von wen stamm.

    „Sie ist bei Bewusstsein, jedenfalls als ich hinausgegangen bin, war sie das. Sonja kümmert sich um sie, hat mich aber vor die Tür gesetzt. Sie weiß wohl schon, dass es mein Fehler war“.

    „Wie meinst du das? Wieso deine Schuld?“, fragte Mel nach.

    „Ich war zu langsam, Alicia hat mich gerettet, ist aber dabei selbst verletzt worden“, erklärte er.

    „Aber du kannst doch nichts dafür, dass sie dich gedeckt hat“, meinte Jake.

    „Naja… Clay war wie versteinert, er hätte schneller reagieren sollen… Irgendetwas stimmt doch nicht mit dir, bist du noch krank?“, fragte Beka nach.

    „Krank?“, wiederholte er fragend.

    „Ja, du bist doch gestern auch nicht erschienen, geht es dir noch immer nicht besser? Was denkst du dir, den Dienst anzutreten wenn du nicht gesund bist? Das hilft nicht, das schadet nur! Du hättest genesen sollen du hättest nicht-“, Beka fuhr ihn an und wurde immer lauter, Clay zog seinen Kopf jedoch immer mehr ein, bis er es nicht mehr hören konnte.

    „Ja ich weiß! Es ist mein Fehler okay?! Alles ist mein Fehler, aber ich muss jetzt damit leben, dass sie wegen mir verletzt worden ist!“, ohne das er es wollte, wurde seine Stimme immer lauter.

    „Willst du dich jetzt als Opfer darstellen?“, fragte Beka kühl.

    „Nein. Ich bin kein Opfer, ich bin der verdammte Schuldige an dem ganzen! Ich weiß es okay?! Ich weiß es! Du musst es mir nicht vorhalten!“.

    „Du-“, setzte Beka erneut an, wurde jedoch Sonjas Stimmte aus der Hütte unterbrochen.

   „Streitet später! Beka komm her, du musst mir helfen!“, sofort stürmte Beka drauf in die Hütte.

    „Hey, nimm dir das nicht zu Herzen, du musst dir nicht die Schuld geben. Ihr wird es wieder gut gehen und wir werden das Ganze vergessen okay? Beka ist eben besorgt, sie wollte dir sicher nicht die Schuld geben“, Jake hatte sich neben ihm auf den Boden gekniet und seine Hand auf seine Schulter gelegt.

    „Doch, sie hat recht“, wiedersprach er leise.

    „Nein, Alicia hat dich geschützt, das ist kein Fehler und es konnte auch nicht verhindert werden. Sowas passiert nun mal… Sie wird bestimmt wieder gesund“, sagte nun Mel.

    „Und wenn nicht?“.

    „Daran denken wir jetzt nicht“, sagte Jake.

 

Alicia hatte sich etwas erholt, Mel brachte sie nachhause, damit sie sich ausschlafen konnte, sie musste den nächsten Tag noch im Bett bleiben. Sie hatten sich eine Ausrede für ihre Eltern ausgedacht. Jake war ebenfalls gegangen und Beka hatte bereits den Bericht geschrieben und ging in ihr Zimmer, als Sonja mit Clay in der Hütte reden wollte. Nervös setzte er sich auf die Couch, Sonja jedoch setzte sich nicht, sondern stellte sich mit verschränkten Armen vor ihn hin.

   „Wie ich schon gesagt habe, wird es Alicia gut gehen… Du bist noch rechtzeitig mit ihr eingetroffen. Aber… Hör zu Clay, ich habe mir die Überwachungsvideos angesehen, du warst steif, nicht nur bei dem Angriff des Tieres, sondern auch schon auf dem Weg dorthin und während des ganzen Einsatzes, es hat so ausgesehen, als wärst du nicht bei der Sache gewesen. In letzter Zeit scheint es öfter so, als ob du nicht ganz anwesend wärst, aber nach diesem Einsatz, kann ich es nicht mehr ignorieren. Zum Glück ist nichts Schlimmes passiert, aber das heißt nicht, dass es nicht dazu kommen wird, wenn du so weitermachst. Den Dienst als Wächter, kann man nicht halbherzig ausüben“.

    „Ja, ich weiß“, gab er kleinlaut zu.

Sonja setzte sich neben ihm auf die Couch hin:

    „Ich habe mit Jake gesprochen, keine Sorge, er hat mir nichts erzählt, er hat nur gemeint, dass etwas in deinem Privatleben vorgefallen ist, was dir sehr zu schaffen macht…“.

    „So könnte man es sagen“, stimmte er zu, wozu lügen? Es hatte keinen Sinn seiner Mentorin etwas vorzuspielen.

    „Ich will mich da nicht einmischen, es geht mich nichts an, aber du weißt ich habe Richtlinien, an die ich mich halten muss“.

Langsam nickte er, er konnte sich schon denken, was als nächstes kommen würde.

    „In dieser Verfassung kann ich dich nicht länger den Dienst antreten lassen, ich muss dich wohl für eine Woche beurlauben. Die monatliche Begutachtung kannst du dann nächste Woche nachholen, wenn du bestehst, wirst du natürlich weiterhin in der Einheit bleiben“.

    „In Ordnung“.

    „Bitte nutzte die Woche und versuch das Problem zu klären… Du kannst jederzeit zu mir kommen, wenn du etwas brauchst, das weißt du oder?“.

    „Ja danke Sonja“.

    „Okay… Dann musst du mir jetzt bitte deine Waffe und dein Handy überreichen und du darfst für diese Woche den Stützpunkt nicht betreten, auch wenn es für private Zwecke ist“.

    „Wieso darf ich nicht in den Stützpunkt? Ich meine ich brauche den Computer doch für-“, sie unterbrach ihn.

    „Tut mir leid, so sind die Richtlinien“, meinte sie und blickte ihn mitfühlend an.

Wortlos überreichte er Sonja seine Waffe, dann entnahm er seine Sim Karte dem Pfortenhandy und gab es ihr ebenfalls.

Zu Hause angekommen, fiel er geradewegs in sein Bett, er war müde und er fertig, sofort wurden seine Augen schwer und schlief langsam aber sicher ein. Doch an Ruhe war nicht zu denken, ihn plagten die ganze Nacht über Alpträume, von Alicias Verletzung, von diesem komischen Tier und von Blake. In seinem Traum war das Tier noch viel größer und viel feindseliger. Es verletzte reihenweise Menschen, zuerst Alicia, dann Blake, Beka und dann auch noch Jake und Mel. All seine Freunde lagen am Boden, alle hatten Gift abbekommen, er musste sie in die Hütte tragen, damit Sonja ihnen das Gegengift geben konnte, doch er konnte sich einfach nicht entscheiden, wen er zuerst dorthin tragen sollte. Es war schrecklich, er wünschte sich, dass er ebenfalls getroffen worden wäre, damit er diese Entscheidung nicht treffen musste, welche er sowieso nicht treffen konnte. Es war alles seine Schuld.

 

Am nächsten Tag wachte er erst gegen Mittag auf, er hatte verschlafen, er wäre gerade erst zu der letzten Unterrichtsstunde in der Schule angekommen, aber dafür gab er sich nicht mehr die Mühe. Seine Mutter hatte wohl, als sie in der Früh das Haus verlassen hatte, um zur Arbeit zu fahren, nicht bemerkt, dass er noch schlief. Sein Vater konnte ihn nicht wecken, da dieser nicht da war. Er war Pendler und war daher nur am Wochenende zu Hause. Langsam stand er auf und machte sich auf die Suche nach seinem alten Handy, er brauchte diese Woche ein anderes, da er sein Pfortenhandy ja abgeben musste.

In der einen Schublade von seinem Schreibtisch, welche überfüllt von Sachen war, welcher er nie benutze oder brauchte, fand er es dann, sein altes Handy. Das hatte er noch benutzt, bevor er Wächter geworden war, ja es war alt, beinahe antik, hatte noch nicht einmal einen Touch Display, aber für diese Woche würde es schon reichen. Als er das verknotete Ladekabel auch gefunden hatte, steckte er es zum Laden an, an schließlich steckte er seine Sim Karte ein. Es trafen bloß zwei SMS ein, eine von Jake, ob er denn heute nicht mehr kommen würde und eine sehr lange von Beka.

 

>>Hey… Es tut mir leid, dass ich dich gestern angeschrien habe, es ist nicht deine Schuld, so etwas passiert eben, ich war einfach nur gestresst, weil ich mir Sorgen um Beka gemacht habe. Jedenfalls will ich dir noch sagen, ich habe nichts mit deiner Beurlaubung zu tun, ich habe Sonja wirklich nichts von dem ganzen gesagt, dass musst du mir glauben. Du weißt ich vertraue dir, wir sind zusammen ausgebildet worden und haben uns schon oft genug gegenseitig vor Verletzungen bewahrt. <<

Er hätte nicht gedacht, dass Beka sich entschuldigen würde, hätte mehr damit gerechnet, dass sie weiterhin normal mit einander umgehen würden und das Ereignis nicht mehr ansprechen würden. Schnell schrieb er eine Antwort an sie, danach begab er sich in die Küche. Mit einer heißen Tasse Kaffee in seinen Händen, setze er sich auf die Arbeitsplatte der Küche. In seine Gedanken vertieft, starrte Clay in seine Tasse. Eigentlich sollte er etwas essen, doch er hatte einfach keinen Appetit, seine Gedanken kreisten dauernd um Alicia, seine Beurlaubung und natürlich, wie immer, um Blake.

Noch immer konnte er das Gefühl von seinen Lippen auf seinen spüren, seine Nähe, seine Wärme, das Herzrasen… Er bildete sich ein, noch immer die Musik im Hintergrund zu hören, die weiche Matratze unter sich zu spüren, Blake halb auf ihm, die Arme umeinander verschränkt.

 

Seufzend ließ er seinen Kopf nach hinten fallen und knallte leicht gegen den Küchenschrank, in dem die Gewürze drinnen waren. Clay wusste, was man machen musste, wenn ein Computer überlastet war,  doch was sollte man machen, wenn man selbst überfordert war? Mit Gedanken und Gefühlen, welche sich einfach immer im Kreis drehten? Wie eine Endlosschleife oder die „Repeat“ Einstellung bei einem CD-Player. Ein Plattenspieler, bei dem die Nadel wegen eines Kratzers sprang, man immer wieder dieselbe Stelle des Liedes hörte und sich wünschte, dass endlich jemand die verdammte Nadel von der Platte nehmen würde.

Nachdenklich nahm er einen Schluck von dem Kaffee, zuerst würde er sich etwas frisch machen und sich umziehen, auch wenn er keine Lust dazu verspürte vor die Tür zu gehen, würde er Alicia zu Hause besuchen und sich bei ihr entschuldigen.

 

Eine Stunde später, saß er in Alicias Zimmer, neben ihr auf ihrem Bett und überreichte ihr eine Pizza Schachtel, welche er auf dem Weg noch gekauft hatte.

    „Hier, die ist für dich“.

    „Von Luigis? Wieso nicht von… Oh natürlich, Blake“, normalerweise gingen sie immer zu dem Italiener, bei dem Blake arbeitete, diese war für sie der Beste der Stadt. Doch nach dem Geschehenen wollte er ihm nicht gegenüberstehen.

    „Es tut mir echt leid wegen gestern, ich hätte reagieren sollen, ich bin in letzter Zeit einfach so abgelenkt und fertig, ich… Aber morgen kommst du wieder in die Schule nicht? Ich werde dir natürlich helfen, ich kann deine Sachen tragen, solange du Schmerzen hast und-“, er wurde von ihr unterbrochen.

    „Nicht nötig Clay, ich bin nicht aus Zucker okay? Das werde ich schon aushalten, aber um etwas anderes würde ich dich gerne bitten“.

    „Natürlich, um was geht es denn?“.

    „Larissa zerrt beim Spazieren sehr, normalerweise kann ich mit ihrer Kraft umgehen, aber jetzt werde ich sie wohl nicht richtig halten können“, erklärte sie, „Könntest du diese Woche mit ihr spazieren gehen? Sie ist ein großer Hund, sie braucht die Bewegung jeden Tag“.

Larissa war ein Schäferhund, dementsprechend hatte sie wirklich Kraft.

    „Ähm, klar, dass ist kein Problem“.

    „Super, dann gehen wir zu zweit und du kannst sie nehmen“, grinste sie.

Clay nickte und schaute sich im Zimmer um, sein Blick streifte die Poster, auf welchen Musiker und Schauspieler abgebildet waren, welche er nicht alle kannte. Sie waren gleich neben der riesigen Collage befestigt, die aus unzähligen Fotos von ihrer Clique bestand. Alicia war die einzige aus ihrer kleinen Gruppe, die dauernd Fotos machte, auch die Fotos aus dem Stützpunkt, stammen alle von ihr.

    „Und da wäre noch etwas Clay. Bitte gib dir nicht die Schuld an dem ganzen, in Ordnung? Wir alle machen Fehler, das ist nun mal so, und wir zählen unsere Fehler bei Einsätzen nicht, halten sie den anderen auch nicht vor, keiner kann perfekt sein und wenn man bedenkt, wie viele Einsätze wir manchmal am Tag haben, kann man es auch keinem verdenken. Außerdem will ich gar nicht daran denken, wie oft du schon die Fehler von uns ausgebessert hast. Wir müssen uns alle gegenseitig helfen, wenn wir das nicht tun würden, könnten wir gleich die ganze Einheit aufgeben“, Alicia blickte ihn tief in die Augen, sie wollte wohl unbedingt verhindern, dass er weiterhin darunter leiden würde.

Clay konnte nichts dazu sagen, natürlich war sehr viel Wahres in ihren Worten, doch auch wenn sie es ihm immer und immer wieder sagten, er war sicher nicht ohne Grund beurlaubt worden.

    „Und ich will dir noch sagen… Ich bin die letzte, die dich dafür verurteilt, dass du dich wegen deinem Liebeskummer nicht mehr richtig konzentrieren kannst. Ich meine, ich weiß noch genau, als ich damals welchen hatte und dachte, dass alles zu Ende wäre, warst du derjenige, der mich irgendwie am meisten verstanden hat. Natürlich haben Beka und Jake mich auch trösten wollen, aber du warst irgendwie für mich da und hast einfach versucht mich aufzumuntern… Ich versteh dich, auch wenn du mir nicht genau gesagt hat, was zwischen euch passiert ist“.

Alicias erster und derzeitig auch einziger Freund, war vor ungefähr einem halben Jahr umgezogen, sie waren nicht sehr lange zusammen, doch trotzdem litt sie danach sehr lange daran.

    „Danke, ich weiß das wirklich zu schätzen Alicia“, sie war die erste, die den Unfall mit Zusammenhang von Blake ansprach.

Normalerweise redete er mit Jake über so etwas, doch als dieser da gewesen war, hatte er ihn fortgeschickt. Er wollte noch immer nicht darüber reden, doch trotzdem war er Alicia dankbar, dass sie diese Worte ausgesprochen hatte. In diesem Moment lernte er mal wieder zu schätzen, was für gutmütige Freunde er eigentlich gefunden hatte. Manchmal fragte er sich, ob sie denn auch alle so gut befreundet wären, wenn sie keine Wächter wären… Doch wer wusste schon die Antwort, auf solche Fragen?

    „Und noch etwas Clay. Nutze die Woche, du kannst nicht arbeiten und musst nicht zu Einsätzen. Bleib zu Hause, heul dich aus, schmoll im Bett, stürz dich in einen Sport, schlag dein Zimmer in Schund und Asche oder mach sonst etwas. Aber bau irgendwie deinen Frust ab, steig wieder aufs Pferd und werde wieder zu dem Clay, der du vorher warst. Denn wir vermissen alle den alten Clay, ich meine, der ruhige gefrustete Clay nervt uns jetzt nicht so oft, wie der alte, aber so wie du dich jetzt verhältst kann es nicht weitergehen. Versprich es mir“.

Clay schaute sie überrascht an, wie sollte er ihr das versprechen? Wie sollte er das anstellen? Und war seine schlechte Laune wirklich so stark aufgefallen? Immerhin war er glücklich, als er sich mit Blake getroffen hatte, aber vor und nach den Treffen, war er äußerst gereizt, weil ihm seine Lage immer mehr entkräftet hatte.

Abwartend blickte sie ihn noch immer an, leicht nickte er, er würde sich bemühen, sich endlich einzukriegen und alles abzuharken, auch wenn er bezweifelte, dass es klappen würde.

    „Sag es Clay, ein Nicken reicht mir nicht“, forderte sie ihn auf.

    „Okay, ich verspreche dir, ich werde versuchen wieder-“.

    „Nein, nicht versuchen“, schnitt sie ihm das Wort ab.

    „Na schön, nächste Woche werde ich mich erholt haben und wieder der alte sein, ich verspreche es“.

Er hoffte nur, dass er dieses Verspechen auch halten konnte.

    „Gut, wenn das jetzt geklärt wäre…“, sie öffnete die Pizzaschachtel, „dann lass uns die zweitbeste Pizza der Stadt essen und danach mit Larissa einen langen Spaziergang machen“, meinte sie lächelnd.

    „Okay“, er versuchte ihr Lächeln zu erwidern, es fiel ihm sehr schwer, aber er bekam es hin.

 

Die Woche verzog und Clay versuchte sich zu beschäftigen. In der Schule ging er Blake weiterhin geschickt aus dem Weg, das war seinen Freunden natürlich aufgefallen. Diese hatten immer wieder gemeint, er sollte doch endlich mit ihm reden, weil er ihm nicht für immer aus dem Weg gehen konnte, doch Clay blieb weiterhin stur.

Nach der Schule tat er alles, um sich selbst zu beschäftigen. Er machte lange Spaziergänge durch den Wald, abends mit Alicias Hund, aber manchmal auch alleine. Weil er nicht still rumsitzen wollte, hatte er sogar sein Zimmer aufgeräumt und geputzt, nie hätte er gedacht, dass er dies einmal freiwillig machen würde. Seine Mutter hatte ihn pikiert angestarrt, als sie sein ordentliches Zimmer gesehen hatte.

Außerhalb der Schule, traf er sich mit niemandem, er wollte einfach allein sein, was seine Freunde verstanden. Laufend ließ er seine Gedanken schweifen, lag faul in seinem Bett, hörte die Lieder, welche er mit Blake immer gehört hatte und schlief auch viel mehr als sonst.

Müdigkeit und Lustlosigkeit waren zu einem Dauerzustand geworden, er fragte sich immer wieder, wie er sein Versprechen an Alicia einhalten sollte. Konnte er einfach so von heute auf morgen tun, als ob nichts gewesen wäre? Konnte er das? Dafür müsste er sich selbst und die anderen belügen, aber war es vielleicht besser so? Wenn er so tun würde, als ob es ihm gut ginge, würde es ihm dann vielleicht sogar gut gehen? Nach einer gewissen Zeit?

Viele Menschen hatten schon Liebeskummer und viele haben es überlebt, irgendwann würde dieser Schmerz sicher nachlassen, auch wenn er sich das gerade nicht vorstellen konnte. Diese Schmerzen…

Dieses beklemmende Gefühl, welches er im Herzen trug, dieses Gefühl, dass seine Innereien sich zusammen zogen, dass ihm das Atmen schwer machte, dieser Knoten in seinem Magen…

Das sollte alles wirklich besser werden? Oder würde er sich daran gewöhnen und einfach mit diesem Schmerz weiterleben? Er kam sich lächerlich vor, viele Menschen auf der Welt haben Schlimmeres als er erlebt und diese Menschen haben trotzdem versucht weiterzumachen wie zuvor. Doch was sollte er machen? Was würde ihm helfen die Gefühle zu ignorieren? Wie sollte er Blake vergessen? Konnte er das überhaupt?

 

Als er am Freitag aus der Schule kam, landete er direkten Weges in seinem Bett. Heute war es besonders anstrengend gewesen, für eine Sekunde hatte er nicht aufgepasst und war durch den Gang gegangen, durch den auch Blake musste. Als dieser ihn gesehen hatte, hatte er sofort angefangen ihn zu rufen, doch Clay hatte schnell die Flucht ergriffen und war von dem Gang verschwunden. Blake hatte versucht ihm zu folgen, doch er hatte ihn nach einer Zeit abgelenkt. Dank dieses Zwischenfalls, kam er dann zu spät in die nächste Stunde, doch das war es ihm wert.

Jetzt war er erschöpft in seinem Bett angekommen und vergrub sein Gesicht in seinem Gesicht. Es war bereits Freitag, dass hieß er hatte nur mehr zwei Tage, denn am Montag musste er wieder den Dienst antreten und die monatliche Untersuchung der Wächter hinter sich bringen. Doch leider fühlte er sich dazu noch immer nicht bereit, er musste den anderen wohl etwas vorspielen.

 

Lange lag er da und ließ seine Gedanken schweifen, er wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, doch irgendwann öffnete sich seine Zimmertür und er vernahm die Stimme seiner Mutter.

    „Clay, hast du heute schon wieder Kopfweh?“.

    „Nein… ich bin einfach müde“, murmelte er, konnte sie dabei jedoch nicht ansehen. Seit Tagen schob er seine Lustlosigkeit, auf Kopfweh, Bauchweh oder sonstige Schmerzen, es war kein Wunder, dass seine Mutter sich ernsthaft Sorgen machte.

    „Dein Vater kommt bald nach Hause, ich gehe einkaufen, damit wir etwas Frisches zum Abendessen haben… Brauchst du etwas?“, fragte sie.

>>Ob ich etwas brauche? Ja, ein neues Herz, weil das alte kaputt ist… oder einfach nur Blakes Zuneigung, dann schafft es die alte Pumpe auch <<, dachte er sich.

    „Nein, danke“.

Die Tür schloss sich wieder, später hörte er, wie die Haustür ins Schloss fiel, also dachte er, dass er alleine im Haus wäre, doch wenige Minuten ging seine Zimmertür erneut auf.

Zuerst dachte er, dass seine Mutter etwas vergessen hatte, doch die Stimme, die zu ihm Sprach, war nicht die seiner Mutter.

   „Clay? Deine Mutter hat mich gerade rein gelassen…“, es war eindeutig Blakes Stimme, diese hätte er überall herausgehört.  Verdammt, wie er seine Stimme liebte… Doch Clay blieb wie er war, seinen Rücken Blake zugedreht, sein Gesicht zur kühlen Wand gewandt. Er wollte nicht mit ihm reden, doch es war wirklich schön, seine Stimme zu hören…

    „Was willst du?“, fragte Clay schließlich doch und versuchte so kühl, wie nur möglich zu klingen.

    „Ich… Will schon seit Tagen mit dir reden, doch du antwortest nicht auf meine Nachrichten, gehst mir in der Schule aus dem Weg und nachmittags hatte ich nie Zeit zu dir zu kommen, weil ich arbeiten musste… Doch ich halte es nicht mehr aus, wir müssen das jetzt endlich klären“.

Clay drehte sich im Bett und betrachtete Blake, welcher seine Zimmertür bereits geschlossen und sich gegen diese gelehnt hatte. Auch wenn Blake leichte Augenringe hatte, wirkte er doch so anziehend auf  wie immer.

    „Und heute musst du nicht arbeiten?“, es war Freitag, wie war das möglich?

    „Ich… hab mich krank gemeldet“, gab Blake zu.

Langsam ging Blake auf ihn zu und setzte sich neben ihm auf das Bett.

Stille breitete sich aus, Cay musterte ihn, seine rot-orangen Haare standen wirr ab, schienen nicht so gepflegt zu sein wie sonst, seine Augen wirkten müde und verzweifelt… Die Sache mit Jake und Mel macht ihm also noch immer zu schaffen, nicht weniger als Blake ihn zu schaffen machte.

    „Der Kuss… Du hast ihn erwidert, doch dann bist du aufgesprungen und aus dem Haus gerannt, als hätte dich eine Tarantel gestochen“, als Blake anfing zu sprechen, wendete er seinen Blick ab.

Streng hielt er seinen Blick gesenkt während er sprach:

    „Ist das alles, was du mir sagen wolltest?“.

    „Nein ich… es tut mir leid, ich wollte nicht…“, Blake verstummte.

Es wurde wieder ruhig, Blake sagte nichts mehr. Clay atmete tief durch und suchte nach Worten, es soll der Seele doch angeblich gut tun, wenn man sich aussprach. Konnte er wohl endlich seine Ruhe finden, wenn er Blake die Wahrheit sagen würde? Oder wenigstens einen Teil der Wahrheit?

    „Ich will kein Lückenfüller sein, nur weil du den nicht kriegen kannst, den du willst“, er blieb weiterhin liegen und würdigte ihn keines Blickes, denn wenn er das tat, konnte er ganz leicht schwach werden, alle Gedanken über Bord werfen und sich ihm an den Hals schmeißen. Er hatte versucht mit einer ruhigen Stimme zu sprechen, auch wenn Ruhe das letzte war, was er verspürte.

Blake zog tief Luft ein, als wäre er über seine Worte verwundert, in einem viel zu schnellem Tempo begann er zu antworten:

    „Wieso Lückenfüller? Was meinst du? So ist es doch gar nicht... Es tut mir leid, aber als du gesagt hast, Jake wäre mit Mel zusammen habe ich mich einfach so gefreut, dass ich nicht daran gedacht habe, was ich mache. Ich hoffe das steht jetzt nicht zwischen uns, denn auch wenn ich dich-“.

    „Du hast dich gefreut?“, Clay setzte sich auf und blickte ihn verwundert an.

Wieso freute er sich, dass sein Schwarm glücklich in jemand anderen verliebt war? War er etwa so ein guter Mensch, dass er sich für Jake freute, auch wenn er ihn selbst haben wollte?

    „Ja und genau deshalb hab ich nicht nachgedacht. Du musst das verstehen, die ganze Zeit dachte ich, du und Jake, ihr wärt zusammen und dann sagst du mir so etwas…“, seine Stimme war immer leiser geworden, bis er erneut verstummt war.

Clay blickte ihm tief in die Augen:

    „Also bist du gar nicht in Jake verliebt?“.

Er verstand gar nichts mehr, was war jetzt los? Wieso hatte er sich damals gefreut? Und wie kam er  nur auf den Gedanken, er wäre mit Jake zusammen?

Blake blickte ihn ehrlich verwundert an:     „Wieso sollte ich in Jake verliebt sein? Wie kommst du darauf?“.

 

War er nicht? Wirklich nicht? In wen dann? Konnte es vielleicht sein, das Blake in ihn verliebt war?!  Nein, das war unmöglich! Auch wenn er es nicht für möglich hielt, fing sein Herz jetzt doch wieder an unkontrolliert zu rasen.

    „Du hast mich die ganze Zeit nach ihm gefragt. Wenn du nicht in Jake verliebt bist, in wen dann?“, er war einfach zu verzweifelt, er wollte es jetzt von ihm hören und nicht mehr irgendwelche Schlussfolgerungen machen. Offensichtlich konnte er sich auf sein Gehirn diesmal nicht verlassen.

Blake schüttelte den Kopf und setzte sich näher an ihn ran, sein Geruch schlug Clay entgegen, Wärme breitete sich in ihm aus. Wie er seine Nähe doch vermisst hatte, auch wenn es nur für einige Tage war.

    „Kannst du dir das nicht denken? Du bist doch so schlau, jetzt denk mal ganz scharf nach. Ich hab mich gefreut, dass du nicht mit Jake zusammen bist und da er es nicht ist, in den ich verliebt bin, bleibt doch nur mehr eine Person oder?“.

    „Nach solchen Missverständnissen, vertraue ich meinem Verstand nicht mehr ganz“, gab Clay leise zu. Noch dazu war sein Gehirn gerade viel zu sehr von Blakes Nähe vernebelt, um einen logischen Gedanken zu fassen.

 

Blake fing an zu grinsen, noch bevor  Clay reagieren konnte, hatte er ihn am Nacken gepackt, ihn zu sich gezogen und seine Lippen auf seine gedrückt. Zuerst war Clay überrascht, doch dann erwiderte er die Geste.

Auch wenn sein Herz zuvor schon gerast hatte, wurde es jetzt sogar noch viel schneller, langsam hatte er Angst, dass es gleich aussetzten würde, doch dann würde er wenigstens glücklich sterben.

    „Kannst du es dir jetzt denken?“, fragte Blake leise, und lehnte seine Stirn gegen seine, Blakes Hände waren immer noch hinter Clays Nacken verschränkt.

    „So ziemlich“, murmelte dieser, der Schmerz, welchen er schon so lange verspürte verschwand und endlich kam das Herzrasen und Bauchkribbeln wieder, egal wie nervig er es einst fand, jetzt fand er das Gefühl um so schöner.

    „Und du?“, hauchte Blake fragend, er konnte seinen warmen Atem in seinem Gesicht spüren, sofort machte sich Wärme in seinem Köper breit, er kannte dieses Gefühl von direkter Nähe noch nicht, doch er begann es sehr zu mögen.

    „Was ich?“, fragte er und war sich sicher dümmlich zu lächeln, wie sollte er klar denken können, wenn sie sich so nahe waren?

    „In wen bist du verliebt?“, fragte Blake nun deutlicher.

    „Um deine Worte zu wiederholen: >>Kannst du dir das nicht denken?<<“, fragte Clay grinsend.

    „Ich möchte es aber von dir hören, nur um sicher zu sein… Immerhin bist du aus meinem Zimmer gestürmt, als ich mich dir genähert habe“.

Clay gab ihm einen kurzen Kuss, aus seiner Erwiderung holte er sich erneut seine Bestätigung.

    „Du willst die Wahrheit hören? Seit Monaten denk ich nur an dich, ich kann nicht mehr arbeiten, kann nicht lernen, kann einfach gar nichts tun ohne, dass du in  meinem Kopf rumspukst. Deshalb bin auch immer so müde, ich kann nachts wegen dir nicht schlafen. Und die letzten Wochen waren einfach die Hölle, weil ich dachte du benutzt mich nur, um an Jake ranzukommen“, Blake konnte ruhig die Wahrheit wissen, der Moment war gekommen, an dem Clay einfach Klarheit haben wollte.

    „Meinst du das ernst? Und wieso bist du dann abgehauen?“, Blake blickte ihn prüfend an.

    „Ich dachte, du wärst traurig, weil Jake vergeben ist und dass du mich geküsst hast, um darüber irgendwie hinwegzukommen“.

    „Wieso denkst du so etwas?“.

    „Du hast mich eben immer nach ihm gefragt und… ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass du meine Gefühle erwidern könntest“.

    „Das hab ich doch nur, weil ich gesehen habe, dass ihr euch sehr nahe steht und ja, weil ich dachte ihr wärt zusammen, außerdem… Wie kann jemand, der dich kennt, sich nicht sofort bis über beide Ohren in dich verlieben?“.

Clay hatte sich wohl nie so glücklich gefühlt, nach keinem bestandenen Test, nach keinem Einsatz, wegen keines Geschenkes, dieses Glück toppte alles Bisherige.

    „Wir sind vielleicht welche… Jake sieht doch gar nicht so gut aus, dass wir beide denken, der andere würde auf ihn stehen“, meinte Blake.

    „Wie lange schon?“, Clay wollte wissen, seit wann Blake in ihn verliebt war.

    „Ich schätze irgendwie schon immer, ich habe es nur nicht verstanden“, gab Blake zu.

 

Clay legte seine Arme um ihn und zog ihn eng an sich und blickte ihm in seine Augen. In diesen lag keine Spur mehr von Verzweiflung und Müdigkeit, ganz im Gegenteil, die hellbraunen Augen strahlten ihn gerade zu an.

Alles war ausgesprochen, es gab keine Missverständnisse mehr, sie beide waren glücklich, obwohl Clay es noch immer nicht ganz glaubte.  Langsam kam er seinem Gesicht noch näher und legte seine Lippen auf Blakes, dieser erwiderte den Kuss sofort und drückte sich noch näher an ihn. Clay ließ sich langsam nach hinten fallen, sodass Blake auf ihm lag. Sie pressten sich so eng einander wie nur möglich, als ob sie beide denken würden, dass das alles nicht wahr sein konnte. Ihre Lippen wollten sich nicht von einander lösen, doch dass mussten sie auch nicht. Clay hatte sich in den letzten Wochen gefühlt, als ob er durch die Hölle gehen würde, doch dafür war er jetzt in seinem persönlichen Himmel angelangt, in dem Blake in ihn verliebt war und sie beide zusammen glücklich waren.

 

Er wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, doch irgendwann lagen sie nahe beieinander und schwiegen, als ob sie beide ihren Gedanken nachhängen würden. Clay hatte Blake mit dem Rücken an seine Brust gezogen, seinen rechten Arm um ihn geschlungen und auf seinem linken Arm war Blakes Kopf gebettet. Immer wieder verteilte er Küsse auf Blakes Hals, jedenfalls an den Stellen an die er trotz seines T-Shirts erreichen konnte.

    „Clay?“, fragte Blake leise.

    „Hm?“, brummte er während er seine Nase in Blakes Haaren vergrub.

    „Ich hab es meinem Dad noch immer nicht gesagt… Ich kann mir seine Reaktion nicht ausmalen und habe deshalb Angst… Es darf also niemand merken, dass wir… Dass du…“.

    „Dass wir zusammen sind?“, fragte er nach, der Gedanke sich vor anderen zu verstecken gefiel ihm nicht, jedoch die Tatsache, dass sie zusammen waren um so mehr.

    „Ja, es tut mir leid, ich verstehe, wenn dir das zu dumm ist“.

Clay schlang seinen Arm enger um ihn:

    „Es gefällt mir nicht, aber ich verstehe, dass du das nicht von heute auf morgen kannst“.

    „Danke… Aber deinen Freunden kannst du es natürlich sagen“.

    „In Ordnung“, er versuchte sich auszumalen wie alle reagieren würden, ehrlich gesagt konnte er sich nicht ganz vorstellen, auch wenn er alle viel zu gut kannte. Sie würden sich freuen, natürlich, aber er wusste nicht recht, was sie sagen würden… Vor allem Mels Reaktion konnte er sich nicht vorstellen, immerhin wusste diese noch gar nicht, dass Clay schwul war.

    „Außerdem… Ich glaube etwas muss ich dir da noch sagen“.

    „Was denn? Solange du keine Alibifreundin haben willst, ist mir fast alles recht“.

    „Nein, das nicht. Das am Samstag, also als wir in meinem Zimmer waren… Das war mein erster… Kuss“, er sprach ziemlich zögernd, als ob es ihm peinlich wäre. Das letzte Wort hätte er wohl nicht verstanden, wenn er nicht in seiner unmittelbarer Nähe gewesen wäre.

    „Bereust du es?“, wollte Clay gleich als erstes wissen. 

Es war wohl nicht gerade der ersehnte erste Kuss, wenn der andere danach sofort das Weite suchte, er konnte es verstehen.

    „Was bereuen?“, fragte er verwirrt.

    „Dass du deinen ersten Kuss mit mir hattest“.

    „Was? Nein! Natürlich nicht! Ich dachte nur, dass du es vielleicht wissen willst… Wie war dein erster?“.

    „Nicht wirklich nennenswert. Es war mit einem Mädchen, sie mochte mich und ich war mir damals nicht sicher ob ich auf Jungs oder Mädchen stehe. Nach dem Kuss war ich mir dann sicher“.

    „Hm… und dein erster mit einem Jungen?“.

    „Nunja, der war total anders. Es war ein Junge den ich sehr mochte, deshalb…“.

Clay konnte fühlen wie Blake sich in seinen Armen versteifte.

    „Wann war das?“.

    „Vor ungefähr einer Woche, in deinem Zimmer, dabei lief im Hintergrund ein Seether Album“.

Blake entwich ein leises Lachen und er schlug Clay leicht auf seinen Arm, es wirkte sehr nach Erleichterung.

    „Und noch etwas solltest du wissen, dann sind wir für die nächste Zeit durch mit den Geständnissen“.

    „Okay lass hören“, meinte Clay schmunzelnd und vergrub sein Gesicht in seiner Halsbeuge.

    „Da ich erst meinen ersten Kuss hatte, bin ich nicht wirklich bereit viel mehr zu tun… also… Sex oder sonstiges, das…“, seine Stimme war wieder so leise geworden. Das war eines der Sachen die er an ihm begann zu mögen, immer wenn ihm etwas unangenehm war, sprach er dies nur sehr leise aus, Clay fand es süß.

    „Was das angeht, haben wir alle Zeit der Welt, okay? Mach dir keine Sorgen, aber… Küssen und Kuscheln ist doch erlaubt oder?“.

Blake drehte sich in seinen Armen zu ihm um und lehnte seine Stirn wieder gegen seine:

    „Ja. Danke, dass du das so verständnisvoll bist“.

Bevor Clay etwas erwidern konnte, presste Blake auch schon erneut seine Lippen auf seine eigenen. Daran konnte er sich gewöhnen, durchaus. Eng schlangen sie ihre Arme umeinander und drückten sich so fest, wie nur möglich. Es war ein wirklich schönes Gefühl, er konnte sich nicht vorstellen, darauf zu verzichten.

 

Sie waren beide so abgelenkt, dass sie gar nicht mitbekamen, dass jemand an die Tür klopfte, sehr wohl aber, als eine tiefe, männliche Stimme sich entschuldigte.

    „Oh… Entschuldigung, ich wollte Clay eigentlich nur sagen, dass es jetzt Abendessen gibt“.

Sofort lösten sich die beiden voneinander und rückten auseinander. Geschockt blickte Clay seinem Vater entgegen, dieser jedoch schien ziemlich gelassen, auch wenn er gerade seinen Sohn dabei erwischt hatte, wie er seinen Freund aus Kindheitszeiten küsste.

    „Blake, willst du auch zum Abendessen bleiben? Wir haben Platz genug“, bot sein Vater an.

    „Ich ähm… will mich nicht aufdrängen“, murmelte dieser verlegen.

   „Ach was, du bist immer gerne willkommen“, winkte sein Vater ab und drehte ihnen den Rücken zu, bevor er jedoch das Zimmer verließ, drehte er sich noch kurz um.

    „Weiß deine Mutter schon davon?“, fragte er an Clay gewandt, welcher den Kopf schüttelte.

    „Okay, von mir wird sie es nicht erfahren, sagt es ihr, wann ihr es für richtig hält“, meinte er noch, bevor er das Zimmer verließ.

 

Sofort atmeten beide aus, sobald die Zimmertür ins Schloss fiel.

    „Also… mein Vater weiß es jetzt leider, kann man nichts machen“.

    „Er wird es doch nicht meinem Dad sagen oder?“, Blake blickte ihn leicht panisch an.

    „Ach was, du hast ihn ja gehört. Er wird es nicht mal meiner Mutter sagen… Aber, der könnten wir es ruhig anvertrauen“, meinte Clay.

    „Glaubst du?“.

    „Sie wird genauso lässig reagieren wie mein Vater eben“, meinte er, jedenfalls glaubte er das. Seine Mutter mochte Blake, also würde sie sich sicher freuen.

    „Das Abendessen wird jetzt sicher lustig“, vermutete Clay, während er aufstand.

    „Wieso?“.

    „Dad kommt ja nur Wochenends heim, deshalb hat er immer viel zu erzählen und da er das jetzt weiß, wird er uns wohl wissend anblicken während er erzählt und Mom wird nicht verstehen, was los ist“.

    „Oh“, Blake schaute nicht gerade begeistert.

    „Ach komm schon, du hast doch schon oft mit uns zu Abend gegessen“, Clay nahm seine Hand, um ihn aus dem Bett zu ziehen.

    „Ja aber, das fühlt sich jetzt irgendwie anders an“.

    „Na weil es anders ist“, Clay lächelte ihn an.

    „Du hast Recht. Es ist kein Abendessen mit einem Freund und seinen Eltern, sondern mit >>meinem<< Freund und seinen Eltern“.

    „Genau“, Clay küsste ihn kurz und schubste ihn dann Richtung Tür, „Und jetzt komm, du weißt ja wie gut meine Mutter kochen kann!“. 

Das ganze Abendessen über, blickte Clays Vater sie lächelnd an, sagte dazu jedoch nichts und seine Mutter schien den diese Blicke nicht zu bemerken. Nach dem Abendessen unterhielten sie sich etwas, mit seinen Eltern, dann brachte Clay ihn noch vor die Tür.

     „Also dann…“, murmelte Blake unverständlich und blickte zu Boden.

War er jetzt etwa schüchtern? Das war er den ganzen Abend doch nicht mehr gewesen.

    „Sehen wir uns morgen?“, fragte Clay.

Blake hob seinen Blick wieder:

    „Ich muss das Wochenende arbeiten“.

    „Oh… Schade“.

    „Ja…“, es breitete sich wieder Stille zwischen den beiden aus.

Früher war so etwas nie vorgekommen, die Stille lag schwer in der Luft, als ob beide etwas sagten wollten, es aber nicht konnten. Clay überlegte, wie er sich von ihm verabschieden sollte, jetzt da sie zusammen waren, war ja vieles anders als vorher. Nach mehreren Minuten Stille, in der Blake ihn abwartend angesehen hatte, schüttelte Clay den Kopf über sich und nahm Blake einfach in den Arm.

Früher hatte er sich dies immer gewünscht und jetzt konnte er dies einfach machen, Blake wusste was er für ihn empfand, er empfand ja sogar dasselbe.

Clay bemerkte glücklich, dass Blake seine Umarmung erwiderte.

    „Ich freu mich, dass du heute hergekommen bist und wir das geklärt haben“, hauchte er in das Ohr des anderen.

    „Ich mich auch, hat mich viel Überwindung gekostet“, gab Blake zu.

    „Mhm“, Clay gab ihn einen Kuss auf die Stirn, „Mach´s gut, ich schreib dich morgen an ja?“.

Blake nickte grinsend:

    „Okay, ich werde versuchen trotz der Arbeit zu antworten“.

Als Blake losging, blieb Clay noch etwas draußen stehen und blickte ihm lächelnd nach, an dieses Glücksgefühl konnte man sich schnell gewöhnen. Seine Mutter stand ihm gegenüber und blickte ihn wissend an, als Clay wieder ins Haus kam.

 

    „Gibt es da etwas, das du mir sagen willst?“.

    „Hast du uns etwa beobachtet?“, fragte Clay verblüfft, das hätte er seiner Mutter niemals zugetraut.

    „Ja, aber nur, weil du heute beim Abendessen wieder gelächelt hast, ich habe dein Lächeln schon lange nicht mehr gesehen“, meinte sie.

Also hatte sie beim Abendessen doch bemerkt, dass etwas anders war.

    „Na schön, wir sind jetzt sowas wie zusammen“, erklärte er kleinlaut.

    „Sowas wie?“, hakte sie nach.

    „Ja, wir wollen es noch nicht an die große Glocke hängen“.

    „Ihr oder er?“.

    „Was meinst du?“.

    „Er will es niemandem sagen oder wollt ihr beide das?“.

    „Er kann sich noch nicht outen“.

    „Noch nicht?“, hackte sie nach.     „Mama jetzt lass es okay? Ich hab in der Schule ja noch auch niemanden gesagt, dass ich schwul bin, das hat noch Zeit. Freu dich doch einfach für mich“.

    „Das tu ich doch, wirklich. Ich hoffe nur, dass es nicht damit enden wird, dass er es nie zugeben wird und dich damit verletzt“.

    „Keine Sorge, das hat wirklich noch Zeit, wir sind ja erst seit heute zusammen“.

    „Na schön, ich hab mir nur Sorgen gemacht. Ich freu mich wirklich, ich dachte mir schon, dass du in den letzten Tagen nicht nur einfach Kopfweh hattest“.

    „Du kennst mich eben, ahja Dad weiß es auch schon“.

    „Wieso hast du es ihm gesagt und mir nicht?“, fragte sie verwundert.

    „Ich musste, er ist ins Zimmer geplatzt und wann hätte ich es dir sagen sollen, es ist doch erst seit heute Nachmittag so“.

    „Okay“, seine Mutter nickte zufrieden, „da wir das besprochen haben, kannst du ja jetzt den Geschirrspüler aus- und einräumen“.

 

In dieser Nacht schlief er so gut wie schon lange nicht mehr, er lag nicht die ganze Nacht wach und litt still vor sich hin, sondern schlief mit einem Lächeln auf den Lippen ein und träumte so wie immer von Blake, nur dass es diesmal kein Albtraum sondern ein schöner Traum war. Am nächsten Tag schrieb Clay den Rest der Einheit an, und organisierte ein Treffen in der Pizzeria, in der Blake arbeitete, denn in den Stützpunkt durfte er ja bis Montag noch nicht kommen. Auch wenn seine Freunde etwas verwundert waren, sagten sie doch alle zu.

Als er in der Pizzeria ankam, saßen bereits alle an einem der größeren Tische und unterhielten sich. Trinken und Gläser standen bereits auf dem Tisch. Clay grüßte alle und setzte sich lächelnd an dazu, Blake hatte er bis jetzt noch nicht im Laden entdecken könne, er war wahrscheinlich noch in der Küche. Da es erst Mittag war, waren kaum Gäste hier, die meisten kamen erst gegen Nachmittag.

    „Hey, wir haben das Essen schon bestellt, die Diabolo Pizza passt dir doch oder?“, fragte Jake als Clay sich gesetzt hatte.

    „Klar, was sonst?“, diese bestellte er immer.

    „Also Leute, ich habe schon seit Tagen nicht mehr mit euch geredet, entschuldigt nochmal, dass ich mich zurückgezogen habe.  Was hab ich denn verpasst? Wie war dein Gespräch mit den Begutachtern des hohen Rates?“, fragte er Mel.

    „Clay du hättest sie sehen sollen, die Begutachter waren ganz blass, nachdem Mel mit ihnen geredet hat“, erzählte Alicia.

    „Wieso denn das?“.

    „Sie hatten ihnen einfach so ihre Forderungen aufgelistet und sie konnten bei keinem Punkt widersprechen“, Alicia klang ziemlich begeistert, Mel musste das gut gemeistert haben.

    „Welche Forderungen?“, wollte er wissen.

    „Naja, mein Vater hat mir all meine Rechte beigebracht. Meine Eltern haben monatlich etwa an den Rat gezahlt, als eine Art Versicherung für mich, falls ihnen etwas zustoßen sollte. Sie müssten eigentlich bis ich volljährig bin und einen Job habe, alles für mich zahlen“.

    „Eigentlich?“.

    „Ja, ich wollte nicht so sein. Jetzt müssen sie eine Wohnung für mich kaufen, die Möbel alles andere notwendige dafür bezahlen, die monatlichen Fixkosten für die Wohnung übernehmen und für die Schulkosten aufkommen. Ich hab beschlossen mir einen Job zu suchen und für mein Essen und Kleidung selbst zu bezahlen“.

    „Wow, Respekt. Das klingt nach einem richtigen Plan. Aber darfst du wirklich alleine wohnen?“.

    „Normalerweise nicht, aber ich lasse mich vom Rat für vorzeitig Volljährig erklären“.

    „Glückwunsch, du scheinst ja wirklich an alles gedacht zu haben“.

    „Das muss ich, ich will niemanden auf der Tasche liegen“, erklärte sie und nahm einen Schluck von ihrem Trinken.

    „Find ich echt cool von dir, dass du so selbständig sein willst“, meinte Beka.

    „Danke, jetzt muss ich mir nur noch einen Job suchen und es ist alles erledigt. Die Gutachter haben gemeint, sie suchen bis Ende nächste Woche eine geeignete Wohnung“.

    „Einen Job? Bewirb dich doch hier, in der Pizzeria suchen sie noch jemanden, der den Kellnern zur Hand geht“.

    „Wirklich?“, Mel wirkte sofort interessiert.

Clay nickte bestätigend:

    „Frag doch die Bedienung, wenn sie wieder da ist“.

    „Ich hoffe der Job ist noch zu haben“.

    „Das weiß ich leider nicht“.

    „Hm…, ich werde mal fragen“.

 

    „Was gibt es sonst neues? Wie war die monatliche Begutachtung? Wurden neue Rekorde aufgestellt?“, fragte er in die Runde.

    „Oh ja, dass hättest du sehen sollen“, fing Alicia wieder an zu erzählen.

    „Was war denn?“.

    „Mel hat mich geschlagen, beim Langstreckenlauf war sie um eine Minute schneller als ich am Ziel. Und bei den Schießübungen ist sie gleich auf wie ich“, erklärte Jake, schien  sich aber nicht darüber zu ärgern.

    „Und mich hat sie bei den Nahkampf Übungen übertroffen“, erzählt Alicia.

    „Ja, nur bei dem theoretischen Teil liege ich noch immer vorne, sonst hat sie uns überall übertroffen“, beteiligt sich nun auch Beka an dem Gespräch, die bis jetzt in ihr Handy vertieft war, welches sie nun in ihrer Hosentasche verstaute.

    „Wow, kaum bist du da, übertrumpfst du uns fast alle. Du bist wirklich eine gute Wächterin“.

    „Mein Vater hat mich von klein auf darauf trainiert, ich habe Jahre von Training Vorsprung also ist es anderen gegenüber eigentlich unfair“.

    „Du hast dir das alles hart erarbeitet Mel, das ist sehr wohl fair“, entgegnete Beka.

 

Bevor Mel wiedersprechen konnte, tauchte Blake an dem Tisch auf, mit einem großen Tablett in der Hand, auf dem er mehrere Bestellungen hatte.

    „So, einmal Gemüselasagne für Mel, Spaghetti Carbonara für Alicia, Tortellini für Beka und Jake“, während Blake die Gerichte auflistete stellte er sie vor den besagten Personen ab, „und last but not least, eine Pizza Diavolo für Clay“.

Clay packte Blakes Hand, als dieser den Teller vor ihn hinstellte und zog ihn an dieser nah zu sich hin. Blake blickte ihn, von dieser Aktion überrascht, an, dann drückte Clay ihn einen sanften Kuss auf die Schläfe.

Blake grinste, blickte sich kurz im Restaurant um, um sich zu vergewissern, dass niemand von ihrer Schule da war und gab Clay dann einen Kuss auf die Wange.

    „Die Pizza geht aufs Haus“, murmelte Blake leise.

    „Nur wenn ich dir Trinkgeld geben darf“, entgegnete Clay ebenfalls leise und erwiderte Blakes Grinsen.

    „Gerne, wenn dieses Trinkgeld wieder aus einem Eisbecher besteht“.

    „Aber nur wenn du das Eis nicht selbst bezahlst“, entgegnete Clay wieder.

    „In Ordnung“, Blake gab ihn einen weiteren Kuss auf die Wange.

    „Guten Appetit“, wünschte Blake dann etwas lauter, als er sich wieder aufgerichtet hatte und alle Augenpaare von dem Tisch auf ihn gerichtet waren.

Danach verschwand er flott zurück in die Küche, Clay blickte ihn eine Zeit lang lächelnd hinterher. Niemand aus dem Restaurant schien sie beobachtet zu haben, außer natürlich seine Freunde. Diese blickten ihn gerade teils grinsend und teils verwundert an.

Jake klopfte ihn stolz auf die Schulter:

    „Wurde auch Zeit“.

    „Ihr seid irgendwie süß zusammen“, meinte Mel.

    „Clay, willst du uns nicht irgendwas sagen?“, fragte Beka.

    „Nunja… Ich glaube ich muss dazu nichts mehr sagen oder?“.

    „Wir würden es gerne aus deinem Mund hören“, entgegnete Alicia zwinkernd.

    „Okay, also Blake und ich sind jetzt zusammen. Eigentlich wollten es wir noch niemanden sagen, aber ihr dürft es natürlich wissen“.

    „Glückwunsch!“, kam es fast gleichzeitig von allen.

    „Wie kam es dazu? Los, ich will die Details hören“, forderte Alicia ihn sofort auf zu erzählen.

    „Nun ja, er ist gestern zu mir gekommen, um ein paar Missverständnisse mit mir zu klären, da hat eines zum anderen geführt und ja, den Rest könnt ihr euch denken“.

    „Was ihr habt schon …?“, Alicia sprach die Frage nicht ganz aus, doch jeder wusste was sie meinte.

     „Nein, wir lassen es langsam angehen“, erklärte er und machte sich über das erste Stück seiner Pizza her.

    „Na dann hoffe ich, dass du jetzt bei den Einsätzen nicht mehr so abgelenkt sein wirst“, kam es von Beka.

    „Nein, denn ab jetzt muss ich mir nicht mehr dauernd den Kopf zerbrechen“, sagte Clay gut gelaunt.

 

Clay verbrachte den ganzen Tag in der Pizzeria, die anderen mussten am Nachmittag zu einem Einsatz und kamen danach nicht mehr zurück. Während Blake arbeitete machte Clay seine Hausaufgaben, welche er mitgenommen hatte. Wenn Blake Pausen hatte oder gerade niemanden bedienen musste, redeten sie mit einander, doch als der „große Ansturm“ wie Blake es nannte, kam, hatte er keine Zeit mehr für ihn. Zwischendurch hatte Clay ihn gefragt, ob Mel auch im Restaurant arbeiten könnte. So hatte Blake ein Vorstellungsgespräch für Mel organisiert, sie würde am Montag mit seiner Chefin reden.

 

Nach Blakes Feierabend, hatte Clay ihn noch nach Hause begleitet, nun war er in Blakes Zimmer, lag gemütlich auf dessen Bett und wartete auf ihn. Blake war kurz aus dem Zimmer gegangen, um sich umzuziehen, seine Arbeitskleidung war wohl auf Dauer nicht mehr ganz bequem. Vorhin hatte ihn Beka angeschrieben, um ihn mitzuteilen, dass seine monatliche Begutachtung schon morgen stattfinden würde, also musste er heute früh ins Bett, damit er für morgen fit war.  Clay wurde bereits leicht nervös, normalerweise schaffte er die Begutachtung immer locker, doch da er eine Woche aus dem Dienst suspendiert worden war, hatte er Angst, dass er etwas verlernt hatte oder der Begutachter auf Grund seiner Suspendierung strenger zu ihm sein würde, als er sollte.

Clay wurde aus seinen Gedanken gerissen, als Blake wieder ins Zimmer kam, statt seiner Arbeitskleidung trug er nun eine schwarze Jogginghose und eine einfaches graues T-Shirt. Selbst in diesen bequemen Klamotten wirkte er anziehend auf ihn. Blake schloss die Tür hinter sich und schaltete die Musik Anlage an, bevor er sich neben Clay in das Bett legte.

    „Welche Band ist das? Ich erkenne es nicht“.

    „Finch, das Album ‚What it is to burn‘, ich glaube ein Lied davon hast du schon gehört. ‚Letters to you‘“.

    „Achso ja… Ich dachte du findest nirgendwo ein Album von ihnen?“.

Blake fing an zu grinsen:

    „Ich habe meinen Bruder eine Woche lang angebettelt, damit er es mir aus seiner alten Sammlung gibt“.

    „Oh…“.

Eine Weile lang lauschten sie beide der Musik, gerade waren sie bei dem Lied ‚Without you here‘.

Blake wirkte ziemlich müde, es wunderte Clay nicht, es war heute wirklich viel los gewesen in der Pizzeria, hoffentlich würde es ihn leichter fallen, wenn er nicht mehr alleine dort arbeiten musste. Die beiden lagen nicht weit voneinander entfernt, jedoch berührten sie sich nirgendwo, Blake blickte ihn zwar in die Augen, versuchte jedoch nicht ihm näher zu kommen. Clay gab sich einen Ruck und zog Blake in seine Arme:

     „Stört dich doch nicht oder?“, fragte er jedoch sicherheitshalber nach.

    „Ganz und gar nicht“, murmelte Blake und lehnte seinen Kopf an Clays Schulter.

Clay ging es erneut durch den Kopf, sie waren jetzt zusammen, das hieß er dürfte ihn jetzt öfter im Arm halten, ein Teil von ihm glaubte das noch immer nicht ganz. Langsam schloss er die Augen und atmete Blakes Duft ein. Es fühlte sich einfach toll an, ihn im Arm zu halten, ihn zu fühlen, seinen Duft zu spüren, mit dieser Musik im Hintergrund, die sie irgendwie beide mochten.

Blake murmelte etwas, jedoch verstand Clay es nicht, weil er zu leise gewesen war.

    „Wie bitte?“.

    „Du hast keine Ahnung, wie oft ich mir das schon gewünscht habe“, sagte er diesmal deutlicher.

    „Was denn?“, Clay strich ihm durch seine seidigen Haare, Blake hob seinen Kopf und blickte ihn erneut in die Augen. Diese hellbraunen Augen raubten ihn manchmal wirklich den Verstand.

    „Dass du mich einfach so in deinen Armen hältst, wir so gemütlich rumliegen, Musik hören… Das wir einfach zusammen sind… Verdammt, dass klingt echt kitschig“, beschämt vergrub er sein Gesicht tief in Clays Halsgrube. 

Sofort wurde Clay warm ums Herz, er hatte sich also auch oft Gedanken um ihn gemacht.

    „Das tut es nicht… Na gut vielleicht schon, aber ich verstehe was du meinst“.

Er drückte ihn einen sanften Kuss auf die Stirn, wortlos schlang Blake seine Arme um Clays Nacken.

Noch vor ein paar Tagen hätte Clay sich nie vorstellen können, Blake überhaupt vor die Augen zu treten und jetzt lagen sie einfach so da. Ob es Schicksal, eine höhere Macht oder einfach nur vom Zufall bestimmt war, er war unglaublich dankbar dafür.

Wenig später bemerkt er, das Blake eingeschlafen war, es wunderte ihn nicht, Blake war wirklich erschöpft von der Arbeit gewesen.

Vorsichtig, ohne ihn zu wecken, löste er sich von ihm und deckte ihn zu. Langsam kam er sich lächerlich vor, so wie in kitschigen Liebesfilmen, da beobachteten die Verliebten ja auch oft den anderen, während dieser schlief.

Lange ließ er sich aber nicht dazu hinreißen, sondern schlich sich leise aus dem Zimmer, nachdem er die Anlage ausgeschaltete hatte. Zuerst dachte er, er würde seinem Vater auf dem Hausflur begegnen, aber dieser schien wohl in seinem Arbeitszimmer zu sein und weiterhin an seinem neuen Buch zu schreiben. Noch immer mit einem Lächeln im Gesicht verließ er das Haus und machte sich auf dem Weg nach Hause.

 

Nervös saß Clay dem Begutachter entgegen, sie saßen beide im Stützpunkt, die letzen Stunden hatte Clay die Begutachtung hinter sich bringen müssen, der Herr von dem Hohen Rat blickte gerade vertieft auf sein Klemmbrett und wertete seine Ergebnisse aus. Clay konnte nicht anders als ihn gespannt dabei zuzuschauen, auch wenn der Mann davon sicher genervt war, sich aber nichts anmerken ließ. Normalerweise schafften die Wächter die Begutachtung mit links, aber nach einer Woche Pause war Clay schon etwas eingerostet, wie er selbst bemerkt hatte.

    „Nun…. Sie haben bestanden, auch wenn Ihre Leistungen etwas zurückgegangen sind. Beim Langstreckenlauf haben Sie sich um fünf Minuten verschlechtert…,“, die Laufstrecke war mitten im Wald, selbst Jake, welcher der schnellste von ihnen war, brauchte zwei Stunden für die Strecke, „bei den Schieß und Ziel Übungen sind Sie ziemlich gleich geblieben. Beim Nahkampf hat man bemerkt, dass Ihre Reaktionszeit etwas nachlässt und auch bei dem Theoretischen Teil, haben Sie länger mit den Antworten gezögert als bis jetzt… Wir können es mit Ihrer Nervosität begründen oder mit Ihrer Beurlaubung. Hoffentlich sind Sie nächsten Monat wieder besser unterwegs. Aber es reicht aus, Sie können den Dienst wieder antreten“.

Somit stand der Begutachter auch schon auf und reichte Clay die Hand:

    „Ihre Waffe und Ihr Pforten Handy können Sie sich bei Ihrer Mentorin abholen. Bis nächsten Monat, auf Wiedersehen“.

Clay verabschiedete sich ebenfalls und begleitete den Begutachter noch bis zur Tür, kaum war dieser draußen, stürmten die restlichen Wächter auch schon hinein, samt ihrer Mentorin.

    „Und? Wie hast du abgeschnitten?“, fragte Alicia sofort.

    „Nun ja, ich habe leicht nachgelassen, aber ich bin wieder im Dienst“.

    „Großartig, dann kannst du ja die Berichte diese Woche übernehmen, damit auch dort nicht nachlässt“, schlug Beka vor, obwohl es viel mehr nach einem Befehl klang.

    „Das wird nicht nötig sein, denn das kann man gar nicht verlernen“, wollte Clay sich rausreden.

     „Das du es nicht verlernt hast, kann du damit beweisen, dass du die Berichte übernimmst“, fiel nun auch Jake ihm in den Rücken.

   „Wollt ihr mich wirklich alle dazu verdonnern?“, als er in die Runde blickte, sahen ihn nur alle nickend entgegen.

    „Na schön, ich setz mich dann an den Computer, bitte sagt mir, dass ihr nicht  verstellt oder gelöscht habt“.

    „Naja, da du nicht da warst, hat Alicia deinen Part übernommen“, klärte ihn Mel auf.

    „Wie meinst du das, übernommen?“.

    „Jemand muss doch immer am PC Sitzen, die Überwachungskameras checken und so weiter, dass hat Alicia gemacht“.

    „Machen wir es kurz und schmerzlos, wie viel hast du kaputt gemacht?“, wendete er sich an Alicia.

    „Nur ein zwei Kleinigkeiten, ich habe mich bei manchen Sachen nicht ausgekannt und fragen konnte ich dich ja nicht“.

Seufzend ließ Clay seinen Kopf sinken:

    „Toll… Egal, dann gehe ich und rette was noch zu retten ist“, murmelte er leise und wendete sich seinen Computer zu.

     „Warte, bevor du das tust, muss ich dich noch offiziell in den Dienst einweisen. Hier sind deine Waffe und dein Pforten Handy“, Sonja überreichte ihm die genannten Sachen.

    „Ich hoffe, dass ich dich nie wieder beurlauben muss“, fügte sie hinzu, als er die Sachen angenommen hat.

    „Musst du nicht, ich werde mich bemühen“.

Den Rest des Tages verbrachte Clay an seinem geliebten Computer, er musste sich eingestehen, dass er diesen wirklich vermisst hatte.

Als er fertig war, waren bereits alle anderen Wächter verschwunden, er war der letzte der den Stützpunkt verließ. Draußen fing es gerade an zu regnen, zum Glück hatten sie im Stützpunkt mehrere Regenschirme zur Verfügung. Mit einem Blick auf sein Handy, bemerkte er, dass Blake bald Feierabend hatte. Ob er wohl einen Regenschirm dabei hatte? Er ging doch immer zu Fuß zur Arbeit, er würde doch ganz nass werden…

 

Mit einem Grinsen machte Clay sich auf den Weg zu dem Restaurant, in dem Blake arbeitete. Er würde ihn überraschen und nach Hause begleiten. Auf der Tür der Pizzeria stand „GESCHLOSSEN“ doch drinnen brennte noch das Licht und die Tür war auch nicht abgesperrt. Gutgelaunt öffnete er die Tür und trat in das Lokal, den Regenschirm schloss er und lehnte ihn an die Tür. Obwohl er keine Menschenseele ausmachen konnte, lief laut Musik. „How you remind me“ von Nickelback dröhnte aus den Boxen, die in jeder Ecke montiert waren.

In der Küche fand er endlich Blake vor, doch dieser schien ihn nicht zu bemerken, Clay konnte sich gerade noch ein Lachen verkneifen. Blake räumte gerade den Geschirrspüler aus und sang dabei lauthals den Text des Songs mit. Während er die Gläser in die Schränke einräumte, tanzte er auch noch leicht zu der Musik. Auch wenn Blake eine wundervolle Stimme hatte, singen konnte er nun wirklich nicht, aber Clay gefiel es irgendwie trotzdem.

Gerade schloss Blake den Geschirrspüler und drehte sich dann, immer noch tanzende Bewegungen ausführend und singend zur Tür um, erblickte dann Clay, der grinsend in dieser stand.  

Sofort stellte Blake das Singen und das Tanzen ein und blickte Clay geschockt an, dann schien er irgendwas zu sagen, doch Clay verstand wegen der lauten Musik nichts. Sofort drehte Blake die Musik etwas leiser und wendete sich erneut zu Blake.

    „Was machst du denn hier?“, fragte er immer noch leicht beschämt.

    „Ich wollte dich nach Hause bringen, es regnet und ich dachte du hast keinen Regenschirm“.

    „Oh… den hab ich wirklich nicht“.

    „Aber ich will dich nicht unterbrechen, du kannst ruhig weitertanzen, ich schau dir gerne dabei zu“, Clay bemühte sich immer noch sein Lachen zurückzuhalten.

Blake schien leise zu fluchen, drehte sich aber wieder weg, um die Türen der Schränke zu schließen.

    „Sollte ich mir Sorgen machen?”, fragte Clay nach.

    „Was meinst du?“, Blake blickte ihn fragend an.

    „Du hörst nur Lieder, in denen es ums Schlussmachen geht“.

Blake fing an zu grinsen:

    „Die sind eben besser, Lieder in denen es ums Verliebt sein geht, sind immer so kitschig“.

    „Oh, deshalb“.

    „Außerdem, diese kitschigen Songtexte sind rein gar nichts, gegen die Wahrheit, wie es sich wirklich anfühlt“.

Lächelnd zog er Blake in seine Arme:

    „Ach findest du?“.

    „Ja, du etwa nicht?“, Blake erwiderte sein Lächeln und schling seine Arme um seinen Nacken.

    „Nun ja, du hast schon recht… Lass uns tanzen“.

    „Was? Zu dieser Musik kann man nicht tanzen“.

    „Doch sicher, wir bewegen uns einfach im Takt, das wird schon als Tanzen durchgehen, uns sieht doch sowieso keiner“, Clay konnte sich auch nicht erklären, warum er so plötzlich tanzen wollte, sowas machte er eigentlich nie.

Bevor sie jedoch anfangen konnten, wechselte das Lied zu ‚Ender‘, welches etwas ruhiger als die vorherigen war. Das ganze Lied war eigentlich ruhig, also perfekt für den Versuch zu tanzen, nur gegen Ende wurde der Song laut.

Auch wenn Blake immer noch bedenken hatte, ließ Clay ihn nicht los und wippte leicht in dem Takt der Musik. Ums tanzen ging es ihm eigentlich gar nicht, er wollte Blake bloß nicht loslassen, außerdem war die Mischung aus seiner Nähe und dieser ruhigen Melodie einfach unbeschreiblich schön, er wollte diesen Moment noch kurz genießen.

 

Nach dem einen Lied machten sie sich auf dem weg, da sie beide nur einen Regenschirm hatten, mussten sie nahe beieinander stehen. Als Clay spürte, dass Blake leicht zitterte legte er seinen Arm um ihn. Nicht nur dass es ihn wärme, unter dem Regenschirm war sowieso so wenig Platz, dass es so leichter war.

Als sie bei Blakes Haus angekommen waren stellten sie sich unter das Vordach, welches sich über der Eingangstür befand. Es war nur ein kleines Dach, sie mussten nah einander rücken, damit beide darunter Platz fanden. Clay hatte den Regenschirm geschlossen und an die Tür gelehnt.

Er wusste nicht recht, wie sie sich jetzt verabschieden sollten. Blake wirkte auch ganz schön unsicher, verwundert bemerkte er, dass Blake noch immer leicht zitterte. Erneut nahm Clay ihn in die Arme, damit er ihn leicht wärmen konnte, eigentlich wusste er genau wie lächerlich es war, immerhin standen sie vor seiner Haustür, er könnte auch einfach reingehen und sich wärmen, aber irgendwie wollte er sich noch nicht von ihm verabschieden, er hatte ihn heute ja kaum gesehen.

Clay schüttelte den Kopf über seine eigenen Gedanken, er hätte nie gedacht, dass er einmal so anhänglich sein könnte. Er hatte diese Pärchen, die aus einer kleinen Trennung, auch wenn sie nur für ein paar Stunden bestand, immer ein Drama machten, als lächerlich betitelt und jetzt stand er kurz davor, selbst so zu werden.

    „Ist dir kalt?“.

Blake blickte ihn verwundert an, offensichtlich hatte er nicht mit dieser Frage gerechnet:

    „Nein, wieso?“.

    „Wieso zitterst du dann?“.

Sie standen beide in schwaches Licht gehüllt, über der Haustür war eine Lampe befestigt, welche automatisch anging, sobald jemand vor der Tür stand. Trotz des schwachen Lichtes konnte Clay jedes einzelne Detail von Blakes Gesicht erkennen, es war aber auch nicht schwer, immerhin hatte er sich jedes Detail davon eingeprägt. Sogar seine leichten Sommersprosen, von denen er nur mehr wenige hatte, glaubte er zu erkennen.

Clay mochte diese Sommersprosen einfach, sie erinnerten ihn an früher, als sie beide noch beste Freunde waren und erst in den Kindergarten gingen. Damals hatte Blake noch viel mehr Sommersprosen. Er konnte sich noch erinnern, wie die Kinder im Kindergarten ihn deswegen sogar verspottet haben, doch dann hatte Clay ihn beigestanden und mit den anderen Kinder gestritten, dass sie gefälligst seinen Freund in Ruhe lassen sollen. Die Kindergärtnerinnen waren nicht gerade angetan von diesem Streit, aber Clay wollte sich mit diesen Kindern für eine lange Zeit nicht mehr versöhnen, denn sie hatten Blake traurig gemacht.

    „Ich zittere öfter, wenn ich nervös bin“, holte Blake ihn mit seiner Antwort wieder in die Gegenwart zurück.

    „Wieso bist du denn nervös?“, teilweise war es ja eine dumme Frage die er hier stellte, immerhin war Clay in Blakes Nähe auch immer nervös, aber irgendwie war seine Nähe auch beruhigend. Genau diese Mischung aus Ruhe, Glück und Nervosität machte seine Nähe ja so reizend.

Blake wartete mit seiner Antwort etwas ab, Clay konnte seine Anspannung förmlich spüren, er konnte sogar leicht seinen Atem hören. Dieser wurde aber vom Regen übertönt, der noch immer wie aus Eimern fiel. An und für sich mochte Clay Regen, aber nur wenn er im trockenen saß und diesen beobachten oder lauschen konnte. Wenn es nachts regnete öffnete er immer die Fenster in seinem Zimmer, weil er die Geräusche des Regens so sehr mochte. Gegen Stürme hatte er auch nichts, er liebte es vor dem Fenster zu sitzen und Blitze zu beobachten. Ob Blake das auch mochte? Er konnte ihn schlecht fragen, immer redeten sie gerade über etwas vollkommen anderes.

    „Naja, du bist hier und nimmst mich in den Arm und könntest mich jederzeit küssen“, gab Blake leise zu, blickte Clay dabei aber immer noch tief in die Augen.

Clay lockerte seine Umarmung und wich etwas zurück:

    „Willst du denn nicht, dass ich das tue?“.

    „Doch!“, kam es wie aus der Pistole geschossen, „Genau deshalb bin ich ja nervös“, erklärte er etwas leiser.

Clay umarmte Blake nun wieder etwas stärker und zog ihn so nah wie möglich an sich ran. Lächelnd lehnte er seine Stirn gegen seine:

    „Dich kostet es echt Überwindung so etwas zuzugeben oder?“.

    „ Ja. Würde es dir denn leicht fallen?“, entgegnete Blake.

    „Und trotzdem warst du es, der mich plötzlich geküsst hast, als ich vor einer Woche nichts ahnend in deinem Zimmer war“.

    „Ich musste doch, du hättest es nie gemacht“.

    „Stimmt…“.

    „Clay?“.

    „Hm?“, als nächste spürte er Blakes Lippen auf seinen, automatisch schloss er seine Augen. Blake hatte einfach seine Arme um seinen Nacken geschlossen und die letzten Zentimeter zwischen ihnen überbrückt.

So sanft ihr Kuss am Anfang auch war, er wurde immer heftiger und drängender, er wusste nicht mehr wie es dazu kam, aber irgendwann hatte er Blake gegen die Tür gepresst. Sie waren für eine Zeit unfähig zu denken, dachten gar nicht daran, was passieren würde, falls Blakes Vater die Tür öffnen würde.

Doch bevor es zu so etwas kommen konnte, unterbrach sie Clays Handy. Er musste zu einem Einsatz. Bedauernd ließ er von Blake ab und hole sein Handy hervor. Eine Pforte würde sich öffnen, in fünf Minuten, auf dem Parkplatz eines Supermarktes.

     „Ich… Ich muss nach Hause, ich darf nicht schon wieder zu spät kommen. Tut mir leid“.

     „Oh… okay dann…“, Blake wirkte noch ziemlich verpeilt, was Clay zum Grinsen brachte.

    „Bis morgen, treffen wir uns vor der ersten Stunden beim Kaffeeautomaten?“.

    „Klar“, antwortete Blake sofort und erwiderte sein Lächeln.

Clay beugte sich vor und gab ihm noch einen kurzen Kuss, eigentlich sollte er schon auf dem Weg sein, vor allem jetzt, wo er in seinem Dienst etwas nachgelassen hatte, aber verdammt nochmal, die anderen verspäteten sich auch oft und der Supermarkt war ganz in der Nähe.

     „Gute Nacht“, wünschte er Blake noch, bevor er schnell verschwand.

Als er außerhalb von Blakes Sichtweite war, begann er zu rennen und zog sich per Knopfdruck den Schutzanzug an. Den Regenschirm hatte er absichtlich bei Blake liegen lassen, der würde ihn jetzt nur mehr hindern, der Schutzanzug war Schutz genug, er würde schon nicht krank werden.

 

Clay hatte Glück, denn er war nicht der letzte, der an den Parkplatz ankam. Alicia war schon da, sie warteten noch auf den Rest der Truppe. Kurz bevor die anderen kamen, öffnete sich jedoch schon die Pforte, reflexartig verschwanden sie beide hinter den Einkaufswagen, welche gestapelt auf dem Parkplatz waren und nutzen diese als Deckung.

 

Nicht lang und die anderen Drei waren ebenfalls bei ihnen angekommen, gerade als ein großes Wesen aus der Pforte marschierte. Diesmal handelte es sich um ein Fischartiges Wesen. Es war groß, hatte dunkelblaue Schuppen überall am Körper. Es hatte die Augen eines Krokodils, welche eine rötliche Farbe hatten. Es stand auf zwei Vorderbeinen, welche Schwimmhäute zwischen den Zehen hatten, es hatte einen langen Rücken und hatte eine muskulöse Flosse statt Hinterbeinen. Clay konnte im dunklen erkennen, dass es an seinem Hals links und rechts jeweils zwei lange Kimmen hatte.

Beka riskierte einen kurzen Blick über die Einkaufswagen hinweg und wendete sich dann wieder den andern zu.

    „Okay ich kenne das Wesen und ich habe schon einen Plan. Es mag Wasser, der Regen hier hat ihn wohl gerade angelockt. Folgende Eckdaten: Es hatte eine Lunge und Kiemen es kann an Land sowie im Wasser leben. Er kann Wasser kontrollieren, also es als Waffe verwenden“.

    „Wie meinst du das?“, fragte Alicia nach.

    „So ähnlich wie Wasserbendingen, aus den Fantasiefilmen. Es kann dafür sorgen, dass sich das Wasser so bewegt wie er es will, so ähnlich wie Telekinese nur mit Wasser. Und da es gerade regnet, haben wir einen riesigen Nachteil. Folgendes. Clay und ich pirschen uns von links an ihn ran, Jake und Mel ihr von rechts. Es kann ausgesprochen gut Schwingungen von der Erde aufnehmen, also weise es, von wo wir auf ihn zukommen. Da kommt Alicia ins Spiel, während wir ihn von vorne ablenken, schleichst du von hinten an ihn ran. Alicia, siehst du diese Kiemen an seinem Hals?“, sie deute mit der Hand auf seinen Hals.

    „Du musst ihm diese zuhalten, dann kann er uns nicht mehr mit dem Wasser angreifen“.

    „Wie soll sie denn an diese Kiemen gelangen? Er ist viel zu groß, außerdem vernimmt er doch Schwingungen, dann wird er merken, dass sie von hinten kommt“, hatte Mel ihre Einwände.

    „Lass das mal meine Sorgen sein“, winkte Alicia ab und begann sich etwas zu strecken.

    „Sie hat seit der Vorschule viel Tanzunterricht genommen und sogar Leichtathletik gemacht, sie kann sich an jemanden rein schleichen ohne nur einen Laut zu machen oder nur minimale Schwingungen, dass wird er nicht spüren. Und die Höhe dürfte für sie auch keine Schwierigkeit sein“, erklärte Jake ihr, was sie schon alle wussten.

 

Eigentlich war das noch leicht untertrieben, man konnte sich nicht vorstellen wie gut Alicia ihren Körper im Griff hatte, bis man sie wirklich bei einem Einsatz sah. Sie war perfekt für Verfolgungen, Überraschungsangriffe oder dergleichen. Außerdem konnte sie auch extrem gut Fassaden Gebäude oder sonstiges erklimmen, ohne groß Aufsehen zu erregen. Oft dachten sie, dass sie deshalb als Wächterin ausgewählt wurde, weil sie als dies konnte, jedoch hatten ihr die Aufseher nie verraten warum sie ausgewählt wurde. Wegen dem Dienst hatte sie die Leichtathletik und das Tanzen aufgeben müssen, jedoch hatte Clay sie schon oft dabei erwischt, wie sie sich dehnte oder gewiefte Schritte und Bewegungen übte.  

     „Na schön, aber ist sie wirklich so gut? Ich meine-“, wollte Mel weiterhin wiedersprechen.

    „Wir haben keine Zeit dafür, lass dich einfach überraschen“, unterbrach Beka sie.

Alicia war nach einem ausgiebigen Strecken aufgestanden und zog sich ihre Stiefel aus, Mel beäugte sie ungläubig.

    „Mir ist es barfuß schon immer leichter gefallen“, meinte Alicia und zwinkerte ihr zu, und schon war sie losgelaufen und hinter dem Supermarkt verschwunden, das Tier schien sie wirklich nicht zu bemerken.

 

Es bemerkte allerdings sie, als er mit Beka langsam auf das Tier zuging. Es baute sich bedrohlich auf seine Flosse auf und erhob sich damit noch mehr in die Höhe. Sie wollten sich weiterhin dem Tier nähern, doch als nächstes bekamen sie Literweise Wasser gegen sie gespritzt, wie ein Feuerwehrschlauch, nur war der Druck des Wassers viel viel stärker. Clay und Beka lagen auf dem Boden, Beka fluchte vor sich hin, sie war wohl unsanft auf dem Boden gelandet. Während sie sich aufrappelten, schlichen sich Jake und Mel von der anderen Seite auf das Tier zu, landeten aber nicht viel später auch schreiend auf den Boden. Hätten sie keinen Schutzanzug an, würden sie wohl schon längst frieren und zittern. Als sie erneut auf das Tier zugingen, diesmal zu viert, entdeckte Clay aus den Augenwinkel Alicia, die auf dem Dach des Supermarktes stand, sie stand da wohl schon länger und wartete auf den passenden Augenblick. Als das Tier erneut Wasser gegen sie spritze, sprang Alicia vom Dach und landete, nach dem sie einen Salto vollführt hatte, genau auf dem Hals des Tieres. Sie verschränkte ihre Beine um seinen Hals, um sich fest zuhalten und drückte ihre Händen auf seine Kiemen. Das Tier versuchte sich abzuwerfen aber sie hielt sich zu gut fest. Ohne zu zögern schrumpfte Mel das Wesen, Alicia sprang ab und landete hockend am Boden, bevor Mel sie noch mit schrumpfen konnte.

Clay löste sich aus seiner Starre und fing das Tier ein, während Beka eine Pforte zurück nach Erdian öffnete.

 

Beka klopfte Clay und Mel auf die Schultern, während Alicia sich ihre Stiefel wieder anzog.

    „Gut Arbeit, nur Alicia hatte ich dir nicht gesagt, du sollst ihn von hinten überraschen?“.

    „Wollte ich, aber als ich das Gebäude von hinten sah, dachte ich mir, es würde so viel leichter sein“.

    „Und der Salto war nötig? Oder wolltest du nur mal angeben?“, fragte Clay neckend.

    „Ich habe fast nie Gelegenheit zu so etwas, also wollte ich diese Nutzen“.

    „Eins verstehe ich nicht, wenn Alicia zu so etwas fähig ist, wieso habt ihr dann diese Fähigkeiten noch in keinem der Einsätze benutzt seit ich hier bin?“, Mel blickte Beka fragend an, immerhin teilte sie immer die Befehle aus.

    „Nun, letzte Woche musste sie sich wegen der Verletzung schonen und vorher… Naja, diese können wir nur einbauen, wenn wir nicht nach den Standartangriffen vorgehen, die man uns bei der Ausbildung beigebracht hat, so wie heute“, erklärte sie.

     „Hm… Und das hast du wirklich nur durch Tanzen und Leichtathletik erlernt?“, wendete sie sich an Alicia.

    „Ja“.

Sie machten sich alle samt auf den Rückweg während sie weiter redeten:

    „Ich habe doch gewusst, dass Dad etwas ausgelassen hat“, murmelte Mel mehr wie zu sich selbst.

    „Wie meinst du das?“, fragte Jake, welcher neben ihr ging.

    „Mein Dad hat mich von klein auf zu einer Wächterin trainiert, dass wisst ihr. Er wollte dass ich so etwas wie die perfekte Wächterin werde oder jedenfalls das, was dem am nächsten kommt.  Vom Nahkampf, bis zum Schießen und so weiter nur dieses eine Detail hat er wohl übersehen“, sie blickte Alicia nachdenklich an, während sie weiter redete, „könnte ich meinen Körper so gut kontrollieren, wie Alicia es kann, hätte er mich wohl wirklich für perfekt gehalten“.

    „Hat dich das nie gestört? Dich von klein auf trainieren zu lassen, dich immer zu puschen und dich perfektionieren zu wollen? Grenzt dass nicht an Ausbeutung?“, fragte Beka nach.

    „Es war Tradition, alle Vorfahren waren Wächter und später Mentoren. Alle hatten den Funken nur ich nicht“.

    „Den Funken?“, kam es nun von Clay.

    „Ihr alle habt ihn, den Funken, so hat mein Vater es immer erklärt. Ein Talent, das in euch ist, weswegen ihr zu Wächter geworden seit. Beka ist die perfekte Anführerin, Clay kommt super mit Technik aus und versteht viele Dinge, die wenige wissen, Alicia kann ihren Körper perfekt kontrollieren, noch mehr als wir, Jake kann selbstverständlich mit Waffen umgehen und hat eine enorme Ausdauer. Das sind eure ‚Funken‘, die werden von den Aufsehern entdeckt und dann werden sie gefördert so wie andere Fähigkeiten. Ihr seid dazu bestimmt, Wächter zu sein. Doch ich hatte so etwas nicht. Man wird Wächter, weil man einen Funken hat, oder weil man von klein auf dazu trainiert wird, ich bin eben die zweite Sorte“.

    „Aber hast du das denn überhaupt gerne getan? Das Training?“.

    „Ja, seit ich denken kann, wollte ich eine Wächterin sein, es war einfach selbstverständlich. Ich wollte es und Dad hat mir dabei geholfen. Ich wollte eine der besten sein“.

    „Wenn man bedenkt, dass du bei der Begutachtung beinahe alle Rekorde von uns gebrochen hast, kann man schon sagen, dass du eine der besten bist“, Alicia legte ihr die Hand auf die Schulter.

    „Danke, aber diese Begutachtung kann nicht alle Talente messen. Du zum Beispiel, so etwas, wie du heute bei dem Einsatz gemacht hast, so etwas wird bei der Begutachtung nicht gemessen“.

    „Okay Leute, jetzt übertreibt nicht. Wir sind alle gute Wächter und erledigen unsere Aufgabe. Außerdem wärt ihr nicht hier, wenn ihr nicht gut sein würdet. Ich würde sagen das war es für heute. Wir sehen uns morgen in der Schule, gute Nacht“, verabschiedete Beka sich und machte sich mit Mel auf den Weg nach Hause.

Alicia hatte sich ebenfalls verabschiedet, es waren also nur noch Jake und Clay da.

    „Clay… Du weißt ich hasse es, das zu fragen aber könnte ich heute Nacht bei euch-“.

    „Klar, du störst niemanden“, nickte Clay zu und machte sich mit seinem Kumpel auf den Weg nach Hause.

 

Als sie bei Clay ankamen, holten sie die Gästematratze und brachten sie in sein Zimmer.

    „Was ist dieses Mal denn passiert?“, wollte Clay wissen, als sie sich beide gesetzt hatten, Clay auf sein Bett Jake auf die Matratze. Jake redete nie gerne über seinen Stiefvater, Clay wusste genau, dass Jake Mitleid hasste und deshalb so gut wie nie darüber redete.

    „Ach, diesmal war es wieder das alte Thema. Ich solle die Schule gefälligst hinschmeißen und statt der Reifeprüfung eine Lehre machen, dann könnte ich jetzt schon Geld verdienen und bald ausziehen. Wie soll ich denn als Wächter eine Lehre machen? Wenn ich jeder Zeit zu einem Einsatz müsste? Aber das kann ich ihm ja nicht sagen“.

    „Selbst wenn, das würde seine Meinung trotzdem nicht rechtfertigen. Verdammt solche Menschen wie er, sollte keine Kinder haben dürfen“.

    „Das ist es ja nicht, er ist ein guter Vater, zumindest für meine kleine Schwester, aber nicht für mich. Er ist nicht mein Vater und ich bin nicht sein Kind. Ich bin nur ein Schmarotzer in seinen Augen“.

   „Wieso heiratet er eine Frau mit Kind, wenn er mit dem Kind nicht zurecht kommt?“.

Jake ließ sich zurück in die Matratze fallen:

    „Keine Ahnung. Ist ja auch egal, aus der Situation komm ich nicht mehr raus. Mom streitet zwar deswegen mit ihm, aber ich schätze das Thema wird trotzdem immer und immer wieder auftauchen… Sobald ich mit der Schule fertig bin, bin ich da raus. Werde höchstens Mal Mom und Jane besuchen, wenn er nicht zu Hause ist“.

Kurz entstand Stille zwischen ihnen, Clay wusste nicht was er darauf entgegnen sollte.

    „Und wie läuft es so mit Blake? Du warst doch vorhin bei ihm oder?“.

    „Es ist ungewohnt“.

    „Was?“.

    „Dass ich weiß, dass er meine Gefühle erwidert, ich habe das irgendwie immer als unmöglich empfunden“.

    „Ich finde nicht, ich meine ihr zwei wart schon immer auf einer Wellenlänge“.

    „Ja, aber wir haben uns vor einigen Jahren auseinandergelebt“.

    „Naja und jetzt seit ihr ein Paar, wo die Liebe hinfällt“.

    „Hm… Und wie ist es mit Mel? Ich habe in der letzen Woche ja nichts von euch mitbekommen“.

    „Sie braucht Zeit, ich gebe sie ihr. Bei dem ganzen Stress den sie jetzt hat, braucht sie wirklich keinen Freund“.

    „Vielleicht bräuchte sie genau deshalb einen?“.

    „Nein, sie ist selbständig und versucht für niemanden eine Last zu sein, auch wenn sie es gar nicht wäre. Ich glaube sie denkt, dass sie uns etwas schuldig ist, weil wir sie aufgenommen haben“.

    „Das ist Unfug“.

    „Ja ich weiß, aber sie denkt so. Sie wurde nun mal so erzogen, dass sie immer nur ihren Stolz zeigt“.

    „Und sowas weißt du, obwohl wir sie noch gar nicht so lange kennen…“.

    „Tja, wir sind auf einer Wellenlänge“.

    „Aber du denkst doch gar nicht so wie sie“.

    „Das nicht, aber ich verstehe sie einfach“.

    „Hm… Aber irgendwann musst du sie wieder auf deine Gefühle ansprechen, sonst wirst du für sie nur noch ein Kumpel sein“.

    „Ja ich weiß, das ist alles kompliziert, aber sie ist es wert“.

    „Versteh das jetzt nicht falsch, sie ist in Ordnung und so, aber ich kann es nun mal nicht nachvollziehen, was magst du an ihr?“.

    „Eigentlich alles“.

    „Wie meinst du das?“.

    „Clay, langsam hören wir uns an wie Mädchen, soll ich dir jetzt wirklich was von ihr vorschwärmen? Was magst du denn an Blake?“.

    „Naja alles“.

    „Und was genau?“.

    „Keine Ahnung. Sein Lachen, seine Stimme, seine hellbraunen Augen, seine rotorangen Haare, seine Sommersprosen, dass er gerne Krimis und Horrorfilme schaut, dass er einen ähnlichen Geschmack hat wie ich, dass man mit ihm vernünftig reden kann und… alles mögliche“.

    „Na siehst du? Wie soll ich dir dann das mit Mel erklären? Natürlich mag ich ihr Aussehen, aber auch ihren Charakter. Sie kann tiefgründig sein aber auch witzig. Sie zeigt fast nie Schwäche, will immer strak wirken. Außerdem kann sie es mit mir aufnehmen, wenn es ums Kämpfen oder Laufen geht und keine Ahnung, alles Mögliche eben wie du es sagst“.

    „Aber ich kenne Blake ewig und du kennst Mel kaum“.

    „Seit ich ihr damals in die Augen gesehen habe, habe ich schon gewusst, dass wir auf der gleichen Wellenlänge sind, so wie du und Blake“.

    „So wie Liebe auf den ersten Blick?“.

   „Quatsch, an sowas glaube ich nicht. Mehr Interesse auf den ersten Blick“.

Clay starrte Jake nachdenklich an.

    „So Clay, für diesen Monat haben wir damit genug Frauengespräche geführt. Können wir jetzt schlafen gehen?“.

Als Antwort warf Clay Jake ein Kissen gegen den Kopf, welches dieser nur grinsend abwehrte. 

 

AB HIER GEHT ES WEITER:

Gelangweilt saß Clay in seiner Englisch Stunde. In Englisch passte nie jemand auf, weil sie einfach immer dasselbe und nichts Neues machten. Das einzige was er jemals für Englisch tat, war für die Tests zu lernen, in den Stunden aber schlief er innerlich, so wie jeder andere auch. Beka saß neben ihm und kritzelte irgendwelche Figuren in ihr Englischbuch. Vor ihnen saßen Alicia, Jake und Mel, welche ebenfalls mit etwas anderem beschäftigt schienen. Mel hatte ihren Kopf gegen die Tischplatte gelehnt und schien fast zu schlafen, Jake machte irgendwas auf seinem Handy und Alicia las auf ihrem e-reader. Manchmal fragte Clay sich wirklich, ob die Lehrerin eigentlich wirklich nicht mitbekam, dass keiner ihr folgte, oder ob sie das geflissentlich einfach ignorierte. Es war ja nicht so, dass sie den Stoff nicht beherrschten, würde sie einen von ihnen etwas fragen, könnten sie mit Leichtigkeit antworten.

Seufzend zog Clay sein Handy hervor, er würde die Stunde einfach nutzen, um etwas für sein neues Programm zu recherchieren. Als er jedoch anfangen wollte, bekam er eine Nachricht von Blake. Er wusste nicht ganz, ob er sie öffnen sollte oder nicht, immerhin hatte Blake ihn heute Morgen versetzt und war nicht zum Kaffeeautomaten gekommen, wie sie es eigentlich besprochen hatten, Clay hatte lange gewartet. Dann jedoch befand er, dass es zu kindisch war, Blake nur deshalb zu ignorieren.

    >>Hey :) Sorry, dass ich das Treffen verpasst habe, ich habe verschlafen und es nicht mehr geschafft :/ <<

Kurz blickte Blake auf, zu der Lehrerin und tippte dann seine Antwort.

    >>Oh, okay… Warst du denn noch rechtzeitig da?<<    

    >>Naja, was heißt rechtzeitig, ich bin zusammen mit dem Lehrer in die Klasse gekommen ^^<<

    >>:D hat der etwas gesagt?<<

    >>Nein :P Du hast jetzt Englisch oder?<<

    >>Ja, es ist verdammt langweilig -.-<<

    >>Du ärmster. Der Lehrer hat uns frei gegeben, also hätte ich mich gar nicht so beeilen müssen<<

    >>Mensch, ich will auch!<<

    >>Tja, du könntest dich ja raus schleichen und zu mir kommen ;)<<

    >>Ja klar, würde niemanden auffallen<<

    >>Mhm… Treffen wir uns in der großen Pause hinter der Schule?<<

    >>Ähm… Okay :)<<

 

In der Pause machte Clay sich sofort auf den Weg hinter die Schule und fand dort Blake, der sich an die Wand gelehnt hatte, vor.

Lächelnd legte er seine Arme um seine Hüfte und drückte ihn einen Kuss auf die Stirn:

    „Hey“.

Sofort strahlten ihn hellbraune Augen an, die ihm manchmal noch immer die Luft zum Atmen nahmen.

    „Hey“, grüßte er ihn ebenfalls und lächelte ihn an.

    „Ich dachte wir tun vor anderen so, als wären wir Freunde?“, fragte Clay nach.

Blake blickt ihn verwirrt an:

    „Ja, wieso?“.

    „Wieso treffen wir uns dann hier?“, diese Frage ging ihn schon seit der Englisch Stunde durch den Kopf.

    „Naja, ich glaube keiner würde uns das mit den Freunden mehr abkaufen, wenn wir anfangen mitten auf dem Gang zu knutschen“.

Clay lachte auf und zog Blake noch näher an sich ran:

    „Wo du recht hast…“.

Eine Zeit lang lächelten sie sich noch an und blickten sich tief in die Augen, hellbraun traf auf dunkelgrün, ob Blake von seinen Augen auch so fasziniert war, wie er von seinen?

Vorsichtig nahm Clay Blakes Gesicht in seine Hände, während dieser seine Stirn gegen seine lehnte.

    „Darf ich dich küssen?“, durchbrach Clay leise die Stille, er wusste selbst nicht, warum das plötzlich fragte.

Blake entfuhr ein Lachen, Clay mochte dieses Lachen wirklich sehr.

    „Wieso fragst du? Ich dächte, das hätten wir indirekt schon geklärt?“.

    „Hm? Du weißt ich habe das mit dem Denken nicht so, wenn ich in deiner Nähe bin“, gab Clay zu.

Blake schloss seine Arme um Clays Nacken, dass machte er in letzter Zeit öfter, doch Clay mochte es irgendwie.

    „Du darfst und kannst immer“, gab Blake ihm die Erlaubnis und lächelte ihm entgegen.

War dieses Lächeln eigentlich ansteckend? Sie beide lächelten dauernd, wenn sie zusammen waren, ob dies wohl auf Dauer ungesund war?

 

Am Abend saßen alle Wächter im Stützpunkt, außer Mel, diese arbeitete heute auf Probe in der Pizzeria und half Blake. Clay hoffte, dass es für Blake, mit Mels Unterstützung, nicht mehr so anstrengend sein würde.

Außer Blake arbeiteten noch zwei Angestellte dort, diese Übernahmen die Schichten am Vormittag, während Blake noch in der Schule war und diese hatten auch hin und wieder Schichten am Nachmittag, das war an den Tagen, wo Blake frei hatte, was zweimal die Woche der Fall war. Wenn Mel angestellt werden würde, würde ihm die Arbeit sicher leichter fallen und er könnte hin und wieder früher Schluss machen.

Clay verscheuchte Blake für einen Moment aus seinem Kopf und konzentrierte sich weiterhin auf seine Arbeit, denn eines seiner Programme meldete gerade Alarm.

    „Leute, wir müssen etwas regeln“, erhob Clay seine Stimme und drehte sich mit dem Bürostuhl zu den anderen.

Alicia war, wie so oft, in ein Buch vertieft, Jake machte Hausaufgaben und Beka befasste sich gerade mit ihrem Handy.

    „Was denn?“, fragte Beka als erste.

    „Susan Jones, sie wohnt in der Nähe des Supermarktes, sie hat beantragt, dass sie ihr Haus etwas umbauen will. Bei den neuen Bauplänen, ist vorgesehen, dass sie eine Mauer ausreist, genau in dieser Mauer haben wir eine Kamera installiert. Wegen der Überwachung in jedem Haushalt“.

In jedem Haus der Stadt haben die Wächter wenigstens eine Kamera installiert, damit überprüften sie in manchen Fällen, ob sich Tiere, die sie bei der Pforte nicht erwischt haben, in einem Haus versteckten. Dies war schon öfter vorgefallen, da waren diese Kameras eine große Hilfe.

    „Mist, dabei könnte sie natürlich entdeckt werden. Clay was schlägst du vor?“, fragte Beka.

Clay war kurz verwundert, dass Beka nicht wie immer sofort Befehle erteilte, sondern ihn nach seiner Meinung fragte, dies machte sie nur selten. Nicht das sie herrschsüchtig war, aber sie war einfach die perfekte Anführerin.

    „Susan hat morgen einen Arzttermin. Alicia und ich haben morgen die zweite Stunde frei, ich würde vorschlagen, dass wir beide das erledigen würden“.

Beka schien kurz zu überlegen:

    „Mhm, das klingt gut. Für so einen kleinen Einbruch seit sowieso nur ihr nötig…“.

    „Ich wollte in der Freistunden eigentlich Hausaufgaben machen, toll jetzt muss ich wohl doch noch ran“, stöhnend stand Alicia auf und holte mehrere Bücher und Hefte aus ihrer Tasche hervor.

Jake stand auf und streckte sich etwas:

    „Ich habe Mel gesagt, dass ich sie von der Arbeit abhole, Clay willst du mitkommen und Blake abholen? Wir wollten noch einen Nachtspaziergang machen, ihr könnt ja mitkommen…“.

Clay überlegte kurz, er hatte heute bei seiner Arbeit ein zwei Vorschritte gemacht, mehr würde er heute sowieso nicht mehr schaffen. Er arbeitete an einem Programm, dass sie bei ihren Einsätzen verwenden konnten. Man konnte damit die Wesen, welche durch die Pforten kamen scannen und das Programm würde die Eckdaten und Schwachstellen zu dem Lebewesen auflisten. Er war zwar noch weit davon entfernt, dass man es anwenden konnte, aber er ist schon sehr viel weiter gekommen.

    „Ja klar, wenn wir euch nicht stören“, Clay stand auf und ging auf die Tür zu.

Schnell verabschiedeten sie sich von den anderen und machten sich auf den Weg.

    „Ein Nachtspaziergang hm? Machen sowas nicht Pärchen? Ich dachte, ihr seid nur Freunde?“.

    „Ja schon, aber wir zwei haben es gemeinsam, dass wir die Nacht schöner finden als den Tag und gerne um die Zeit spazieren oder laufen gehen… Ist doch besser als alleine zu gehen“, erklärte Jake.

Kopfschüttelnd legte Clay seinen Arm um die Schulter seines besten Freundes:

    „Ich hoffe echt, das wird was aus euch, das ist ja kaum anzusehen…“.

    „Was meinst du?“.

    „Das ihr beide so zueinander passt und trotzdem…“.

    „Sie braucht gerade keinen Freund, wie oft denn noch Clay?“.

    „Ja schon klar, aber du tust mir irgendwie leid“.

Jake boxte ihn in den Oberarm:

    „Wow, da bist du seit ein paar Tagen in einer Beziehung und meinst schon alles zu wissen und zu verstehen… Manchmal bist du unausstehlich“.

    „Du kannst dir ja einen anderen besten Freund suchen, wenn du denn einen findest“.

    „Hm… So auf die Schnelle wird das wohl nicht gehen, also muss ich mich mit dir begnügen“.

    „Ja dank auch, ich hab dich auch lieb“, meinte Clay mit sarkastischer Stimme.

    „Nicht doch, sonst wird Blake noch eifersüchtig“, gab Jake ebenfalls sarkastisch zurück.

    „Tut mir leid Jake, das war rein platonisch gemeint, ich mag dich ja und so, aber du bist nicht mein Typ“, nun klang er gespielt bedauernd.

    „Jaja, versuch dir das ruhig einzureden, nur weil du mich nicht haben kannst“, Jake zwinkerte ihm zu und fing an zu lachen.

 

Clay stopfte seinen Rucksack in den Spinnt und holte seine schwarze Sporttasche, in der sich ihre technische Ausrüstung befand hervor. Alicia stand neben ihm und musterte kritisch seinen Spinnt, ja ordentlich war er, was jedenfalls seinen Spinnt anging, nicht gerade. Auf dem Regal vor die Bücher sich befanden, waren mehrere Mappen, Blöcke Bücher und Zettel gestapelt. Viele Zettel waren zerknüllt und wirkten so, als ob sie jede Sekunde rausfallen und auf den Boden segeln könnten. Doch das war unwichtig, solange Clay sich selbst in dieser Unordnung auskannte, ging dies niemanden etwas an.

Als Clay den Schrank wieder zusperrte, läutete es und wie auf einen Schlag verschwanden die letzten Mitschüler in ihre Klassen. Die beiden gingen wortlos in die Garderobe und zogen sich ihre Schuhe und Jacken an, als die Schule verlassen wollten, kam ihnen im Eingang aber Blake entgegen. Er hatte sich in der kurzen Pause wohl schnell etwas zu Essen geholt, in der Nähe der Schule hatten sie einen Supermarkt, in dem sich die Schüler öfter etwas einkauften, meist Essen, Fastfood oder Energiedrinks.

    „Hey, wo geht ihr denn hin?“, fragte Blake und lächelte sie beide an.

    „Wir haben Freistunde“, erklärte Alicia.

    „Echt? Ich auch, unser Physik Lehrer ist krank und sie haben keinen Ersatz gefunden“.

Clay blickte Blake nachdenklich an, er hätte liebend gerne diese Stunde mit ihm verbracht, doch die Pflicht rief, sie würden in nächster Zeit wohl keine Chance mehr bekommen in das Haus von Susan Jones einzubrechen. Seine Sporttasche mit dem Equipment fühlte auf einmal so schwer auf seiner Schulter an.

Alicia und Clay wechselten einen Blick, Blake würde sicher misstrauisch werden, wenn sie jetzt einfach ohne weiteres gehen würden.

    „Naja wir müssen los, tut mir leid, ich muss Clay leider für diese Stunde entführen“, Alicia packte Clays Oberarm und zog ihn etwas zu sich. Als ob sie denken würde, dass Clay diesen Einsatz einfach fallen lassen wollte.

    „Oh… Okay“, Blake wirkte etwas konfus, verwirrt blickte er Alicia an. Clay betete, dass er das nicht falsch verstehen würde, aber was würde er sich denn denken, wenn das jemand in Bezug auf Blake sagen würde?

    „Keine Sorge, er gehört ganz dir“, Alicia zwinkerte Blake zu, „Ich muss nur mit meinem Hund zum Tierarzt und Clay ist so freundlich und hat mir angeboten mitzukommen“.

    „Oh… Ich hoffe deinem Hund geht’s gut? Es ist doch nichts Ernstes oder?“, verdammt, Blake war so niedlich, er blickte Alicia mitleidig an, jeder andere hätte Besorgnis vorgeheuchelt, doch Blake meinte es wirklich so.

    „Ach nein, zum Glück nicht. Es muss nur eine Impfung aufgefrischt werden“, erklärte sie.

    „Wir müssen jetzt leider wirklich los, der Termin ist bald und wir müssen noch Larissa abholen“, drängte Clay, Jones würde nur für eine gute Stunde aus dem Haus sein und bis dahin sollten sie bereits wieder in der Schule sein.

    „Klar, geht ruhig, ich muss sowieso noch lernen…“, meinte Blake und öffnete die Tür, um in die Schule zu gehen.

Clay blickte sich schnell um, erblickte aber niemanden, der sie beobachtete. Mit einem großen Schritt trat er zu Blake und gab ihn einen Kuss auf die Schläfe, dieser blieb stehen und ließ die Tür wieder zufallen, ohne hineingegangen zu sein.

    „Tut mir leid, ich schreib dich später an, in Ordnung?“, hauchte er ihm zu und war nicht sicher, ob Alicia ihn auch verstand.

Diese stand etwas abseits, hatte ihre Hände in den Taschen ihres Mantels vergraben und beobachtete die beiden.

    „Macht doch nichts, ist doch bloß eine Stunde“, wiedersprach Blake, dieser hatte zwar recht, aber Clay hätte diese Stunde trotzdem gerne mit ihm verbracht. Sie hätten sich auf eine der Couchen setzten können, die im Flur standen, hätten es sich gemütlich machen können, etwas rumalbern, vielleicht etwas kuscheln… Clay schüttelte innerlich den Kopf über sich, wann war er so verweichlicht geworden?  Und seit wann machte er aus einer Fliege einen Elefanten? Blake hatte schon recht, es war doch bloß eine Stunde, was dieser Junge mit ihm anstellte war echt unglaublich, kein anderer könnte ihm so weich werden lassen.

    „Okay dann bis später“, verabschiedete sich Clay nun und ging mit Alicia endlich los.

 

Während sie sich auf den Weg zum Haus machten, bemerkte Clay, wie Alicia ihm immer wieder grinsend Blicke zuwarf.

    „Was ist denn?“, fragte Clay nach einer Zeit.

    „Nichts…“, trällerte Alicia vor sich hin.

    „Wieso grinst du dann so?“.

    „Ach… Ich habe dich noch nie so erlebt…“.

    „Wie denn?“.

    „Dass du dich wegen einer Kleinigkeit gleich so schuldig fühlst und dich entschuldigst und allgemein… Ihr zwei seid süß zusammen“.

Clay verdrehte die Augen:

    „Wir haben doch nur ganz kurz miteinander geredet, was kann daran schon so süß sein?“.

    „Ich weiß auch nicht, die Art wie ihr euch anschaut und… Keine Ahnung! Ihr seid einfach süß“.

    „Aha, wenn du meinst… Klingt voll logisch“.

    „Es muss nicht immer alles logisch sein Clay“, erwiderte sie gut gelaunt.

    „Können wir das Thema bitte fallen lassen?“.

    „Von mir aus, das ändert aber nichts daran dass ihr-“.

    „Das Haus da ist es“, unterbrach Clay sie und zeigte auf das eine, von vielen Reihenhäusern in der Straße. Clay fragte sich immer wieder, wie man hier leben konnte, ihn würde es wohl sehr auf die Nerven gehen, wenn jedes Haus dem anderem gleichte.

 

    „Wann wird sie das Haus verlassen?“, fragte Alicia und blickte sich prüfend um.

Clay blickte auf sein Handy, um davon die Uhrzeit abzulesen:

    „Wenn man die Fahrt dorthin und die Wartezeit mit einberechnet sollte sie in spätestens 10 Minuten das Haus verlassen“.

Alicia nahm ein Haargummi von ihrem Handgelenkt und band sich die Haare zusammen:

    „Okay, wie ist der erste Schritt?“.

    „Wir brauchen einen Platz, von dem aus wir das Haus beobachten können, ich die Ausrüstung aufbauen kann und wo uns keiner sieht“.

    „Na wenn´s sonst nichts ist“, meinte Alicia grinsend und blickte sich dabei suchend um.

    „Wie wäre es damit?“, sie deutete auf ein Baumhaus, welches im Garten gegenüber Susan Jones´ Haus.

Kurz überlegte Clay, nickte dann aber überzeugt. Keiner würde im Baumhaus nachsehen und die Kinder, welche es benutzen, würden jetzt wahrscheinlich nicht zu Hause sein.

Kurz blickten sie sich erneut um, um wirklich sicher zu gehen, dass keiner sie beobachtete, dann kletterten sie über den Zaun, welcher den Garten eingrenzte und kletterten die Strickleiter des Baumhauses hoch.

Alicia setzte sich augenblicklich an das Fenster, um das Haus weiterhin zu beobachten, während Clay begann die Ausrüstung auszupacken.

Die Ausrüstung bestand aus einem Laptop, zwei headsets, welche über dem Pfortenhandy mit dem Laptop verbunden waren und einem zusätzlichen Gerät, welches er per USB Anschluss an dem Laptop anschloss, um damit in den Computer des Stützpunktes zu gelangen, diese Gerätschaft hatte er selbst vor ein paar Monaten entwickelt.

Er musste noch eine Menge von Passwörtern und Autorisierungen eingeben, bis er die Programme wirklich auf seinem Laptop abrufen konnte.

    „Und… wir sind drinnen“, sagte er als er fertig war und blickte zu Alicia.

    „Perfektes Timing, denn sie verlässt gerade das Haus“.

Nach einigen Sekunden hatte Clay alles auf dem Laptop eingerichtet und reichte Alicia das eine Headset.

    „Dadurch können wir reden, und durch die Kameras sehen ich was du tust“.

    „Okay, also ich suche mir eine Gelegenheit, breche in das Haus ein, finde mit deiner Anweisung die Kamera und dann?“, fragte sie, während sie sich das Headset befestigte, die Schutzkleidung hatte sie bereits per Knopfdruck angezogen, bevor sie sich das Fenster gesetzt hatte.

    „Gebe ich dir Anweisungen, wie du sie abmontierst und wie du die hier“, er reichte ihr die neue Kamera, „installierst“.

    „Okay“, Alicia stand auf und begann sich etwas zu dehnen, während Clay die Bilder der Überwachungskameras blickte.

    „Achja und das wirst du auch brauchen“, Clay überreihte ihr einen kleinen Beutel, in dem einige kleine Werkzeugen wie Schraubenzieher und andere Sachen waren.

Er hatte ein Bild vom Flur, den Treppen, dem Wohnzimmer, der Küche und dem Abstellraum. Es war schon beängstigend wo sich die Wächter überall einmischten, aber dies war nun mal eine gute Art, Aliens zu finden, welche sich in ein Haus verirrt haben, sonst durften sie die Kameras eigentlich auch nicht nutzen. Nur zu Einsätzen, sonst war der Umgang damit verboten. Solle nicht heißen, dass sie sich daran hielten, Clay spielte oft mit den Überwachungen und überlegte, wie er das Suchen nach den Tieren effizienter machen könnte. Er hatte schon ein Programm entwickelt, welches außerirdische  Wesen, die sich in einem Haus versteckten, automatisch aufspürte und sofort Alarm meldete, wenn es eines bemerkte.

    „Bei solchen Einsätzen fühle ich mich immer wie ein Verbreche aus einem Actionfilm“, sie grinste ihn an.

    „Ach und wenn wir gegen Außerirdische kämpfen, fühlst du dich nicht, wie in einem Actionfilm?“.

    „Doch, aber mehr Science Fiction“, sie zwinkerte ihm zu, bevor sie die Strickleiter hinabkletterte.

 

    „Clay hörst du mich?“, meldete sie sich sofort über dem Headset.

    „Ja, aber ich seh dich nicht“, auf den Bildern der Kameras konnte er sie noch immer nicht ausmachen.

    „Wirst du gleich, ich steige über das Badezimmer ein, sie hat das Fenster auf Kippen gelassen“.

    „Du meinst das Badezimmer im zweiten Stock?“, fragte er verwundert nach.

    „Gibt es denn ein anderes Badezimmer?“.

Clay überflog den Plan des Hauses:

    „Nein“.

    „Dann kann ich ja nur das meinen oder?“, erwiderte sie.

Sie verwunderte Clay immer wieder, wie konnte sie an das Fenster im zweiten Stock gelangen? Leichtathletik hin oder her, wie machte sie das?

    „Wie machst du das Fenster auf?“.

    „Das überlass mal mir, hab als Kind öfter mit so etwas rumgespielt“.

    „Du wärst die geborene Einbrecherin“.

    „Ja vielleicht, wenn es mit der Schule nichts wird…“, er hörte ein angestrengtes Ächzen und mehrere andere Geräusche die er nicht einordnen konnte.

    „Okay bin drinnen“, als nächstes sah Clay sie auf den Überwachungskameras, wie sie aus dem Badezimmer in den Flur trat.

    „Und jetzt kann ich dich sehen“, kommentierte er, worauf Alicia begann zu winken, obwohl sie nicht wusste in welcher Richtung die Kamera war.

    „Okay, das Wohnzimmer ist im Erdgeschoss, du musst die Treppen runter und dann-“, Alicia unterbracht ihn.

    „Ich finde es schon, so orientierungslos bin ich auch wieder nicht“.

Kurz darauf hatte Alicia das Wohnzimmer betreten und mit Clays Anweisungen auch die Kamera gefunden. Schritt für Schritt erklärte ihr Clay, was sie machen musste. Als sie die alte Kamera deinstalliert hatte, wollte Clay ihr gerade erklären, wo und wie sie die neue anbringen sollte.

Während er anfing, es ihr zu erklären, hielt er seinen Blick weiterhin auf den Bildschirm des Laptops, obwohl er sie ja gar nicht sehen konnte, da sie die Kamera ja entfernt hatte, es war einfach die Angewohnheit.

Zum Glück tat er das, denn auf einmal sah er, wie die Haustür aufgesperrt wurde.

    „Alicia, bleib ganz ruhig, aber Susan ist wieder da, schnell versteckt dich irgendwo“.

Clay blickte aus dem Fenster des Baumhauses und sah, Susans Auto in der Auffahrt parken.

    „Was macht sie bloß hier? Sollte sie nicht beim Arzt sein?“, hörte er sie leise flüstern.

    „Naja, sie sieht aus, als würde sie nach etwas suchen“, Susan lief durch den Gang und die Küche, suchte dabei Tische und Stühle ab. Clays Herz begann zu schlagen, was würde bloß geschehen wenn die Frau Alicia vorfinden würde? Würde sie die Polizei rufen? Würden sie sie wegen Einbruchs verhaften? Der hohe Rat konnte vieles, aber konnten sie Alicia aus diesem Schlamassel holen? Trotz der Nervosität versucht Clay ruhig zu bleiben, es würde Alicia rein gar nichts helfen, wenn er auch durchdrehen würde.

    „Und ich weiß auch was, sie hat ihre verdammte Handtasche im Wohnzimmer vergessen! Wie kann man nur seine Tasche vergessen?“, leise begann sie zu fluchen.

    „Wo hast du dich versteckt?“.

    „Zwischen der Wand und der Couch, die Handtasche liegt auf dem Couchtisch“.

    „Okay, ab jetzt herrscht Funkstille, sie geht jetzt in das Wohnzimmer!“, durch die Flurkameras sah Clay genau wie Susan in das Wohnzimmer verschwand, wenige Sekunden später stürmte sie mit einer Handtasche in der Hand wieder aus dem Wohnzimmer und verlies anschließend das Haus.

    „Ist sie weg?“, flüsterte sie leise.

    „Ja, sie hat das Haus wieder verlassen“, erklärte er.

Clay hörte, wie sie erleichtert aufatmete:

    „Okay, dann lass uns jetzt endlich diese Kamera montieren und dann verschwinden, wie viel Zeit haben wir noch?“.

    „Die nächste Stunde beginnt in 20 Minuten“.

    „Toll, bis dahin müssen wir wieder in der Schule sein. Also Mister Allwissend, wie soll ich diese Kamera jetzt anbringen?“.

 

Clay hatte es sich auf der Couch seines Wohnzimmers bequem gemacht. Mit seinen Arbeiten war er für heute fertig, sie mussten heute bis jetzt zu keinem Einsatz, daher hatte er genug Zeit dafür gehabt. Gespannt richtete er seinen Blick auf den Fernseher, in dem eine Folge von ‚Criminal Minds‘ lief. Blake liebte diese Serie, sie hatten sie schon oft gemeinsam angesehen, doch als sie sie zu zweit gesehen hatten, bekam Clay nicht wirklich viel von der Serie mit, da er von Blakes Nähe abgelenkt war. Daher wollte er sich mal eine Folge in Ruhe anschauen und sich ein Bild davon machen.

Er war alleine zu Hause, also konnte er sich entspannt auf der Couch ausbreiten, denn keiner würde ihn alle zehn Minuten rufen, weil er etwas im Haushalt helfen sollte. Seine Mutter war über das Wochenende zur Wohnung seines Vaters, in der er innerhalb der Woche lebte, gefahren, um zu sehen, ob er denn auch alleine den Haushalt gut bewältigen konnte. Eigentlich hätte Clay auch mitkommen sollen, doch da er den Dienst über das Wochenende nicht pausieren konnte, hatte er sich eine Ausrede überlegt.

Schon bald kam die erste Werbeunterbrechung und Clay blickte genervt die Decke des Wohnzimmers an, wie er diese Werbung doch hasste, sie war wohl der Grund, weshalb er so wenig fernsah.

Plötzlich klingelte es an der Tür, Clay war sich sicher, dass seine Eltern nun doch hierhergekommen waren oder dass Jake mal wieder hier übernachten wollte. Dies kam ihm gerade recht, denn wenn Jake hier schlief, langweilte er sich wenigstens nicht.

Als er die Tür öffnete, blickte er jedoch nicht Jake gegenüber, sondern Blake:

    „Was machst du denn hier? Arbeitest du nicht?“.

    „Ähm… Mel will den Laden mal alleine abschließen, so habe ich früher aus und dachte mir ich könnte vorbeikommen… Ich meine die Woche haben wir uns kaum gesehen, weil wir beide so viel lernen mussten und naja… Ich kann aber auch wieder gehen, wenn ich gerade störe“.

Blake hatte schon recht, sie hatten sich die ganze Woche nur in der Schule gesehen, am Nachmittag hatte Blake nie Zeit wegen seiner Arbeit und am Abend musste Blake lernen und Clay hatte seine Einsätze.

    „Nein, du störst nicht. Komm rein“, lächelnd trat er einen Schritt zurück und schloss nicht viel später die Tür hinter Blake.

    „Wer ist noch außer dir zu Hause?“.

    „Niemand, meine Eltern sind dieses Wochenende in der Wohnung meines Vaters“.

    „Oh…“, Blake machte seine Jacke auf und hängte sie an den Kleiderständer, Clay musterte ihn und hoffte dies unauffällig zu tun. Der rothaarige hatte noch seine Arbeitskleidung an, er war also nach der Arbeit direkt hierhergekommen.

Verwundert bemerkte er, dass Blakes Hemd mit etwas rotem vollbekleckert war.

    „Was ist denn da passiert?“, er deutete auf den riesigen Fleck.

    „Oh… Ein Unfall beim Pizza machen, Mel schuldet mir jetzt ein neues Hemd, frag lieber nicht“.

    „Ist das nicht… Willst du vielleicht was von meinen Sachen haben? Dass du nicht so rumlaufen musst?“.

Blake lächelte ihn an:

    „Das wäre nett“.

    „Du weißt ja wo mein Schrank steht, bedien dich einfach“, Clay zeigte in die Richtung seines Zimmers.

    „Danke“.

Blake wollte schon die Treppen hochsteigen, davor aber zog Clay ihn noch kurz zu sich und gab ihm einen Kuss auf die Stirn:

    „Nichts zu danken“.

 

Wenig später kam Blake wieder runter und setzte sich neben Clay auf die Couch. Er trug einen schwarzen Pullover von ihm, auf dem ein Bandlogo abgebildet war. Der Pullover schien ihm etwas zu groß zu sein, aber irgendwie sah er niedlich darin aus.

Blake vergrub seine Nase in dem schwarzen Pulli und seufzte:

    „Jetzt verstehe ich die Tussen aus meiner Klasse endlich… Oh Gott, dass ich so etwas Mal sage“.

    „Was meinst du?“.

    „Die betteln ihre Freunde immer an, dass sie ihnen einen Pullover oder ein T-Shirt von sich schenken, ich hab das immer lächerlich gefunden, aber jetzt…“.

    „Wieso verstehst du es jetzt?“, er lächelte Blake an.

    „Naja, dein Pulli ist weich und warm und… er riecht nach dir“, die letzten Worte hatte Clay kaum verstanden, weil Blake leiser geworden ist.

    „Soll das heißen ich stinke?“, Clay schlug ihm gegen die Schulter, Blake lachte auf.

    „Nein, eher das Gegenteil“.

    „Aha? Naja wenn du willst kannst du ihn behalten und vor diesen ‚Tussen‘ damit angeben“, schlug er vor.

    „Das würde ich nie machen“.

    „Also stinke ich jetzt doch? Na dank auch“.

    „Neeein“, antwortete er gedehnt, „ich würde nur nie damit angeben“.

Clay zog ihn lächelnd zu sich und gab ihm einen Kuss, der etwas länger ausfiel. Als sie sich lösten hatte er seine Stirn gegen die von Blake gelehnt, Clay strich ihm durch die Haare und lächelte ihn weiter an:

    „Du kannst ihn trotzdem behalten“.

Blake versuchte ein Lachen zu unterdrücken, schaffte es aber nicht:

    „Danke“.

Grinsend ließ Clay sich auf den Rücken fallen und öffnete einladend seine Arme, Blake lachte erneut und ließ sich in seine Arme fallen, sodass er jetzt halb auf ihm lag. Kurz küsste er Clays Hals und blickte dann auf den Fernseher:

    „Oh… Criminal Minds… Die Folge kenn ich schon“.

    „Wundert mich nicht, du kennst doch alle“, Clay schlang seine Arme um ihn.

    „Nicht alle, aber ich habe die neue Staffel auf Englisch angeschaut, die hier ist noch etwas älter. Hm… Ich kann mich gar nicht mehr erinnern wer der Täter ist“.

Ab da blickten beide auf den Bildschirm und sagten nichts mehr, nach einer Zeit hatte sich Blake ebenfalls auf den Rücken gelegt, doch Clay hatte immer noch seine Arme um ihn geschlungen.

Er wusste nicht wann, aber irgendwann hatte er angefangen leicht über Blakes Bauch zu streicheln, da dieser nichts gesagt hatte, machte er einfach weiter. Nach einer Zeit schob sich seine Hand vorsichtig unter den Stoff des Pullovers, sofort spürte er seine warme und weiche Haut. Blake regte sich noch immer nicht und blickte weiterhin auf den Fernseher. Langsam strich er über seinen flachen Bauch, hinauf zu seiner Brust, bis hin zu seinem Schlüsselbein. Dies entlockte Blake ein leises Seufzen, er wiederholte dies ein paar Mal, als er ihm dann aber ganz leicht über die Brustwarzen strich, die er bis dahin peinlichst vermieden hatte, packte Blake ihn plötzlich im Nacken, zog ihn zu sich und presste seine Lippen auf seine.   

Der Kuss war von Anfang an stürmisch und etwas drängend, Blake ließ nun seine Hände über Clays Rücken wandern und strich mit seiner Hand bald ebenfalls unter sein T-Shirts. Sie drängten sich näher aneinander und streichelten sich immer weiter, schoben den Stoff sogar etwas hinauf, um besser über die Haut des anderen streichen zu können. Clay wusste nicht, wie lange sie so da lagen, es hätten Stunden sein können, er wusste nur noch, dass sie unterbrochen wurden, als sein Handy losging.

Clay wollte sich erheben, um an das Handy zu gehen, doch Blake hielt ihn im Nacken fest und lehnte seine Stirn gegen seine. Beide atmeten schwer und schnell.     „Geh nicht ran, du kannst zurückrufen“, bat Blake und wollte ihn erneut küssen.

    „Ich muss rangehen, wenn es meine Eltern sind und nicht abhebe, glauben sie das Haus würde brennen“.

    „Aber-“.

    „Es dauert nicht lang“, Clay nahm sein Handy in die Hand und blickte verwundert auf den Display, er war so abgelenkt gewesen, dass er gar nicht bemerkt hatte, dass dies der Alarm und nicht ein Anruf war.

    „Scheiße“, Clay sprang schnell von der Couch auf.

    „Was ist denn los?“, Blake blickte ihn verwirrt an, während Clay seine Schuhe anzog.

    „Ich muss weg, jetzt sofort“.

    „Was? Aber wieso? Wohin?“, wollte er wissen.

Clay wusste nicht was er antworten sollte, er hatte auch nicht genügend Zeit sich eine Ausrede einfallen zu lassen.

    „Tut mir leid“, Clay gab ihn einen kurzen Kuss, „ich versuch schnell zu machen“.

    „Schnell zu machen bei was?“, hörte er Blake noch rufen, als er bereits aus der Tür geeilt war.

 

Schwer atmend war er vor dem Wald am Stadtrand angekommen. Es war dunkel, da der Himmel bewölkt war und so der Mond kaum Licht warf. Die Luft erschien feucht und schwer, Clay kam es so vor, als ob er die ruhige Atmosphäre stören würde, da er außer seinem Atmen keine anderen Geräusche vernahm. Per Knopfdruck zog er seinen Schutzanzug an und joggte locker weiter, um die anderen zu finden. Wenige Meter weiter, fand er auch schon Jake und Beka vor, welche bereits eingetroffen waren.     „Wo sind Alicia und Mel?", fragte er als er sich zu ihnen gesellte.     „Sind wahrscheinlich schon hier, nur an einer anderen Stelle... Jake ruf sie an und sag ihnen wo wir sind", befiel Beka während sie sich umblickte.

     „Clay, wo hat sich die Pforte geöffnet?", fragte sie an ihn gewandt. Erneut holte er sein Handy hervor und öffnete das besagte Programm:

     „1,4 km östlich von hier, also im Wald".     

„Sie haben es gefunden, es ist aber sofort wieder zwischen den Bäumen verschwunden, ich habe ihnen gesagt sie sollen herkommen", gab Jake Auskunft. Kaum hatte er dies ausgesprochen, kamen die beiden auch schon angelaufen.     „Wie sieht es aus?", wollte Beka sofort wissen.

     „So ähnlich wie ein Strauß, nur mit drei Köpfen", erklärte Mel.

     „Okay... Ich weiß schon welches das ist... Ganz toll, durch den Wald haben wir jetzt einen riesigen Nachteil. Wir gehen wie folgt vor: Ihr nehmt alle eure Headsets und teilt euch auf. Jake geht mit Mel, Alicia mit Clay und ich versuche es alleine. Wir durchsuchen alle den Wald, das Tier ist schnell unterwegs. Sobald es jemand sieht, gibt er den anderen Bescheid. Versucht sofort das Tier einzufangen. Das Tier kann, wenn es sich in Gefahr befindet fliegen, was es sonst nie macht. Also sollte die erste Person es ablenken, während die Zweite von hinten versucht auf seinen Rücken zu springen. Wenn ihr oben seid haltet euch gut fest und versucht mit euren Beinen die Flügel von ihm zu blockieren, sonst fliegt es weg".

    „Ja wenn es sonst nicht ist", murmelte Jake unüberzeugt.

    „Okay teilt euch auf, Jake und Mel, geht ihr vom Norden aus, Clay Alicia versucht es von Osten. Wir müssen vielleicht den ganzen Wald absuchen, kann lange dauern".

Sofort schalteten alle ihre Headsets an und machten sich auf den Weg.

Da es so dunkel war, taten sich die beiden schwer nicht über Wurzeln oder andere Sachen zu stolpern, Clay lag ein zwei Mal am Boden, wegen dem rutschigen Laub, Alicia hatte dies bloß mit einem Lachen quittiert. Manchmal wünschte er sich ebenfalls so begabt wie sie zu sein, es war echt erstaunlich wie einfach es ihr fiel, ihren Körper zu kontrollieren, sogar das Gleichgewicht zu halten schien ihr mehr als leicht, er hatte sie noch nie wo hinfallen sehen.

Als sie schon etwas länger unterwegs und fast schon die Mitte des Waldes erreicht hatten, hörten sie ein Geschreie, dass ziemlich nach Jake klang.

    „Leute, wir hatten es fast, aber Jake ist runtergefallen", teilte Mel im selben Moment über das Headset mit.

Danach gab sie die genauen Koordinaten weiter, welche sie mit ihren Pfortenhandys ermittelt hatten.

Schnell liefen Alicia und Clay los, um noch rechtzeitig bei ihnen anzugelangen, jedoch kreuzte das Wesen, bevor sie zu den beiden angelangt waren, ihren Weg.

Mel hatte wirklich recht gehabt, das Tier sah aus wie ein Strauß von der Erde, nur die drei Köpfte verwirrten ihn etwas, schon interessant, wie verschieden und doch ähnlich sich die Evolution auf der Erde und Erdian entwickelt hat.

    „Okay, es steht gerade vor uns, wir versuchen es jetzt", gab Alicia über das Headset weiter.

    „Ich lenke es ab, versuch du es von hinten zu bespringen", meinte Clay an Alicia und deutete ihr mit Handzeichen, dass sie sich zurückziehen und das Tier von hinter überraschen sollte.

Mit einem kurzen Nicken verschwand Alicia auch schon zwischen den Bäumen, während Clay langsam auf das Tier zuging. Die drei Köpfe musterten ihn interessiert, während er es ebenfalls kritisch musterte, er begann ruhig auf das Wesen einzusprechen, worauf sich die Köpfe leicht zur Seite lehnten, als ob sie verstehen würden, was er zu ihnen sagt. Aus der Ferne bemerkte er, dass Alicia bereits hinter dem Tier war, ohne auch nur ein Geräusch zu machen, so bemerkte das Tier sie auch nicht. Er verschwendete gar nicht erst einen Gedanken daran, wie leise sich Alicia fortbewegen konnte.

Einige Minuten noch sprach er auf das Tier ein, als er knapp davor stand, sprang Alicia plötzlich auf das straußenartige Wesen und kreischte leicht, als es versuchte sie abzuwerfen.

    „Sie ist oben. Wo bleibt ihr eigentlich?", teilte er den anderen mit.

    „Ich bin da", hörte Beka hinter sich schreien, im nächsten Augenblick stand sie neben ihm und betrachtete Alicia, die sich immer noch mit großer Mühe an dem Wesen festhielt.

    „Wir sind gleich da, haben uns nur etwas in der Richtung geirrt", erklärte Jake.

    „Wir können nicht mehr auf sie warten", erkannte Beka, „Halt dich an dem mittleren Hals fest, das tut ihm am meisten weh!", schrie sie dann Alicia zu.

    „Na klar, sonst noch was? Weißt du, wie schwer es ist sich hier oben zu halten?".

    „Rede nicht, mach es!", erwiderte sie.

   „Okay Clay, wir müssen es jetzt zu zweit durchziehen. Ich versuche es mit dem Schrumpfstrahl zu erwischen, ohne das Alicia in die Schussbahn kommt und du musst es dann einfangen.

    „Na schön".

    „Alicia, sobald ich mit dem Schrumpfstahl auf es schieße, musst du abspringen!", rief sie ihr zu.

    „Schon klar! Jetzt macht endlich, ich halte es nicht mehr lange durch!", rief sie und klang schon etwas genervt.

Beka versuchte es mehrere Male, konnte aber nicht genau auf das Wesen zielen, da es sich ja immer fortbewegte.

Beim vierten oder fünften Mal schaffte sie es und Alicia war gerade noch rechtzeitig mit einem Salto vom Tier gesprungen und auf ihren Füßen auf dem Boden gelandet.

Sofort fing Clay es mit dem anderen Strahl ein, plötzlich tauchten Jake und Mel auf, welche sofort die Lage verstanden und die Pforte zurück nach Erdian öffneten.

 

Erschöpft und tief durchatmend setzte Alicia sich auf den Boden:

    „Das ist fast so schwer wie Rodeo reiten", meinte sie.

Beka lachte auf:

    „Nur fast? Wirklich?".

    „Naja, hast du es mal ausprobiert? Eigentlich macht es Spaß...".

    „Rodeo oder das Straußending zu reiten?", fragte Clay verwirrt nach.

    „Beides", antwortete sie grinsend.

    „Wo seid ihr beide eigentlich so lange geblieben? Ihr seid unsere schnellsten Läufer!", richtete Beka nun an Jake und Mel.

    „Ja vielleicht, aber wir hatten auch die längste Strecke zu laufen?", fragte Jake.

    „Kann schon sein, aber da ihr das wenigste gemacht habt, könntet ihr auch den Bericht schreiben?", schlug Alicia lachend vor.

    „Das sagst du doch nur, weil du dran wärst", entgegnete Mel.

    „Kann sein, aber ich habe ja wohl am meisten Arbeit gehabt".

    „Hey, ich habe immerhin als erster auf dem Ding gesessen!", erwiderte Jake.

    „Ja vielleicht, aber ich habe es länger geschafft", Alicia streckte ihm die Zunge entgegen, stand auf und klopfte sich den Dreck von den Beinen.

    „Wie spät ist es eigentlich?", wollte Beka wissen.

    „Halb Elf... Oh verdammt!", Clay war gerade eingefallen, dass er Blake ja in seinem Wohnzimmer hatte sitzen lassen.

    „Was ist denn los?“, fragte Jake nach.

    „Blake… Ich hab ihm gesagt, dass ich nur kurz weg bin und jetzt haben wir fast zwei Stunden gebraucht bis wir das Viech gefunden haben… Wieso muss der Wald so verdammt groß sein? Ich muss los“, sofort sprintete Clay los und machte sich zurück auf den Weg nach Hause. Er hatte keine Ahnung, wie er das Blake erklären sollte, hoffentlich war dieser nicht wütend auf ihn, immerhin hatte er ihn mehr als zwei Stunden warten lassen.

Bevor er sein Haus betrat, hatte er sie den Schutzanzug wieder ausgezogen. Mit einem unruhigen Atem und einem schweren Knoten im Magen ging er wieder in das Wohnzimmer, doch Blake war nicht mehr da.

Fluchend ließ er sich auf die Couch fallen, Blake war jetzt sicher wütend auf ihn, war doch verständlich, wer würde das in seiner Stelle nicht sein?

Als er sich hinlegen wollte, bemerket er einen Zettel, der auf der Couch lag, auf der ausgerissenen Seite eines TV Programm Heftes, hatte Blake eine Nachricht hinterlassen.

>>Musste um zehn zu Hause sein, konnte nicht mehr warten<<, mehr stand da nicht.

Kurz rechnete Clay nach, er ist um zehn gegangen, das hieß, dass er dennoch anderthalb Stunden gewartet hatte. Clay vergrub seinen Kopf in seinen Händen, wie sollte er ihm das erklären? Wer verschwand denn schon so plötzlich wegen eines Anrufes und tauche die nächsten Stunden nicht auf?

Das Wochenende fing damit ja schon gut an, er musste morgen mit Blake reden und hoffen, dass er das irgendwie verstehen würde. Eins war schon mal klar, die Nacht würde er wieder schlecht schlafen, wenn überhaupt.

 

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ab hier geht´s weiter:

 

Am folgenden Vormittag stand Clay mit zwei Bechern Kaffee, einer DVD und einer Packung Muffins vor Blakes Haustür und läutete an. Da er die ganze Nacht nicht gut schlafen konnte und dann auch noch, nach einem unruhigen Schlaf, viel zu früh aufgewacht war, hatte er sich überlegt, wie er Blake um Entschuldigung bitten konnte. Die ganze Nach hatte er sich hin und her gewälzt, Clay versuchte zwar, sich immer wieder einzureden, dass Blake schon nicht wütend auf ihn sein würde, aber er wurde dieses unsichere Gefühl trotzdem nicht los.

An diesem Morgen machte sich auf den Weg zu Blakes Lieblingscafé und orderte dort gleich zwei Nougat Macchiato, dazu kaufte er noch eine Packung frische Muffins, welche sie früher immer gegessen hatten.

Überrascht stellte er fest, dass Blakes Vater Jim ihm öffnete, dieser blickte Clay musternd an, bevor sein Bild auf den zwei Pappbechern, auf denen das Logo des Cafés abgebildet war, hängen blieb. Die Plastiktüte, in der sich die Muffins und die DVD befanden, musterte er nicht so gründlich. 

    „Oh… Hey Clay, Blake schläft noch, ich schätze du willst zu ihm“, Blake hatte viel von seinem Vater geerbt, was das Aussehen anging. Die roten Haare, die leichten Sommersprossen waren eindeutig von ihm. Seine hellbraunen Augen und seine dürre Statur, hatte er doch von seiner Mutter, an die Clay sich nur schleierhaft erinnern konnte.

    „Eigentlich schon… Ich sollte wohl später kommen“.

    „Hm… Was für ein Macchiato ist das?“, wollte Jim wissen.

    „Ähm… Eine Mischung aus Nougat, Blakes Lieblingskaffee“.

Interessiert blickte Jim auf die beiden Pappbecher:

     „Okay, ich schlag dir was vor. Blake wird mich dafür hassen, er mag es nicht, wenn ich jemand in sein Zimmer lasse, wenn er schläft, aber… Du gibst mir einen der Macchiato und ich tu so, als hätte ich nicht gesehen, wie du ins Haus gekommen bist. Der Junge sollte sowieso langsam aufstehen“.

Kurz hielt Clay inne und begann zu überlegen, dann willigte er jedoch ein und überreichte Jim grinsend einen der beiden Pappbecher.

 

Leise schlich Clay in Blakes Zimmer und schloss die Tür leise hinter sich. Kurz ließ er seinen Blick durch das Zimmer schweifen, bis er feststellte, dass Blake wirklich noch im Bett lag. Mit leisen Schritten ging er auf das Bett zu und kniete sich langsam davor hin. Die Tüte mit den Muffins und der DVD legte er auf dem Boden ab, während er den Becher weiterhin in der Hand hielt. Blake lag, Clay zugewendet, da. Die Decke war ihm bis zu seinem Bauch runter gerutscht, den Kopf hatte er halb auf seinem Arm und Halb auf dem Kissen gebettet. Überrascht stellte Clay fest, dass Blake in dem Pulli schlief, welchen er ihm gestern geschenkt hatte. Bevor Clay ihn weiter betrachten konnte, begann Blake etwas zu murmeln und schlug dann die Augen auf. Sein Blick traf sofort den von Clay, kaum trafen sich ihre Blicke, breitete sich ein Lächeln auf Blakes Gesicht aus.

Doch keine Sekunde später begann Blake leise zu fluchen und zog sich dabei die Decke über den Kopf. Wollte er ihm wegen gestern wirklich so wenig sehen, dass er sich sogar unter seiner Decke vor ihm versteckte?

    „Scheiße, was machst du denn hier?“, hörte er ihn fragen.

Sollte er sich entschuldigen für gestern? Jetzt? Clay wusste nicht, wie er damit anfangen sollte, also schob er es einfach noch etwas auf.

    „Dein Vater hat mich rein gelassen“.

    „Verdammt, wieso hat er das gemacht?“, fragte Blake mehr sich selbst, trotzdem antwortete Clay.

    „Ich hab ihn mehr oder weniger mit Kaffee bestochen“.

    „Na toll, mit einem Kaffee. Er soll doch niemanden rein lassen wenn ich schlafe. Ich war noch nicht Mal im Bad, ich sehe scheiße aus“.

Dass er schlecht aussieht, darum macht sich Blake wirklich sorgen? Ein Stein fiel von Clays Herzen, wenigstens versteckte er sich nicht vor ihm unter der Decke.  Worüber Blake sich so Sorgen machte, sie kannten sich doch schon ewig, da war es doch egal, wie er in der Früh aussah.

    „Das ist nicht witzig“, murrte Blake, Clay war gar nicht aufgefallen, dass er aufgelacht hatte.

     „Doch irgendwie schon“, widersprach Clay und zog ihm wieder die Decke vom Kopf.

Blake blickte ihm unbegeistert entgegen und wollte sich die Decke erneut über den Kopf ziehen, doch Clay hielt die Decke fest und gab Blake einen kurzen Kuss auf die Stirn.

    „Du siehst nicht scheiße aus“, meinte er grinsend.

    „Das glaubst auch nur du“, Blake streckte sich und setze sich danach auf.

Nacheinem ausgiebigen Gähnen lehnte er sich mit dem Rücken an die Wand und verschränkte seine Arme vor der Brust.

    „Also, was willst du hier, zu dieser unchristlichen Stunde?“.

    „Du bist nicht Gläubig“, erinnerte ihn Clay.

    „Mag sein, aber ich mag den Ausdruck… Also?“.

 

Clay seufzte kurz und strich mit seiner freien Hand durch seine Haare, wie sollte er das erlklären? Was sollte er bloß sagen?

    „Also… Es tut mir leid, dass ich gestern so plötzlich und so lange verschwunden bin. Ich musste meinem Nachbarn bei etwas helfen. Als Wiedergutmachung habe ich deinen Lieblingskaffee, eine Schachtel Muffins und eine DVD mit. Der Film soll wirklich schrecklich sein und wir haben früher ja öfter schlechte Horrorfilme angeschaut und über die schlechten Effekte und Schauspieler gelacht… Ich dachte mir, wir könnten uns einen schönen Vormittag machen“.

    „Naja, wenn der Hilfe gebraucht hat, hätte ich doch auch mitkommen und mit anpacken können“, überging Blake seinen Wiedergutmachungsversuch und hielt an dem fiktiven Nachbarn fest.

    „Ja hättest du wohl, aber ich musste so schnell reagieren, da habe ich nicht daran gedacht, tut mir leid“.

    „Du hättest mich kurz anrufen können, um auszurichten, dass es länger dauert“, Blake nahm ihm den Becher aus der Hand und nahm einen Schluck von dem Kaffee.

    „Ich musste wirklich dringend helfen, da hatte ich keine Zeit dazu“.

    „Nicht mal für eine SMS? Ein ‚Es wird doch später‘ hätte gereicht“.

    „Der Nachbar hat mich gleich mit seinen Problemen überhäuft, da bin ich gar nicht dazu gekommen, mein Handy rauszunehmen“.

Blake blickte ihm lange in die Augen, senkte seinen Blick dann auf den Becher den er zwischen seinen Händen hielt.

    „Irgendwie war es immer schon mein Traum gewesen, dass mir jemand Kaffee ins Bett bringt“, lenkte er kurz ab, wobei er den Becher in seinen Händen langsam hin und her drehte, „Soweit kenne ich dich, um zu wissen wann du lügst. Ich glaube dir das mit dem Nachbarn nicht, aber den Teil, dass deine Angelegenheit sehr dringend war, bei dem Teil lügst du nicht. Also was war wirklich los?“, kam er wieder auf das eigentlich Thema zurück.

    „Das… kann ich dir nicht sagen“, gab Clay nun ehrlich zu.

Selbst wenn er es ihm sagen könnte, Blake würde das doch nie glauben. Wie sollte er ihm sagen, dass er gestern drei Stunden damit verbracht hatte, mit seinen Freunden einen Alien mit drei Köpfen in einem Wald zu suchen?

    „Mhm, und wieso nicht?“.

    „Weil ich nicht darf“.

    „Du darfst also nicht“, Blake blickte ihn skeptisch an.

    „Du weißt doch, wann ich lüge, also sieh mich jetzt an. Sagen wir es so, ich habe jemanden geholfen, dem ich öfter helfe, ich musste aber von Anfang an versprechen, dass ich es niemanden verrate“.

Blake musterte ihn einen Augenblick, dann schien er ihm zu glauben und streckte seine Hände aus:

    „Sind die Muffins wenigstens gut?“.

Clay überreichte ihm wortlos die Packung.

    „Hm… Oh Mann, die haben wir ja damals im Kindergarten immer miteinander geteilt“, erinnerte Blake sich grinsend.

    „Ich verspreche dir, auch wenn ich das nächste Mal alle Hände voll zu tun habe, schreibe ich dir eine kurze Nachricht, wenn ich mich irgendwo verspäten sollte“, eine SMS sollte sich bei einem Einsatz zeitlich schon ausgehen.

    „Jap, das wäre nicht schlecht“, Blake beugte sich vor und fische die DVD Hülle aus der Plastiktüte, interessiert musterte er die Inhaltsangabe des Filmes. Damit schien die Sache für ihn wohl schon abgeschlossen zu sein.

    „Der klingt ja wirklich so richtig schlecht“, stellte er lächelnd fest, „Na schön, ich geh schnell ins Bad und danach können wir im Bett frühstücken und uns den ansehen“.

Blake rutschte an den Rand des Bettes und wollte aufstehen, doch Clay hielt ihn kurz fest und kniete sich direkt vor ihm hin. Lächelnd legte er seine Hände um Blakes Nacken und wollte ihm zu einem kurzen Kuss an sich ziehen, doch Blake wendete seinen Kopf ab. War er etwa doch etwas sauer auf ihn?

    „Ich hab mir noch nicht mal die Zähne geputzt“, meinte Blake.

    „Das ist mir egal, einen Kuss werden wir überleben“, widersprach Clay und drückte einfach seine Lippen auf die des anderen.

 

Am frühen Nachmittag saßen sie beide auf dem Bett, der Film war schon längst zu Ende. Sie hatten die Musikanlage mal wieder angeschaltet, lauschten dieser leise, während sie etwas mit einander redeten.

Plötzlich öffnete sich die Tür und eine Person, welche Clay schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen hatte, betrat den Raum. David, Blakes großer Bruder, schnappte sich den Bürostuhl von Blakes Schreibtisch und setzte sich vor den beiden lächelnd hin.

    „Oh Mann Clay, du bist ja kaum gewachsen“, begrüßte er ihn.

    „Hey, er ist immerhin größer als ich“, entgegnete Blake.

    „Das ist kein Verdienst, jeder ist größer als du Hobbit“, stachelte ihn sein Bruder.

    „Was machst du überhaupt hier?“, fragte Blake sofort genervt, er mochte es gar nicht wenn ihn jemand klein nannte, so klein war er eigentlich gar nicht, aber das war noch ein wunder Punkt aus ihrer Kindheit.

    „Na was wohl? Meinen liebsten und einzigen Bruder besuchen“.

Blake lachte auf:

    „Ahja, und was machst du wirklich hier?“.

    „Ach… Ich muss noch ein paar Sachen aus meinem alten Zimmer holen“.

 

David musterte Clay und Blake auffällig und fing dann plötzlich an zu grinsen.

    „Was ist denn?“, fragte Clay sofort nach.

    „Ach nichts, nur wenn ich euch beide jetzt so nebeneinander sehe, muss ich mich an etwas erinnern, was Blake damals gemacht hat“.

    „Was hat er denn gemacht?“, fragte er erneut.

    „Wehe, jetzt kommt irgend so eine peinliche Geschichte“, Blake hob drohend den Zeigefinger gegen seinen Bruder.

    „Nicht peinlich, eher niedlich. Ich weiß noch, wie du damals aus dem Kindergarten nach Hause gekommen bist, und mir erklärt hast, dass du und Clay eines Tages heiraten und zusammen in einem roten kleinen Haus leben werdet“.

Clay musste kurz auflachen, verkniff es sich dann aber, als Blake ihm einen warnenden Blick zuwarf.

    „Das hab ich gar nicht!“.

    „Doooch, das hast du. Dann hab ich dir erklärt, dass Männer nicht allen Ländern heiraten können, daraufhin hast du gesagt, dass ihr dann eben in so einem Land das rote Haus bauen werdet, indem Männer heiraten dürfen“.

    „Daran kann ich mich gar nicht mehr erinnern“, murmelte Blake leise.

    „Ich dafür umso mehr. Ich habe irgendwie Jahre lang gedacht, dass ihr wirklich heiraten würdet, wenn ihr Erwachsen seid, bis ich irgendwann, als ihr euch irgendwie nicht mehr so oft getroffen habt, vergessen habe. Dabei habe ich immer gedacht, ihr werdet sicher ein tolles Paar. Nun, wie man sich irren kann nicht? Das rote kleine Haus kann man wohl vergessen hm?“.

Blake blickte Clay an und setzte sich viel näher an ihn ran, sodass sie sich beinahe überall berührten, Clay verstand die Geste und legte seinen Arm um ihn. Seinem Bruder konnten sie es wohl sagen, der würde sich nicht aufregen oder sich von ihnen abwenden. Blake grinste und gab Clay einen Kuss auf die Wange, um es wohl noch deutlicher zu machen, daraufhin kippte David fast von seinem Stuhl.

    „Neeeeeein! Nein, wirklich?! Ich hab es gewusst! Ich hab all die Jahre recht gehabt! Also kann man doch auf das rote kleine Haus hoffen?“.

Clay nickte und wandte seinen Blick dann wieder Blake zu:

    „Obwohl, mir gefällt rot nicht, ich wäre mehr für eine hellgrüne Fassade“.

    „Über die Farbe lässt sich noch reden“, meinte Blake lachend, worauf Clay ihn zu einem kurzen Kuss näher an sich zog.

Natürlich war es naiv, anzunehmen, dass sie eines Tages wirklich zusammen leben würden, wer wusste schon, wie lange sie zusammen bleiben würden? Nach einer Zeit würde Blake ihn sicher satt haben, aber bis dahin würde Clay die Zeit genießen und wer weiß schon, was die Zukunft bringt? Mit viel Glück würden sie ja eines Tages doch zusammen leben, man sollte niemals nie sagen.

    „Ist doch egal welche Farbe! Ich freu mich gerade so, ich hätte damals mit jemanden eine Wette abschließen sollen, es war so klar, dass ihr ein Paar werden würdet“.

    „Achja? Vorhin hast du noch gedacht, dass der Traum aus wäre“.

    „Ach was, ich wollte doch nur sehen, ob meine Vermutungen stimmen“, widersprach David, obwohl man genau aus seiner Stimme hörte, dass er dies nicht ernst meinte.

    „Weiß es sonst noch jemand?“.

    „Nicht wirklich… Kannst du dir vorstellen wie Dad reagieren wird?“.

Sofort verschwand das Lächeln aus Davids Gesicht und er wurde wieder ernst:

    „Um ehrlich zu sein, ich habe keine Ahnung. Hast du ihn nie darauf angesprochen?“.

    „Na wie denn? Ich kann mir auch nicht vorstellen, wie er  reagiert, deshalb habe ich ja so Angst davor“.

    „Hm… du solltest es aber nicht zu lange aufschieben, es ist immer noch besser, dass er es von dir erfährt, als dass es durch Zufall jemand mitbekommt und er es dann durch jemanden andern erfahren darf“.

    „Da hast du wohl recht…“.

    „Wissen deine Eltern es?“, fragte er nun Clay.

    „Ja, die wissen es schon länger und das mit Blake wissen sie jetzt auch“.

    „Siehst du? Und Clay sitzt auch noch lebendig neben dir, also überleben wirst du es auf jeden Fall“.

    „Wow, das ist wirklich ein Trost, danke“, meinte Blake sarkastisch.

 

David blieb noch bei ihnen im Zimmer und erzählte einige Sachen aus seinem neuen Leben als Student und etwas über seine Freunde, von der WG, in der er lebte. Gerade erzählte er von einer ziemlich chaotischen Homeparty als Clays Handy klingelte.

    „Hey Clay, störe ich dich gerade?“, wollte Lina wissen, als er an sein Handy ging.

    „Nein, was gibt’s?“.

    „Hast du heute Zeit? Ich soll mir heute die elektronischen Geräte für meine Wohnung aussuchen und habe auf deine Hilfe gehofft“.

    „Elektronische Geräte?“, hakte er nach.

   „Ja, Fernseher, Computer, Musik Anlage, ich schätze in der Technik kennst du dich wohl um vieles besser aus als ich“, erklärte sie näher.

Vor einigen Tagen hat der hohe Rat eine Eigentumswohnung für Lina gefunden, die Möbel waren größtenteils schon bestellt und zu einem Großteil bereits aufgebaut und montiert, bis Mittwoch würde sie wohl schon einziehen können.

    „Oh.. Äh ja klar wann sollen wir uns treffen?“.

    „Ich bin schon im Einkaufscenter, kannst du her kommen?“.

    „Klar, bin in so 20 Minuten da“.

    „Okay, danke“, damit legte sie auf.

Clay streckte sich und stand von dem Bett, auf dem Blake und er es sich bequem gemacht haben auf.

    „Wer war das?“, Blake blickte ihn fragend an.

    „Mel, sie hat mich um Hilfe bei ihrer neuen Wohnung gebeten“, erklärte er, während er seine Weste anzog.

Clay stellte sich vor Blake hin, welcher sich auf dem Bett hingekniet hatte, sodass sie auf gleicher Augenhöhe waren.

    „Dann bis morgen?“, fragte Clay.

    „Ich muss morgen einen Berg Hausaufgaben erledigen“, Blake verzog sein Gesicht, man konnte ihm anmerken, wie sehr er sich darüber freute.

    „Oh, okay, dann bis Montag in der Schule?“, fragte er erneut.

    „Joup, bis dann“, Blake blickte ihn abwartend an.

David war noch immer im Zimmer und beobachtete die beiden, wie sollten sie sich verabschieden, wenn sie nicht alleine waren? Sollte er einfach gehen? Das erschien ihm irgendwie falsch.

Clay schüttelte den Kopf und gab sich einen Ruck, was war denn schon groß dabei? Er sollte aufhören sich unnötig so viele Gedanken um solche Kleinigkeiten zu machen.

Schnell umarmte er Blake und gab ihm einen kurzen Kuss auf die Schläfe.

    „Bis dann“, murmelte er noch leise, bevor er ihn losließ und aus dem Zimmer gehen wollte.

   „Bekomm ich auch eine Umarmung?“, fragte David neckend.

    „Höchstens eine Kopfnuss“, erwiderte Clay, als er diesem wirklich leicht auf den Kopf schlug.

    „War schön dich wieder zu sehen“.

    „Gleichfalls, achja und Clay?“, fragte David noch nach.

    „Was denn?“.

    „Ich mag dich, aber als großer Bruder hab ich nun mal gewisse Pflichten, verstehst du? Also muss ich das jetzt sagen. Wenn du Blake weh tust, werde ich dir weh tun“, auf einmal wirkte David todernst.

    „Boah, halt einfach die Klappe, du bist unmöglich“, murrte  Blake, der sich gerade wieder in seine Matratze sinken ließ.

Clay musste bei diesem Anblick grinsen, am liebsten hätte er sich gleich wieder zu Blake ins Bett gelegt.

    „Ich werde ihm gewiss nie mit Absicht weh tun“, meinte Clay nun ebenfalls mit einem ernsten Gesichtsausdruck zu David.

    „Will ich doch hoffen“, erwiderte dieser.

Plötzlich kam ein Kissen durch das Zimmer geflogen, Clay konnte ausweichen, David bekam es jedoch an den Kopf.

    „Leute! Ich bin anwesend, außerdem seid ihr gerade einfach nur lächerlich!“, konnte man Blake erneut murren hören.

Clay musste lachen und verschwand schnell aus der Tür, als plötzlich ein zweites Kissen durch das Zimmer geschmissen wurde.

Nein, die Kissenschlacht würde er die zwei Brüder alleine austragen lassen.

 

Im Einkaufszentrum fand er ohne lange Suche Jake und Lina, die gerade auf einer Bank saßen und sich einen Eisbecher teilten. Sie unterhielten und lächelten sich gegenseitig an. Für Außenstehende wirkten sie  sicher wie ein Paar, Clay wunderte sich sowieso, wieso nicht einfach eins wurden. Okay, Lina hatte sicher Recht, wenn sie meinte, ihr Leben wäre gerade zu kompliziert. Immerhin hatte sie einen wirklich riesigen Verlust hinter sich. Aber trotz dieses großen Verlustes brachte Jake sie gerade zum Lachen und war das nicht viel wert?

Dass sie überhaupt noch klar denken konnte, nach so einem Verlust, war schon ein Wunder, aber Lachen? Wenn er sich recht überlegte, brachte auch nur Jake sie zum Lachen, sonst lächelte sie relativ wenig und hing oft ihren Gedanken nach. Wenn er einen Fremden gefragt hätte, ob er glauben konnte, dass Lina gerade auf einen Schlag ihre Welt verloren hatte, würde ihm das sicher keiner glauben. Naja, in erster Hinsicht würden sie ihm nicht glauben, weil keiner von den anderen Welten wussten, aber in zweiter Hinsicht würde es keiner glauben, weil die beiden gerade rumblödelten und glücklich dabei aussahen.

    „Habt ihr auch ein Eis für mich?“, fragte Clay, als er vor ihnen zum Stehen gekommen war.

    „Nein, alles aufgegessen“, Lina deutete auf den leeren Eisbecher.

    „Hm… Jake war also keine große Hilfe beim Einkaufen? Oder warum wurde ich gerufen?“.

    „Doch, bei den Möbeln und Haushaltskram, aber bei den Technischen Geräten möchte ich eben die Meinung von unserem Fachmann wissen. Und du musst keine Kosten sparen, immerhin muss der Rat alles übernehmen“, erklärte sie, während sie aufstand, und den Eisbecher in den Mülleimer warf, welcher neben der Bank stand.

    „Schön, was für Geräte dürfen oder sollen wir eigentlich kaufen? Oder wie funktioniert das?“.

Lina reichte ihm einen zusammengefallenen Zettel aus ihrer Hosentasche:

    „Hier stehen die Dinge, dich ich mir bestellen kann. Wir bestellen dann alle Sachen und der Rat übernimmt die Rechnung. Aber sie zahlen eben nur für Dinge, die abgemacht wurden. Wie zum Beispiel einen Laptop, da ich den für die Schule brauche, oder eine Musikanlage, weil ich in meinem alten Zimmer auch eine hatte. Ein Tablett würden sie mir nicht bezahlen, da ich früher auch keines hatte. Ich habe diese Sachen mit dem einen Begutachter, welcher mit mir gesprochen hat, ausdiskutiert und mitbestimmt“.

    „Oh okay“.

 

Gute zwei Stunden später, verließen die drei das Einkaufszentrum wieder.

    „Die Sachen werden also Montag in deine Wohnung geliefert, vorher wolltest du doch sowieso nicht einziehen, also passt es doch so oder?“.

    „Nicht wirklich, ich schlafe schon ab heute dort“.

    „Ich dachte einige Möbel sind noch nicht zusammen gebaut?“, erkundigte sich Jake.

    „Ja schon, aber ich werde heute Abend noch einige zusammenbauen und ja, es sollte nicht mehr lange dauern bis alles fertig ist“.

    „Aber wo willst du schlafen? Das Bett und die Couch sind noch nicht zusammen gebaut oder?“, Clay war sich ganz sicher, dass diese noch nicht standen, als er das letzte Mal in der Wohnung war.

    „Naja, die Couch im Wohnzimmer steht halb und das Bett… Ich habe eine Matratze, mehr brauche ich für den Anfang nicht, ich kann das Bett ja irgendwann anders zusammenbauen“.

    „Sollen wir nicht mitkommen und etwas helfen? Das Bett könnten wir heute noch schaffen“, schlug Jake vor.

    „Glaubst du etwa, ich wäre so ein kleines hilfloses Mädchen, das kein Bett zusammen bauen kann? Ich trau mich wetten, ich kann es sogar besser als du, hab als Kind sehr oft bei so etwas geholfen“.

    „Das hat er sicher nicht gemeint, aber zu dritt geht das sicher viel schneller, immerhin hast du so sechs statt zwei Hände“, erklärte Clay näher.

    „Hm…“, Lina blickte nachdenklich zwischen ihm und Jake hin und her, „Na schön, aber als Dank, spendier ich euch was zum Essen“.

    „Clay musst du nichts spendieren, er bekommt das Essen beim Italiener immer aufs Haus, es hat eben Vorteile, wenn man mit dem Kellner/Koch zusammen ist“, Jake grinste Clay wissend an.

    „Nichts für ungut, aber Lina arbeitet auch beim Italiener, also könnte sie dir auch was aufs Haus geben“, entgegnete Clay.

    „Oh nein, ich muss so schon hart fürs Geld arbeiten, eine Runde zu zahlen könnte ich mir nicht leisten. Sagen wir, ich koch euch einfach etwas, in meiner neuen Küche, aber erst nach der geleisteten Arbeit von euch, vielleicht seid ihr ja auch nutzlos“.

    „Du hast schon Essen in deiner Küche?“, fragte Jake verblüfft.

    „Natürlich, meine Sachen habe ich von Sonja auch schon zu mir geschafft. Also Ladies, wollt ihr weiter quatschen oder gehen wir an die Arbeit?“, Lina legte ihre Arme um die beiden und ging los, in die Richtung ihrer neuen Wohnung.

 

Schließlich hatten sie wirklich nicht lange gebraucht, bis sie Linas Bett zusammengebaut hatten. Nach diesem Erfolgserlebnis wollten sie auch die Couch in Angriff nehmen, bereuten es aber eine gute Stunde später aber bereits wieder, da weder Clay noch Jake mit der Couch zurecht kamen und Lina es letzten Endes alleine machen musste. Clay musste sich eingestehen, dass Lina wirklich sehr selbstständig war, er bewunderte sie immer wieder dafür, um ehrlich zu sein.

Er kam am diesen Tag erst spät heim, schlief deshalb am Sonntag auch lange aus. Nein falsch, er hätte lange geschlafen, wäre da nicht ein Einsatz gewesen, wegen dem er um Sieben Uhr morgens aus dem Bett springen musste.

Da er nach diesem Einsatz bereits munter war, setze er sich gleich danach und einem anschließenden Frühstück in Bekas Küche, in den Stützpunkt und machte sich daran, an seinen Programmen weiter zu arbeiten.

Am späten Nachmittag, nach einem erneuten anstrengenden Einsatz, saßen alle Wächter, ausgenommen Lina, welche im Restaurant arbeiten musste, im Stützpunkt, als plötzlich der Rat um eine Besprechung bat.

 

Clay wollte schon Sonja rufen, bevor er entdeckte, dass die Besprechung an ihn gerichtet war, nicht an das ganze Team, wie es bis jetzt immer gewesen war. Sofort krampfte sich sein Magen zusammen. Hatten sie ihn entdeckt? Er hatte durchaus ein zwei Mal manche Gesetze ignoriert und sich einige Male in die Festplatte des hohen Rates gehackt, hatten sie ihn etwa bemerkt? Die Spuren wurden alle nach seinem Angriff beseitigt, da war Clay sich hundert Prozent sicher. Außerdem war sein letzter Hackangriff schon Monate her, das konnte unmöglich sein, dass sie ihn jetzt deswegen sprechen wollten, so lange Zeit später.

Dann blieb nur mehr eine Möglichkeit, vielleicht waren sie als Wächter nicht mehr zufrieden mit ihm. Dabei hatte er sich, seit seinem Ausfall damals, als Alicia verletzt wurde, stets zusammen gerissen und sich keine Fehler mehr erlaubt, jedenfalls glaubte er das. Sonja hat auf jeden Fall nicht mehr auf seine Ausrutscher angesprochen, das hätte sie doch sicher, wenn er welche gemacht hätte.

Also was wollten sie bloß?

    „Clay, der Rat ruft dich an. Wie kannst du vor dem Bildschirm sitzen und das nicht mitkriegen? Augenblick, wieso bist du auf einmal so blas?“, Alicia war während sie zu ihm sprach immer näher gekommen und schließlich neben ihm stehen geblieben.

War er blas? Wann war er das letze Mal bitte blas gewesen? Clay schloss die Augen und atmete tief durch, er durfte jetzt nicht die Fassung verlieren. Er hatte nichts verbrochen, sie konnten ihn nicht ermahnen, beurlauben oder ihm sonst etwas Schlechtes antun.

Mitterlweile standen Beka und Jake ebenfalls hinter ihm.

    „Bleib ruhig, du hast seit dem Vorfall mit Alicia nichts Falsches mehr getan, sie können nichts Böses wollen“, sprach Beka nun seine Gedanken aus, diese Worte aus ihrem Mund zu hören, beruhigte ihn gleich viel mehr.

Beka war seine Freundin, aber in gewisser Weise auch die Führerin bei ihren Einsätzen, sie hätte einen Fehler seiner Seitz bemerkt und ihn sicher auch ermahnt.  

    „Du hast Recht“, sagte er entschlossen und nahm endlich die Anfrage zu der Besprechung an.

 

Nach der förmlichen Begrüßung des Rates, in der Sie die Nummer von Clays Einheit vorgelesen und einige Sachen zu seiner Identität, wie Geburtstag, Geburtsort und ähnliches gefragt haben, begann das eigentliche Gespräch erst. Clay hatte am Anfang der Begrüßung um Erlaubnis gebeten, so konnten seine Freunde im Raum bleiben und durften das Gespräch mit anhören, sich aber nicht daran beteiligen.

    „Wir hätten einen Vorschlag für Sie. Wir möchten dem nächst einen neuen Fortschritt für die Einheiten auf der Erde ermöglichen. Wächter sollen in Zukunft Motorräder besitzen, mit diesen kann man schneller zu einer Pforte gelangen. Wir haben zuerst über ein speziell entwickeltes Auto nachgedacht, aber ein Motorrad passt beinahe überall durch auch durch kleine Nebengassen und Wege, also ist dies wohl praktischer. Da Sie was Technik angeht, sehr begabt sind und Programme und Ausrüstung für Wächter entwickeln, dachten wir uns, Sie könnten daran interessiert sein, an diesem Projekt zu arbeiten“.

    „Nun…“, Clay überlegte kurz, dass sie Motorräder bekamen, war eine feine Sache, immerhin würde das den Wächtern eine Menge Zeit sparen und die Arbeit auch um einiges erleichtern. Aber ob er ein Motorrad entwerfen konnte, wusste er nicht, ehrlich gesagt traute er sich das alleine nicht zu.

    „Kommt darauf an, wie würde dieses Projekt aussehen? Gibt es bereits Prototypen oder Baupläne?“.

    „Nein, Sie müssten von Null anfangen, aber das dürfte für Sie doch kein Problem sein“, entgegnete der Sprecher des Rates.

    „Ich weiß nicht recht, ich kenn mich zwar mit auch mit Technik aus und weiß durchaus, wie ein Motor funktioniert, aber ich kenn mich was Software angeht, viel besser aus. Ich weiß nicht, ob mein beschränktes KFZ Wissen ausreichen würde, um ein Motorrad zu entwerfen und bauen“.

    „Sie würden nicht alleine Arbeiten, wir haben uns schon gedacht, dass Sie etwas Unterstützung brauchen. Deshalb haben wir neben Ihnen noch jemanden ausgewählt, der mit Ihnen zusammen arbeiten soll“.

    „Noch jemanden? Wen denn?“.

    „Einen jungen Mann, ebenfalls von der Erde, in einer Einheit nicht weit weg von Ihrer. Er war bis vor einigen Jahren Wächter, jetzt arbeitet er allerdings als Mechaniker und ist uns lediglich in diesem Bereich behilflich“.

Das reichte ihm, er musste nicht nachdenken sondern entschied nach seinem Bauchgefühl:

    „Ich würde es gerne versuchen, vorher möchte ich diesen Jungen aber kennen lernen, ich kann Ihnen nicht hundert Prozentig sagen, ob es klappen wird, aber ich möchte es versuchen“.

    „Wunderbar, genau das wollten wir hören. Der Mechaniker wird morgen in Ihrem Stützpunkt eintreffen. Besprechen Sie mit ihm die Lage, und stellen Sie erste Pläne auf. Sobald Sie Teile und eine Werkstatt brauchen werden, sagen Sie Bescheid, damit wir uns darum kümmern können. Haben Sie sonst noch Fragen?“.

Der Mann, der heute der Sprecher des Rates war, welcher versammelt hinter dem stehenden Mann an einem runden Tisch saß, blickte ihn fragend über den Bildschirm an.

    „Nein, schätze nicht“.

    „In Ordnung, dann erkläre ich die Besprechung für beendet. Auf Wiedersehen“.

Bevor Clay sich ebenfalls verabschieden konnte, war der Bildschirm bereits schwarz.

    „Wow, Motorräder, wie verdammt cool ist das denn?“, reagierte Alicia als erstes, nach dem alle für ein paar Sekunden geschwiegen hatten.

    „Sehr verdammt cool“, antwortete Beka.

    „Und wer sonst, als Clay, unser Mann, der alles kann, soll sie bauen“, Jake klopfte ihm auf die Schultern.

    „Naja, ich und dieser Mechaniker… Ich bin ja mal gespannt, wen sie da zu uns schicken.“

Er war wirklich gespannt, hoffentlich hatten sie den richtigen ausgesucht und keinen Idioten, er bezweifelte nämlich, dass der Rat einschätzen konnte, wer fähig war, in einem Team zu arbeiten und wer nicht.

 

Doch so richtig konnte Clay das noch nicht beurteilen. Am nächsten Morgen trafen sich alle Wächter vor der Schule im Stützpunkt, es hieß, dass der junge Mechaniker in der Früh, noch vor der Schule dort eintreffen würde. Jedoch warteten sie schon seit einer halben Stunde, in zehn Minuten würde ihre erste Unterrichtsstunde anfangen, Blake hatte ihn schon angeschrieben und gefragt, ob Clay denn heute gar nicht in die Schule kommen würde, er dachte wohl, er sei erkrankt. Clay hatte ihm lediglich geantwortet, dass sie alle vor der Schule noch etwas erledigen mussten.

    „Wir können nicht länger warten, wir müssen in zehn Minuten in der Schule sein, wir müssen laufen, um überhaupt eine Chance zu haben, pünktlich da zu sein, wenn wir Glück haben verspätet sich der Lehrer und wir gewinnen noch ein paar Minuten dazu“, Alicia war aufgestanden und hatte ihre Schultasche geschultert.

    „Einen tollen Partner haben sie dir da ausgesucht, sorgt gleich am ersten Tag dafür, dass wir wegen ihm Probleme bekommen“, murrte Jake.

Gerade als sie alle aus dem Stützpunkt gehen wollten, stürmte auch schon ein fremder Junge durch die Tür.

    „Entschuldigung, tut mir leid. Der Sprit ist mitten auf dem Weg ausgegangen und ich musste zu Fuß zur nächsten Tankstelle und zurück und das mitten in der Nacht. Ich werde meinen Bruder umbringen, wenn er mir das nächste Mal über den Weg läuft. Borgt sich einfach so das Auto aus und gibt es mir mit leerem Tank zurück“.

 

Die Wächter waren alle in ihrer Bewegung stehen geblieben und starrten den fremden Jungen an. Clay war ziemlich verblüfft von seinem Aussehen, er hätte sich den Mechaniker anders vorgestellt. Er war von Kopf bis Fuß schwarz. Er hatte schwarze, längere, gerade Haare, die ihm etwas ins Gesicht fielen, eine helle Haut und dunkelbraune Augen, welche mit schwarzem Kajal unterstrichen waren.

Seine Kleidung hielt sich ebenfalls in dieser Farbe, er hatte ein schwarzes T-Shirt, auf dem etwas aufgedruckt war, das man nicht ganz sehen konnte, da er eine schwarze Lederjacke über dem T-Shirt trug. Er trug eine tiefsitzende Röhrenjeans, die, wie auch sonst, ebenfalls schwarz war, in dieser war ein schwarzer Nietengürtel eingefädelt. Das ganze Outfit wurde von schwarzen Convers Schuhen abgerundet, die etwas abgewälzt wirkten, sie hatten sicher schon einige Jahre auf dem Buckel.

Alles in einem sah der Junge wirklich gut aus, Clay hatte ebenfalls eine Schwäche für die Farbe Schwarz, wobei er diese nicht so extrem auslebte, wie der Junge hier vor ihm.

    „Du bist der Mechaniker aus der anderen Stadt?“, fragte Clay verblüfft nach und durchbrach damit als erster die Stille.

    „Jap, aber normalerweise nennt man mich Collin. Bist du Clay, der Technikexperte?“, wollte er nun ebenfalls von ihm wissen.

Bevor Clay antworten konnte, unterbrach Beka ihn:

    „Ja ist er. Ich bin Beka, das ist Clay, Jake und Alicia. Und wir sind alle spät dran, dank deines Bruders. Geh in das Haus, die Hintertür führt zu der Küche. Bedien dich und falls du auf eine Frau triffst, das ist Sonja, unsere Mentorin. Wir kommen nach der Schule wieder her, wiedersehen“.

Bekas Stimme war ziemlich hektisch, sie hatte außerdem eine Tonlage verwendet, die keinen Widerspruch duldete, während sie sprach war sie schon halb aus der Tür rausgegangen. Alle rissen sich wieder zusammen und folgten ihr sofort aus dem Stützpunkt, jetzt hatten sie nur noch fünf Minuten bis zur ersten Stunde.

 

    „Wir sind tot, wir sind so tot. Wir sind sowas von unten durch bei diesem Lehrer, wir alle! Außer Clay, du Verräter, wie bist du überhaupt fertig geworden?“, Alicia hatte ihren Kopf auf die Tischplatte gelehnt.

Sie saßen an zu fünft an einem Tisch und aßen gerade ihre Jausen, alle bis auf Alicia die weiterhin verzweifelte. Sie waren schon seit der ersten Stunde alle etwas schlecht drauf, denn sie waren nämlich nicht nur zu spät gekommen sondern sind auch noch mitten in einen unangekündigten Test geplatzt. Und da sie so spät dran waren, hatten sie nur halb so viel Zeit für den Test, als alle anderen in der Klasse. Keiner von ihnen war überhaupt fertig geworden, bis auf Clay.

    „Ich weiß auch nicht, ich hab gehudelt, ich hab so schnell geschrieben, dass der Lehrer es wahrscheinlich nicht einmal lesen kann“, er zuckte mit den Schultern und bis etwas von seinem Sandwich ab.

    „Doch er wird es lesen können und du wirst eine Eins haben, während wir anderen eine Fünf einstecken müssen. Genau das hat mir noch gefehlt, der Lehrer kann mich doch sowieso nicht ausstehen“, jammerte Alicia weiter.

    „Mhm… Dieser Collin ist uns wirklich etwas schuldig“, schloss sich Jake Alicia ebenfalls an.

    „Hm… Was haltet ihr eigentlich von ihm?“, Beka blickte jeden interessiert an.

    „Keine Ahnung, wir kennen ihn ja nicht wirklich“, entgegnete Alicia.

    „Ja schon aber… Attraktiv ist er auf jeden Fall, nicht?“, Beka blickte erneut durch die Runde.

Jake hob die Hände:

    „Ich passe, kann ich nicht beurteilen“.

    „Kann sein, ist nicht ganz mein Typ“, Alicia hatte nun ihren Kopf wieder von der Tischplatte gehoben.

    „Nun ja, er sieht schon ganz gut aus“, gab Lina nun zu, sofort warf Jake ihr einen wütenden Blick zu.

Augenblicklich waren alle Blicke auf Jake gerichtet, alle wussten ja, dass er in Lina verliebt war und alle ahnten, dass er über ihre Meinung nicht gerade glücklich war. Doch er sagte nichts dazu und blickte Lina lediglich aus einer Mischung aus Eifersucht und gebrochenem Stolz an.

    „Ich hab nicht gesagt, dass ich ihn heiraten will, bloß dass er nicht hässlich ist, jetzt schau mich nicht gleich so an“, entgegnete Lina auf diesen Blick.

Jake richtete seinen Blick wieder auf sein Essen:

    „Entschuldige, geht mich sowieso nichts an“.

    „Schon gut“.

    „Und du Clay? Was hältst du von ihm?“, fragte Beka nun ihn.

    „Keine Ahnung“.

    „Wir wissen ja, dass keiner mit deinem süßen Kellner mithalten kann, aber jetzt mal unabhängig davon“, meinte Alicia grinsend.

    „Ähm… Er sieht wohl ganz gut aus, denk ich“, Collin unattraktiv zu nennen, war wohl wirklich eine Lüge.

    „Ja… Also wenn keiner ein Problem damit hat, ich habe ihn zuerst gesehen“, kam es nun von Beka, woraufhin sie überrascht angestarrt wurde.

    „Was denn? Ich will versuchen ihn etwas kennen zu lernen, er wirkt ganz sympathisch und sieht wirklich gut aus“, rechtfertigte sie sich.

Das war mal etwas ganz Neues, Beka hatte noch nie einen richtigen Freund und sie war auch noch nie so richtig verliebt gewesen. Ein paar kleine Schwärmereien natürlich schon, aber sie war nie in die Offensive gegangen oder hat versucht, jemanden wirklich kennen zu lernen.

    „Wer sieht gut aus?“, ertönte plötzlich Blakes Stimme hinter Clay, welcher zuerst, vor Schreck, zusammenzuckte.

Seine Freunde hatten es wohl nicht für nötig gehalten, ihm zu sagen, dass jemand hinter ihm stand.

    „Stört es euch, wenn ich mich dazu setzte?“, fragte Blake lächelnd.

    „Nein, nimm ruhig Platz“, antwortete Beka als erste.

Blake nahm neben Clay Platz und blickte interessiert durch die Runde:

    „Also, über wen habt ihr den gesprochen?“.

    „Mein Cousin Collin ist für ein paar Wochen hier in der Stadt, er und Clay arbeiten an irgendeinem Projekt“, erklärte Jake.

Sie würden Collin wohl als Jakes Cousin tarnen, Verwandten Besuch war immer weniger auffällig, wie wenn Clay mit einem Fremden zusammen arbeiten würde.

    „Ein Projekt?“, fragte Blake und blickte dabei Clay an.

    „Jap, er ist Mechaniker und wir versuchen ein Fahrzeug zu bauen, jedenfalls besprechen wir das heute und schauen, ob wir zusammen arbeiten können“.

    „Oh… Und er soll gut aussehen?“, wollte er als nächstes wissen.

    „Und wie“, beantwortete Beka seine Frage.

    „Wie sieht er denn aus?“.

    „Ach, ziemlich groß, breite Schultern, schwarze Haare, dunkelbraune Augen, ganz in schwarz gekleidet und ja… Er hat eine helle Haut, was irgendwie ein schöner Kontrast dem ganzen schwarz ist“, erklärte Beka.

    „Oh… Und mit dem willst du zusammen an einem Projekt arbeiten?“, Blake blickte ihn etwas verunsichert an. Machte er sich etwa wirklich Gedanken um Collin? Das konnte gar nicht sein.

Clay rutschte näher an Blake heran, sodass sie sich im bloßen Sitzen berührten und lehnte sich zu ihm, sodass nur er hören konnte, was er das leise murmelte.

    „Keine Sorge, auch wenn er gut aussieht, er kann nicht mit dir mithalten“.

Man konnte deutlich sehen, dass Blake nicht wusste, wie er auf dieses Kompliment reagieren sollte, Blake versuchte ein Lächeln zu unterdrücken, was ihm aber nicht gelang.

    „Das will ich doch hoffen“, murmelte er zurück, was Clay lachen lies.

    „Das ist nicht witzig!“, meinte Blake und funkte ihn an, Clay grinste und nahm seine Hand unter dem Tisch, sodass es keiner sehen konnte.

    „Nein, ist es wirklich nicht“, bestätigte er und verschränkte ihre Finger miteinander.

    „Und wieso lachst du dann?“, Blake war einfach niedlich, er war so froh, dass er der einzige war, der ihm nahe sein durfte. Es war nur schade, dass sie gerade in der Öffentlichkeit waren.

    „Ich würde dich jetzt so gerne küssen“, bevor Clay darüber nachdenken konnte, hatte er seinen Gedanken schon Blake zugehaucht, welcher ihm tief in die Augen blickte. In diesem Blick war Eindeutig seine Zuneigung, aber auch sein Bedauern, darüber das Clay seinen Wunsch nicht in die Tat umsetzten konnte, zu sehen.

    „Leute, reist euch etwas zusammen, langsam werdet ihr auffällig“, unterbrach Lina die beiden.

Clay rückte etwas von Blake ab, wenn auch unfreiwillig, Lina hatte Recht. Clay hatte gar nicht auf seine Freunde geachtet, welche Blake und ihn nun grinsend anblickten.

 

Blake räusperte sich etwas und nahm sich Clays Sandwich um davon abzubeißen:

    „Und Lina? Wie war die Schicht gestern?“, erkundigte er sich.

    „Naja nicht so gut. Der Obergriff will noch nicht ganz funktionieren und das Servieren war etwas holprig. Aber das Abservieren, Tischdeckenwechseln und Decken ging reibungslos. Bei allem anderen hat Matt mir geholfen“.

Matt war der Besitzer des Restaurant welcher hin und wieder einsprang. Er war, wie Blake, ein Mänchen für alles. Denn Blake kellnerte, während er auch in der Küche arbeitete, genau wie Matt. Aber Lina war nur für das Servieren zuständig, wobei Blake sie am Anfang ausbildete, außer natürlich er war nicht da, dann musste ihr jemand anders unter die Arme greifen. Aber Blake hatte gemeint, dass Lina für eine Anfängerin sehr schnell lernte.

Die Klingel verkündete das Ende der Pause und Alicia stand als erste vom Tisch auf:

    „Wir sollten uns beeilen, wir können nicht schon wieder zu spät sein“.

Bevor Clay mit den anderen aufstehen konnte, hielt Blake seine Hand unter dem Tisch fest und hinderte ihn daran aufzustehen:

   „Warte, treffen wir uns nach der Schule?“, zwei hellbraune Augen blickten ihn hoffnungsvoll an.

    „Ich muss mit diesem Collin das Projekt besprechen… und wenn es gut geht, fangen wir wahrscheinlich auch schon damit an“.

    „Oh… Okay, egal“, es war kein Weltuntergang, aber Clay bemerkte die kurze Betrübtheit in Blakes Blick, welche der rothaarige schnell überspielte.

    „Aber ich kann dich von der Arbeit nach Hause bringen, wenn du willst“, schlug er vor, so würden sie sich wenigstens kurz sehen.

    „Das wäre toll“, sofort sah er wieder das Lächeln, das er so gerne mochte und für das er wahrscheinlich alles getan hätte. Dieser Gedanke überraschte Clay, er hatte sich noch nie Gedanken darum gemacht, wie viel ihm Blake eigentlich wirklich bedeutete.

Beide standen auf nahmen ihre Schultaschen, die anderen waren bereits vom Tisch verschwunden.

    „Ach ja und Clay?“, rief Blake noch, als er gehen wollte.

Clay drehte sich zu ihm um:

    „Ja?“.

    „Es ist keiner mehr da, der uns sehen könnte“, meinte er mit einem Grinsen im Gesicht.

    „Oh…“, Clay schaute sich um und entdeckte wirklich niemanden mehr.

Schnell zog er Blake zu sich und gab ihm einen Kuss, der leider viel zu kurz ausfiel:

    „Du hast Recht, aber wir haben keine Zeit“.

    „Aber ich habe keine Lust auf Turnen, das würde ich sowieso schwänzen“, widersprach Blake.

    „Oh nein mein Lieber, wir werden jetzt nicht schwänzen, ich wurde heute schon eingetragen und du schwänzt Turnen sowieso zu oft“.

    „Was soll das jetzt heißen?“.

    „Dass dein Lehrer dir irgendwann nicht mehr glauben wird, dass du dein Turnzeug vergessen hast und das fast jede Woche“.

    „Dann hab ich eben Bauchweh“.

    „Nein hast du nicht, jetzt komm, bevor wir beide zu spät dran sind“, er gab Blake noch einen Kuss auf die Stirn und schupste ihn dann in die Richtung, in welche er zur Turnhalle gehen musste.

    „Manchmal hasse ich dich“, schrie Blake ihm noch zum Abschied zu.

    „Ja, ich hab dich auch gern“, erwiderte Clay und machte sich selig lächelnd auf den Weg zu seiner nächsten Stunde.

 

Als sie nach der Schule im Stützpunk eintrafen, entdeckten sie Collin auf der Couch liegend, welcher den Laptop, der auf seinem Schoß lag, zuklappte, als er sie bemerkte.

    „Also Collin, jetzt haben wir deutlich mehr Zeit“, begrüßte Beka ihn und setzte sich ihm gleich gegenüber auf die andere Couch.

Collin blickte alle nacheinander an:

    „Ich bin wirklich miserabel im Name merken, also seit mir nicht böse ja? Du bist Clay und du bist Beka oder?“, er deutete jeweils zu der Person, die er meinte, Clay nickte bestätigend.

    „Okay, bei euch war ich mir sicher… Du bist, irgendetwas mit A… Ähm Alessia?“.

    „Alicia“, korrigierte sie ihn.

    „Alicia, okay. Du warst Melissa oder nein hm, irgendwie sowas“.

    „Melinda, aber einfach Lina“.

    „Okay, tut mir leid und du bist… hm… Tut mir wirklich leid, bei dir habe ich mir gar nichts gemerkt“, er deutete mit seiner Hand auf Jake.

    „Jake“, half ihm Lina auf die Sprünge.

    „Jake, hoffen wir, dass ich es mir beim zweiten Mal endgültig merke. Nimmt es nicht persönlich, ich habe nach einem halben Jahr noch immer nicht alle Namen meiner Klassenkameraden gekannt also ja“.

    „Ist egal, sowas kennen wir, nicht war Alicia?“, Clay erinnerte sie nur immer wieder gerne an den einen Vorfall, als sie nach zwei Jahren in einer Klasse, ein Mädchen gefragt hatte, ob sie denn neu war.

    „Hey, sie hat fast immer geschwänzt und saß in der letzten Reihe, die ist viel zu weit weg“, verteidigte sie sich.

Lina blickte Alicia an:

    „Wirklich? Wen hast du nicht gekannt?“.

    „Kathy, die eine mit den-“.

    „Blonde Haare, rosa Strähnen nicht?“, Mel wusste sofort wen sie meinten.

    „Hm… Lina hat sie sich nach ein paar Wochen gemerkt, was sagt das jetzt über dich aus, Alicia?“, fragte Beka lachend.

Alicia verschränkte die Arme vor ihrer Brust und schwieg zu dieser Angelegenheit.

    „Na schön, damit wir nicht gestört werden, würde ich sagen, wir setzen uns in Bekas Wohnzimmer und besprechen das Projekt einmal“, schlug Clay vor.

    „Klingt nach einem Anfang“, Collin stand auf und machte sich auf den Weg.

 

    „Also, hast du schon eine Vorstellung davon, wie wir das angehen könnten?“, fragte Clay, als sie sich im Wohnzimmer niederließen.

   „Ich dachte 120 ccm reichen aus, das müsste schnell genug sein. Es gibt zwar auch 120 ccm mit Automatik, aber ich würde sagen Kupplung ist auf Dauer besser“, schlug Collin vor.

    „Ja, was mich anbelangt, ich hatte an eine spezielle Zündung gedacht. Man sollte das Pfortenhandy anschließen und es damit Starten und Sitzhöhe und Lichtstärke einstellen können. Und wir sollten durch diese Verbindung mit dem Pfortenhandy auch Navi ermöglichen. Sodass das Ziel, also die Pforte, die sich öffnen wird, durch ein Programm am Handy auf einer Landkarte angezeigt wird und man auf dem kürzesten Weg dorthin kann. Dann dachte ich noch an ein Headset in den Helmen, damit die Wächter untereinander auf dem Weg zum Ziel die Strategie besprechen können“.

Collin blickte ihn musternd an:

    „Wann haben sie dir über das Projekt Bescheid gegeben?“.

    „Gestern Abend, wieso?“.

    „Und seitdem sind dir all diese Ideen eingefallen?“, fragte er verwundert.

    „Mir ist im Unterricht oft langweilig, daher habe ich viel Zeit zum Denken“.

    „Hm… Nun, das sind alles verdammt gute Ideen, ich freu mich schon drauf. Unser Modell wird sicher das Beste“.

    „Das beste? Was meinst du?“.

    „Haben sie dir das nicht gesagt? Sie haben mehrere Teams gebildet und mehrere Versuchen ein Model zu erstellen und müssen es danach vorstellen, das Beste wird am Ende für alle Einheiten vermarktet“.

Clay blickte Collin verwundert an, das hatte der Rat ihm wirklich verschwiegen, aber wieso? Sofort stieg Ehrgeiz in ihm auf.

    „Und ob unseres das beste wird!“.

Er und Collin unterhielten sich noch lange über Ideen und wie sie sie umsetzten könnten. Collin war wirklich nicht dumm und man konnte super mit ihm reden.

 

Der Mechaniker hat sogar mitbekommen, das Clay schwul war, immerhin hatte Blake ihm irgendwann gegen Abend, als seine Schicht fast aus war und er keine Gäste mehr bedienen musste, mit SMS bombardiert. Clay bemerkte es gar nicht, aber wie er die Nachrichten bekam, hatte er wohl ein dämliches Lächeln im Gesicht, denn Collin fragte ihn sofort, ob ihm seine Freundin schrieb. Clay tat es mit einem: „So ähnlich“, ab und Collin zählte sofort eins und eins zusammen.

    „Du bist schwul?“, fragte er und zog die Augenbrauen nach oben.  

    „Ja, hast du ein Problem damit?“.

    „Nein, bin selbst bi.“.

    „Oh, okay“.

    „Wie ist dein Freund so?“, wollte er sofort wissen.

Clay blickte ihn überrascht an, fragte er ihn jetzt etwa aus?

    „Ungeduldig, ich muss ihn jetzt nämlich von der Arbeit abholen, ich komm so in einer Stunde wieder, dann können wir weiter arbeiten. Du kannst so lange ruhig in den Stützpunkt gehen, die anderen wollen dich sicher etwas kennen lernen“.

 

Am Tag darauf trafen er und Collin sich erneut im Wohnzimmer, sie arbeiteten für ein zwei Stunden, doch dann legten sie eine Pause ein, in der Collin den Kühlschrank von Sonja ausbeutete. Collin wohnte in einem Hotel, die Unterkunft bezahlte der Rat ihm, solange er hier an dem Projekt arbeitete. In der Pause redeten sie etwas über Privates, wobei Collin mit diesem Gespräch anfing. Er wollte erneut etwas über Blake wissen und wie sie zusammen gekommen waren. Er erzählte ihm dafür, von seinem Ex Freund, der sich nie in der Öffentlichkeit zeigen wollte, Collin meinte, dass daran schließlich auch die Beziehung zerbrochen war. Bei der Sache wurde Clay hellhörig, aber bei ihm und Blake würde das wohl nicht so werden, immerhin hatte Clay kein Problem damit, zu warten.

    „Am Anfang hatte ich damit auch kein Problem, aber nach einer Zeit frisst dich das auf, glaub mir“, meinte Collin nur.

Clay schüttelte den Kopf, irgendwann würde Blake sicher den Mut finden, sich zu outen, Clay wusste es einfach, immerhin dachte er ja auch schon länger darüber nach.

Nach diesem Gespräch hängten sie sich wieder daran, Pläne zu machen. Nicht viel später klingelte Clays Handy plötzlich.

   „Was gibt’s Lina?“.

   „Clay, ich bin hier im Restaurant, du solltest mal nach Blake sehen“.

   „Was? Wieso? Was ist passiert?“, sofort zog sich Clays Magen zusammen.

   „Ich weiß es nicht genau, er hat vorhin angerufen, um zu sagen, dass er heute nicht zur Arbeit kommen wird. Ich versuche seit Ewigkeiten ihn zurückzurufen, aber er hebt nicht ab. Ich hab einfach das Gefühl, dass das etwas nicht stimmt“.

    „Okay ich sehe danach, danke“.

    „Was ist passiert? Wieso bist du so blas?“, fragte ihn Collin.

War er das? War er blas geworden? Clay wusste es nicht, er merkte nur, wie seine Hände zitterten als er auf die Kurzwahl drückte, um Blake anzurufen. Es klingelte und klingelte, doch Blake ging nicht ran, Clay wurde noch unruhiger, das war unmöglich, Blake ging immer ran, wenn er ihn anrief, er hatte das Handy immer in seiner Nähe und antwortete auch immer sofort auf SMS. Irgendetwas war faul.

Sofort sprang er auf und lief aus dem Wohnzimmer, er musste nachsehen was los war.

    „Wo gehst du denn hin? Was ist los?“, rief ihm Collin hinterher.

    „Blake, ich muss zu ihm“, antwortete er nur, dann war er schon aus dem Haus.

Etwas war hier faul, sehr faul. Clay wusste genau, dass er es nicht übertrieb, denn von der Arbeit zu fehlen und dann auch nicht auf seine Anrufe reagieren, das war ab normal. Auf dem Weg zu ihm versuchte er es immer wieder, doch Blake antwortete nicht.

Clay wurde immer unruhiger, je näher er Blakes Haus kam.  

 

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AB HIER GEHT ES WEITER:

 

Als er an der Tür ankam läutete er  mit einer Hand ununterbrochen, während er mit der anderen an die Tür hämmerte, er wusste, es war unsinnig, doch er war wirklich in Panik geraten. Balkes Vater öffnete ihm die Tür und sah ihn verwundert an:

    „Oh Clay, was ist denn los?“.

    „Ist Blake da? Ist etwas passiert?“, fragte er schnell und versuchte über Jim hinweg in das Haus zu sehen.

    „Ja er ist da, ihm geht’s nur nicht so besonders gut“.

    „Ist er krank geworden?“, Clay beruhigte sich sofort wieder ein Stück weit, Blake war da, das hieß so schlimm konnte es nicht sein. Er hatte sich die grausamsten und verrücktesten Szenarien ausgedacht, warum er nicht ans Handy ging.

    „Nein, ihm geht es mehr Gefühlsmäßig schlecht“.

Clay starrte ihn verwundert an und fing sofort wieder an, sich Sorgen zu machen:

    „Gefühlsmäßig? Was ist denn passiert?“.

    „Mh… Am besten du sprichst selbst mit ihm, das wird ihm sicher helfen… Ich wollte sowieso gerade einkaufen gehen, ist sicher besser, wenn er jetzt nicht alleine ist“.

   „Wo ist er denn?“, wollte Clay wissen, als er das Haus betrat.

    „Wohnzimmer, ich bin dann weg“, meinte Jim, als er seine Jacke anzog und aus der Tür verschwand, durch die Clay eben in das Haus getreten war.

Schnell zog Clay sich seine Schuhe aus, stolperte dabei fast über seine eigenen Füße, und ging dann in das Wohnzimmer, wo ihm zuerst das Herz stehen blieb.

Blake blickte ihn mit roten, verweinten Augen an und grüßte ihn noch nicht einmal. Clay hatte Blake noch nie weinen sehen, Blake hasste es nämlich vor andern zu weinen, das wusste er noch. Aber offensichtlich hatte sein Freund geweint und das nicht nur für kurze Zeit.

    „Blake, was ist denn passiert?“, Clay setzte sich neben ihn und nahm ihn in den Arm.

Blake zuckte bloß mit den Schultern und sagte nichts, Clay hielt ihn weiterhin fest und hoffte, dass das irgendwie helfen würde. Eine ganze Weile blieben sie so sitzen, er wusste nicht genau, wie viel Zeit vergangen war, als Blake leise etwas gegen seine Schulter murmelte.

Clay löste die Umarmung, um Blake in die Augen schauen zu können:

    „Was hast du gesagt?“.

    „Wir haben es erst nach der Schule erfahren, wir haben uns am Vormittag nichts dabei gedacht“, murmelte Blake leise.

    „Was habt ihr erfahren?“.

    „Er ist tot. Fahrradunfall, ein Auto hat ihn von der Seite angefahren“, Blake murmelte weiterhin leise vor sich hin und blickte dabei auf seine Hände, welche er auf seinen Schoss gelegt hatte, er bemerkte das seine Hände leicht zitterten, eigentlich zitterte Blake am ganzen Körper, wenn er genauer hinsah.

    „Wer?“, traute Clay sich im Flüsterton zu fragen.

    „Greg, ein Junge aus meiner Klasse“.

Clay nahm Blakes Hände vorsichtig in seine:

    „Das tut mir leid“.

    „Er… Er war gerade mal 15. Er hatte das ganze Leben noch vor sich, hatte kaum etwas erreicht. Greg lässt seine verzweifelten Eltern und seine zwölfjährige Schwester zurück. Ich meine, er war kein Freund von mir, aber er war ganz in Ordnung, hat mir nie etwas getan und… Wir bekommen so eine schreckliche Nachricht und ich… Ich bin so ein elender Egoist!“, Blakes Stimme brach und verzog schmerzvoll das Gesicht.

Clay zog ihn sofort wieder in seine Arme und hielt ihn so fest, wie er nur konnte. Es tat ihm weh, Blake leiden zu sehen, er konnte ihn so einfach nicht sehen. Er hätte ihm so gerne irgendwie geholfen, damit es ihm besser ging, aber er wusste einfach nicht, wie er das machen sollte.

    „Wieso hältst du dich für einen Egoisten?“, fragte er nach einer Weile, als Blake sich wieder etwas zu beruhigen schien. Obwohl er so litt, weinte er noch immer nicht, Clay bewunderte ihn für seine Beherrschung.

    „Ich höre, dass er tot ist und denke sofort an mich. Was wenn mir oder dir das passiert wäre? Ich hasse es, jeden Tag in diese verdammte Schule und in meine scheiß Klasse zu gehen. Tag für Tag denke ich mir einfach, dass es nur mehr drei Jahre sind und ich es schon irgendwie schaffen werde, dass ich mich jetzt einfach durchbeißen und anstrengen muss, ich dann mein Studium mache und es mir ab da besser gehen wird. Aber was, wenn ich das nie erreiche? Was ist, wenn ich gar nicht zu meinem Studium komme, weil ich davor sterben werde? Wenn ich von heute auf morgen sterben würde, hätte ich nichts vorzuweisen, ich habe immer nur gelernt und gearbeitet und an die Zukunft gedacht“.

   „Daran ist nichts egoistisch, wenn man so etwas hört, denkt man immer genauer über sein eigenes Leben nach“.

    „Ergibt das alles überhaupt einen Sinn? Was wenn wir nie so alt werden? Wozu machen wir das alles dann jetzt?“.

Clay dachte kurz darüber nach, wie gefährlich ihre Einsätze manchmal waren, eigentlich war das Risiko, dass er sein Studium nicht mehr erleben würde, viel höher, als das seiner anderen Mitschüler. Wie würde Blake bloß reagieren, wenn er das wüsste?

    „Hey, was redest du denn da? Natürlich werden wir das erleben. Du hast es immerhin versprochen. Ich werde Informatik studieren und du Kriminal Psychologie. Wir werden fix und fertig vom Studium sein, nebenbei wirst du in einem Restaurant und ich in einer Firma in der IT Abteilung arbeiten, damit wir uns das rote Haus, indem wir leben werden, leisten können. Da kommst du nicht mehr so schnell raus, du hast mir ein rotes Haus versprochen und wir werden auch in einem leben“.

Blake lockerte die Umarmung etwas, um ihn in die Augen sehen zu können:

   „Ich dachte, du wolltest kein rotes?“.

   „Bis dahin kannst du mich ja überreden“, meinte er nur, was Blake leicht grinsen ließ.

 

Clay traf es in diesem Moment wie ein Blitz, er wusste nicht, warum gerade jetzt, doch es traf ihn. Er liebte dieses Lächeln und würde alles dafür geben, Blake zum Lächeln zu bringen, wenn es ihm schlecht ging. Genau so liebte er diese hellbraunen Augen, die ihm verheult und leicht gerötet entgegenblickten. Clay liebte jede einzelne Sommersprosse in seinem Gesicht, welche Blake so hasste, er liebte seine rot orangen Haare, seine Stimme, sein Lachen. Die Art, wie er schief bei Liedern mitsang, wenn er dachte, keiner würde ihn hören, die Weise, wie er immer wippte, wenn er einen Ohrwurm hatte und sich zur Musik bewegen wollte. Wie er so tat, als ob er schmollen würde, wenn er etwas von Clay nicht bekam, die Tatsache, dass er Clay immer durchschaute und manchmal trotzdem nichts sagte, das und vieles vieles mehr, er liebte einfach alles an diesem Jungen und wollte ihn nicht leiden sehen.

    „Wieso schaust du mich so an? Oh Verdammt, ich weiß schon, meine Augen. Ich kann auch nichts dafür, die sind immer so stark rot, auch wenn ich nur ganz kurz weine. Ist so Scheiße, das verratet mich immer“, Blake löste ihre Umarmung ganz und wischte sich über sein Gesicht.

    „Nein, das ist es nicht. Ich schau dich nur so gerne an“, gab Clay zu und verfluchte sich im nächsten Moment dafür, als Blake anfing zu lachen.

    „Das glaube ich dir nicht, woran hast du wirklich gedacht?“, das war eine gute Frage, eigentlich log er ja nicht, er betrachtete ihn wirklich gerne, auch wenn er in seinen Gedanken eigentlich darüber nachgedacht hatte, was Blake ihm bedeutete.

    „Glaub es oder glaub es nicht, in meinen Augen bist du schön“.

    „In dem Fall glaube ich es dir nicht“.

    „Warum sollte ich mit dir zusammen sein, wenn ich dich für hässlich halten würde?“.

    „Hm… ich weiß auch nicht… Vielleicht, weil wir einfach zusammen passen… Und weil dein Essen in der Pizzeria so aufs Haus geht“.

Clay musste lachen und zog Blake wieder zu sich:

    „Ja, das auch“, meinte er, bevor er Blake kurz küsste.

Blake seufzte und vergrub sein Gesicht an Clays Schulter:

    „Wir haben bis auf weiteres Schulfrei, dann möchte der Klassenvorstand mit uns allen reden …“.

Clay strich Blake leicht durch seine roten Haare, hoffte, dass er ihm damit etwas Trost spenden konnte.

    „Ich kann mir die Klasse nicht ohne ihn nicht vorstellen. Er war sowas wie unser Klassensprecher, hat immer alles organisiert, sich mit den Lehrern angelegt, wenn etwas nicht passte und… Ich weiß nicht…“.

 

Die Wochen verstrichen eine nach der anderen. Clay und Blake trafen sich weiterhin, obwohl sie nicht so oft Zeit hatten und Clay immer wieder zu Einsätzen gerufen wurde, wenn sie mal zusammen waren. Wenn sie gerade, trotz Einsätzen und dem Lernen Zeit hatten, lies Clay einige Treffen ausfallen, weil er mit Collin an den Motorrädern arbeiten musste. Aber trotz all dem hatte Clay es sich angewöhnt, Blake jeden Abend von der Arbeit nach Hause zu bringen. Es gab Tage, wo sie sich nur dann und in der Schule gesehen hatten.

Lina wurde in der Pizzeria als feste Aushilfe eingestellt und richtete ihre Wohnung endlich fertig ein. Zwischen Jake und Lina tat sich weiterhin nichts, obwohl alle bemerkten, dass sie in ihrer Freizeit so gut wie immer zusammen waren. Jake schlief auch nicht mehr so oft bei Clay, wenn er zu Hause Probleme hatte. Eines Nachts kam Jake nämlich nicht in Clays Haus hinein und schlief darauf bei Lina, welche die Couch in ihrem Wohnzimmer für ihn bereitstellte.

Beka versuchte immer auffälliger, mit Collin Gespräche aufzubauen, in seiner Nähe zu sein, wenn sie zum Beispiel alle im Stützpunkt saßen und ebenso versuchte sie manchmal dafür zu sorgen, dass sie alleine mit Collin war. Auch wenn sie es nicht übertrieb, fiel dies allen auf, allen außer Collin. Entweder er nicht einen Hauch von Interesse oder er war einfach blind wie ein Maulwurf.

 

Gerade saßen er und Clay im Wohnzimmer von Beka und Sonja, dort arbeiteten sie immer, wenn sie nur Papierkram oder Pläne machen mussten. Die Werkstatt, welche der hohe Rat für sie organsiert hatte, brauchten sie nicht mehr, denn mit dem praktischen Teil hatten sie schon beendet. Ein Model war fertig und stand bereit, in Betrieb genommen zu werden. Jetzt mussten sie nur noch festlegen, wie sie es dem hohen Rat vorführen wollten, dafür schrieben sie sich gerade ein paar Stichwörter auf. Daneben mussten sie noch genau berechnen, wie viel Geld sie für die Herstellung des Motorrades ausgegeben hatten. Sie waren aber zum Glück mit dem Großteil schon fertig, sie überflogen heute noch einmal alles und besserten Fehler aus. Collin kam gerade mit zwei Bierflaschen aus der Küche zurück und setzte sich neben Clay.

    „Willst du auch eins?“, fragte er, während er mit einem Schraubenzieher seine Falsche öffnete.

Beka hatte den Flaschenöffner vor einigen Tagen verlegt, jetzt konnten sie alle mit Schraubenziehern herumhantieren.

    „Darf nicht“, murmelte Clay, während er noch in eine Abrechnung vertieft war.

   „Achso ja, Wächter müssen ja immer nüchtern sein, weil sie abrufbereit sind, hab ich vergessen, ist viel zu lange her“, Collin nahm einen tiefen Schluck aus der Falsche und seufzte danach.

Clay hob den Kopf von der Abrechnung und sah Collin fragend an:

    „Wieso hast du eigentlich schon nach einem Jahr aufgehört?“.

    „Hm… Es gab viele Gründe. Man darf nichts trinken, weil man allzeit einsatzbereit sein muss, darf nicht Rauchen, weil man ja die Ausdauer braucht, darf nicht Nächte durchmachen, weil man, wenn man sich nicht konzentrieren kann, nicht mit einer Waffe rumlaufen sollte und… Einfach diese ganzen Vorschriften, dafür kein Geld und keiner ist einem Dankbar, da niemand weiß, was man für die Stadt tut“.

    „Okay, diese Gedanken habe ich auch oft, aber deswegen habe ich  mir noch nie überlegt aufzuhören“, gab Clay zu.

    „Nunja, der Hauptgrund war wohl meine Lehre. Ich wollte nicht mehr Schule gehen, aber wie soll man eine Arbeit finden, wenn man vielleicht drei Mal am Tag verschwindet, weil man die Stadt vor Aliens retten muss? Und wie erklärst du deinem Chef das?“.

Das leuchtete ein, immerhin durfte man bis zum 21. Lebensjahr als Wächter im Dienst sein, aber wenn man vorhin schon arbeiten mochte, konnte man das wohl vergessen. Wenn man allerdings eine längere Schule machte, konnte man sich für Fehlstunden ja entschuldigen lassen oder einfach schwänzen, das konnte man bei der Arbeit schlecht so oft machen.

 

    „Außerdem war mein Ex auch nicht gerade begeistert“, fügte Collin hinzu.

    „Dein Ex?“, fragte Clay nach.

    „Ja, als Wächter ist es verdammt schwer eine Beziehung zu führen. Früher oder später zerstört es die Beziehung. Du verschwindest dauernd zu einem Einsatz, lässt dir immer eine Ausrede einfallen, aber irgendwann wird das nicht mehr hinhauen. War jedenfalls damals bei uns so. Aber ich habe das Wächteramt nicht für ihn geschmissen, es war wegen der Arbeit“.

    „Ist dein Ex der, von dem du erzählt hast? Der sich nie in der Öffentlichkeit zeigen wollte?“.

    „Ja, genau der“.

    „Wie lange warst du mit ihm zusammen?“.

    „Lange, wir haben uns kennen gelernt als wir 14 waren. Wir sind immer umeinander geschwirrt und irgendwann, mit 16 oder 17 sind wir dann zusammen gekommen“.

    „Und nach ihm hattest du keine Beziehungen mehr?“.

    „Er war mein erster Freund, wir waren um die vier Jahre zusammen, es war schwer einen Schlussstrich zu ziehen, deshalb hab ich seit dem wirklich keine richtigen Beziehungen mehr, ist wohl mehr unterbewusst“.

Clay begann immer mehr Parallelen zu sich und Blake zu sehen. Sie wollten es nicht öffentlich machen, kannten sich auch schon Jahre lang bevor sie zusammen gekommen waren und die Einsätze störten sie durchaus oft in unpassenden Augenblicken. Innerlich schüttelte er den Kopf, Blake würde irgendwann zu ihnen stehen, er brauchte nur Zeit und die würde er ihm geben. Und das mit den Einsätzen würde er auch schon irgendwie regeln und immer wieder gut machen.

    „Blockst du Beka deshalb ab? Weil du noch keinen anderen willst?“.

    „Beka? Was meinst du?“.

Clay schlug sich mit der Hand auf die Stirn, okay, der Junge war wirklich ein Genie, was Mechanik anging, aber er war blind wie ein Maulwurf, wenn nicht mehr.

    „Stellst du dich gerade dumm? Sie versucht schon seit du hier bist, an dich ran zu kommen“, Clay betrog Beka gerade nicht, denn sie hatte ihn nie gebeten, Collin nichts zu sagen. Außerdem musste das endlich geklärt werden, er konnte nicht mehr mit ansehen, wie Collin blind herum stolperte.

    „Beka? Was, wirklich?“, Collin blickte ihn verwundert an.

    „Jaaaa verdammt“, zog Clay das Ja in die Länge.

    „Oh… Oh… Naja, sie ist schön, klug, ziemlich nett und tough. Ich hätte mir nie gedacht, dass sie von mir… Hm, aber ist das nicht zu viel Altersunterschied?“.

    „Naja fünf Jahre, vier wenn wir die Augen zusammenkneifen. Für manche ist das viel, für manche nicht… Für sie offensichtlich nicht“.

    „Hm… Wenn ich so darüber nachdenke, mag ich sie doch ganz schön“.

    „Dann solltest du einmal mit ihr ausgehen? Du bist doch noch zwei Wochen hier, also warum nicht?“.

    „Sollte ich wirklich, danke. Geh du ruhig zu deinem Blake, ich mach den Rest alleine“, Collin deutete auf die Stapel Papiere auf dem Tisch.

    „Oh nein. Wir machen das jetzt zusammen, ist sowieso nur mehr wenig und dann gehen wir mit den anderen in die Pizzeria Lina und Blake besuchen“, beschloss Clay.

    „Okay, der Plan ist auch gut“, Collin nickte bestätigend.

 

Eine knappe Stunde später hatten sich alle Wächter, mitsamt Collin, in der Pizzeria auf ihrem Stammplatz niedergelassen. Clay hatte sich, als sie in das Lokal gekommen waren, sofort nach Blake umgeschaut, jedoch konnte er ihn nirgendwo entdecken.

Lina lief gerade durch den ganzen Raum und machte Tellerdienst, sie verschwand mit fünf leeren Tellern in die Küche und kam dann, mit einem Block und einem Kugelschreiber bewaffnet auf ihren Tisch zu.

    „Hey Leute, was wollt ihr?“.

Alle orderten ihre Gerichte, eine Karte brauchten sie schon lange nicht mehr, da sie ja immer hierher zum Essen kamen, die Getränke mussten sie ebenfalls nicht bestellen, da Lina schon wusste, wer was haben wollte.

    „Wo ist Blake eigentlich? Bedient er heute nicht?“, fragte Clay, als Lina ihre Getränke brachte.

    „Er hat heute Küchendienst“, antwortete Lina, bevor sie an den nächsten Tisch verschwand.

    „Sie macht das schon richtig gut“, bemerkte Alicia.

    „Ja schon, sie ist flott unterwegs“, stimmte Collin zu.

    „Hm… Wann dürfen wir eigentlich endlich diese Motorräder im Dienst verwenden, wisst ihr etwas darüber?“, erkundigte sich Jake, der es von allen wohl am wenigsten erwarten konnte und das obwohl er gerne lief und am schnellsten von ihnen war.

    „Naja, bald wird ein Model ausgewählt und dann fangen sie schon mit der Herstellung an. Ihr müsst dann irgendwann einen Kurs machen, den werde ich wohl bei eurer Einheit unterrichten und nächstes Jahr um diese Zeit, werdet ihr wohl schon mit den Bikes unterwegs sein“, erklärte Collin.

    „Nächstes Jahr erst?“, fragte Alicia enttäuscht.

    „Wieso musst du einen Kurs mit uns machen?“, fragte Beka nach.

    „Die normale Ausbildung reicht bei euch nicht, ihr müsst perfekte Kontrolle über die Maschinen haben und da ich, laut dem Rat zumindest, ein Experte bin, muss ich einige Einheiten ausbilden“.

Clay lauschte dem Gespräch zwar, beteiligte sich aber nicht groß daran, er kannte diese Informationen bereits, er war nur nicht dazu gekommen, es den anderen zu sagen. Er nahm einen Schluck von seinem Wasser, während sein Blick auf die Küchentür der Pizzeria fiel.

Er wartete noch, bis Lina ihnen das Essen brachte, dann stand er vom Tisch auf:

    „Ich bin mal kurz weg“, bevor die anderen fragen konnten, war er schon auf die Küchentür zugegangen.

Lina putze gerade einen Tisch, der frei geworden war, also bemerkte sie sein Vorhaben nicht.

Langsam öffnete er die Tür und schlich sie schnell aber lautlos in die Küche. Blake stand mit dem Rücken zu ihm und war gerade dabei, einen Pizzateig zu kneten.

Leise schlich er auf den rothaarigen zu, schlang dann seine Arme um Blakes Taille und zog ihn eng an sich.

    „Hey, ich bin auf der Suche nach meinem gutaussehenden Freund, kannst du mir dabei helfen?“, Clay stichelte ihn selten so, aber gerade hatte er irgendwie Lust dazu.

Er spürte genau wie Blake lachen musste, sein Bauch bewegte sich nämlich, jedoch unterdrückte er es und drehte sich in seiner engen Umarmung zu ihm um.

    „Ich weiß nicht, wie sieht er denn aus?“, ging Blake auf seinen Spruch ein und schlang seine Arme um seinen Hals.

Einen kurzen Moment lang musterte er Blake genauer, er hatte Mehl in seinen Haaren und eine dunkelgrüne Schürze an.

    „Hm… Er hat rot orange Haare, süße Sommersprossen, hellbraune Augen und naja… Er sieht eigentlich ziemlich genau so aus wie du, nur etwas besser“, erklärte Clay während sie sich gegenseitig angrinsten.

    „Nein, den hab ich hier nicht gesehen, tut mir leid“.

    „Schade, dann muss ich mich wohl mit dir Zufrieden geben“, Clay strich ihm durch die Haare und versuchte das Mehl raus zu bekommen.

    „Musst du wohl“, bestätigte Blake und lächelte ihn an.

Clay kam Blakes Gesicht immer näher, doch bevor er ihn küssen konnte, drückte Blake ihn etwas weg:

    „Warte, ich wollte dich noch etwas fragen“.

    „Was denn?“, Clay lehnte seine Stirn an seine und blickte in das schöne hellbraun, das er so mochte.

    „Willst du am Samstag bei mir übernachten?“.

    „Klar gerne“.

    „Aber mit übernachten meine ich nicht… Also ich dachte nur, dass es schön wäre, wenn du über Nacht da bist, wir reden könnten und in einem Bett schlafen“.

    „Ich weiß schon was du mit übernachten meinst. Ich hab dir doch gesagt, wir lassen uns mit allem so viel Zeit, wie du willst“.

Blake nickte und ließ seinen Blick senken, im nächsten Moment wollte er sich von Clay lösen:

    „Du bist jetzt voller Mehl, tut mir echt leid“.

    „Hm, das ist ja bloß Mehl, außerdem ist das jetzt auch schon egal“, meinte er und zog ihn wieder zu sich um ihn zu küssen.

Clay wusste nicht mehr, wie lange sie schon so, sich küssend und streichelnd, da standen, als plötzlich Lina in die Küche platze.

    „Tut mir echt leid Jungs, aber nein“, Lina zog Clay an seiner Kapuze weg von Blake, was diesem zum Lachen brachte.

    „Clay, ich brauche ihn jetzt in der Küche, also zisch ab“, Lina warf Clay einen Lappen zu, damit er sich das Mehl abwischen konnte und zeigte Richtung Tür.

    „Du bist schlimmer als jede Anstandsdame“, murrte Clay, während er begann das Mehl von seinem Pullover zu wischen.

    „Meinetwegen könnt ihr ja knutschen so viel ihr wollt, aber nicht, wenn er das Essen machen sollte, das bekomm ich nämlich alleine nicht hin“, erklärte Lina.

Kaum hatte sie ausgesprochen, kamen auch schon Jake und Alicia in die Küche.

    „Was macht ihr denn hier?“, fragte Blake als erster.

    „Collin bittet Beka endlich um ein Date, wir wollten sie alleine lassen, deshalb haben wir uns auf die Suche nach Clay gemacht“, erklärte Alicia.

    „Leute so geht das nicht, so viele Leute in einer Küche, wir müssten eigentlich arbeiten“, beklagte sich Lina.

     „Sie hat recht, wenn ihr schon da seid, könnt ihr ja helfen“, Blake reichte Clay ein Tablett und Alicia eine Schürzte.

    „Clay räum die Tische ab, Alicia, du kannst ein paar Bestellungen aufnehmen, einfach aufschreiben und in die Küche bringen. Lina du servierst weiterhin und Jake, du kannst Tomaten und Käse aus dem Lager holen“, schuf Blake weiterhin an.

    „Und was bekommen wir dafür?“, wollte Jake wissen.

    „Hm… Ihr müsst heute nicht fürs Essen zahlen?“, schlug er vor.

Einen kurzen Moment sahen sich alle gegenseitig in die Augen, bis sie beinahe synchron mit den Schultern zuckten und sich an die Arbeit machten.

 

Die nächsten Tage zogen an ihnen vorbei, wie immer hatten sie einen Haufen Einsätze. Collin und Beka gingen am Freitagabend aus. Wie fast immer, wurden unter den anderen Wetten um Berichte abgeschlossen, wer wen küssen würde. Clay hatte zwei auf  Collin gesetzt, da Beka wohl eher abwarten würde, dachte Clay jedenfalls. Die Wächter hatten sich am Freitagabend alle in der Gartenhütte versammelt, alle außer Beka natürlich und beobachteten Bekas und Collins Date. So war es bei ihnen immer üblich, in einer Einheit wie ihrer, gab es so gut wie keine Privatsphäre. Aber sie spionierten jeweils nur das erste Date aus, das hatten sie einmal bei Alicia gemacht und seit dem war es irgendwie wo etwas wie eine Tradition geworden.

Jake und er hatten am Ende die Wetten gewonnen, Beka wartete wirklich ab, normalerweise war sie ja tough, aber bei Collin war sie viel zu unsicher, um den ersten Schritt zu wagen. Aber alles in einem passten die beiden wirklich zusammen, alleine schon weil Collin mit ihrer anschaffenden Art klar kam.

 

Am Samstagnachmittag machte Clay sich dann auf dem Weg zu Blake, bei dem er ja übernachten würde. Als er in das Zimmer trat, betrachtete er zuerst einmal überrascht das große Gästebett, dass mitten in seinem Zimmer montiert war.

    „Ich konnte Dad schlecht sagen, dass du mit mir zusammen in meinem kleinen engen Bett schlafen willst“, sagte Blake, als er seinen Blick bemerkte.

Kurz darauf nahm er Clays Rucksack, warf ihn auf das Gästebett und zog Clay mit sich auf sein eigenes Bett.

Zuerst hatten sie nur Musik gehört und etwas geredet. Später fingen sie an sich zu küssen, zuerst noch ganz zärtlich doch dann immer drängender. Irgendwann hatte Clay sich über ihn gelegt und seine Hände unter Blakes T-Shirt geschoben. Sie hörten nicht auf sich zu küssen, während seine Hände weiterhin über die warme, weiche Haut strichen. Nicht viel später schob er das T-Shirt langsam höher und sie unterbrachen ihre Küsse, damit er es ihm über den Kopf ziehen konnte. Clay wollte ihn wieder weiter küssen, doch Blake hielt ihn zurück und begann seinen Pullover nach oben zu schieben:

    „Mh-mh, gleiches Recht für alle“, meinte dieser grinsend, als er es ihm ebenfalls über dem Kopf zog.

Endlich trafen ihre Lippen sich wieder. Clay liebte dieses Gefühl von vollkommener Nähe, wenn ihre Haut direkt auf einander traf ohne störenden Stoff dazwischen. Sie waren schon oft so weit gegangen, dass sie beide oben ohne waren, weiter bis jetzt nicht aber nicht.

 

Clay begann Blakes Hals hinabzuküssen, strich mit seinen Lippen über sein Schlüsselbein, verteilte dann mehrere Küsse über seinen ganzen Oberkörper, während Blake ihm über seinen Rücken strich. Clay küsste jedes Stück Haut, das er erwischen konnte, bis er an Blakes Hose angekommen war.

Nachdenklich blickte er nach oben, direkt in Blakes Augen.

    „Soll ich aufhören?“, fragte er nach.

    „Kommt drauf an“, erwiderte dieser nur.

Seine Augen waren glasig, seine Lippen leicht rot und angeschwollen von dem ganzen Küssen, seine rot orangen Haare total zerwühlt. Clay liebte diesen Anblick einfach.

    „Auf was?“.

    „Was denn der nächste Schritt wäre“.

    „Ich weiß nicht“, Clay krabbelte wieder zu Blake hinauf und lehnte seine Stirn an seine:

    „Was willst du denn? Was sollen wir machen?“, sofort breitete sich ein Grinsen auf Blakes Gesicht aus.

Clay zog scharf die Luft ein, als Blake seinen Oberschenkel gegen seinen Schritt drückte.

    „Wie wäre es damit?“, fragte er diabolisch grinsend.

Clay presste seine Lippen wieder auf Blakes, als er sich an das angenehme Ziehen in seinem Unterleib gewöhnt hatte, und drückte seinen Oberschenkel ebenfalls an Blakes Schritt, was diesen aufseufzen ließ. Clay konnte seine Erregung deutlich spüren, die nun gegen seinen Oberschenkel drückte. Sie küssten sich immer wilder und rieben sich einander. Blake strich ihm durch seine Haare, über seinen Rücken, seinen Hintern, wieder über seinen Rücken. Das fühlte sich eindeutig mehr als gut an.

 

Genau in diesem  Moment musste sich natürlich eine Pforte öffnen, Clays Handy schlug Alarm, es fühlte sich an, als ob er aus einem Traum gerissen wurde. Er wollte sich von Blake lösen, dieser schlang jedoch seine Arme und Beine um ihn und wollte ihn nicht gehen lassen.

    „Nein, lass bitte nur dieses eine Mal die Mailbox ran gehen. Wegen einem Mal wird die Welt nicht untergehen“, Blake blickte ihn aus seinen hellbraunen Augen an und versuchte ihn erneut zu küssen.

Clay war für einen Moment versucht, den Alarm wirklich zu ignorieren, doch dann riss er sich zusammen und versuchte weiterhin, sich aus Blakes Armen zu befreien:

    „Tut mir wirklich leid, aber es ist wichtig“.

    „Nein Clay, es ist jedes Mal wichtig. Lass es läuten, nur jetzt, nur ein Mal. Es ist gerade so schön“.

    „Ich würde, wenn ich könnte, ich muss wirklich los“, endlich schaffte er es, von Blake los zu kommen und stand aus dem Bett auf, um sich schnell seinen Pullover überziehen.

Blake setzte sich auf und blickte ihn vorwurfsvoll an. Der Anblick trieb Clay in den Wahnsinn, Blake saß da, Oben ohne, mit wundgeküssten Lippen, verwuschelten Haaren in einem zerwühlten Bett, am liebsten hätte er sich wieder auf ihn gestürzt.

    „Ja, wenn du könntest, verstehe. Was kann so wichtig sein, dass du kein einziges Mal, das Scheißding ausschalten kannst?“, Blake hatte sich noch die darüber aufgeregt, er hatte allgemein noch nie in diesem Ton mit Clay gesprochen, jetzt hatten sie den Punkt also erreicht.

    „Blake, ich-“.

    „Nichts Blake. Wenn es zwei drei Mal so sein würde, hätte ich kein Problem damit Clay. Aber es ist dauernd so, immer, wenn dein Handy losgeht, musst du sofort weg. Kein einziges Mal, drückst du den Anruf einfach weg.“

    „Können wir später darüber reden? Ich versuche mich zu beeilen, ich verspreche es“, er lehnte sich über das Bett und gab Blake noch einen schnellen Kuss auf seine Schläfe. Er konnte hören, wie sich Blake in das Bett fallen ließ und laut seufzte, als er das Zimmer verließ.

 

Sobald er das Haus verlassen hatte, zog er sich per Knopfdruck seinen Schutzanzug an und blickte auf das Handy, um festzustellen, dass sich die Pforte fünf Straßen von hier geöffnet hatte.

Während er zu der Pforte sprintete, machte er sich noch weiterhin Gedanken über Blake. Was sollte er diesem bloß sagen? Wie sollte er ihm das erklären, wenn er jetzt genau wissen wollte, wohin er jedes Mal verschwand? Anlügen konnte er ihn nicht, das würde er merken, doch die Wahrheit konnte er auf keinen Fall sagen. Würden sie deshalb streiten? War Blake sehr wütend auf ihn? Wie sollte er das wieder gut machen? Konnte er das überhaupt?

Tausende Gedanken schweiften durch seinen Kopf, bis er den Platz erreichte, wo die Pforte sich geöffnet hatte. Offensichtlich war sie bereits wieder zu. Als er ankam traf er Jake, Alicia und Lina, die bereits dort waren.

 

    „Hey Leute, wisst ihr schon was für Tiere es diesmal sind?“, begrüßte er die anderen.

Alicia deutete auf den Boden:

    „Sag du es uns. Sie haben eine Schleimspur hinterlassen, kannst du die scannen?“.

Clay hatte vor nicht so langer Zeit, einen DNA Scanner entwickelt, der beinahe jede Sorte von Tieren eingespeichert hatte, egal von welchem der drei Planeten. Clay holte sein Handy hervor und startete das erforderliche Programm, während er eine Probe von dem Schleim nahm.

    „Wo bleibt Beka eigentlich?“, fragte Lina.

    „Naja, vielleicht sind sie und Collin zusammen und sie hat den Alarm nicht gehört“, schlug Jake grinsend vor.

Clay verdrehte genervt die Augen, sofort fiel ihm wieder die Diskussion mit Blake ein. Wenn Beka wegen Collin nicht zu ihrem Einsatz erschien, obwohl sie Collin nicht einmal anlügen musste, was die Einsätze anging, würde er mehr als nur stinkwütend auf sie sein. Sie hatte so ein verdammtes Glück, Collin wusste genau über die Wächter Bescheid, wusste, warum sie dauernd verschwinden musste.

Als er mit dem Scann beinahe fertig war, rief Beka ihn auf seinem Handy an.

    „Wo bleibst du?“, er grüßte sie gar nicht erst, bei Einsätzen hatten sie für gewöhnlich zu wenig Zeit, um sich mit Kleinigkeiten wie Grüßen aufzuhalten.

    „Kommt sofort hierher! Der Stützpunkt! Er wird angegriffen! Wir können nichts machen wir sind nur-“, sie redete so schnell und aufgeregt, das Clay beinahe gar nichts verstand.

    „Warte! Nochmal verständlich bitte“.

    „Kommt sofort zum Stützpunkt, wir werden angegriffen“, sagte sie noch einmal, nur dieses Mal gefasster, es kam recht selten vor, das Beka die Ruhe verlor, die Lage musste also wirklich ernst sein.

    „Wir sind auf dem Weg“, meinte er und legte auf.

    „Aliens greifen den Stützpunkt an, wir müssen sofort dort hin“, fasste er für die andern noch einmal zusammen und lief schon los.

    „Wie meinst du das? Sie greifen an? Wieso sollten sie genau den Stützpunkt angreifen? Das kam bis jetzt doch nie vor“, stellte Jake eine Frage nach der anderen.

    „Ich weiß genau so viel wie du“, würgte Clay seine Fragen ab, welche er sich in Gedanken selbst stellte, Jake hatte recht, wieso sollten Tiere das machen?

 

Clay musste sich erst einmal die Augen reiben, als sie am Stützpunkt ankamen, denn er konnte einfach nicht glauben, was sie da sahen. Es waren Schnecken, riesige Nacktschnecken, mit jeweils zwei langen und dicken Tentakeln, die aus ihren Rücken wuchsen. Riesige Nacktschnecken mit Tentakeln, ganze fünf Stück und sie griffen ihren Stützpunkt an! Naja, eigentlich nicht ganz, drei griffen den Stützpunkt an und drei hatten sich Sonjas und Bekas Haus vorgenommen. Mit ihren Tentakeln nahmen sie alles auseinander, die Fassade, das Dach, Schritt für Schritt. Und das nicht im Schnecken Tempo sondern in normaler Geschwindigkeit.

Schnell entdeckten sie Sonja, Beka und Collin, welche sich Deckung hinter Mülltonnen gesucht haben und die Tiere mit Strahlen beschossen. Als die drei sie ebenfalls entdeckten, lief Beka auf sie zu, während Sonja und Collin in Deckung blieben.

    „Wir haben alles versucht, wenn wir sie beschießen stört es sie nicht, sie scheinen immun zu sein“, erklärte sie mit gefasster ruhiger Stimme.

    „Haben sie keine Schwachstellen?“, fragte Clay nach.

    „Doch schon, auf der Stirn, zwischen ihren Fühlern, doch die Stelle wird von etwas aus Metall bedeckt und geschützt“.

    „Ein Metallding? Was ist das?“, Alicia musterte eine der Schnecken kritisch.

    „Vielleicht schütz es nicht nur ihre Schwachstelle sondern sie werden auch damit kontrolliert. Ich meine das wäre logisch, wieso sollten sie sonst mitten in der Stadt auftauchen und dann den Stützpunkt angreifen und alles andere heil lassen?“, dachte Clay laut nach.

    „Stimmt, sagen wir das stimmt. Also sie werden kontrolliert. Können wir sie nicht trotz dieses Metallsdings einfach schrumpfen und zurück schicken?“, schlug Jake vor.

     „Das geht nicht wenn sie sich bewegen, deshalb betäuben wir sie ja immer, bevor wir sie schrumpfen“, wies Lina ihn auf seinen Fehler hin.

    „Achso, hab ich vergessen“.

    „Wir müssen das Ding irgendwie von ihrer Stirn entfernen und sie danach wie gewöhnlich einfangen“, sagte Lina.

    „Das wird mehr als gefährlich. Wir dürfen sie nicht berühren, sie sind in der Atmosphäre der Erde giftig für uns“.

    „Ätzt es sogar durch die Schutzkleidung?“.

    „Nicht sofort aber ziemlich schnell“, erklärte Beka.

    „Du hast es mit dem Strahl schon versucht sagst du, aber was, wenn ein Strahl nicht stark genug ist? Wir könnten alle Strahlen verbinden“, schlug Lina vor.

Clay überlegte schnell, die Idee war nicht schlecht:

    „Das könnte klappen, aber wir müssen dafür nah an die Tiere rankommen und es müsste etwas still halten. Wie sollen wir das hinbekommen?“.

    „Wir brauchen einen Köder, gibt es ein Essen, was die Schnecken bevorzugen?“, wollte Jake von Beka wissen.

    „Nicht wirklich, aber sie reagieren aggressiv auf seine Farbe, so ähnlich wie Stiere bei rot reagieren“, erklärte sie.

    „Welche Farbe?“, fragte Lina.

    „Gelb“.

    „Schön, hat jemand eine Banane mit?“, fragte Alicia spöttisch.

    „Ich habe eine bessere Idee. Man kann die Farbe der Schutzanzüge mit den Handys verstellen, irgendwer muss sich gelb färben“, kam Clay die Idee, bis jetzt war das Farben verstellen der Schutzanzüge immer nur ein Rumgespiele gewesen, sie hatten noch nie einen Vorteil in Einsätzen daraus gezogen.

    „Freiwillige vor“, Beka hob ihre Hände in die Luft, damit war sie aus dem Schneider.

    „Ich mach´s, ich habe Schnecken noch nie gemocht“, meldete sich Alicia als erste, sofort holte sie ihr Handy heraus und färbte ihren Schutzanzug in ein grelles Gelb.

    „Du musst dich da vorne hinstellen und das Tier auf dich aufmerksam machen. Du solltest dich langsam und ruhig bewegen. Sobald es dich sieht und auf dich zukommt, bewegst du dich langsam auf uns zu, wir werden da hinten stehen. Wenn es nahe genug ist, schießen alle auf mein Kommando“, Beka hatte den Arm um Alicia gelegt und deutete mit ihren anderen Arm wer wo stehen musste.

 

Alle gingen auf ihre Posten, sie stellten sich zu viert etwas weiter hinter Alicia auf und richteten ihre Waffen. Alicia ging langsam auf eines der Schnecken zu, welche den Stützpunkt auseinander nahmen. Das Tier schien sie nicht zu bemerkten.

    „Was soll ich machen?“, schrie Alicia zu den restlichen Wächtern hinüber.

    „Rede mit ihm oder ihr, keine Ahnung“, antwortete Clay.

Alicia nahm seinen Rat an und versuchte wirklich auf das Tier einzureden:

    „Komm schon liebes Schnecken Viech, sieh mich an, so hässlich bin ich nicht“, Clay unterdrückte ein Lachen, genauso wie die anderen Wächter, lachen war in so einer Lage wohl nicht angebracht.

Das Tier bemerkte sie jedoch weiterhin nicht.

    „Komm schon, ich will dich nur ansehen, nicht heiraten!“, Alicia wurde nun lauter, weiterhin keine Reaktion.

    „Meine Fresse, so ein dummes hässliches Ding wie dich habe ich noch nie gesehen!“, schrie sie nun und plötzlich wendete das Tier ihr seinen Kopf zu.

    „Wirklich? Auf Beleidigungen hörst du also? Na schön. Du bist fett und hässlich und wie siehst du eigentlich aus?“, Alicia sprach eine Beleidigung nach der anderen aus, Clay musste zugeben, sie war wirklich kreativ.

Das Tier bewegte sich langsam auf sie zu und Alicia machte einen Schritt nach dem anderen nach hinten. Bald schon stand das Tier so gut wie direkt vor ihnen.

    „Waffen hochfahren“, gab Beka das Kommando.

    „Position einnehmen“, alle taten wie geheißen.

Clay und Lina knieten sich hin und zielten von unten auf das Stück Metall, während Jake und Beka dies im stehen taten.

    „Waffen verbinden und zielen“, gab Beka das nächste Kommando.

Alicia und das Tier kamen immer näher, man konnte die Spannung jedes Einzelnen förmlich spüren, auch wenn keiner sich etwas anmerken ließ. Was würde passieren, wenn dieser Angriff nicht klappen würde? Wenn sie die Tiere nicht aufhalten könnten? Clay atmete durch und schob die Zweifel beiseite, diese würden beim Zielen sicher nicht behilflich sein.

Clay wurde immer unruhiger, wann würden sie endlich schießen dürfen? Es war schon so nahe, auf was wartete Beka?

    „Noch nicht schießen, wartet“.

    „Worauf warten wir?“, fragte nun Lina unruhig.

    „Wir haben nur eine Chance, nur noch einen Augenblick“, Beka klang erstaunt ruhig, wie schaffte sie das nur? Es ging um ihr Haus und um ihren Stützpunkt.

Weiterhin war Clay angespannt, sein Magen verkrampfte sich, was wenn die Strahlen zu schwach sein würden? Wenn das Tier sie einfach vergiften würde? Würde er sich schnell genug in Sicherheit bringen können? Sollte es wohlmöglich so enden? Was war das letzte was er zu seinen Eltern gesagt hatte? Und Blake, sollte das das letzte Mal sein, dass sie sich gesehen hatten?

    „Jetzt!“, Beka riss Clay aus seinen Überlegungen.

Alicia sprang zur Seite, sie alle verbanden ihre Laiser und trafen genau auf das Metallstück auf der Stirn der Schnecke, zuerst passierte nichts und Clay wollte schon den anderen sagen, dass sie die Aktion abbrechen sollten, doch dann löste sich das Metallstück auf.

    „Clay Jake, betäubt es. Lina beschießt es mit dem Anti-Schwerkraftsstrahl, ich schrumpfe es, Alicia fang es ein“, gab Beka weiterhin Kommandos und alle reagierten darauf.

Sie hatten riesiges Glück, jetzt wo das Stück Metall weg war, war das Tier nicht mehr gegen die Strahlen immun.

    „Okay, die anderen scheinen nicht zu bemerken, was wir mit ihrem Kumpel gemacht haben, sie sind zu sehr auf das zerlegen der Häuser konzentriert. Die gleiche Strategie mit dem nächsten Kandidaten, los geht´s“, schuf Beka an. 

Es klappte wieder und immer wieder. Sie machten immer weiter, bis nur mehr der letzte übrig war. Alicia wollte gerade loslaufen und es anlocken, doch Clay hielt sie auf. Er konnte nicht wiederstehen, er musste es einfach wissen, er musste dieses Metallstück einfach untersuchen.

    „Warte, sollten wir mit dem letzten nicht anders vorgehen?“, fragte er und blickte die anderen fragend an.

    „Wie anders?“, fragte Alicia.

    „Du kannst nicht wiederstehen, du willst es untersuchen nicht wahr?“, verstand Beka sofort.

    „Natürlich will ich das. Wollt ihr denn nicht wissen, wer für das ganze Verantwortlich ist und wieso?“, stellte er die Gegenfrage.

    „Wir wollen es natürlich wissen, aber wir können es nicht aufhalten, ohne das Metall zu zerstören oder?“, fragte Jake.

   „Ich hätte eine Idee, wenn du dabei bist“, Lina blickte Alicia fragend an.

   „Wobei denn?“.

   „Diesmal ködere ich das Tier an, aber in Richtung des Hauses, auf dessen Dach oder das, was vom Dach übrig ist, stehen wirst. Wenn es nah genug ist, springst du auf ihn zu und trittst ihm das Ding von der Stirn. Danach können wir es schrumpfen und einfangen“, schlug Lina vor.

Clay überlegte kurz, der Plan könnte klappen, doch was, wenn Alicia sich verletzten würde? Der Schleim war giftig.

    „Auf keinen Fall. Das Ding ist giftig und ätzend. Und was, wenn das Ding so fest ist, dass sie es gar nicht runter bekommt?“, warf Jake ein.

    „Dann können wir ja auf den alten Plan zurückgreifen. Ich bekomm das hin“, versicherte Alicia, „Nur dieses Mal muss ich die Schuhe wohl anlassen“, sie band sich ihre blonden Korkenzieher Locken zusammen und begann sich etwas zu dehnen.

    „Seid ich alle verrückt geworden?“, regte sich Jake auf.

    „Verrückt sowieso, aber ich will auch wissen, wer diese Tiere hergeschickt hat“, erklärte Alicia.

    „Beka, willst du das wirklich zulassen?“, fragte Jake nun sie.

    „Bist du dir sicher, dass du das hinbekommst Alicia?“, fragte Beka ruhig.

    „Ja, glaub mir“, versicherte sie erneut.

    „Okay, das ist deine Entscheidung. Also dann, alle auf ihre Plätze“.

Sobald Lina ihren Schutzanzug in gelb gefärbt hatte und Alicia sich auf dem Dach eingefunden hatte, setzten sie den Plan in die Tat um.

 

Lina lockte das Tier indem sie auf es einsprach und, so wie Alicia zuvor, es beleidigte. Lina lockte es von dem Stützpunkt, welchen die Schnecke angegriffen hatte, in Richtung des Hauses. Clay und die anderen folgten Lina und dem Tier, hielten aber genug Abstand.

    „Jetzt“, hörten sie Alicia schreien.

Im nächsten Moment sprang sie schon durch die Luft, kickte das Metallstück von der Stirn des Aliens und rollte sich dann auf dem Boden ab. Ab da reagierten alle schnell.

Clay betäubte das Tier, Jake beförderte es mit einem Strahl in die Luft und Beka fing es ein. Clay öffnete mit seinem Handy eine Pforte zurück nach Erdian und sie warfen die Behälter mit den Tieren durch die Pforte.

Alicia zog gerade ihren Stiefel aus, sie hatte wohl etwas von dem giftigen Schleim abbekommen.

Collin und Sonja kamen auf sie zugelaufen, Clay staunte nicht schlecht, als er sah, das Collin Beka umarmte und durch die Luft wirbelte:

    „Das war echt super“, hörte er ihn murmeln.

    „Den kann ich dann wohl nicht mehr anziehen“, Alicia deute auf die verätzenden Stiefel und lenkte somit von Beka und Collin ab.

    „Können schon, ob du es überlebst ist eine andere Frage“, erklärte Jake unnötiger weise.

    „Ist doch dasselbe. Kann ich einen neuen haben?“, fragte sie an Sonja gewandt.

Die Mentorin nickte:

    „Ich habe zum Glück immer Reserve, sodass du nicht lange auf einen warten musst“.

Lina ging durch den Garten und suchte etwas in der Wiese:

    „Ich hab das Metallding gefunden“, sie deutete mit ihrer Hand in das Gras, Clay ging sofort zu ihr und betrachtete das, bis jetzt noch unbekannte Etwas. In den kommenden Tagen würde er herausfinden wie es funktionierte und wer es gebaut hatte.

    „Viel Spaß mit dem Ding“, wünschte Lina.

    „Den werde ich haben“, unbekannte neue Dinge waren immer eine Herausforderung und manchmal liebte Clay Herausforderungen.

    „Ich würde es nicht anfassen, es ist ebenfalls mit diesem Schleim überzogen“, Jake war ebenfalls zu ihnen getreten.

    „Hier, mach es damit sauber“, Alicia kam auf einem Bein und einem Gartenschlauch in der Hand auf sie zugehüpft.

    „Ob es wohl Wasserdicht ist?“, überlegte Lina laut.

    „Es ist an einem Tier befestigt gewesen, es muss wasserfest sein, wer weiß wohin so ein Tier sich überall hin verirrt?“, vermutete Clay, während er Alicia den Gartenschlauch abnahm und sich daran machte, den giftigen Schleim loszuwerden.

    „Interessant ist, dass dem Metall der Schleim nichts ausmacht, es muss ein sehr spezielles Metall sein“, stellte Clay fest.

Clay hob es auf und wollte es in die Hütte bringen, jedenfalls das, was von der Hütte üblich geblieben war. Er hoffte, dass es die Ausrüstung und die Computer überlebt hatten, die Chancen waren allerdings gering.

    „Keine Sorge, es sieht von außen zerstört aus, aber das gehört zur Tarnung. Innen sollte alles in Ordnung sein… Vom Haus lässt sich das allerdings nicht sagen. Wie erkläre ich das bloß der Versicherung?“, Sonja stand nun ebenfalls bei ihnen.

    „Ist der Rat für so etwas nicht abgesichert? Eigentlich sollten sie die Reparaturen übernehmen“, Lina kannte sich in solchen Angelegenheiten sehr gut aus.

   „Clay, geh schon mal in die Hütte und bitte um eine Besprechung mit dem Rat“, Sonja strich sich gefrustet durch die Haare.

    „Jetzt noch? Es ist schon halb Eins, ist da überhaupt noch jemand?“, fragte Jake.

Clay schlug mit seiner Hand gegen sein Gesicht. Es war schon halb Eins und sie mussten noch länger bleiben, er hatte vergessen Blake eine Nachricht zu schreiben, dass es länger dauern würde. Ob dieser noch auf ihn wartete? Ob er schon eingeschlafen war? Sollte er ihm jetzt noch schreiben, würde das etwas bringen?

    „Was ist los Clay?“, fragte Jake nach.

    „Ich war vor dem Einsatz bei Blake, ich habe ihm gesagt, dass ich nur kurz wegmüsste und jetzt ist es halb Eins“, murrte er leise.

    „Das tut mir leid, aber als Wächter hat man nun mal seine Pflichten“, Sonja legte einen Arm um ihn.

Ja, sie hatte Recht, manche hatten allerdings trotzdem Glück. Er musste seinen Blick nur auf Collin und Beka werfen, welche engumschlungen da standen und sich küssten. Sie waren erst seit gestern so etwas wie zusammen, trotzdem würden sie nie die Probleme haben, welche er und Blake hatten.

    „Tut mir leid für dich Clay und tut mir leid für dich Collin, aber wir müssen jetzt alle zusammen den Rat anrufen, also lass meine Nichte endlich los“, sagte Sonja etwas lauter an Collin gerichtet.

    „Wir alle?“, fragte Clay nach.

    „Ja, wir alle. Wir sind alle Augenzeugen“, erklärte Sonja und machte sich auf den Weg in den Stützpunkt.

 

Als Clay sich in leise in Blakes Haus schlich, war es schon kurz vor zwei Uhr. Die Besprechung mit dem Rat hatte länger gedauert, da sie alle einzeln genau den Vorfall Wort für Wort schildern mussten. Sogar Collin und Sonja, obwohl die beiden im Einsatz ja nicht als Wächter fungiert haben. Die Haustür war bereits abgeschlossen, aber er hatte mal von Alicia gelernt, wie man diese aufbrechen konnte, ohne Spuren zu hinterlassen.

Leise schlich er sich in Blakes Zimmer und schloss ebensoleise die Tür hinter sich. Seine Augen hatten sich an die Dunkelheit gewöhnt, so konnte er sehen, dass Blake in seinem Bett lag und schlief. Clay seufzte leise auf und fuhr sich entnervt durch die Haare. Wie lange er wohl auf ihn gewartet hatte, bis er eingeschlafen war?

Clay wollte sich nicht im Schlaf zu ihm legen, er wusste ja nicht wie wütend Blake auf ihn war, aber einfach nach Hause gehen konnte er auch, das würde Blake vielleicht noch wütender machen, auch wenn er ihn vielleicht nicht mehr sehen wollte. Bis auf die Boxershorts ausgezogen legte sich Clay also in das Gästebett, er wollte nicht unnötig in seinem Rucksack rumkramen, um seine Schlafsachen rauszuholen, das würde Blake vielleicht nur unnötig wecken.

Aber natürlich konnte er keinen Schlaf finden. Er machte sich Gedanken um den Angriff, das Ding, dass er morgen untersuchen musste, die Bauarbeiten die auf dem Stützpunkt und Sonjas Haus zukamen und natürlich um den rothaarigen Jungen, der sein Herz gestohlen hatte und nur ein Bett weiter schlief.

Clay starrte an die Decke und ließ seine Gedanken schweifen. Er zuckte erschrocken zusammen, als die Matratze sich plötzlich neben ihm senkte und Blake sich zu ihm unter die Decke legte.

    „Ich hab dich nicht eingeladen, damit du dich rein schleichst und dann auch noch ohne mich schläfst“, murmelte er leise und kuschelte seinen Rücken an Clays Brust.

    „Blake, es tut mir so-“.

    „Schh. Es ist spät, lass uns einfach schlafen“, unterbrach Blake seine Entschuldigung.

Blake griff nach Clays Hand, zog seinen Arm um sich und verschränkte ihre Finger miteinander.

Seufzend schlang Clays seinen Arm enger um ihn und vergrub sein Gesicht in Blakes Halsbeuge.

    „Schlaf gut“, Clay küsste Blakes Hals kurz.

    „Du auch“, hörte er ihn murmeln und schon war er eingeschlafen, dass merkte er an Blakes ruhigen Atemzügen.

Es war interessant, kaum spürte er Blakes Nähe hörten die Gedanken in seinem Kopf auf, herumzuschwirren und er konnte endlich ruhig versuchen einzuschlafen.

 

Als er die Augen wieder öffnete war es hell im Zimmer und er blickte direkt in Blakes hellbraune Augen. Der rothaarige lag direkt neben ihm und strich ihm langsam durch seine Haare. Clay dachte zuerst, dass er weiter träumte, die Art wie das Licht in das Zimmer drang ließ seinen Blick auf Blakes irgendwie traumhaft erscheinen. Die hellbraunen Augen, die rotorangen Haare, dessen Farbe durch das Licht wunderbar zur Geltung kam, die kleinen wenigen Sommersprossen…

Wie sollte er ihm sagen, dass er ihn liebte? Alles an ihm liebte? Er wusste es schon seit Wochen, nur Clay konnte sich nicht vorstellen, wie er das machen sollte. Sollte er auf einen passenden Augenblick warten? War dies gerade ein passender Augenblick? Würde Blake diese Worte erwidern oder würde es ihm zu schnell gehen?

Verdammt, Clay hatte das noch nie zu jemanden gesagt, woher sollte er wissen, wie man das tat? Hätte er jemanden fragen sollen? Aber wen? Alicia hatte einen Freund, Collin auch, Jahre lang… Hätte er einen der beiden fragen sollen?

 

    „Guten Morgen“, riss Blake ihn mit einem Lächeln aus seinen Gedanken.

    „Morgen“, Clay erwiderte das Lächeln automatisch, er konnte nie anders, wenn Blake ihn anlächelte.

    „Ich bin schon länger wach und war schon unten. Dad ist Frühstück holen gegangen, frische Brötchen vom Bäcker, das kann noch etwas dauern…“.

Blake ließ sich ins Bett fallen und schmiegte sich an Clay, welcher sofort seine Arme um ihn schlang.

    „Es tut mir wirklich leid wegen gestern… Ich wollte mich beeilen, aber es ging nicht. Ich weiß, dass es Scheiße ist, das ich-“.

    „Hey, jetzt bist du ja da nicht?“, unterbrach ihn Blake und lehnte seine Stirn in an seine.

Wieso nahm er das einfach so hin? Clay konnte in Blakes Augen sehen, dass es ihn störte, dass es ihn mitnahm, ihn beschäftigte. Sollte er ihn darauf ansprechen? Würde das nicht in Streit enden? Sollte er es trotzdem ansprechen? Doch was sollte er ihm schon sagen? Er durfte ihm ja nicht die Wahrheit sagen.

Clay strich mit seiner Hand durch Blakes Haare, fuhr dann zu seiner Wange, auf der er seine Hand ließ. Lächelnd stellte er fest, wie Blake sich seiner Hand entgegen schmiegte.

    „Ich bin wirklich gerne mit dir zusammen. Deine Nähe ist irgendwie aufregend und doch beruhigend“, Clay waren diese Sätze raus gerutscht bevor er darüber nachdenken konnte.

Die hellbraunen Augen strahlten ihn nun an:

    „Beruht wohl auf Gegenseitigkeit“.

Clay wusste nicht mehr, von wem es ausging, aber sie begannen sich zärtlich zu küssen. Blake seufzte auf und legte sich nun ganz auf Clay drauf. Dieser fuhr mit der einen Hand über Blakes Rücken und mit der anderen fuhr er durch sein Haar.

Er liebte diese Nähe, dieses Gefühl, das sich in ihm breit machte, liebte diesen Moment und vor allem liebte er diesen Jungen und er würde es ihm auch sagen, schon sehr bald.

 

Wie verflucht ging genau in diesem Moment der Alarm von seinem Handy los. Clay hoffte und bettete, dass er sich das bloß einbildete. Aber es war wohl real, denn bald löste Blake den Kuss. Er rollte sich von ihm runter und atmete tief aus, wobei er sehr gefrustet klang. Clay blickte ihn entschuldigend an, was dieser nicht sehen konnte, da seine Augen weiterhin geschlossen waren, er wollte etwas sagen, doch Blake kam ihm zuvor.

    „Geh einfach. Und sag jetzt ja nicht, dass es dir leid tut und du dich beeilen wirst, sonst garantiere ich für nichts“.

Verwundert blickte Clay ihn an und wusste nicht, was er sagen sollte. Es tat ihm leid, es tat ihm wirklich so leid, aber was sollte er machen? Clay stöhnte frustriert auf, wieso war alles so kompliziert? Wieso konnte es nicht einfach sein?

Schnell zog er sich an, gab Blake noch einen Kuss auf die Stirn und verschwand auch schon aus dem Haus.

 

Natürlich dauerte es länger, es war schon Ein Uhr nachmittags als Clay erneut Blakes Haus betrat. Mit hängendem Kopf betrat er Blakes Zimmer, das Frühstück hatte er wohl verpasst und das Mittagessen ebenfalls.

    „Es tut mir-“.

    „Nein!“, Blake stand gegenüber von seiner Zimmertür neben dem Gästebett, von dem die Wäsche bereits entfernt wurde.

    „Entschuldige dich ja nicht. Sag mir lieber, wo du warst“.

    „Das kann ich dir nicht sagen“.

    „Wieso nicht?“, wollte Blake wissen und verschränkte seine Arme vor der Brust.

    „Das kann ich dir auch nicht sagen“.

    „Na schön Clay, da ist dein Rucksack, den Pulli kannst du auch wieder haben, ich will ihn nicht mehr. Hau ab und kam gar nicht erst wieder“.

Für einen kurzen Moment vergas Clay zu atmen, hatte er sich gerade verhört? Er wünschte sich so sehr, sich gerade verhört zu haben. Blake deutete jedoch auf seinen Rucksack, auf dem der Pulli lag, den Clay ihn einmal geschenkt hatte, es musste also richtig gehört haben.

    „Blake, nein bitte nicht. Tu mir das nicht an. Du kannst doch nicht so einfach… Ich kann nicht… Ich will es dir ja sagen, wirklich, bitte glaub mir“, er trat einige Schritte auf Blake zu, welcher sich daraufhin einige Schritte von ihm entfernte.

    „Na schön, ich frage dich jetzt gerade aus. Betrügst du mich? Hast du einen anderen?“, die hellbraunen Augen, die er so liebte, blickten ihn verletzt an.

    „Was? Nein, wie-“.

    „Wie ist er so? Wahrscheinlich besser als ich nicht? Gut aussehender, öffentlich geoutet, steht zu seiner Sexualität, schläft wahrscheinlich schon mit dir. Nicht so wie ich, der sich nicht outen kann und noch viel zu viel Panik vor Sex hat. Ich kann es sogar verstehen, aber mach mir bitte nichts mehr vor“.

Für Clay brach gerade eine Welt zusammen, verzweifelt ging er weiter auf Blake zu:

    „Red keinen Blödsinn! Wieso sollte ich einen anderen wollen, wenn ich dich habe?“.

    „Ich weiß nicht, sag du es mir“, entgegnete Blake mit ruhiger Stimme.

    „Blake. Ich will keinen anderen, ich will nur dich. Was soll ich mit einem anderen? Du kennst mich, du weißt, wann ich lüge. Sieh mir in die Augen. Ich will nur dich, ich will niemand anderen! Sag mir, dass ich lüge“, er blickte ihn verzweifelt an, irrte er sich oder begann seine Stimme zu zittern?

Blake musterte ihn, blickte ihn nachdenklich an und zuckte dann mit den Schultern.

    „Ich kenne dich wohl doch nicht so gut“.

    „Nein Blake. Bitte. Ich betrüge dich nicht, glaub mir doch bitte. Soll ich auf die Knie gehen? Soll ich dich auf den Knien anflehen? Ich tu es, nur bitte glaub mir!“, Clays Stimme zitterte unkontrolliert, er war so verzweifelt, wie sollte er es ihm bloß beweisen.

    „Du sollst nicht auf die Knie gehen, du sollst mir endlich die Wahrheit sagen verdammt!“, Blake wurde immer lauter und blickte ihn wütend an.

    „Das tue ich doch. Schon die ganze Zeit“.

    „Immer wenn dein scheiß Handy klingelt, bist du sofort weg. Egal was wir gerade tun, worüber wir gerade reden, wie lange wir uns schon nicht gesehen haben, wie sehr ich dich bitte zu bleiben. Es reicht ein Klingeln und du bist schon weg, jedes Mal. Kein einziges Mal hast du es einfach abgestellt, nicht ein Mal. Was soll ich sonst denken, außer dass es jemand anderen gibt? Einen der besser ist als ich, der nur einmal rufen musst und du kommst schon angerannt?“.

Clay konnte Tränen in Blakes Augen funkeln sehen, welche der zurückdrängte.

    „So ist es wirklich nicht“.

    „Okay Clay. Dann sag mir, wie es wirklich ist“, Blake warf die Arme in die Luft und blickte ihn abwartend an.

Betroffen ließ Clay den Kopf sinken und murmelte leise:

    „Ich will dich nicht anlügen, doch... Ich darf es dir einfach-“.

    „-nicht sagen“, beendete Blake seinen Satz und lachte auf, wobei das Lachen nicht amüsiert klang.

    „Du kannst gehen Clay, mach´s gut“, Blake wollte sich von ihm abwenden, doch Clay hielt seinen Arm fest und blickte ihm direkt in die Augen.

Seine Sicht wurde verschwommen, sein innerstes zog sich krampfhaft zusammen, er spürte, wie Tränen seine Wangen entlangliefen, doch es war ihm egal, es war ihm alles egal! Sollte er sich doch zum Affen machen und vor Blake weinen wie ein Schlosshund, es war ihm herzlich egal, er wollte den rothaarigen nur nicht verlieren.

    „Tu mir das nicht an. Bitte Blake, tu mir das nicht an. Ich liebe dich, wie soll ich ohne dich auskommen?“.

Fassungslos blickte Blake ihn an und befreite seinen Arm aus seinem Griff:

    „Was hast du da gerade gesagt?“, fragte er ruhig nach.

    „Ich liebe dich“, wiederholte Clay seine Worte von vorhin, er musste es ihm sagen und zwar jetzt.

Als nächstes spürte er ein schmerzhaftes Pochen auf seiner linke Wange, erst Sekunden später begriff er, was gerade passier war. Blake hatte ihn geschlagen.

    „Raus hier!“, schrie dieser nun laut und deutete in die Richtung der Tür.

    „Blake bitte-“.

    „Nichts bitte! Ist dir bewusst, was du gerade getan hast? Da sagst du mir das erste Mal, dass du mich liebst und wann und wie machst du das? Du lügst mir skrupellos in´s Gesicht, damit ich es mir anders überlege, nur wenn ich mit dir Schluss machen will. Ich zerbreche mir seit Wochen den Kopf über diese drei Worte und du, was machst du? Du pfefferst sie mir einfach so um die Ohren, weil du glaubst, dass ich dann weiterhin so tue, als ob ich nichts merken würde. Du bist einfach das letzte! Verschwinde endlich! Ich will dich nicht sehen“, Blakes Stimme brach irgendwann, zwischen den langen Sätzen und Tränen rannen ihm über sein Gesicht.

Dieser Anblick tat ihm so unglaublich weh, dass er gar nichts mehr erwidern konnte. Sein Blake, der es hasste vor andere zu weinen, welchen er noch nie weinen gesehen hatte, weinte nun. Und das wegen ihm.

Wie gelähmt, Clay war wie gelähmt, daher wehrte er sich nicht einmal, als Blake ihn packte und ihn, samt seinem Rucksack und dem Pulli, aus seinem Zimmer warf und seine Tür zuknallte. Bevor er die Tür wieder öffnen konnte, hörte er schon, wie die Tür von ihnen versperrt wurde. Es war ein Schieberiegel, den konnte Clay nicht aufbrechen.

Verzweifelt fiel er auf seine Knie und schlug den Kopf gegen Blakes Tür.

    „Blake, mach die Tür bitte auf. Lass uns reden. Bitte“, Clay klopfte energisch gegen die Tür, doch es kam keine Antwort.

    „Bitte Blake“, versuchte er es weiterhin.

Er lauschte und hörte Schritte in seinem Zimmer, Hoffnung keimte sich in ihm auf, bis er plötzlich laute Musik hörte, welche Blake anstellte.

Weiterhin klopfte er an die Tür und bettelte, Blake hörte ihn wahrscheinlich nicht einmal, doch das war ihm egal. Er klopfte immer weiter, bis er den Refrain des Liedes hörte, welches gerade lautstark lief.

>>I hate you when you´re gone.

I hate you turn me on.

I hate the way I need you, when I don´t know where you are.<<

>>I hate you<< von den Sick Puppies.

Clay schlug seinen Kopf erneut gegen die Tür, das war wohl ein klares Statement.

Sein Magen zog sich zusammen und die Tränen ununterbrochen über sein Gesicht. Er war ein Haufen elend, das wusste er. Lag hier vor einer Tür, weinte, bettelte.

 

Er liebte diesen Jungen. Doch er hasste ihn.

 

Etwas in Clay starb gerade. 

 

---
AB HIER GEHT ES WEITER:

Als Clay den Stützpunkt betrat, traf er dort auf Alicia, welche gerade in einem Buch vertieft auf eine der Couchen saß.

    „Die anderen sind zum Baumarkt gefahren, wegen der Reparaturen“, erklärte sie, ohne von ihrem Buch aufzusehen.

Mit einem ermüdeten Seufzen ließ sich Clay neben Alicia auf der Couch nieder und vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Einen Tag, er hatte gerade mal einen lächerlichen Tag überstanden und verspürte bereits jetzt das Verlangen, alles stehen und liegen zu lassen und sich einfach in seinem Bett zu verkriechen.

Er hatte gestern noch lange gebraucht, bis er sich zusammenreisen und von Blakes Tür weggehen konnte. Er wusste nicht mehr, wie lange er da gesessen hatte, denn sein Zeitgefühl hatte er längst verloren. Lange saß er da, die Stirn gegen das kühle Holz von Blakes Tür gelehnt, versuchte die Tränen zu unterdrücken, welche ihm trotzdem immer wieder über die Wangen rannten.

Die Versuche, seinen Atem zu beruhigen gingen immer wieder daneben, trotzdem bemühte er sich, sich zu beruhigen und darauf vorzubereiten, gleich aufzustehen und zu gehen, er brauchte nur etwas Zeit, um sich zu sammeln. Während er da saß, hörte er immer wieder dieses Lied, Blake hatte es wohl auf Wiederholen eingestellt.

 

I hate you when you´re gone.

I hate you turn me on.

I hate the way I need you, when I don´t know where you are.

 

Immer wieder hörte er diese Worte, bekam sie nicht mehr aus seinem Kopf. Der Text war schon sehr passend, ob Blake ihn wohl extra ausgesucht hatte? Oder hatte er einfach seine Anlage angestellt?

Als  Clay dann endlich die Kraft fand, nach Hause zu gehen, war er geradewegs, zusammen mit dem Pulli, welchen Blake ihm zurückgegeben hatte, ins Bett gefallen. Die Tränen wollten ihm erneut kommen, als er Blakes Duft an dem Pulli verspürte, er versuchte sie aufzuhalten, schaffte es aber nicht. Letzen Endes war es doch schon längst egal, er hatte längst die Schwäche gezeigt und geweint. Heute würde er sich ausweinen, nur heute, einen Tag, danach würde er sich bemühen, sich zusammen reisen, er würde es jeden Falls versuchen.

 

Die ganze Nacht über hatte er nicht geschlafen, konnte seinen Kopf nicht frei bekommen, spielte immer wieder Wort für Wort ihre Diskussion in seinem Kopf durch, überlegte, was er hätte anders machen können, was er hätte sagen sollen, was er hätte tun sollen, damit Blake ihn nicht fortschickt.

Die Sehnsucht und der Schmerz, den er verspürte, waren viel schlimmer als damals, als er dachte, Blake würde ihn nur benutzen, um an Jake ranzukommen. Es war tausend Mal schlimmer. Denn jetzt wusste er haargenau, wie es war, mit Blake zusammen zu sein und konnte sich seinen Tages Ablauf nicht mehr so vorstellen, ohne Blake mindestens einmal zu sehen, ihn zu küssen und die ganze Zeit mit ihm zu schreiben, auch wenn nur nebenbei.

Um das Ganze noch schlimmer zu machen, sah er auch noch jedes Mal Blakes traurigen verzweifelten Blick, als dieser ihm aus dem Zimmer warf. Dieser Anblick hatte sich in sein Gedächtnis eingebrannt. Jedes Mal, wenn er die Augen nur für einen Augenblick schloss, sah er Blake vor sich, wie er weinte, ihn anschrie und ihn verzweifelt anblickte. Blake hatte geweint, er hatte ihn noch nie weinen gesehen, er hasste es, vor anderen zu weinen und tat es auch nie.  

Und das nur wegen ihm, obwohl er es hasste, Blake traurig zu sehen, es zerriss ihm einfach das Herz, tat ihm wahrscheinlich noch mehr weh, als Blake.

 

In der Schule war ihm Blake auch noch aus dem Weg gegangen oder er war gar nicht erst in der Schule gewesen. Clay hielt überall, in jeder Pause, in jedem Gang und jeder Halle nach ihm Ausschau, sah ihn aber kein einziges Mal. Er hatte lange überlegt, ob er ihn anschreiben sollte, ihn fragen sollte, ob er heute zu Hause geblieben war. Gefühlte Stunden hatte er sein Handy angestarrt, hatte die Nachricht sogar mehrmals eingetippt, brachte es aber einfach nicht über sich, auf Senden zu drücken. Er bezweifelte nämlich, dass Blake ihm antworten würde und wusste nicht, ob er die Tatsache, dass Blake ihm nie wieder antworten würde, verkraften könnte.

 

Nach der Schule war er dann Hause gegangen und hatte versucht den Schlaf der letzten Nacht nachzuholen, er hatte es sogar geschafft einzuschlafen, es war allerdings kein ruhiger Schlaf. Blake verfolgte ihn natürlich auch in seinen Träumen.

Nachdem er aufgewacht und noch immer todmüde war, beschloss er in den Stützpunkt zu kommen und sich mit seiner Arbeit abzulenken, denn schlafen wollte er nicht, solange er in seinen Träumen den Streit von sich und Blake erneut durchlebte.

 

    „Was ist denn los?“, fragte Alicia nach und riss ihn aus seinen Gedanken.

    „Nichts“, murrte Clay leise, er wusste nicht, ob er darüber reden wollte.

    „Nach nichts sieht´s mir aber nicht aus“.

    „Bin nur müde“.

    „Clay, ich kenn dich, du bist nicht nur müde, da ist noch etwas“, beharrte sie und legte ihre Hand auf seine Schulter.

    „Collin hatte Recht“, sagte er nach einem längeren Schweigen.

    „Okay und womit?“.

    „Dass man als Wächter keine Beziehung führen kann. Früher oder später bricht alles zusammen, weil man dem anderen nichts davon erzählen kann“.

    „Was ist denn passiert?“, Alicia klang besorgt.

Clay atmete tief durch und überlegte, ob er es Alicia erzählen sollte und entschied sich am Ende dafür. Schaden würde es nicht, es waren gerade sowieso nur sie beide da, zu viel Mitleid würde er jetzt nicht erdulden.

    „Er dachte wegen den Einsätzen, dass ich einen anderen habe. Natürlich glaubt er mir nicht, wenn ich sage, dass das nicht stimmt, immerhin kann ich ihm ja nicht sagen, wohin ich wirklich dauernd verschwinde. Er hat Schluss gemacht und mich aus seinem Zimmer geworfen“.

    „Ach du Scheiße“.

Clay nickte bloß Still, ja es war Scheiße, es war unfair, schwierig und verdammt scheiße. Er konnte Blake nicht einmal böse sein, jeder in seiner Lage, würde früher oder später denken, dass er jemand anderen hätte.

    „Er hat mich geschlagen, aber ich habe es wohl verdient“, brach Clay nach einer etwas längeren Zeit erneut die Stille.

    „Was? Wieso sollst du das verdient haben?“.

    „Ich habe ihm gesagt, dass ich ihn liebe, es ist mir einfach so rausgerutscht“, Clay lehnte sich zurück, lehnte seinen Kopf an die Couchlehne und starrte an die Decke der Hütte.

    „Ich versteh´s nicht“, meinte Alicia verwirrt.

    „Er hat gedacht ich lüge ihn offen in´s Gesicht, da hat er mich geschlagen. Du hättest seinen Blick sehen sollen. Er war so wütend, traurig und… Ich habe ihm seine Verzweiflung so richtig angesehen, diesen Zwiespalt in seinem Blick“.

Clay spürte, wie Alicia ihren Kopf an seine Schulter lehnte:

    „Das tut mir echt leid Clay“.

    „Hm… Hat das bei dir und Dylan nie gestört? Die ganzen Einsätze?“, Dylan war Alicias erster und bis jetzt einziger Freund gewesen, doch er war vor einigen Monaten umgezogen und sie wollten keine Fernbeziehung führen.

    „Clay, das kann man doch nicht vergleichen“.

    „Wieso nicht? Ihm durftest du von den Einsätzen doch auch nichts sagen“.

    „Ja aber, das war etwas vollkommen anderes. Ich habe mir immer was einfallen lassen und eine Notlüge erfunden, wir waren ja nicht so oft zusammen, wie du und Blake. Außerdem, war es bei uns nicht so ernst“.

    „Wie meinst du das jetzt?“.

    „Natürlich war ich verliebt und er auch, aber es war nicht so ernst mit uns, wie mit euch beiden. Ich meine, ihr trifft euch jeden Tag. Trotz der Einsätzen, deinen Programmen, seiner Arbeit und dem Lernen. Selbst wenn ihr euch den ganzen Tag nicht sehen könnt, bringst du ihn fast immer von der Arbeit nach Hause.

Sowas hätte Dylan nie gemacht, ich meine okay, ich arbeite auch nirgendwo, aber so dringend war es nie, dass wir uns sehen. Wir waren verliebt ja, und es hat weh getan, als er weggezogen ist, aber wir waren nie so verliebt wie ihr beiden.

Ihr zwei passt einfach, seit auf einer Wellenlänge und ich weiß nicht, wie ich das erklären soll… Wenn du mal sehen könntest, wie ihr euch manchmal anschaut, wenn ihr nebeneinander sitzt oder euch zufällig am Gang der Schule trefft. Oder wie seine Augen aufblitzen, wenn er dich im Restaurant durch die Tür kommen sieht. Mich wundert es, dass es noch keinem aufgefallen ist, dass ihr euch etwas bedeutet, es achtet wohl keiner genauer drauf…

Ich wäre echt glücklich, wenn ich so etwas hätte wie ihr“.

 

Clay hatte sich während Alicias Vortrag aufgerichtet und war Letzt endlich von der Couch aufgesprungen. Er wollte das nicht hören, er wollte das alles nicht hören, denn es half nicht, es machte alles nur noch schlimmer und er hatte sich geschworen, dass er sich zusammenreisen würde.

    „Du wärst nicht glücklich, wenn du das hättest. Egal wie gut wir passen, was bleibt am Ende davon? Gar nichts, höchstens verschwendete Zeit und Schmerz. Ist ja auch egal, ich wollte das Metallstück von den Schnecken untersuchen“, Clay wendete ihr den Rücken zu und ging auf seinen Schreibtisch zu.

    „Warte, eines muss ich dir trotzdem noch sagen“.

Seufzend drehte Clay sich um, er wollte einfach nichts mehr darüber hören und versuchen, einfach seine Arbeit zu erledigen.

    „Was denn?“.

    „Einen Tipp. Den Spruch ‚Zeit heilt alle Wunden‘ kannst du vergessen. Der Schmerz wird nie nachlassen, versuch gar nicht erst, dir das einzureden, es wird nichts helfen, ich weiß das. Du-“.

    „Danke Alicia, das ist sehr aufbauend, mir geht’s gleich besser“, meinte er sarkastisch.

    „Soll ich lügen?“, fragte sie und verschränkte ihre Arme vor ihrer Brust.

    „Also, Zeit wird die Wunden nicht heilen. Aber du wirst dich an den Schmerz gewöhnen, immer ein Stück weit mehr, bis du mit ihm umgehen kannst. Es war jedenfalls bei mir so“.

    „Du wiedersprichst dir selbst“, stellte er fest.

    „Wieso?“.

    „Du hast vorhin gesagt, man kann dich und Dylan nicht mit uns vergleichen. Du hast selbst gesagt, dass mit Blake und mir ist viel ernster, woher willst du also wissen, dass ich mich an den Schmerz gewöhnen werde?“.

    „Ich weiß es einfach“, behauptete sie.

    „Tja, wenn du dich da mal nicht irrst“, murrte er und setzte sich an seinen PC.

    „Clay ich-“.

    „Ich will nicht mehr darüber reden, okay?“.

    „Okay, wie du willst“.

 

Clay verbrachte den ganzen Tag damit, das Metallstück von dem Alien zu untersuchen. Leider fand er nur sehr wenig darüber heraus. Er verstand in etwa die Funktionsweise des Gerätes, welches mit Gehirnwellen, -strömen und -impulsen arbeitete und dass es von Erdian stammte. Die Technologie war zwar auf den Stand von Erdan, als auf dem Planeten noch Leben möglich war, doch hergestellt wurde es eindeutig auf Erdian.

Irgendjemand von Erdian hatte wohl die Technik aus Erdan mitgenommen, als man Erdan noch bereisen konnte, denn im mittelalterlichen Erdian konnte nur Reiche oder Diebe so eine Technologie besitzen.

Als es draußen bereits dunkel wurde, wendete Clay seine Konzentration von dem Metallstück ab und arbeitete an einem seiner Programme weiter, für das er schon lange keine Zeit hatte, das Projekt mit Collin hatte ihm viel seiner Zeit gekostet.

Clay war so tief in seine Arbeit versunken, dass er gar nicht merkte, dass die anderen vom Baumarkt zurückgekommen waren, bis plötzlich jemand seinen Bürosessel umdrehte und er direkt in Collins Gesicht blickte.

    „Was machst du denn noch hier? Hat Blake nicht gleich Feierabend?“, wollte er wissen.

Tief atmete Clay durch, er hatte wirklich keine Lust mit Collin darüber zu reden, warum er Blake nicht abholte, er hatte allgemein auf nichts Lust. Die Arbeit lenkte ihn etwas ab, das war gut, aber unterhalten wollte er sich mit Niemandem mehr.

    „Ich werde ihn in Zukunft nicht mehr nach Hause bringen“, erklärte er simpel und wollte sich wieder seinem Computer zuwenden, doch Collin hielt ihn fest.

    „Wieso?“, Clay bemerkte, dass sie restlichen Wächter im Stützpunkt standen und ihm alle fragende Blicke zu warfen, hatte er etwa zu laut geantwortet?

    „Collin, lass ihn einfach“, Alicia wollte die Konfrontation wohl vermeiden.

    „Ist etwas passiert solange wir weg waren?“, Jake klang besorgt.

    „Ich hole ihn bloß nicht mehr von der Arbeit ab, ist das so weltbewegend?“, Clay war genervt, sollten sie ihn doch einfach in Ruhe lassen.

    „Es ist also was passiert“, murmelte Jake und überging seine verbissene Antwort einfach.

    „Habt ihr gestritten?“, erhob Beka nun auch ihre Stimme.

Clay schlug Collins Arm, welcher immer noch seinen Sessel festhielt, weg und drehte sich einfach seinem Computer zu, das war wohl Antwort genug, denn sie stellten keine Fragen mehr.

Genervt spürte er, wie sein Sessel erneut umgedreht wurde und ihn nun alle forschend anblickten.

    „Clay, du weist genau, dass wir dich solange nerven, bis du uns sagst, was passiert ist“, erklärte Jake mit verschränkten Armen.

    „Meine Fresse seid ihre alle nervig. Er hat Schluss gemacht, hat gedacht ich hätte einen anderen, wegen den vielen Einsätzen. So, seid ihr nun alle zufrieden? Darf ich jetzt bitte weiterarbeiten?“, Clay wurde unbeabsichtigt immer lauter, er stand kurz vor einem Ausraster.

Er wusste nicht was mit ihm los war, heute Nachmittag konnte er noch mit Alicia darüber reden, aber jetzt würde er gleich zusammenbrechen, wenn er noch ein Wort dazu sagen musste.

    „Clay das-“, reagierte Lina als erste, wurde aber von Clay unterbrochen.

    „Der nächste, der mir sein Beileid ausspricht, bekommt etwas an den Kopf geworfen. Ist echt nett von euch Leute, aber ich will einfach nicht darüber reden okay?“, er fuhr sich frustriert durch seine Haare.

    „Okay, wir verstehen das“, Collin nickte ihm zu.

    „Danke“.

    „Ich wollte dir eigentlich sagen, dass der Rat mich kontaktiert hat. Übermorgen kommen vier Begutachter und wir können ihnen unser Motorrad vorstellen. Ich würde sagen, ich fahre es morgen noch etwas ein und dann üben wir die Präsentation, ist das so in Ordnung?“.

Collin konnte sich gar nicht vorstellen, wie erleichtert Clay darüber war, dass er so schnell das Thema wechselte.

    „Ja, klingt nach einem Plan“, er nickte.

 

Die nächsten beiden Tage verstrichen schnell, auch wenn Clay jede Stunde wie eine Ewigkeit erschien. Blake hatte er in diesen Tagen nicht gesehen, dieser ging ihm wohl weiterhin aus dem Weg. Er war in der Schule, das wusste Clay ganz genau. In seiner Verzweiflung hatte er sich in das Schulsystem gehackt und das digitale Klassenbuch von Blakes Klasse geöffnet. Er war anwesend, ging ihm aber geschickt aus dem Weg. Nicht einmal in den Pausen sah er ihn.

Trotz seines großen Schlafmangels, schafften Collin und er es, die Präsentation ohne Komplikationen über die Bühne zu bringen. Die Begutachter würden ihnen in einer Woche mitteilen, ob ihr Projekt vermarktet werden würde.

Gerade saß Clay mit seinem vierten Becher Kaffee im Stützpunkt und arbeitete an seinen Berichten für diese Woche. Ihm war bewusst, dass so viel Kaffee nicht gesund war, aber es war immer noch besser, als im Stützpunkt den Schlaf nachzuholen, denn seine Träume in letzter Zeit waren nicht gerade erholsam.

Jake schrieb ebenfalls an seinen Berichten, er saß an dem PC neben ihm. Lina half Alicia gerade etwas bei den Hausaufgaben und Beka hatte sich zusammen mit Collin in ihr Zimmer verzogen, keiner wollte genauer wissen, was sie gerade taten, es ging sie ja auch nichts an.

Plötzlich öffnete sich ein Fenster vor ihm auf dem Bildschirm und kündete eine Pforte an, welche vom hohen Rat genehmigt wurde. Bei solchen Pforten handelte es sich immer um künstlich erstellte, durch welche Flüchtlinge oder andere Reisende kamen.

    „Leute, gleich öffnet sich eine Pforte für einen der anreist“, kündete Clay den anderen an.

    „Was heißt gleich?“, fragte Jake nebenbei.

    „So in fünf Minuten, genau hier im Stützpunkt“.

    „Und wer reist an?“, fragte Alicia.

    „Irgendein Adliger von Erdian, als Grund ist bloß privat angegeben“.

    „Was will ein adliger von Erdian auf der Erde?“, überlegte Lina laut.

    „Wohl etwas privates erledigen“, erklärte Alicia das offensichtliche.

    „Seine Überprüfung muss wohl ich übernehmen was?“, fragte Clay.

Wenn jemand offiziell anreiste, mussten seine Personalien und sämtliche andere Sachen von den Wächtern überprüft werden, meist musste Clay das machen.

    „Jap“, kam es synchron von allen.

Genervt seufzte er auf, es war nicht schwer, aber es dauerte manchmal sehr lange, er verstand noch immer nicht, warum der hohe Rat das immer so genau haben wollte. Das Formular, welches sie mit den Gästen auffüllen mussten, war ungefähr zwanzig Seiten lang. Wieso konnten sie das nicht ausfüllen, bevor sie auf die Erde geschickt wurden?

Das waren Sachen, die Clay wohl nie verstehen würde.

 

Die Pforte öffnete sich, alle Wächter blieben unbeeindruckt auf ihren Plätzen und arbeiteten an ihren Sachen weiter. Alicia und Lina an den Hausaufgaben, Jake an seinem Bericht, nur Clay richtete ein Formular und seine Geräte, mit dem er den Gast überprüfen musste.

Aus der Pforte trat ein junger Mann, Clay schätzte ihn auf etwas unter 20. Er war relativ groß, etwas dürr, hatte blondes kurzes Haar, ein ovales Gesicht, aus dem ihn blaue Augen entgegen funkelten, bevor diese sich suchend im Raum umsahen.

Ein Adliger mit blondem Haar und blauen Augen, irgendwie war das schon ein Klischee merkte Clay etwas belustigt.

Doch anstatt, dass der Typ alle begrüßte und sich vorstellte, wie Gäste es normal taten, lief er gerade auf den Tisch zu, an dem Alicia und Lina saßen.

    „Lina! Oh Gott sei Dank, endlich habe ich dich gefunden, ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht!“.

Lina blickte panisch von ihrem Buch auf und musterte den Mann, bevor sie aufsprang und sich mehrere Schritte von ihm entfernte.

    „Mitch?! Was machst du denn hier?“, Panik war regelrecht von ihrem Gesicht abzulesen, aber warum?

    „Als ich von Erdan gehört habe, habe ich sofort angefangen etwas zu forschen, ob du doch nicht irgendwie überlebt hast. Du kannst dir nicht vorstellen, wie erleichtert ich war, als ich herausgefunden habe, dass du auf der Erde bist! Oh Gott sei Dank, komm her“, der Junge, der offensichtlich Mitch hieß, ging auf sie zu und breitete lächelnd seine Arme aus.

Lina jedoch blickte ihn nur mit einem wütenden Blick an, sah aber gleichzeitig aus, als ob sie in die Enge getrieben wäre, und wich weitere Schritte von ihm zurück, bis sie mit dem Rücken an die Wand geriet.

    „Nein! Hau ab, ich will dich nicht sehen“, ihre Stimme war viel lauter als sonst, aber sie schrie noch nicht, war aber dicht daran.  

    „Aber wieso, ich-“.

    „Du hast sie gehört, geh sofort zurück von ihr“, Jake war aufgesprungen und hatte sich vor Lina hingestellt, er war der einzige, der sich von ihnen rühren konnte, Clay war noch immer zu verwundert, um sich zu bewegen. Woher kannte sie diesen Jungen? Wieso wollte sie ihn nicht sehen?

    „Und wer, wenn ich fragen darf, bist bitteschön du?“, Mitch blickte Jake abschätzend an.

    „Du darfst nicht“, fauchte er zurück.

Mitch blickte an Jake vorbei, genau in Linas Augen:

    „Wer soll das sein? Ist ja auch egal, ich bin jedenfalls hier und kann dich auch gleich mitnehmen“.

    „Mitnehmen?“, fragte Clay nun nach, was redete dieser Junge? Wieso wollte er sie mitnehmen?

    „Ja mitnehmen, das geht euch alle ja wohl nichts an“.

    „Und ob es uns was angeht, offensichtlich will sie nicht mitkommen“, Jake wich weiterhin keinen Schritt von Lina weg.

    „Natürlich will sie, sie ist nur etwas verwundert mich zu sehen, oder Lina?“, Mitch blickte Lina fragend an.

Alle Blicke waren nun auf sie gerichtet, alle warteten auf ihre Antwort, während sie stumm vor sich hin starrte.

    „Lina, jetzt antworte endlich“, drängte sie Mitch.

    „Was willst du überhaupt von mir?“, fragte sie mit leiser Stimme nach.

    „Was ich von dir will? Na mit dir zusammen sein, so wie früher… Ich weiß, wir sind schlecht auseinander gegangen, aber das können wir wieder ändern… Jetzt wo ich dich gefunden habe, kann es wieder wie früher sein. Weißt du noch? So lange ist es gar nicht her, wir waren glücklich, alle beide. Jedenfalls hast du das immer gesagt und-“.

    „Halt die Klappe! Ich weiß was ich gesagt habe, aber jetzt… ich… Verdammt“, kaum hatte Clay sich versehen, war Lina aus der Hütte gerannt.

    „Lina“, rief Jake ihr nach und lief ihr hinterher.

Mitch wollte ihr ebenfalls hinterher laufen, doch Clay stellte sich ihm in den Weg, etwas war hier faul. Außerdem hatte er ihn noch nicht kontrolliert.

    „Lass mich vorbei, was glaubst du, wer du bist?“, ging Mitch ihn an, wow der Typ beherrschte den herablassenden Tonfall wirklich perfekt.  

    „Er ist der Wächter, der dich überprüfen muss. Und du schlägst jetzt besser einen anderen Ton an, oder wir verfrachten dich gleich wieder zurück nach Erdian“, Alicia war aufgestanden und hatte sich ebenfalls vor Mitch aufgebaut.

    „Du solltest darauf achten, wer hier mit wem, in welcher Tonlage spricht. Ich stehe weit über dir, besitze Erde, die größer ist als euer Land und habe Rechte“.

    „Das, mein Lieber, ist mir so egal, dass du es dir gar nicht vorstellen kannst. Du bist ein Gast, du bist von Erdian angereist und wirst überprüft, wie jeder andere auch“, Alicia blickte ihn streng an.

Ja, Alicia wollte man nicht als Feind haben, dieser Blick, mit welchem sie Mitch musterte verhieß nichts Gutes für ihn, wenn er sich nicht bald benehmen würde, würde es wohl unschön für ihn werden.  

    „Jap und das kann ganz schön lange dauern Kumpel, also setzt dich lieber“, Clay zeigte abwartend auf eine der Couchen.

Seufzend ließ sich Mitch auf die Couch fallen:

    „Na schön, entschuldigt bitte“, Mitch rieb sich den Nacken.

    „Na geht doch“, meinte Alicia zufrieden.

 

Nachdem sie die Routinemäßige Überprüfung und das Formular für Anreisende endlich fertig hatten, war es schon spät. Clay würde bald nach Hause gehen, denn mit der Arbeit würde er heute sowieso nicht weiterkommen, er war erschöpft und wollte einfach nur schlafen, wenn möglich ohne dabei einen Albtraum über Blake zu haben.

Lina und Jake waren nicht wiedergekommen und Collin und Beka hatten sich auch nicht mehr blicken lassen, so saßen im Stützpunkt nur mehr er, Alicia und dieser Mitch. Alicia hatte Clay bei dem ganzen Papierkram doch geholfen, sonst wäre er wahrscheinlich vor Mitternacht nicht fertig geworden. Was musste dieser Mitch auch am Abend anreisen?

    „Woher kennst du Lina eigentlich?“, Alicia stellte die Frage direkt an Mitch, sie hatten sich die ganze Zeit über verkniffen, danach zu fragen, doch jetzt sprach sie endlich aus, was Clay auch schon eine ganze Zeit beschäftigte.

Mitch blickte sie beide abschätzend an, er hatte aufgehört herablassend mit ihnen zu reden, aber seine Blicke sprachen noch immer Bände.

    „Wir waren zusammen, als sie noch auf Erdan gelebt hat. Ich musste damals weg und als ich wieder zu ihr zurückkehren wollte, wurde Erdan zerstört. Da ich aber einen engen Kontakt zum König pflege, habe ich so manche Quellen. Ich habe sie über die Zeit, die ich weg war, beschatten lassen, nur für ihre eigene Sicherheit. Sie haben mir mitgeteilt, dass Lina für eine Woche auf die Erde geschickt wurde, ein paar Tage später, als ich meine Angelegenheiten erledigt hatte und wieder zurück zu Erdan hätte kehren können, war dies ja nicht mehr möglich.

Die Leute, die sie beschattet haben, waren verstorben, sie hatten mir vor ihrem Tod nicht gesagt, ich welcher Einheit Lina genau verlegt worden war“.

Clay und Alicia warfen sich beide einen verwunderten Blick zu, diese Geschichte war nicht gerade alltäglich, aber sie musste stimmen.

    „Und wie hast du sie letzten Endes gefunden?“, wollte Clay nun wissen.

    „Ich habe meine Quellen und ich bin reich, zähl eins und eins zusammen. Ich habe Ermittler darauf angesetzt, sie zu finden. Die haben sich ihre Akte geholt und ja… Den Rest kann man sich denken. So, falls jetzt endlich alle Fragen geklärt wären, würde ich jetzt gerne mit Lina reden? Darf ich das jetzt endlich ganz legal?“.

    „Heute sicher nicht mehr. Außerdem wissen wir nicht, ob sie überhaupt mit dir reden will. Such dir für heute ein Hotel. Falls Lina mit dir reden will, organisieren wir das morgen nach der Schule, deine Nummer haben wir ja“, Clay stand auf und wollte ihn zur Tür bringen.

    „Morgen? Vielleicht? Nein, ich will jetzt mit ihr reden, wir haben eine Menge zu klären“.

    „Junge, das waren keine Vorschläge sondern Tatsachen. Du machst es so oder gar nicht. Wenn du so lange warten konntest, wirst du noch einen Tag überleben“, Alicia stand ebenfalls auf.

Mitch schien die Tatsache, dass sie am längeren Hebel saßen, gar nicht zu gefallen, der adlige Nachkomme war wohl anderen Umgang gewöhnt.

    „Komm, wir haben dir ein Taxi gerufen, dass wird dich zu einem Hotel bringen“, Clay öffnete die Tür des Stützpunktes und wartete auf Mitch, bis dieser sich seufzend von der Couch erhob.

 

Clay gab sich so viel Mühe wie möglich, seine Augen offen zu halten, doch es war so gut wie unmöglich. Er hatte sich die ganze Nacht im Bett hin und her gewälzt, bis es schließlich Zeit war aufzustehen und er nicht genau wusste, ob er überhaupt geschlafen hatte. Eigentlich hatte er die erste Stunde frei, doch da er sowieso nicht schlafen konnte, war er in die Schule gekommen. Jetzt stand er hier, an diesem Tisch, mit der schwarzen Brühe, welche die Schule als Kaffee verkaufen wollte. Der Automat für die Schüler war wirklich nicht der beste, der Schülersprecher sollte sich wirklich mal für einen Neuen einsetzen, statt so ein unnötiges Schulradio einzuführen.

Neben seinem vollen Becher standen bereits zwei leere, er brauchte viel Koffein um diesen Tag zu überstehen, zwei würden da nicht reichen. Irgendwann, wenn er keine Probleme mehr hatte, über die er sich den Kopf zerbrach, und schlafen konnte, musste er ernsthaft über seinen Kaffeekonsum nachdenken. Wenn er sich schon in diesem Alter an so viel Kaffee am Tag gewöhnte, würde er als Erwachsener praktisch eine Kaffeemaschine mit sich rumtragen müssen. Aber er konnte nichts dafür, er versuchte ja zu schlafen, aber in seinem Kopf spielten sich einfach viel zu viele Gedanken ab, welche sich immer wieder im Kreis drehten. Von Schlaftabletten hielt er nichts, da blieb er lieber bei seinem Kaffee, auch wenn Koffein ebenfalls zur Sucht werden konnte, war ihm das immer noch lieber von Schlaftabletten abhängig zu werden.

Seufzend blickte er in seinen Becher und betrachtete dunkle Flüssigkeit näher. Die ganze Nacht hatte er sich Gedanken um, wen sonst, natürlich Blake gemacht. Tausende von Erinnerungen flackerten dauernd vor seinem inneren Auge auf, unzählige Kleinigkeiten fielen ihm ein. Er wünschte sich zurück in Blakes Zimmer, in sein Bett, an ihm gekuschelt, während sie Musik hörten, redeten, sich einfach nur gegenseitig anschauten und immer wieder küssten.

Er vermisste diese Abende, er wollte sie wieder haben, aber wie sollte er das anstellen? Clay wusste genau, dass er nichts daran ändern konnte, er hatte sich damit abgefunden, aber trotzdem konnte er seine Gefühle nicht abstellen. Tagsüber hatte er noch Ablenkung von dem ganzen, konnte sich auf seine Arbeit oder die Einsätze konzentrieren, aber nachts, vor dem Einschlafen, war er alleine mit seinen Gedanken, da konnte er sich mit nichts ablenken, er war seiner Sehnsucht und seinen anderen Gefühlen ausgesetzt.

 

Und wenn seine Gedanken endlich eine Pause einlegten und sich nicht um Blake drehten, dachte er über diesen seltsamen Mitch nach. Er wusste nicht, ob er Mitch seine Version der Geschichte glauben sollte, dachte dauernd über seine Worte nach und ob sie denn Sinn ergaben, vielleicht hatte er sich die Geschichte ja bloß ausgedacht und wollte etwas vollkommen anders von Lina. Vielleicht waren sie nie zusammen, kannten sich von wo anders und er erpresste sie mit irgendetwas? Denn auf ihre heftige Reaktion war dies das einzige, was er hätte nachvollziehen können.

Warum sollte man auf einen normalen Ex-Freund so reagieren, wie Lina gestern? Wer rannte schon schreiend weg? Irgendetwas musste er ihr angetan haben, aber was? Was war zwischen den beiden vorgefallen?

Er hatte gestern versucht Lina anzurufen, doch es ging nur die Mailbox dran, sie wollte also offensichtlich nicht darüber reden oder sie wollte bloß mit Clay nicht darüber reden. Ob Jake mehr Erfolg gehabt hatte? Wahrscheinlich,  Lina redete sich ja öfter bei Jake aus, dieses Mal war es wahrscheinlich wieder so.

 

Während Clay erneut über das ganze nachdachte, ließ er seinen Blick durch den Gang schweifen und traf direkt in ein hellbraunes Paar Augen, dass er so gut kannte und doch so vermisste. Sofort zog sich sein Magen zusammen und sein Herz begann zu rasen. Es tat weh Blake zu sehen und trotzdem freute er sich irgendwie. Clay spielte verrückt, er verspürte viel zu viele Empfindungen auf einmal. Freude, Sehnsucht, Aufregung, Trauer, Schmerz, sein Körper schien sich nicht einigen zu können, was er denn nun verspüren sollte und dies lag sich nicht am schlechten Kaffee.

Es war verrückt, Clay hatte ihn doch bloß für einige Tage nicht gesehen und doch kam es ihm wie eine Ewigkeit vor. Blake wirkte mitgenommen, er starrte ihn mit offenem Mund und einem verwundertem Gesichtsausdruck an. Seine roten Haare standen in alle Richtungen ab, seine Augen waren leicht rot, seine Kleidung etwas zerknittert, er wirkte alles in einem als hätte er eine harte Nacht oder mehrere schlaflose Nächte gehabt. Blake sah so aus, wie Clay sich fühlte, mit einem Wort auf den Punkt gebracht: beschissen. Und trotzdem wirkte er wunderschön und attraktiver denn je auf ihn. Clay hätte ihn so gerne an sich gezogen, in den Arm genommen und-

    „Du?“, Blake sprach leise und räusperte sich anschließend, „Ich dachte du hast erste Stunde frei?“, fragte er nach.

Blakes Stimme, wie lange hatte er seine Stimme nicht gehört? Es kam ihm so verdammt lange vor.

    „Ich…konnte nicht schlafen, bin also früher hier“, erklärte er.

    „Aha“, machte Blake bloß und drehte ihm bereits den Rücken zu.

    „Warte, Blake. Wegen mir musst du nicht gehen“, hörte er sich sagen, bevor er überhaupt über sein Handeln nachdenken konnte.

Blake blieb stehen und blickte Clay ausdruckslos an, Clay lief ein Schauer über den Rücken, diese hellbraunen Augen hatten noch nie so kalt gewirkt, dabei kannte er Blake doch schon so lange.

    „Komm, ich geb dir einen Kaffee aus ja?“, schlug Clay vor, doch Blake schüttelte bloß den Kopf.

    „Es ist bloß ein Kaffee, nichts weltbewegendes, du kannst mich auch böse anfunken und anschweigen“, schlug er weiterhin vor, Clay wusste, wie verzweifelt er wirkte, aber es war ihm egal. Er wollte einfach nur in Blakes Nähe sein und wenn nur für einen kurzen Augenblick.

    „Ich will keinen Kaffee von dir. Ich will dich noch nicht einmal sehen, tu mir einen Gefallen und geh mir aus dem Weg ja?“, Blakes Stimme war etwas lauter geworden, zum Glück war kein Mitschüler in der Nähe, sonst hätte Blake einige verwunderte Blicke geerntet.

Bevor Clay etwas einwenden oder überhaupt nur antworten konnte, war Blake bereits verschwunden. Er wäre ihm gerne hinterher gelaufen, doch das hätte wohl auch nichts genützt. Frustriert fuhr er sich durch die Haare.

Blake fühlte sich mindestens so mies wie er, er litt genauso wie Clay und dass alles nur wegen dieser verdammten Schweigepflicht. Gab es noch nie ähnliche Fälle? Diese verdammte Schweigeplicht gegenüber dem hohen Rat, den Pforten und den Einsätzen hatte sicher schon tausende Beziehungen zerstört, wieso gab es dafür keine Regelung?

Wütend pfefferte Clay seinen leeren Pappbecher in die Tonne neben dem Kaffeeautomaten. Wieso musste alles immer so verdammt kompliziert sein?

 

Bis zur großen Pause konnte Clay sich zusammenreißen, doch als er mit den anderen Wächtern an einem Tisch saß und sich alle über ihr Essen hermachten, hacktete er sich mit seinem Handy erneut in das Schulsystem. Er musste feststellen, dass Blake nach der ersten Stunde nach Hause gegangen war. Ob es wegen ihrer Begegnung heute Morgen war? Hielt er diese seltsame Distanz, welche sie nun zu einander hatten, auch nicht mehr aus?

Kopfschüttelnd legte er sein Handy wieder weg und lauschte dem Gespräch der anderen. Alicia erzählte gerade den anderen, wie Mitch sich verhalten hatte, nachdem Lina und Jake aus dem Stützpunkt geflüchtet waren.

    „Was hat dieser Mitch eigentlich mit dir gemacht? Ich meine okay, er ist dein Ex, aber nicht jeder läuft deswegen gleich weg“, meinte Beka.

    „Ich weiß nicht, ob ich euch schon von ihm erzählt habe… Er war mit mir zusammen und eines Tages habe ich ihn dabei erwischt, wie er ihm Stützpunkt unsere Ausrüstung durchwühlt hat. Ich war fertig, konnte nicht mehr mit ihm reden und habe ihn einfach zurück nach Erdian geschickt, anstatt ihn festzunehmen und anzuklagen. Er wusste von Anfang an, dass ich eine Wächterin bin und war wahrscheinlich auch nur deswegen mit mir zusammen“.

    „Hm… Aber jetzt ist er doch wiedergekommen, das heißt doch, du bedeutest ihm wirklich etwas, oder nicht?“, überlegte Alicia laut.

Clay musterte besorgt Jakes Gesicht und suchte darin nach Anzeichen, dieser war sicherlich nicht sehr darüber erfreut, dass Linas Ex Freund wieder da war und sie mit zu sich nach Erdian nehmen wollte. Keiner wollte, dass Lina ging, aber Jake machte es wohl am meisten zu schaffen. Und jetzt redete Alicia Lina auch noch Mut zu.

    „Ja kann schon sein, vielleicht habe ich mich in ihm geirrt… Ich hätte damals mit ihm reden sollen, anstatt gleich Schlüsse zu ziehen… Aber er hatte die Waffen in der Hand, ich dachte sofort er hat mich ausgenutzt um an diese ranzukommen… Aber vielleicht… Ich weiß nicht“, Lina starrte nachdenklich ihre Wasserflasche an, an dessen Etikett sie gerade rumpullte.

    „Okay Lina, entschuldige, aber Mitch kommt mir ziemlich arrogant vor. Er hat so herablassend mit uns geredet und hat gedacht, er bekäme eine Sonderbehandlung, nur weil er adlig ist… Was fandest du an dem Typen?“, Jake nickte ihm dankbar zu, als Clay seine Gedanken aussprach.

    „Er war damals nie so… Er war nett, zuvorkommend und keine Ahnung, es hat damals alles gepasst… Aber ich empfinde nichts mehr für ihn, außerdem hat er mich angelogen, auch wenn er nicht die Waffen klauen wollte, hätte er mir gesagt, dass er weiß, dass ich ein Wächter bin, hätte es so vieles so viel einfacher gemacht. Ich habe solange versucht über ihn hinwegzukommen, dann ist die Sache mit Erdan passiert und jetzt habe ich mir hier ein neues Leben aufgebaut… Ich mag ihn nicht mehr, außerdem erinnert er mich zu sehr an mein Leben auf Erdan, das will ich nicht“.

    „Hm… Du solltest mit ihm reden und es ihm erklären“, schlug Beka vor.

    „Genau, dann kann er wieder schön zurück nach Erdian gehen“, stimmte Jake ebenfalls zu, vielleicht fiel es Lina nicht auf, aber alle anderen am Tisch kannten Jake schon lange und hörten eindeutig die Eifersucht aus seiner Stimme heraus.

    „Ich weiß nicht, ob ich heute mit ihm sprechen kann, ich sollte eigentlich gleich nach der Schule arbeiten. Blake wollte mich heute in der Küche einweisen, ich weiß nicht, ob er mir frei geben kann, vielleicht packt er es heute nicht alleine“.

Kaum war Blakes Name gefallen, blickten alle, die am Tisch saßen, Clay an, die anderen hatten sich bemüht, Blakes Namen nicht mehr zu erwähnen, doch Lina hatte sich gerade vertan. Jetzt warteten alle gespannt auf Clays Reaktion, doch bis auf ein schweres Einatmen geschah nichts.

    „Ruf ihn doch einfach an und frag nach“, schlug Beka leise vor, als ob Clay es nicht hören würde, nur weil sie leiser sprach…

    „Ich habe seine Nummer nicht“, Lina blickte Clay entschuldigend an, während die Blicke der anderen ebenfalls wieder auf ihm landeten.

    „Ich kann sie dir geben“, murrte Clay und diktierte die Nummer.

Er hatte lange überlegt, ob er Blakes Nummer löschen sollte, doch er brachte es einfach nicht übers Herz.

Manchmal allerdings, meistens nachts, las er sich die Nachrichten von ihm und Blake durch und überlegte, ob er ihn anschreiben sollte. Tausend Mal hatte er so eine Nachricht getippt, manchmal Seitenlange Nachrichten und manchmal ein simples ‚Du fehlst mir‘, doch nie schaffte er es auf senden zu drücken, zu groß war die Angst davor, dass Blake nicht antworten würde.

Einige Male hatte er sich zusammen gerissen und Blakes Nummer gelöscht, doch danach hatte er den Kontakt in seinem Handy immer wiederhergestellt, mittlerweile kannte er Blakes Nummer auswendig.

 

Clay hörte Lina, die am Telefon mit Blake sprach, nur mit einem halben Ohr zu, jedoch verstand er, dass Blake Lina frei gab und er dann heute wohl alleine in der Pizzeria sein würde.

    „Okay, ich treffe mich mit Mitch gleich nach der Schule, dann ist das ganze endlich vorbei“, meinte Lina seufzend.

    „Ich habe seine Nummer gelöscht, könnt ihr ihn informieren? Wo soll ich ihn treffen? Beka, dürfen wir in deinem Wohnzimmer reden? Ich will nicht, dass er weiß wo meine Wohnung ist“.

    „Klar natürlich“, stimmte Beka zu.

    „Dann schreib ich ihm mal eine Nachricht“, meinte Alicia und holte den Zettel hervor, auf dem sie gestern, für alle Fälle, seine Nummer aufgeschrieben hatten.

 

    „Alicia meint, er steht bereits vor der Tür… Bist du sicher, dass du das machen willst?“, fragte Clay nach, er würde es verstehen, wenn sie doch nicht mit Mitch reden wollen würde, alle würden es verstehen.

    „Ja, er soll mich in Ruhe lassen und das geht wohl nur so“.

    „Wir sind im Stützpunkt und beobachten das Ganze, soll ich nicht lieber doch hier bleiben?“, schlug Jake vor, er machte sich offensichtlich am meisten Sorgen.

    „Danke Jake, das wird schon klappen“.

    „Du kannst uns jederzeit rufen“, betonte Beka erneut.

    „Danke Leute. Das ist bloß mein Ex-Freund, kein Mörder, ihr müsst euch nicht so viele Sorgen machen“, Lina winkte ab.

    „Na schön, dann lassen wir ihn mal rein und gehen in die Gartenhütte“, Collin lächelte Lina aufmunternd an, bevor er als erster das Wohnzimmer verließ, zögernd folgten ihm die anderen.

Sobald Clay im Stützpunk war, übertrug er die Kameraaufnahmen aus Bekas Wohnzimmer auf den großen Bildschirm.

 

Sofort wurden alle still und blickten auf die Übertragung.

Mitch wollte auf Lina zugehen und sie als Begrüßung umarmen, doch sie hob ihre Hände abwehrend in die Luft:

    „Nein, wir sind nur hier um zu reden, nichts anders. Setzt dich am besten dort hin“, sie wies ihn auf den Platz ihr Gegenüber.

Mitch nickte und setzte sich.

    „Okay, machen wir es kurz. Warum bist du hier und was willst du?“.

    „Na mit dir reden“, erklärte er kurz und bündig.

    „Na schön, schieß los“.

    „Also ich konnte dir damals nicht sagen, dass ich über die Wächter Bescheid weiß, ich wusste nicht, wie ich es dir sagen sollte… Dann musste ich zurück nach Erdian, weil etwas vorgefallen war, es war dringend, also wollte ich von eurem Stützpunk aus dort hin, da ich mich nicht ausgekannt habe, musste ich den Stützpunkt durchsuchen und du bist genau hineingekommen, als ich die Waffen in den Händen hatte… Du hast mich ja unterbrochen und nicht ausreden lassen, also konnte ich es dir nicht erklären…“.

Lina blickte Mitch nachdenklich an:

    „Mhm… Vielleicht hast du mich nicht ausgenützt, aber belogen hast du mich trotzdem“, fasste sie ruhig zusammen.

    „Ich konnte dir die Wahrheit nicht sagen“.

    „Wieso nicht?“.

    „Ich wollte sehen, wie die Menschen reagieren, wenn sie nicht wissen, was ich alles besitze und wie viel Geld meine Familie hat… Und später konnte ich es dir nicht sagen, da ich Angst hatte, du wärst wütend auf mich, warum ich dir nicht von Anfang an die Wahrheit gesagt habe und ich hatte Recht. Du bist wütend“.

    „Du hättest wissen müssen, dass du mir die Wahrheit sagen kannst“, hielt sie ihm vor.

    „Ich weiß, es tut mir ja auch leid. Ich wollte es dir sagen, ich hab auf den richtigen Augenblick gewartet“.

    „Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich dir diese alte Ausrede glaube? Auf den richtigen Augenblick zu warten ist kein annehmbarer Grund mir so etwas zu verschweigen.“

    „Ja, das sehe ich jetzt auch ein, es tut mir wirklich leid“.

    „Mhm… Tja und war es das jetzt? Kannst du wieder gehen?“, Lina blickte ihn ausdruckslos an.

    „Nein, Lina, das war es noch lange nicht. Ich möchte es wieder gut machen und ich möchte, dass wir wieder zusammen sind. Du weißt die Wahrheit jetzt, also muss ich dich nie wieder anlügen. Du kannst mit zu mir nach Erdian kommen. Ich habe viel Geld, besitze viel Erde und habe mehrere Anwesen, auf denen hunderte Diener arbeiten. Du müsstest nie wieder in deinem Leben arbeiten, du musst nur das tun, wozu du auch wirklich Lust hast. Du hättest ausgesorgt und wir könnten von vorne Anfangen, ohne Lügen, ganz offen und ehrlich“.

 

    „Waaaaaas?“, fragte Alicia gedehnt.

    „Ist das sein ernst?“, fragte Beka nach.

    „Er schaut ziemlich ernst aus“, kommentierte Clay.

    „Noch ernster und er geht vor ihr auf die Knie“, brummte Collin.

Jake war der einzige, der nicht reagierte, er starrte weiterhin stumm auf den Bildschirm und schien den Atem angehalten zu haben. Wenn Lina gehen wollen würde, konnten sie sie nicht aufhalten, das war ihre alleinige Entscheidung.

Clay legte Jake den Arm über die Schulter:

    „Hey, sie hat doch heute Morgen nein gesagt, wieso sollte sie ihre Meinung geändert haben?“, murrte er leise und hoffte, dass Jake sich etwas beruhigen würde, sein ganzer Körper war angespannt, das konnte Clay spüren.

 

    „Nein“, war Linas kurze Antwort, nachdem sie länger geschwiegen hatte.

    „Aber-“, Mitch wollte wiedersprechen, doch Lina unterbrach ihn:

    „Einfach Nein“.

    „Lina, wenn du lieber hier bleiben möchtest, kann ich das auch verstehen. Ich könnte ein Haus hier in der Stadt kaufen und wir lassen uns einfach Zeit, fangen langsam Schritt für Schritt wieder von Vorne an. Ich kann warten, ich will bloß, dass du mir eine Chance gibst“.

 

All die Anspannung, die bei Linas Verneinung von Jake abgefallen war, kam nun wieder. Clay hatte echt Mitleid mit seinem besten Freund, es musste wirklich die Hölle sein, dieses Gespräch mit anzuschauen beziehungsweise anzuhören.

 

    „Ich habe Nein gesagt Mitch, akzeptier das“.

    „Das kann ich nicht Lina, ich kann es einfach nicht. Auch wenn ich es dir nie gesagt habe, Ich liebe dich und ich weiß ganz genau, dass du auch noch etwas für mich empfindest“.

    „Nein. Ich empfinde gar nichts mehr für dich. Ich habe hier ein neues Leben angefangen, aber ich war schon fast ganz über dich hinweg, als ich hierhergekommen bin. Ich dachte damals, dass die Welt untergehen würde, weil wir nicht mehr zusammen waren, aber… Dann ist meine Welt wirklich untergegangen und ich habe begriffen, dass ich nie wirklich in dich verliebt war“.

    „Wie meinst du das?“.

    „Als Erdan zerstört worden ist, hatte ich Zeit um über vieles nachzudenken, also auch über uns. Ich war vielleicht in dich verknallt, aber nie wirklich verliebt. Ich habe mich einfach gefreut, dass jemand mich interessant findet, ich habe sowas noch nie erlebt, ich habe mich so sehr darüber gefreut, dass ich mir irgendwie eingeredet habe, ich wäre in dich verliebt, doch ich war es nicht“.

Mitch sprang auf, ging auf Lina zu und blieb direkt vor ihr stehen:

   „Das glaube ich dir nicht. Du kannst mich sonst etwas erzählen, aber diese Gefühle waren echt Lina. Und sie sind es noch“.

    „Mitch…“.

    „Nein, hast du einen anderen? Willst du mich deshalb loswerden? Etwa der komische braunhaarige, der dir gestern hinterher gelaufen ist? Ist das dein ernst? Ach komm schon, du hast doch einen besseren Geschmack als das!

Sei nicht dumm, ich kann dir ein schönes Leben bieten, eine Zukunft, außerdem lieben wir uns doch! Was kann er dir bieten? Sein Elternhaus ist nicht das Beste, er hat kein Geld und er muss dauernd bei anderen übernachten und schnorren weil er sich gegen seinen eigenen Stiefvater nicht wehren kann, willst du so einen? Komm schon, du bist klüger als das“.

 

Jake tobte durch den Stützpunkt und wollte schon raus in das Haus laufen, doch Beka hielt ihn auf:

    „Du kannst da jetzt nicht rein, Lina muss das alleine durchstehen“.

    „Es geht nicht nur um Lina, woher weiß er das alles? Was geht ihn das an?“.

    „Lina wird sicher nachfragen, vielleicht finden wir mehr raus“, redete Alicia nun ebenfalls auf ihn ein.

 

    „Selbst wenn ich mit ihm zusammen wäre, es geht dich nichts an, dass ist immer noch meine Entscheidung. Und woher weißt du das alles?“.

    „Was glaubst du wohl, woher? Ich rette dir sicher nicht das Leben, damit du es danach zerstören kannst, ich habe dich natürlich beschatten lassen“.

    „Leben retten?“, fragte Lina nach.

    „Ja Lina, ich habe dein verdammtes Leben gerettet. Was glaubst du, von wem die falsche Nachricht gesendet worden ist und warum du auf die Erde geschickt worden bist, bevor Erdan zerstört worden ist? Glaubst du wirklich, dass das alles Zufall war?“.

Lina sprang auf, packte Mitch an seinem T-Shirt und zog ihn nah an ihr Gesicht:

    „Woher wusstest du, dass Erdan zerstört werden würde?“, ihre Stimme klang ruhig, aber bedrohlich, wie die bekannte Ruhe vor dem Sturm.

    „Nenn es eine Vorahnung oder eine Vision“, murmelte er leise.

    „Spuck es aus“, schrie sie nun lauter.

    „Ich sagte doch schon, es war eine bloße Vorahnung“.

Lina schubste ihn und Mitch landete auf dem Boden:

    „Wieso hast du dann nur mich gerettet? Wieso hast du es nicht verkünden lassen? Den Planeten evakuieren lassen? Wenigstens meine Familie gerettet oder es mir einfach nur vorher gesagt?!“.

    „Hättest du mir geglaubt? Hätte mir irgendjemand geglaubt?“, fragte er still.

    „Verdammte Scheiße, du hättest mehr Leute auf die Erde oder nach Erdian schicken können, wieso nur mich, du Arschloch?“.

    „Das wäre zu auffällig gewesen“.

    „Zu AUFFÄLLIG?! Hast du eine Ahnung, wie es sich anfühlt, wenn von heute auf morgen dein Heimatplanet weg ist? Scheiße Mann, in manchen Momenten wünschte ich, ich wäre mit ihnen gestorben, du hast keine Ahnung, wie das ist“, nun wurde sie laut, sehr laut.

    „Hätte ich dich sterben lassen sollen? Nun, das hätte ich niemals können“, Mitch sprang vom Boden auf und stellte sich wieder direkt vor ihr hin.

    „Woher wusstest du es? Und was meinst du damit, dass du mich hast beschatten lassen? Bist du noch dicht? Dachtest du wirklich, ich wäre dir für diese Scheiße dankbar und würde in deine Arme laufen und mit dir nach Erdian reisen?!“.

    „Ich hab dein Leben gerettet, du könntest durchaus danke sagen“.

    „Für was denn? Für die verdammten Selbstmordgedanken, die ich am Anfang hatte? Hast du eine Ahnung, wie schwer es war, mich aufzurappeln und mir ein Leben aufzubauen? Ich bin vieles, sauer, wütend, frustriet, aber sicher nicht dankbar“.

    „Na schön, du willst also hier bleiben? Bei diesen Versagern?“, fragte er mit wütendem Gesichtsausdruck nach.

    „JA! Liebend gerne, ich mag diese Versager, sie sind tausend Mal besser als du!“.

 

    „Hat sie uns gerade beleidigt oder verteidigt?“, fragte Alicia trocken nach.

   „Schätze beides“, vermutete Beka.

 

    „Achja und hör auf mich zu beschatten du perverses Arschloch“.

    „Ich rette dir das leben, mach mir Sorgen um dich und das ist der Dank? Lina, ich verstehe, dass dir das ganze etwas zu setzt, denk noch mal darüber nach. Du kannst das alles nicht ernst meinen“.

    „Ich meine es ernst, verschwinde, geh zurück zu deinem Geld und deiner Macht, tauch hier nie wieder auf oder ich garantiere für nichts. Mag sein, dass ich das Mädchen von uns bin, aber wenn du mich hast beschatten lassen, weißt du ja, zu was ich fähig bin“.

Mitch stürmte zur Tür:

    „Na schön, wenn du es so willst… Ich sag dir eins, eines Tages wirst du das noch bereuen! Ahja und da ich weiß, dass deine neuen Freunde uns gerade beobachten, muss ich dem lieben Clay noch einiges sagen. Du kannst dich bemühen wie du willst, aber diese Aufnahmen hier sind im Arsch“.

Bevor Clay darüber auch nur nachdenken konnte, was er damit meinte, zog Mitch etwas aus seiner Hosentasche, dass einem Handy ähnelte und drückte auf einen Knopf darauf, kaum hatte er das gemacht, fielen die Kameras aus und es war nur mehr der weltberühmte Ameisenhaufen oder der Schneesturm zu sehen.

Jake und die anderen stürmten sofort aus dem Stützpunkt, um in das Haus zu Lina zu rennen, nur Clay blieb sitzen und wollte sehen, ob die Aufnahmen wirklich weg waren.

Er spulte zurück und wirklich, die Aufnahmen von Bekas Wohnzimmer waren weg. Die vergangene viertel Stunde schien nie existiert zu haben, ihr eigentliches Gespräch, in dem Mitch so vieles gestanden hatte, war nun weg, stattdessen sah man nur  Bekas leeres Wohnzimmer.

Sie hatten also keine Beweise gegen ihn, dabei hätten sie ihn bei dem Rat anzeigen können, er wusste, dass Erdan zerstört werden würde und er hatte ihnen nachgestellt und sie beschatten lassen. Clay konnte es nicht glauben, woher hatte er gewusst, was mit Erdan geschehen würde? Und wie hatte er sich in einen der Computer des hohen Rates gehackt? Das hatte selbst Clay nur einmal geschafft, seit dem neuen Sicherheitssystem gelang dies keinem mehr. Was war hier los?

 

Schnell sprang er auf und rannte zu den anderen, die sich im Wohnzimmer befanden.

Lina saß auf der Couch, zwischen Jake und Alicia, Beka und Collin saßen auf der anderen Couch.

    „Die Aufnahmen sind wirklich futsch, wir haben keine Beweise“, erklärte Clay den anderen.

   „Wie konnte er das alles wissen?“, fragte Beka mehr sich selbst.

   „Das frage ich mich auch, das fragt sich wohl jeder. Wie konnte ich an so einen geraten? Es gibt so viele Arschlöcher da draußen, wieso musste ich genau mit ihm zusammen kommen?“.

    „Wenn wir anfangen nach dem Wieso zu fragen, können wir Jahrelang hier sitzen, das kann keiner wissen und du konntest auch nicht wissen, dass er so einer ist“, Collin blickte Lina an.

    „Wir können nur hoffen, dass er dir wirklich nicht mehr nachstellt. Aber er sollte verstanden haben, dass dies keinen Sinn macht“, Beka stand von der Couch auf und lief ihm Wohnzimmer auf und ab.

    „Wieso musste er nur die ganzen Beweise vernichten? Reicht es nicht auch ohne Aufnahme? Wenn wir alle gegen ihn aussagen?“, fragte Jake Beka.

    „Es steht Aussage gegen Aussage. Und er ist mächtig und hat viel Geld, es ist wohl ziemlich klar, wem sie mehr glauben würden“, erklärte sie.

    „Woher sollte er das mit Erdan außerdem wirklich vorausgewusst haben? Wir können das behaupten, aber wer wird uns schon glauben?“, warf Collin ein.

    „Er hat mich auf die Erde geschickt, er hat es gewusst“, sagte Lina mit leiser Stimme, es war erstaunlich, wie schnell sie sich zusammengerissen hatte, Clay hätte in so einer Situation nie so ruhig bleiben können.

    „Ja, aber diese Nachricht, die dir gesendet worden ist, kam vom hohen Rat. Es ist noch immer nicht geklärt, wer diesen Hackerangriff getätigt hat und sie werden es wohl auch nicht herausfinden“, entgegnete er.

    „Also zusammengefasst: Wir sitzen in der Scheiße, ein Psycho, der uns beschatten lässt und nebenbei mein Ex ist, läuft frei herum und wir haben keine Beweise gegen ihn. Und solange wir keinen Grund haben, können wir ihn auch nicht einfach so nach Erdian zurück schicken. Schön, es könnte schlimmer sein, es könnte regnen“, meinte sie sarkastisch.

    „Ich will nichts sagen, aber als ich aus der Hütte hierher gerannt bin, hat es bereits getropft“, Clay wusste nicht, warum er das sagte, es brachte nichts, aber es musste irgendwie raus.

    „Na schön, jetzt haben wir wirklich den Tiefpunkt erreicht“, verkündete Lina.

  

Beka hörte auf, auf und ab zu gehen und klatsche einmal in ihre Hände:

    „Okay folgendes. Lina wird nicht mehr alleine gelassen.

Jake, du übernachtest ja sowieso immer in ihrem Wohnzimmer, also wäre die Nacht schon abgedeckt. Morgens geht ihr zusammen in die Schule und in der Schule sind wir sowieso zusammen. Wenn du frei hast, kommst du mit uns in den Stützpunkt, wenn du arbeitest, begleitet dich jemand zur Arbeit und setzt sich solange in die Pizzeria.

Clay, du sorgst dafür, dass sein Hotel ihn rauswirft und verlegst ihn in eine andere Stadt, ist mir egal wie du das machst, aber mach es. Du wirst dich schon in das System des Hotels hacken und irgendwie Chaos stiften können, ich überlasse es deiner Fantasy, aber er soll aus der Stadt verschwinden, kriegst du das hin?“.

    „Natürlich, gib mir eine Stunde und er wird in ein Hotel in einer anderen Stadt verlegt. Oder sein Bankkonto wird leer geräumt, je nach dem“.

    „Eine andere Stadt reicht, es soll nur nicht nachweisbar sein, wenn der Rat die Computer untersucht“.

Clay blickte sie abschätzend ab:

    „Du weißt schon, mit wem du redest? Wenn der Rate wüsste, was ich alles mit diesem Computer mache, hätten sie mich und meine Familie in die Antarktis versetzt“.

    „Na schön, dann mach dich mal an die Arbeit“.

    „Geht klar Chefin, bring mir nur bitte einen Kaffee in den Stützpunkt“, Clay machte sich wieder auf den Weg in die Gartenhütte.

Es hatte durchaus seine Vorteile, dass Beka so eine Führungskraft war, sie behielt immer den Überblickt und wusste, was sie machen würden, sogar in solchen Situationen.

    „In Ordnung, wenn er dann in einer anderen Stadt ist, muss er auch in der anderen Stadt zurück nach Erdian reisen… Ich rede mit Sonja sobald wie wieder da ist und kläre sie über alles auf. Jake, Alicia, ihr könnt mit Lina nach Hause gehen und schauen, ob er ihr nicht in ihrer Wohnung auflauert, man kann nie wissen“.

    „Das ist alles wirklich nicht nötig, ich komme schon klar, selbst wenn ich ihn treffen sollte“, meldete Lina sich zu Wort.

    „Oh Nein, wenn er uns schon beschatten lässt, will ich nicht wissen, wozu er noch in der Lage ist“, Beka schüttelte den Kopf.

    „Collin, mach Clay einen Kaffee. Clay, machst du dich endlich auf den Weg?“.

Clay unterdrückte ein Lachen, die Lage war verdammt ernst und Beka blühte mal wieder in ihrer Herrschsucht auf,  Clay staunte nicht schlecht, als er sah, dass sogar Collin auf sie hörte und in die Küche verschwand, um Clay seinen Kaffee zu machen.

    „Ja wohl, bin schon weg“, Clay hob unschuldig seine Hände und machte sich auf den Weg in den Stützpunkt.

 

In den nächsten Tagen drehte Clay den Spieß einfach um. Bis jetzt hatte Mitch sie beschatten lassen, doch jetzt verfolgte er Mitch. Und das vollkommen bequem von seinem PC aus. Er hatte Mitch beobachtet, wie er mit dem armen nichtsahnenden Rezeptionisten stritt, als dieser ihm mitteilte, dass es ein Problem in ihrem Buchungsprogramm gab und sie ihn in ein anderes Hotel ihrer Hotelkette verlegt hatten.

Er hatte mit ihm sicher eine halbe Stunde lang diskutiert. Clay hatte dafür gesorgt, dass alle anderen Hotels als ausgebucht angezeigt wurden, so konnte der Mann, von der Rezeption, ihm bloß ein Hotel in der Nachbarstadt anbieten. Schließlich musste Mitch das Angebot annehmen und abreisen, dass hatte er ebenfalls beobachtet. Jetzt beobachtete er, wann und wie oft Mitch das Hotel verließ und wo er hin ging. Dies machte er ganz nebenbei, er hatte ein Programm geschrieben, dass Alarm schlug, wenn Mitch sein Hotelzimmer verließ. Dafür musste er die Kameras, der Wächter, der Nachbarstadt und die Computerprogramme des Hotels anzapfen, es war keine große Herausforderung, aber trotzdem eine nette Ablenkung.  

Die Tage vergingen und er behielt weiterhin Mitch im Auge, während die anderen, vor allem Lina, sich wieder beruhigten und immer weniger über Mitch sprachen.

 

 

***

Blake saß draußen, unter einem Baum, Clay schritt näher zu ihm, bis er direkt vor ihm stand. Doch Blake bemerkte ihn nicht, er hatte die Kopfhörer drinnen und war gerade in ein Buch vertieft. Grinsend setzte sich Clay ebenfalls auf dem Boden, ihm direkt gegenüber, und betrachtete Blake. Es musste gerade eine spannende Stelle sein, denn er hatte seine Augenbrauen zusammen gezogen und wirkte gespannt. Es bereute es fast, ihn jetzt zu stören, er hätte ihn auch einfach weiter betrachten können, das hätte ihn auch schon gereicht.

Lächelnd legte er Blake den Schokomuffin, den er für ihn gekauft hatte, auf das Buch. Blake blickte überrascht auf den Muffin, hob verwirrt seinen Blick und lächelte sofort, als er Clay erkannte.

Blake nahm seine Kopfhörer hinaus:

    „Was machst du denn hier?“.

    „Ich wusste, dass du gerade Freistunde hast… Ich habe gerade turnen und mir ist ‚schlecht‘“, Clay machte Anführungszeichen mit seinen Händen in die Luft, als er das Wort schlecht aussprach, „und da ich dich gestern nicht nach Hause bringen konnte, habe ich mir gedacht, ich mach das mit einem Muffin wieder gut“.

Blake blickte sich kurz auf dem Schulhof um und grinste Clay dann entgegen:

    „Weist du, es ist keiner da, der uns sehen kann. Wir könnten…“, Blake biss sich auf die Lippe.

    „Was denn?“, fragte Clay nach.

    „Nun ja“, Blake packte seinen Nacken, zog ihn langsam zu sich und presste seine Lippen auf seine, sofort erwiderte Clay den sanften Kuss.

Im nächsten Moment landete Clay auf seinem Rücken und Blake auf ihm, was sie beide zum Lachen brachte, weshalb sie den Kuss unterbrachen. Das Gras war nicht feucht und auch nicht zu hoch, also war es genau perfekt um darin liegen zu können.

Clay küsste Blakes Nasenspitze und schlang seine Arme um ihn, als ihm etwas einfiel.

    „Hm… Ich weiß noch, dass du irgendwo extrem kitzlig warst, aber ich weiß nicht mehr wo“.

Blake wollte von ihm runter klettern, doch Clay hielt ihn fest:

    „Oh nein, vergiss es“.

    „Aber wieso?“.

    „Versuch es und ich werde dich nie wieder küssen“.

    „Hm schade, dann halt nicht“.

Blake atmete erleichtert aus und Clay gab ihm erneut einen Kuss.

Clay streichelte über seinen Rücken, hinab zu seiner linken Seite und fing dann an, ihn dort zu kitzeln. Blake begann sofort zu zucken, zu lachen und um sich zuschlagen.

    „Hör auf, boah du Arsch, hör auf“, nach einer Zeit bekam Clay Erbarmen und ging seiner Bitte nach.

    „Ich hasse dich“, murrte Blake gespielt beleidigt.

    „Tut mir leid, aber ich finde es einfach so niedlich, dass du da so kitzlig bist“.

    „Nenn mich nicht niedlich, das ist so unmännlich. Wie würde es dir gefallen, wenn ich dich niedlich nennen würde?“.

    „Bin ich das denn?“, fragte Clay lauernd nach.

    „Naja, manchmal, aber eigentlich nicht“.

    „Was bin ich denn dann?“.

    „Etwas eingebildet?“, schlug Blake vor.

    „Ach und deshalb magst du mich?“.

    „Nein, deshalb nicht“.

    „Warum denn dann?“.

Blake blickte ihn kopfschüttelnd an:

    „Jetzt frag doch nicht sowas“.

    „Ich will doch bloß eine Antwort hören oder soll ich dich wieder kitzeln?“.

    „Oh Gott, bloß nicht. Naja… du bist…“, Blakes Stimme wurde immer leise, bis er sich räusperte, „nett, klug und… Es passt einfach, bei dir muss ich mich nicht verstellen sondern kann einfach sagen was ich denke und machen, was mir in den Sinn kommt. Das kann ich sonst bei niemandem… Ich weiß nicht, was mit dir nicht stimmt, sodass du dich freiwillig mit mir abgibst, aber ich muss es auch nicht wissen, ich freu mich einfach darüber“.

Clay küsste ihn auf die Schläfe, wieso musste Blake sich immer selbst abwerten? Vielleicht weil er in seiner Klasse keine Freunde hatte? Oder in der Schule allgemein? Wie konnte man jemanden wie ihn denn nicht mögen? Für Clay war das einfach unvorstellbar.

Blake hatte ihm ja erzählt, dass er sich zwar mit seinen Klassenkameraden verstand, aber nichts außerhalb der Schule mit ihnen unternahm. Konnte man sie dann als Freunde bezeichnen?

    „Und nebenbei siehst du auch echt nicht schlecht aus“, fügte Blake mit leiser Stimme, beinahe schon flüsternd, hinzu.

    „Ach so ist das also“, meinte Clay lächelnd.

    „Halt die Klappe“, murrte Blake bloß und presste wieder seine Lippen auf Clays. 

Clay lachte in den Kuss, sein Blake war wirklich unglaublich. Zuerst drohte er ihm, ihn nie wieder zu küssen, dann, wenn Clay ihm Komplimente aus der Nase zog, beleidigte er ihn anschließend und darauf küsste er ihn einfach.

    „Du siehst auch, echt nicht schlecht aus, finde ich jedenfalls“, hauchte Clay ihm seine vorigen Worte zu.

    „Na dann haben sich ja zwei gefunden nicht?“, Blake lachte ihn an.

Clay strich ihm durch das rot orange Haar und nickte, bevor er ihn erneut küsste.

Clay wurde in diesem Augenblick eines klar, egal was kommen würde, er würde Blake freiwillig nicht mehr hergeben.

***

 

Clay schlug seine Augen auf und blickte durch das Dunkle in seinem Zimmer an die Decke. Die letzten Nächte hatte er gar nicht mehr geträumt, deswegen wunderte er sich darüber, warum er auf einmal über diese Erinnerung träumte.

Das war wirklich eine sehr schöne Freistunde gewesen, die sie da draußen verbracht hatten. Clay musste bei dieser Erinnerung lächeln. Es war an einem Tag kurz bevor Clay und Collin mit ihrem Projekt fertig waren, also irgendwann kurz vor ihrer Trennung. Schnell verging ihm das Lächeln wieder und er spürte, wie sich etwas in seiner Brust verkrampfte.

Wann würden wohl diese Träume und diese immer wieder kehrenden Erinnerungen aufhören? Würden sie überhaupt je aufhören? Wollte Clay eigentlich, dass sie aufhörten? Ja, die Erinnerungen taten weh, aber es war im Endeffekt das einzige, was ihm von Blake geblieben war.

 

Clay wurde aus seinen Gedanken gerissen, als jemand seine Zimmertür aufriss, sein Licht anschaltete und beinahe auf sein Bett sprang. Einige Sekunden brauchte Clay, um zu realisieren, dass es halb Zwei Uhr morgens war und dass es Jake war, welcher ihm gerade panisch anblickte und ihm förmlich aus dem Bett zog.

    „Du musst aufstehen, wir müssen die anderen rufen. Wir müssen ihn aufhalten, eine Stunde haben wir noch“.

    „Was ist denn überhaupt los?“, fragte er alarmiert.

    „Lina hat mir einen Abschiedsbrief in der Küche hinterlassen, ich habe ihn früher gefunden. Wir haben geredet, ich wollte sie aufhalten, doch sie hat mich ausgetrickst, sie ist einfach hinausgerannt und ich wollte dich anrufen, doch du bist auf stumm geschaltet und jetzt-“.

    „Jake, die kurze Version, wenn es schon wichtig ist“, Clay stand auf und machte sich daran, sich erst einmal anzuziehen.   

Jake atmete tief durch und versuchte es dann erneut.

    „Die Riesenschnecken, die damals den Stützpunkt angegriffen haben, kamen von Mitch. Es war eine Art Vorwarnung. Jetzt erpresst er Lina damit, dass er uns alle nicht mehr in Ruhe lassen wird und dass die Schnecken noch harmlos waren. Lina will mit ihm nach Erdian gehen, damit er unsere Einheit in Ruhe lässt. Sie öffnen in etwa einer Stunde eine Pforte, wo wollte sie mir nicht sagen. Wir müssen sie finden und sie aufhalten, wir haben aber kaum Zeit“.

Clay, der gerade mit dem Anziehen fertig geworden war, blickte Jake entgeistert an, riss sich dann aber zusammen, sie hatten jetzt keine Zeit um auszurasten, dass konnten sie auch später.

    „Okay, lass uns die anderen holen und dann im Stützpunkt die Lage besprechen, wir holen Alicia und laufen dann zu Bekas Haus. Hast du versucht sie anzurufen?“.

    „Ja, sie heben beide nicht auf“.

    „Okay, dann müssen wir uns beeilen“, beide stürmten aus Clays Haus und liefen los.

 

Clay wusste jetzt schon, dass dies eine mehr als stressige Nacht werden würde. 

 

---
AB HIER GEHT ES WIEDER WEITER:

Wenige Zeit später saßen alle versammelt im Stützpunkt. Clay saß an seinem Computer und wartete auf Anweisungen. Beka ging auf und ab und dachte währenddessen laut nach. Jake ging ebenfalls auf und ab und fuhr sich immer wieder unruhig durch seine Haare. Alicia saß auf der Couch zwischen Collin und Sonja, welche sich ungewöhnlich still verhielten. Alle waren angespannt und alle machten sich Sorgen um Lina, nur zeigte jeder seine Sorge auf eine andere Weise. 

    „Okay, Okay. Was wissen wir? Mitch will Lina nach Erdian bringen. Er erpresst sie und hat ihr dies in einem Brief mitgeteilt. Spätestens wenn er die Pforte öffnet, wissen wir, wo er sich befindet, doch da wird es schon zu spät sein. Und wir haben eigentlich gar keine Zeit, um über das alles nachzudenken... Aber tun wir einfach so, als hätten wir dafür Zeit.

Also, Lina kennt alle unsere Kameras und da sie weiß, dass wir das verhindern wollen, umgeht sie diese Kameras, korrekt?".

Clay hatte, als sie im Stützpunkt angekommen waren, all seine Suchmaschinen und Programme gestartet um Lina zu finden, durch diese ergab sich immer dasselbe Ergebnis, nämlich nichts. Trotzdem startete er die Suche immer wieder von neuem, vielleicht hatten sie ja Glück und Lina übersah eine Kamera.

    „Und ihr Handy hat sie zu Hause gelassen, also können wir sie damit auch nicht finden", erklärte Beka weiter, worauf Clay erneut nickte.

    „Mit anderen Worten, Lina können wir auf keinen Fall finden. Also bleibt uns nur noch eine Chance, wir müssen Mitch suchen. Clay, hast du nicht gesagt, du überwachst ihn?".

     „Doch, laut meinem Programm hat er das Zimmer nicht verlassen".

    „Wie sicher ist das Programm, hast du Aufnahmen, die seine Anwesenheit bestätigen?".

    „In Schlafzimmern gibt es ja keine Kameras, daher habe ich keine Aufnahmen. Aber laut dem Computer des Hotels, hat er sein Zimmer nicht verlassen, also wenn es nach seiner Schlüsselkarte geht. Und auf den Aufnahmen der Hotelflure ist er auch nicht zu sehen, also muss er sich in seinem Zimmer befinden. Sein Handy ist zurzeit auch im Zimmer“.

    „Und was ist mit anderen Ausgängen? Wie mit Fenstern?", warf Alicia ein.

    „Er befindet sich im fünften Stock".

    „Das muss nichts heißen. Überprüfe die Außenaufnahmen, vielleicht hat er ja geahnt, dass er überwacht wird", wies Beka ihn an.

Clay machte sich sofort an die Arbeit, während die anderen weiter überlegten.

    „Okay, was die Beweislage angeht. Der einzige Beweis, welchen wir gegen Mitch hätten, ist der Brief. Kann man beweisen, dass der Brief von ihm ist?", wollte Beka wissen.

    „Nein, er hat ihn per Computer geschrieben, also keine Handschrift", erklärte Jake.

    „Und was ist mit DNA?", schlug Collin vor.

    „So dumm kann Mitch nicht sein, er denkt doch sonst immer an alles. Aber um sicher zu gehen, werden wir das später überprüfen. Clay, schon was gefunden?".

    „Einen Moment noch!".

So schnell konnte er nicht an die Aufnahmen gelangen, immerhin gab es auch in dieser Stadt einen Wächter, der ein Technik Experte war, und dessen Einstellungen machten es Clay in diesem Moment nicht gerade leicht, an die Aufnahmen ran zu kommen. Es war schon möglich, nur es dauerte eben etwas länger.

    „Okay, die Aufnahmen sind in fünf Sekunden auf dem großen Bildschirm im Schnelldurchlauf zu sehen“, teilte er den anderen mit.

In den ersten Momenten vernahm man auf den Aufnahmen nichts, doch dann bewegte sich etwas, dass er nicht genau erkennen konnte. Sofort spulte er zurück und ließ die Aufnahme nochmal in Normal Tempo laufen.

    „Das gibt’s doch nicht!“, rief Alicia ungläubig aus.

    „Der Mistkerl hat genau gewusst, dass wir ihn überwachen“, stellte nun auch Jake fest.

Auf den Aufnahmen war genau zu erkennen, wie eine Person, die in schwarz gekleidet war, Mitch eine Strickleiter an sein Fenster warf und unten auf ihn wartete. Als Mitch unten angekam, verschwanden die beiden in einen schwarzen Van und machten sich davon.

    „Das keiner auf so etwas achtet? Ich meine, er ist, verdammt nochmal, aus dem Fenster von dem fünften Stock geklettert!“, Alicia sprang von der Couch auf und deutete auf den großen Bildschirm.

    „Schätze auf so etwas achten die Menschen nachts nicht“, murrte Collin.

    „Leute, wir haben keine Zeit für solche Gespräche! Wir müssen Lina finden!“, erhob Jake seine Stimme.

Es war ziemlich klar, wem die ganze Sache am meisten zu schaffen machte. Doch das konnte ihm keiner verübeln.

    „Clay kannst du-“, er unterbrach Beka mitten im Satz:

    „Gebt mir zehn Minuten, dann habe ich den aktuellen Standort des Vans und den Besitzer“.

Von da an blendete Clay die anderen Stimmen im Stützpunkt aus, um sich auf seine Arbeit zu konzentrieren.

Auf der Aufnahme war das Nummernschild des Fahrzeuges zu sehen, also war es nichts Schweres, es zu finden.

Erneut hackte er sich in die Kamera Aufnahmen, der Nachbarstadt, um die Fahrroute des Autos zu verfolgen. Währenddessen hackte er sich in einem anderen Fenster in eine Seite, in dem er durch das Nummern Schild den Besitzer des Fahrzeuges finden konnte.

Auf den Aufnahmen konnte er sehen, dass der Van die Nachbarstadt verließ, um in ihre Stadt zu fahren.

Sofort öffnete er erneut seine eigenen Suchmaschinen, für ihre eigenen Aufnahmen, und suchte dort einfach nach dem Auto mit dem Nummernschild. Er hatte die Suchkriterien seiner Suchmaschine erst vor einigen Wochen erneuert, und dabei diese Funktion erstellt, in der man auch nach Nummernschilder suchen konnte. Aber solche Suchmaschinen konnte er leider nur für die Aufnahmen in seiner eigenen Stadt machen, auf die Kameras von anderen Stützpunkten hatte er nur selten Zugriff.

Während er das Auto mit dem Nummernschild nun durch seine eigene Suchmaschine jagte, sah er sich die Ergebnisse für das Nummernschild selbst an.

Das Auto war auf einen Mann namens Matthias Bergman eingetragen. Sofort holte er sich die Personalakte von diesem Mann. In dieser befand sich auch ein aktuelles Foto, auf diesem konnte er eindeutig erkennen, dass es der Mann war, welcher Mitch bei der Flucht geholfen hatte.

    „Okay Leute. Der Fahrer des Vans ist auch der Besitzer des Wagens, er ist also nicht gestohlen. Der Herr arbeitet als Taxifahrer, in der Stadt. Wahrscheinlich hat Mitch ihn so kennen gelernt und ihn bestochen, um ihn auch privat rum zu chauffieren“.

    „Und wohin fährt er ihn?“, wollte Jake wissen.

    „Irgendwo in dieser Stadt, ich weiß es genauer wenn-“, Clay wurde von seinem eigenen Programm unterbrochen, das mit einem Ping auf sich aufmerksam machte. Die Suchmaschine hatte das Auto also gefunden.

    „Ich kann es dir jetzt sagen. Zu dem leer stehenden Lager, in der Nähe vom Einkaufzentrum. Das Auto ist dort stehen geblieben“, Clay blendete das Bild von den Überwachungskameras, auf den großen Bildschirm, sodass alle die Aufnahmen sehen konnten, „und Mitch ist hier ausgestiegen und gerade Wegs in die Halle marschiert“.

 

    „Also muss dort der Treffpunkt mit Lina sein. Kannst du sie irgendwo auf den Aufnahmen ausmachen?“, fragte Alicia.

    „Sie ist nicht auf den Aufnahmen, sonst hätte die Suchmaschine schon Alarm geschlagen“.

    „Sie ist nicht dumm, sie weiß, dass wir sie suchen, sie hält sich sicher verdeckt und taucht erst kurz vor dem ausgemachten Zeitpunkt auf“, erneut strich Jake sich frustriert durch die Haare.

    „Mag sein, aber wir haben Mitch, also kann sie nicht weit sein“, warf Alicia ein.

    „Wir müssen diesen Mistkerl festnehmen und dem hohen Rat vorlegen. Es handelt sich immerhin um Angelegenheiten, die mit mehr als einem Planeten zu haben. Immerhin hat er irgendwo her gewusst, dass Erdan untergehen wird. Nur wie sollen wir das beweisen?“, meldete Sonja sich nun das erste Mal zu Wort.

    „Reichen die ganzen Zeugen nicht?“, fragte Collin.

    „Nicht, wenn die Aufnahmen etwas anderes sagen“.

    „Können wir das nicht klären, nachdem wir ihn festgenommen haben?!“, Jake war schon halb aus dem Stützpunkt verschwunden.

    „Nein, können wir nicht. Wir können ihn nicht ohne Grund und ohne Beweise, für diesen Grund, festnehmen. Immerhin dreht er es ja so, dass Lina freiwillig mitgeht“, Bekas Stimme wurde immer lauter, die Spannungen im Raum waren noch nie so schlimm gewesen.

    „Wir wissen alle, dass sie dir wichtig ist, aber das ist für uns alle nicht leicht“, redete Alicia ruhig auf ihn ein.

    „Also, wie sollen wir das jetzt beweisen?“, Beka seufzte frustriet auf.

Plötzlich kam Clay eine Idee, sie würde nicht hundert prozentig klappen, aber es war bis jetzt ihre einzige Idee. Sofort begann er in seinen Sachen zu wühlen und suchte das Equipment, dass er zwar einst gebaut hatte, sie es aber bis jetzt nie benutzt hatten.

    „Clay? Musst du unbedingt jetzt Ordnung in dein Chaos bringen?!“, fragte Beka ihn unruhig.

    „Das ist kein Chaos, ihr kennt meine Ordnung nur nicht! Außerdem suche ich gerade… da ist es!“, euphorisch holte Clay das besagte Equipment hervor.

    „Die Nachtsichtbrillen, die ich gebaut habe. Sie sind nicht nur Nachtsichtgeräte, sondern sie können auch Aufnahmen machen. Wir können uns unbemerkt in die Halle schleichen und das Gespräch zwischen Lina und ihm aufnehmen, bevor wir ihn festnehmen. So kann er die Aufnahmen nicht löschen, denn er kann ja nichts von den Brillen wissen“.

    „Clay, du weißt, dass wir dich lieben?“, fragte Alicia ihn begeistert.

    „Naja, es tut immer wieder gut, das zu hören“.

 

    „Kannst du uns einen Bauplan von der der Lagerhalle besorgen? Und Aufnahmen, wie es gerade da drinnen aussieht? Und hol die Headsets, die wir bei dem Einsatz im Wald hatten“.

    „In Ordnung Kinder, das sieht schon mal alles nach einem Plan aus. Ich verständige meine Freundinnen, die beim hohen Rat arbeiten, was ungefähr passieren wird, damit sie vorbereitet sind“.

Sonja hatte viele Bekannte, die direkt für den hohen Rat arbeiteten. Es waren zwar nur Sekretärinnen, aber niemand sollte jemals eine Sekretärin unterschätzen, immerhin wusste diese immer über alles Bescheid.

 

Clay blendete die Aufnahmen auf den großen Bildschirm:

    „Das ist die aktuelle Aufnahme, aus der Halle. Kann aber sein, dass Mitch diese bereits sabotiert, wir wissen mittlerweile ja, dass er für alles jemanden arrangieren kann. Und hier, sind die Baupläne“, er blendete.

    „Darum geht’s mir gar nicht, ich will sehen, ob wir irgendwo in der Halle unauffällig in Deckung gehen können“, erklärte Beka.

Auf den Aufnahmen konnte man sehen, dass die Lagerhalle voller Regale und gestapelten Europalletten waren.

    „Das ist perfekt, da kann er uns gar nicht sehen“, sagte Alicia.

    „Okay, also wir teilen uns auf. Alicia, Clay ihr betretet die Halle hier und geht hier hinter diesen Platten in Deckung. Ich und Jake nehmen den anderen Eingang und bleiben dann genau euch gegenüber, hinter den Regalen versteckt. Es haben alle ihr Headset pausenlos an und es wir nur im leisesten Flüsterton gesprochen. Falls er einen von uns erwischt, werden wir es los, bevor er bemerkt, dass auch andere in der Halle sind. Clay, die Nachtsichtgeräte nehmen durchgehend auf?“.

    „Ich kann sie so einstellen“.

    „Dann mach das, selbst wenn er uns entdeckt, er kann nicht wissen, dass wir alles aufnehmen, also wenn es wirklich so kommen sollte, versucht ihm ein Geständnis zu entlocken, aber nicht zu auffällig, er ist klug“.

Clay begann die Nachtsichtgeräte einzustellen und sie den anderen anzulegen, anschließend tat er dasselbe mit den Headsets.

    „Und Leute, ich weiß das es Lina ist, aber wir müssen uns dran halten. Wenn wir keine Beweise aufnehmen, retten wir sie erst in letzter Sekunde. Denn wenn wir sie sofort da rausholen, verpassen wir die Gelegenheit, ihn in die Falle gehen zu lassen. Wir gehen erst auf mein Kommando auf ihn los, in Ordnung?“.

Alle nickten.

    „Und Jake, bitte keine spontanen Solo Aktionen. Halt dir immer wieder vor Augen, dass wir ihn festnehmen wollen und das geht nun mal nur so“, Beka legte eine Hand auf seine Schulter und blickte ihm in die Augen.

    „Ist klar“, nickte er.

 

Schnell hatte Collin sie bis zum Einkaufszentrum gefahren, damit sie sich zu Fuß in die Halle schleichen konnten. Bevor sie die Halle betraten, fragte Beka erneut nach, ob alle den Plan verstanden hatten.

Clay und Alicia betraten die Halle, durch einen der Eingänge, Alicia brauchte gerade mal fünf Sekunden, um das Schloss der Tür zu knacken. Da Jake simple Schlösser auch knacken konnte, Alicia hatte ihm einmal die leichteren Schlösser erklärt, musste sie nicht beide Eingänge knacken.

Im bevor sie die eintraten, setzten sie sich ihre Nachtsichtbrillen auf, die bereits aufnahmen.

    „Wenn ihr drinnen seid, teilt ihr euch nochmal auf, aber bleibt auf eurer Seite“, hörten sie alle Bekas Anweisung.

Alicia gab Clay ein Handzeichen, das sie links nehmen würde. Synchron gingen sie in die Hocke und krochen jeweils in ihre Richtung. Clay hielt seine Waffe bereit und entsichert, während er peinlichst darauf achtete, keine Geräusche zu machen, als er sich auf seine Position begab. Trotz der extremen Lage versuchte er ruhig zu bleiben, wäre er jetzt nervös, würde er bloß einen Fehler machen und das konnte er sich nicht erlauben. Er schaffte es also, seinen Puls niedrig zu halten, sein Bauch jedoch zog sich unangenehm zusammen. Er durfte nicht daran denken, was passieren würde, wenn sie Mitch nicht aufhielten, wenn er Lina mitnehmen würde.

Clay wollte seufzen, doch er unterdrückte es noch schnell genug, denn er bildete sich ein, dass Mitch ihn hören konnte, was natürlich unmöglich war.

Bei einer praktischen Stelle, genau zwischen zwei Stapeln von Europaletten, ging er in Position und versuchte langsam Sichtkontakt zu Mitch herzustellen. Bingo, er hatte eine perfekte Ansicht auf dessen Rücken. Die Decke der Lagerhalle war teils aus Glas, das Mondlicht fiel in die Mitte der Halle, wo keine Regale und keine Paletten mehr standen, und genau dort konnte er Mitch erkennen. Er erkannte ihn eindeutig, an seiner Statur und seinen Haaren.

    „Sichtkontakt hergestellt“, flüsterte er leise in sein Headset und schloss kurz die Augen, weil er erneut Sorgen machte, dass Mitch sogar das bemerken könnte.

   „Bei mir auch“, hauchte Alicia.

   „Ich muss mir eine neue Stelle suchen, ich habe keine direkte Schussbahn“, erklärte Jake.

   „Okay, melde dich wieder, wenn du eine hast. Kann irgendwer von euch bereits Lina erkennen?“, fragte Beka nach.

Alle verneinten.

    „In Ordnung, denkt dran, sie darf uns auch nicht sehen, dann merkt er es nämlich an ihrer Verhaltensweise“.

Clay nickte, bis ihm einfiel, dass Beka ihn ja nicht sehen kann.

    „Position eingenommen“, teilte Jake mit.

    „Perfekt, aber jetzt Gespräche einstellen, bis etwas passiert“.

 

Aufgeregt blickte Clay immer wieder zu Mitch und versteckte sich dann wieder hinter den Paletten. Erneut versuchte er sich zu beruhigen, Lina war noch nicht in Sicht, das hieß warten. Warten konnte echt eine große Folter sein.

Um sich zu beruhigen, versuchte er auf andere Gedanken zu kommen. Aus irgendeinem Grund kam ihm wieder Blake in den Sinn, obwohl er immer versuchte, während der Einstätze nicht an ihn zu denken. Was dieser wohl gerade machte? Es war mitten in der Nacht, wahrscheinlich schlief er, wie jeder normale Mensch. Oder vielleicht konnte er ja nicht schlafen? Dachte er die ganze Nacht über sie nach und lag deshalb wach? Oder ging es nur Clay so und Blake konnte trotz ihrer Trennung wunderbar schlafen?

 Letztens in der Schule hatte er doch ganz erschöpft gewirkt, ob er der Grund war? Es war Clay zuwider, er wollte nicht, dass es Blake genau so schlecht ging, wie ihm selbst, denn das wünschte er keinem. Aber daran merkte er doch, dass Blake auch viel an ihnen lag oder? Selbst wenn, was würde das noch bringen? Er durfte Blake nicht sagen, weshalb er so oft verschwand und er konnte es ihm wirklich nicht übel nehmen, dass er misstrauisch wurde. Es war wirklich nur eine Frage der Zeit.

Ob Clay jemals eine normale Beziehung führen konnte? Bis zu seinem einundzwanzigsten Geburtstag würde er Wächter sein, musste er bis dahin warten? Würde Blake bis dahin warten? Würden sie sich da überhaupt noch kennen? Oder würden sie sich bis dahin längst vergessen haben? Konnte er Blake jemals vergessen? Nein, niemals. Aber vielleicht würde diese Einstellung sich mit den Jahren verändern. Clay schüttelte den Kopf, nein, das würde er wohl nie können.

 

    „Ich sehe Lina, sie geht auf Mitch zu. Sie hat mich aber nicht gesehen“, Alicias Stimme durchbrach die Funkstille und riss Clay damit aus seinen Gedanken, welche sehr abgedriftet waren.

    „Alle Blickkontakt zu Mitch herstellen. Summt mit euren Geräten heran, damit wir ein gutes Bild haben“, kamen die Anweisungen auch schon.

Clay tat wie befohlen. Mitch verdeckte Lina, alles was er sehen konnte, war Mitch´ Rücken und Linas Schulter. Aber hören konnte er sie gut, er hoffte, dass man sie auf den Aufnahmen auch gut hören konnte.

 

    „Melinda, meine Schöne. Hast du also doch zu mir gefunden? Ich wusste du würdest zur Besinnung kommen“, hörte man Mitch´ hochnäsige Stimme.

    „Tz, als ob ich eine Wahl gehabt hätte“, antwortete sie zickig.

    „Natürlich hattest du eine, man kann sich im Leben immer anders entscheiden“.

    „Ja, damit du dann meine neue Einheit angreifst?“.

    „Ich konnte doch nicht zulassen, dass du dich falsch entscheidest, ich musste schon etwas nachhelfen“.

Lina gab einen undefinierbaren Laut von sich, der nicht gerade begeistert klang.

    „Jetzt hack dich nicht so, du wirst deine Entscheidung nicht bereuen. Du wirst sehen, ich besitze sehr viel Land und habe mehrere Anwesen. Du wirst Leben, wie eine Königin und du wirst nie wieder auch nur einen Finger rühren müssen, außer du willst es. Meine Untertanen werden dich lieben, ich sehe es jetzt schon. Wer weiß, vielleicht wirst du sogar auf eine Briefmarke gedruckt“, Mitch trat immer näher an Lina heran, während er sprach.

    „Nein danke, ich verzichte“, murrte Lina nur.

    „Du kannst ja noch drüber nachdenken. Komm her, begrüß deinen Verlobten anständig“.

    „Meinen was?!“, fragte sie entrüstet nach.

    „Deinen Verlobten. Wir werden heiraten. Ich könnte ja nicht so lange mit einer Frau zusammenleben, wenn ich sie nicht bald heiraten würde. Oh, das wird eine schöne Hochzeit. Wir werden tausende Gäste haben und Tage durchfeiern… Was hältst du eigentlich von einer Hochzeit am Stand?“.

 

    „Beka, können wir jetzt endlich eingreifen? Er redet schon von Hochzeit! Und er hat zugegeben, dass er sie erpresst“, drängte Jake.

    „Nein, wir müssen noch abwarten“.

    „Auf was denn noch?!“.

    „Er muss noch mehr gestehen“.

 

    „Ich glaube, ich kotze gleich“, murrte Lina.

    „Na na na, nicht doch. Ist ja auch egal, die Hochzeit können wir auch später planen. Ach, das wird alles so wundervoll. Freust du dich nicht auch? Du weißt gar nicht, wie sehr ich unter unserer Trennung gelitten habe. Doch jetzt ist es ja vorbei“, Mitch streckte seine Arme aus, er wollte sie wohl umarmen, doch Lina wich zurück.

    „Ich hab gesagt, dass ich mitkomme. Und ich tu von mir aus auch so, als wären wir… zusammen. Aber mehr ist nicht drin“.

    „Wie, mehr ist nicht drinnen? Ich habe dir verdammt nochmal das Leben gerettet, ich erwarte etwas mehr Dankbarkeit“, nun wurde Mitch´ Stimme etwas lauter.

    „Ich bin dir aber nicht dankbar! Du hättest mich sterben lassen sollen! Ich habe dich nicht darum gebeten!“, schrie sie ihm entgegen.

Clay senkte seinen Blick kurz, es war noch immer schlimm, so etwas aus Linas Mund zu hören, er verstand es zwar, aber es war nicht gut.

 

    „Reicht das endlich?“, fragte nun Alicia.

    „Nein, noch nicht“.

 

    „Weist du eigentlich, wie schwer es war, sich hier ein neues Leben auf zu bauen?“, fragte sie mit gefährlich leiser Stimme.

    „Ach ja? Weißt du, wie schwer es war, dich zu retten? Ich konnte dich nicht einfach zu mir holen. Ich musste dich versetzten lassen und das war nicht leicht. Hätte ich dich einfach geholt, hätten sie gewusst, dass ich es im Voraus wusste“.

    „Du bist ein Arschloch! Du hättest alle warnen können! Du hättest den Tod von Milliarden Menschen verhindern können! Und was machst du?! Du verdammter Hurensohn? Du bringst mich, auf die Erde, wo keiner etwas von mir weiß und als ich dann zurück wollte da… Da…“.

    „Da war Erdan weg, ich weiß Lina. Glaubst du es war leicht? Ich habe es im Voraus gewusst, ja, doch was hätte ich machen sollen? Mir hätte doch keiner geglaubt, wenn ich sie vorgewarnt hätte. Außerdem hätte man mich und meine Familie ausgemerzt, wenn ich es verraten hätte“.

    „Dann hast du nur nichts gemacht, weil du um dein Leben Angst hattest? Du bist weniger wert, als ein jämmerliches Stück Dreck. Du widerst mich an“.

    „Was hätte ich machen sollen? Zu wem hätte ich gehen sollen? Es gibt überall, tausende Idioten, die sagen, dass die Welt untergeht, doch glaubt man ihnen? Hättest du es geglaubt, Lina?“.

    „Dann hättest du mich wenigstens dort lassen sollen. Oder wenigstens meine Familie ebenfalls gerettet“, murmelte sie leise.

    „Wie hätte ich das machen sollen?“.

    „Ich weiß es nicht, wie hast du mich denn gerettet?!“.

    „Das weißt du doch. Aber wie hätte ich deine ganze Familie auf die Erde schicken sollen? Wie?“.

    „Du hättest dir etwas überlegen können“.

Ein Piepen ging durch die Halle, gleichzeitig ging auf  Clays Handy der Alarm los. Fluchend stellte er ihn aus, aber es war zu spät. Sein Handy war nicht das einzige, welches losgegangen war, immerhin waren sie alle vier in der Halle.

Mitch zog Lina zu sich und hielt sie fest.

 

    „Ohhh, das war ganz klug von dir, deine kleinen Freunde mitzunehmen. Aber es ist mir egal, in drei Sekunden öffnet sich hier eine Pforte und wir zwei, werden die Erde verlassen“, meinte er.

    „Lass sie los oder ich schieße!“, hörte man Jake schreien, der langsam auf Lina zuging.

    „Ich kann sie loslassen. Sie wird trotzdem mit mir kommen, nicht wahr?“.

Lina senkte nur den Blick und verweigerte die Antwort.

    „Lass gut sein Jake, ich gehe mit ihm“, murmelte sie.

    „Da bin ich mir nicht so sicher“, Beka trat aus ihrem Versteck und zielte ebenfalls mit der Waffe auf Mitch.

In diesem Moment öffnete sich eine Pforte, mitten in der Halle, Licht strömte durch die Halle und der Wind ging etwas. Schon konnte man sehen, dass man durch die Pforte in einen Wald gelangen würde.

    „Lina, wir haben Beweise gegen ihn! Wir haben alles auf Band, du musst nicht mitgehen“, erklärte nun Clay, der ebenfalls auf ihn zuschritt.

Nun standen alle um Mitch versammelt, sie hatten ihn und Lina eingekreist.

Verwundert drehte Mitch sich mit Lina um und starrte Clay entgeistert an. Clay sah in Linas Blick wieder ihren Kampfgeist aufblitzen.

    „Verarsch mich nicht Kleiner. Ich habe die Aufnahmen von der Halle natürlich manipuliert“.

    „Wir haben aber andere“, Clay grinste ihm entgegen.

    „Welche?“.

    „Ist das nicht egal?“, fragte er gehässig nach.

Lina ruckelte an Mitch´ Griff und befreite sich beinahe, bevor Mitch sie enger an sich zog und plötzlich eine Waffe aus seiner Hose hervor zog.

     „So, wir gehen jetzt, sag deinen Freunden adieu“, Mitch hielt Lina die Waffe an den Kopf.

    „Schatz?“, fragte Lina plötzlich.

    „Ja?“, Mitch ging mit ihr in Richtung der Pforte.

Clay stand wir erstarrt da, es war ein zu großes Risiko, er könnte Lina wirklich töten, sie konnten es einfach nicht riskieren und jeder von ihnen wusste es, ohne etwas sagen zu müssen.

    „Ich hab da andere Pläne“, plötzlich trat Lina Mitch in den Schritt, drehte ihn mit einem Griff um, drückte seinen Arm an seinen Rücken und schlug ihm die Waffe aus der Hand.

 

Sofort reagierte Beka und schoss einen betäubenden Strahl auf Mitch ab, welcher dadurch endgültig am Boden landete. Alicia trat auf ihn zu und legte ihm die Handschellen an, welche sie nur selten benutzten.

Kaum hatte Clay sich versehen, war Lina auf Jake zugelaufen und schmiss sich in dessen Arme.

    „Danke, danke, danke. Ihr wisst gar nicht, wie dankbar und erleichtert ich gerade bin!“, sagte Lina laut, während sie noch immer Jake umarmte.

Mitch gab irgendetwas von sich, doch Alicia verpasste ihn einen Schlag, damit er Ruhe gab.

    „Ich ruf dann mal Sonja an, damit sie dem hohen Rat sagen kann, dass wir einen Verbrecher für sie haben“, Beka entfernte sich etwas von ihnen, während sie ihr Handy hervorholte.

Lina und Jake lösten ihre Umarmung etwas, Clay dachte, sie würden sich jetzt loslassen, doch plötzlich küsste Lina Jake und zog ihn erneut etwas an sich ran.

Clay tauschte mit Alicia verwunderte Blicke, es war wohl endlich etwas zwischen ihnen geschehen oder es war gerade ihr erster Kuss.

Alicia stieß einen Pfiff aus:

    „Hebt euch das für zu Hause auf“.

Lina löste sich von Jake und lachte, dann lief sie auf Alicia zu und umarmte sie ebenfalls:

    „Danke, dir auch“, murmelte sie.

    „Hey, ich freu mich, dass du da bist. Auch wenn sie mich dafür aus einen schönen Traum geweckt haben.“.

    „Tut mir leid“, kicherte Lina und löste sich von ihr.

    „Krieg ich auch eine Umarmung?“, fragte Clay lachend.

    „Natürlich“, Lina kam auf ihn zu und umarmte ihn.

 

    „Ich würde dich ja auch küssen, aber du willst das wohl nicht“, murmelte Lina kichernd.

    „Nicht wirklich, außerdem würde Jake uns beide killen“, meinte er glucksend.

    „Danke Clay, wirklich. Schätze für dich war das sehr viel Arbeit. Du hast uns doch gefunden oder?“.

    „Mehr oder weniger“.

    „Also Leute, Collin holt uns gleich mit dem großen Wagen ab und fährt uns zum Stützpunkt. Sonja ruft jetzt den hohen Rat an und erklärt ihnen die Situation und was alles passiert ist-“, Beka wurde mitten in ihrem Satz unterbrochen.

    „Beka! Dir muss ich auch noch danken“, und schon umarmte Lina sie fröhlich.

Lachend sprach  Beka weiter:

    „Sie wissen, dass wir ihnen jemanden übergeben. Clay, du musst ihnen die Beweise zeigen“.

    „Sobald wir ankommen, spiele ich die Aufnahmen auf den Computer“, nickte er.

 

Da Mitch sich noch immer nicht bewegen konnte, mussten Collin und er ihm zum Auto tragen. Sprechen konnte Mitch zwar noch, aber er starrte lieber stumm vor sich hin und sagte nichts.

Sie legten ihn in den Kofferraum, da sie selbst im großen Auto keinen Platz mehr für ihn hatten.

Als sie im Stützpunkt ankamen, war Sonja noch in einem Gespräch mit dem hohen Rat verwickelt, das sie allerdings sofort unterbrach und sie begrüßte.

Clay setzte sich sofort an seinen Computer und machte sich an die Arbeit. Er zog die Filme von allen vier Nachtsichtgeräten auf seinen Computer und schnitt alle Videos, um die brauchbaren Teile, zu einem Video zusammen zu schneiden.

Nebenbei erlaubte er zwei Beamten, eine Pforte in ihrem Stützpunkt zu öffnen. Diese würden Mitch abholen und auch das Beweisband an sich nehmen, welches Clay ihnen auf einen USB Stick kopierte.

Schnell hatten die Beamten ihn geholt und ohne großes hin und her waren sie wieder gegangen.

Alle im Raum atmeten erleichtert auf, als Mitch endlich weg war. Es war noch nicht geklärt, was mit ihm passieren würde, aber Vorerst, war er in Untersuchungshaft, in einem Gefängnis vom hohen Rat.

Clay saß auf seinem Sessel, Alicia ebenfalls auf ihrem. Sie musste einen Bericht schreiben, immerhin hatte sich ja für einen Moment eine Pforte in der Halle geöffnet, welche drei Minuten lang offen stand. Es war zwar keiner durch diese Pforte gegangen, aber einen Bericht mussten sie trotzdem abgeben.

Beka und Collin saßen zu zweit auf einer Couch, Collin hatte den Arm um sie gelegt. Jake und Lina saßen auf der anderen, Linas Kopf war an Jakes Schulter gelehnt und ihre Hände waren verschränkt. Sonja stand an die Wand gelehnt, neben dem Eingang. Die Tür war offen, Clay konnte sehen wie die Sonne langsam aufging. Er sah auf seinen Computer, es war schon Fünf. Lohnte es sich überhaupt, schlafen zu gehen?

    „Okay, nach dieser stressvollen Nacht, können wir endlich schlafen. Ihr könnt alle im Wohnzimmer schlafen, wenn ihr wollt“, meinte Sonja.

    „Soll ich in der Schule anrufen und euch entschuldigen?“.

    „Ja, bitte“, murmelte Beka und stand zusammen mit Collin auf.

    „Wir gehen dann schlafen. Irgendwer von euch kann im Gästezimmer schlafen, ich penn bei Beka, dann habt ihr mehr Platz“, murrte Collin.

Sonja sah die beiden streng an, sie freute sich offensichtlich nicht darüber, sagte aber nichts dagegen.

    „Mir reicht die Couch, die kann man ja ausziehen oder?“, fragte Alicia.

Sonja nickte:

    „Ich hol dann mal Bettzeug“.

    „Passen wir zu zweit auf die Couch?“, fragte Clay nach.

    „Wird schon gehen“, antwortete Alicia.

    „Dann nehmen wir wohl das Gästezimmer. Ich meine… Wenn du alleine schlafen willst-“, Jake wurde von Lina unterbrochen:

    „Nein, ich will jetzt nicht wirklich alleine sein“.

 

Sonja blickte den beiden fragend nach, als sie zusammen die Treppen hinauf verschwanden, während sie die Couch für Clay und Alicia bezog. Alicia war bald mit ihrem Bericht fertig geworden und so hatten sie sich ins Haus begeben.

    „Sind die beiden jetzt zusammen?“, fragte sie müde.

    „Wahrscheinlich, wir wissen auch nichts Genaues“, antwortete Alicia.

    „Hm… Ich hoffe es, ich glaube Jake tut Lina gut… Falls ihr noch etwas brauch, sagt es. Ihr könnt euch in der Küche wie immer bedienen. Ich zieh die Vorhänge zu, damit es nicht so hell ist… Gute Nacht dann“, schon war Sonja ebenfalls die Treppen nach oben verschwunden.

 

    „Clay? Machst du dir Gedanken darum, dass wir zwei alleine bleiben?“, durchbrach Alicia die Stille.

Sie versuchten schon länger zu schlafen, doch es wollte bei Clay einfach nicht klappen.

    „Wieso?“.

    „Beka hat Collin, Jake hat Lina und wir… naja“.

    „Hm…“, gab er nur als Antwort.

    „Sie haben sich verdient, wirklich. Aber, es ist einfach so schwer. Sie wissen alle von dem Wächterdasein, doch Außenstehenden kann man das nicht sagen… Heißt es, dass wir uns andere Wächter suchen müssen? Oder sollen wir warten, bis wir keine mehr sind?“, dachte sie weiterhin laut nach.

    „Ich will keinen Wächter, ich will Blake“, Clay hatte gar nicht realisiert, dass er dies gesagt hatte, er wollte es eigentlich nicht, er dachte es nur.

    „Tut mir leid, ich hätte nicht fragen sollen. Wir geht es dir eigentlich damit?“.

    „Scheiße, wie sonst? Ich weiß nicht, was du mir da damals gesagt hast, aber es wird nicht besser. Es wird immer schlimmer“.

Er wusste nicht, warum gerade jetzt anfing wieder zu jammern, er hatte dies bis jetzt doch sehr gut für sich behalten können.

    „Ich würde ja sagen, dass mir das Leid tut, aber ich weiß, dass du das nicht hören willst“.

    „Danke“.

    „Willst du darüber reden?“, fragte sie.

    „Bloß nicht. Willst du überhaupt einen Freund?“.

    „Was mich angeht, ich glaube ich will in nächster Zeit keinen, ich brauche das nicht“.

    „Das ist die richtige Einstellung. Sobald man diese hat, erwischt es einen immer doch“.

    „Meinst du?“.

    „Hab ich so gehört“, murrte er.

    „Egal, lass uns schlafen“.

Diesmal klappte es mit dem schlafen doch. Und schon driftete er wieder in seine Träume ab, in denen ein gewisser rothaariger Junge, die Hauptrolle spielte. 

 
AB HIER GEHT ES WEITER:

Doch es waren keine guten Träume, in welche Clay versank. Das schlimmste daran war jedoch, dass der Traum sich für Clay unglaublich realistisch angefühlt hatte.

 

Aus irgendeinem Grund waren alle in der Halle, wie in der Nacht zu vor. Die Wächter, Clay und Mitch. Doch statt Lina, hatte Mitch Blake als Geisel genommen und hielt diesem die Waffe an den Kopf. Eine echte Waffe mit tödlichen Kugeln, nicht die Waffen, welche die Wächter besaßen.

    „Hm... Ich habe mir gedacht, wenn ich schon Lina nicht kriegen kann, nehme ich mir einfach deinen Süßen mit. Hässlich ist der Junge ja nun wirklich nicht. Ich werde ihn zwar nicht heiraten können, aber wir werden doch einige schöne Stunden miteinander verbringen. Ist dir der Begriff ‚Lustsklave´ bekannt, mein Lieber?".

Mitch hielt Blake eng an seinen Körper gepresst und vergrub seinen Kopf kurz in dessen Halsbeuge, um hörbar dessen Duft einzuatmen.

Clay stand wie paralysiert da, er konnte einfach nicht glauben, was da gerade vor seinen Augen geschah. Hitze brach in seinem Körper aus, ihm wurde unglaublich heiß und sein Herz raste unaufhörlich. Sein Körper fuhr sofort von null auf 180. Was sollte er machen? Er konnte ihn nicht retten, Mitch hielt ihm immerhin eine Waffe an den Kopf.

    „Clay? Was ist hier los? Wer ist das?", Blakes verzweifelter Blick traf ihn, seine Stimme klang mehr als beunruhigt.

    „Sch, sch, sch. Er wird dir jetzt auch nicht helfen. Du kommst mit zu mir und wir lernen uns erst mal etwas kennen", sagte Mitch an Blakes Ohr und knabberte anschließend daran, was Blake unwillig wimmern ließ.

    „Clay", sagte Blake erneut und blickte ihn hilfesuchend an.

    „Lass ihn los! Lass ihn bitte los, ich... Ich geb dir alles was du willst, nur lass ihn verdammt nochmal gehen. Er kann doch nichts für das Ganze!", Clay wusste selbst nicht, woher er die Kraft dazu nahm, mit Mitch verhandeln zu wollen.

    „Du kannst mir nichts bieten, was ich nicht auch so haben kann. Der Kleine allerdings... hm, wir haben einen ähnlichen Geschmack, was Jungs angeht. Diese roten Haare... Rothaarige sollen ja angeblichen die feurigsten Liebhaber sein", Mitch tastete mit seiner freien Hand Blakes Körper ab.

Blake versuchte sich zu befreien, woraufhin Mitch die Waffe noch fester an seinen Kopf hielt:

    „Nana, wenn du dich wehrst hat das alles ein viel zu schnelles Ende, das wäre echt schade um dich".

    „Nimm mich statt ihm", schlug Clay gefasst vor.

    „Nicht", wimmerte Blake erstickt.

    „Du bist nicht mein Typ, tut mir leid. Aber keine Sorge, dein Süßer wird es gut bei mir haben", meinte Mitch grinsend, genau in diesem Moment öffnete sich auch schon die Pforte, auf welche er gewartet hatte.

Auf einmal passierte unglaublich viel zur selben Zeit, doch Clay sah es wie in Zeitlupe vor sich ablaufen. Jake und Lina schossen von hinten auf Mitch. Mitch bemerkte dies aber und schoss auf Blake. Durch den Beschoss von Jake und Lina, war er allerdings etwas abgerutscht und traf Blake nicht in den Kopf, sondern in die Brust. Beide gingen zu Boden, Clay schrie auf und rannte zu Blake, um sich zu diesem auf den Boden zu werfen. Dieser war noch bei Bewusstsein, würde es aber nicht lange bleiben.

    „Ich rufe die Rettung", hörte Clay Alicia hinter sich sagen.

    „Blake, bitte, bitte halt einfach durch ja?".

Blake murmelte nur etwas Unverständliches und schloss die Augen.

    „Nein! Wag es ja nicht, mach die Augen auf! Sieh mich an!", Clay schrie ihm ins Gesicht, doch Blake reagierte nicht.

Clay konnte sehen, wie er immer mehr Blut verlor, welches auf Clays Händen kleben blieb, da er ihn festhielt und rüttelte:

    „Mach verdammt noch mal die Augen auf! Mach sie auf! Bitte, Blake sieh mich doch an", obwohl er am Anfang schrie, wurde seine Stimme nun immer leiser, bis sie schließlich brach.

Clay begann zu schluchzen und lehnte seine Stirn an Blakes.

    „Bitte. Bitte, ich will doch nur deine schönen Augen sehen", immer wieder murmelte er das vor sich hin.

Er umarmte seinen Körper, lehnte weiterhin seine Stirn an seine und wiegte Blake hin und her, während er ihn weiterhin anbettelte, die Augen zu öffnen. Doch er tat ihm den Gefallen nicht.

    „Clay, er wird nicht...", er spürte eine Hand auf seinem Rücken und hörte Jakes Stimme.

    „NEIN!", schrie auf und rüttelte die Hand von seinem Rücken.

 

Nach Luft ringend erwachte Clay und setze sich ruckartig auf. Sein Atem war noch immer unruhig und er bildete sich ein, Blakes Blut an seinen Händen zu spüren. Sofort sprang er aus dem Bett und griff nach seinem Handy. Es war ihm egal, dass Blake und er nicht mehr zusammen waren, er musste jetzt sofort wissen, dass es diesem gut ging, sonst würde er sich nicht beruhigen können. Es war zwar nur ein Traum, aber er hatte sich einfach zu real angefühlt.

Es klingelte und klingelte, doch es kam anschließend nur die Mailbox. Fluchend sah er sich um und begann sich anzukleiden. Die Couch war leer, Alicia war schon weg. Ein erneuter Blick auf sein Handy und er verstand auch warum. Es war später Nachmittag, Blake musste also arbeiten.

    „Clay, bist du endlich wach?", Jake kam in das Wohnzimmer.

Clay zog sich die Schuhe an und wollte schon aus dem Raum stürmen, doch Jake hielt ihn zurück:

    „Wo willst du denn so schnell hin?"

    „Ich muss zu Blake. Sofort, ich muss ihn sehen".

    „Er wird nicht mit dir reden, das weißt du", Jake blickte ihn forschend an.

    „Das ist mir egal, ich muss ihn einfach sehen. Jetzt."

    „Na schön, ich komme mit".

 

    „Du hattest also einen Alptraum...", wiederholte Jake, als sie vor der Tür der Pizzeria standen, in welcher Blake arbeitete. Clay hatte ihm auf den Weg dorthin in knappen Sätzen erklärt, warum er es so eilig hatte.

    „Ja, es klingt vielleicht lächerlich, aber er war so real. Er ist gestorben Jake, in meinen Armen und wir konnten nichts mehr für ihn tun... Ich, ich weiß, dass es nur ein Traum war, aber ich muss ihn einfach sehen", erklärte Clay und streckte dann seine Hand aus, um die Tür zu öffnen.

Es waren nicht viele Gäste da, dennoch waren einige Tische besetzt. Clay konnte Blake sofort erkennen, er servierte gerade das Essen an einem der Tische.

    „Oh Gott sei Dank", es fühlte sich an, als sei eine Tonnen schwere Last von seinen Schultern gewichen.

Natürlich hatte er gewusst, dass Blake nichts passiert war, aber trotzdem war er unruhig gewesen, es war so erleichternd, Blake zu sehen.

    „Hey, was willst du tun?", Jake hielt ihn an der Schulter fest, erst jetzt fiel Clay auf, dass er sich auf Blake zubewegte, weil er diesen in seine Arme schließen wollte.

    „Ich.... wollte ihn umarmen".

    „Clay, du weißt genau, dass ihr nicht mehr zusammen seid. Er wird dich nicht umarmen und auch nicht mit dir reden", Jake redete sanft auf ihn ein.

    „Ich weiß", gab Clay verbittert zu, ein Teil von ihm hatte sich bloß noch immer nicht dran gewöhnt, wird er wohl auch nie.

Jake drängte ihn an einen der Tische, an den sie sich setzten.

    „Lass uns einfach etwas Essen und dann gehen", schlug er vor.

Genau in dem Moment ging Blake an ihrem Tisch vorbei und entdeckte sie, schnell wendete der rothaarige seinen Blick wieder von ihnen ab und schaute stur geradeaus.

    „Hey Blake, warte doch. Ähm... Wie wäre es, wenn ich dich auf ein Eis einlade, so wie damals?", Clay hatte nicht realisiert, was er da sagte, bis es bereits zu spät war.

Blake war stehen geblieben und blickte Clay seltsam an. Er sah aus wie bei ihrem letzten Zusammentreffen. Seine Haare waren zerzaust, tiefe Augenringe zeichneten sich unter seinen Augen ab und er hatte immer noch einen trostlosen Gesichtsausdruck. Es tat weh, Blake so zu sehen, er sehnte sich so sehr danach, ein Lächeln auf dieses Gesicht zu zaubern.

    „Es ist besser als jedes Trinkgeld, hast du selbst gesagt", fügte Clay hinzu, nachdem Blake eine längere Zeit lang nicht geantwortet hatte.

Er wusste jetzt schon, dass Blake ablehnen würde, immerhin hatte er auch letztens abgelehnt, als er ihn einen Kaffe in der Schule spendieren wollte. Trotzdem lebte noch etwas Hoffnung in ihn.

Auch wenn er wusste, dass es mehr als unwahrscheinlich war.

    „Ich weiß, was ich gesagt habe", zischte Blake ihn an und verschwand danach gerade Wegs in die Küche.

Clay ließ seinen Kopf auf die Tischplatte fallen. Er wollte nicht mehr. Am liebsten wäre er wieder zurück in sein Bett gekrochen und hätte für Wochen einfach geschlafen, vielleicht auch für Monate.

Wenig später tauchte Lina an ihrem Tisch auf, etwas überrascht blickte er sie an, er hätte nicht gedacht, dass sie heute arbeiten würde.

    „Hey Jungs... Blake will euch nicht bedienen... Tut mir leid Clay, aber er hat mich gebeten, dass ich das mache".

    „Ist verständlich... Wieso arbeitest du heute wieder? Solltest du dich nicht etwas ausruhen?", Clay hatte noch immer seinen Kopf auf seinen verschränkten Armen gebettet und blickte Lina an.

    „Ach was. Ich hab schon die Schule ausfallen lassen, das kann ich mir bei der Arbeit nicht leisten.

Still seufzte Clay in sich hinein. Lina wurde fast entführt und dennoch ließ sie sich heute nichts davon anmerken. Clay hatte lediglich Liebeskummer und trotzdem konnte er sich seit Wochen nicht aufraffen. Er wusste gar nicht wie viele Wochen genau seit ihrer Trennung vergangen waren, es hätten auch Jahre sein können, so fühlte es sich nämlich an.

So viele auf dieser Welt hatten Liebeskummer und überlebten es, dann sollte er es doch auch schaffen oder? Doch er war sich gar nicht so sicher, ob er es überhaupt schaffen wollte. Denn selbst wenn ihm das gelingen sollte, zu welchem Preis? Würde er sich wirklich an diesen Schmerz gewöhnen und mit ihm leben? Er konnte es sich einfach nicht vorstellen.

    „Also, was wollt ihr?", Lina blickte sie fragend an.

Was er wollte? Blake. Er wollte ihn wieder.

    „Ich nehme die Hauseigene Pizza zum mitnehmen. Du Clay?", er war Jake sehr dankbar dafür, dass er nicht länger als nötig hier sein wollte.

    „Ich habe keinen Hunger, aber danke".

Lina verschwand in die Küche und Clay ließ seinen Kopf wieder auf die Tischplatte fallen. Er war seinem Freund gerade sehr dankbar, dass dieser nicht versuchte, ein Gespräch mit ihm aufzunehmen.

Clay schreckte auf, als er plötzlich Linas Stimme hörte, diese stellte einen Kaffebecher vor ihm ab.

    „Ich habe keinen Kaffee bestellt", meinte er verwirrt.

    „Du siehst aber so aus, als ob du einen vertragen könntest. Der geht auf mich", meinte sie und verließ den Tisch wieder.

Wenig später verließen sie die Pizzeria wieder und machten sich auf den Weg zurück zum Stützpunkt. Weiterhin schwiegen sie sich an, bis Clay wieder seine Überlegungen von gestern  einfielen.

    „Also du und Lina, was hat sich da jetzt geändert? Seid ihr jetzt zusammen?".

    „Darüber müssen wir noch reden, aber ich denke schon."

    „Du denkst? Sie hat dich gestern einfach so vor uns allen geküsst und dich dann zum Schlafen mit nach oben genommen".

    „Ja, mag sein“.

    „War vor dem ganzen auch noch etwas? Oder hat sie dich einfach so aus heiterem Himmel geküsst?“, Clay konnte sich nicht vorstellen, dass sie einfach mal so ihre Meinung geändert hatte, da musste etwas gewesen sein.

    „Nicht wirklich. Bevor sie damals aus der Wohnung gelaufen ist, ist da noch etwas zwischen uns passiert“.

Clay nickte leicht, er hatte also recht mit seiner Vermutung gehabt:

    „Und was?“.

    „Naja, Mitch hat ihr ja einen Drohbrief geschrieben. Sie hat ebenfalls einen Brief geschrieben, einen Abschiedsbrief. Sie saß in der Küche und schrieb daran. Es war kurz vor Mitternacht, da bin ich in die Küche gegangen, um mir ein Glas Milch zu hohlen. Ich hab mir die zwei Briefe geschnappt und sie mir durchgelesen, da ich sofort gemerkt hatte, dass etwas mit ihr nicht stimmte.

Danach haben wir lange diskutiert und gestritten, natürlich wollte ich sie überreden, nicht zu gehen und ihr gesagt, dass wir schon einen Ausweg finden würden. Irgendwann hat sie dann geschrien, dass mich das gar nichts anginge, was sie machte. Dann hab ich gesagt, dass es das sehr wohl tut. Sie sagte: ,Ach ja? Und warum?´. Als Antwort habe ich sie einfach geküsst".

Mit hochgezogenen Augenbraunen blickte Clay seinen Freund an:

    „Soll ich mir das, wie in den Filmen vorstellen? Wenn zwei sich streiten und einfach mitten im Streit anfangen rumzumachen?".

    „So ähnlich. Sie hat den Kuss erwidert, bis sie leise ‚Tut mir leid‘  geflüstert hat, mich zu Boden warf und aus der Wohnung lief".

    „Und danach bist du dann bist du zu mir gekommen?".

    „Ich hab zuerst versucht sie selbst zu finden. Dann bin ich zu dir gegangen, nachdem keiner abgehoben hat".

    „Mhm… Ab da kenne ich die Geschichte ja…“.

    „Clay, es tut mir leid, dass ich schon wieder damit anfangen muss aber… Kann ich heute bei dir übernachten? Lina wird vorerst bei Sonja und Beka schlafen, bis etwas Gras über die Sache gewachsen ist und… Ich will mich nicht auch noch bei Sonja einnisten -“, Clay unterbrach seinen Kumpel.

    „Jetzt stell dich nicht so blöd an, natürlich kannst du bei mir pennen. Du weißt, dass du das immer kannst. Ist es zu Hause wieder unruhig?“.

Jake schnauzte:

    „Ja, so in etwa. Ich war schon seit zwei Wochen nicht mehr da und ich will demnächst auch nicht hin“.

Kurz überlegte Clay, ob er nachfragen sollte, was denn diesmal zwischen ihm und seinen Stiefvater vorgefallen ist, doch er ließ es lieber bleiben. Jake wusste, dass er mit ihm reden konnte, wenn er wollte, er sollte nicht unnötig in der Wunde rumstochern.

Als sie im Stützpunkt ankamen, setzte sich Clay geradewegs an seinen Computer und versuchte etwas an seinen Projekten zu arbeiten. Er wollte sich jetzt einfach nur ablenken.

Alicia war nach Hause gegangen, Beka und Collin saßen jedoch ebenfalls im Stützpunkt. Clay konnte noch den Anfang der Diskussion mit anhören, die Collin mit Jake führte, um ebenfalls etwas von der Pizza abzubekommen, doch dann blendete er ihre Gespräche vollkommen aus. Zum Glück gab es an diesem Tag nur einen kurzen Einsatz, welcher unkompliziert ablief.

 

Am Abend verschwanden Beka und Collin ins Haus und Jake ging los, um Lina von der Arbeit abzuholen.

Clay zuckte auf seinem Sessel überrascht zusammen, als er plötzlich an seiner Schulter angetippt wurde. Er drehte sich samt Sessel um und sah Lina vor sich stehen:

    „Hey.“

    „Hey“, erwiderte Clay etwas verwundert.

    „Jake wartet vor dem Haus… Ich wollte nur mit dir sprechen, bevor ihr geht“, erklärte sie.

    „Oh, okay, worüber denn?“, er begann die Programme zu schließen und fuhr anschließend den Computer runter.

    „Über Blake“, Clay wollte sich gerade aus dem Sessel erheben, fiel aber, als er diesen Namen hörte, wieder zurück.

Seufzend ließ er den Kopf in den Nacken fallen, er war nicht sicher, ob er so ein Gespräch nun verkraften könnte. Nach solchen Ereignissen und einem solchen Tag.

    „Ich weiß gar nicht, ob ich dir das sagen soll oder nicht, aber… Clay, er leidet, mindestens genauso sehr wie du, wenn nicht mehr.“

Clay senkte seinen Blick auf seine Hände, er wollte nicht, dass Lina diesen sah, denn er wollte selbst nicht wissen, was für verletzten Blick er gerade hatte.

    „Denkst du, das merke ich nicht? Auch wenn ich ihn so gut wie gar nicht mehr sehe, habe ich doch Augen im Kopf.“

    „Ich weiß nicht, ob es dir hilft oder das Ganze noch schlimmer macht, aber ich finde, du solltest es wissen. Ich habe Blake in der Vorratskammer erwischt, wie er… geweint hat. Gleich nachdem du heute mit ihm gesprochen hast. Er ist so verzweifelt, er vermisst dich, doch er hat mir auch gesagt, dass er dir nicht verzeihen kann. Andererseits, kann er noch immer nicht glauben, dass du ihn betrogen haben sollst, doch er weiß nicht, was er sonst glauben soll und… Du hättest seinen Blick sehen sollen, er…“, Lina hockte sich auf den Boden und versuchte Clays Blick einzufangen, „er hat genau so geschaut, wie du gerade. Kannst du nicht versuchen, nochmal mit ihm darüber zu reden? So kann es doch nicht weitergehen“.

    „Und wie? Er lässt es doch nicht einmal zu, dass wir im gleichen Raum sind. Und selbst wenn, was soll ich ihm sagen? Etwa die Wahrheit? Dass ich ein verdammter Wächter bin?“.

    „Aber…“, Lina blickte ihn aus ihren hellgrünen Augen an.

    „Sag mir was ich ihm sagen soll Lina und ich bin schneller bei ihm, als du blinzeln kannst“, es folgte kurze Stimme, bis die den Kopf schüttelte.

    „Tut mir leid“, diesmal war sie es, die ihren Blick senkte.

Clay stand auf und lächelte freudlos:

    „Siehst du? Es ist hoffnungslos. Gute Nacht“.

    „Nacht.“

Damit ging Clay aus der Hütte und traf Jake vor dem Haus, mit einer Sporttasche auf dem Rücken, in dem sich wohl seine Sachen befanden.

    „Und? Was musste sie dir so dringend sagen?“, fragte er, während sie sich auf den Weg machten.

    „Etwas wegen Blake. Ich will einfach nur schlafen, wenn´s geht, dann für das ganze nächste Jahr“.

Jake legte seinen Arm um seine Schulter:

    „So schlimm hm?“.

    „Weißt du ja. Hast du schon mit ihr gesprochen?“, wechselte er das Thema.

    „War nicht wirklich nötig, sie hat mich als Begrüßung geküsst und wir sind den ganzen Weg hierher Arm in Arm gelaufen. Ich denke mal, da ist ein Gespräch nicht nötig“.

    „Mhm…Jetzt seid ihr wenigstens auch glücklich. Fehlen nur mehr Alicia und ich, obwohl, Alicia ist zurzeit liebend gerne ein stolzer Single“.

    „Hm… Was glaubst du, wie es mit Collin und Beka weiter geht? Am Donnerstag zieht er nämlich wirklich zurück“, Collin hatte seine Abreise immer wieder verschoben, doch diesmal schien es ihm wirklich ernst.

    „Ich mach mir keine Sorgen, bei ihnen wird die Fernbeziehung sicher hinhauen. Außerdem zieht er ja nicht ans andere Ende der Welt, er ist ja nur zwei Stunden Fahrt entfernt“.

    „Stimmt. Blöd ist nur, dass er immer her kommen muss, sie kann ja nicht weg“, warf Jake ein.

    „Ich glaube, das stört ihn nicht wirklich, es kommt jedenfalls nicht so rüber“.

 

 

    „Boah endlich! Mein Magen hat die letzten Stunden so geknurrt, ich habe gedacht ich esse mein verdammtes Buch auf“, erleichtert ließ sich Alicia auf eine der Couchen nieder und holte ihr Essen hervor.

Sie hatten sich zu viert in eine der Sitzecken auf dem Schulgang verzogen und machten sich nun alle an ihr Essen. Obwohl, Beka war mehr mit ihrem Handy beschäftigt, was Clay ihr nicht wirklich übel nehmen konnte. Es war Freitag, gestern Abend war Collin abgereist, natürlich erst, als sie sich alle anständig von ihm verabschiedet hatten.

    „Und? Schreibt ihr auch tüchtig Liebesbriefe miteinander?“, fragte Lina und deutete auf Beka und ihr Handy, doch diese bekam zuerst gar nicht mit, dass sie mit ihr sprach, bis sie ihren Namen nannte.

Clay musste schmunzeln, er hatte  Beka vor Collin nie so erlebt, sie war sonst immer so aufmerksam.

    „Wann kommt denn dein Romeo wieder?“, fragte Alicia.

    „Übernächstes Wochenende erst“, Beka legte ihr Handy weg.

Eindeutig war sie deshalb etwas traurig, versuchte aber, sich nichts anmerken zu lassen, so gut wie das eben ging, doch sie kannten sich alle einfach viel zu gut.

    „Werdet ihr das überhaupt überleben?“, stichelte Jake sie.

Jake und Lina saßen auf einer Couch, Jake saß normal und Lina seitlich, sodass sie ihre Beine über seine legte. Seufzend betrachtete Clay seine Trinkflasche, als ob etwas Interessantes darauf stehen würde. Er freute sich für Beka und natürlich auch für Jake und Lina, aber es war ihm einfach unangenehm, dauernd diese Pärchen um sich zu haben. Alicia, welche neben ihm saß, legte kurz ihre Hand auf seinen Arm, natürlich wusste sie, worüber er gerade nachdachte oder besser gesagt, über wen.

Sie schreckten alle zusammen, als der Alarm auf all ihren Handys gleichzeitig losging, an diese unvorhersehbaren Alarme konnte man sich einfach nicht gewöhnen.

    „Ich bin mit meinem Sandwich aber noch immer nicht fertig“, murrte Alicia, als alle aufsprangen.

    „Du wirst es überleben“, Clay zog an ihrer Hand, damit sie ebenfalls aufstand.

    „Wo müssen wir hin?“, fragte Jake.

Clay warf einen Blick auf sein Handy:

    „In den Park, ungefähr in fünf Minuten öffnet sie sich“.

    „Okay, am besten wir nehmen den Ausgang über die Turnhalle, dann sieht uns kein Lehrer“, entschied Beka und lief auch schon in die besagte Richtung los.

Natürlich blickten einige Schüler sie etwas seltsam an, als sie zu viert durch die Gänge sprinteten, doch zum Glück sprach sie keiner darauf an.

 

Kurz bevor sie in den Park eintrafen, zogen sie alle ihre Schutzanzüge per Knopfdruck an. Die Pforte hatte sich bereits geschlossen, doch das Tier war noch immer hier, es war kaum zu übersehen.

Kurz beschrieben, sah es aus, wie eine riesige Schildkröte, mit Hörnen auf dem Kopf. Es war geschätzte drei Meter hoch und hatte einen dunkelbraunen Panzer. Die Haut, welche man sehen konnte, also Beine und Kopf, hatten eine Farbe, welche eine Art Mischung aus blau und grün war.  Es war im Großen und Ganzen blau, nur mit grünen Farbpigmenten darin.

Sein Kopf war, seiner Körpergröße entsprechend, nicht gerade klein. Darauf befanden sich zwei hellbraune Hörner, welche sich etwas nach außen wölbten.

    „Okay, es sind keine anderen Menschen in der Nähe, sorg dafür, dass es so bleibt Jake. Lass keinen durch“, wies Beka ihn an, worauf dieser auch schon verschwand.

    „Und was machen wir?“, fragte Lina.

    „Alicia, Lina ihr betäubt es. Clay, du schrumpfst. Ich fange es ein. Bedrängt das Tier nicht, sonst wird es unangenehm“.

    „Unangenehm?“, hakte Alicia nach.

    „Ist doch egal jetzt, beeilen wir uns, ich glaube kaum, dass Jake jeden aufhalten kann“, drängte Clay.

Sofort machten sie sich daran, das Tier langsam zu umkreisen. Das Tier bemerkte sie, stampfte auf einem Vorderfuß auf, verhielt sich aber sonst ruhig.

Gerade als Alicia und Clay damit anfangen wollten, das Tier mit dem betäubenden Strahl zu beschießen, schrie Lina plötzlich auf:

    „Leute, wir haben Besuch!“.

Suchend blickte Clay sich um und erstarrte sofort.

Das konnte nicht sein.

Was machte Blake hier?!

 

Er stand gerade mal einige Meter von dem Tier und ihnen entfernt. Blake schien ebenfalls erstarrt zu sein, seine Aufmerksamkeit galt aber nicht Clay, sondern vielmehr der mutierten Schildkröte.

    „Verdammt! Clay, bring ihn weg, Alicia, mach alleine weiter“.

Alicia wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Tier zu und machte sich an die Arbeit.

Clay jedoch musste sich erst einmal fassen, bevor er auf Blake zu gehen konnte. Diese wenigen Schritte, welche ihn von Blake trennten, erschienen Clay so lang und doch war er viel zu schnell bei ihm:

    „Komm, wir müssen hier weg“.

    „Was… Was ist das? Und… was macht ihr alle hier?“, Blake sprach leise und konnte dabei seinen Blick immer noch nicht vom Wesen nehmen.

Bevor Clay auch nur antworten konnte, hörte er ein seltsames Geräusch, das vom Tier kam. Dann geschah so vieles auf einmal, dass er es zuerst gar nicht realisieren konnte. Eine seltsame, transparente, klebrige Flüssigkeit, schoss von dem Tier aus, in alle Richtungen. Er hörte, wie Blake etwas überrascht aufschrie, während Beka laut zu fluchen begann.

Die Kleidung von Blake und ihm, war vollständig mit Schleim überzogen. Wenig später hatte sich eine Art Nebel um das Tier gebildet. Clay konnte hören, wie Beka den anderen Anweisungen gab. Wenig später kamen die drei Mädchen, welche ebenfalls mit Schleim überzogen waren, aus dem Nebel hervor und Beka hielt eine Kapsel in der Hand, in welcher sich das Tier befand. Blake stand weiterhin bewegungslos da und beobachtete die anderen.

Beka überreichte Alicia die Kapsel:

    „Hier, schafft ihn zurück, ich rufe Jake an“.

Kaum hatte sie das gesagt, zückte sie schon ihr Handy. Offensichtlich ging Jake sofort ran, denn schon bald begann sie, in ihr Handy zu schreien:

    „Welchen Teil von Lass keinen durch hast du denn nicht verstanden?!“, Beka entfernte sich von ihnen, um auf Jake einzureden.

Alicia und Lina, begannen damit, die Pforte zu öffnen, um das Tier wieder zurückzuschicken.

Blake starrte einfach nur vor sich hin und beobachtete weiterhin stumm, was um ihn herum geschah. Er zuckte noch nicht ein Mal mit der Wimper, auch nicht, als sich die Pforte, direkt vor seinen Augen öffnete.

Clay wollte sich vor ihn stellen, um auf ihn einzureden, da bemerkte er, dass sie aneinander klebten. Sie waren so nahe beieinander gestanden, dass der Schleim auf sie beide gespritzt war. Hoffentlich hatten sie ein Lösungsmittel im Stützpunkt.

    „Blake?“, Clay legte etwas zögerlich eine Hand auf seine Schulter, doch dieser rührte sich weiterhin nicht.

Er stand wohl unter Schock, dies war eine vollkommen normale Reaktion auf das von ihm Gesehene, doch trotzdem machte Clay sich Sorgen.

    „Blake, sag doch was“, forderte er ihn erneut auf.

    „Was war das? Und was habt ihr da gemacht? Was war das Ding, das sich vor Alicia und Lina geöffnet hat? Was sind das für Waffen? Was sind das für Anzüge? Und warum verdammt nochmal kleben wir aneinander?!“, Blake war beim Fragen stellen immer lauter geworden und blickte ihn nun mit weit aufgerissenen Augen an.

Am liebsten hätte er ihn in seine Arme gerissen, damit er sich etwas beruhigen konnte, doch er wusste nicht, wie Blake darauf reagieren würde, außerdem konnte es auch sein, dass sie dann noch mehr einander kleben würden. Wobei, Clay war sich nicht so sicher, ob ihn das wirklich stören würde.

Jake trat nun zu ihnen, er blickte Blake neugierig an, sagte jedoch nichts.

    „Lasst uns zuerst in den Stützpunkt gehen und dann klären wir das alles. Ich will diesen Schleim so schnell wie möglich los werden“, schlug Alicia vor.

    „In den Stützpunkt? Wozu braucht ihr denn so etwas?“, Blake blickte weiterhin nur Clay an, während er dies fragte.

    „Ich… Ähm, das ist etwas komplizierter. Lass uns erst mal von hier weggehen okay?“, Clay versuchte Blake ein Lächeln zu schenken, dieser schien sich wenigstens etwas zu beruhigen.

    „Na schön, aber dann will ich Antworten“.

 

Auf dem Weg zu Bekas Garten schwiegen sie alle. Blake dachte offensichtlich über die Ereignisse nach, während die anderen einfach nicht wussten, was sie sagen sollten. Es gestaltete sich etwas schwierig im normalen Tempo zu gehen, immerhin klebten ihre Beine aneinander, aber sie gewöhnten sich nach einigen Metern daran.

Als sie in Bekas Gartenhütte eintrafen blickte Blake sich gefasst um:

    „Das ist also euer Stützpunkt?“.

    „Nicht ganz“, meinte Jake grinsend, bevor er den Lichtschalter umlegte.

Der Raum begann sich zu verändern, Blake zuckte erschrocken zusammen und krallte sich instinktiv in Clays Arm fest.

    „Ist beim ersten Mal erschreckend, nicht wahr?“, fragte Clay nach.

    „Ich frage mich, wie mich, nach dem ganzen, überhaupt irgendetwas überraschen kann“, murrte er leise und entlockte Clay damit ein Lächeln.

    „Ich glaube wir haben noch ein universal Lösungsmittel im Schrank“, murrte Beka und ging auf den besagten Schrank zu.

In dem Schrank befanden sich eine Erste Hilfe Ausrüstung, Gegenmittel gegen verschiedene Gifte und, sie holte es gerade hervor, das Lösungsmittel. Beka begann, ihren Anzug von dem Schleim zu befreien und reichte die Flasche mit der Lösung dann an Lina weiter.

    „Werdet ihr… Jetzt mein Gedächtnis löschen? Oder so etwas in der Art?“, fragte Blake verunsichert nach.

    „Nein, dafür bräuchten wir eine Erlaubnis von ganz oben und die bekommen wir nur selten. Wenn du jemandem erzählst, was du gesehen hast, glaubt dir sowieso keiner. In solchen Fällen, verlässt sich der hohe Rat darauf“, klärte Jake ihn auf.

    „Kein Wunder. Ich glaube ja selbst noch nicht, was ich gesehen habe… Ich weiß noch nicht mal, was ich da gesehen habe. Warte, der hohe Rat?“, verwirrt blickte Blake alle nach der Reihe nach an, bis sein Blick wieder an Clay haften blieb.

Lina gab das Mittel an Alicia weiter und bekam dafür nun einen Lappen von Beka gereicht.

    „Na schön, ein Vorschlag. Wir machen uns alle schön sauber. Dann setzen wir uns alle hin und weihen Blake ein“, Lina machte sich weiterhin sauber, als sie redete.

    „Klingt gut. Nur jemand sollte unsere Sachen aus der Schule holen“, meinte Beka.

    „Das mach ich, ich bin ja sauber“, meldete sich Jake und zog gleich darauf seinen Schutzanzug aus.

    „Natürlich. Das könnt ihr auch“, hörte er Balke murren, als dieser sah, wie sich Jakes Schutzanzug auflöste, nachdem er den dafür zuständigen Knopf auf seinem Pfortenhandy drückte.

 

Lange saßen sie da und weihten Blake Stück für Stück in das Ganze ein. Es stellte sich heraus, dass Blake gesehen hatte, wie sie in der Schule plötzlich los gelaufen waren und ihnen dann gefolgt war. Wie er an Jake vorbeigekommen war, wussten sie noch immer nicht. Es war wohl für eine Person zu viel gewesen, alle Passanten im Blick zu behalten. Das mussten sie in Zukunft wohl noch ändern. Als sie ihm so gut wie alles gesagt hatten, verschwanden seine Freunde alle mit banalen Ausreden und Entschuldigungen. Er war ihnen ziemlich dankbar dafür, denn er wollte gerne mit Blake alleine reden.

 

    „Also… Nochmal, nur um zu sehen, ob ich das richtig verstanden habe. Ihr rettet dir Stadt vor Aliens?“.

    „Nicht wirklich retten, aber so ähnlich“.

    „Und… Die Aliens kommen durch diese Pforten“.

    „Jap“.

    „Und außer der Erde, gibt es noch Erdian, wo die Menschen so ähnlich wie wir im Mittelalter leben?“.

    „Ja. Früher gab es noch Erdan, da waren die Menschen fortschrittlicher als bei uns, aber der Planet ist vor ein paar Monaten unbewohnbar geworden“.

    „Aha…  Ihr werdet als Wächter bezeichnet und so etwas wie euch gibt es in jeder Stadt“.

    „Mhm“, Clay wunderte es nicht, das Blake erneut nachfragen musste, er hatte es damals auch nicht auf Anhieb geglaubt.

    „Und der hohe Rat, ist sowas wie… Naja, sie verwaltet die ganzen Einheiten von Wächtern“.

    „Genau“, Clay nickte bestätigend und setzte sich etwas näher an Blake heran, er war schon unglaublich froh darüber, überhaupt wieder in seiner Nähe sein zu können und seine Stimme zu hören.

    „Und immer, wenn dein Handy mit diesem Alarm losgeht, öffnet sich eine Pforte, zu der du gehen musst? Also ihr alle?“.

    „Ja, dafür haben wir diese speziellen Handys, für die ich oft Programme erstelle“.

Blake vergrub sein Gesicht in seinen Händen und fluchte leise.

Das war eigentlich eine gute Reaktion, viele Menschen würden es noch immer nicht glauben und das Ganze für Hirngespinste halten oder sich eine andere Ausrede ausdenken, warum das alles nicht stimmen könnte.  Im Großen und Ganzen verarbeitete Blake diese Neuigkeiten mehr als gut.

 

    „Verdammt… Du machst so etwas Gefährliches und Anstrengendes, um diese Stadt zu beschützen, die von dem ganzen nichts weiß. Und was tu ich? Ich werfe dir vor, dass du einen anderen hast“, Blake blickte ihm direkt in seine Augen. Verdammt, wie er dieses hellbraun vermisst hatte.

    „Du konntest es ja nicht wissen“, beschwichtigte Clay ihn.

    „Aber ich hätte es wissen müssen Clay! Ich hätte dir mehr vertrauen sollen. Du bist nicht so einer und das weiß ich. Ich konnte es auch nicht wirklich glauben aber… Es tut mir leid“.

    „Ich kann es dir nicht übel nehmen. Jeder in deiner Lage hätte das gedacht, ich wahrscheinlich auch.“

    „Ja aber ich kenne dich, schon so lange… Mag sein dass wir uns eine Zeit lang distanziert haben, aber trotzdem kenne ich dich. Ich weiß, wann du lügst. Du hast mir die Wahrheit gesagt, aber ich war so verunsichert und ich… habe dich rausgeworfen und dich sogar geschlagen“, er konnte genau in Blakes Gesicht erkennen, wie sehr er es bereute, aber er wollte nicht, dass Blake sich so schlecht fühlte.

    „Blake…“

    „Es tut mir so leid, das musst du mir einfach glauben. Ich könnte es vollkommen verstehen, wenn du mir nicht verzeihst, ich habe dir immerhin nicht genug vertraut. Aber bitte, lass uns wenigstens Freunde sein okay? Ich will zwar noch immer mehr, aber dich gar nicht zu-“, Blake konnte nicht weitersprechen, weil Clay ihm seine Hand auf den Mund legte.

Er murrte etwas Unverständliches, nahm dann Clays Hand von seinem Mund und wiederholte es:

    „Wieso hast du das gemacht?“.

    „Weil du Blödsinn redest“, erklärte er.

    „Also, willst du überhaupt nichts mehr mit mir zu-“, Clay unterbrach ihn:

    „Du machst es schon wieder“.

    „Was?“.

    „Blödsinn reden. Du bist ein Idiot“, Clay griff nach seinen Händen und zog Blake auf seinen Schoß.

Es war so ein gutes Gefühl, das einfach wieder so machen zu können. Blake war bei ihm, er wusste nun Bescheid, Clay musste ihn nie wieder anlügen. Er konnte ihn einfach berühren und zu sich ziehen, weil er das so wollte. Und Blake, seinem wunderbaren Blake, plagten Gewissensbisse wegen etwas, für das er nichts konnte.

Etwas überrascht legte Blake seine Arme um Clays Nacken, worauf er seine Arme um ihn schlang und seine Stirn an die des rothaarigen lehnte.

    „Wie könnte ich nicht mehr mit dir zusammen sein wollen?“, Clay lächelte ihn an.

Augenblicklich erwiderte Blake sein Lächeln. Clay musste für einen Moment seinen Atem anhalten. Er hatte dieses Lächeln so vermisst und zu wissen, dass dieses Lächeln nur für ihn war, machte es noch schöner.

    „Naja, ich hab sowieso nie verstanden, warum du dich mit mir abgibst“.

Clay strich Blake durch seine Haare:

    „Du redest wirklich viel zu viel Blödsinn.“

Wieso musste er sich nur immer so runter machen? Konnte er sich nicht so sehen, wie Clay ihn sah?

    „Halt mich doch davon ab“, entgegnete dieser grinsend.

Schmunzelnd presste er seine Lippen auf Blakes. Er hatte es einfach so vermisst, das zu tun. Verdammt noch mal er hatte alles an und mit ihm vermisst!

Blake schlang seine Arme enger um ihn und erwiderte seinen Kuss, teils sanft aber es hatte auch etwas Drängendes. Clay spürte Blakes Körper an seinem. Seine Nähe, die Wärme, die er ausstrahlte, seinen Duft.

Er liebte diese Empfindungen.

Er liebte diesen Jungen, einfach alles an ihm.  

 

Als sie ihren Kuss endgültig lösten, hätten Minuten, aber genauso gut auch Stunden, vergangen sein können. Blake vergrub sein Gesicht in Clays Halsbeuge.

    „Ich hab dich so vermisst“.

Auf Clays Haut breitete sich eine Gänsehaut aus, als er Blakes Atem und Lippen an seiner Haut spüren konnte.

    „Ich dich auch“.

Blake blickte zu ihm auf und strich über seine Brust:

    „Weist du, dieser Schutzanzug steht dir irgendwie“.

Clay musste auflachen, er hatte ganz vergessen, dass er diesen noch trug:

    „Ach ja?“.

    „Mhm, du gefällst mir ganz gut darin“, erneut grinste er ihn an.

 

    „Wir sollten Blake und Lina jetzt abholen“, Clay schreckte zusammen, als er Jakes Stimme hinter sich wahrnahm.

Clay konnte sich kaum ein ‚endlich‘ verkneifen. Seit Blake weg war, starrte er alle fünf Minuten auf die Uhr seines Computers, um zu sehen, ob es denn endlich Zeit war, ihn wiederzusehen.

Sie waren noch lange zusammen auf dieser Couch gesessen, hatten sich geküsst, gestreichelt und einfach ihre Nähe genossen. Clay war seinen Freunden so dankbar, dass sie sie alleine in der Hütte gelassen hatten. Zu seinem Bedauern war Lina später jedoch zu ihnen getreten, um Blake zu sagen, dass es Zeit war, zur Arbeit zu gehen. Clay hatte Blake allerdings versprochen ihn von der Arbeit abzuholen, denn dieser wollte sich genau so wenig von ihm trennen, wie er selbst.

Schnell hatte er den Computer ausgeschalten und war aufgesprungen, um mit Jake los zu gehen. Sie verabschiedeten sich von Beka, welche noch in der Hütte saß, um einen Bericht zu schreiben und gingen dann auch schon.

    „Weist du, Lina übernachtet diese Woche noch bei Sonja und Beka. Ich habe Sonja gefragt, ob ich im Gästezimmer übernachten kann, da Collin ja jetzt nicht mehr darin schläft“.

    „Aber wieso? Ich hab dir doch schon so oft gesagt, dass du weder mich noch mein Eltern störst“, versicherte er Jake.

    „Hm ich weiß nicht, ich dachte, Blake könnte ja bei dir übernachten?“, Jake grinste ihn an.

    „Das haben wir uns nicht ausgemacht“.

    „Ja, aber du könntest ihn doch fragen“, er zwinkerte ihm zu.

    „Ich… Naja, ich könnte. Aber selbst wenn, wir können uns doch auch einen schönen Abend zu dritt machen. Blake hätte sicher nichts dagegen“.

Jake schüttelte lachend den Kopf:

    „Ihr habt euch endlich versöhnt, da würde ich nur stören“.

    „Wir… Hm, ja könnte sein. Ich frag ihn mal, danke“, Clay klopfte ihm auf die Schulter.

    „Nicht dafür“.

 

Lina und Jake gingen vor ihnen, Hand in Hand. Clay hatte seinen Arm um Blakes Schultern gelegt, so folgten sie ihnen, während sie sich unterhielten. Es war schon fast dunkel und es waren nur mehr wenige Menschen in den Straßen unterwegs. Für Außenstehende konnte diese Geste genauso gut eine Geste zwischen zwei Freunden sein, daher befanden sie diese als nicht gefährlich. Außerdem brauchten sie einfach etwas Nähe. Nach diesen Wochen war es beinahe unmöglich für sie, nur nebeneinander zu gehen ohne dabei flüchtige Berührungen auszutauschen. Auch wenn sie es beide wussten, sie brauchten es, um sich zu vergewissern, dass wirklich alles zwischen ihnen geklärt war.

    „Sagt mal, wie wird man eigentlich ein Wächter? Das geht doch sicher nicht von heute auf morgen“, wechselte Blake ihr Gesprächsthema, nachdem es für einige Sekunden still zwischen ihnen geworden war.

   „Hast du Lina bei der Arbeit denn nicht ausgefragt?“, Jake wendete seinen Blick zu ihnen nach hinten.

    „Er wollte, aber wir hatten keine Zeit zum Reden“, erklärte Lina.

    „Achso… Na schön, also mach jetzt einen Crashkurs für dich“, Jake lächelte Blake an, „Man wird zwei Jahre lang ausgebildet, sobald man als Wächter ausgewählt wird und alle Test bestanden hat. Wenn du 13 Jahre alt bist, wirst du von den Älteren Wächtern ausgebildet, die so etwas wie deine Mentoren sind. Ab deinem 15. Lebensjahr, bist du selbst ein vollständiger Wächter bis du 21 wirst. Da musst du deinen Dienst abtreten und da kommen wieder die neuen Wächter, die wir dann selbst trainiert haben werden“.

    „Ihr müsst also, wenn ihr 19 seid, die neuen Wächter ausbilden?“, fragte Blake nach.

    „Ja genau, zwei Jahre lang. Bis wir 21 und die neuen Wächter 15 sind“, Clay nickte.

    „Also seid ihr erst seit einem Jahr Wächter und habt noch fünf Jahre vor euch?“.

Clay nickte erneut.

    „Aha… Und, wie werdet ihr ausgewählt? Was für Tests müsst ihr da machen?“.

    „Das weiß keiner so genau. Es hat Teils etwas mit unseren Genen und unserem Körperbau zu tun, teils aber auch etwas mit unseren Begabungen“, erklärte nun Clay.

    „Was hat das mit den Genen zu tun?“.

    „Wächter sind meist sportlicher, ohne sich viel anzustrengen und halten mehr Stress aus“, Lina blickte kurz nach hinten, während sie mit ihm sprach.

    „Und die Begabungen?“, fragte Blake weiter.

    „Das ist verschieden. Ich kann zum Beispiel gut mit Waffen umgehen und habe eine gute Ausdauer. Clay ist ein Technikfreak, du weißt ja, dass er sich mit Computern immer leicht tut. Beka ist eine gute Führungskraft. Sie ist gut in Strategien und darin dringende Entscheidungen sofort zu fällen, dazu hat sie alle Tierarten von den fremden Planeten zu bestimmen gelernt. Alicia hat eine außerordentliche Körperkontrolle und könnte fast überall einbrechen, wenn sie wollte. Hoffentlich wird aus ihr keine gesuchte Kunstdiebin“, Jake kicherte leise.

Wobei, Clay hatte diesen Gedanken auch schon oft.

    „Und du Lina?“.

    „Mein Vater war mal Wächter und später wurde er ein Mentor. Genauso wie seine Mutter, und dessen Vater und immer so weiter. Ein Vorfahre von ihm war einer der ersten Wächter von Erdan. Es ist also so etwas, wie eine Familientradition“, Lina drehte sich nicht zu ihnen um, als sie sprach.

    „Also kann man solche Begabungen erben?“, Blake schien wirklich interessiert an dem ganzen zu sein, wer konnte es ihm auch verdenken.

    „Das weiß keiner genau. Aber das hätte auch nichts geholfen, ich wurde ja adoptiert. Aber da mein Vater früher ein Wächter und später unser Mentor war, wollte ich es auch unbedingt werden, schon seit ich denken kann. Obwohl ich keine Begabung habe, hat er mich von klein auf trainiert, damit ich doch ein Wächter werden kann“.

    „Oh… muss eine harte Kindheit gewesen sein. Aber… Ich dachte Bekas Tante wäre eure Mentorin?“.

Clay zog Blake enger zu sich, als Lina plötzlich stehen blieb. Warum Lina bei ihnen war, war noch immer ein wunder Punkt, er wusste nicht, wie sie auf diese Frage reagieren würde.

    „Ja, das stimmt. Aber bis vor ein paar Monaten, habe ich noch auf Erdan gewohnt. Weißt du, was mit Erdan passiert ist? Hat Clay es dir gesagt?“, Lina hatte sich zu ihnen umgedreht und blickte Blake an.

    „Hat er. Aber er hat nicht gesagt, dass du auch…“.

    „Meine Mutter war von der Erde und mein Vater von Erdan. Als er den Job als Mentor angeboten bekam, sind wir nach Erdan gezogen. Da haben wir auch gelebt bis… Du weißt ja“.

Jake trat zu ihr und griff erneut nach ihrer Hand:

    „Sie hat durch Zufall überlebt. Sie ist die letzte“.

Clay konnte fühlen, wie Blake sich augenblicklich verkrampfte. Er sah Lina mit weit aufgerissenen Augen an:

    „Ach du... Scheiße“, stotterte er.

    „Spar dir dein Mitleid. Ich brauche keins, von niemandem“, Lina löste sich von Jakes Hand, „Ich will einfach nur weiterleben“.

Lina drehte sich um und ging wieder weiter. Jake verabschiedete sich schnell von ihnen und folgte ihr. Blake stand noch immer so da.

    „Die arme“, murmelte er leise.

Er liebte es, dass Balke so mitfühlend war. Blake heuchelte nichts vor, ihm tat Lina wirklich leid. Natürlich würde sie jedem leidtun, aber Blake war immer so. Bei jedem noch so kleinen Problem, war er so mitfühlend. Auch wenn Linas Probleme alles andere als klein waren.

    „Ja, aber sie ist stark, du glaubst gar nicht, wie stark“, Clay gab ihm einen Kuss auf die Schläfe, es war ihm egal, dass sie gerade mitten auf der Straße standen.

    „Ja, das sehe ich. Aber wenigstens lässt sie Jake an sich ran“, Blake lehnte seinen Kopf auf Clays Schulter.

Sie hätten vielleicht gesehen werden können, doch das war in diesem Moment einfach unwichtig. Langsam gingen sie weiter und schwiegen etwas. Blake schien über Lina nachzudenken und Clay wollte ihn dabei nicht stören.

Clay sprach erst wieder, als sie schon fast an Blakes Haus angelangt waren.

    „Ich dachte, dass du heute vielleicht bei mir übernachten könntest. Natürlich verstehe ich, wenn nicht. Dir geht sicher viel durch den Kopf und du willst dich sicher ausruhen… Aber-“.

    „Ich würde gerne. Ich muss nur meinen Dad fragen und ich weiß nicht, ob er ja sagen wird“.

    „Warum?“.

    „Er hat natürlich gesehen, dass es mir schlecht ging. Und er weiß, dass es wegen einem Streit zwischen uns war. Aber er weiß nicht das… naja, das wir-“.

    „Das wir ein Paar sind“, beendete Clay seinen Satz.

    „Es tut mir leid Clay. Ich werde es ihm sagen, ich hab nur-“.

    „Ich weiß“, er strich ihm über seinen Arm.

    „Jedenfalls wird es schwer sein, ihm zu erklären, dass wir von heute auf morgen diesen Streit beendet haben. Aber einen Versuch ist es wert. Warte einfach draußen, ich komm dann gleich wieder“.

Clay hatte bis dahin gar nicht bemerkt, dass sie schon bei Blakes Haustür angekommen waren.

 

Gute fünfzehn Minuten später, kam Blake aus dem Haus. Es fühlte sich an, als würde eine Tonnen schwere Last von seinen Schultern fallen, als er ihn sah. Clay hatte sich so viele Szenarien zwischen Blake und seinem Vater ausgemalt. Er hatte ein strahlendes Lächeln im Gesicht und einen Rucksack auf dem Rücken:

    „Ich darf. Ich habe lange diskutieren müssen, aber ich darf“.

Wie immer steckte Blake ihm mit seinem Lächeln an.

    „Gut, dann lass uns mal meine Eltern überraschen“, Clay ging los, doch Blake blieb stehen wo er war.

    „Was? Du hast sie noch nicht mal gefragt?!“.

    „Mach dir keine Sorgen, sie werden sich freuen, dich zu sehen“, Clay zwinkerte ihm zu.

 

Und wie sie das taten. Sie wussten ja, dass sie sich getrennt hatten. Clay musste es ihnen sagen, denn seine Mutter hatte ihn immer wieder ausgefragt, warum er so schlecht drauf war und warum Blake nicht mehr zu Besuch kam. Jetzt, da er wieder da war, zog sie ihn gleich in die Küche und zwang ihn, mehr oder weniger, mit ihnen zu essen. Seine Mutter hatte sehr viele Fragen an Blake, sodass sie gar nicht aus der Küche wegkamen. Clays Vater, versuchte immer wieder, seine Frau davon zu überzeugen, dass sie sicher nicht hier waren, um mit Clays Mutter zu reden, doch sie hörte nicht auf, Blake mit Fragen zu durchlöchern. So saßen sie gut eine Stunde in der Küche mit seinen Eltern. Clay hielt Blakes Hand unter dem Tisch, während dieser geduldig auf all die Fragen antwortete. Seine Mutter beteuerte immer wieder, dass Blake schon viel zu lange nicht da gewesen war.

Als sie jedoch erneut fragte, warum sie sich überhaupt getrennt hatten, unterbrach Clays Vater sie:

    „Jetzt hör auf. Siehst du nicht, dass die beiden schon müde sind? Und solange sie es nicht von selbst erzählen, geht es uns auch nichts an, warum sie sich gestritten haben“.

Clay war seinem Vater für diese Worte gerade so dankbar. Er liebte seine Mutter, aber sie konnte so nervenaufreibend sein.

    „Aber-“.

    „Lass sie doch einfach schlafen gehen“, schlug er vor.

    „Okay, du hast wohl recht. Entschuldigt Jungs. Ich freu mich nur so, dich wieder hier zu haben. Du tust meinem Jungen sehr gut“, sie lächelte Blake an.

 

    „Jake hat gestern hier übernachtet“, sie beide blickten auf die Matratze, welche neben seinem Bett auf dem Boden lag.

Sie hatten sich schnell Bettfertig gemacht und standen nun beide in Boxershorts und T-Shirt vor Clays Bett. Es war ein langer Tag gewesen und sie waren beide müde.

    „Du kannst im Bett oder auf der Matratze schlafen, wie du willst“, schlug er vor.

Blake schnappte sich das Kissen von der Matratze und legte es auf das Bett, neben Clays hin. Dann legte er sich selbst ins Bett und kroch unter die Decke.

    „Wir werden schon beide hier reinpassen. Wenn es eng wird, kann ich ja später immer noch auf die Matratze wechseln“.

Clay schüttelte lächelnd den Kopf und legte sich ebenfalls ins Bett. Kaum hatte er das gemacht, breitete Blake die Decke über ihn aus und kuschelte sich an ihn. Blake lag nun halb auf ihm, er hatte einen Arm und ein Bein um ihn und seinen Kopf auf seine Schulter gelegt. Clay machte das Licht neben seinem Bett aus und legte ebenfalls einen Arm um ihn. Wie er diese Nähe genoss, er war in diesem Augenblick so erleichtert und dankbar dafür, dass er seinen Blake wieder hatte.

    „Das war wirklich ein ereignisvoller Tag“, murrte Blake leise.

    „Mhm“, Clay strich langsam über seinen Rücken.

Er konnte Blakes Atem an seinem Hals spüren, irgendwie hatte es etwas Beruhigendes an sich, seinen Atem zu spüren.

    „Das wird wohl die erste Nacht, seit unserem Streit sein, in der ich wirklich schlafen kann“, dachte Clay laut nach.

    „Ist bei mir nicht anders, was glaubst du, woher ich diese Augenringe habe?“, entgegnete Blake leise.

Es war ein angenehmes Gefühl der Nähe, welches sie gerade hatten. Es war nicht aufregend, sondern einfach entspannend. Obwohl sie beide unglaublich müde waren, konnten sie es nicht lassen, noch etwas mit einander zu reden.

    „Augenringe? Welche Augenringe?“, fragte er grinsend nach, was Blake wegen der Dunkelheit nicht sehen konnte.

Mag sein, dass er Augenringe hatte, aber trotzdem sah er nicht weniger gut aus, wenn er ihm ein strahlendes Lächeln schenkte.

    „Danke, dass du nett genug bist, mich anzulügen“, Clay fühlte, wie Blakes Lippen über die Haut seines Halses strichen.

    „Würdest du für mich auch tun“.

    „Nein, würde ich nicht. Du schaust scheiße aus, man sieht, dass du eine Kappe Schlaf brauchst“.

Clay schlug ihm leicht auf den Rücken, den er vorhin noch gestreichelt hatte:

    „Und trotzdem liegst du gerade bei mir im Bett“.

    „Du bist ja nicht hässlich, du schaust ausgeschlafen nur viel besser aus“, versuchte Blake zu erklären, doch er konnte spüren, dass er ein Lachen unterdrücken musste.

Daraufhin herrschte lange Stille zwischen ihnen. Clay wäre fast eingeschlafen, als er erneut Blakes Stimme vernahm.

    „Clay?“, Blake hauchte seinen Namen, sodass er ihn fast nicht gehört hatte.

    „Ja?“.

    „Ich muss immer daran denken, daran, über was wir geredet haben, als ich dich rausgeworfen habe. Du hast da was gesagt. Diese drei Wörter. Weißt du, wovon ich rede?“.

Sofort war Clay wieder hellwach, ein Eimer kaltes Wasser über seinen Kopf hätte nicht effektiver sein können, als das. Natürlich wusste er, was er meinte. Er schluckte hart und nickte, bis ihm einfiel, dass Blake seine Bewegungen vielleicht spüren konnte, aber er wahrscheinlich auf eine mündliche Antwort wartete.

    „Ja, ich verstehe“.

    „Also… Hast du das ernst gemeint? Oder hast du das nur so gesagt? Ich will dir keinen Druck machen, nur… Ich würde es gerne wissen. Denn ich habe schon davor, viel über diese Worte nachgedacht. Aber… wenn du es nur so gesagt hast, verstehe ich das.“

Er konnte fühlen, wie Blake vor Aufregung zitterte, während er diese Worte sprach.

Clay versuchte tief ein und auszuatmen, trotzdem kam es ihm so vor, als ob er keine Luft mehr bekommen würde. Nach einer gefühlten Ewigkeit, die wahrscheinlich nur Sekunden lang war, streckte er sich, um die Lampe neben seinem Bett anzuschalten und setzte sich auf, damit er Blake anblicken konnte. Dieser setzte sich ebenfalls auf und rieb sich etwas die Augen, da er sich erneut an das Licht gewöhnen musste.

    „Ich habe auch viel über diese Wörter nachgedacht. Was sie wirklich bedeuten und… Ja, ich habe sie ernst gemeint, tue ich immer noch“, entschlossen blickte er Blake an.

Clays Herz begann augenblicklich wieder zu rasen. Wieso fragte Blake ihn das? Wollte er ihm das gleiche sagen? Oder hatte er einfach darüber nachgedacht?

    „Könntest du… das denn nochmal sagen?“

    „Willst du das denn?“, wenn Blake noch nicht bereit war, diese Worte zu erwidern, war es nicht schlimm. Sie hatten ja noch viel Zeit.

    „Ja“, Blake nickte lächelnd.

    „Ich liebe dich“, Clays Herzschlag beschleunigte sich noch um einiges mehr, als er dies endlich aussprach. Er befürchtete, dass sein Herz bald aus seinem Brustkorb springen würde.

    „Ich liebe dich auch“, Blake lehnte seine Stirn an Clays.

Mit diesem einen Satz schaffte Blake es, ihn wieder vollkommen zu beruhigen. Sein Herz nahm wieder den normalen Rhythmus an. Dafür breitete sich aber erneut ein unglaublich starkes Kribbeln in seinem Körper aus. Clay hätte versuchen können, sein Lächeln zu unterdrücken, doch er hätte es sowieso nicht geschafft.   

    „Nun, das gefällt mir eindeutig mehr, als deine erste Reaktion“, murmelte er.

Immerhin hatten sie da gestritten, Blake hatte ihn geohrfeigt und dann aus dem Zimmer geworfen.

    „Ich kann dich auch wieder schlagen“, entgegnete Blake.

    „Bloß nicht“, Clay legte seine Hand in seinen Nacken und zog ihn für einen Kuss noch näher zu sich.

 

    „Verstehen wir unter lieben denn auch dasselbe?“, fragte Blake etwas später, als sie wieder aneinander gekuschelt unter der Decke lagen.

    „Kommt drauf an, was du darunter verstehst“.

Blake vergrub sein Gesicht in Clays Halsgrube als er sprach:

    „Naja. Das ich Tag und Nacht an dich denken muss, immer bei dir sein will, mit dir einfach alles besser ist und ich einfach keine Fehler an dir finden kann, die ich nicht liebenswert finde oder einfach ertragen kann. Solche Sachen eben.“

Diese Worte schienen ihm etwas peinlich zu sein, seine Stimme war nämlich immer leiser geworden, bis er ihn kaum mehr verstehen konnte. Das tat er immer, wenn ihm etwas peinlich oder unangenehm war, er senkte seine Stimme bis zum Unverständlichen.

    „Ja, dann verstehen wir das gleiche darunter“.

    „Dann ist ja gut“, murrte er nun etwas lauter.

Clay grinste und strich ihm weiterhin über seinen Rücken. Blake konnte einfach so niedlich schüchtern sein, obwohl er gar keinen Grund dazu hatte, das bei Clay zu sein.

    „Wir sollten jetzt wirklich schlafen.“

    „Sollten wir. Gute Nacht.“

Zufrieden seufzte Clay auf, er hatte sich einfach noch nie wohler Gefühlt, als in diesem Moment. Egal wie müde er war, er war gerade einfach nur zufrieden. Und das war er schon seit Wochen nicht mehr gewesen.

 

Als Clay mitten in der Nacht wach wurde, brauchte er einige Sekunden, bevor er verstand, was los war. Sein Handy schlug Alarm, eine Pforte hatte sich irgendwo geöffnet. Als er, wie gewohnt, aus dem Bett springen würde, hinderte ihn etwas daran oder besser gesagt jemand. Erst da dämmerte ihn wieder, dass Blake ja bei ihm war und was dies bedeutete. Dieser hatte sich im Schlaf noch immer etwas an ihm gekuschelt. Clay versuchte vorsichtig, unter Blake hervorzukommen, doch da machte dieser schon murrende Geräusche und ließ von ihm ab.

Kaum hatte Blake ihn freigegeben, sprang er aus dem Bett und nahm sein Handy von seinem Schreibtisch, eine Pforte mitten im Wald. Er konnte sich selbst noch immer nicht erklären, warum sich so viele Pforten in Wäldern und im Park öffneten.  

    „Was ist los?“, Blake machte das Licht an, Clay musste einige Male blinzeln, bis sich seine Augen daran gewöhnt hatten.

Sein Freund hatte sich auf dem Bett aufgesetzt und blickte ihn an, während er sich etwas die Augen rieb.

    „Ich muss zu einem Einsatz. Entschuldige, dass ich dich geweckt habe.“

    „Ein Einsatz… Oh“, er schien eine Weile zu brauchen, bis er sich erinnern konnte, was das hieß.

    „Ja, schlaf ruhig weiter, ich komme bald wieder“, Clay zog sich per Knopfdruck seinen Schutzanzug an.

   „Pass auf dich auf“, Blake hatte sich seiner leisen Lautstärke angepasst und flüsterte nun ebenfalls.

Kurz schlich sich ein Lächeln auf Clays Gesicht, bis ihm einfiel, dass er los musste. Schnell kniete er sich mit einem Bein auf das Bett zu Blake und gab diesem einen kurzen Kuss:

    „Mach ich. Schlaf gut“.

 

Als er draußen ankam, nachdem er auf Zehenspitzen aus dem Haus geschlichen hatte, lief er sofort in Richtung des Parks los. Lina, Jake und Beka waren schon auf dem halben Weg dort, da sie in Bekas Haus geschlafen hatten. Alicia lief ebenfalls erst jetzt los, wie er. Dies wusste er, da Beka eine Konferenz über ihre Headsets gestartet hatte, in letzter Zeit benutzten sie diese öfter während der Einsätze.

Alicia und er trafen ziemlich zeitgleich in den Park ein. Sofort lief sie auf ihm zu und zusammen machten sie sich auf den Weg zu den anderen. Doch sie kamen schon zu spät.

Schon aus der Ferne konnte Clay seine drei Freunde sehen, wie sie vor der offenen Pforte standen, welches ein helles, weiß-blaues Licht ausstrahlte. Als Alicia und er allerdings näher kamen, sah er einen Mann aus der Pforte treten, welchem zwei Wölfe folgten. Diese stellten sich jeweils links und rechts neben ihm auf. Die Wölfe sahen aus, wie welche von der Erde, nur waren sie viel größer. Clay hätte ihnen gerade Mal bis zur Schulter gereicht, wenn er sich genau neben sie hingestellt hätte. 

 

Durch das Licht der Pforte konnte Clay den Mann ziemlich genau erkennen. Er war noch jung, er schätze ihn Mitte Zwanzig ein. Auf den ersten Blick erkannte er, dass es ein sogenannter Wilder war. Auf Erdian lebten mehrere Gruppen von Menschen. Adlige, Bauern und Wilde, jedenfalls wurden sie von den Adligen und Bauern so genannt. Dies war eine kleine Gruppe von Menschen, welche in mehreren Stämmen, in den Wäldern von Erdian, lebten. Wie genau sie entstanden waren, wusste Clay nicht, alles woran er sich erinnern konnte war, dass sie sehr naturverbunden waren und die Ränge der Adligen nicht anerkannten.

Nun, dass sie naturverbunden waren, merkte er schon am Aussehen dieses Mannes. Dieser war, aus welchem Grund auch immer, Oben ohne, so konnte er genau die Muskeln des Mannes erkennen. Er war schätzungsweise einen halben Kopf größer als Clay und hatte lange schwarze Haare, die ihm bis zur Schulter reichten. Sie waren nicht gerade lockig, aber auch nicht gerade. In einer seiner vorderen Haarsträhnen waren einige Perlen und eine weiß-schwarze Feder eingeflochten.  Als Kleidung trug er nur eine weitgeschnittene Hose, welche eine dunkelbraune Farbe hatte und ihm bis zu den Knien ging.

 

    „Seid ihr die Wächter dieser Stadt?“, erkundigte sich der Mann, während er sie einem nach den anderen musterte.

    „Ja, wie du sehen kannst. Was machst du hier? Uns wurde nicht gemeldet, dass heute jemand willkürlich anreist“, Jake reagierte als erster von ihnen auf diese Frage.

    „Nun, ich schicke erst einmal meine Begleiter zurück, dann können wir weiter reden“, schlug er vor.

Bevor jemand diesem Vorschlag zustimmen oder wiedersprechen konnte, drehte er sich um und redete auf die Wölfe ein. Clay verstand nicht, was er genau zu ihnen sagte, da er seine Stimme etwas senkte, doch es schien zu wirken. Die Wölfe drehten sich beide um und verschwanden durch die Pforte, welche sich wenige Sekunden später schloss.

Es dauerte einige Sekunden, bis Clays Augen sich an die erneute Dunkelheit gewöhnen konnten. Doch sie standen gerade bei einer Lichtung und durch das leichte Mondlicht konnte er ziemlich gut sehen.

    „Kannst du die Pforten etwa kontrollieren?“.

Clay blickte ihn abwartend an. Es war einfach ein viel zu großer Zufall, dass sich die Pforte genau dann schloss, nachdem die Wölfe wieder nach Erdian zurück gekehrt waren.

    „Ich nicht, aber unsere Ältesten“, erklärte der Mann so, als ob es selbstverständlich wäre, zu wissen, wer oder was die Ältesten waren.

    „Wieso weißt du über die Pforten und Wächter Bescheid?“, fragte Alicia nach.

    „Mein Stamm lebt im einem der größten Wäldern von Erdian. Wie euch sicher schon aufgefallen ist, öffnen sich viele Pforten im Wald. Unser Stamm wusste daher schon von Anbeginn, dass es Pforten gibt, welche in andere Welten führen.“

    „Aha… Und wie können eure… wie hast du gesagt, Ältesten?... Sie kontrollieren?“, Clay war mehr als neugierig geworden.

    „Das wissen nur die Ältesten selbst“.

    „Okay. Bevor wir uns weiter unterhalten, wie heißt du eigentlich?“.

    „Massah“, antwortete er geduldig.

    „Massah? Ich bin Beka, das sind Lina, Jake, Clay und Alicia“, Beka stellte sie jeweils vor.

    „Ist mir eine Ehre euch alle kennen zu lernen. Ich sollte mich euch wohl anvertrauen, ihr könnt mir vielleicht weiter helfen. Ich komme im Auftrag meines Stammes. Ich soll eine Person finden, die vor langer Zeit unseren Stamm verlassen hat. Das Mädchen hat den Stamm schon kurz nach ihrer Geburt verlassen müssen, auf Wunsch ihrer Mutter. Diese ist vor einigen Jahren gestorben, ihre Schwester würde nun gerne ihre Nichte, also dieses Mädchen kennen lernen. Unsere Seher konnten sie nicht genau finden sie-“.

    „Warte kurz, bis hierhin kann ich dir folgen. Aber was sind Seher?“, unterbrach Lina ihn.

    „Seher haben die Gabe, des Träumens. Sie Träumen von Sachen welche in der Zukunft oder in der Vergangenheit geschehen werden oder sind“.

    „Also so etwas wie Hellseher?“, Alicias Stimme klang skeptisch, aber wer konnte es ihr verübeln?

    „Ich schätze, so könnte man es nennen. Ich weiß, es glauben nicht gerade viele Menschen, welche außerhalb der Stämme leben daran, aber lasst mich bitte ausreden“.

    „Na schön, rede weiter“, Beka verschränkte ihre Arme unter ihrer Brust.

    „Danke. Jedenfalls konnten unsere Seher nicht viel herausfinden. Sie konnten mir bloß ihren Namen nennen und dass sie sich zurzeit in dieser Stadt befindet.“

    „Ihren Namen? Okay, wenn du ihn mir nennst, kann ich den Namen gleich durch meine Suchmaschinen jagen“, schlug Clay vor.

    „Wenn der Name denn überhaupt stimmt“, warf Lina ein.

    „Ich wäre für Hilfe sehr dankbar. Wenn der Name nicht existiert, verschwinde ich sofort wieder nach Hause“, Massah warf Clay einen dankbaren Blick zu.

    „Na schön, das klingt nach einem Deal“, stimmte Beka zu.

    „In Ordnung, ich kann das gleich hier erledigen“, Clay holte sein Handy hervor und startete das dafür geeignete Program.

    „Wie heißt sie denn?“, fragte er nach.

    „Melina Mekay“.

 

Clay ließ sein Handy wieder sinken und wechselte einige Blicke mit den anderen. Das war nicht möglich. Woher wusste dieser Massah Linas vollen Namen? Erzählte er bloße Lügengeschichten? Aber was sollte ein Wilder von Erdian von ihnen wollen? Oder besser gesagt von Lina. Clay blickten Massah nun mehr als misstrauisch an.

   „Das muss ein Missverständnis sein. Es gibt nur eine Melina Mekay in dieser Stadt und die kannst du unmöglich meinen“, Lina starrte den Mann mit leicht zusammen gekniffenen Augen an.

    „Nein. Die Seher gaben mir eindeutig diesen Namen. Sie heißt nun so. Nachdem sie unseren Stamm verlassen musste, wurde sie von Menschen erzogen, die ihr diesen Namen gaben“.

    „Dann haben sich deine Seher geirrt“, sie schüttelte den Kopf.

    „Warum bist du dir da so sicher? Kennst du sie?“, Massah blickte Lina fragend an.

    „Ja, sehr gut sogar. Ich bin Melina Mekay“.

    „Ich dachte du heißt Lina?“, nun schien Massah verwirrt.

    „Das ist bloß ein Spitzname“, erklärte Alicia netterweise.

    „Spitzname? Was ist das?“.

    „Eine Kurzform von einen Namen“.

    „Wieso braucht ihr eine Kurzform für ihren Namen?“.

    „Das ist oft so üblich auf der Erde“.

   

    „Wie auch immer, deine Seher haben sich geirrt, ich komme nicht von Erdian, also kann ich es nicht sein“, unterbrach Lina das Gespräch zwischen Alicia und Massah.

    „Das kann nicht sein, die Seher irren sich nie.“

    „Tja, das haben sie aber“, Linas Stimme wurde lauter, als sie das sagte, sie war bereits sichtlich genervt.

    „In Ordnung, ich sehe, dass dich dieses Gespräch beunruhigt. Machen wir einfach einen Test“, schlug er vor.

    „Was für einen Test?“, Meldete sich nun Jake zu Wort, welcher einen Schritt näher an Lina heranging.

    „Er geht schnell, keine Sorge“, sagte Massah und drehte sich um, „Kommt dir dieses Mal bekannt vor? Das tragen alle Alays“.

Massah hob seine Haare von seinem Rücken und strich sie nach vorne, sodass man einen freien Blick auf seinen Rücken hatte. Auf seinem rechten Schulterblatt waren die schwarzen Umrisse eines Wolfskopfes abgebildet. Es sah genau so aus, wie das Tattoo, welches Lina auf ihrem Oberarm hatte.

    „Warte… Ich habe das gleiche Muttermal“, schnell zog Lina ihren Schutzanzug aus und blickte auf ihrem Oberarm.

    „Muttermal? Ich dachte immer, das sei ein Tattoo“, Beka blickte überrascht auf Linas Mal.

    „Nein ich hatte schon immer, von-“.

    „Von Geburt an, haben alle Alays dieses Mal. Jeder hat es wo anders, an einer sichtbaren oder nicht sofort sichtbaren Stelle, aber besitzen tut es jeder“.

    „Also willst du mir damit sagen, dass ich eine Wilde sein soll?“, sie sprach mit einer leisen, sehr leisen Stimme.

    „Ich will sagen, dass du beim selben Stamm deine Wurzeln hast, wie ich. Du bist eine Alay“.

    „Das kann nicht sein“, wendete sie erneut ein.

    „Es spricht aber alles dafür. Du heißt Melina Mekay, wohnst in dieser Stadt und du hast das Mal. Genau wie die Seher gesagt haben“.

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Fortsetzung folgt...

Die nächsten Seiten kommen schon bald ^^
ich freue mich über jegliche Art von Kommentaren und Meinungen!

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 25.09.2013

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