Ich habe dieses Buch nach dem Lyrics von Fall Out Boy´s Lied "GINASFS" geschrieben. Diese Abkürzung steht für Gay Is Not A Synonym For Shitty
Jemand hat sie mal als "schwul" beschimpft, darauf hat der Bassist der Band gesagt: "Schwul ist kein Synonym für Scheiße oder schlecht. Also wenn du sagen willst, dass unsere Band scheiße ist, dann sag das auch so und sei kein homophobes Arschloch".
Nun ja, da ich die Band mag, den Song mag, und selbst auch homophobe Menschen verabscheue, wollt ich einfach mal eine Story zu dieser Lyrics schreiben.
Hier ist der Link zum Lyrics falls ihr ihn nicht kennt:
hier ist noch der Link falls ihr das Lied anhören wollt:
Ryan schlug die Augen auf, sein erster Blick fiel auf den Wecker, natürlich wachte er zu früh auf, er hatte schon seit Tagen Angst vor diesem Tag doch nun war er gekommen.
Sein Blick viel zu Finn, der neben ihm lag und Mutterseelenruhig schlief. Es war ihn nicht zu verübeln, immerhin hatte er eine lange Reise vor sich. Ja, Finn und er schliefen in einem Bett, in einem Ehebett um genau zu sein.
Viele hatten sie deshalb schon komisch gefunden, zwei Freunde die nicht nur in einer Wohnung lebten, sondern sogar das Bett miteinander teilten. Viele hatten das falsch verstanden und Gedacht Ryan und Finn wären ein Paar.
Doch das waren sie nicht, dieses Bett war nur ein erbärmlicher Versuch von Ryan gewesen Finn näher zu kommen. Finn hatte sich dabei nicht viel gedacht, hatte Ryan sofort geglaubt dass dieses Doppelbett herabgesetzt war und somit viel billiger als die anderen Betten war, noch dazu war es viel bequemer.
Finn hatte nicht lange darüber nachgedacht, es einfach auf die leichte Schulter genommen. Was war auch so schlimm daran, dass zwei gute Freunde in einem Bett schliefen? Das war doch vollkommen harmlos nicht?
Ryan atmete schnaubend aus, er wusste selbst noch immer nicht, was er damals damit bezwecken wollte, er wollte einfach in Finns Nähe sein, dachte sich, dass dies eine Möglichkeit dafür war.
Nicht selten war es vorgekommen, dass Ryan sich undbewusst im Schlaf an Finn gekuschelt hatte, dieser hatte dies jedoch zum Glück nie mitbekommen, da Ryan immer zuerst von ihnen beiden aufwachte.
Ryan war nun mal Frühaufsteher und Finn ein Langschläfer. Wie oft hatte Finn ihn dafür schon verflucht, wenn er ihn ausversehen in der Früh weckte, dies machte Ryan aber immer mit einem Frühstück wieder gut.
Umso erstaunlicher war es, dass Finn nie den Vorschlag gemacht hätte, sie sollten doch noch ein zweites Bett kaufen.
Während er seinen Gedanken nachhing, musterte Ryan den schlafenden Finn der neben ihm lag. Sein bester Freund lag auf dem Bauch, hatte seine Stirn auf seinen Arm gelegt und mit dem anderen Arm umarmte er die Bettdecke. Ganz leicht konnte Ryan ihn schnarchen hören, doch daran hatte er sich schon längst gewöhnt, wenn er dieses schnarchen nicht neben sich hatte, fiel es ihm sogar schwer einzuschlafen.
Finn hatte dunkelblondes Haar, welches meistens zu Berge stand und ihm teilweise in sein Gesicht fiel. Oft hatte Ryan den Drang verspürt durch dieses Haar zu streichen, hatte den Gedanken aber immer so schnell wieder verdrängt wie er gekommen war.
Finn war außerdem sehr muskulös, er hatte aber eher flache, sehnige Muskeln, dank der er nicht zu stark wirkte. Wer wollte schon ein Muskelpaket als Freund haben?
Nein, Finn war was dies betraf genau richtig. Seine Statur war zwar breitschultrig, aber nicht zu breit, er war also keiner dieser Typen die man mit Schränken vergleichen konnte.
Zudem hatte er weiche Gesichtszüge, die aber keines falls feminin wirkten, sondern einfach nur gut aussahen, sie passten irgendwie zu seinem Verhalten. Aber das schönste an ihm waren seine graugrünen Augen, welche Ryan immer wieder in seinen Bahn zogen.
Normalerweise dachte man nicht so etwas über seinen besten Freund oder?
Aber Ryan hatte den Glauben daran, dass sie beste Freunde waren schon lange aufgegeben.
Vor einem halben Jahr schon, hatte er endlich eingesehen, dass er viel mehr für Finn empfand. Er hatte sehr lange gebraucht um sich dies einzugestehen, früher hatte er solche Gedanken immer verdrängt und hat so gut wie möglich versucht nicht an sowas zu denken. Immerhin war dies sein bester Freund über den er so nachdachte!
Sie kannten sich schon ewig und trotz ihrer verschiedenen Interessen, sind sie sich nicht fremd geworden.
Ryan war der Künstlertyp, eine kreative Seele, er schrieb Bücher, war in Musik interessiert und zeichnete auch hin und wieder. Früher hatten ihn deswegen viele verspottet. Nur Finn hat ihm immer zu Seite gestanden und ihn dazu ermutigt weiterzuschreiben, da er immer schon daran geglaubt hat, dass Ryan damit berühmt werden würde.
Nun berühmt war er zwar nicht geworden, aber immerhin konnte er seinen Unterhalt damit verdienen. Er schrieb Bücher, verschickte viele davon an Verlage und falls es gerade nicht so gut lief, arbeitete er hin und wieder bei Zeitungen.
Finn hingegen war völlig anders. Er war schon immer der Sportlertyp gewesen. Schon als Jugendlicher hat er an vielen Sportevents teil genommen. Aber er hatte noch nie Teamsportarten gemocht, er trat immer nur alleine an. Sei es Schwimmen, Fahrradfahren, Laufen er war für alles zu begeistern. Aber seine größte Leidenschaft war das Motocross fahren.
Als er damit angefangen hatte, war Ryan immer tausend Tote gestorben. Als Jugendlicher hat Finn immer Stunts mit seinem Motorrad vollführt, jedes Mal war Ryan dabei gewesen und gebetet dass es gut gehen würde.
Oft hatte Finn sich nachts mit seinem Motorrad raus geschlichen um ihm Wald Rennen gegen andere zu fahren, Ryan hatte er jedes Mal mitgenommen auch wenn dieser es für keine gute Idee hielt.
Nicht einmal war Finn mehr als heftig gestürzt.
Ryan überkam noch immer eine Gänsehaut wenn er daran zurück dachte. Es war ein Rennen, Finn war gerade mal siebzehn gewesen, als er gestürzt war und sich das Bein gebrochen hatte, die anderen Jugendlichen waren einfach schnell verschwunden, als ob nichts gewesen wäre. Ryan jedoch hatte Finn geholfen und war mit ihm bis zum Krankenhaus gehumpelt.
Das Klingeln des Weckers riss Ryan aus seinen Erinnerungen, Finn murrte etwas Unverständliches und machte den Wecker aus. Er dachte jedoch nicht daran aufzustehen, sondern vergrub seinen Kopf unter seinem Kissen.
„Stell dich nicht so an. Steh auf“, meinte Ryan und stieg selbst aus dem Bett.
Finn murmelte etwas in sein Kissen, machte aber keine Anstalten aufzustehen.
„Was bist nur für ein Morgenmuffel, komm jetzt. Du darfst nicht zu spät zum Bus kommen“.
„Ich will ja nur zehn Minuten liegen bleiben“, protestierte dieser.
„Ich hol dir erst mal einen Kaffee, in Ordnung? Dann stehst du aber auf“.
Ohne die Antwort abzuwarten verschwand Ryan aus dem Schlafzimmer und schaltete die Kaffee Maschine an. So lief es jeden Morgen, er fragte sich was Finn bloß machen würde wenn er alleine leben würde. Er würde vor Nachmittag nie aus dem Bett kommen.
Finn hatte sich bereits aufgesetzt, als Ryan mit der Kaffee Tasse in der Hand wieder ins Zimmer kam. Das war durchaus ein großer Fortschritt für ihn.
Dankend nahm Finn die Tasse an, man sah ihm an dass er damit kämpfte die Augen offen zu halten.
Finn sah einfach verdammt niedlich aus mit seinem >gerade-aufgestanden-Look<. Die Haare standen wild in alle Richtungen, sein Shirt war vom schlafen vollkommen verrutscht und sonst hatte er auch nur eine Boxershorts an. Und dann fielen ihm auch noch immer wieder die Augen zu, als ob er jeder Zeit wieder einschlafen könnte. Am liebsten hätte Ryan ihn einfach in den Arm genommen. Finn war ein starker Mann, aber wenn er ihn morgens so aus seinen müden Augen anblickte, war er einfach nur zum knuddeln.
Ryan schüttelte seinen Kopf über seine Gedanken, wenn Finn auch nur den Hauch einer Ahnung davon hätte, was er jeden Morgen dachte, hätte diese ihn schon zu Tode verprügelt.
„Freust du dich denn schon?“, Ryan versuchte seine Gedanken zu verdrängen und lieber ein Gespräch mit Finn aufzubauen auch wenn sich dies in der Früh immer schwer erwies.
Allerdings war das eine dumme Frage von Ryan, immerhin redete Finn seit zwei Wochen nichts anderem als diesem Camp.
„Was für eine Frage! Drei Monate lang in der Wüste, mit Extremsportlern und bekannten Stuntmen. Jeden Tag fahren und von Profis weitergebildet werden? Gibt es überhaupt etwas Besseres?“, nun waren die Lebensgeister in Finn zurückgekehrt, er strahlte förmlich.
„Nochmal danke, das ist das Beste was mir je jemand geschenkt hat“.
Ryan hatte mit anderen Freunden zusammengelegt, damit sie Finn zu diesem Programm einzahlen konnten. Drei Monate, würde er mit Stuntmans und extrem Sportlern in der Wüste verbringen und so >>Weitergebildet<< werden. Es war nicht billig gewesen, aber Ryan hatte gewusst wie sehr Finn sich darüber freuen würde, also hatte er alles unternommen um ihn dies möglich zu machen.
Auch wenn Ryan jetzt schon Angst hatte einen Fehler begangen zu haben. Drei Monate lang würde er Finn sein, würde sich jeden Tag Sorgen darum machen, ob er sich denn verletzt hatte.
Doch Finn hatte sich das schon so lange gewünscht und Ryan hatte gedacht, etwas Abstand würde ihm Klarheit verschaffen. Vielleicht würde er so endlich aufhören, dauernd falsche Sachen über Finn zu denken und wenn er zurückkommen würde, wären sie einfach nur beste Freunde, so wie früher.
„Und du? Freust du dich schon?“.
„Worauf?“, fragte Ryan verwirrt.
„Naja, du bist mich jetzt für drei Monate los. Du hast die Wohnung ganz für dich allein. Ich will gar nicht wissen was du alles anstellen wirst, aber tu mir den Gefallen und lass sie ganz“.
>>Nichts werde ich anstellen, ich werde einfach nur dumm rumsitzen, mir Sorgen machen dass dir etwas passiert und mich selbst dafür verfluchen, warum ich so dumm war dich da hinzuschicken<<
„Oh… Sag nicht du wirst mich vermissen. Du hast schon recht, wird sicher sehr langweilig ohne mich sein. Am Ende wirst du dich in dein Schneckenhaus verkriechen und nur mehr vor deinen Büchern sitzen“.
Einen Moment lang überlegte Ryan ob er seine Gedanken etwa laut ausgesprochen hatte, aber wahrscheinlich hatte Finn einfach nur seinen Blick gedeutet. Immerhin kannten sie sich schon viel zu lange um nicht zu wissen was in dem anderen vorgeht.
Wenn man von der kleinen Sache mal absah, dass Finn noch nie bemerkt hatte, wie verliebt Ryan ihn immer ansah, wenn er dachte, dieser würde es nicht merken.
„Das wird schon gut tun, wenigstens bekomme ich meine Bücher dann endlich fertig geschrieben“, meinte Ryan kleinlaut.
„Vielleicht sollte ich doch dableiben, sonst löst du dich noch auf bis ich wieder da bin“.
„Ha ha“.
„Du weißt was ich meine, wenn du in deinem Schreibwahn bist, wer wird dich dann daran erinnern das du auch Essen und Schlafen musst?“.
„Ich werde mich bemühen. Und jetzt geh endlich duschen, sonst kannst du zu Fuß in die Colorado Wüste gehen“.
„Du weißt aber schon dass die in Amerika liegt?“.
„Dann musst du halt schwimmen lernen“.
„Wenn du nicht so nett gewesen wärst und mir das ganze ermöglicht hättest, würde ich dir jetzt in den Arsch treten – außerdem weist du ja, dass ich mehr als gut schwimmen kann“, endlich erhob Finn sich aus seinem Bett und verschwand im Bad.
Kopfschüttelnd ging Ryan in die Küche und fing mit dem Frühstückmachen an. An Selbstbewusstsein hatte Finn es nie gefehlt.
Die gewohnte Stille hatte sich über sie gelegt, wie immer beim Frühstück. Ryan las wie jeden Morgen seine Zeitung und Finn träumte wie jeden Morgen vor sich beim Frühstücken vor sich hin. Ryan hatte es längst aufgegeben mit Finn am Morgen zu reden, er war nun mal ein Morgenmuffel und mit ihm war in der Früh nicht viel anzufangen.
Immer wieder hob Ryan seinen Blick unauffällig von der Zeitung und blickte verstohlen zu Finn hinüber, der still seine Cornflakes aß und dabei die Verpackung des Orangensaftes anstarrte.
Es war eindeutig, er war mit seinen Gedanken sicher schon in der Colorado Wüste. Ob er wohl an Ryan denken würde? Würde er ihn vermissen?
Ryan riss sich zusammen und widmete sich wieder seiner Zeitung. Natürlich würde Finn nicht an ihn denken, für ihn würde es immerhin eine aufregende Zeit werden. Selbst wenn, was würde es Ryan bringen? Gar nichts. Denn selbst wenn er an ihn denken würde, er würde nur an seinen besten Freund Schrägstrich Mitbewohner denken.
Am liebsten hätte Ryan frustriert aufgelacht – hatte aber Angst dass Finn ihn fragen würde was denn los ist, obwohl der wahrscheinlich nichts mitbekommen hätte. Höchstwahrscheinlich hätte er ihm jetzt sein Herz ausschütten können ohne dass Finn es mitbekam. Sollte er es vielleicht ausprobieren?
Bevor Ryan weiter mit diesem Gedanken spielen konnte, stand Finn bereits auf um seine Schüssel in den Geschirrspüler zu stellen.
„Bist du endlich fertig?“.
Ohne zu Antworten legte Ryan die Zeitung beiseite und stand nun ebenfalls auf.
„Ich geh mir schnell noch die Zähne putzen, dann können wir los“, schon verschwand Finn im Bad.
Drei Monate. 91 Tage. 2.184 Stunden. 131.040 Minuten.
Wie sollte er das überstehen? Am liebsten würde er in das Bad stürzen, Finn in den Arm nehmen und ihn bitten zu bleiben. Wie dieser wohl reagieren würde? Erneut verfluchte Ryan sich, warum musste er sich unbedingt in seinen besten Freund verlieben?
Wie kam er dazu sich selbst so etwas anzutun?
Es war einfach nur schrecklich, Finn jeden Tag zu sehen, jeden Abend mit ihm zusammen im Wohnzimmer zu sitzen und mit ihm über seinen Tag reden.
Sich von ihm ermutigen zu lassen falls er mal wieder einer seiner berüchtigten Schreibblockaden hatte.
Jede Nacht mit ihm in einem Bett zu liegen und das nur weil er selbst gedacht hat, dass es das vielleicht leichter machen würde.
Aber es war die pure Qual, ihm so nahe zu sein und zu wissen, dass diese verwirrenden Gefühle unerwidert blieben.
Vielleicht tat ihnen dieser Abstand ja gut. Würden drei Monate ausreichen um Finn aus seinen Kopf zu verbannen? Selbst wenn, würde dann alles wieder von vorne Anfangen sobald er wieder da sein würde?
Und wie sollte er sich bloß von ihm verabschieden?
Ryans Magen zog sich zusammen.
Sollte er ihn umarmen? Sollte er ihm einfach alles Gute wünschen? Sollte er ihn bis zum Bus begleiten oder ihn einfach nur austeigen lassen? Wieso war das alles bloß so verdammt kompliziert?
Während Ryan den Motor startete, legte Finn seine zwei Reisetaschen noch in den Kofferraum. Unruhig klopfte Ryan mit seinen Fingern über das Lenkrad. Es war noch nicht zu spät, er könnte Finn bitten zu bleiben. Aber welchen Grund sollte er ihn nennen?
>>Ich halte es ohne dich nicht aus<< oder >>Ich liebe dich, bitte bleib<< klang doch einfach viel zu absurd.
Kurz kam eine Idee in Ryans Kopf auf, sollte er ihm vor der Abfahrt vielleicht sagen, dass er ihn liebte? Immerhin konnte Ryan ihm dann drei Monate aus dem Weg gehen und Finn würde dann genug Zeit haben um über alles nachzudenken.
Oder er würde ihn gleich sagen dass er ihn nie wieder sehen wollte, dann hätte Ryan immerhin genug Zeit sich eine neue Wohnung bis Finns Rückkehr zu suchen.
Laute Rock Klänge ertönten aus den Boxen des Autos, Finn war eingestiegen und hatte einer seiner alten >>No name Rock<< CDs eingelegt. So hatte Finn sie selbst genannt. Ryan hörte eindeutig mehr Musik als er, aber Finn hielt noch immer an seinen alten Bands fest. >>No name Rock<< hatte er die CDs getauft, die von Rockbands waren, die entweder vor sehr langer Zeit bekannt waren, oder die heutzutage einfach keiner oder auch nur wenige kannten.
Gerade hatte er “Crying“ von einer Band namens Sugacult eingelegt.
Es war Gewohnheit dass sie bei Autofahrten einfach laute Musik hörten und nur wenig redeten, selbst wenn der eine für eine lange Zeit verreiste.
Kurz stockte Ryan der Atem, als er auf den Text hörte.
>>What do you do when you´re alone? What do you do, when no one’s home? <<, hatte Finn dieses Lied etwa extra eingelegt?
Kurz blickte er zu diesem hinüber, dieser aber wippte einfach nur leicht den Kopf zur Musik und sah aus dem Fenster.
Letzen Endes war Ryan doch aus dem Auto gestiegen und hatte Finn geholfen seine Koffer im Bus zu verstauen. Mit dem Bus würde er zum Flughafen fahren, wo er dann letzt endlich nach Amerika fliegen würde.
Der Bus würde in fünf Minuten abfahren, die beiden standen unentschlossen vor dem Bus. Die letzten Reisenden waren aufgetaucht, letzte Koffer wurden noch schnell in den Kofferraum des Busses verladen, manche Abschiede wurden genommen, manche weinten, andere umarmten sich noch ein letztes Mal. Die meisten waren aber bereits eingestiegen. Ein Jammer das die Stadt keinen eigenen Flughafen hatte, so mussten die meisten sich schon hier verabschieden.
Unangenehme Stille hatte sich zwischen den beiden ausgebreitet, es war keine gewöhnliche Stille mehr. Es war nicht mehr still, war Finn zu müde zum Reden war, es war einfach nur leise weil keiner von beiden genau wusste was er sagen sollte.
Ryan überlegte sich, ob es wohl zu gewagt war ihn in den Arm zu nehmen.
Oder sollte er ihn vielleiht wirklich sagen was er empfand? Jetzt wo er die Chance hatte, es los zu werden und ihm drei Monate aus dem Weg zu gehen?
Nein, wenn er es ihm jemals sagen würde, würde er das nicht in Eile machen.
Von einer Sekunde zur nächsten fand er sich in Finns Armen wieder, dieser hatte ihn umarmt. Kurz schloss Ryan einfach die Augen und genoss die Nähe zu ihm, es fühlte sich gut an ihn zu berühren und von ihm berührt zu werden, sollte dies wirklich falsch sein?
„Pass auf dich auf Ryan“, murmelte Finn leise.
„Das müsste ich eigentlich zu dir sagen“.
„Mir wird schon nichts passieren, versprich mir dass wenn du wieder so in deinem Schreibwahn bist, du es nicht übertreibst und wirklich dass Essen und Schlafen nicht vernachlässigst“.
Ryan löste sich leicht aus der Umarmung um Finn zu mustern, dieser sah ihn mit seinen graugrünen Augen an.
„Du übertreibst“.
„Hey, weißt du nicht mehr was passiert ist als ich für drei Tage nicht da war?“.
Ryan kniff die Augen bei dieser Erinnerung zusammen.
Ja er wusste es noch. Finn war weg gewesen und Ryan hatte gerade an einer Tragödie geschrieben. Damals war er noch so verwirrt wegen seiner Gefühle gewesen, naja verwirrt war er noch immer, aber damals war es besonders schlimm gewesen. Er hatte seinen Frust einfach damit verdrängt indem er sich in das Schreiben gestürzt hatte…
Jedenfalls war Ryan ohnmächtig geworden, genau eine Stunde vor Finns Ankunft, er hatte ihn dann bewusstlos im Wohnzimmer vorgefunden und hatte sofort den Arzt gerufen.
Finn hatte dann die nächsten Tage damit verbracht Ryan eine Predigt nach der anderen zu halten und ihn Drohungen zu machen, was er mit ihm machen würde falls so etwas nochmal vorkommen würde.
„Ja, ich weiß es. Wird nicht vorkommen. Pass du lieber auf dass du dich nicht verletzt, sonst werde ich keinen mehr haben der mich nerven kann“.
Finn löste die Umarmung und sah Ryan grinsend an:
„Ja, ich hab dich auch lieb“, meinte er sarkastisch.
Bevor Ryan etwas erwidern konnte, fügte er noch hinzu:
„Also bis in drei Monaten“.
Schon war er in den Bus eingestiegen. Ryan wartete bis der Bus abfuhr, schaute dem Fahrzeug indem sein Freund saß noch lange hinterher, obwohl es nicht mehr in Sichtweite war.
91 Tage also, solange würde er nichts mehr von ihm hören.
Wieso durfte sie in diesem Programm auch keine Handys oder Laptops mitnehmen?
Vielleicht war es auch besser so…
Zwei Wochen später lag Ryan in dem Bett, auf Finns Seite, das Gesicht in sein Kissen vergraben. Er schlief in einem von Finns alten T-Shirts, aus der Anlange erklang eine von Finns CDs.
'I SLEEP WITH YOUR OLD SHIRTS AND WALK THROUGH THIS HOUSE IN YOUR SHOUES'
Er wusste, er führte sich auf wie ein liebeskranker Teenager, ihm war bewusst, wie lächerlich er sich verhielt, aber es sah ihn doch keiner. Keiner würde es je erfahren. Wieso also so tun als ob es ihm gut ginge? Er fühlte sich nämlich miserabel. Nie hätte er gedacht dass es so schlimm sein würde.
14 Tage von 91.
77 Tage lagen noch vor ihm.
Und ihm ging es jetzt schon verdammt schlecht, wie sollte er den Rest der Zeit überstehen wenn er sich jetzt schon so schlecht fühlte?
Er vermisste Finn.
Vermisste sein Lachen, vermisste sein Lächeln, vermisste ihn morgens dazu zu bringen aufzustehen, vermisste es mit ihm Abends vor dem Fernseher zu sitzen und ihn nach seinem Tag zu fragen.
Vermisste es wie Finn ihn immer dazu gedrängt hatte zu schreiben, wenn er eine Schreibblockade hatte, vermisste es wie immer wieder versuchte seine Rohfassungen von seinen Büchern zu lesen, die Ryan aber immer Kennwort geschützt hatte und dann immer verzweifelt versuchte seine Kennwörter zu erraten, was ihm aber nur selten gelang.
Ryan vermisste einfach alles an ihm.
Hinzu kam noch dass er sich selbst mit seinen Gedanken quälte, sich immer wieder fragte ob Finn wohl an ihn dachte, ob dieser ihn wohl auch vermisste. Noch schlechter fühlte er sich dann, wenn ihm bewusst wurde, dass dieser mit Sicherheit nicht so viel an ihn dachte und sich sicher nicht so quälen würde.
Das schlimmste war, dass er ihn noch nicht einmal anrufen konnte oder ihn schreiben könnte. Was wäre wenn Finn sich schwer verletzt hätte? Ryan könnte es noch nicht einmal erfahren!
Wieso hatte er bloß diese verdammt Idee gehabt ihn dort anzumelden?
Ryan lachte verzweifelt auf, er wollte über ihn hinwegkommen, hatte gedacht der Abstand würde gut tun. Doch so bemerkte er nur noch viel mehr, wie sehr er von Finn abhängig war.
Was hatte das Schicksal bloß gegen ihn? Hätte er sich nicht in einen anderen oder in eine andere verlieben können? Musste es unbedingt Finn sein?
Es lebten cia. 7.124.619.229 Menschen auf der Erde, jede Sekunde wurden es mehr, wieso also unbedingt Finn? Wieso nicht einer von den anderen 7.124.619.230? Was hatte er dem Schicksal bloß schlimmes getan?
Ja Ryan hatte das letzte Stück Würde welches er hatte verloren, er versank gerade in Selbstmitleid. Er hatte lange versucht es einfach hinzunehmen und das Beste daraus zu machen, aber jetzt gerade war es ihm einfach alles zu viel.
Er konnte es nun wirklich nicht mehr abstreiten, er liebte Finn, auch wenn dieser es wahrscheinlich nie erfahren würde. Ryan würde nie den Mut aufbringen es Finn zu sagen, er hatte viel zu große Angst vor seiner Reaktion. Ihre Freundschaft wäre für immer hinüber, obwohl es von Ryans Seite aus lange keine Freundschaft mehr war.
Was würde er dafür geben, wenn er wieder einfache Freundschaft für Finn empfinden könnte, aber um die Wahrheit zu sagen, war es schon immer mehr gewesen, auch wenn Ryan es zuerst nicht erkannt hatte.
Er wusste noch genau wie das alles mit den Zweifeln angefangen hatte.
Flüchtig strich Ryan sich über die Lippen und versuchte sich an den ersten und einzigen Kuss mit Finn zu erinnern.
***
Vor fünf Jahren, da war Ryan noch 21 gewesen, war Finn einmal für eine Woche verreist. Da hatten sie schon 2 Jahre zusammengewohnt und Finn musste wegen einer Motocross Veranstaltung für eine Woche aus der Stadt weg. Nach vier Tagen hatte Ryan es nicht mehr ausgehalten und war ihm unter dem falschen Vorwand, dass Finn sein Ladekabel für sein Handy vergessen hatte, nachgereist um es ihn zu geben.
Ryan war erst am Abend angekommen und Finn hatte ihn gebeten wenigstens bis zum nächsten Tag zu warten.
An dem Abend waren sie auf das Dach des Hotels gegangen, Ryan hatte sich zuerst geweigert da dies eigentlich nicht erlaubt war, doch Finn hatte ihn überredet. Dazu hatte er auch noch eine Flasche Whisky mit auf das Dach genommen.
Sie hatten die Aussicht genossen und haben natürlich von dem Whisky getrunken.
Ryan konnte sich noch genau erinnern, sie hatten auf der Dachkannte gesessen und den wunderbaren Blick auf die Stadt betrachtet, die man als tausende kleine Lichter wahrnahm. Es war eine warme Sommernacht gewesen.
Eine Weile lang hatten sie sich unterhalten, zuerst nur über die Motocross Veranstaltung, waren aber erstaunlicher Weise von Motocross auf Gott und die Welt gekommen.
Dann waren ihre Gespräche aber verstummt und sie saßen einfach da und betrachteten die sich ihnen bietende Aussicht.
Plötzlich hatte sich Finns Hand auf seine gelegt, Ryan hatte nichts gesagt, hatte es einfach geduldet. Finns Hand fuhr seinen Arm hinauf, fuhr über seine Schulter zu seinem Nacken und brachte Ryan dazu ihm in die Augen zu sehen.
Ryan hatte nichts gesagt, hatte ihn einfach nur fragend angesehen.
Finn beugte sich ganz nah an ihn heran, Ryan konnte seinen warmen Atem auf seinem Gesicht spüren.
„Weißt du… Da gibt es etwas was ich schon lange ausprobieren wollte“, sagte Finn mit leiser Stimme.
Ryan blickte ihn mit großen Augen an, dachte Finn an das, was er vermutete?
Wollte dieser ihn jetzt wirklich küssen? Was sollte er machen?
Aber an probieren war doch nichts auszusetzen oder? Immerhin waren sie Freunde, besser mit ihm als mit einem Fremden oder?
„Man sollte in seinem Leben doch vieles ausprobieren nicht?“.
Ryan nickte langsam, wobei er nicht wusste ob er darauf nickte, oder auf seine versteckte Bitte.
„Und dass muss ja auch keiner erfahren, ich würde einfach nur gerne wissen wie es ich anfühlt“, sprach er weiter.
Wollte er wissen wie es sich anfühlte Ryan zu küssen, oder meinte er Männer allgemein?
Langsam, fast schon zögernd legten sich Finns Lippen auf seine. Nach kurzem Zögern verstärkte Ryan den Druck seiner Lippen, erwiderte den zaghaften Kuss. Als hätte Finn nur auf die Bestätigung gewartet, wurde er nun fordernder und intensiver.
Ryan schloss überrascht seine Augen und versuchte sich mehr auf das Gefühl zu konzentrieren welches sich langsam in ihm ausbreitete. Es fühlte sich überraschen gut an. Mit Shelly seiner ersten Freundin, welche vor fünf Monaten mit ihm Schluss gemacht hatte, hatte es sich immer anders angefühlt.
War es wegen dem Alkohol, oder war es mit Finn einfach viel… atemberaubender? Er war mit Shelly drei Jahre zusammen gewesen, wie kam es dass er sich bei ihr nie so wohl gefühlt hatte?
Zögernd fuhr Ryan mit seinen Händen über Finns Arme, die sich um ihn geschlungen hatten, er war nicht sicher wie weit er gehen durfte. Langsam fuhr er über Finns starken Rücken und schlang seine Arme dann um seinen Nacken.
Er wusste nicht wie lange es anhielt, vielleicht waren es Stunden, vielleicht auch nur Minuten welche sie so verbrachten.
Aber Ryan wusste noch wie Finn sich lachend von ihm gelöst hatte mit der Begründung dass er atmen müsse.
Ryan hatte es nicht gewagt zu fragen ob sie es vielleicht noch mal >>ausprobieren<< konnten, er war einfach nur still dagesessen und hatte versucht zu verstehen was gerade geschehen war.
Gerne hätte er weiter gemacht, hätte mehr probiert oder Finn einfach weitergeküsst. Aber wollte er das Finns wegen oder weil er einfach neugierig war?
Schweigend waren sie danach in Finns Zimmer gegangen und hatten sich schlafen gelegt. Finn war sofort eingeschlafen doch Ryan lag lange neben ihm wach und hatte sich Gedanken gemacht. Im Schlaf hatte sich Finn dann auch noch an ihn gekuschelt, da er diesen nicht wecken wollte hatte er da einfach so hingenommen.
Empfand er vielleicht mehr für seinen Freund als er zugeben wollte?
Dass er bisexuell war, wusste er schon länger…
Aber Finn war doch hetero, er wollte es nur aus Neugierde probieren… Hatte er es auch schön gefunden? Er konnte ihn doch unmöglich fragen…
Tausende von Gedanken schwirrten ihn durch seinen Kopf.
Am nächsten Morgen wurde er wie immer vor Finn wach. Er ging ohne ihn frühstücken und machte sich ohne sich zu verabschieden auf den Weg nachhause. Nach der gestrigen Nacht wollte er erst mal jedem Gespräch darüber aus dem Weg gehen, was ihm sehr gut gelang denn sie redeten nie wieder darüber. Es war als ob es nie passiert wäre doch, doch Ryan wusste dass es kein Traum war.
'THAT NIGHT ON THE ROOF OF YOUR HOTEL'
***
Ryan schlug die Augen auf nachdem er erneut von dieser Nacht auf diesem Hoteldach geträumt hatte. Immer wieder träumte er von dieser Nacht, immer wieder erinnerte er sich an sie, es war der Anfang von allem gewesen. Er war schon oft davor gewesen Finn zu fragen, ob er sich denn auch an diese Nacht erinnerte.
Tausende Male war er wach gelegen, hatte Finn neben sich betrachtet und sich gefragt, ob er denn auch über diese Nacht träumte, ob Ryan wohl überhaupt in seinen Träumen vorkam und ob er Finn denn wecken würde wenn er ihm einen einzigen Kuss geben würde. Nacht für Nacht war er neben ihm wach gelegen und hatte sich immer wieder dieselben Fragen gestellt. Die ganze Zeit über hatte er mit seinen Gedanken gespielt, nur einen Kuss, wenn er sich einen einzigen Kuss von diesen Lippen stehlen würde, würde Finn dann aufwachen? Würde er in erwidern oder Ryan von sich stoßen?
'LIPS PRESSED THIS CLOSE TO MINE, TRUE BLUE'
Es war eine verdammte Höllenqual gewesen neben Finn zu legen und diesen nicht zu berühren, hin und wieder hatte Ryan sich nicht mehr ganz im Griff und hatte Finn wenigstens in seine Arme genommen, aber jetzt war er nicht mehr da. Nicht einmal im Schaf konnte er sich unbemerkt an ihn kuscheln. Ja, er war sich jedes Mal wenn er dies tat lächerlich vorgekommen, aber es war ihm egal gewesen. Einfach kurz diese Wärme und Nähe spüren, damit er den Tag überstehen konnte…
Doch jetzt war Finn fort und mit ihm war auch die Inspiration gegangen, seit geschlagenen 14 Tagen hatte er keinen einzigen Absatz geschrieben, jedenfalls keinen brauchbaren. Er konnte sich einfach nicht konzentrieren, machte sich die ganze Zeit um seinen verreisten Freund Gedanken. Aber es war nicht nur beim Schreiben so, egal was er tat, seine Gedanken waren nie bei der Sache, sondern in der Colorado Wüste, bei einem ganz bestimmten Mann.
Nicht einmal anrufen oder schreiben konnte er ihm, es ist als würde er für drei Monate nicht existieren. Was war bloß aus Ryans Optimismus geworden? Er wollte diese Zeit doch dazu nutzen, Finn zu vergessen, aber so ging das nun wirklich nicht voran. Aber Ryan war doch nie Optimist gewesen, >>Pessimist ist ein erfahrener Optimist<< dieser Spruch war durchaus wahr befand Ryan.
Tausende Male hatte Finn sich schon darüber aufgeregt, warum Ryan immer so pessimistisch sein musste. Und schon wieder war er bei Finn angekommen. Wieso mussten seine Gedanken, egal worum sie sich drehten IMMER bei Finn enden? Egal an was er dachte, irgendetwas erinnerte ihn doch immer an Finn. An etwas was Finn getan oder gesagt hatte, bei jedem Gedanken. Kam dies daher, da sie beste Freunde waren, daher dass er in ihn verliebt war oder einfach nur weil er ihn verdammt sehr vermisste?
Frustriert seufzte Ryan auf, das war doch langsam wirklich nicht mehr auszuhalten! Sollte er jetzt Finn nachreisen? Würden diese verdammten Gedanken dann endlich aus seinem Kopf verschwinden?Wie würde Finn reagieren wenn er auf einmal vor ihm im Camp auftauchen würde? Wäre er genau so froh ihn wieder zu sehen, wie Ryan? Ach verdammt, er würde einfach nur verwundert sein, sich sogar darüber lustig machen wie sehr Ryan Finn vermisste.
Eine weitere Woche zog an Ryan vorbei, mit seinen größten Bemühungen schaffte er es sich etwas seiner Arbeit zu widmen. Auch wenn es nicht seine beste Arbeit war, aber immerhin etwas konnte seinem Lektor vorlegen. Gegen Ende seiner Novelle war ihm aufgefallen, dass seine Hauptperson im Buch Finn verdammt ähnlich war. Es war nicht das erste Mal, dass so etwas vorkam. War es Finn, welcher jedes seiner Bücher laß, denn noch gar nicht aufgefallen? Ryan fiel es immer nur am Ende seiner Bücher auf, selbst wenn er bewusst versuchte sich nicht von seinem Freund inspirieren zu lassen, entweder das verhalten oder das Aussehen des Hauptdarstellers war immer die von Finn.
Momentan lag Ryan gerade im Wohnzimmer auf der Couch, er trug noch immer eines von Finns T-Shirts, dazu noch seine Hausschuhe und natürlich sah er einen von Finns Lieblingsfilmen an. Was sollte er denn machen? So fühlte er sich Finn wenigsten etwas nahe und egal wie erbärmlich er auch war, er war alleine und sich selbst brauchte er nun wirklich nicht zu belügen, er vermisste Finn. Es war nun mal so.
Sein Blick fiel vom Fernseher auf die hellblaue Wohnzimmerwand, auf der mit weißer Farbe die Silhouette von Finn nachgezeichnet war. Mit einem Grinsen im Gesicht erinnerte er sich daran, wie es dazu gekommen war. Als sie frisch in die Wohnung eingezogen waren, hatte Finn sich über eine von Ryans Zeichnungen lustig gemacht. Ryan zeichnete nur selten, jedoch fand er dass er gar nicht so schlecht zeichnete. Irgendwie waren sie dann soweit gekommen, dass Finn mit ihm wettete dass er nicht mal ihn zeichnen konnte.
So hatte Finn sich in mehrere Posen geworfen, dessen Umrisse er dann mit weiser Farbe und einem Pinsel auf die Wand gezeichnet hatte. Man konnte an den Silhouetten, dank der Statur und Form genau erkennen, dass es die Umrisse von Finn waren, jedenfalls wenn man ihn kannte. Natürlich sah es etwas seltsam aus, die eigenen Umrisse auf der Wohnzimmerwand gezeichnet zu haben, Ryan hatte Finn öfter gesagt er solle sie endlich überstreichen, Finn hatte dies so oft aufgeschoben, er war nun mal der typische Aufschieber, bis sie beide es vergessen hatten und die Wand einfach geblieben war.
Ohne dass er es bemerkt hatte war Ryan aufgestanden, zur Wand gegangen und hatte sich ganz dich vor Finns Silhouette gestellt. So war dies eines von den wenigen Dingen die sich von Finn noch in der Wohnung befanden. Langsam hob er die Hand und stich über die Linien der Silhouetten, kurz schloss er die Augen und hatte das Bild von Finn in seinem Kopf, er lehnte seine Stirn gegen die kalte Wand. Was würde bloß geschehen wenn Finn ihn so sehen würde? Langsam fiel er die Wand hinab und landete auf seinen Knien, er hielt es einfach nicht mehr aus, er musste ihn doch einfach sehen. Seinen spöttischen Blick wenn Ryan etwas falsch machte, sein aufmunterndes Lächeln wenn Ryan sich um etwas Sorgen machte und Finn ihn einfach nur mit seiner Anwesenheit und seinem Lächeln beruhigte, wie er sich immer durch seine Haare fuhr wenn er frustriert war, wie er immer seine Fingerknöchel unbewusst knacksen lies. Zugegeben, Ryan hasste es, wenn er es machte, aber selbst das vermisste er an ihn. Er vermisste einfach alles.
'AND I TRACED YOUR SHADOWS ON THE WALL, NOW I KISS THEM WHENEVER I´M DOWN'
70 Tage hatte er noch vor sich. 1.680 Stunden noch, bis Finn wieder da war und Ryan sich wenigsten wieder an seiner Nähe erfreuen konnte. Auch wenn das alles war was er von ihm bekam, es war noch immer besser als gar nichts, auch wenn er sich so viel mehr von Finn wünschte.
Tag 23 war angebrochen, es war später Vormittag, Ryan lag noch in seinem Bett und starrte an die Decke. 23 Tage ohne Fin und schon kam er nicht einmal mehr aus dem Bett? Sonst war Ryan doch immer schon Frühaufsteher gewesen! Was war nur geschehen? Nun ja, eigentlich ergab es keinen Sinn das Bett zu verlassen, Finn war nicht hier, schreiben konnte er nicht und er hatte nicht wirklich viele Freunde. Ryan war schon immer der Einzelgänger gewesen, während Finn immer so viele Freunde hatte. Immer hatte Finn ihn zu jede Party und jedes Treffen mit seinen Freunden mitgenommen, obwohl Finns Freunde Ryan nicht wirklich zu mögen schienen. Ryan hatte nie genau verstanden warum Finn immer darauf bestanden hatte, mit ihm mitzukommen. Irgendwann hatte Ryan ihn dann zur Rede gestellt…
***
„Ich würde sagen, zieh das hier an“, Finn drückte ihm eine ausgewaschenen Jeans und ein schwarzes Hemd in die Hand.
Finn war zu einer Grillparty eingeladen worden und natürlich wollte er Ryan wie immer mitnehmen, dabei galt die Einladung eindeutig nur für Finn.
„Muss ich denn da hin?“, fragte Ryan bestimmt das zehnte Mal an diesem Tag.
„Ja du musst“, erwiderte Finn und machte ihn mit einer Handbewegung klar, dass er sich endlich umziehen sollte.
Murrend machte Ryan sich daran, seine Kleidung zu wechseln, am liebsten hätte er jetzt einfach seine Jogginghose und sein T-Shirt angelassen, hätte Finn alleine gehen lassen und hätte sich einen gemütlichen Abend vor dem Fernseher gemacht, er hätte vielleicht sogar ein seinem Buch weiter schreiben können.
„Aber wieso? Deine Freunde mögen mich alle nicht und ich mag sie auch nicht besonders gerne“.
„Wer sagt denn, dass sie dich nicht mögen?“
„Sie müssen es nicht sagen, sie lassen es mich spüren! Komm schon Finn, sie reden mich nie an, sie ignorieren mich, dann werfen sie mir auch noch immer solche genervten Blicke zu, sobald wir auftauchen. Als würden sie förmlich sagen >Der schon wieder, warum muss Finn ihn bloß immer mitschleifen? Den will doch keiner hier haben!<“.
„Das stimmt doch gar nicht“, Finn schüttelte den Kopf.
„Und ob es stimmt! Außerdem war die Einladung ausgenommen nur an dich gerichtet“.
„Ryan…“, Finn seufzte und setzte sich auf die Bettkante, „Du bist mein bester Freund und du bist mein einziger wahrer Freund. Ich kann mich darauf verlassen, egal was mir zustößt, du wirst mir sicher immer zu Seite stehen, ich weiß das, weil ich dich besser kenne als jeder anderer. Ebenso weiß ich dass sie keine wahren Freunde sind, klar sie mögen mich, laden mich immer wieder zu ihnen ein, feiern immer wieder mit mir, aber sobald ich ein Problem bekommen würde, wären sie alle weg. Du bist nun mal einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben und das heißt wenn sie mich einladen, laden sie dich auch ein, denn uns gibt es nun einmal nur im Doppelpack. Wenn sie das nach so langer Zeit noch immer nicht verstanden haben, ist das ihre Schuld! Außerdem macht es mir viel mehr Spaß wenn du auch da bist“.
Ryan starrte ihn fassungslos an, nach >Du bist nun mal einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben < hatte er alles nur mehr schleierhaft mitbekommen. Jetzt fehlte nur noch, dass Finn ihn in die Arme nahm und seine Lippen auf seine legte. Dann wäre dieser Moment perfekt und Ryan könnte glücklich sterben. Und dann war da noch der Blick den er ihn gerade zuwarf, darin lag so viel Zärtlichkeit, Ryan konnte es kaum glauben, doch dieser Blick galt nur ihm.
Gerade wollte er ansetzte um etwas zu erwidern, doch da stand Finn auf:
„Also zieh dich um und scheiß einfach auf die Blicke der anderen“, damit verschwand er aus dem Zimmer. Chance vertan, Ryan konnte nicht anders als da zu stehen und ihm eine Zeit lang nachzuschauen.
***
Den Rest des Tages verbrachte er damit, weiteren Erinnerungen nachzuhängen.
Als Tag 30 anbrach lag er nicht im Bett, sondern auf dem Bettvorleger neben dem Bett. Suchend streckte er seinen Arm unter das Bett und zog einen Schuhkarton hervor. Mit diesem ging er in das Wohnzimmer und holte sich erst mal eine Tasse Kaffee aus der Küche.
Dann setzte er sich auf die Couch, tank seinen Kaffee und öffnete den Schuhkarton. Im Schuhkarton befanden sich hunderte von Fotos und Zeitungsartikeln, natürlich waren auf allen Finn zu sehen. Es waren Fotos, die Finn wegschmeißen wollte, weil er dachte, er würde darauf nicht gut ausschauen, aber Ryan war es zu schade sie wegzuwerfen und hatte sie so in diesem Schuhkarton versteckt. Daneben Waren unzählige ausgeschnittene Zeitungsartikel in denen Finn auch nur namentlich, aber manchmal auch mit einem Bild vorkam. Durch seine Siege bei Amateur Motocross Wettbewerben, ja ohne Finn hätte Ryan nie gewusst das es so etwas überhaupt gibt. Bei jedem seiner Wettbewerbe oder Wettkämpfen war er da gewesen. So wie Finn bei jedem seiner Signierstunden war. Natürlich war letzteres nie besonders aufregend gewesen doch Finn hatte sich nie beklagt, war immer gerne mitgekommen.
Bei einem ganz bestimmten Artikel bleibt Ryan hängen. Finn hatte bei diesem Wettlauf einen kleinen Unfall mit dem Motorrad gehabt und war so nur als achter durch die Ziellinie gekommen. Seine anderen Freunde hatten versucht Ryan aufzumuntern, doch dass hatte ihn nur noch wütender gemacht. Nur Ryan hatte gewusst was er jetzt wirklich brauchte. Einen gemütlichen Fernseherabend, mit seinem Lieblingsfilm, mit einer Pizza mit extra viel Käse und einfaches Schweigen. Finn würde über seine Niederlage reden, wann er es wollte. In dieser Nacht waren sie lange aufgeblieben, weil Finn am späten Abend dann doch angefangen hatte sich seine Sorgen von seiner Seele zu reden. Letzten Endes waren sie auf der Couch eingeschlafen.
Jede einzelne Stunde hatte Ryan nun mitgezählt. Es war Tag 35. Das hieß er hatte noch 56 Tage ohne Finn. Das waren genau 1344 Stunden. Nie hätte Ryan mal gedacht, dass er wirklich Tage damit verbringen würde, Stunden zu zählen. Eigentlich war er in Kopfrechnen nie gut gewesen, umso mehr verwundert war er darüber, dass er jetzt jede Stunde so genau zählen konnte. Ihm war nun mal langweilig, er hatte Sehnsucht und nichts Besseres zu tun. Gestern hatte er eine Postkarte von Finn bekommen. Viel war da nicht oben gestanden.
Tut mir leid, dass ich dir erst jetzt schreiben kann.Ich hoffe das Haus steht noch und du hast dich nicht aufgelöst. Und mach dir bitte keine Sorgen, ich habe mich bis jetzt nicht ernsthaft verletzt, bloß eine kleine Wunde an meinem Bein, aber ich hab schon schlimmeres überstanden, das weißt du ja.
Ich muss nochmal Danke sagen, dass du mir das hier ermöglicht hast.
Wir sehen uns dann bald, -Finn
Mehr stand da nicht, immer wieder und wieder hatte er die Karte gelesen, gehofft das dort vielleicht noch mehr stehen würde. Kein einziges Wort. Kein einziges Wort hatte Finn darüber verloren, ob er Ryan denn vermissen würde. Fehlte er ihm so gar nicht? Hatte er zu viel um die Ohren? Hatte er jemanden kennen gelernt? Oder traute er sich einfach nicht, nicht seine Gefühle offen zu legen? Schnell verwarf Ryan den Gedanken wieder, er sollte sich nicht so viele Gedanken machen. Finn ging es gut und er vermisste ihn offensichtlich nicht.
Ob diese Verletzung ans seinem Bein wirklich nur halb so schlimm war? Finn hatte oft die Neigung dazu, Verletzungen runter zu spielen. Nicht nur Verletzungen, nicht einmal zum Arzt bringen konnte man ihn. Ryan hatte ihn oft genug verpflegen müssen wenn er krank war, auch wenn Finn nie zugeben wollte, dass er wirklich krank war. Eher hätte er das ganze Haus geputzt als einmal Schwäche zu zeigen – und Finn war ein Chaot.
***
Ryan war gerade von seinem Verlag zurückgekommen. Sein Lektor hatte gerade sein neuestes Buch mit ihm durch besprochen. Es war oft sehr anstrengend mit seinem Lektor, oft war dieser mit manchen Stellen in seinen Büchern nicht zufrieden und wollte sie verändern, Ryan hingegen verharrte immer auf seinen Eingebungen und ließ sich nur schwer überreden Änderungen vorzunehmen. Oft saßen sie stundenland da und diskutierten Wort für Wort, Absatz für Absatz, diese gewissen Stellen durch. Aber Ryan wollte sich nicht beklagen, sein Lektor Patrick war immer noch der beste, hatte ihn oft zum Erfolg verholfen und oft schon ein Auge zugedrückt, falls Ryan sich nicht an einen Abgabetermin halten konnte.
Jedenfalls war Ryan nach einer sehr langen und anstrengenden Diskussion mit Patrick endlich in sein ersehntes zu Hause angekommen. Freudig sperrte er die Eingangstür zu ihrem kleinen Haus auf. Auf dem Gang waren wie immer Schuhe verstreut, größtenteils die von Finn, seine eigenen Schuhe hatte er schön ordentlich neben der Mauer aufgereiht. Finn war nun mal nicht der ordentlichste, aber das störte Ryan schon lange nicht mehr. Ruhig nahm er seinen Mantel ab und hängte ihn ordentlich an den Kleiderharken neben der Eingangstür.
„Ich bin wieder da!“, schrie er etwas lauter, da er keine Ahnung hatte wo Finn sich befand.
„Hi“, kam es langgezogen aus der Küche wieder, irrte er sich oder wirkte Finns stimmte etwas kratzig?
Als Ryan im Türrahmen der Küche stehen blieb, sah er wie Finn sich gerade heißes Tee-Wasser eingoss, schwarzer Tee ohne Zucker oder Milch, so mochte Finn es am liebsten. Als dieser sich zu ihm umdrehte bemerkte er, dass er noch immer seine Schlafklamotten trug. Okay, Finn war Langschläfer und hatte heute frei, aber am späten Nachmittag lief er sonst nie mit seinen Schlafsachen herum.
„Bist du gerade aus dem Bett gekommen?“, fragte Ryan belustigt.
„Nein, ich schraube in der Garage an der einen Kawasaki, aus unserem Laden, herum“.
Ryan hatte sich vorhin nicht geirrt, Finn hatte wirklich eine rauchige Stimme. Jetzt bemerkte er auch die Öl Flecken an Finns T-Shirt. Er arbeitete in der Garage in T-Shirt und Boxershorts? Ging es ihm nicht gut oder wollte er ihn provozieren?
„Wieso machen sie das nicht in der Werkstatt des Ladens?“, fragte Ryan verwundert.
„Ich wollte schauen ob ich es alleine schaffe, sie wieder zum Laufen zu bringen“, es klang fast so, als ob Finn wirklich Halsschmerzen hatte.
Dieser wollte gerade wieder aus der Küche gehen, doch als Finn an ihm verbeiging, merkte er wie unsicher dieser schwankte, jetzt aus der Nähe konnte er auch seine Augen sehen, die glasig waren. Gerade als Ryan etwas sagen wollte, ließ Finn die Tasse aus seiner Hand fallen, welche auf dem Boden in Scherben zersprang, der Tee verteilte sich auf dem halben Küchenboden.
„Scheiße!“, fluchte Finn auf und wollte etwas zum Aufwischen hohlen, kam aber wieder gefährlich ins schwanken.
Ryan hielt ihm am Arm fest und zog ihn zu sich, sanft legte er seine Hand auf Finns Stirn, wusste er es doch, irgendwas stimmte nicht.
„Du glühst ja! Was machst du noch hier? Du solltest längst im Bett liegen!“.
Ryan hatte gewusst, dass Finn verschnupft gewesen war, aber Fieber hatte er bislang noch keines gehabt. Ging es ihm in der Früh etwa auch schon so schlecht und er hatte es nicht bemerkt? Finn wäre es durchaus zuzutrauen, dass er sein Fieber einfach ignorierte. Verdammt wieso war es ihm nicht schon früher aufgefallen?! Was wenn etwas mit ihm passiert wäre?
„Du legst dich jetzt sofort ins Bett und ich sehe was wir noch an Medizin da haben“.
„Ich brauch keine Medizin und auch kein Bett. Lass es einfach, das ist nichts“, Finn zog Ryans Hand von seiner Stirn.
„Du hast Fieber Finn, keine Widerrede. Du gehst ins Bett oder ich schleif dich da hin!“.
„Du weist ich bin stärker als du? Außerdem muss ich die Sauerei noch aufwischen“, unglaublich. Selbst wenn er krank war konnte er noch mit seiner Stärke angeben? Und seit wann wischte er denn bitte freiwillig auf?
Finn verschwand im Flur und steuerte das Badezimmer an, wollte etwas zum Aufwischen hohlen, doch als er wieder kam, hielt Ryan einfach seinen Arm fest und zog ihn Richtung Schlafzimmer.
„Was wird das denn?“, fragte Finn verblüfft.
„Na was wohl? Du gehörst ins Bett!“, vorsichtig stieß Ryan ihn Richtung Bett und ging dann gleich zum Schrank um Finn saubere Sachen zu holen.
„Hier, zieh dich um und deck dich zu. Ich hol dir einen Tee“.
„Aber ich muss das doch aufwischen“, wollte Finn widersprechen.
„Du wischt jetzt gar nichts auf, das mach ich. Wenn du wieder gesund bist, komme ich aber gerne wieder darauf zurück“.
„Ich bin gesund!“.
Mit zusammengezogenen Augen sah Ryan ihn an wütend an:
„Entweder du ziehst dich um und legst dich endlich hin oder ich tue es für dich“, seine Stimme war ruhig und gefasst, Finn kannte ihm gut genug um zu wissen, dass er solange weiter nerven würde, bis er endlich tat was er von ihm verlangte.
Murrend begann Finn sich umzuziehend:
„Ist ja gut. Wieso muss du nur immer so übervorsichtig sein?“.
„Ich bin nicht übervorsichtig, sondern du bist lebensgefährdet!“.
„Sag mir etwas was ich nicht schon weiß“.
Tief seufzte Ryan, drängte Finn auf das Bett und deckte ihn zu:
„Dass du mir ja nicht aufstehst“.
„Und wenn ich auf die Toilette muss?“, fragte Finn mit hochgezogenen Augenbrauen.
Es musste ihm wirklich hundsmiserabel gehen und trotzdem gab er Widerworte und wollte das ganze überspielen, so war Finn nun mal, stur wie sonst was.
„Dann hast du Pech gehabt“.
Damit verschwand er aus dem Schlafzimmer und wischte erst einmal den Boden in der Küche auf, kam dann mit einer neuen Tasse Tee in das Schlafzimmer zurück und stellte diese an den Nachttisch auf Finns Seite ab. Vorsichtig setzte er sich an die Bettkante und konnte zufrieden beobachten, wie Finn versuchte zu schlafen, Schlaf würde ihn jetzt sicher gut tun.
Eine Weile lang beobachtete er ihn, dann jedoch fiel ihm ein, dass er zur Apotheke musste, sie hatten so gut wie keine Mittel gegen Fieber mehr zu Hause. Als Ryan sich erhob hielt Finns Hand plötzlich seinen Arm fest:
„Wo willst du hin?“, fragte dieser verschlafen.
„Zur Apotheke, Medizin für dich holen“.
„Achso“, Finns Augen fielen wieder zu, jedoch hielt er noch immer seinen Arm fest.
„Ich komm gleich wieder okay?“, er löste sich aus seinem Griff.
„Okay… Ryan?“, langsam öffnete Finn seine Augen wieder.
„Ja?“.
„Danke, dass du immer für mich da bist“, murmelte er leise.
Lächelnd strich Ryan ihn durch seine Haare:
„Dafür musst du mir nicht danken“.
Die nächsten drei Tage war Ryan danach zuhause geblieben, um sicher zu gehen, dass Finn auch wieder gesund werden würde.
***
Ryan lag in Finns Sachen auf der Couch, hielt die Postkarte noch immer in seinen Händen und dachte an diesen Winter zurück. Auch wenn Finn hohes Fieber hatte, Ryan würde niemals den liebevollen Blick vergessen, den er ihm zugeworfen hatte, als er sich bei ihm bedankt hatte.
Plötzlich hörte er die Tür aufgehen. Halluzinierte Ryan jetzt etwa schon? Wieso sollte denn jemand seine Tür aufsperren? Finn war doch nicht da… Es sei denn er wäre früher nach Hause gekommen, mit einem Ruck sprang Ryan auf und lief auf den Gang. Eine Unglaubliche Freude breitete sich in ihm aus, sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Sollte er endlich Finn wieder sehen? War dieser endlich wieder da?
Er hatte sich nicht getäuscht, es hatte wirklich jemand die Tür aufgesperrt, nur war dies leider nicht Finn der ihm gegenüber stand. Augenblicklich verpuffte das Gefühl von Glück, Finn war nicht da, er würde auch nicht in den nächsten 56 Tagen zurückkehren. Seine großen Hoffnungen und seine Freude, die sich innerhalb von Sekunden aufgebaut hatten, brachen nun zusammen wie ein Kartenhaus.
„Linda, was machst du denn hier?“, blickte er seiner älteren Schwester, wohl oder übel enttäuscht entgegen, wieso konnte sie nicht Finn sein?
„Kann ich denn nicht mal meinen kleinen Bruder besuchen kommen?“.
„Hättest du dich vorher nicht melden können?“, immer noch verblüfft blickte er sie an.
„Was ist das denn für eine Begrüßung?“.
„Entschuldige, freut mich ja, dass du da bist“, sofort nahm er sie in den Arm, sie konnte nichts für seine Enttäuschung, er mochte seine Schwester, nur war sie leider nicht der Mensch den er gerade über alles sehen wollte.
„Ich hab mir gedacht, dass du dich ohne Finn sicher langweilst, also dachte ich, ich komme mal vorbei und bleibe für ein paar Tage“.
„Gute Idee, aber hätte ich das gewusst, hätte ich für ein Gästebett gesorgt“.
„Ach was, ich kann ja im Wohnzimmer schlafen“.
Ryan half ihr dabei, ihr Gepäck, welches aus zwei großen Reisekoffern bestand, zu verstauen und zusammen richteten sie die große Klappcouch im Wohnzimmer als Bett her. Danach setzten sie sich in die Küche und tranken einen Kaffee. Linda hatte ihr viel zu erzählen, sie hatten sich schon lange nicht mehr gesehen. Nach einer längeren Zeit gingen ihnen die Gesprächsthemen aus. Nach einer längeren Stille fragte sie jedoch plötzlich:
„Was hast du da eigentlich für Sachen an? Die sind dir doch viel zu groß“.
„Das sind Finns Sachen“, rutschte ihm ohne nachzudenken heraus, ihm nächstem Moment verfluchte er sich schon dafür.
„Du vermisst ihn sehr oder?“, dieser Blick mit dem sie ihn ansah, fast als ob sie wissen würde, dass seine Gefühle über Freundschaft hinausgingen, andererseits, welcher normaler Mensch würde auch in den Sachen von seinem Kumpel rumlaufen, nur weil dieser weg war. Ob sie etwas ahnte?
„Schon etwas“, gab er kleinlaut zu.
„Etwas? Ryan ihr wart doch noch nie so lange getrennt“.
„Kann man nichts machen“, Ryan trank etwas von seinem Wasser, welches er sich geholt hatte.
„Mhm… Seit ihr jetzt eigentlich endlich richtig zusammen?“.
Ryan verschluckte sich, als er ihre Worte hörte und begann heftig zu husten.
„Wie bitte?!“.
„Ob ihr denn nun endlich zusammen seit“, fragte sie erneut.
„Nein! Wir, ich… Wieso sollten… Wie kommst du auf so etwas?“, ganz toll, jetzt fing Ryan auch noch zu stottern an.
Schnell stand er auf und begann das schmutzige Geschirr in den Geschirrspüler einzuräumen.
„Mann Ryan, hast du es noch immer nicht über dich gebracht, es ihm zu sagen?“.
Ryan wendete ihr den Rücken zu und räumte etwas in der Küche aufzuräumen:
„Was sollte ich ihn denn schon sagen?“, fragte er und bemühte sich, gleichgültig zu klingen.
„Ach ich weiß auch nicht… Vielleicht, dass seine Lieblingsband endlich ein neues Album rausgebracht hat, die alten Lieder aber viel besser waren? Oder nein warte genau: Das du mehr als nur Freundschaft willst!“.
„Ja stimmt, die alten Fall Out Boy Lieder waren wirklich besser nicht? Da bringen sie endlich ein neues Album raus, klingen dann schon sehr verdächtig nach Mainstream Musik und nennen das Album dann auch noch ‚Save Rock´n´Roll‘ echt blöd. Da hört man kaum noch Gitarren-Gespiele oder das Schlagzeug im Hintergrund, alles Fehlanzeige… Da hätten sie echt getrennt bleiben können ich meine wozu- “.
„Verdammt Ryan! Weich nicht aus“, streng blickte ihn seine Schwester entgegen.
„Ich weiche nicht aus, die Jungs haben mich einfach enttäuscht“, meinte er und verließ die Küche.
Es war unerklärlich, aber er hatte jetzt wirklich keine Lust mehr mit Linda zu reden, viel lieber verkroch er sich in sein Bett, wie er es als Kind schon oft getan hatte. Er legte sich auf Finns Seite und vergrub sein Gesicht in dessen Kissen, leider war kaum etwas von Finns Geruch haften geblieben. Dafür hatte er sich viel zu oft dahin gelegt, es roch bereits viel mehr nach ihm selbst, aber trotzdem hatte es etwas Tröstliches an sich.
Nach einer Zeit fühlte er wie sich jemand in die andere Hälfte des Bettes legte, kurz stellte er sich vor Finn wäre es, der sich neben ihn legte. So sehr wünschte er sich, dass er wieder da sein würde. Aber selbst wenn, was würde er ihm bitte sagen? Er würde ihm sowieso nicht seine Gefühle eingestehen können. Es war nicht mehr abzustreiten, lange hatte er es verdrängt aber jetzt war es noch schlimmer. Würde Finn jemals merken, was Ryan empfand, würde ihre Freundschaft zu Bruche gehen. Sollte er wirklich eine Jahre lange Freundschaft, Finn den wichtigsten Menschen in seinem Leben, auf spiel setzen, für eine Liebe die vielleicht unerwidert bleiben würde? Die es vielleicht niemals geben würde? Und selbst wenn, Freunde könnten sie immer bleiben, aber was wäre wenn sie sich als Paar streiten würden? Wenn sie sich zerstreiten würden, dann würde nicht mal ihre Freundschaft übrig bleiben… Er könnte einfach nicht ohne ihn.
„Ryan…“, meldete sich Linda nach längerer Stille nun doch zu Wort, „Wieso sagst du es ihm nicht einfach? Jeder Blinde mit Krückstock merkt, dass es zwischen euch funkt, nur ihr beide scheint es irgendwie nicht zu bemerken“.
„Seit wann?“, fragte Ryan leise.
„Wie bitte?“.
„Seit wann ahnst du es schon?“.
„Ach, schon sehr lange. Das erste Mal war mir der Gedanke gekommen als du fünfzehn warst. Finn war für einen Monat in einem Sommercamp. Du hast dich in deinem Zimmer isoliert, bist nie rausgekommen, hast es im Zimmer immer dunkel sein lassen, hast immer wieder die selbe traurige Musik gehört und bist den ganzen Tag in deinem Bett gelegen. Ich dachte zuerst du hättest Liebeskummer wegen einem Mädchen, nur nach ein paar Tagen war es schon etwas offensichtlich, dass es wegen Finn war. Als er dann wieder zurück kam, warst du nämlich der glücklichste Mensch auf Erden“.
Ryan erinnerte sich an diesen Sommer, zum Glück war es das erste und letze Mal, dass Finn in ein Sommerlager gefahren war, noch einen Sommer hätte er es nicht ausgehalten.
„Hast du schon mal daran gedacht, es ihm zu sagen?“.
„Natürlich, die ganze Zeit über“, murmelte er leise, langsam kam er sich wieder vor wie ein Teenager mit Liebeskummer, aber verdammt nochmal, ihm fehlte einfach die Kraft sich zu verstellen. Noch nie hatte er mit jemanden darüber geredet und es tat doch gut.
„Nur habe ich irgendwie nie die richtige Gelegenheit dazu gehabt… Und ich dachte in den vielen Wochen in denen er jetzt weg sein würde, könnte ich endlich abschließen und meine Gefühle unter dem Griff kriegen nur irgendwie…“.
„Will das nicht ganz klappen? Die richtige Gelegenheit wird nie kommen, du musst es einfach durchziehen. Du quälst dich schon so lange, willst du es nicht hinter dir haben?“.
„Doch… Aber ich will ihn nicht verlieren“.
„Wer sagt denn, dass du ihn verlieren wirst? Solange du es nicht probierst kannst du es nicht wissen!“.
„Wie hoch stehen schon die Chancen, dass er das gleiche empfindet? Er ist Hetero und noch dazu bin ich sein bester Freund, ein bester Freund sollte nicht solche Gefühle für den anderen hegen…“.
„Ist es dir das wirklich wert? Dass du dich jetzt weiterhin jahrelang quälst, bis er schließlich doch eine Freundin findet und du dich dafür verfluchen wirst, warum du es doch nie probiert hast?“.
„Ich kann ihn einfach nicht verlieren! Egal wie kitschig es auch klingen mag, ich kann mir mein Leben nicht ohne ihn vorstellen und wenn er mich zurückweist, dann ist es aus. Einfach aus, es wird nie wieder so sein wie früher und das werde ich einfach nicht aushalten“.
„Entweder du nimmst deinen Mut zusammen und sagst ihm was Sache ist, wirst so vielleicht der glücklichste Mensch auf Erden, steckst aber auch vielleicht eine Abfuhr ein und wirst damit leben müssen, dass es vorbei ist, oder du schweigst, bleibst weiterhin unglücklich, verbringst deine ganze Zeit damit, dich zu fragen ‚was wäre wenn…‘ und wirst dann irgendwann totunglücklich wenn er jemand anderen findet, auszieht, vielleicht sogar heiratet, während du noch immer innerlich leidest. Was klingt für dich besser?“.
Ryan schwieg, ja für sie war es vielleicht einfach klar zu denken, sie hatte ja auch nichts zu verlieren!
„Ryan du lebst nur einmal, willst du wirklich dann Leben mit Leid und ‚Was wäre wenn…‘-Spekulationen verbringen?“.
„Bist du jetzt etwa auch einer von diesen ‚YOLO‘ Typen? Du weißt schon, dass dieser Spruch die Religionen diskriminiert die an Wiedergeburt glauben?“.
„Mensch, zwing mich nicht dir eine zu hauen“, drohte sie.
„Na schön, du hast wie so immer Recht… Aber das alles habe ich mir selbst auch schon gedacht und trotzdem kann ich es nicht tun. Was ist wenn wir zusammen kommen, schön und gut, uns dann aber trennen und nichts mehr voneinander wissen wollen? Wenn das ganze unsere Freundschaft zerstört?“.
„Und was ist wenn alles gut geht und ihr einfach nur glücklich werdet? Außerdem hast du es dann wenigstens versucht“.
„Jetzt bin ich aber beruhigt“.
„Wäre es der Versuch nicht wert?“.
Ryan zuckte mit den Schultern, er hatte keine Lust mehr darüber zu reden, es würde ja sowieso nichts ändern.
Linda seufzte tief:
„Du musst mir versprechen, dass du es ihm sagst wenn er wieder da ist“.
Nach längerem Schweigen bemerkte Linda wohl, dass Ryan nicht wirklich antworten würde.
„Das Schweigen vernehme ich als ein ‚ja‘. So und jetzt such dir was zum Anziehen raus, wir gehen heute Abend noch aus!“.
Gegen Abend saßen sie in einem Café, welches auch als Bar diente. Sogar eine kleine Tanzfläche und einen DJ gab es. Ryan fragte sich noch immer wie Linda ihn dazu getrieben hatte, wirklich mit ihr auszugehen. Jedenfalls hatten sie sich mehrere Cocktails bestellt, obwohl Ryan sich auch mit einem einfachen Bier zufrieden stellte, er trank nicht gerne, verstand den Sinn von Alkohol einfach nicht. Viele hatten ihn deshalb schon als langweilig angesehen, aber das war ihm relativ egal.
Der Kellner kam mit ihrer nächsten Runde an, sie saßen am Ende der Bar, hatten so eine gute Sicht auf das ganze Café. Es war nicht brechend voll wie in einer Diskothek, aber die Tanzfläche war schon voll. Ryan waren die Blicke des Kellners, welcher dieser Linda zuwarf nicht entgangen, ihr aber offensichtlich schon. Ja, der Kellner sah schon ganz attraktiv aus. Etwa 1,80 groß, breite Schultern, starke Statur, sonnengebräunte Haut, schwarze Locken, dunkelbraune Augen ein markantes Gesicht.
Er stellte Ryans Bier und Lindas Cocktail ab, beugte sich dann etwa an Linda ran und flüsterte ihr etwas zu. Augenblicklich konnte Ryan sehen wie Linda rot wurde und sie leicht nickte.
Der Kellner zwinkerte ihr zu und verschwand.
„Nanu? Bist du etwa so leicht zu haben? Was hat er gesagt?“, fragte Ryan seine Schwester etwas erstaunt.
„Ach nichts… Er hat in zehn Minuten Feierabend und hat gefragt ob ich dann mit ihm tanzen würde. Ich hoffe es stört dich nicht wenn ich mit ihm-“.
„Nein, nein. Hab deinen Spaß wenigstens einer von uns“, Ryan wusste, dass Lindas Freund erst vor kurzem mit ihm Schluss gemacht hatte, hatte sie bis jetzt aber nicht darauf angesprochen.
Wenig später saß Ryan alleine an der Bar, seine Schwester warf ihm von der Tanzfläche aus immer wieder dankbare Blicke zu, er nickte ihr bloß zu und ließ seinen Blick durch die Menge schweifen. Wie lange müsste er wohl noch hier sitzen bis er nach Hause gehen könnte, ohne dass Linda sich aufregte?
Neben ihn ertönte ein lautes seufzen, schnell richtete er den Blick auf den Jungen Mann der einen Barhocker weiter Platz genommen hatte und verzweifelt auf sein Handy starrte.
Kurz musterte er den jungen Mann, er kam ihn ziemlich bekannt vor. Dunkelbraunes Haar, welches mit Gel auf gestylt war, hellbraune Augen, helle Haut welche leicht mit Sommersprosen überseht war, kleine etwas dünnere Statur. Er trug ein rotes kariertes Hemd, welches er offen hatte, darunter ein weißes T-Shirt, dazu eine schwarze enge Hose.
„Felix?“, fragte er leicht ungläubig, sollte er das wirklich sein? So lange hatte er ihn nicht mehr gesehen.
Verwirrt blickte der Mann ihm ins Gesicht, sofort verzog er sein Gesicht ungläubig:
„Ryan? Bist du´s wirklich? Was machst du denn hier?“.
„Ich habe ein kleines Haus in der Nähe, oh Mann das ist ja echt lange her“.
Sie umarmten sich zur Begrüßung. Ryan konnte es noch immer nicht glauben, Felix sein erster Freund. Nun gut als Freund konnte man es nicht bezeichnen. Als sie sechzehn waren, hatten sie sich kennen gelernt. Sie waren nicht verliebt gewesen und dennoch haben sie viel ausprobiert, vom ersten Kuss bis hin zum ersten Mal. Felix hatte ihm die Augen geöffnet, ihn gezeigt dass er auch auf Männer stand. Das mit ihm war noch vor Shelly, seiner ersten Freundin gewesen. Eine Weile lang waren sie gut Befreundet und haben eben die ersten Erfahrungen miteinander gesammelt, doch dann war Felix umgezogen und der Kontakt wurde nach längeren versuchen irgendwie abgebrochen.
„Wie geht’s dir?“, fragte er sofort nach, nachdem er sich etwas gefasst hatte.
„Ach ganz gut. Ich lebe in einer WG, arbeite für einen Platten Label, zwar nicht in einer führenden Position aber was soll man machen, ich arbeite mich hoch und du?“.
„Arbeite als Autor, habe einige Bücher veröffentlicht, lebe in einem kleinen Haus mit Finn“.
„Gratuliere! Ich hab doch gewusst das aus dir was wird! Wie geht es Finn? Was macht der so? Noch immer drauf an dran sich in den Tod zu stürzen?“, fragte Felix mit einem Grinsen im Gesicht.
„Er arbeitet in einem Motorshop und ja er nimmt noch hin und wieder an Wettbewerben teil. Er ist momentan für drei Monaten in Amerika, lernt von Stuntmen etwas dazu…“.
„Wow, nicht schlecht“.
„Jap… Mit wem bist du denn hier?“.
„Ach, ich habe seit kurzem einen Freund, der lässt mich aber dauernd sitzen, so wie jetzt“, leise seufzte er und ließ seinen Blick wieder auf sein Handy sinken, er wartete sicher auf eine Nachricht oder einen Anruf.
„Ich schätze daraus wird nichts, wenn ich ihm noch nicht mal so viel wert bin, dass er Bescheid gibt wenn er nicht kommt…“.
„Das tut mir leid“.
„Kann man nichts machen, nicht jeder kann sich einfach seinen besten Freund schnappen und glücklich werden oder?“, Felix zwinkerte ihn zu.
„Wie meinst du das?“, fragte Ryan verwirrt.
„Na wie wohl? Bin echt stolz auf dich, hätte nie gedacht das du es wirklich durchziehst und dir Finn angelst“.
„Ich habe ihn mir nicht… geangelt“, brummt Ryan leise, verdammt musste denn jeder wissen, dass er mehr von Finn wollte? Er selbst hatte es lange nicht gewusst, wieso scheint es jedem so klar zu sein?
„Nicht? Du sagtest du wohnst mit ihm zusammen?“, verwirrt blickte Felix ihn an.
„Als Freunde, nicht mehr“.
Felix verzog schmervoll das Gesicht:
„Oh.. muss echt hart sein“.
„Wieso denn?“.
„Nun ja, mit seinem Traumtypen unter einem Dach leben, sich ihm dann aber nie nähern? Würde ich nicht aushalten“, entschlossen schüttelt Felix seinen Kopf.
„Er ist nicht mein Traumtyp! Woher nehmt ihr alle das bitte?“.
„Nun ja, als wir jünger waren ist mir da so einiges aufgefallen… Wer sagt das denn noch sonst so?“, wollte er grinsend wissen.
„Meine Schwester hat sich denselben Floh ins Ohr gesetzt, aber sie tanzt gerade mit diesem Kellner da drüben“, er deutete mit seiner Hand zu Linda, die immer noch entzückt mit dem Kellner flirtete.
„Oh, kann schlechter Fang den sie da gemacht hat… Also stehst du nicht mehr auf Finn?“, konnte er es nicht einfach ruhen lassen?
„Ich bin nie in ihn verliebt gewesen“, brummte er leise.
„Süß“, quittierte Felix einfach.
„Wie bitte?“.
„Ich kann deine Lügen noch immer durschauen, so wie damals. Du wirst noch immer so süß rot im Gesicht, wenn du versuchst zu lügen“.
Ryan schnaubte frustriert und vergrub sein Gesicht in seinen Händen.
„Also doch! Und du wohnst jetzt wirklich mit ihm zusammen? Und er hat es nie mitbekommen? Was ist denn da bitte passiert als ich weggezogen bin?“.
„Nun ja, längere Geschichte“.
Erneut blickte Felix auf sein Handy und verzog sein Gesicht:
„Ich habe Zeit, ich wurde so eben um ganze 1 ½ Stunden versetzt“.
„Das tut mir leid“, Ryan legte ihm die Hand auf die Schulter.
„Muss es nicht, zwischen ihm und mir hätte es sowieso nicht geklappt und wenigstens habe ich dich jetzt wieder getroffen“.
Ryan bemerkte wie seine Schwester mit dem Kellner durch den Ausgang verschwand, keine Sekunde später summte sein Handy.
Hey sorry, ich hoffe es macht nichts wenn ich heute Nacht nicht nach Hause komme. Wie ich sehe bist du ja in netter Gesellschaft. Hab Spaß ;)
„Ich ab jetzt nicht wirklich Lust darüber zu reden, erzähl lieber wie es mit dir läuft“, meinte Ryan.
„Abgesehen davon dass ich schon wieder versetzt worden bin? Nun ja, im Job läuft es gut. In der WG bin ich zu fremden eingezogen, aber ich hatte echt Glück. Die Leute sind echt in Ordnung, wir haben uns angefreundet und die hatten selbst nichts gegen mich als ich mich schon geoutet hatte. Wir sind zu viert, zwei Jungs, eine Mädchen, sie ist die Freundin von dem einen und ich. Die Jungs machen sich nichts daraus, laufen sogar halbnackt vor mir herum ohne, dass sie Angst haben, ich würde sie anspringen. Und Lara ist das auch ziemlich egal, sie findet es sogar gut glaub ich“.
„Das freut mich für dich“.
Gleich darauf waren sie in Geschichten vertieft, die über Felix und seinen WG Kumpels handelten, als ein junger Mann sie plötzlich unterbrach.
„Felix, es tut mir leid. Ich hab gar nicht bemerkt wie spät es schon ist“.
„Ja Mark ich weiß, es tut dir immer leid. Aber mir nicht, es reicht“.
„Wie meinst du das?“.
„Ich habe es satt, ich brauche das echt nicht, ich kann gut auf dich verzichten“, nie hätte Ryan gedacht, dass Felix mit so einer eiskalten Stimme sprechen könnte. Irgendwie fühlte er sich fehl am Platz, am liebsten wäre er verschwunden und hätte die beiden alleine gelassen.
„Aber du… ich… Mach das bitte nicht, es wird nicht mehr vorkommen, versprochen“.
„Das hast du letztens auch schon gesagt. Lass es einfach okay? Lass mich in Frieden, falls du es noch nicht bemerkt haben solltest, ich unterhalte mich hier mit jemanden“.
Sofort blickte Mark Ryan an, blicken war der Falsche Ausdruck, er brachte ihn förmlich mit seinem Blick um.
„Bitte Felix, gib mir noch eine Chance“.
„Verzieh dich Mark, ich bin beschäftigt“, Felix kam Ryan immer näher, im nächsten Moment spürte er seine Lippen auf seinen.
Verblüfft riss er die Augen auf, was bitteschön sollte das denn werden?!
Felix löste sich langsam von ihm und flüsterte ihm etwas zu:
„Spiel bitte mit“.
Entspannt atmete Ryan aus, er wollte also bloß diesem Mark eine Lektion erteilen.
„Gehen wir jetzt zu dir und… amüsieren uns etwas?“, fragte Felix nun etwas lauter, damit auch Mark es hören konnte, welcher augenblicklich scharf Luft einatmete.
„Felix? Bitte tu das nicht“.
Felix legte einen Fünfziger Schein auf den Tresen, griff nach Ryans Hand und stand auf.
Verzweifelt blickte Mark die beiden an, er hielt Felix an seinem Arm fest:
„Bitte“, flüsterte dieser leise.
„Sorry kleiner, Chance vertan“, antworte dieser nur und zog Ryan mit sich hinaus aus der Bar.
Draußen ließ Felix seine Hand endlich los.
„Denkst du nicht, das war etwas zu hart? Es schien ihm wirklich leid zu tun“.
„Ihm tut es immer schrecklich leid und jedes Mal passiert es dann wieder. Ich bin es leid. Es läuft schon seit Wochen so“.
Felix Handy begann zu klingeln, er holte es aus seiner Hosentasche hervor und drückte den Anruf weg, schaltete dann sein Handy ganz aus.
„Sieh an, sieh an. Jetzt wo ich für ihn keine Zeit habe, kann er plötzlich doch anrufen“.
„Mhm… und was sollen wir jetzt machen?“.
„Hm… Wir können ja wirklich zu dir gehen und über die Männer die uns das Herz gestohlen haben herziehen“.
„Herziehen ist zu hart, ich meine er kann ja nichts dafür…“, murmelte Ryan leise.
Felix legte seinen Arm um ihn:
„Na schön dann anders. Du weinst dich bei mir, deinem alten Freund und Helfer über deinen bösen besten Freund aus, dem du nach Jahren noch immer nicht die Wahrheit gesagt hast. Und danach musst du mir Rumgeheule über Mark anhören, wie wäre das?“.
„Gut, dann wären wir beide Quitt. Aber dein Rumgeheule bitte zuerst“.
„Na schön, wo wohnst du?“.
Ryan ging mit Felix nach Hause, sie machten es sich im Wohnzimmer bequem, da Linda diese Nach wohl nicht mehr nach Hause kommen würde und redeten sich aus.
Felix erzählte davon wie er Mark kennen gelernt hatte und was sie mit einander erlebt hatten. Er konnte ziemlich gut heraushören, dass ihn Mark schon ziemlich etwas bedeutete.
„Liebst du ihn?“, fragte er gerade heraus.
„Schon, das ist gar keine Frage aber…“.
„Heute konnte man davon aber nichts sehen“, meinte Ryan.
„Es tut mir einfach weh und ich weiß nicht ob ich das aushalte. Jedes Mal wenn er zu spät kommt habe ich Angst, dass er sich mit jemand anderen trifft und ich kann und will ihn nicht teilen“.
„Hast du ihm das mal gesagt? Deine Befürchtung ausgesprochen?“.
„Nein… Aber ich habe ihn tausendmal gesagt, dass er mich gefälligst anrufen soll, wenn er später oder gar nicht kommt. Weißt du wie es sich anfühlt, ganze drei Stunden in einem Restaurant zu warten? Und er dann aber erst am nächsten Tag vor deiner Tür steht und er dir schwört es wird nie wieder passieren?“.
„Nein, das weiß ich nicht. Aber ich habe seinen Blick heute gesehen, er liebt dich“.
„Das weiß ich ja aber manchmal reicht das einfach nicht aus“, betreten neigte er seinen Blick auf den Boden.
„Ich wollte ihm einfach zeigen, dass ich nicht für immer auf ihn warten kann“.
„Und jetzt denkt er, du würdest ihn betrügen“.
„Mehr oder weniger… War doch keine so gute Idee oder? Ich war einfach wütend auf ihn!“.
„Du solltest ihn vielleicht aufklären und ihm sagen, dass ich bloß ein Bekannter bin“.
„Das mache ich auch, aber erst Morgen. Ich will, dass er weiß wie ich mich immer fühle“.
„Und was läuft jetzt zwischen dir und Finn?“, Felix hob seinen Blick wieder.
„Das ist echt eine längere Geschichte“.
„Ich habe Zeit und außerdem hast du dir meine Geschichte auch angehört“.
So begann Ryan ihm die ganze Geschichte von dem Zeitpunkt an dem Felix weggezogen war und er mit Shelly, seiner ersten Freundin zusammen gekommen war bis hin zu Finns Abreise vor 35 Tagen.
Bei Felix konnte Ryan sich voll und ganz aussprechen, bei ihm war es anders wie bei Linda, ja natürlich Linda war seine Schwester und war für ihn da, aber bei Felix hatte er einfach das Gefühl, er würde ihn mehr verstehen. Er hielt ihm keine Predigten wie seinen Schwester es getan hatte sondern verstand ihn einfach. Sie redeten bis mitten in der Nacht, waren dann bald auf der ausgezogenen Klappcouch im Wohnzimmer eingeschlafen.
Als Ryan am nächsten Morgen erwachte, sah er Felix neben ihm liegen, dieser war ebenfalls schon wach und hatte sich voll und ganz seinem Handy gewidmet. Sein Gesicht war traurig verzogen, es war keine Frage wessen Nachrichten er gerade las. „Morgen", murmelte Ryan müde.
Ob seine Schwester wohl schon zu Hause war? Ob sie ihn und Felix hier liegen gesehen hatte und das ganze falsch verstanden hatte? Zutrauen würde er ihr es. „Morgen", grüßte Felix ihn nun ebenfalls. Benommen richtete Ryan sich auf um auf sein Handy zu sehen, es war bereits halb Zwölf und er hatte eine Nachricht von Linda.
Hey :) Hoffe du hattest ebenfalls eine schöne Nacht? Ich komm erst gegen Nachmittag wieder. Clay hat mich auf ein Essen eingeladen ;)
„ Kann ich Mark deine Adresse schreiben? Er will mich abholen...", fragte Felix leise. „Hast du ihm verziehen?". „Das nicht... Aber er hat mich Gestern wirklich oft angerufen und mir eine Menge Nachrichten geschrieben die einfach... Ich muss mit ihm reden", Felix vergrub sein Gesicht in einem der Kissen. Man sah Felix an, dass es ihn immer noch mitnahm was gestern passiert war. Ryan legte tröstend eine Hand auf seine Schulter: „Hey ganz ruhig. Das wird wieder, ihr liebt euch doch... Ich geh dann mal duschen okay?". Ryan stand auf und verschwand im Badezimmer. Sofort wanderten seine Gedanken wieder zu Finn. Ob sie jemals solche Probleme haben würden, falls sie je zusammenkommen würden? Würde es bei ihnen anders ablaufen? Würden sie überhaupt streiten? Als Freunde hatten sie noch nie richtig gestritten, es gab bloß hin und wieder Meinungsverschiedenheiten, aber diese hatten sie immer schnell beseitigt… Ob es als Paar anders sein würde?
Als Ryan, umgezogen und frisch rasiert, wieder aus dem Bad kam hörte er Stimmen im Wohnzimmer. Er blieb in der Tür stehen und blickte hinein. Felix saß auf der Klappcouch und Mark kniete vor ihm, hielt Felix' Hände in seinen. Mark sah wirklich schlimm aus, seine Augen waren rot angeschwollen, seine dunkelblonden Haare standen wild ab, er trug die Kleidung von gestern, diese war zerknittert und verrutscht. Es wirkte als ob er eine unruhige Nacht hinter sich hatte. Die beiden bemerkten nicht, dass Ryan sie von der Tür aus beobachtete, und er konnte sich auch nicht wirklich vom Anblick lösen, musste einfach wissen wie es weiter ging. „Felix ich liebe dich. Bitte, du kannst mich nicht einfach so verlassen". „Ich liebe dich doch auch du Idiot, aber ich halte das einfach nicht länger aus", beide blickten sich tief in die Augen, als ob nur sie existieren würden und die Welt um sie herum nicht präsent wäre, trotzdem hatten sie beide einen gequälten Gesichtsausdruck. „Ich kann dir leider nicht schwören, dass es nicht mehr vorkommen wird", flüsterte Mark leise und senkte seinen Blick. „Wieso kannst du mir nicht einfach sagen, worum es wirklich geht?". „Ich rede nicht gerne darüber". „Mit wem, wenn nicht mit mir willst du denn über ernste Sachen reden? Vertraust du mir so wenig?", warf Felix ihn verletzt vor. „Nein aber... Na schön. Ich habe dir doch von meiner Schwester erzählt. Die von ihrem Mann mit den Kindern alleine sitzen gelassen wurde. Sie muss viel arbeiten, kann sich aber keinen Babysitter leisten. Sie nimmt von so gut wie niemanden Hilfe an, außer hin und wieder von mir. Ich spring öfter ein und pass auf die Kinder auf, ich habe dann alle Hände voll zu tun, komm dann leider nicht dazu Anrufe zu machen und oft muss sie doch länger arbeiten und ich kann dann einfach nicht weg und-", Felix unterbrach ihn. „Blödmann! Wieso hast du mir das nicht einfach von Anfang an so gesagt? Und ich dachte du hättest jemand anderen!", Felix zog Mark zu sich hinauf auf die Couch, legte seine Arme um ihn. „Selber Blödmann! Wieso sollte ich jemand anderen wollen, wenn ich dich haben kann?", Mark strich ihm zärtlich durch sein Haar.
Plötzlich fiel sein Blick auf Ryan, der noch immer erstarrt in der Tür stand, Felix folgte seinem Blick, dann sahen sich die beiden wieder in die Augen. „Hast du mit ihm ... ?", Mark brachte die Frage nicht zu Ende, wirkte aber ziemlich verzweifelt. Entschlossen schüttelte Felix den Kopf:
„Nein. Er ist nur ein alter Bekannter den ich gestern seit langem wieder getroffen habe. Ich war wütend und wollte dir einfach weh tun". „Das hast du geschafft", gab Mark leise zu. „Tut mir leid", entschuldigte Felix sich. „Schon okay, ich kann es verstehen". „Ab jetzt keine Geheimnisse mehr, in Ordnung?", fragte Felix nach. Mark nickte und umarmte Felix fester. „Ähm... Ich geh dann mal Frühstück vom Bäcker holen", meldete Ryan sich endlich auch mal zu Wort. Doch die beiden bekamen es offensichtlich nicht mehr mit, denn versanken in versöhnenden Küssen. Etwas war Ryan schon eifersüchtig, ob er und Finn sich jemals so versöhnen würden?
Auf dem Weg zum Bäcker war Ryan etwas in Gedanken versunken. Er freute sich für Felix, er war echt ein guter Mensch und ein sehr guter Freund gewesen, er hatte es mit Sicherheit verdient glücklich zu werden. Ebenso gönnte er Linda ihren Spaß, vielleicht würde aus diesem Kellner und ihr ja sogar mehr werden, wenn er sie schon so lange bei sich behielt. Es schien mal wieder so, als ob nur alleine bleiben würde. Ja, er hatte sich auch nicht wirklich bemüht sich mit anderen zu treffen, wieso sollte er nach anderen Partnern suchen, wenn er doch nur einen wollte?
Daraufhin fiel ihm ein, dass Finn ebenfalls seit Ewigkeiten keine Freundin mehr hatte, nicht einmal Flirts. Ob es dafür einen Grund gab? Oder war das bloß reiner Zufall? Wie kam es, dass Finn noch die davon erzählt hatte, dass er sich eine Freundin wünschen würde? Ryan schüttelte langsam den Kopf, er sollte wirklich aufhören sich solche Fragen zu stellen, am Ende reimte er sich noch etwas zusammen was so gar nicht stimmte. Er sollte damit aufhören, der Wahrheit endlich ins Gesicht blicken. Es gab keine Zukunft für ihn und Finn, so war es nun mal, ob unfair oder nicht, er konnte so viel trauern wir er wollte, aber ändern würde es nichts.
Später saß er mit Felix und Mark am Frühstückstisch. Stille war eingekehrt, Ryan konzentrierte sich voll auf sein Vollkornbrötchen, versuchte Felix und Mark auszublenden, die sowieso nur Augen für sich hatten. Diese verliebten Blicke die sie einander zuwarfen, sowas konnte man sich doch nur wünschen! Was sollte man mehr wollen als einen Menschen der einen aufrichtig liebt für das was man ist? Der einen nicht ändern will?
Als Ryan beginnen wollte den Frühstückstisch abzuräumen, kam Linda durch die Eingangstür.
„Guten Morgen! Ryan wo bist du? Ich muss dir unbedingt alles erzählen! Es war so schön mit-“, Linda stand in der Küchentür und schaute verblüfft auf Felix und Mark die immer noch am Küchentisch saßen.
„Linda schön dich zu sehen!“, begrüßte Felix sie.
Ryan kannte seine Schwester gut genug um zu wissen, dass diese sich nicht mehr an Felix erinnerte.
„Linda, kannst du dich noch an Felix erinnern? Ein alter Schulfreund von mir, du weißt schon, er ist umgezogen als ich siebzehn geworden bin…“.
Kurz starrte sie Felix mit einem nachdenklichen Gesicht an, dann jedoch begann sie zu lächeln:
„Aber natürlich Felix! Du warst doch Ryans erster Freund“.
Mark blickte Felix verblüfft an:
„Ich dachte er wäre nur ein alter Bekannter? Wart ihr etwa zusammen?“.
„Man kann es nicht so nennen, wir waren einfach befreundet und ja… Du weißt ja, die neugierige Jugend“, er blickte Mark entschuldigend an.
Ryan stand nur stumm da und räumte weiterhin seinen Geschirrspüler ein, das Gespräch entwickelte sich doch auch super ohne ihn weiter.
Linda setzte sich zu den beiden an den Tisch:
„Und wer bist du? Entschuldige an dich erinnere ich mich wirklich nicht mehr“.
„Kannst du auch nicht, du kanntest ihn ja nie“, meinte Felix grinsend.
„Das ist Mark, mein Freund“, stellte er diesen vor.
Bis es Nachmittag wurde unterhielte sie sich die vier, sind aber von der Küche in das Wohnzimmer hinübergezogen. Mark stellte sich als durchaus netter Mann heraus, die beiden erzählten so einiges über ihre Erlebnisse, unter anderem auch Erlebnisse die Felix Ryan gestern schon erzählt hatte. Da Linda nicht gerade der schüchterne Typ von Frau war, schwärmte sie vor allen von ihrem Kellner aus der Bar die sie gestern besucht hatten. Erst am späten Nachmittag brachen Mark und Felix zu Marks Wohnung auf.
Seufzend ließ Linda sich nach hintern fallen, als Mark und Felix weg waren.
„Die beiden geben echt ein süßes Paar ab, findest du nicht?“.
„Doch schon“, gab Ryan nickend zu.
„Und wir war dein Abend gestern?“, fragte sie.
„Angenehm, war schön Felix wieder zu treffen… Das kommt mir alles vor als wäre es schon eine Ewigkeit her“.
„Ist es ja auch fast schon. Du warst also mit Felix damals gar nicht zusammen?“.
„Wir waren nur Freunde“, meinte Ryan erklärend.
„Aber einmal habe ich euch doch in deinem Zimmer erwischt als ihr-“.
„Oh Mann Linda hör auf! Ich will gar nicht daran zurückdenken, das war so eine peinliche Aktion von dir!“.
„Ich kann doch nichts dafür wenn du deine Tür nicht abschließt! Ich hätte mir dein Coming Out auch anders vorgestellt“, gab sie leise zu.
„Sag bloß das hast du davor auch schon geahnt“, langsam wunderte ihn nichts mehr, seine Schwester bekam offensichtlich alles mit.
„Doch habe ich, aber wie gesagt dachte ich, du wärst in Finn verliebt“.
Ryan legte sich nun ebenfalls hin:
„Hm… Kannst du mir mal sagen, warum das geahnt hast, bevor ich es selbst bemerkt habe?“, fragte er leise.
„Keine Ahnung, für mich war es einfach offensichtlich. Aber als du damals mit Shelly zusammengekommen bist, habe ich schon langsam gezweifelt ich könnte mich geirrt haben“, gab sie zu.
„Wieso bist du eigentlich mit ihr so lange zusammen gewesen?“.
„Ich weiß nicht, es hat sich einfach so ergeben. Das ganze ging von ihr aus und ich hatte nichts dagegen… Und als sie dann Schluss gemacht hat, haben diese verwirrenden Gefühle angefangen“.
„Haben sie wirklich erst angefangen, oder hast du erst da begonnen auf sie zu hören?“.
Ryan zuckte mit den Schultern, er wollte jetzt nicht genauer darüber nachdenken:
„Erzähl mir lieber nochmal von diesem Clay… Er will sich also morgen wieder mit dir treffen?“.
Ryans Herz klopfte, er war noch immer hin und hergerissen ob er es nun wagen sollte oder nicht. Letzte Nacht hatte er deshalb nicht schlafen können, noch immer spielten seine Gedanken und Gefühle verrückt. Seit heute Vormittag war Finn wieder da. Er hatte ihn vom Busbahnhof abgeholt, sie hatten zusammen Mittag gegessen während Finn von seinen aufregenden Erlebnissen in der Colorado Wüste erzählte. Selbst als sie schon zu Hause waren und es dunkel wurde, ging ihm der Gesprächsstoff nicht aus. Ryan hörte gespannt zu, konnte es nicht fassen, dass Finn nach so langer Zeit endlich wieder da war.
Als es spät geworden war, haben sie sich beide ins Bett gelegt, Finn war imm er noch müde von der langen Reise. Doch Ryan neben ihm brachte kein Auge zu, immer wieder und wieder hörte er Lindas und Felix´ Rat in seinem Kopf. Er sollte es wagen, sollt es riskieren Finn vielleicht sogar zu verlieren, bevor jemand anderer ihn Finn wegnehmen würde.
Sein Herz raste, er hörte das rauschen in seinen Ohren, er rang um Atem. Ryan würde es machen, würde es durchziehen, bevor der Mut ihn wieder verlassen würde. Entweder jetzt oder nie, dachte er sich.
Langsam drehte er sich zu Finn, so lange hatte er sich danach gesehnt ihn zu berühren, ihn zu sagen was er wirklich empfand.
„Finn?“, flüsterte er leise, „Bist du noch wach?“.
Finn gab ein zustimmendes Brummen von sich, Ryan legte langsam einen Arm um ihn, legte sich halb auf ihn und näherte sich langsam seinem Gesicht. Finn hatte die Augen geschlossen, aber Ryan wusste, dass er noch wach war.
„Ich muss dir etwas sagen… Ich, also… Wie soll ich sagen…“, Ryan rang erneut nach Luft, er spürte sein Herz schlagen, spürte jeden einzelnen Schlag, spürte wie eine Knie weich wurden, zum Glück lag er bereits. Erneut atmete er tief durch.
„Ich liebe dich… Ich glaube das habe ich schon immer“, murmelte er leise.
Ryan vernahm im dunklen wie Finn seine Augen aufriss, bevor dieser jedoch etwas sagen konnte, presste er seine Lippen auf seine. So lange hatte er gewartet, doch nun war es so weit. Er hatte es ausgesprochen, einen Moment lang erwiderte Finn seinen Kuss, Ryan Herzschlag setze aus, um dann doppelt so schnell weiterzuschlagen. Doch dann, plötzlich, stieß Finn ihn von sich, fast wäre Ryan vom Bett gefallen.
„Scheiße Ryan was soll das?! Du kannst mich doch nicht einfach so küssen! Ich, du… Du bist mein bester Freund du kannst nicht einfach…“, er hörte Finn tief durchatmen.
„Hast du das vorhin ernst gemeint?“, fragte Finn nach einer langen, unangenehmen Stille nach.
Ryan blickte starr auf seine Hände:
„Ja. Ich denke schon seit längerem, dass mehr zwischen uns ist…“.
„Das tut mir echt leid, fall du gedacht hast ich würde auch was für dich empfinden ich meine… Du bist mein bester Freund und einer der wichtigsten Menschen für mich, aber ich steh nun mal auf Frauen und ich liebe dich vielleicht, aber nur wie einen Bruder. Ich hoffe wir bleiben trotzdem befreundet?“.
„Entschuldige Finn, ich dachte echt da wäre… Ich muss hier raus“, sofort sprang Ryan auf und verschwand aus dem Schlafzimmer, rannte gleich aus dem Haus. Er hatte keine Ahnung wo hin, aber überall war es besser als zu Hause. Er hatte doch recht gehabt, Finn sah in ihn nur den besten Freund.
Nacht Atmen ringend wachte Ryan auf. Sein Herz schlug schnell in seiner Brust und das Bett war schweißnass. Es war nicht das erste Mal, dass er so etwas träumte.
Sein Blickt ging zu der Uhr auf seinem Nachtkasten, es war halb Drei Uhr morgens, also bereits nach Mitternacht. Kurz zählte er nach, also noch 45 Tage bis Finns Ankunft. Der Besuch seiner Schwester war nun über einer Woche her, seit dem hatte er dauernd Albträume darüber, was passieren würde, wenn er bei Finns Ankunft mit der Wahrheit rausrücken würde. Und trotz der Albträume spielte er noch immer mit dem Gedanken. Dies würde also im schlimmsten Fall e passieren, aber was wäre wenn Finn seine Gefühle doch erwiderte?
Schnaubend setzte er sich auf, er konnte nun sicher nicht mehr einschlafen. Er schlüpfte in Finns Hausschuhe und machte sich auf den Weg in die Küche. Ja, er hatte es sich bereits angewohnt immer in Finns Sachen zu schlafen, leider aber verloren diese langsam seinen Geruch, selbst seine T-Shirts.
Gedankenverloren machte er sich einen Kaffee, seit Tagen hatte er eine Idee für ein Buch.
Eine historische Schwulenromanze die sich im Weltkrieg abspielt, ob jemand so etwas lesen würde? Er hatte es bis jetzt vermieden Schwulenromanzen zu schreiben, hatte sich einfach nicht denken können wie sein Lektor auf so eine Geschichte reagieren würde.
„Scheiß drauf“, murmelte er vor sich hin während er sich seine Kaffeetasse schnappte.
Er brauchte einfach Ablenkung und in diese Geschichte konnte er wunderbar seine Zweifel verarbeiten. Und wenn es seinem Lektor nicht gefallen würde, wurde es Zeit sich einen neuen zu suchen, auch wenn dieser ihn immer zu Erfolg verleitet hat und immer tolle Ideen gebracht hatte.
Mit dem Kaffee schlürfte er in sein Arbeitszimmer und machte seinen PC an, seit Tagen wusste er schon wie er mit dem Buch anfangen würde, wie es weiterging würde ihm schon beim schreiben einfallen. Es wäre doch sowieso langweilig wenn er jetzt schon das Ende vom Buch wissen würde! Ryan überraschte sich beim Schreiben sehr gerne selbst.
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Hier geht es weiter:
Vier Wochen und 200 Seiten später, saß Ryan nervös im Büro seines Lektors. Patrick hatte nicht schlecht gestaunt, als Ryan ihm aus heiterem Himmel die ganzen ersten 200 Seiten vor die Nase gelegt hatte. Die ganzen vier Wochen war Ryan in einen seiner alten Schreibwahne gefallen. Hatte oft Essen, Trinken und Schlafen vernachlässigt, hat sich aber immer wieder an das Versprechen erinnert, welches er Finn gegeben hatte. Er hatte es nie übertrieben und das zu ungesunde vermieden.
Aber dieses Buch war einfach die perfekte Methode sich all seine Sorgen von der Seele zu schreiben, all seine Gedanken, seine ungelösten Fragen, welche ihm den Verstand raubten, all seine Hoffnungen. Er hatte sich mit seinem ganzen Können bis zum Erschöpfen in dieses Buch gestürzt. Jede einzelne Szene hatte er sicher sechs Mal überarbeitet, hatte oft in seinen Wutanfällen alles gelöscht und von Vorne angefangen. Es waren bis jetzt nur die ersten 200 Seiten niedergeschrieben, die Handlung näherte sich gerade dem Höhepunkt des Geschehens.
Als Ryan nach öfteren Durchlesen halbwegs zufrieden mit allem war, hatte er es seinem Lektor Patrick vorbeigebracht. Dieser hatte überrascht die Augenbrauen gehoben, berechtigt, denn Ryan hatte sich schon sehr lange nicht mehr bei ihm blicken lassen und jetzt, aus heiterem Himmel legt er ihm ein neues Projekt vor. Dass es eine Homoerotische Liebesgeschichte war, hatte er nicht erwähnt, er hatte ihm das Skript einfach auf den Schreibtisch gelegt und ihn angesehen. Und jetzt hatte Patrick ihn herbestellt um über das Skript zu reden, er hatte bei seinem kurzem Anruf nicht gesagt, ob es ihm gefallen hatte oder nicht, er hatte nur gefordert, dass Ryan sofort in sein Büro kommen solle. Nun war er kurz verschwunden um ihnen einen Kaffee zu besorgen.
Nervös klopfte er mit seinen Fingern auf dem Schreibtisch. Was wenn es Patrick nicht gefallen hatte? Oder hatte Patrick vielleicht was gegen schwule Menschen?
Ryan hatte ihm gegenüber nie erwähnt, dass er bi war. Wieso konnte er ihm nicht einfach schon am Telefon sagen, ob es ihm gefallen hatte oder nicht? Wusste er, was für eine enorme Folter dies für Ryan war?
Endlich kam Patrick mit zwei Kaffeetassen durch die Tür und nahm hinter seinem Schreibtisch Platz.
„Trinkst du deinen Kaffee immer noch ohne Zucker und mit viel Milch?“, fragte Patrick seelenruhig, während Ryan immer noch nervös mit seinen Fingern trommelte.
Er nickte bloß kurz und nahm die schwarze Tasse entgegen, welche ihm Patrick reichte. Patrick war geschätzte 1,80 groß, hatte dunkelbraune Haare, welche er an den Seiten kürzer trug, während er seine längeren Haare geschickt zu einer Frisur geformt hatte. Seine Statur war relativ breit, mit breiten Schultern und alles was dazu gehörte. Genau wie Ryan trug er bloß eine simple Jeans und ein einfaches T-Shirt.
„Also… Die Geschichte war eindeutig… mal etwas anderes. Ich hatte gar nicht gewusst, dass du auch an dieser Gerne interessiert bist“, begann Patrick.
„Ich wollte mal etwas Neues ausprobieren und die Geschichte spukte mir schon seit Wochen in meinem Kopf rum“.
„Mhm… Also um es direkt auf den Punkt zu bringen, ich finde die Geschichte einfach klasse. Wenn ich dich nicht kennen würde, hätte ich nie im Leben geglaubt, dass dies deine erste Geschichte ist, dessen Schwerpunkt die Homosexualität ist. Es ist wirklich gut Ryan, ich traue mich zu sagen eine deiner besten Arbeiten. Du hast die Gefühle der Charaktere einfach perfekt beschrieben. Man könnte fast glauben, du würdest selbst so etwas durchmachen“.
„Tja, ich habe mir auch wirklich Mühe gegeben“.
„Das glaube ich dir sofort. Die Handlung ist einfach grandios und perfekt durchdacht und selbst von der Rechtschreibung und der Stilistik her, sind kaum Fehler drinnen. Ich habe es meinem Chef vorgelegt und er war der gleichen Meinung wie ich. Wenn der Rest des Buches genauso gut wird, dann will er es sofort drucken lassen“.
„Wirklich?“, Ryan blickte seinen Lektor überrascht an, ja er hatte sich wirklich angestrengt und war auch stolz auf die Arbeit, aber dass sie selbst dem Chef vom Verlag gefallen würde, hätte er nie gedacht.
„Ja, natürlich! Er wäre ein Trottel, wenn nicht! Weißt du denn schon, wie es weitergehen soll?“.
Die nächsten Stunden, wurde heftig diskutiert und debattiert, wie es mit der Handlung und den Charakteren weitergehen sollte. Ryan nannte Patrick seine Ideen, welche Patrick noch mehr ausschmückte und manchmal sogar leicht änderte.
Die zwei waren die letzten, die nachts den Verlag verließen, Ryan hatte versprochen bis nächste Woche mindesten die nächsten 50 Seiten zu schicken. Als sie aus dem Gebäude traten, bemerkten sie, dass es schon längst dunkel geworden war. Die kühle Nachtluft kam ihnen entgegen und man hörte leise die Grillen zirpen, Ryan liebte solche ruhigen Nächte einfach, es waren kaum Autos auf den Straßen unterwegs und es war angenehm leise. Auch der Himmel war nur leicht bewölkt, sodass man manche Sterne sehen konnte.
Als sie sich verabschiedeten, bemerkte sie, dass sie beide in die gleiche Richtung gehen mussten, so liefen sie eine Weile lang nebeneinander her und unterhielten sich noch etwas, über allgemeine Sachen.
„So, hier muss ich rechts. Tschüss“, meinte Ryan und wollte sich bereits abwenden.
„Hey warte kurz“, verblüfft drehte sich Ryan wieder Patrick zu, was wollte er denn noch?
„Also, darf ich dir eine Frage stellen? So von Kumpel zu Kumpel“.
„Kommt drauf an“, Ryan zuckte mit dem Schultern.
„Also, in dem Skript… Du hast die Gefühle der Personen einfach so gut beschrieben, ist das, weil du vielleicht selbst…?“.
„Schwul bin? Nicht ganz, ich bin bi“, Patrick würde doch kein Problem damit haben oder?
„Oh! Irgendwie habe ich das nie wirklich mitbekommen…“, Patrick wendete den Blick von Ryan ab, blickte lieber auf dem Boden und rieb sich mit einer rechten Hand den Nacken.
„Also wenn das so ist… Normal fange ich nichts mit meinen Klienten an, aber… Würdest du mal mit mir ausgehen?“, nun blickte Patrick ihn wieder direkt an.
Hatte er ihn gerade wirklich nach einer Verabredung gefragt? Patrick, der Mann, mit dem er seit Jahren jedes seiner Bücher und jeden seiner Charaktere durch besprach? Auf dessen Meinung er immer so viel Wert gelegt hatte? Den er irgendwie nie als Mann sondern immer nur als Kollegen gesehen hatte? Nun, dieser stand nun vor ihm und wartete noch immer auf eine Antwort, aber was sollte er jetzt sagen? Was erwartete er nun von ihm? Würde er verletzt sein würde, wenn er ablehnen würde? Sollte er ihm sagen, dass er einen anderen hatte? Aber hatte er denn einen anderen, Finn zählte nicht wirklich als festen Freund, nur als heimliche >große Liebe<. Aber dieser wusste ja nichts davon und was hatte er zu verlieren wenn er mit Patrick ausgehen würde? Verdammt seit wann denn alles so kompliziert?!
Patrick war ein netter, kluger, witziger Mann, mit dem er sich gut verstand, also warum sollte er nicht mit ihm ausgehen? Ein Date, mehr war es doch gar nicht. Er verpflichtete sich zu nichts, nur ein einfaches Treffen, das musste doch noch nichts heißen oder?
„Hey, du bist nicht gezwungen wenn du nicht willst, es war bloß eine Frage“, Patrick musste wohl mitbekommen haben, dass Ryan sich zu viele Gedanken machte.
„Ist ja auch egal, dann bis nächste Woche“, nun war Patrick derjenige, der sich abwendete.
„Nein! Ich würde gerne mal mit dir ausgehen“, gab Ryan nun zu, es stimmte ja auch, was sprach gegen ein Treffen?
„Okay“, Patrick fing an zu lächeln, „dann ruf ich dich morgen an und wir können besprechen was wir machen ja?“.
„In Ordnung“, Ryan erwiderte sein Lächeln, wieso war ihm nie aufgefallen, was für eine sympathische Ausstrahlung Patrick eigentlich hatte?
„Also lass dein Handy an, wenn du wieder in deinem Schreibwahn bist“, fügte er grinsend hinzu.
„Wird gemacht, gute Nacht“.
„Nacht“, nun drehten sich doch beide um und gingen ihres Weges.
„Ich versteh einfach nicht, was dein Problem ist!“, schnaufte Felix genervt.
Ryan und Felix hatten sich in Felix´ Wohnung getroffen, seit sie sich wieder getroffen hatten, trafen sie sich öfter in der Woche um einfach zu reden oder etwas zu unternehmen. Gerade hatte ihm Ryan von seinem Date mit Patrick erzählt.
„Ich sollte ihm doch absagen“, meinte Ryan und holte sein Handy hervor, gestern hatte ihn Patrick noch wie versprochen angerufen und vorgeschlagen, einfach in ein italienisches Restaurant zu gehen und dann zu schauen, was sie danach machen wollten.
„Leg endlich dieses verfluchte Handy aus der Hand! Man Ryan, du nervst langsam echt!“.
„Entschuldige, dass ich dachte, du als mein Freund würdest dir meine Probleme anhören!“.
Felix nahm Ryan das Handy kompromisslos aus der Hand:
„Ich hör sie mir immer wieder gerne an, aber seit einer Stunde spielst du immer wieder das gleiche Mantra ab. Hör mal, das ist kein Fremdgehen! Versteh mich nicht falsch, ich bin ein großer Anhänger der ‚Ryan und Finn für immer‘ Gemeinde, aber Finn sitzt am anderen Ende der Welt und wird sobald auch nicht wieder kommen“.
„Er wird in genau 16 Tagen wieder kommen und es ist trotzdem-“.
„Und selbst wenn er hier wäre“, unterbrach Felix ihn, „Ihr seit nicht zusammen oder? Du bist ihm nichts schuldig. Ja, ich bin dafür, dass du Finn deine Gefühle gestehst, aber wenn ihr noch nicht einmal zusammen seit, wieso sollst du dann auf ein einfaches Date verzichten? Ich meine was hast du zu verlieren? Nur weil ihr einmal ausgeht, heißt das nicht, dass du Finn betrügst. Ich meine ihr seit nicht zusammen, ihr geht einfach essen. Das schlimmste was passieren kann, ist das du EINMAL ohne Finn Spaß hast, ist das denn so schlimm?“.
„Es ist ja nicht nur das, er ist mein Lektor, was wenn es ein Reinfall wird? Ich werde ihm immer wieder begegnen!“.
„Und was wenn es keiner wird? Du hast doch selbst gesagt, dass du ihn gerne hast, also kann es nicht so schlimm werden“.
„Ja aber-“.
„Kein Aber mehr. Wir haben das alles jetzt genügend oft durchgekaut. Du gehst heute Abend mit ihm aus und Schluss. Und sobald du zurück vom Date bist, rufst du mich an und erstattest Bericht“.
„Schon mal etwas von Privatsphäre gehört?“.
„Die Privatsphäre hast du dir verspielt, als du mir eine Stunde lang das Ohr für nichts und wieder nichts abgekaut hast“.
Ryan schnappte sich sein Handy aus Felix´ Hand zurück und steckte es wieder in seine Hosentasche.
„Weist du schon, wohin ihr geht?“.
„Er holt mich um halb acht ab und dann gehen wir italienisch essen“.
„Und danach?“, fragte Felix nach.
„Er hat gemeint, wir sehen was der Abend noch bringt“.
„Du weist aber schon, was das heißt oder Ryan?“.
„Es heißt, dass wir sehen was der Abend noch so bringt“.
Felix schlug sich mit der Hand auf die Stirn:
„Mann oh Mann. Das heißt, dass er gleich nach dem Essen zu dir oder zu ihm nach Hause will und dann-“.
„Nein! Das heißt es nicht. Er ist mein Lektor, wenn wir das machen würden, könnten wir uns nie wieder unter die Augen treten“.
„Er geht aber nicht als dein Lektor mit dir aus, sondern als Mann mit Bedürfnissen“.
„Wie das bei dir klingt! Wir gehen bloß essen“.
„Genau, bloß essen… und danach…“, Felix wackelte mit seinen Augenbrauen.
Ryan schlug seinen Freund auf die Schulter:
„Hör bloß auf“.
„Hey, Mark und ich hatten auch gleich beim ersten Date-“.
„Das ist was anderes“.
„In wie fern?“.
„Du warst nicht in einen anderen verliebt, als du mit ihm ausgegangen bist“.
„Nur weil du verliebt bist, heißt es nicht, dass du keinen Spaß haben darfst oder?“.
Ryan warf ihm einen wütenden Blick zu, Felix hob beschwichtigend seine Hände:
„Na schön, na schön. Dann eben keinen >Spaß<, aber einen schönen Abend könnt ihr ja haben, nicht? Essen und eine nette Unterhaltung…“.
„Genau, ich könnte sogar wetten, dass wir nur über die Arbeit reden werden“.
„Ich glaub´s auch“, meinte Felix sarkastisch, wofür er wieder einen Schlag von Ryan kassierte.
Doch am Ende behielt Felix recht, es wurde ein netter Abend und sie unterhielten sich nicht über die Arbeit. Sie unterhielten sich über alles Mögliche, aber mit keinem Wort verlierten sie über eines von Ryans Bücher. Ryan lernte Patrick so viel besser kennen, er erzählte ihm vieles was er noch nicht wusste. Es war schon komisch, dass ihnen nie der Gesprächsstoff ausging, es war ganz schön sich mit Patrick zu unterhalten, wie mit einem alten Freund, dem man alles erzählen und sehr viel mit ihm lachen konnte. Zum Beispiel hatte Patrick in seiner Schulzeit Italienisch gelernt, nur weil er die Speisen besser fand als die französischen, jedoch hatte er sich mit der Sprache offensichtlich schwer getan.
Gegen Mitternacht brachte Patrick Ryan wieder nach Hause, es war doch etwas länger geworden, nach dem Essen waren sie einfach etwas durch die Stadt gegangen, hatten sich umgeschaut und hatten sich schließlich in eine Baar gesetzt um sich weiter zu unterhalten. Bis zu seiner Haustür folgte Patrick ihm, bliebt dann schließlich mit ihm vor dieser stehen. Ryan blickte ihm nervös an, wieso begleitete er ihm bis zur Tür, wollte er etwa mit reinkommen.
„Das war echt ein schöner Abend“, meinte Patrick plötzlich.
„Ja, war wirklich nett“.
„Wirklich schade, dass ich nicht früher mitbekommen habe, dass du bi bist, sonst hätte ich dich schon längst um ein Date gebeten“.
„Achja?“.
Plötzlich legte Patrick seine Arme um seine Hüfte und zog ihn näher zu sich:
„Natürlich“, er lehnte seine Stirn gegen die von Ryan, „du bist ein gut aussehender, kluger, sympathischer Mann und wir verstehen uns doch mehr als gut, findest du nicht?“.
Ryan verkrampfte sich in seinen Armen, er verfluchte Felix dafür, dass er recht hatte. Er hätte dieses Treffen doch absagen sollen oder gar nicht erst zusagen dürfen. Patrick näherte sich langsam seinem Gesicht, es war klar was er tun wollte, genau ab da wurde es Ryan einfach zu viel und er befreite sich aus Patricks Armen. Dieser blickte ihn verblüfft an und trat einen Schritt zurück.
„Tut mir leid“, murmelte Ryan.
„Lass mich raten: Ein anderer?“.
Mit gesenktem Blick nickte Ryan langsam, leugnen brachte nichts.
„Darf ich weiter raten? Dunkelblond, grüngraue Augen, muskulös und ein Draufgänger, kennt sich gut mit Motorrädern aus und fährt selbst öfter gerne Rennen“.
Mit offenem Mund starrte Ryan ihn an:
„Woher weißt du das alles?“.
„Ich bin nicht blind Ryan, in all deinen Bücher nimmt die männliche Hauptfigur meistens das gleiche Aussehen oder das gleiche verhalten an und jetzt, dank dem letzten Skript… Ich habe eins und eins zusammenzählt“.
„Tut mir leid, ich kann ihn einfach nicht-“.
„Mir tut es leid, ich sollte einfach mit keinen Klienten ausgehen… Wer ist er denn?“.
„Mein Mitbewohner…“.
„Finn? Dein bester Freund seit deiner Kindheit? Hätte mir auffallen müssen, du redest ja öfter von ihm… Tja, soviel dazu, hast du es ihm denn auch mal gesagt?“.
Langsam schüttelte Ryan den Kopf.
„Wie lange denn schon?“.
„Viel zu lange, ich weiß es selbst nicht genau“.
„Nun, dann wünsche ich dir, dass er dasselbe fühlt“, er legte seine Han auf Ryans Schulter.
„Danke, dass wünsche ich mir auch…“.
„Es war trotzdem ein schöner Abend, gute Nacht“, damit wand Patrick sich ab und verschwand auch schon.
Kopfschüttelnd sperrte Ryan die Tür auf ging ins Haus, Patrick hatte es bemerkt, kein Wunder, er verbesserte ja auch jedes seiner Bücher. Finn hatte auch jedes seiner Bücher gelesen, wie kam es, dass es ihm nie aufgefallen war? Oder wusste er es schon längst und hatte nichts gesagt? Einfach weil er nicht dasselbe empfand?
Ryan zog sich um und ließ sich seufzend in sein Bett fallen, natürlich auf Finns Seite. Nur mehr 16 Tage und er würde wieder hier neben ihm legen. Das waren kaum mehr als 2 Wochen, nur wie würde es dann weiter gehen? So wie immer? Oder würde er ENDLICH den Mut finden? Oder war er für ewig dazu verdammt, Finn so nahe und trotzdem so fern zu sein?
Dieser beinahe Kuss mit Patrick, erinnerte ihn an diese Nacht auf dem Hoteldach, ihrem ersten und einzigen Kuss. Wie kam es bloß, dass er sich noch genau daran erinnern konnte, wie es sich angefühlt hatte? Während Finn das ganze wahrscheinlich schon längst vergessen hatte?
16 Tage, er freute sich, hatte aber gleichzeitig riesige Angst davor Finn wieder zu sehen.
Am nächsten Tag wurde Ryan wach, weil es draußen regnete. Im Schlafzimmer konnte man immer sofort hören, wann es zu regnen begann, da es dort sehr große Fenster gab, gegen welche die Regetropfen klopften. Ryan mochte den Regen und er liebte es den Tropfen zu lauschen, es war beruhigend und erinnerte ihn an die alten Zeiten.
Einen Moment noch blieb er liegen, lauschte dem Regen und spürte dabei Finns Duft, der nur mehr schwach zu vernehmen war. Gähnend stand er auf und streckte sich erst einmal. Dann verschwand er geradewegs in die Küche, um sich einen Kaffee zu holen. Mit der warmen Tasse setzte er sich dann auf die Terrasse, diese hatte ein Dach so konnte er draußen sitzen und den Regen betrachten, ohne dabei nass zu werden. Immer wieder musste er an die Ereignisse früher denken und ließ dabei seine Gedanken schweifen, egal wann es regnete, immer spielte sich die selbe Erinnerung in seinem Kopf dazu ab, wie ein Film welchen man immer und immer abschaute, obwohl man das Ende schon kannte.
Es war noch auf der High-School, er war erst seit einigen Monaten mit Shelly zusammengekommen, kurz nachdem Felix wieder aus der Stadt gezogen war. Bis hin zu den letzen zwei Schulwochen drückten die Lehrer ihnen immer wieder Tests oder Klausuren auf, alle Schüler waren gestresst und konnten vor lauter lernen nicht mehr klar denken. In dieser Zeit waren alle fertig und erschöpft und konnten sich nur mit den Gedanken an die wohlverdienten Sommerferien retten.
Finn und Ryan hatten für alle Prüfungen zusammen gelernt und so wie der Rest der Schüler, keinen Nerv mehr dafür gehabt. Bei jedem Treffen zum Lernen und nach jeder Prüfung die sie hatten, hatte Finn nur davon geredet, was er machen würde sobald die Sommerferien anfangen würden.
„Ich sag dir was, nach dem die Ferien anfangen, gleich am ersten Tag, springe ich auf mein Motorrad und fahre ans Meer und für die ersten Wochen wird mich niemand mehr zurückbekommen“, hatte er seine Worte noch immer im Kopf.
„Wird dich auch keiner aufhalten, aber jetzt konzentrier dich bitte auf den Stoff“, meinte Ryan und deutete in sein Lehrbuch.
„Und dich werde ich mitnehmen, also freu dich verdammt nochmal“, entgegnete er bloß.
„Klar, erst geht die Welt unter, bevor du mich auf so eine lange Fahrt auf dein Motorrad bekommst“, hin und wieder nahm Finn ihn auf eine Spritztour mit, aber eine Reise ans Meer erschien ihm doch zu lange und war sicher nicht auf lange Zeit bequem.
„Du wirst schon noch sehen“, prophezeite Finn.
Finn hatte erst vor kurzem seinen Führerschein gemacht und durfte nun auch offiziell Motorrad fahren, musste sich nicht mehr mit den anderen heimlich nachts in dem Wald rumfahren, wozu er Ryan immer mitgenommen hatte.
Letzend Endes hatte Finn recht behalten und am Morgen nach der Zeugnisvergabe, packte er wirklich alles auf sein Motorrad, die Topcases des Motorrades waren alle drei vollgestopft und viele Sachen waren auch nur so auf das Motorrad geschnurrt. Finn hatte sicher fünfmal überprüft, ob auch nichts zu locker angebunden war. Die Sachen die nicht reingepasst haben, trug Ryan noch in dem Rucksack, den er anhatte.
Finn hatten ihm die ganzen letzen Wochen versucht zu überzeugen, bis Ryan wirklich nachgegeben hatte und versprach mitzukommen. Am Abend des letzten Schultages, hatten viele von Finns Freunden gefragt, ob er denn am nächsten Tag mit kam, denn sie würden eine große Hausparty schmeißen. Doch Finn hatte nur lächelnd ab gewunken und gemeint, er würde lieber mit seinem besten Freund an das Meer fahren. Ryan war verwundert gewesen, so wie auch Finns Freunde, die Ryan nicht besonders mochten. Sie hätten doch einfach noch einen Tag warten können und hätten nach der Party fahren können, doch Finn verzichtete. Ryan hätte nie gedacht, dass er ihn seinen Freunden, auch bei so etwas vorziehen würde.
So machten sie sich in aller Frühe, in der normale Menschen noch in ihren Betten schliefen, auf den Weg. Die Fahrt dorthin würde zwei Tage dauern, sie würden einmal bei einer Pension stehen bleiben, um zu schlafen und natürlich mehrmals kleinere Pausen einlegen.
Auf abgelegenen Wegen überschritt Finn öfter das erlaubte Tempo, doch Ryan war nicht beunruhigt deswegen, denn er wusste, dass Finn bereits genug Übung darin hatte. Ryan genoss die Fahrt, musste zugeben dass er doch immer mehr gefallen an dem Motorradfahren fand, aber auch nur als Mitfahrer, er würde sich nie trauern selbst zu fahren, auch wenn Finn es ihm schon öfter angeboten hatte. Das war wirklich ein Zeichen davon, dass dieser Ryan vertraute, denn normalerweise lies Finn niemanden an seine Maschine, sie war sein Heiligtum, das erste Motorrad, welches er sich aus seinem eigenen Ersparten gekauft hatte.
Da Finn den Weg doch nicht ganz beherrschte, hatten sie den Navi aus dem Auto von Ryans Eltern mitgenommen, da sie diesen aber nicht auf dem Motorrad befestigen konnten, nahm Ryan den Navi immer in die Hand, wenn sie ihn benötigten, so konnte er sich nur mit einer Hand festhalten, deshalb fuhr Finn immer vorsichtiger wenn sie den Navi brauchten. Manche Passanten aus den Autos, die an ihnen vorbeifuhren, hatten ihnen amüsierte Blicke zugeworfen, als sie sahen wie Ryan hinten den Navi in seiner Hand hielt und Finn immer wieder Anweisungen gab.
Normalerweise war Finn immer mit seinen Eltern an das Meer gefahren, denn sie kannten dort eine alte Dame, die ihnen immer einen guten Preis für ein Apartment bot, da sie die Frau schon länger kannten und diese jährlich besuchten. Doch dieses Jahr wollte Finn unbedingt mit Ryan und mit seinem Motorrad in den Urlaub fahren. Nur war der Weg lange und etwas kompliziert wenn man die Mautstellen umfuhr, deshalb benötigten sie hin und wieder doch den Navi.
Alles in einem war die Fahrt ein Erlebnis an sich, nur nach Sonnenuntergang hatten sie Pech. Es war bereits dunkel und sie waren auf einer einsamen Straße, eine Straße, auf der keiner sonst fuhr und die von einem Dorf in das nächste Dorf führte. Leider war diese Straße sehr lang und sie brauchten noch eine Stunde bis in das nächste Dorf, wo sie eigentlich zum Schlafen in einer Pension bleiben wollten. Doch der Himmel war bereits bewölkt und von dem schönen Wetter, vom Anfang der Reise, war nichts mehr zu erahnen.
Irgendwann trat das Unvermeidliche ein und es begann zu regnen, auf dem Motorrad war dies ziemlich unangenehm, da sie beide Shorts und kurzärmlige T-Shirts trugen. Ja, man sollte normalerweise immer annehmen, dass es bei einer langen Fahrt, in einer solchen Kleidung kalt werden sollte, doch am Tag war es wirklich noch unaufhaltsam heiß gewesen.
„Scheiße, das ist saukalt!“, schrie Finn, damit Ryan es auch verstand.
„Es dauert aber noch eine Stunde ins nächste Dorf, wir müssen es wohl oder übel aushalten“.
Der Regen wurde immer stärker und langsam setzte auch der Wind ein, was Ryan dadurch bemerkte, dass Finn mit dem Motorrad immer wieder zu Seite schwankte, da er ja gegen den Wind halten musste, um auf der Straße zu bleiben.
Beide waren bereits durchnässt und froren, Ryan hoffte inständig dass es nicht anfangen würde zu hageln, denn genau danach sah es aus.
Plötzlich vernahmen sie in der Nähe eine alte Tankstelle auf die Finn augenblicklich zusteuerte. Als sie unter das Dach der Tankstelle fuhren, bemerkte sie, dass diese leer war und nicht mehr genutzt wurde. Das Licht war überall abgedreht und auch der Laden war innen leer, die Tankstelle hatte wohl schon vor ein paar Jahren dicht gemacht.
Finn stellte den Motor ab, ließ das Licht brennen und blieb stehen:
„Steig ab“, meinte er und Ryan folgte seiner Bitte.
Ruhig stellte Finn die Maschine ab und stieg nun selbst ab, als nächstes zog er seinen Helm aus und legte diesen auf den Sitz, welcher nun ebenfalls nass wurde.
„Was machen wir jetzt? Warten wir bis es aufhört zu schütten?“, fragte Ryan nach.
Ryan begann die Topcases zu öffnen und die Taschen durchzuwühlen.
„Was machst du?“, Ryans Frage wurde gleich beantwortet, als Finn ein Handtuch hervorzog und begann sich abzutrocknen, danach reichte er es Ryan.
Plötzlich hörten sie einen lauten Donner und bemerkten, dass es anfing zu hageln.
„Hier kommen wir heute Nacht nicht mehr weg“, meinte Finn.
Ryan schüttelte den Kopf und trocknete sich nun ebenfalls ab, während Finn erneut begann durch die Taschen zu wühlen.
„Und du meintest, ich solle den Schlafsack nicht mitnehmen, weil er bloß Platzverschwendung sei“, lachte Finn, während er diesen hervorholte.
Ryan betrachtete den Schlafsack kritisch, wollte er jetzt ernsthaft hier schlafen, mitten im Nirgendwo, in einer alten, verlassenen Tankstelle?
„Keine Sorge, der ist groß genug für uns beide oder willst du erfrieren?“, sagte Finn als er seinen skeptischen Blick deutete.
„Willst du jetzt wirklich schlafen?“, fragte Ryan verwundert.
„Was willst du sonst tun?“, entgegnete dieser.
„Gute Frage…“.
Finn begann den Schlafsack auszubreiten und stellte das Licht des Motorrades ab:
„Keine Sorge, wir fahren gleich morgen in der Früh weiter, da wird sich das Gewitter schon gelegt haben“.
Finn legte sich in den großen, dunkelgrünen Schlafsack und deutete Ryan sich zu ihm zu legen. Ryan musste zugeben, dass ihm schon sehr kalt war, er würde bald beginnen zu zittern, außerdem war er schon recht müde von der Fahrt. Seufzend legte er sich zu Finn in den Schlafsack, sofort wurde ihm wärmer.
„Morgen werden wir in der nächsten Stadt frühstücken und gegen Abend werden wir schon im Apartment am Strand sein. Es tut mir leid, dass wir so einen Stopp einlegen mussten“, meinte Finn bedauernd.
„Das konntest du ja nicht vorauswissen, wenigstens haben wir was gefunden wo wir uns unterstellen können… Das mit dem Hagel hätte noch schlimm enden können“.
Eine Weile schweigen sie, bis Finn plötzlich das Schweigen unterbrach.
„Und es tut mir leid, dass du dich wegen mir mit Shelly gestritten hast“.
Shelly war nicht begeistert gewesen, als Ryan ihr gesagt hatte, dass er die ersten Wochen der Ferien mit Finn im Ausland verbringen würde, sie hatte ihren ersten gemeinsamen Sommer bereits verplant gehabt, natürlich ohne, dass er etwas davon wusste.
„Nicht der Rede wert, sobald wir zurück sein werden, wird sie so tun als wäre nie etwas gewesen, so wie sie es immer tut. Wahrscheinlich will sie sogar ein Souvenir haben“.
„So wie immer?“, fragte Finn nach.
„Sie findet dauernd einen Grund, um einen Streit anzufangen, kommt dann aber nach Tagen wieder zu mir und tut so, als wäre nie etwas gewesen…“.
„Oh… Davon hast du mir nie erzählt“.
„Es ist ja auch nicht erzählenswert, außerdem waren wir alle sehr mit dem Lernen beschäftigt, da habe ich mir keine Gedanken darüber gemacht“.
„Also Ryan, ich habe nie etwas gesagt, aber irgendwie verstehe ich nicht, was du an ihr liebst“, gab Finn ehrlich zu.
„Ich liebe sie nicht“, gab Ryan zu.
„Was? Du liebst sie nicht?“, fragte Finn schockiert nach.
„Nein, sie mich ja auch nicht“.
„Wieso seid ihr dann zusammen? Sollte man sich denn nicht lieben?“.
„Nun ja, wir waren beide alleine, wollten aber nicht mehr alleine sein, also hat es sich so ergeben“.
„Nur deshalb seid ihr zusammen? Ist das nicht etwas falsch?“.
„Wir wissen beide Bescheid und sind beide damit einverstanden, also wieso sollte es falsch sein? Sobald sich der eine ernsthaft in jemand anderen verliebt, kann derjenige ja Schluss machen“, erklärte Ryan, obwohl er selbst nicht wirklich überzeugt davon war, aber was sollte er denn machen?
„Also liebst du sie nicht… Hast du Felix geliebt?“, wollte Finn wissen, Ryan sah ihn, sobald es ihm dunklen möglich war, überrascht an.
„Wie kommst du darauf? Felix und ich waren doch nur Freunde“.
„Aber… Ihr habt euch doch geküsst und habt… mit einander geschlafen oder nicht?“, fragte Finn verwirrt.
„Ja, schon. Wir wollte einfach beide wissen wie das ist und haben eben vieles ausprobiert“, gab Ryan zu, „aber wir sind nur Freunde“, fügte er hinzu.
Finn bewegte sich ruckartig und hatte sich plötzlich über Ryan gebeugt, dieser blickte ihn perplex an.
„Du wolltest nur wissen wie es ist?“, wiederholte Finn seine Worte.
„Ja“, bestätigte Ryan.
„Wie was ist? Mit jemanden zusammen zu sein, wie es ist mit einem Jungen zusammen zu sein oder wie es ist mit Felix zusammen zu sein?“.
„Ich weiß nicht, wie es mit einem Jungen ist, schätze ich mal, was soll die Frage überhaupt?“.
Finn beugte sich etwas näher nieder, er konnte seinen Atem in seinem Gesicht spüren.
„Und da hast du ihn gefragt?“, überging Finn seine Frage.
Langsam nickte Ryan, er verstand nicht, warum Finn plötzlich so viele Fragen stellte, früher hatte er nie etwas dazu gesagt, auch dann nicht, wenn er ihn etwas über Felix und sich erzählt hatte.
„Wenn du Felix nicht geliebt hast und Shelly nicht liebst, wen liebst du dann?“, fragte Finn leise, er flüsterte beinahe.
„Keine Ahnung, keinen würde ich sagen. Ich habe noch nie jemanden geliebt“.
Finn ließ sich wieder auf seinen Rücken neben Ryan nieder und seufzte laut.
„Wieso fragst du? Liebst du jemanden?“, Finn hatte ihm in letzter Zeit von keinem Mädchen erzählt, welches ihm gefallen würde.
„Ich weiß es nicht genau, aber ich glaube ja“, gab dieser leise zu.
„Wirklich? Wer denn?“.
Lange blieb Finn stumm, Ryan dachte nicht, dass er noch eine Antwort von ihm bekommen würde, doch er irrte sich:
„Das ist egal, die Person wird es nie erfahren“.
„Wieso denn nicht?“.
„Es steht einfach zu viel auf dem Spiel“.
„Wie meinst du das?“, Ryan verstand nicht was Finn ihm sagen wollte.
„Egal, wir sollten jetzt schlafen, wir müssen schon in der Früh weiter. Gute Nacht“.
Ryan konnte sich nicht vorstellen, wen Finn damit meinen konnte, ihm wollte kein Mädchen einfallen, welches zu Finn „Nein“ gesagt hätte, vielleicht war das Mädchen ja bereits vergeben? Ryan hatte es nie erfahren, denn dieses Thema sprachen sie nie wieder an.
Der Urlaub war wundervoll gewesen, vormittags hatten sie immer die Stadt erforscht, waren durch die engen Gassen geschlichen und Finn hatte Ryan zu fast jeder Sehenswürdigkeit etwas erzählen können. Ryan fand schon immer, dass man eine Stadt am besten erforschen konnte, wenn man durch die kleinen Gassen irrte und immer wieder neue Stellen entdeckte. Es war eine sehr alte Stadt, sie hatte manche antiken Gebäude und auch Ruinen. In den Straßen kreuzte ein Souvenirshop den anderen, so gab es auch viele Cafés, Restaurants, Eisstände, und erstaunlich viele Straßenkünstler, jeden Tag sahen sie sich etwas anderes an und aßen schließlich irgendwo zu Mittag.
Nachmittags gingen sie an den Strand, welcher gleich von dem Garten des Apartments erreichbar war. Die Besitzerin hatte einen kleinen Privatstrand, neben ihren Häusern, so mussten sie sich den Strand bloß mit den anderen Gästen teilen, die hauptsächlich aus Familien mit kleinen Kindern bestand teilen.
Anschließend aßen sie, in dem Restaurant der Besitzerin zu Abend. Sie hatten Halbpension erhalten, also waren Frühstück und Abendessen, in dem Restaurant gegenüber des Hauses, in dem sich ihr Apartment befand, im Preis inbegriffen.
Nachdem Abendessen hatten sie sich immer zurück an den Strand begeben und sich den Sonnenuntergang angesehen, dieser sah, erstaunlicherweise, jeden Abend etwas anders aus. Meistens waren da noch ein paar der Gäste an dem Strand doch spätestens, wenn es bereits dunkel wurde, zogen sich die letzten Gäste immer in ihre Zimmer zurück, doch nicht sie.
Die beiden blieben immer draußen am Strand sitzen und beobachteten die Sterne, dies wurde nie langweilig, denn nebenbei unterhielten sie sich über alle möglichen Sachen, ihnen ging der Gesprächsstoff nur selten aus.
Einmal waren sie vormittags sogar richtig tauchen gegangen, mit Ausrüstung und allem drum und dran, dies hatten sie in einem „Diving Club“ organisiert. Daneben hatten sie einmal einen Ausflug, mit einem Schiff, auf eine andere Insel, auf dem sich ein Nationalpark befand, gemacht. Dort gab es atemberaubend hohe Klippen, die geradewegs ins Wasser führten, viel zu hoch, um davon springen zu können, aber der Anblick war einfach genial. Mit der Schifffahrt hatte dieser Ausflug einen ganzen Tag gedauert und sie hatten eine Menge Fotos gemacht.
Dieser Ausflug war zu einer Tradition geworden, jedes Jahr, zu Anfang des Sommers, fuhren sie immer noch mit einem Motorrad, zu zweit an das Meer, in dasselbe Apartment, an den gleichen Strand. Selbst nachdem sie die Schule schon verlassen hatten, Ryan konnte seine Arbeit ja mitnehmen und Finn versuchte immer in den ersten zwei Wochen des Julis frei zu bekommen. Nur dieses Jahr war der Urlaub ausgeblieben, da Finn ja in die Colorado Wüste gefahren war, dank Ryan.
Ryan schüttelte den Kopf und stellte die, mittlerweile leere, Kaffeetasse auf den Tisch der Terrasse ab. Ob Finn daran dachte, dass es dieses Jahr das erste Mal war, das der gemeinsame Urlaub ausfiel? Sicher nicht, er hatte sich zu sehr auf die Colorado Wüste gefreut. An dem war auch nichts anzumerken, sollte Finn sich doch freuen, Ryan war es das alleine schon wert gewesen, als er gesehen hatte, wie sehr Finn sich über sein Geschenk gefreut hatte.
Hin und wieder wünschte er sich wieder diesen ersten Urlaub herbei, das war der letzte Sommer gewesen, indem Ryan sich nicht dauernd gewünscht hätte, aus ihm und Finn würde mehr werden. Dies war der letzte Sommer, in dem er nicht verwirrt war und er Finn bloß als seinen besten Freund sah, den einzigen Freund, welcher immer für ihn da war, auf den er sich immer verlassen konnte, so wie Finn sich auch auf ihn verlassen konnte.
Da war er noch nicht der Mann, den er über Jahre hinweg liebte, sondern einfach sein bester Freund.
Wann hatte es bloß begonnen, wann hatte sich alles verändert? Vielleicht war er da schon in Finn verliebt gewesen, hatte es bloß nicht bemerkt? Wieso hatten es alle früher bemerkt, als er selbst? Nur eben Finn war noch ahnungslos, würde es aber vielleicht nicht mehr lange bleiben.
Entschlossen stand Ryan auf, es war lächerlich, Jahre hinweg hatte er einfach geschwiegen und Finns Nähe heimlich genossen, er sollte endlich mit der Wahrheit rausrücken, sonst würde er sich wohl nie von Finn lösen, vielleicht wollte er sich aber auch einfach nicht von Finn lösen?
Er würde es Finn sagen, dieser würde ihm einen Korb geben und Ryan müsste es verkraften und seine Hoffnungen endlich sterben lassen, aber vielleicht war es so auch einfach das Beste für alle?
Vielleicht würde er dann endlich von ihm loskommen und endlich mit allem abschließen, wenn Finn ihm persönlich sagen würde, dass er nur Freundschaft empfand.
Aber Ryan mochte die Ungewissheit, sie machte einen zwar fertig, aber Ungewissheit hieß, das alles noch möglich sein könnte. Sollte er es vielleicht einfach dabei belassen und dankbar sein, dass er dem Mann, den er liebte, so nahe war? Wie er es vielleicht nie sein würde, wenn dieser die Wahrheit wissen würde? Denn eines war klar, er würde nicht so schnell aufhören Finn zu lieben, denn dies hatte über all die Jahre nicht geklappt, wieso sollte es also jemals klappen?
„Vielleicht, vielleicht, vielleicht, ist das alles wovon ich leben soll?!“, fragte er laut.
„Ich werde es ihm sagen, ich muss es, ich muss! Ich halte es einfach nicht mehr aus!“, sagte er laut zu sich selbst, es war keiner da, der ihn sonst hören könnte.
„Ich muss! Nur mehr 15 Tage“, sagte er entschlossen und laut, schrie es fast hinaus, aber es war ihm egal, niemand war der, der ihn hätte hören können.
15 Tage. 360 Stunden. 21 600 Minuten, warten konnte echt eine Folter sein.
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Ich habe mich im Urlaub reichlich inspirieren lassen ^^
ich hoffe, es gefällt euch, ich würde mich Wahnsinnig über Kommentare freuen! Auch wenn es so lange gebraucht hat, wieder etwas online zu stellen, dafür will ich mich erneut entschuldigen :/ Danke, dass ihr trotzdem reingelesen habt!
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Ryan war noch nie gut im abwarten, immer wenn er gespannt auf etwas wartete, starrte er alle zwei Minuten auf die Uhr, nur um zu sehen wie viel Zeit bereits vergangen ist. In solchen Zeiten konnte er durchdrehen, vor allem weil er dann immer eine Beschäftigung brauchte, er konnte nicht einfach rum sitzen und warten, dass machte ihn nur noch nervöser.
Die ganze Zeit drehten sich seine Gedanken nur um eines: Finn.
Wie würde er reagieren? Wie sollte er es ihm am besten sagen? Würde er ihn verstehen? Wie würde es weitergehen, wenn Finn ihn nicht mehr sehen wollte? Wohin sollte er dann ziehen? Konnte er sich eine Miete, mit dem alleinigen Lohn leisten? In welche Gegend sollte er ziehen, wenn Finn ihm vor die Tür sitzt? Hatte er nicht letztens von billigeren Preisen in der Nachbarstadt gehört?
Immer wenn Ryan bereits bei dem Gedanken angekommen war, schnauzte er Haare raufend und versuchte sich abzulenken und an etwas anderes zu denken. Doch es gelang ihm nicht, seine Gedanken liefen immer wieder im Kreis.
Das Haus hatte er bereits bis auf das letzte Staubkorn geputzt, dabei hatte er Finns Lieblings CDs gehört und dabei auch noch laut mitgesungen, er konnte von Glück reden, dass die Nachbarn sich nicht beschwert hatten. Wenn er nervös war, putze er immer das ganze Haus. Bei solchen Situationen hatte Finn ihn immer beruhigt, aber erst nachdem er mit dem putzen fertig war, weil Finn meist selbst zu faul war im Haushalt zu helfen. Doch er war nicht hier, konnte ihn nicht beruhigen und selbst wenn er hier gewesen wäre, hätte seine Nervosität ihn wahrscheinlich schon umgebracht.
Als es nicht mehr zum aushalten war und er nichts mehr hatte, dass er putzen konnte, stürzte er sich auf das Schreiben, dies war seine letzte Fluchtmöglichkeit. Fest nahm er sich vor, dass Buch zu beenden, noch bevor Finn zurückkehren würde. Schnell versank er in seiner fiktiven Welt, wo er über alle Menschen und Figuren Macht hatte, sich in alle versetzten musste, Gefühle und Handlungen von fiktiven Figuren beschreiben musste und so keine Zeit mehr für seine eignen hatte. Er verfiel in einem Schreibrausch, aus welchen Finn ihn sonst immer bewahrt hatte, weil er dabei oft seine eigenen Anliegen vernachlässigte. Doch Ryan achtete diesmal pikiert darauf, dass er genug Schlaf und Essen bekam, da Finn es ja nicht mehr für ihn tun konnte.
Stunden und Tage zogen an ihm vorbei, doch er bemerkte es nicht, wollte vollends in seiner erfundenen Welt verschwinden, verdrängte jeden Gedanken der nichts mit dem Buch zu tun hatte. Gerade hatte er den Höhepunkt des Buches hinter sich, war sogar, nach einem kurzen Überfliegen der letzten Seiten, ziemlich zufrieden mit der Wortwahl und den Satzstellungen und wollte sich gerade dem Ende des Buches widmen, als es an seinem Handy klingelte.
Es dauerte eine Weile, bis der das verschollene Handy auf seinem Schreibtisch finden konnte, denn auf dem Schreibtisch waren unzählige Notizen für das Buch, die er immer nebenbei aufschrieb, falls ihm etwas zu dem Buch einfiel, verstreut. Bevor der Klingelton verstummen konnte, fand er jedoch und ging so schnell er konnte ran, bevor das Handy noch verstummen konnte.
„Ryan? Lebst du noch? Ich habe dir sicher 20 Nachrichten geschrieben!“, hörte er die leicht verärgerte Stimme von Felix.
„Jap, das kommt so hin“, murmelte Ryan, als er begann die Notizen zu ordnen und auszusortieren.
„Und wieso hast du auf keine geantwortet?“.
„War beschäftigt“, Ryan speicherte das geöffnete Dokument erneut ab, bei so etwas ging er immer sehr vorsichtig um, einmal hatten sich die ersten 20 Seiten eines Buches gelöscht und er konnte erneut anfangen, dabei war der Anfang eines Buches doch immer das schwerste am ganzen.
„Achja?“.
„Ja, aber jetzt kannst du mir ja sagen was du wolltest“, Ryan fuhr den Computer herunter.
„Mensch, würde ich mit Motorräder herumfahren, in einem Motorrad Shop arbeiten und auf den Namen Finn hören, hättest du mir sofort geantwortet“, meinte Felix belustigt.
„Ich kann auch jeder Zeit wieder auflegen, wenn du unbedingt möchtest“, brummte Ryan leise.
„Ja, für gewöhnlich ist es bei einem Handy so, du hättest auch jeder Zeit auf meine SMS antworten können, weißt du?“.
„Soll ich auflegen?“, drohte Ryan sarkastisch.
„Nein schon gut. Also, du wolltest mir doch von deinem Date, mit deinem Lektor erzählen, das war vor gut 12 Tagen“.
„Zählst du wirklich jeden Tag?“, fragte Ryan belustigt und wurde sich gerade bewusst, wie viele Tage vergangen waren.
Nur mehr drei Tage bis Finns Rückkehr!
Nur mehr lächerliche 72 Stunden und die Uhr lief unaufhörlich weiter.
„Kannst du heute vielleicht auf ein Bier oder einen Kaffee vorbeikommen?“.
„Du weist ich trinke nichts“, Ryan hatte keine große Lust darauf, dass Felix ihn über sein >Date< mit Patrick aushorchte.
„Aber du bist ein Koffein-Junkie!“, entgegnete Felix.
„Woher weißt du das?“, ja Ryan liebte seinen Kaffee, es war wie ein Lebenselixier für ihn.
„Warst du früher doch auch, weißt du nicht mehr? Und der Grundsatz, beim Junkie-Dasein ist nun mal, dass man damit nicht aufhört. Also? Komm schon bitte, meine Mitbewohner sind alle arbeiten, ich habe frei und Mark ist für dich Woche zu Besuch bei Verwandten im Ausland“.
„Also bin ich nur als Notlösung gut?“, fragte Ryan grinsend und stand auf um in das Schlafzimmer zu gehen.
„Heißt das Ja?“, wollte Felix wissen.
„Ich bin in 20 Minuten bei dir“, Ryan legte auf ohne sich zu verabschieden, ja manchmal konnte er schon unhöflich sein, aber immerhin ging er zu Felix, obwohl er noch gute 15 Seiten zu schreiben hatte.
„Wie meinst du das, er hat dich durchschaut?“, fragte Felix erneut nach.
Ryan und Felix hatten sich im Wohnzimmer, von Felix´ WG, auf die Couch gesetzt und Ryan hatte wie versprochen einen Kaffee bekommen.
„Na wie wohl? Er hat Eins und Eins zusammen gezählt und ist draufgekommen, dass ich in einen anderen verliebt bin“.
„Und er ist auch drauf gekommen, dass dieser jemand Finn ist?“.
„Jap“, Ryan nahm einen erneuten Schluck von dem Espresso, die WG hatte wirklich einen guten Kaffeeautomaten.
„Wie hat er das bitte gemacht?“, Felix blickte ihn mit großen Augen an.
„Er ist mein Lektor, war es bis jetzt bei jedem meiner Bücher, er kennt mich eben“.
Noch bevor Felix etwas erwidern konnte, hörten sie, dass die Tür im Gang geöffnet wurde.
„Feeelix! Ich bin früher von der Arbeit zurück!“, hörten sie eine weibliche Stimme rufen.
„Hab extra schnell gemacht, weil du ja gemeint hast, dir wäre sterbenslangweilig alleine und ich dachte- Ryan?! Bist du das?“, die Frau war in das Wohnzimmer gekommen und in der Tür wie erstarrt stehen geblieben.
Konzentriert starrte Ryan sie an, versuchte sich zu erinnern woher die Frau ihn kannte. Als er ihr ins Gesicht blickte, sprang er verwundert auf:
„Shelly? Oh Mann, ich hätte dich mit braunen Haaren kaum wiedererkannt!“.
Felix hatte ihm zwar erzählt, dass seine Mitbewohnerin Shelly hieß, aber hätte nie gedacht, dass es dieselbe Shelly war, welche er von High School Zeiten kannte! Was für ein absurder, riesiger Zufall war das bitte? Die Ex-Freundin und sozusagen der Ex-Freund unter einem Dach! Das Schicksal erlaubte sich offensichtlich zu oft einen Spaß mit Ryan.
„Was machst du denn hier? Oh Gott, Felix ist er etwa dein alter Freund von dem du erzählt hast?“.
„Ähm ja? Dann bist du also die Ex-Freundin, aus der High School, von der er mir erzählt hat?“.
Shelly umarmte Ryan:
„Oh Mann, du hast dich ja fast gar nicht verändert!“.
„Du aber dafür, ich habe dich noch blond in Erinnerung“.
„Ach das, naja, ich habe mich als Blondine nie wohl gefühlt“.
Zu dritt ließen sie sich auf das braune Stoff Sofa fallen und unterhielten sich etwas. Als es etwas stiller wurde, fiel Ryan eine Frage ein, die er immer schon stellen wollte.
„Shelly, wieso hast du mich damals eigentlich verlassen?“.
Sie blickte ihn etwas überrascht an, sie hatte wohl nicht mit dieser Frage gerechnet:
„Willst du mich etwa zurück?“, fragte sie lachend.
„Nun ja“, sie räusperte sich und ihr Gesichtsausdruck wurde ernster, „da hatte ich Ron kennen gelernt, mit dem ich immer noch zusammen bin und ich wollte dir außerdem nicht im Weg stehen“.
„Ron? Dieser Ron, der hier mit uns lebt? Oh Mann, Ron hat dich ernsthaft Ran ausgespannt?! Verdammt nochmal wieso musste ich damals umziehen, ich hätte das alles nur zu gerne miterlebt!“, Felix starte fassungslos zwischen den beiden hin und her.
„Ron hat mich ihm nicht ausgespannt. Ich stand Ryan doch sowieso nur an zweiter Stelle und wir hatten eine offenen Beziehung, nicht wahr?“.
„Ja, genau“.
Felix blickte Shelly an:
„Wer stand denn deiner Meinung nach, an erster Stelle?“.
„Ist das jetzt nicht unwichtig? Das ist doch alles schon lange her… Wer will ein Sandwich?“, Shelly wollte aufstehen und in die Küche gehen.
„Lenk jetzt nicht ab, ich habe viel zu viel verpasst ich will jetzt alles wissen! Seit meinem Umzug und seit ich wieder da bin, ist viel zu viel passiert!“, Felix war schon immer neugieriger Natur gewesen, aber dass er noch immer so aufdringlich sein konnte, hätte Ryan sich nicht gedacht.
„Naja, als mir letztendlich klar geworden war, dass er in jemand anderen verliebt war, dachte ich es war an der Zeit weiterzuziehen“, gab Shelly leise zu.
Ryan vergrub sein Gesicht in seinen Händen, verdammt nochmal, gab es irgendjemanden der nichts von seinen Gefühlen wusste? Irgendjemanden?!
„Er war in jemand anderen verliebt?“, Felix stellte sich dumm.
„Ja, in seinen Freund…. Wie hieß er gleich… Finn, ja genau“.
Am liebsten wäre Ryan im Erdboden versunken, wieso verdammt nochmal? Langsam wurde es wirklich viel zu übertrieben? Hasste das Schicksal ihn? Oder wieso bekam das wirklich JEDER mit, nur er hatte länger gebraucht…
„Okay, dann stellt dir mal folgendes vor, seit damals leben die zwei zusammen in einem Haus! Sind aber nicht zusammen!“, Felix konnte eine echte Tratsch-Tante sein.
„Könnt ihr das nicht bereden, wenn ich weg bin?“, murrte Ryan und hatte sein Gesicht noch immer in seinen Händen vergraben.
„Liebt er ihn denn noch?“, Ryans Bitte wurde einfach überhört und die beiden redeten munter weiter.
„Oh ja. Seit damals, schon immer und Ryan hat kein Sterbenswörtchen darüber bei Finn verloren. Und jetzt kommt das Beste: Finn ist seit fast 3 Monaten weg und kommt in 2 Tagen wieder!“, Felix schien richtig begeistert zu sein, nur konnte Ryan sich nicht zusammenreimen warum.
„Waaaas? Ryan stimmt das?“.
„Ja, er war in der Colorado Wüste in Südost Kalifornien um-“.
„Nicht das! Du bist in den Typen, ernsthaft, seit einer Ewigkeit verliebt und hast ihm noch immer nichts gesagt?!“, sie rüttelte ihn an seiner Schulter, wollte wohl das Ryan endlich wieder aufblickte.
„Aber du sagst es ihm doch, wenn er wieder da ist, nicht?“, fragte Felix nun von der anderen Seite.
„Ist das ein Verhör? Habe ich nicht das Recht auf einen Anwalt?“, versuchte Ryan vergeblich dem Gespräch zu entkommen.
„Ryan antworte, wir haben das Recht die Wahrheit zu erfahren!“, Ryan riss sich noch zusammen, bevor er fragen konnte, woher sie denn bitte dieses Recht hatten.
„Ich muss es ihm ja wohl oder übel endlich sagen, damit ihr endlich die Klappe halten könnt“.
„Also früher hattest du nichts dagegen, dass ich so viel rede“, sagte Felix lächelnd.
„Früher waren wir auch Freunde mit Sonderleistungen, also konnte ich dich jeder Zeit zum Schweigen bringen, wenn ich wollte“, grinste nun Ryan.
„Nun, wir könnten mit den Sonderleistungen ja wieder anfangen, nur würde Mark dir den Schädel abreisen und mit großer Wahrscheinlichkeit Finn mir. Dann würden die beiden sich gegenseitig trösten und selbst zusammenkommen und dann-“, Felix wurde von Shelly unterbrochen.
„Halt die Klappe Felix! Erzähl nicht immer so einen Stuss. Was findet Mark nur an dir?“.
„Hey! So schlimm bin ich doch gar nicht, nur manchmal geht die Fantasie eben mit mir durch“, verteidigte er sich.
„Und so etwas soll ein erwachsener Mann sein“, murmelte Shelly.
„Also wie ich sehe, kommt ihr beiden auch ohne mich aus. Es wird langsam Zeit für mich“, Ryan wollte gehen, doch natürlich wurde er von beiden Seiten zurückgehalten.
„Hiergeblieben. Du willst es Finn also sagen? Nach so langer Zeit?“, wollte Shelly wissen.
„Ja“, gab Ryan einsilbig zurück.
„Und weist du schon wie?“, fragte Felix.
„Wie wie? Mit Worten und Sätzen dachte ich, wie denn sonst?“.
„Also willst du es irgendwie romantisch machen? Mit einem candel-light-dinner und Rosen oder-“.
„Wir sind Kerle, Shelly“, unterbrach Ryan sie.
„Na und? Das muss doch nichts heißen! Mark mag sowas auch oder Felix?“.
„Nun ja…“, Felix schien zu überlegen.
„Ist egal! Finn steht auf sowas nicht, er ist unkompliziert! Außerdem geht euch das nichts an“, Ryan verschränkte die Arme vor seiner Brust.
„Jetzt reg dich doch nicht gleich so auf. Versprich uns einfach, dass du es ihm sagst okay?“, sagte Felix mit ernstem Gesichtsausdruck.
„Ja, ich werde es tun. Nur habe ich vor seiner Reaktion Angst“, gab Ryan leise zu.
„Ach was, das wird schon“, baute Shelly ihn auf.
„Und wenn nicht? Wenn er mich raus wirft?“.
„Das wird er nicht. Aber im aller schlimmsten Notfall kannst du für eine Weile hier bei uns schlafen“, bot Felix ihn an.
„Ihr seit doch schon aber zu vier in der WG“.
„Ach was, es gibt immer genug Platz hier“, bestätigte Shelly.
„Danke, wirklich nett von euch“.
„Nicht der Rede wert“.
Ryans Blick blieb am großen Fenster des Wohnzimmers hängen, es war schon dunkel draußen. Also blieben kaum mehr als 2 Tage bis zu Finns Ankunft. 2 Tage, es waren wirklich schon fast 3 Monate um, er konnte es nicht fassen.
Minute zu Minute kam er dem Moment näher, indem er Finn seine Gefühle gestehen würde, Minute um Minute wurde sein Inneres unruhiger und doch freute er sich auch teilweise darüber. Dann würde es vorbei sein, diese ständige Ungewissheit, dann wären die Karten auf dem Tisch, er würde ihm reinen Wein einschenken.
Endlich würde er wissen, was Tatsache war.
AB HIER GEHT ES WEITER:
Die nächsten zwei Tage verbrachte er damit, sein Buch zu vollenden. Er musste Patrick nur mehr die letzten fünf Seiten schicken. Es war gerade acht Uhr abends, in genau 14 Stunden würde Finn wieder da sein. Hektisch haute er in die Tasten, wollte das Buch noch in den nächsten Stunden fertig bekommen, damit er rechtzeitig schlafen gehen konnte, es lag ja ein wichtiger Tag vor ihm.
Gegen Mitternacht war er endlich zufrieden mit seinem Ende und schickte es, via E-Mail, an Patrick ab. So wie er ihn kannte, war dieser sicher noch auf und lektorierte ein Buch eines Mandanten. Da die Wohnung bereits mehr als sauber war, denn Ryan hatte sie in seiner Nervosität erneut aufgeräumt und geputzt, konnte er jetzt direkt ins Bett gehen.
Bettfertig ließ Ryan sich auf seine Seite des Bettes fallen. Er war hundemüde doch an Schlaf konnte er nicht denken. Viel zu viele Gedanken schwirrten in seinem Kopf herum. Immer wieder spielte er in seinen Gedanken durch, wie der Abend morgen wohl verlaufen würde. Was er sagen sollte, wie er es sagen sollte… Des Öfteren legte er sich Worte zurecht, doch verwarf sie gleich wieder, weil sie zu unpassend oder zu banal waren. Wie sollte er Finn bloß sagen, wie er fühlte? Ja, Ryan konnte in seinen Romanen seitenlang über die Gefühle seiner Figuren schreiben, aber wie sollte er nur seine eigenen beschreiben? Egal wie er es auch versuchte, es klang einfach zu lächerlich.
Nachdem er sich stundenlang, im Bett, hin und her gewälzt hatte und sich immer wieder versucht hatte, Finns Reaktion auszumalen, war er letzten Endes vor Erschöpfung eingeschlafen, doch seine Ängste verfolgten ihn sogar bis in seine Träume:
***
Unruhig verlagerte er sein Gewicht von einem Bein auf das andere. Sein Blick war noch immer auf die Tür, des Busses, gerichtet, aus dem die Reisenden nach wie vor ausstiegen. Doch bis jetzt hatte er das Gesicht von Finn noch nicht ausmachen können. War ihm doch etwas passiert? Hatte sein Flug etwa Verspätung? Nein, dann hätte er ihm doch Bescheid gegeben, nicht?
Nach mehreren Minuten entdeckte er endlich Finn, welcher aus dem Bus stieg und nach ihm zu suchen schien. Als er Ryan entdeckte erhellte sich schlagartig sein Gesicht, er begann zu lächeln und winkte ihn zu. Ohne darüber nachzudenken, lief Finn ihm bereits entgegen.
Bevor Ryan auch nur „Hallo“ sagen konnte, drängte sich ihm eine fremde Frau entgegen. Sie war schätzungsweise 1,50 m groß, hatte blonde, wellige Haare, war recht dünn und strahlte ihn aus braunen Augen an:
„Du musst Ryan sein! Finn hat so viel von dir erzählt, kommt mir vor als würd ich dich bereits kennen“.
Verwirrt blickte Ryan von dieser Frau, zu Finn und wieder zur Frau, er begriff nicht, was das heißen sollte.
„Ryan, das ist Brooke, ich habe sie in dem Camp kennen gelernt. Und vor einer Woche, habe ich ihr einen Antrag gemacht, wir sind verlobt“.
„Wi- wie bitte?“, Ryan blickt die beiden verwirrt an und hoffte inständig, dass er Finns Worte bloß missverstanden hatte.
„Wir werden heiraten! Es war einfach, wie liebe auf den ersten Blick, auch wenn ich früher nie daran geglaubt habe“, erklärte Brooke netterweise erneut, was Ryan nicht zu verstehen schien.
„Ach echt?“, fragte Ryan bloß fassungslos, er wollte es nicht fassen, konnte es gar nicht, etwas in ihm weigerte sich, die ganze Geschichte zu glauben.
„Ja und wollen dich als Trauzeugen“, erzählte Finn munter weiter, schien nicht zu bemerken, dass Ryan wie versteinert war.
„Hey, keine Sorge, bis du dir eine Wohnung gesucht hast, kannst du noch mit uns im Haus leben“, Finn gab ihn einen freundschaftlichen Klapps auf die Schulter.
Ryan konnte sich nicht erklären, woher seine plötzliche Wut kam, aber sie war da und sie musste raus, bevor er auch nur nachdenken konnte, platzen ihm die Worte nur so raus.
„Weist du was? Ich habe keinen Bock mehr, auf diese ganze verdammte Scheiße! Und nein, ich werde nicht dein Trauzeuge! Verdammt noch mal, ich liebe dich“, Finn blickte ihn aus großen Augen an, er wollte etwas einwenden, doch bevor er das konnte, fuhr Ryan bereits fort.
„Ja, da schaust du was? Wie blind bist du bitte? Ich meine wir leben seit Jahren zusammen, wir schlafen sogar im gleichen Bett, du bist der einzige Mensch dem ich vertraue, du kennst mich wie niemand sonst und du, ja genau du, merkst nicht, wie verdammt lange ich schon in dich verliebt bin! Weißt du was? Ihr beide könnt mich mal! Viel Spaß noch auf der Hochzeit!“, wütend drehte er sich um und setzte sich in das Auto, welches er vorgefahren hatte. Als er einstieg drehte er sofort das Radio laut auf, doch da lief nur eine von Finns >No-Name-Rock< CDs, schnaufend zog Ryan diese aus dem Player und warf sie aus dem Fenster, um dann absichtlich über diese CD zu fahren.
***
Nach Luft schnappend wachte Ryan aus diesem Traum aus. Er konnte nicht anders, als ungläubig seinen Kopf zu schütteln. Wie kam sein Unterbewusstsein bloß auf solche Träume? Okay, die Angst, seinen Freund zu verlieren, weil sich dieser in eine Frau verlieben würde, hatte ihn schon immer zu schaffen gemacht, aber nie im Leben hätte er so reagiert, so war er nicht. Ryan rieb sich den Nacken, als sein Blick auf die Uhr fiel, er hatte wirklich bis zum Nachmittag durchgeschlafen.
Fluchend sprang er auf, er hätte schon längst Finn abholen sollen! Doch als er nach dem Handy griff um diesen, wegen seines Verschlafens, anzurufen, erblickte er bereits eine Nachricht von Finn. Sein Flug hatte sich verspätet, so musste er den späteren Bus nähmen. Das hieß, er würde erst um Neun nach Hause kommen.
Seufzend ließ Ryan sich wieder ins Bett fallen, langsam versuchte er sein Herz wieder etwas zu beruhigen, der Schock saß ihm noch in den Knochen. Zuerst dieser seltsame, angsteinflößende Traum und dann dieser Schock. Der Tag fing nicht gerade gut an, wie würde es dann bloß am Abend werden? Wenn Finn wieder da war? Naja, etwas Gutes gab es doch. Finns Nachricht war in Singular geschrieben, sprich gab es keine Brooke und auch keine andere Frau, welche mit ihm reiste.
Als er dann um Neun, auf der Haltestelle des Busses wartete, er war bereits eine viertel Stunde früher angekommen, musste er erneut an seinen Traum denken. >Sein nicht verrückt Ryan, er hat keine Verlobte!< ermannte er sich selbst erneut. Nach ein paar Minuten, des Wartens, welche Ryan wie eine Ewigkeit erschienen, kam Finns Bus an. Das war der Moment, auf den er seit drei Monaten wartete, er konnte es kaum erwarten Finn wieder zu sehen, doch gleichzeitig hatte er auch Angst vor diesem Moment. Die lange Zeit, die vielen Tage, hatte nichts bewirkt, nach wie vor liebte er diesem Mann, vielleicht sogar noch mehr als vor dieser langen Abwesenheit. Er würde es ihm sagen, noch heute.
Gespannt blickte er auf die Passagiere, die einer nach dem anderen aus dem Bus stiegen, doch nirgendwo konnte er Finn entdecken. Plötzlich schlossen sich starke Arme um seine Hüfte und eine Stimme, welche er unter hunderten erkennen würde, raunte ihm etwas zu.
„Hast du mich vermisst?“, er konnte das Grinsen in Finns Stimme förmlich hören, er musste ihm gar nicht ins Gesicht dafür blicken. Finn war wohl von der anderen Seite des Busses ausgestiegen.
Mit rasendem Herzen drehte Ryan sich in seinen Armen um und blickte Finn nun endlich, nach drei endlos langen Monaten, wieder ins Gesicht. Kein bisschen hatte er sich verändert, er sah noch genau so aus, wie er ihn in Erinnerung behalten hatte, einschließlich des wunderbaren Lächelns, welches sein Gesicht zierte. Glücklich schlang er nun ebenfalls seine Arme um den gleichgroßen und vergrub sein Gesicht an dessen Hals.
„Das heißt wohl ja?“, fragte dieser lachend nach.
„Sag ich dir, wenn du mir etwas sagst: Hast du denn mich vermisst?“, fragte Ryan leise nach.
„Nun ja… Ich hatte niemanden den ich so aufziehen kann, wie dich“.
Ryan lachte lautlos:
„Mhm, und ohne jemanden, der mich ständig nerven kann, war die Wohnung ziemlich leise“.
Finn löste sich aus der Umarmung:
„Sogar zu leise?“.
„Ist doch jetzt egal, erzähl lieber was du alles gemacht hast! Ich will alles wissen“, Ryan nahm Finns Koffer, welcher neben ihnen stand, und begann diesen in das Auto zu verladen, während Finn begann, seine Geschichten zu erzählen. Bevor sie nach Hause fuhren, holten sie noch etwas zu Essen, von Finns Lieblings-Italiener, welches sie später in der Wohnung verzerrten. Nachdem sie mit dem Essen fertig waren, hatten sie sich mit etwas zu trinken in das Wohnzimmer gesetzt, Finn betrachtete die Wände, auf dem seine Umrisse, welche Ryan damals gemalt hatte, abgezeichnet waren, während er weiter erzählte. Ryan hörte die ganze Zeit über gespannt zu, er konnte es noch immer nicht richtig begreifen, dass Finn wirklich und wahrhaftig zurück war und hier mit ihm auf der Couch im Wohnzimmer saß.
Langsam verebbte das Gespräch und Finn schien fertig erzählt zu haben, es war schon ziemlich spät geworden, doch Ryan war nicht müde, er war viel zu sehr aufgeregt, die Worte die er sich zurecht gelegt hatte, waren aus seinem Kopf verschwunden, als wären sie nie da gewesen. Finn schien trotz der langen Reise nicht müde zu sein oder er konnte seine Müdigkeit einfach nur gut verstecken. Ryan fühlte, wie ihm immer wärmer wurde, sein Herz raste, er hörte es in seinen Ohren rauschen, in seinem Magen hatte sich ein riesiger Knoten gebildet, er musste es los werden, jetzt oder nie. Er wollte Gewissheit, auch wenn sie vielleicht keine Verbesserung gegenüber der Ungewissheit war, aber die Wahrheit musste jetzt einfach ans Licht, nur wie sollte er es bloß machen?
„Ähm… Finn?“.
„Ja, was gibt’s?“, fragte dieser nach.
„Nun ja, ich weiß nicht wie ich das sagen soll… Weißt du…“, wo waren die zurecht gelegten Worte? So oft war er nachts wach gelegen und hatte sich vorgestellt, was er alles sagen sollte, doch jetzt war sein Kopf einfach leer, dafür raste aber sein Herz unerbittlich weiter.
„Sagt schon Ryan“.
„Also… Als du weg warst, da habe ich in deinen alten T-Shirts geschlafen, bin in deinen alten Schuhen durch das Haus gelaufen und habe deine CDs, eine nach der anderen gehört. Ich habe auf deiner Bettseite geschlafen, weil ich einfach deine Nähe spüren wollte, ich… Ich habe diese Zeichnungen von deiner Silhouette auf der Wand angestarrt und mir gewünscht, du wärst hier, ich habe ein neues Buch geschrieben und habe dabei, unbewusst, wie immer eigentlich, eine Hauptfigur erschaffen, welche dir aufs Haar gleicht… Was ich damit sagen will… Das ist einfach nur eine komische Art dir zu sagen, dass ich dich liebe. (Daher der Titel (: ) Ich liebe dich, Finn. Das nicht nur, seit du verreist bist, nein viel länger schon und…“, bevor Finn auch nur reagieren sagte, beugte Ryan sich zu ihm und presste seine Lippen auf seine.
Wieso sollte er das, was er so sehr wollte, nicht einfach tun? Jetzt wo er schon alles zugegeben hatte, er hatte ja sowieso nichts mehr zu verlieren. Finns Lippen schmeckten viel besser, als er dies in Erinnerung hatte, zu seiner großen Verwunderung erwiderte Finn den Kuss, kam ihm entgegen, legte seine Arme um ihn. Ryans Herz raste, er schloss seine Augen, um sich auf dieses Gefühl konzentrieren zu können.
Doch ehe er sich versah, wurde er von Finn von sich gestoßen und fand sich auf dem harten Teppichboden wieder. Ryan senkte enttäuscht seinen Blick, wie hatte er auch nur kurz denken können, Finn würde seine Gefühle erwidern?
„Verdammte Scheiße, Ryan! Wieso?!“, Ryan zuckte unter Finns lauter Stimme zusammen, es war klar, dass dieser wütend war.
„Weist du eigentlich, was du mir damit antust?“, fragte Finn mit schneidender, kalter Stimme.
Mit aller Mühe konnte Ryan die Tränen unterdrücken, welche in seinen Augen brannten. Der Knoten in seinem Magen war verschwunden, das Herzrasen ebenfalls, es war nur ein stechender, unaushaltbarer Schmerz zu spüren, welcher sich in seinem Inneren ausbreitete. Das war gemein von Finn, er konnte doch nichts für seine Gefühle, was sollte er machen? Wäre es besser gewesen, ihn weiterhin anzulügen?
„Seit wann schon?“, wollte Finn wissen, nachdem für lange Zeit kalte Stille im Raum herrschte.
„Ich weiß es nicht genau… Ich habe dich schon immer geliebt, ich habe es anfangs nur nicht bemerkt“, gab Ryan mit rauer, leiser Stimme zu.
„Ist das dein Ernst? Wie kannst du mir das nur antun Ryan? Wie?“, seine Stimme klang anklagend.
„Finn, ich kann nichts dafür“, murmelte Ryan leise, konnte ihn aber noch immer nicht anblicken, es war einfach zu schmerzvoll.
„Ryan, sieh mich verdammt noch mal an!“, seine Stimme wurde lauter.
Widerwillig hob Ryan seinen Blick und schaute den Mann, der schon immer am wichtigsten für ihn war, verzweifelt an.
„Du hast wirklich Nerven mir, nach all den Jahren, so ein Geständnis zu machen“.
„Soll ich mich jetzt entschuldigen? Für meine Gefühle?“, fragte Ryan, seine Stimme war noch immer leise.
„Du verstehst es nicht oder?“, Finn blickte ihn wütend an.
„Ich verstehe, dass du wütend bist, aber-“.
„Nein, natürlich verstehst du es nicht. Die ganze verdammte High-School Zeit über, war ich ihn dich verliebt. Die ganze Zeit, hatte ich Angst und wusste nicht, wie ich es dir sagen soll und als ich es dir dann endlich sagen wollte, hast du mir erzählt, dass du mit Felix, dem neuen Schüler in der Klasse, rumgemacht hast. Viel später hast du mir dann gesagt, dass du mit ihm geschlafen hast. Ich war verzweifelt und am Boden zerstört, gab aber mein bestes, damit du es nicht merkst. Aber trotzdem konnte ich nicht aufhören, natürlich musste ich mir trotzdem weiterhin Hoffnungen machen, vielleicht würdest du dich irren und würdest irgendwann merken, dass ich der Richtige für dich bin und nicht Felix.
Als er dann, endlich, nach langer Zeit, wegezogen ist, sah ich meine Chance, doch kaum war dieser verdammte Junge weg, hat auch schon Shelly an dir gehangen, wie eine Klette. Doch nein, Finn ist doch für seine Ausdauer bekannt nicht? Natürlich konnte ich noch immer nicht aufhören, litt still weiter und hoffte, dass ihr euch irgendwann trennt. Dann hast du mir erzählt, dass du sie gar nicht liebst und dass du nur mit Felix geschlafen hast, um zu erfahren, wie es mit einem Jungen ist. Da verlor ich die Hoffnung, ich meine würdest du mich auch nur etwas mögen, hättest du doch mich gefragt, um es auszuprobieren nicht? Auch wenn es das klügste gewesen wäre, ich konnte nicht aufhören dich zu lieben. Und dann, hast du dich endlich von dieser schrecklichen Frau getrennt und wir sind zusammen in dieses Haus gezogen. Und als ich dann für nur ein Wochenende in eine andere Stadt musste, bist mir nach gefahren und hast mir ein lächerliches Akkuladekabbel gebracht.
Soll ich dir was sagen? Das war ein Nokia Ladekabel, ich hatte damals ein Samsung Handy Ryan. Ja ich hatte dich durchschaut, wusste dass du einfach bei mir sein wolltest. Wir gingen auf das Hoteldach, tranken etwas und redeten wie schon lange nicht mehr. Dann, endlich nach so langer Zeit, küssten wir uns, ich hatte wirklich gedacht, dass dir das etwas bedeutet, auch wenn es nur unter dem Vorwand war >es mal auszuprobieren<. Am nächsten Morgen wollte ich dir endlich alles gestehen, doch du warst weg, hast nicht mal eine Nachricht hinterlassen, mir noch nicht mal eine SMS geschrieben, du warst weg, als wäre nichts passiert. Und genau, an diesem Wochenende, habe ich endlich gelernt, aufzuhören. Ich habe dir und mir einen Gefallen getan und dich nicht mehr geliebt. Und jetzt, nach so viel Zeit die vergangen ist, sagst du mir, dass du mich liebst und immer schon geliebt hast“.
Ryan starrte Finn lange an, sein Gehirn begann nur langsam, das Gehörte zu verarbeiten, es waren zu viele Worte auf einmal gewesen und er konnte dessen Inhalt einfach nicht glauben. Finn hatte Ryan geliebt? Die ganze Zeit über? Und er hatte es damals, weil er zu feige gewesen war, zerstört?
Langsam stand Ryan auf und ging mit gesenktem Kopf auf die Tür zu.
„Wo willst du denn jetzt hin?“.
„Ich verstehe, dass du wütend auf mich bist, ich wäre es auch, und ich verstehe auch, dass du mich nicht sehen willst“, Ryan ging auf den Gang und zog sich seine Schuhe an.
„Aber wo willst du hin?“, er konnte Finns Stimme nur aus der Ferne wahrnehmen.
„Ich werde die nächsten Tage zu Felix und Shelly ziehen…“, erklärte er.
„Was?“, fragte Finn, er klang ziemlich verwirrt.
Ryan streckte seine Hand nach der Tür aus und legte seine Hand auf die Türklinke:
„Als du weg warst, habe ich Felix wiedergetroffen, er ist wieder in die Stadt gezogen, er lebt in einer WG, in der Shelly zufällig auch wohnt und ja“, Ryan starrte die Tür vor sich an, das war es also, so endete das Ganze, das alle erschien ihm so unwirklich. Das alles war bloß seine eigene Schuld.
Doch im nächsten Moment fand er sich zwischen Finn und der Mauer eingequetscht wieder, Finn hatte seine Arme um Ryans Schultern geschlingt und drückte ihn fest ans sich:
„Du wirst NICHT zu Felix gehen“, brummte dieser leise.
„Wieso?“.
„Als ich dich das letzte Mal, zu Felix hab gehen lassen, hat er dir deine Unschuld genommen“.
Das war ein absurder Gedanke, Felix würde ihn nie anrühren, er liebte doch Mark, doch trotzdem wollte er wissen, ob es wohl doch noch Hoffnung für ihn gab.
„Und? Wieso stört dich das? Bist du eifersüchtig?“, die Frage klang viel zu hoffnungsvoll, doch Ryan war viel zu müde um ihm jetzt noch etwas vorzuspielen.
Finn lachte, es war kein freudiges Lachen, viel mehr ein verärgertes, verzweifeltes.
„Ich kann dir vorspielen was du willst, aber ich werde wohl nie etwas aus dem ganzen lernen“.
Bevor Ryan fragen konnte, was er damit meinen würde, spürte er schon Finns weiche, warme Lippen auf seinen. Doch so plötzlich diese kamen, waren sie auch schon weg.
„Egal was ich probiere, ich kann wohl nicht aufhören“, murmelte Finn leise und lehnte seine Stirn an Ryans.
„Was heißt das?“, fragte dieser verwirrt nach, er wollte jetzt sicher gehen.
„Dass ich dich liebe, wie es aussieht noch immer“, meinte dieser lächelnd.
Freudig schlang Ryan seine Arme nun ebenfalls um ihn, drückte sich so nah an ihn, wie nur irgendwie möglich. Kaum hatte er sich versehen, trafen ihre Lippen erneut aufeinander. Ryan spürte ein Herzrasen, wusste aber nicht ob es sein Herz oder das von Finn war, welches so schnell und kräftig schlug, er liebte dieses Gefühl, er war ihm so nah, dass er nicht einmal mehr ihre Herzschläge auseinander halten konnte. Finns Hände wanderten, von Ryans Nacken, hinab an dessen Rücken und krochen da unter sein T-Shirt, schoben es ein Stück hoch, verweilten dann aber ruhig an seiner nackten Haut. Mit schweren Atem lösten sie sich von einander.
Ryan lächelte Finn glücklich an, es erschien ihm noch immer alles so unwirklich und doch wusste er, dass es real war:
„Und jetzt?“.
Finn drängte ihn langsam in Richtung des Schlafzimmers:
„Und jetzt… Ich würde sagen ich habe lange genug auf dich gewartet oder?“.
Ryan blickte ihn verwundert an, doch Finn schien seinen Blick falsch zu deuten.
„Wenn du noch warten willst, versteh ich das aber“, fügte Finn schnell hinzu.
„Nein, ich will nicht warten… Hast du denn schon mit Männern Erfahrung?“, Finn hatte nie von so etwas erzählt und sie erzählten sich immer alles, wie konnte es also sein, dass er nicht zögerte?
„Mit Männern nicht, wie gesagt hab ich damit auf dich gewartet“, gab dieser kleinlaut zu.
Sie waren bereits im Schlafzimmer angekommen und standen unentschlossen vor dem Bett.
Ryan blickte Finn nachdenklich an, das war es, was er immer wollte, aber natürlich konnte er noch weiter warten, jetzt da alles andere geklärt war.
„Also?“, fragte Finn nach, hatte dabei noch immer seine Arme um Ryan geschlungen.
„Ich würde sagen, du hast wirklich lange genug gewartet“, meinte dieser grinsend und küsste Finn erneut.
Mit einem kräftigen Ruck, waren sie beide lachend auf dem Bett gelandet.
„Ich liebe dich“, raunte Ryan Finn erneut zu, es war befreiend, diese Worte nach so langer Zeit endlich auszusprechen, als hätten sie nur darauf gewartet, endlich ausgesprochen zu werden.
„Ich dich auch“, hörte er noch Finn flüstern, bevor sie beide verstummten.
Jeder anderer Satz, welcher gefolgt wäre, wäre in ihren Küssen untergegangen, für die nächsten Stunden waren keine Worte mehr nötig.
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AB HIER GEHT ES WEITER:
Als Ryan seine Augen verschlafen öffnete, bemerkte er, dass er auf Finn lag und seinen Kopf in dessen Halsbeuge vergraben hatte. Sein erster Reflex war, sich schnell wieder auf seine Seite des Bettes zu legen, denn er hatte sich schon oft im Schlaf unbemerkt an ihn gekuschelt, doch dann erinnerte er sich wieder daran was gestern alles vorgefallen war. Zufrieden seufzend entspannte er sich wieder und bemerkte, dass sie beide nichts anhatten. Er hatte es bis jetzt nicht gekannt, aber er liebte das Gefühl einfach, Finns Haut an seiner zu spüren. Wie hatte er nur so lange darauf verzichten können? Es war einfach das Gefühl von unendlicher Nähe.
„Bist du endlich wach?“, vernahm er Finns Stimme.
Ryan nickte leicht, woraufhin Finn seine Arme eng um ihn schlang, es schien ihn nicht zu stören, dass Ryan einfach auf ihm liegen blieb.
„Ich glaube das ist das erste Mal, dass ich vor dir aufgewacht bin“, meinte dieser.
Vielleicht lag es daran, dass Ryan nichts mehr zu verstecken hatte? Früher musste er ja immer früher aufwachen, weil Finn sonst bemerkt hätte, dass er nachts im Schlaf seine Nähe suchte, doch jetzt durfte dieser es ja bemerken, es war nichts mehr dabei.
Ryan strich mit seinen Händen über Finns Seiten entlang, dann wanderten seine Hände über dessen Schultern, strichen dann über seine muskulösen Oberarme, er mochte seine Nähe einfach.
„Du hast also in meinen Sachen geschlafen, als ich weg war?“, fragte Finn nach, Ryan musste ihm nicht ins Gesicht sehen, um zu wissen, dass er wieder grinste.
Die Geständnisse waren Ryan gestern nur so raus geplatzt, er wusste nicht, warum er all das zugegen hatte, doch es hatte sich befreiend angefühlt.
„Ich hatte deinen Geruch vermisst“, gab er kleinlaut zu, gleich darauf, als wollte er seine Worte bestätigen, fuhr er mit seiner Nase über Finns Hals, verteilte dann mehrere Küsse auf seiner Haut.
„Und du hast all meine CDs durchgehört?“, fragte dieser weiter nach, während er im langsam über den Rücken strich.
„Ja… aber etwas hat dabei gefehlt“, gab Ryan zu, stütze nun sein Kinn an Finns Brust ab, um diesen in die Augen sehen zu können.
„Ach ja? Und was?“.
„Du, der sonst immer lauthals mitsingt“, meinte Ryan.
„Du hast doch immer gesagt, dass ich nicht singen kann? Und dass das nervt?“.
„Das tut es ja auch… Aber es hat mir trotzdem gefehlt“, erklärte er.
Finn musste kurz auflachen:
„Behalt das im Kopf, wenn du mich das nächste Mal bittest, mit dem singen aufzuhören“.
„Jetzt kann ich dich ja schnell zum Schweigen bringen“, bevor Finn fragen konnte, was Ryan damit meinte, hatte er sich schon aufgerichtet um ihn zu küssen. Ryan wunderte sich erneut, wie er es nur all die Jahre ausgehalten hatte, nicht über Finn herzufallen, jetzt, wo er so genau wusste, wie sich das anfühlte, würde er so einen Entzug nicht mehr überleben.
Lachend löste sich Finn von Ryan:
„Also wenn mir das, beim lauthals Singen drohen sollte, werde ich es wohl dennoch machen“.
Finn drehte sie beide, sodass sie jetzt beide auf der Seite und sich gegen über lagen. Sie hatten noch immer die Arme umeinander geschlungen und blickten sich lächelnd an. Finn strich Ryan immer wieder beruhigend über den Rücken, während Ryans Hände langsam in seinen Nacken wanderten und er über seine Haare strich. Sie waren bei seiner Abwesenheit eindeutig etwas länger geworden, doch das gefiel Ryan. Überhaupt würde ihm alles an Finn gefallen.
„Ich will mit dir ans Meer fahren“, murmelte Finn leise.
„Wie bitte?“, fragte Ryan nach, er war viel zu sehr in Gedanken versunken gewesen.
„Ich muss erst am Dienstag wieder arbeiten gehen, also hätten wir noch das Wochenende Zeit. Ich hole die alte Maschine aus der Garage, wische den Staub von ihr, tanke voll und wir können los“.
„Ich schätze es ist bereits zu kalt um im Meer schwimmen zu gehen“, entgegnete Ryan.
„Das ist mir egal. Ich will mit dir ans Meer, wir sind doch bis jetzt jedes Jahr gefahren“.
„Was willst du denn da machen?“.
„Mit dir allein sein“.
„Das sind wir hier doch auch“.
Finn beugte sich zu Ryan und begann seinen Hals aufwärts zu küssen, gelang dann an sein Ohr:
„Bitte Ryan“, raunte er ihm zu, sofort breitete sich Gänsehaut über seinen Körper aus, als er Finns Atem auf seiner Haut spürte.
Wie hätte er zu so einer Bitte nein sagen sollen?
„Na schön, ich bin mit der Arbeit vorerst sowieso fertig“, gab er nach.
„In Ordnung, dann fahren wir morgen in der Früh los“, Finn freute sich sehr darüber, alleine dafür war es das Ryan schon wert.
Eine Weile herrschte Stille, in dieser blickten sie sich tief in die Augen und lächelten noch immer beide.
„Da fällt mir ein, hast du dein neues Buch wirklich über mich geschrieben?“, Finn blickte in gespannt an.
„Naja… Es war nie beabsichtigt, es war mehr unterbewusst, aber selbst Patrick ist aufgefallen, dass meine Hauptdarsteller immer eine Ähnlichkeit mit dir haben… Wenn dich das stört kann ich den Druck, von dem neuen Buch, noch abbrechen“, fügte er schnell hinzu.
„Was? Nein das stört mich nicht… Es gefällt mir sogar irgendwie“, gab er grinsend zu.
„Worüber handelt denn, dein neues Buch?“.
Ryan senkte seinen Blick, weil es ihm aus einem unerfindlichen Grund peinlich war:
„Eine historische homoerotische Geschichte…“.
„Wirklich? Das ist ja etwas ganz neues! Darf ich sie lesen?“.
„Lieber nicht“.
„Aber wieso? Wenn schon über mich handelt, hab ich wohl das Recht sie zu lesen oder?“.
„Naja, schätze schon. Aber manche Stellen sind einfach zu…“, Ryan konnte ihm noch immer nicht in die Augen blicken.
„Hey, sieh mich an. Du kannst wirklich gut schreiben und du weißt, dass ich dein Fan Nummer eins bin. Sie wird mir sicher gefallen“.
„Na schön“, gab Ryan erneut nach, Finn hätte ihm zu allem überreden können, wenn er ihn so anblickte.
„Fantastisch, dann hohl ich uns mal Kaffee. Irgendwann muss ich mich schließlich auch mal revangieren, nicht wahr?“, Ryan hatte Finn bis jetzt jeden Morgen, mit einer heißen Tasse Kaffee im Bett geweckt.
Finn gab ihm noch einen kurzen Kuss, bevor er aufstand, sich seine Boxershorts überzog und aus dem Zimmer verschwand.
Auch wenn Ryan noch etwas verschlafen war, fühlte er sich rundum wohl. Kurz strecke er sich und setzte sich dann auf, um an sein Handy am Nachttisch zu gelangen. Gestern hatte er es noch vor Finns Ankunft ausgeschaltet, weil er schon befürchtet hatte, dass Felix sowie auch seine Schwester anrufen würden. Kaum hatte er sein Smartphone eingeschaltet traf auch schon eine SMS nach der anderen ein. Sowohl von Felix, seiner Schwester und sogar von Shelly. Alle erkundigten sie sich mehrmals danach, wie der Abend sich nach Finns Ankunft gestaltet hatte. Sie hatten ihm sogar Drohungen geschickt, dass er es Finn unbedingt sagen sollte und gefälligst antworten solle. Zu seiner Verwunderung hatte er sogar einen verpassten Anruf und eine Nachricht von Patrick erhalten.
>>Hey, ich wollte dir nur sagen, dass das Buch nächste Woche bereits in den ersten Buchhandlungen sein soll. Aber davor musst du mir sagen, was wir als Widmung schreiben sollen. Achja und viel Glück mit Finn, ich drück dir die Daumen ;) <<
>> Danke! Ja, es ist sehr gut mit ihm gelaufen, wir sind jetzt zusammen. Nächste Woche schon? Ich muss aber noch zu keiner Lesung oder?<<
Ryan mochte Lesungen nicht, er stand nicht gerne im Mittelpunkt, es war seltsam, wenn er auf einmal so viele Menschen traf, welche seine Bücher gelesen hatte. Früher hatte er nur für sich geschrieben, an seine Fans hatte er sich noch immer nicht gewohnt.
>>Freut mich das zu hören! Nein, nächste Woche noch nicht. Aber irgendwann musst du eine halten müssen, auch wenn du sie nicht magst. Achja, sagst du mir jetzt bitte, was wir als Widmung schreiben sollen?<<
Schnell antwortete er Patrick und auch noch seiner Schwester und Felix. Als Finn wieder mit zwei Tassen in das Zimmer kam, war er noch nicht ganz fertig, was Finn bemerkte, so setzte er sich hinter Ryan auf das Bett. Finn legte seine Beine um Ryans Hüfte, so lehnte Ryan mit seinem Rücken an Finns Brust. Schnell tippte er weiter, schaltete das Handy gleich danach wieder aus und legte es weg. Dankend nahm er seine Tasse Kaffee an
,,Viel Milch und keine Zucker, so wie du es magst", erklärte Finn und legte seine, bereits leere Tasse auf den Boden neben dem Bett.
Bevor er ihm erneut danken konnte, fragte Finn ihn:
,,Wem hast du da geschrieben?".
,,Ach, Felix und ein paar andere Leute wollten einen Bericht haben", erzählte er.
Finn schlang seine Arme um ihn und lehnte sein Kinn an Ryan Schulter, er konnte die rauen Bartstoppel an seiner Haut spüren.
,,Felix also", murmelte er leise.
Ryan glaubte Eifersucht aus seiner Stimme zu hören, das war doch nicht möglich oder? Naja, nachdem was Finn ihn gestern erzählt hatte, war er früher sehr eifersüchtig auf ihn gewesen.
,,Ja er und Shelly wollten unbedingt wissen, ob das mit uns beiden endlich geklappt hat".
,,Achso?", Finn begann Küsse auf Ryans Schultern zu verteilen.
,,Ja, sie haben auf mich eingeredet, dass ich es dir sagen soll", Ryan bemühte sich trotz Finns Liebkosungen normal weiterzureden. ,,Wirklich?", Finns Stimme klang etwas verwundert. ,,Ja. Stell dir vor Felix hat jetzt einen Freund, Mark. Es ist richtig ernst zwischen ihnen. Und Shelly ist noch immer mit dem Kerl von damals zusammen… Sie haben mir alle Mut gemacht, dir alles zu beichten", erzählte er, spätestens jetzt musste seine Eifersucht vergangen sein. ,,Dank den beiden auch von mir", murrte er leise an seinem Ohr. Schnell stellte Ryan seine Tasse ab, der Kaffee konnte warten. Finn strich mit seinen Händen über seine Brust hinab zu seinem Bauch, reflexartig zog Ryan diesen ein und hielt den Atem an. „Ich werde dich nicht mehr hergeben... Jetzt nach all den Jahren in denen ich verzweifelt war, versucht habe aufzuhören...", Ryan mochte es, wenn Finn mit so einer ruhigen, ernsten Stimme sprach. ,,Womit aufzuhören?", fragte er nun, mit einer ebenfalls ruhigen Stimme nach, ohne darüber nachzudenken hatte er ebenfalls seine Stimme gesenkt und seine Hände auf Finns gelegt. „Aufhören dich zu lieben... Aber es hat ja nicht geklappt", Finn küsste Ryan den Nacken. Ryans Herz begann augenblicklich wieder zu rasen, er hätte nie gedacht dass Finn diese Worte jemals aussprechen würde und jetzt saßen sie zusammen im Bett, nach einer wunderbaren Nacht, welche nur die erste von vielen war, und Finn kamen die Worte einfach so von den Lippen.
Er wusste nicht warum, vielleicht weil er so lange auf diese Worte gewartet hatte, oder wegen Finns plötzlicher Nähe, aber irgendetwas in ihm explodierte gerade vor Freude. Schnell drehte er sich in Finns Armen um, packte diesen im Nacken und begann ihn ungezügelt zu küssen. Finn hatte damit wohl nicht gerechnet, denn vor Überraschung war er auf dem Rücken gelandet und Ryan auf ihm. Sie streichelten sich, drückten sich so nahe einander wie sie nur konnten, als ob sie Angst hätten, gleich getrennt zu werden.
Ryan seufzte leise auf und vergrub seine Hände fest in Finns Haaren, als dieser mit seiner Zunge über seine Lippen fuhr. Finns Hände streichelten über Ryans Rücken und wanderten immer tiefer, bis sie an seinem Hintern angelangt waren. Instinktiv presste Ryan seinen Unterleib fester an den von Finn, dieser löste jedoch schwer atmend den Kuss.
„Wir sollten aufhören“.
„Was? Wieso?“, Ryan blickte ihn verwirrt an, hatte er etwas Falsches gemacht? Er dachte scharf nach, doch ihm viel nichts ein.
„Weil wir, wenn wir so weitermachen, heute nicht mehr aus dem Bett kommen“.
„Müssen wir doch auch gar nicht, wir können den Tag im Bett verbringen“, Ryan grinste ihn verschwörerisch an.
„Nein, ich muss das Motorrad aus der Garage hohlen, dafür sorgen, dass es morgen angeht, es noch etwas waschen und eine Probefahrt damit machen… Und du musst noch die Koffer packen“.
„Aber…“, Ryan versuchte etwas dagegen einzuwenden, doch Finn hatte recht, außerdem wollte Finn unbedingt mit ihm ans Meer und den Wunsch wollte er ihm nicht abschlagen.
„Hey, ich hole uns bei der Probefahrt etwas zu essen, du packst die Koffer und danach können wir ja den Rest des Tages im Bett bleiben“, Finn zwinkerte ihm zu.
„Na schön“, stimmte Ryan zu.
Finn gab ihm noch einen kurzen Kuss, bevor er aus dem Bett stieg und begann sich vollkommen anzuziehen.
Drei Stunden später war Ryan schon längst mit dem packen fertig und wartete darauf, dass Finn wiederkam, währenddessen bezog er das Bett neu. Als er damit fertig war, räumte er noch etwas auf. Doch plötzlich schlangen sich zwei Arme um seine Taille und er spürte wie Finn sich plötzlich von hinten gegen ihn drängte. Zuerst war Ryan erschrocken zusammengefahren, immerhin hatte er Finn gar nicht gehört.
„Du hast ja schon wieder etwas von mir an“, bemerkte dieser glucksend.
Tatsächlich hatte Ryan das Hemd angezogen, welches Finn gestern getragen hatte, es war heute Morgen auf dem Boden neben dem Bett gelegen und er hatte sich nichts dabei gedacht, als er anzog.
„Es… ist bequem und… es riecht nach dir“, gab er beschämt zu, langsam wurde er wirklich viel zu lächerlich.
Vor allem wenn man bedachte, dass Finn viel größer als er war und seine Kleidung ihm nicht einmal passte.
„Es steht dir… irgendwie“, gab dieser lachend zu.
Ryan drehte sich in seinen Armen um und schlug ihm auf den Oberarm:
„Das ist nicht witzig“.
„Wenn du meinst… Ich sollte vielleicht mal was von dir tragen, wenn ich da überhaupt reinpasse“.
Ryan begann nun auch zu lachen, die Vorstellung wie Finn sich eines seine T-Shirts quälen würde war köstlich.
„Wir können die Koffer bereits in die Boxen legen, es ist alles fertig. Und das Essen liegt bereits auf dem Tisch im Wohnzimmer“.
„Okay“, er wollte sich los machen, um die Koffer zu tragen, doch Finn hielt ihn weiterhin fest und küsste ihn einfach.
Sofort fielen Ryan die Augen zu und er erwiderte den Kuss, einige Zeit später lösten sie sich wieder von einander, weil sie vergessen hatten zu atmen.
„Tut mir leid, es ist einfach noch immer so ungewohnt, dass ich das einfach machen kann“, gab Finn leise zu und blickte ihn nun nicht mehr so amüsiert wie vorhin, sondern etwas ernster an.
„Du kannst nicht nur, du sollst auch“, meinte Ryan grinsend und begann nun die Koffer zu schließen. Zusammen verluden sie das Gepäck in Finns Motorrad und setzten sich dann in das Wohnzimmer, um das Essen zu verzehren solange es noch warm war. Er hatte wieder etwas vom Italiener geholt, obwohl sie erst gestern etwas von dort gegessen hatten, Finn liebte nun mal italienisches Essen und Ryan hatte nichts dagegen.
Nach dem Essen gingen sie wieder ins Schlafzimmer und Finn stellte die Musikanlage an, er hatte diese sicher vermisst in seiner Abwesenheit, immerhin hörte er damit jeden Tag laut Musik.
Sofort startete das Lied „Letters to you“ von Finch, eine Band, die Finn früher sehr gemocht hatte.
„Das hast du gehört, als ich weg war?“, fragte er grinsend.
„Ja, das auch, eben viele von deinen CDs“, gab Ryan zu und setzte sich auf das Bett.
Finn grinste weiterhin und begann beim Refrain mitzusingen:
„Just want you to know that I miss you, I miss you sooo“.
Das Lied hatte er öfter in Finns Abwesenheit gehört, denn er hatte ihn wirklich vermisst, doch jetzt war er da und sang, mit einer schrecklich falschen Tonlage, mit. Ryan begann zu lachen und ließ sich auf die Matratze fallen, wie hatte er das nur vermissen können? Finn sang wirklich schrecklich und trotzdem hörte er ihm gerne zu.
Ryan setze sich wieder auf und beobachtete Finn dabei, wie er weiterhin mitsang.
„Wieso machst du das?“, fragte er lachend.
Finn war auf ihn zugekommen und direkt vor dem Bett, auf dem Ryan nun kniete, stehen geblieben.
„Was meinst du?“.
„So laut mitsingen, obwohl du weißt dass du schrecklich bist“.
„Also erstens: ich singe nicht schrecklich, du verstehst nur nichts von Kunst. Und zweitens: mach doch etwas dagegen“.
Ryan konnte nicht aufhören zu grinsen, er musste an ihr Gespräch heute Morgen denken.
„Also singst du nur, damit ich dich zum Schweigen bringe?“
„Das habe ich nicht gesagt“, meinte er.
„Ah ja“.
„Ja, aber ich kann ja weitersingen, wenn du nichts unternimmst“, drohte er und holte tief Luft, doch bevor er anfangen konnte zu singen, hatte Ryan ihn erneut am Nacken gepackt, seine Lippen mit seinen eigenen verschlossen und ihn auf das Bett das Bett gezogen.
Sie lachten beide auf, weil sie so unbequem auf dem Bett gelandet waren.
„Da hat es aber jemand eilig“, grinste Finn.
„Nein, du singst einfach nur schrecklich“, meinte Ryan und presste seine Lippen erneut auf seine.
Über seine Singkünste konnten sie auch irgendwann anders streiten, jetzt hatte er etwas Besseres mit Finn vor.
Ryan hatte dieses Gefühl wirklich vermisst, den Wind zu spüren, die Wärme der Sonne, die durch seine Kleidung zu spüren war, die Geschwindigkeit, das Zurren des Motorrades unter sich, Finn vor ihm. Sie waren schon seit einer längeren Zeit unterwegs, sie waren ganz früh aufgestanden, damit sie losfuhren konnten. Bis zur Nacht sollten sie es bis in die Frühstückspansion geschafft haben und danach, am Mittag darauf, würden sie in ihrem Apartment am Meer ankommen, die Vermieterin, bei der sie immer waren, hatten sie bereits angerufen und ihr Bescheid gegeben, dass sie für ein paar Tage vorbeikommen würden.
Eigentlich war Ryan schon immer der Vorsichtige gewesen, er würde nie im Leben selbst Motorradfahren wollen und würde auch nie bei jemanden anderen mitfahren, nur Finn vertraute er voll und ganz, deshalb konnte er die Fahrten mit ihm auch einfach genießen. Was Finn an dem Fahren so toll fand, verstand er voll und ganz, nur würde er sich das nie zutrauen und er hatte auch jedes Mal Todesängste, wenn Finn Stunts ausübte. Doch das würde er Finn wohl nicht ausreden können, er würde auch nicht wollen. Finn liebte es, auch oder gerade weil es gefährlich war und Ryan würde nichts daran ändern wollen. Ihn zu bitten, damit aufzuhören, war als ob ihn jemand bitten würde, mit dem Schreiben aufzuhören, es war einfach unmöglich.
Normalerweise hatte Ryan sich immer hinten an den Griffen des Motorrades festgehalten und den Körperkontakt mit Finn so gut wie möglich verhindert, damit er ja nicht auf falsche Gedanken kam. Doch jetzt, das erste Mal in den vielen Jahren in denen Finn ihn mitfahren ließ, hatte er seine Arme um Finns Hüfte geschlungen und hielt sich an ihm fest und stellte so viel Körperkontakt her, wie es nur ging, natürlich ohne Finn vom Fahren abzulenken. Er hatte sich das oft gewünscht, eigentlich hatte er jedes Mal darüber nachgedacht, wenn sie zusammen gefahren sind, vor allem bei solchen langen Fahrten, wie jetzt.
Die Sonne ging bereits unter, die Frühstückspansion, in der sie übernachten würden, war nicht mehr weit entfernt, nur geschätzte 40 Minuten Fahrt. Doch Finn setzte plötzlich den Blinker und bog in eine Ausfahrt ab. Er blieb bei einer alten verlassenen Tankstelle stehen, Ryan war verwirrt, war der Sprit etwa aus? Sie hatten doch gerade erst in der letzten Stadt getankt. Finn blieb stehen und wies Ryan, dass er absteigen sollte.
Finn stellte das Motorrad ab, holte einen Rucksack aus den Boxen und begann diesen auszupacken.
„Suchst du etwas? Haben wir etwas vergessen?“, fragte er, währen der den Helm auf das Lenkrad des Motorrades hängte.
„Nein, alles in Ordnung“, meinte dieser während er weiterhin im Rucksack kramte.
„Was machen wir dann hier?“.
„Sieh dich um, kannst du dich nicht mehr erinnern?“.
Ryan blickte sich um und überlegte kurz, dann fiel es ihm ein:
„Unser erster Ausflug, als wir mit der Schule fertig waren. Wir wollten mit dem Motorrad ans Meer, es hat geregnet und wir haben hier in einem Schlafsack übernachtet“.
Das war die Nacht gewesen, in der er ihm erzählt hatte, dass er Shelley gar nicht liebte und Finn hatte ihm gesagt, dass er jemanden lieben würde, den er niemals haben könnte. In diesem Urlaub hatte Ryan das erste Mal realisiert, dass seine Gefühle für Finn viel mehr als Freundschaft waren.
Während Ryan seine Erinnerungen erneut Revue passieren ließ, hatte Finn einen Schlafsack, zwei Kissen, eine Picknick decke und Tuppa Boxen mit Essen ausgepackt.
Der Schlafsack lag ausgebreitet auf dem Boden, die Picknickdecke daneben, auf der Decke lagen die Kissen und das Essen. Er stellte noch eine große Kerze auf die Decke und zündete sie an, dann machte Finn das Licht des Motorrades aus.
„Ich weiß die Kerze gibt nicht viel Licht, aber wenn wir das Licht des Motorrades die ganze Nacht anlassen, wird der Akku leer“, erklärte er und setzte sich auf die Decke.
Ryan blickte ihn immer noch perplex an, das alles wirkte irgendwie ziemlich romantisch, er hätte nie gedacht, dass Finn so etwas machen würde, wo er es sonst immer einfach und unkompliziert mochte.
„Hast du keinen Hunger?“, fragte Finn, als Ryan ihn weiterhin nur weiterhin wie angewurzelt neben dem Motorrad stand und ihn dabei anstarrte.
„Äh, doch“, versicherte er.
„Dann komm endlich her“, Finn winkte ihn zu sich.
Ryan grinste und setzte sich ebenfalls auf die Decke.
Später hatten sie die Kerze ausgemacht, den Großteil des übrig gebliebenen Essens wieder im Motorrad verstaut und sich zu zweit in den Schlafsack gelegt. Finn lag auf dem Rücken, hatte einen Arm unter seinem Kopf verschränkt und den anderen Arm um Ryan gelegt, dieser lag halb auf ihm und hatte seinen Kopf in seiner Halsbeuge vergruben.
„Kannst du dich noch erinnern, über was wir hier geredet haben?“, fragte Finn leise in die Stille.
Ryan nickte leicht.
„Diese Person, die ich geliebt habe, von der ich geglaubt habe, dass ich es ihr nie sagen könnte, weißt du denn, wen ich damals gemeint habe?“.
Ryan hob seinen Kopf und versuchte Finns Augen im Dunklen auszumachen. Er wollte darauf nicht antworten, Finn hatte ihm doch Vorgestern erzählt, dass er seit des ersten High-School Jahres in ihn verliebt war, doch er war zu blind gewesen, um schon damals zu verstehen, was sie für einander fühlten.
„Nun ja, du hast es mir ja vor zwei Tagen gesagt… Es tut mir so leid, ich hätte mir damals nicht denken können, dass du mich meinst, auch wenn ich genau in diesem Sommer angefangen habe, meine Gefühle für dich zu verstehen“.
„Wir können an dem Ganzen nichts mehr ändern… Aber deshalb wollte ich heute Nacht hier schlafen, in dieser Nacht damals, war ich kurz davor dir alles zu gestehen. Am liebsten hätte ich dich in den Arm genommen, dich einfach geküsst, gleichzeitig wollte ich dich anschreien. Warum du mit ihr zusammen bist, wenn du sie gar nicht liebst und dass ich da bin, ich dich liebe, wieso nicht mit mir zusammen bist“.
Ryan wollte sich gar nicht ausmalen wie Finn sich gefühlt haben musste, in etwa so, wie er sich die letzen Jahre gefühlt hatte, nur das er das alles schon viel länger durchmachte als er.
„Ich liebe dich auch, schon so lange“, flüsterte Ryan ihm zu.
Plötzlich wurde er im Nacken gepackt und etwas hochgezogen, als nächstes spürte er Finns Lippen auf seinen, als ober dieser nach einer Bestätigung seiner Worte suchen würde.
Ryan erwiderte den Kuss natürlich, dieser wurde jedoch immer drängender, so sanft er am Anfang auch gewesen war. Ryan ließ seine Hände auf Finns Körper wandern, schließlich war er unter seinem T-Shirt gelandet. Er strich über seine Warme Haut, zeichnete seine Muskeln nach, spürte seine leichten Bauchmuskeln, strich über seine Brust, seine Brustwarzen. Finn stöhnte in den Kuss, das brachte Ryan zum Grinsen. Sofort schob er mit seinen Händen Finns T-Shirt weiter nach oben, sie lösten den Kuss schließlich, damit Finn ihn helfen konnte, sich das T-Shirt über den Kopf zu ziehen, immerhin war im Schlafsack nur begrenzter Platz und so gestaltete sich das ganze etwas schwerer.
Am ersten Tag ihres Urlaubes haben sie ihr Apartment nicht verlassen, immerhin hatten sie nach diesen vielen Jahren viel aufzuholen was Zärtlichkeiten anbelangte. Es war ein wundervoller Urlaub, da es zu kalt war, um schwimmen zu gehen, das wussten sie sicher, da sie es einmal versucht hatten, unternahmen sie vieles Anderes. Sie machten Spaziergänge, erkundeten die Altstadt, obwohl sie diese schon fast auswendig kannten, gingen Nachts an den Strand, lagen im Sand, der durchaus etwas kalt war und beobachteten die Sterne. Einmal machten sie bei einem Bootsausflug mit, auch wenn es dank dem Wind, doch recht frostig an Deck war. Alles in einem, war es einer der schönsten Urlaube, die sie bisher mit einander verbracht hatten.
Erschöpft kamen sie wieder zu Hause an, die Fahrt war doch ziemlich lang und es war mitten in der Nacht. Finn blieb vor der Haustür stehen, damit sie Taschen nach drinnen tragen konnten. Während Finn die Maschine in die Garage fuhr, holte Ryan die Post aus ihrem Briefkasten. Jede Menge Briefe, leider auch Rechnungen, Werbungen und ein großes Kurvet, in dem sich ein Buch befand, hatten sie bekommen. In dem großen Kurvet war sicher sein Buch, das morgen bereits in den Buchhandlungen erscheinen würde, drinnen.
Ryan legte die Briefe und Werbungen auf dem Küchentisch ab, er würde sie sich morgen ansehen, jetzt war er zu ausgelaugt. Mit dem großen Kurvet ging er in das Schlafzimmer, wo er es auf seinen Nachtkasten ablegte. Bevor er das Kurvet aufmachte, wollte er sich bettfertig machen.
Als er, nur in seiner Pyjamahose, aus dem Badezimmer kam, fand er Finn auf dem Bett liegend vor. Seine Augen waren geschlossen und doch zierte ein zufriedenes Lächeln sein Gesicht, auch wenn die Fahrt anstrengend war, schien er zufrieden zu sein.
Ryan setzte sich zu ihm und nahm erneut das Kurvet in die Hand, Finn öffnete seine Augen und blickte ihn fragend an: „Was ist das?“.
„Ich glaube, da ist der erste Druck meines Buches drinnen“, Patrick, sein Lektor, hatte die Angewohnheit ihm immer das Buch zu schicken, welches als aller erstes vollkommen gedruckt war.
„Darf ich?“, fragte Finn und streckte seine Hand danach aus.
Ryan überreichte es ihm wortlos, er wusste genau, dass Finn es lesen würde, auch wenn er sich weigerte ihm das Buch zu überreichen.
Finn öffnete den Umschlag und holte das Buch hervor, eine Zeit lang beobachtete er das Cover, auf dem Ryans Pseudonym stand, dann drehte er es in seinen Händen und las sich den Klappentext durch.
Abwesend nickte er anschließend:
„Klingt echt interessant“.
Finn legte sich etwas bequemer hin und öffnete das Buch.
„Bitte tu mir das nicht an“, murmelte Ryan gequält, er hasste es, wenn jemand in seiner Nähe eines seiner Bücher las, denn dann wollte er immer wissen, bei welcher Stelle diese Person gerade war und durchdachte dann diese besagte Stelle neu und fing an, diese Stellen schrecklich zu finden und machte sich tausende Gedanken darum, was der andere an dieser Stelle schlecht finden könnte. Bei Finn war es noch schlimmer, immerhin wusste er jetzt, dass das Buch teils über ihn handelte.
„Keine Sorge, ich will nur die ersten paar Seiten lesen, dann lege ich es weg, versprochen“.
„Das sagst du immer und doch bleibst du manchmal die ganze Nacht wach, um eines meiner Bücher fertig zu lesen“.
„Du bist selbst schuld, du solltest nicht so gut schreiben“, meinte Finn neckend und blätterte ein paar Mal.
Seufzend ließ sich Ryan in die Kissen fallen, die Müdigkeit war plötzlich von ihm abgefallen, er konnte noch nicht schlafen, was sollte er jetzt machen? Er würde Finn nicht dazu bringen können, mit dem lesen aufzuhören, denn das tat er nie, wenn er einmal angefangen hatte. Das war ziemlich komisch, denn normalerweise las Finn gar nicht, er las nur Ryans Bücher. Dann beteuerte er immer wieder, wie gut Ryan doch schreiben konnte. Das war natürlich sehr nett von ihm, doch da er normalerweise gar nicht las, konnte er ja nicht wissen, ob Ryan gut schrieb oder nicht.
„Oh. Mein. Gott. Ryan!“, schrie Finn plötzlich auf, doch bevor Ryan ihn fragen konnte, was denn los war, hatte dieser sich schon auf ihn gelegt und sich auf seine Lippen gestürzt.
Ryan erwiderte verwundert den stürmischen Kuss und ließ seine Augen zufallen. Finn hatte seine Hände in Ryans Haaren vergraben, während Ryan begann ihm über den Rücken zu streicheln. Finn wanderte mit seinen Lippen weiter, küsste sich Ryans Hals hinab, verteilte dann viele Küsse auf seinem Oberkörper, bis er am Rand seiner Pyjamahose angekommen war, Finn wollte ihm diese ausziehen, doch Ryan hielt ihn kurz zurück. Ryan wusste selbst nicht, woher er die Kraft dazu nahm ihn aufzuhalten, denn am liebsten hätte er Finn weitermachen lassen, doch er musste ihn etwas fragen.
„Warte kurz, darf ich fragen was plötzlich los ist?“.
„Was los ist? Fragst du mich das jetzt wirklich?“, Finn hatte sich etwas aufgerichtet und starrte Ryan mit großen Augen an.
„Ja?“, meinte dieser verwirrt.
Finn löste sich von ihm und Ryan begann sofort zu bereuen, dass er gefragt hatte, er hätte Finn einfach weitermachen lassen sollen, er hätte ihn auch später fragen können.
Finn hielt ihm sein Buch vor die Nase und deutete mit seinem Finger auf die Widmung des Buches. Ryan begann zu grinsen, nun verstand er seine Reaktion.
„Danke, das ist eines der schönsten Dinge, die du je für mich getan hast“, sagte Finn lächelnd.
„Ach was“, winkte Ryan ab und legte das Buch bei Seite, „Können wir jetzt wieder da weitermachen, wo wir aufgehört haben?“,
Finn nickte lachend und zog Ryan an sich heran, um ihn erneut in einen intensiven Kuss zu verwickeln.
Ryan lächelte ihn sich hinein und freute sich, dass Finn sich so über die Widmung freute, wie er gehofft hatte. Denn in seinem Buch stand folgende Widmung:
Ich widme dieses Buch dem wichtigsten Menschen in meinem Leben.
Finn,
ich hoffe du weißt jetzt, was ich für dich empfinde, denn die Wörter ‚Ich liebe dich‘ drücken nicht annähernd aus, was ich fühle,
dein Ryan.
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Wenn euch das Buch gefallen habt, könnt ihr ja einen Blick auf mein neuestes werfen
Es heißt "Why Can´t it be easy?" und ist eine Mischung aus Boyslove und Science Fiction/Fantasy.
Hier ist der Klappentext, vielleicht schaut ihr ja mal rein:
>>Zwischen den Planeten Erde, Erdan und Erdian öffnen sich seit Anbeginn der Zeit Pforten. Seit es den Menschen gibt, existieren auch die Wächter, welche über die Pforten wachen. Clay ist seit drei Jahren ein Wächter,dies ist er mit Leib und Seele. Mit seinen 16 Jahren erfindet er viele neue Programme, die den Wächtern bei ihrer Arbeit weiter helfen. In der Schule muss er sich nicht anstrengen um gute Noten zu schreiben. Das ist gut, da er manchmal tagelang an seinen Programmen für die Wächter arbeitet, wenn er gerade nicht daran arbeitet, muss er zu einem Einsatz.Eigentlich ist er zufrieden mit seinem Leben, er hat eine Berufung, die ihm gefällt, hat Freunde, auf die man wirklich zählen kann, aber so unkompliziert bleibt es natürlich nicht!Es gibt nämlich einen gewissen Jungen namens Blake, welchen er schon seit Ewigkeiten kennt, aber in letzter Zeit einfach nicht mehr aus seinem Kopf bekommt.Doch wie soll er Blake für sich gewinnen, wenn er dank seiner Berufung zum Wächter, nicht einmal Zeit für sich findet?<<
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Tag der Veröffentlichung: 26.03.2013
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