Cover

Vorwort & Lyrics





Ich habe versucht meine Interpretation des Liedes "The Pros And Cons Of Breathing" von Fall Out Boy in einer Geschichte nieder zuschreiben. Falls jemand das Lied kennt und unter dem Text etwas anders vorstellt kann er es mir ruhig sagen, aber es sind ja bei FOB Texten immer mehrere Interpretationen möglich...
Ich hoffe es ist nicht allzu schlecht.

Für die das Lied nicht kennen, hier ist der Lyrics:

Bury me standing under your window with the cinder block in hand
Yeah cause no one will ever feel like this again
And if I could move I'm sure it would only be to crawl back to you
I must have dragged my guts a block... they were gone by the time we talked...

Whoa, I want to hate you half as much as I hate myself
But you know that I could crush you with my voice

Stood on my roof and tried to see you forgetting about me
Hide the details I don't want to know a thing

I hate the way you say my name like it's something secret
My pen is the barrel of the gun.
Remind me which side you should be on


Stood on my roof and tried to see you forgetting about me
Hide the details I don't want to know a thing

I wish that I was as invisible as you make me feel
I wish that I was as invisible as you make me feel

Whoa, I want to hate you half as much as I hate my
Whoa, I want to hate you half as much as I hate my


~Want To Hate You~





Als er ihre weichen Lippen auf seinen spürte drängte er sie erneut an die kalte Mauer und presste seinen eigenen Körper nah an ihren. Cam liebte es einfach ihr nahe zu sein, ihre Nähe war viel zu berauschend als das er sich von ihr lösen konnte.
„Sehen wir uns in der Pause im Hof wieder?", fragte er leise als sie sich wieder voneinander lösten.
„Cam, du weißt genau ich kann mit dir nicht gesehen werden, aber wir können uns in der Besenkammer treffen", flüsterte sie leise.
„Entschuldige, das habe ich vergessen".
Wie hätte er auch etwas anderes erwarten können?
Es war doch von Anbeginn an so gewesen, aber er konnte es ihr wirklich nicht übel nehmen.
Er war einer der größten Außenseiter und sie das begehrteste Mädchen der Schule, eine der Beliebten, da konnte er wirklich nicht von ihr verlangen, dass sie ihren Ruf mit ihm zerstören würde.
„Dann sehen wir uns in der Besenkammer", wiederholte er.
„Ja, bis dann. Ich werde dich vermissen", erneut gab sie ihm einen kurzen Kuss, befreite sich dann aus seinen Armen um fortzugehen.

So wie jeden Morgen hatten sie sich hinter der Schule getroffen, da sich dorthin niemand verirrte. Er wartete eine Weile bis er ebenfalls nach vorne trat um in die Schule zu gelangen, damit auch sicher niemand sah das sie beide hinter der Schule waren.
In der Öffentlichkeit war Monique wie ausgetauscht, sie schenkte Cam nicht einem Blick, er hingegen beobachtete seine Traumfrau solange er konnte. Versuchte zu verdrängen, wie sehr es ihn verletzte sich unsichtbar zu fühlen. Bei den anderen Mitschülern war er es gewohnt ignoriert zu werden und es störte ihn ehrlich gesagt auch nicht, doch bei ihr hinterließ es Wunden, aber er konnte ihr nicht böse sein.
Kaum waren sie wieder vereint, waren diese Wunden verheilt und er genoss ihre Nähe wieder grenzenlos. Oft beobachtete er sie Tagsüber aus der Ferne und malte sich aus, wie es sein würde vor allen zuzugeben dass sie sich liebten. Nach der Schule würden sie sowieso eines Tages zusammen ziehen und alle würden es sehen. Ja das würden sie, das wusste er, denn wenn sie zu zweit waren verplanten sie öfters ihre gemeinsame Zukunft.

Als die Pause begann eilte Cam sofort aus seiner Stunde und lief zu der alten Besenkammer des Hausmeisters, in der er sich mit seinem Engel treffen würde. Nachdem er sich mehrmals umgesehen hatte und sich davon überzeugte, dass niemand sah wohin er ging, trat er ein und verschloss die Tür hinter sich. Er konnte es kaum erwarten sie endlich wieder in seinen Armen zu halten, sie zu küssen und zu streicheln, ihr seine Zuneigung zu zeigen.
Cam liebte sie abgöttisch und das wusste Monique auch, er hätte alles für sie getan, hätte sein Leben für sie geopfert, wäre wenn es sein müsste bis an das Ende der Welt für sie gegangen. Einfach alles an ihr war bezaubernd, ihre wunderbaren dunkelblauen Augen, ihre langen braunen Haare, ihr hübsches Gesicht, ihre vollen Lippen, ihr zarter, dünner Körper.
Eigentlich kannten sie sich schon seit sie Kinder waren, sie wohnten sich gegenüber und spielten daher als Kinder sehr viel mit einander, es war eben eine Sandkasten Liebe, denn er war wirklich von klein auf in sie verliebt. Seit einem halben Jahr waren sie schon heimlich zusammen, ihm kam es viel kürzer vor...
Damals war sie weinend auf den Stiegen vor ihrem Haus gesessen, weil ihr ein Arschloch das Herz gebrochen hatte. Cam war zufällig genau dann nach Hause gekommen und sah sie, da es ihm das Herz brach sie so zu sehen, da er sie wie gesagt schon immer liebte, setzte er sich zu ihr und tröstete sie. Es führte dazu dass es heftig zwischen ihnen knisterte und Monique sich ebenfalls in ihn verliebte, jedenfalls sagte sie das. Natürlich vertraute er blind darauf, dass sie ihn nicht belog, das würde sie nie tun.

Die ganze Pause lang wartete er geduldig auf sie, doch sie kam nicht. Seufzend ließ er sich auf den Boden nieder, erneut durchzuckten ihn dieser Schmerz, erneut fühlte er sich unsichtbar und unwichtig, es war nicht das erste Mal dass sie ihn versetzte, so etwas geschah dauernd.
In den nächsten kurzen Pausen zwischen den Stunden, in denen er ihr auf den Gang begegnete, würdigte sie ihm wie immer keines einzigen Blickes, was seinen Schmerz nicht gerade linderte. Nach der letzten Stunde ging er geradewegs heim, wo ihn ein leeres Haus erwartete, da seine Eltern wie immer bis spät nachts arbeiteten. Er hatte noch beobachten können wie Monique mit ihren Freunden nach der Schule in ein Cafe gegangen war. Deprimiert ließ er sich auf sein Bett fallen, er hatte keinen Hunger und was im Fernseher lief interessierte ihn nicht. Seine Gedanken schwirrten um seine einzige Liebe, so etwas wie an diesem Tag passierte immer häufiger, er verstand sie, aber trotzdem verletzte es ihn. Wenigstens eine Nachricht hätte sie ihm doch schreiben können oder? Frustriert vergrub er sein Gesicht in seinem Kopfkissen, es duftete nach ihr. Erst vorletzte Nacht hatten sie sich wieder in seinem Bett geliebt, sie war die ganze Nacht über geblieben, kein Wunder, dass es ihren Duft trug.

Am späten Abend wurde er durch das Klingeln an seiner Haustür wach, lustlos ging er nach unten, am liebsten hätte er weiter geschlafen und von einer Welt geträumt in der er seine Liebe nicht verheimlichen musste und alles einfach gut ging. Als er die Tür öffnete stand Monique vor ihm und blickte ihn mit ihren dunkelblauen Augen schuldbewusst an.
„Darf ich reinkommen?".
Wortlos trat er bei Seite und ließ sie eintreten, gezielt ging sie hinauf in sein Zimmer, er folgte ihr. Oben legte er sich in sein Bett, während sie sich an den Bettrand setzte und ihn musterte.
„Cam, es tut mir leid".
„Was tut dir leid?", er stellte sich dumm.
„Dass ich dich schon wieder versetzt habe, ich konnte meine Freunde einfach nicht los werden und ich hatte auch keine Zeit dir eine Nachricht zu schreiben, das hätten sie gesehen und...".
„Und?", hakte er nach.
Langsam beugte sie sich zu ihm herab und strich ihm durch sein schwarzes Haar:
„Du bist doch nicht wütend auf mich oder?".
Natürlich war er das nicht, egal wie sehr er es wollte er konnte nie böse auf sie sein, dafür liebte er sie zu sehr.
Sie küsste ihn zärtlich:
„Vergib mir bitte", flüsterte sie an seinen Lippen.
Ihre Hände wanderten unter sein T-Shirt und zogen es ihm langsam über den Kopf, er wehrte sich nicht, wieso auch.
„Ich werde es auch gut machen, ich weiß auch schon wie", raunte sie in sein Ohr, während ihre Hände tiefer wanderten und sich an dem Verschluss seiner Hose zu schaffen machten.
Das war auch eines der Dinge, die immer öfter passierten. Als Wiedergutmachung hüpfte sie einfach mit ihm in´s Bett und alles war vergeben und vergessen...
Aber wie konnte er auch zu so einem Angebot nein sagen? Immerhin war er sowieso nicht wütend auf sie und gegen ihre Wiedergutmachung hatte er nun wirklich nichts einzuwenden.

Mitten in der Nacht wurde Cam wach, er sah im Dunklen wie Monique sich gerade anzog.
„Willst du gehen?“, fragte er leise.
„Ja, tut mir leid, meine Eltern denken ich liege in meinem Zimmer, ich will nicht dass sie in der Früh reinplatzen und sehen dass ich weg bin“.
Sie war schon öfter die ganze Nacht geblieben, er wusste dass sie wahrscheinlich einen anderen Grund hatte, aber er wollte keinen Streit mit ihr anfangen.
„Okay… Dann sehen wir uns morgen hinter der Schule?“.
„Ja, natürlich“.
Er setze sich auf und zog sie zu sich um ihr einen Kuss zu geben:
„Ich liebe dich“.
„Ich weiß“, meinte sie und verschwand auch schon aus dem Zimmer.
Sie hatte bis jetzt nur einmal die drei Worte ausgesprochen, er hingegen hätte es am liebsten in die Welt hinaus geschrien, das hätte ihr aber sicher nicht gefallen.
Cam kuschelte sich in seine Decke, sie roch wieder wunderbar nach ihr, mit einem seligen Lächeln auf den Lippen schlief er ein, ohne sich Gedanken darüber zu machen, warum sie so früh verschwand und warum sie nie aussprach, dass sie seine Liebe erwiderte. Es war unwichtig, er wollte sie zu nichts drängen, einmal hatte sie es gesagt, und das war ihm mehr als genug.


Am nächsten Morgen ging er, gut gelaunt, wie immer hinter die Schule und wartete auf sie. Seine angebetete schien sich an dem Tag etwas zu verspäten, aber das konnte schon mal passieren. Zuerst dachte er sich nichts dabei, doch dann machte er sich Sorgen dass ihr ja vielleicht etwas passiert war.
Die Schulglocke läutete zur ersten Stunde, er konnte nicht mehr länger auf sie warten. Im Gang sah er Monique dann, sie unterhielt sich mit ihren Freunden.
Erneut fühlte er den Schmerz, fühlte sich unsichtbar und unscheinbar, existierte er für sie denn nicht mehr?
Wieso vergas sie ihre Treffen in letzter Zeit immer öfter? Heute Nachmittag würde sie dann wieder bei ihm vor der Tür stehen und ihn um Vergebung bitten, alles mit ein ein paar Küssen und Berührungen, vielleicht sogar mehr, ungeschehen machen wollen. Doch langsam konnte er diesen Schmerz nicht mehr unterdrücken, er könnte sie nie einfach so stehen lassen. Ihm war schon immer bewusst gewesen, dass er sie mehr liebte, als sie ihn, jedoch hatte er diesen Gedanken bis jetzt immer stark verdrängt.
Aber was sollte er machen? Er sollte sich glücklich schätzen dass die Frau seiner Träume sich überhaupt mit ihm abgab, er würde es nie aushalten wenn sie sich trennen würden, egal was sie machen würde, er würde ihr sowieso alles verzeihen. Nicht weil er es wollte, sondern weil er einfach nicht anders konnte, egal wie verletzt er war.

Mit noch tiefer hängendem Kopf als sonst verschwand er seine Klasse für die nächste Stunde und packte seine Sachen aus. Obwohl es schon geläutet hatte, waren die meisten noch nicht da, der Lehrer verspätete sich sowieso, wie üblich. Seufzend nahm er sein Heft hervor und sah sich noch einmal den Stoff der letzen Stunde an, falls er sich heute prüfen lassen musste.
Cam konnte sich aber auf nichts konzentrieren, nur diesen tiefen Schmerz, den er in seinem Inneren verspürte.
Als würde sich sein Magen zusammenziehen, sein Herz schwer liegen und das Atmen schwer fallen. Mit jedem Atemzug verstärkte sich dieser Schmerz, machte sein Herz noch schwerer.
Dieser Schmerz war vertraut, er war nichts Neues.
Der Schmerz, sein ewiger, treuer Begleiter. Wie sollte der Schmerz auch verschwinden wenn Cam immer alles in sich hineinfraß?
Immer konzentrierte er sich auf diesen Schmerz, er war nicht masochistisch veranlagt, obwohl er oft darüber nachdachte ob er es war. Nein, das war es nicht, der Schmerz war einfach gut, denn Schmerz hieß dass er am Leben war. Wäre er nicht da, würde er nicht merken, dass er am Leben war. Der Schmerz gehörte dazu.

In der Pause gab er sich nicht einmal die Mühe, in der Besenkammer aufzutauchen, es war doch eindeutig, dass seine Liebe nicht dort sein würde. Den ganzen Tag schon, in jeder Pause hatte er sich in seiner Musik zu vertiefen, denn der Sänger der Lieder schien sich gleich zu fühlen wie er. Unsichtbar, unwirklich, nur der Schmerz zeigte dass er da war.
Gegen die letzte Stunde hatte er sich dann etwas gefangen, dann hatte Monique dann eben keine Zeit für ihn. Er konnte von ihr nicht verlangen dass sie jeglichen Kontakt zu Anderen unterband, nur weil er keinen anderen zum Reden und Zeitvertreiben hatte.
Ihm blieb immer noch der Trost, dass er, der unsichtbare Außenseiter, sie zur Freundin hatte, was viele anderen zwar wollten, aber nicht hinbekamen. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht, er hatte das, wonach so viele sich sehnten. Er hatte eine Beziehung mit der Traumfrau eines jeden jungen Mannes, er sollte nicht noch mehr vom Leben verlangen. Das sollte doch schon mehr als genug sein.

Jedoch wurde ihm dieser einzige positive Gedanke sofort aus dem Kopf geschlagen, als er um die nächste Ecke ging. Denn erblickte seine Geliebte, in den Armen eines anderen, wie sie sich küssten. Langsam lösten sie sich voneinander und lächelten sich gegenseitig an, tauschten verliebte Blicke aus.
Augenblicklich kam der Schmerz, sein guter Freund zurück, jedoch viel intensiver als zuvor. In diesem Moment wollte er nicht spüren dass er lebte, er vertrug den heftigen Schmerz nicht, konnte nicht damit umgehen. Dieses eine Mal wäre er gerne so unsichtbar gewesen, wie er sich dank ihr immer fühlte.

I WISH I WAS AS INVISIBLE AS YOU MAKE ME FEEL


Sein Inneres zerriss, er hatte das Gefühl sein Herz wäre gerade zerbrochen und hätte sich aufgelöst, stattdessen machte sich dort eine tiefes Loch breit, der ihn in den Abgrund treiben würde.
Es war sein Untergang, nun hatte er wirklich rein gar nichts mehr, das sein Leben lebenswert machte. Gegen so einen Typen wie dem Sportler, der sie noch immer in seinen Armen hielt, hatte er keine Chance.
Wie war er eigentlich auf die verdammte Idee gekommen sie könnte etwas von ihm, den unscheinbaren Außenseiter wollen? Jetzt gerade ignorierte sie ihn ja auch mehr als perfekt…

Cam drehte sich um ohne noch einmal nach hinter zu sehen, er musste sich das nicht anschauen, der kurze Augenblick hatte sich schon sowieso in sein Gedächtnis eingebrannt. Wie ferngesteuert ging er nach Hause, in sein Zimmer und ließ sich in sein Bett fallen.
Er war tot, innerlich tot.
Wie sollte er weiterleben wenn er innerlich tot war?
Erneut sah er es vor seinem geistigen Auge, wie der gutgebaute Sportler, dessen Namen er nicht einmal kannte, seine Traumfrau in seinen Armen hielt, sie küsste und ihr tief in ihre wunderbaren Augen blickte. Das vor versammelter Menge, offensichtlich musste sie mit diesem Lackaffen gar nichts geheim halten, für ihn schämte sie sich nicht.
Der Schmerz starb ab, nun fühlte er gar nichts mehr, weder Schmerz, noch sein Leben. Einfach ein leeres Nichts.

Stundenlang starrte er an seine Decke, er bekam nicht mit dass es dunkel wurde und bereits spät war. Sein Zeitgefühlt hatte er einfach verloren, dies war nicht verwunderlich. Zuerst hörte er gar nicht, dass es an der Tür läutete, erst nach längerer Zeit nahm er es war.
Als er die Tür öffnete sah er Monique vor sich stehen, er riss sich zusammen und nahm sich vor, sie wegzuschicken, es verlangte Mut da er ihr noch nie widersprochen hatte, aber alles hatte ein erstes Mal.
„Hey, entschuldige dass ich so spät störe, aber ich habe dich den ganzen Tag nicht gesehen und dich einfach vermisst“, meinte sie lächelnd.
Verwundert zog er seine Augenbrauen in die Höhe, dass sie so gut lügen konnte war etwas neues, was er noch gar nicht über sie wusste.
„Ich dachte mir… Vielleicht verbringen wir das Wochenende zusammen? Ich habe nichts für die Schule zu tun, also haben wir wirklich das ganze Wochenende Zeit.
War ihr Sportsmann etwa am Wochenende beschäftigt oder wieso hatte sie für ihn Zeit?
„Weißt du, ich will dich deinem Freund nicht wegnehmen, der freut sich sicher wenn du das Wochenende mit ihm verbringst“.
„Mein Freund? Was meinst du?“, sie klang verwundert.
Cam wollte ihr die Tür vor der Nase zumachen, doch sie hielt sie offen:
„Cam, Schatz was hast du?“.
Beinahe hätte er humorlos gelacht, >>Schatz<<, wann hatte sie dies das letze Mal gesagt? Hatte sie plötzlich ein schlechtes Gewissen? Wollte sie deswegen Zeit mit ihm verbringen?
„Dein Freund. Groß, mit Muskeln bepackt, Schlägervisage, wahrscheinlich nicht der intelligenteste… klingelt da was?“, sagte er ohne eine Rührung in seinem Gesicht.
„Soll das ein Scherz sein Cam?“, fragte sie plötzlich nervös.
Oh, sie wurde nervös, also hatte sie doch so etwas wie Gefühle?
„Ich mein den Typen, an dessen Hals du dich heute nach der letzen Stunde in der Schule geworfen hast“, erklärte er kalt.
„Das… Das hast du gesehen?“.
„Ich war ganz in eurer Nähe, aber wahrscheinlich hast du mich nicht gesehen weil du mit etwas anderem beschäftigt warst“.
„Cam, ich kann das erklären! Es ist nicht so wie du denkst“.
Es ist nicht so wie er dachte? Meinte sie das ernst?
>>Es ist nicht so wie du denkst<< der älteste, klischeehafteste Satz den man nach so einem Vorfall aussprechen konnte.
Cam fragte sich langsam immer häufiger, wieso er sich in sie verliebt hat, er hätte sich ein Mädchen suchen sollen, dass mehr zu ihm passte. Das seinen Geschmack hatte, welches einen weiteren Wortschatz besaß als ein lächerliches >>Es ist nicht so wie du denkst<<.
Doch was konnte er dafür?
Er liebte sie abgöttisch, egal was sie tat, er war ein armer, unglücklicher, verliebter Trottel.
In diesem Augenblick hatte er eine Maske aufgesetzt, kaum würde sie endlich gehen würde er wieder in sein tiefes Loch fahren und vor sich hin vegetieren.
Was gab es schöneres in seiner Freizeit zu tun als in Selbstmitleid zu baden? Ihm fiel da nichts ein. Nie würde er über sie hinwegkommen, aber wie konnte er auch nur einen Moment annehmen, dass sie sich bei jemandem wie ihn nicht einen besseren suchen würde? Jemanden den sie vor anderen nicht verbergen musste.
„Es ist egal was ich denke, deine Taten sprechen für sich selbst“, brummte er und wollte die Tür nun endlich schließen.
„Hör mir doch wenigstens zu, bitte“, ihr Gesicht war schmerzverzogen, was sollte er denn bitte sagen? Er konnte sie doch nicht einfach abblitzen lassen, er hielt dieses Bild von ihr nicht aus, wie sie traurig und verzweifelt da stand.
„Ich liebe ihn nicht, ich habe keine Gefühle für ihn, wie sollte ich auch nur irgendwas für ihn empfinden, wenn ich doch dich liebe?“.
Innerlich musste Cam lächeln, sie sagte diese drei Worte selten zu ihm.
„Du liebst ihn nicht?“.
Schleunigst schüttelte sie mit ihrem Kopf.
„Dann küsst du also öfter wahllos andere Jungs?“.
„Nein, so ist es nicht“, sie ging auf ihn zu und nahm sein Gesicht in ihre zarten Hände.
„Cam, ich liebe dich“.
„Deshalb küsst du auch andere und versetzt mich, nicht wahr?“.
„Das ist kompliziert…“.
„Dann erkläre es mir“.
Sie seufzte:
„Meine Freunde fragen mich schon seit Ewigkeiten warum ich keinen Freund habe… Sie versuchen mich andauernd mit Jemanden zu verkuppeln… Ich dachte mir ich suche mir jemanden und tue so, als ob ich mit ihm zusammen sein würde, damit sie mich nicht damit nerven. Ich benutze ihn nur“.
Wieso sie ihren Freunden nicht einfach sagte, dass sie schon längst einen Freund hatte, fragte er erst gar nicht. Es war doch klar, sie hatten es schon des Öfteren besprochen. Dass sie alles für ihn aufgeben würde, konnte er nicht von ihr verlangen, aber dass sie wenigsten keinen anderen Freund haben sollte war doch nicht zu viel verlangt oder?
Was sollte er schon machen, die Liebe war kompliziert.
„Er ist nur Mittel zum Weg, ihn kann ich dann vor den anderen vorschieben, verstehst du?“.
Nein, er verstand nicht. Aber sie hatte gesagt, dass sie ihn noch immer liebte. Ohne sie würde er zunichte gehen, also konnte er nichts anderes tun als es einfach runterzuschlucken.
„Der einzige Junge von dem ich etwas will bist du, ich dachte dass weißt du“, sie gab ihn einen kurzen, aber dennoch zärtlichen Kuss.
Der Mut von vorhin hatte ihn verlassen, er konnte sie nicht wegschicken.


I MUST HAVE DRUGGED MY GUTS A BLOCK, THEY WERE GONE BY THE TIME WE TALKED



„Okay, ich glaube dir…“, meinte er flüsternd.
Jeder andere hätte sie einfach fortgeschickt, aber sie war sein Leben, er konnte sein Leben nicht fortschicken!
„Lass uns das vergessen und einfach ein schönes Wochenende mit einander verbringen ja?“, fragte sie lächelnd.
Als Antwort zog er sie in seine Arme und küsste sie liebevoll.

Erst am Sonntagnachmittag ging Monique wieder nach Hause, weil sie noch Hausaufgaben erledigen musste. Cam war es recht, er hatte nun jeden Zweifel daran verloren dass sie ihn vielleicht nicht mehr liebte. Die letzen zwei Tage waren wirklich schön verlaufen… Schmunzelnd lag er im Bett und ließ die letzten Momente mit ihr nochmal vor seinem geistigen Auge ablaufen.
Montag ging es ihm nicht schlechter, er sah sie zwar mit diesem Lackaffen sah, denn in der Pause erschien sie zu ihrem Treffen in der Besenkammer. Es schien als wäre in ihrer Beziehung wieder alles in Ordnung, dass sie eine Scheinbeziehung mit diesem Affen führte, ignorierte er einfach.

Am Nachmittag saß er in Moniques Zimmer und versuchte ihr, vergebens zum dritten Mal dieses eine Mathematik Beispiel zu erklären. Logisches Denken war nicht unbedingt eines ihrer Stärken, seit sie klein war führte sie schon einen Hass auf Zahlen, dass wusste er nur zu gut. Früher, als sie noch jünger waren, hatte er ihr auch immer bei den Hausaufgaben geholfen. Sie hatte ihrem Blick konzentriert auf ihr Heft gerichtet, sie versuchte gerade die letzte Übung, die er ihr aufgeschrieben hatte zu lösen. Ihre zwei Augenbrauen hatte sie zusammengezogen, auf ihrer Stirn hatten sich kleine Falten gebildet, während sie angestrengt nachdachte, spielte sie mit dem Stift in ihrer Hand herum. Plötzlich erhellte sich ihr Gesicht und er konnte von ihrer Mimik ablesen, dass sie nun auf die Lösung gekommen war.
Gespannt schob sie ihm das Heft zu:
„Stimmt das so?“.
Cole warf einen kurzen Blick auf die Gleichung und ging sie nochmal in Gedanken durch.
„Ja, es stimmt“, meinte er grinsend, er freute sich dass sie es endlich verstand.
Von einen Moment auf den anderen viel sie ihm um den Hals:
„Danke! Wie kommt es nur, dass ich es bei dir verstehe und bei unsrem Lehrer nicht?“.
„Ich weiß nicht…“.
Sie setzte an um etwas zu sagen, doch plötzlich erklang eine Stimme, die laut durch das Haus rief.
„Monique! Justin ist da!“, hörte man die Stimme ihrer Mutter.
„Justin? Ist das der Sportaffe?“, fragte Cam nach.
„Du musst weg, schnell…“, nervös sah sie sich in ihrem Zimmer um.
Plötzlich packte sie ihn am Arm und schleifte ihn Richtung ihres Kleiderschrankes.
„Monique, das ist nicht dein ernst“, meinte Cam aufgebracht.
In dem Moment klopfte es an der Tür.
„Monique? Kann ich rein kommen?“, hörte man die Stimme des Sportlers.
„Warte Kurz“, sagte sie laut.
„Es tut mir leid, es geht nicht anders“, flüsterte sie leise und schloss Cam in ihren Kleiderschrank.
„Du kannst reinkommen“.

Cam hörte wie die Tür aufging:
„Hey meine Süße“.
„Hey… Was machst du hier Justin?“.
„Weißt du nicht mehr? Wir wollten uns diesen neuen Film im Kino ansehen…“.
„Das hab ich vollkommen vergessen, ich musste noch Mathe lernen und war mit meinen Gedanken wo anders“.
„Du hast gelernt? So kenn ich dich gar nicht“, hörte man den Jungen sagen.
Im Kleiderschrank vernahm Cam die Stimmen nur gedämpft, verstand sie aber dennoch gut.
„Tja… Ich bekomme kein Sportstipendium, ich muss gute Noten haben“.
„Egal, können wir gehen?“.
„Eh ja, natürlich“.
Leise hörte er Schritte, bald darauf dass die Tür geschlossen wurde. Eine Weile noch blieb er stumm in ihrem Kleiderschrank stehen, erst nach einer längeren Zeit kam er dann endlich hervor und machte sich auf den Heimweg. Das schlimmsten an den Ganzen war, dass es ihn noch nicht einmal überraschte, wahrscheinlich was ihr vollkommen egal gewesen was für eine Erniedrigung es für ihn war, sich in ihren Kleiderschrank zu verstecken.
Cam ging wie ferngesteuert in sein Zimmer, nahm seinen alten Block und einen Stift, kletterte dann durch sein Fenster auf das Dach des Hauses.

Er war schon lange nicht mehr hier oben gewesen, aber jetzt war es mal wieder Zeit fand er. Tief atmete er durch und schlug seinen Block auf. Früher hatte er öfter geschrieben, doch in letzter Zeit war er irgendwie davon abgekommen. Jetzt war aber der Augenblick gekommen sich alles von der Seele zu schreiben. Keiner wusste davon, aber er schrieb seine Gedanken und seine Gefühle sehr oft auf, es half ihn einfach alles zu verkraften und Sachen zu verarbeiten. Wenn er etwas dass ihn belastete niederschrieb, konnte er noch einmal in Ruhe darüber nachdenken und… Meistens fühlte er sich dann besser, er kam mit sich selbst ins Reine. Seine letzte Eintragung war bereits einen Monat her. In dieser ging es, wie auch anders, um Monique. Seine Meisten Schriften handelten über sie…
Diese Schriften waren alt, er hatte vor zwei Jahren seine Leidenschaft für das Schreiben entdeckt, auch wenn es nur Gefühle und Gedanken waren, Geschichte konnte er leider keine schreiben.
Es lagen sehr viele Schriften von der Zeit drinnen, in der er hoffnungslos in Monique verliebt war. In denen er sich darüber beschwerte, warum das Schicksal in unbedingt damit quälen musste, dass er sein Herz an ein für ihn, unerreichbares Mädchen verlor. Was er bloß angestellt hatte, dass er diese Straffe verdient hatte… Auch wenn der größte Teil der Schriften über sie war, handelten jedoch nicht alle über sie. Manche handelten einfach über die Welt, über die Grausamkeit der Menschen oder andere Themen die ihn beschäftigten.

Er begann darüber zu schreiben, wie unsichtbar er sich vor ein paar Tagen noch erschien, dann von den letzten Tagen, in denen er glaubte der glücklichste Mensch der Welt zu sein, endete schließlich damit wie, wie er erbärmlich er sich heute vorkam. Wie ein dreckiges Geheimnis dass man vertuschen muss, wovon keiner etwas mitbekommen darf.
Der Gedanken setzte sich in seinen Kopf fest, er war nur ein dreckiges Geheimnis, ihr Geheimnis. Das war ihm bewusst, aber er konnte seine verdammte Liebe zu ihr nicht verdrängen.
Er hasste sich selbst abgrundtief dafür, doch er liebte sie.


My pen is the barrel of the gun.
Remind me which side you should be on





Die nächsten fünf Tage vergingen ohne das Cam es merkte. Sie zogen einfach vorbei. Mit Monique hatte er sich nur ein-, zweimal getroffen. Jeden Nachmittag verzog er sich auf sein Dach, meistens saß er bis spät nachts dort und beobachtete einfach den Himmel oder schrieb.
Von dem Dach seines Hauses hatte er die Möglichkeit genau in Moniques Zimmer zu blicken, doch diese Möglichkeit nützte er kein einziges Mal aus. Er wollte nicht auch noch als Stalker enden, außerdem war sie meistens sowieso nicht zu Hause sonder mit diesem Justin unterwegs.
Am Samstagabend wollte er Monique überraschen und damit sich selbst wieder aus seinem Loch ziehen. Gut gelaunt ging er in die Stadt, borgte sich in der Videothek ihre absoluten Lieblingsfilme aus, kaufte ihre Lieblingslimonade die nur in einem Geschäft zu haben war und holte vom Italiener ihre Lieblingsspeise ab. Er freute sich schon auf ein paar schöne, gemeinsame Stunden, sie würde sich sicher über seine Überraschung freuen. Voller Vorfreude läutete er an ihrer Tür, er musste nicht lange warten bis sie ihm öffnete.
Monique trug einen kurzen Jeansrock, der nach seinem Geschmack viel zu kurz war und ein schwarzes Trägershirt, welches einen mehr als großzügigen Ausschnitt besaß. Es gefiel ihm gar nicht wenn sie sich so anzog, da wirkte sie immer so billig, aber das würde er ihr nie sagen.
„Cam? Was machst du denn hier?“, flüsterte sie leise.
„Schatz? Wer ist da an der Tür?“, hörte er die Stimme von diesem Lackaffen rufen.
Er war also schon wieder bei ihr, wieso wunderte es ihn eigentlich nicht?
„Nur das Essen, das wir bestellt haben“, rief sie zurück.
Sie konnte immer besser lügen musste er feststellen. Schnell schl0ss sie die Tür und schob Cam von den Treppen, die zu ihrer Tür führten, runter.
„Was machst du hier?“, fragte sie erneut, sie biss sich auf die Lippen, wie sie es immer machte wenn sie nervös war.
Fassungslos schüttelte er einfach den Kopf und warf ihr die Sachen die er besorgt hatte einfach vor die Füße. Dass sie sich als Alibi einen Freund beschafft hatte, verstand er noch, aber warum verdammt nochmal musste dieser verdammte Bastard dauernd bei ihr zu Hause sein?
Augenblicklich wandte er ihr den Rücken zu und machte sich auf den Weg nach Hause.
„Cam, warte doch“, hörte er sie leise rufen.
Erst jetzt fiel ihm auf, wie sehr er es hasste wenn sie seinen Namen so aussprach. Sie flüsterte, und spuckte seinen Namen aus als wäre er ein verfluchtes, dreckiges Geheimnis, das er nun einmal war. Cam sollte sich nicht beklagen, genau das war er für sich doch, nur ein Geheimnis, ein Zeitvertreib.



I hate the way you say my name, like it´s something secret





Plötzlich spürte er eine Hand an seiner Schulter, sie hatte ihn eingeholt.
„Es tut mir leid“, hörte er sie sagen.
Seufzend drehte er sich um:
„Ich weiß. Es tut dir immer leid“.
„Er bedeutet mir nichts, dass weißt du doch“.
Tief atmete er durch und schloss die Augen um sich zu beruhigen:
„Ja Monique, natürlich bedeutet er dir nichts. Trotzdem ist er dauernd bei dir zu Hause, du gehst fast jeden Tag mit ihm aus und hast kaum noch Zeit für mich. Wie soll ich dir da glauben, dass er dir nicht wichtiger ist als ich?“.
„Ich… Ich liebe dich, ich will dich nicht verlieren“.
>>Ich liebe dich<<, jetzt auf einmal kamen diese drei Worte so leicht über ihre Lippen.
„Danach sieht es mir aber nicht aus“, kurz war Cam selbst über seine Worte verwundert.
Noch nie hatte er so etwas zu ihr gesagt, nie hatte er an ihren Worten gezweifelt, aber jetzt war der Punkt erreicht, wo es nicht mehr ging. Natürlich, lieber würde er sterben als sich von ihr zu lösen, aber er musste ihr doch auch einmal zeigen, dass er sich doch nicht alles gefallen lassen wollte oder?
Erneut drehte er sich um und wollte gehen, er ließ sie einfach stehen und ignorierte ihre Rufe.

Keine fünfzehn Minuten später klingelte es stürmisch an seiner Tür. Jetzt plötzlich hatte sie also Zeit für ihn?
Eine lange Zeit lang versuchte er das Klingeln zu ignorieren, doch er verstummte einfach nicht. Irgendwann gab er doch auf und ging an die Tür.
Wie er die Tür öffnetet erblickte er natürlich Monique, welche die Sachen in der Hand hielt, die er ihr vor ungefähr einer halbe Stunde vor die Füße geworfen hatte.
„Ich habe Justin nach Hause geschickt, ich werde ihn bis Montag nicht mehr wieder sehen… Können wir das von vorhin nicht einfach vergessen und einen schönen Abend zusammen verbringen?“, fragte sie hoffnungsvoll.
„Du hast Justin nach Hause geschickt?“, fragte er verwundert.
„Ja, das wolltest du doch oder? Hättest du mir vorhin gesagt dass du heute zu mir wolltest, hätte ich ihn erst gar nicht zu mir kommen lassen“.
„Wirklich?“.
„Natürlich! Du stehst doch an erster Stelle und… Ich weiß ich versetzte dich unter der Woche oft und ich weiß dass die Tatsache dass ich mich dafür entschuldige das nicht besser macht. Ich kann während der Woche einfach nicht anders, weil meine Freunde das sonst mitbekommen.
Du darfst aber nicht vergessen, dass ich nichts lieber mache, als meine Freizeit mit dir zu verbringen, auch wenn es meistens leider nur am Wochenende geht. Cam, du bist mir verdammt wichtig, nur bei dir kann ich ganz ich selbst sein und muss mich nicht verstellen“.
„Okay, dann komm mal rein“, meinte er nach kurzem überlegen und trat zur Seite.
Sie hatte Justin wegen ihm heimgeschickt und sich aufrichtig bei ihm entschuldigt, soviel hätte er nie von ihr erwartet, das war mehr als er je gedacht hätte von ihr zu bekommen, wie sollte er dann weiterhin wütend auf sie sein?
„Danke“, murmelte sie an seinen Lippen und küsste ihn.
Sofort waren all die schlechten Gedanken und verletzten Gefühle vergessen, es gab einfach nur mehr sie.
Vielleicht würden sie ja doch glücklich miteinander sein, immerhin brauchte es nur mehr ein Jahr bis sie mit der Schule fertig währen. Dann würden sie zusammenziehen und gemeinsam studieren. All die unwichtigen Sorgen aus dem jetzigen Alltag währen vergessen, er musste sich bloß etwas gedulden bis es soweit war.

Cam spürte eine weiche Hand, die sanft über sein Gesicht strich. Leicht verschlafen öffnete er seine Augen und sah Monique lächelnd neben sich liegen.
„Morgen“, meinte diese nun schmunzelnd.
„Wie spät ist es?“, murmelte er müde.
„Beinahe Mittag, aber wir haben doch Zeit nicht?“.
„Natürlich“, er schlang seine Arme um sie und zog sie zu sich.
Zufrieden kuschelte sie sich an seine Brust:
„Cam?“.
Er brummte zustimmend als Zeichen dass er ihr zuhörte.
„Ich kann es kaum erwarten bis wir mit der Schule fertig sind. Dann ziehen wir zusammen und ich wache jeden Morgen so in deinen Armen auf wie jetzt…“.
„Sind dir deine Freunde nach der Schule nicht mehr wichtig?“.
„Wie meinst du das?“, fragte sie verwirrt.
„Du sagst wir halten die Sache mit uns geheim, weil deine Freunde es nicht verstehen würden… Werden sie es denn, nachdem wir mit der Schule fertig sind verstehen?“, noch nie hatte er sich getraut sie das zu fragen.

Eine längere Zeit herrschte Stille, sie wusste wohl keine Antwort auf diese Frage, wie konnte sie auch? Daran hatte sie wahrscheinlich noch nie gedacht. Cam sagte nichts, wartete weiterhin auf seine Antwort die nicht kam. Doch dann richtete sie sich auf und gab ihm einen sanften Kuss.
„Ich werde es ihnen dann sagen und wenn sie wirklich so reagieren werden, wie ich es mir denke, werde ich dann wohl ohne sie auskommen müssen… Aber ich werde es ihnen dann sagen, ganz sicher“, sie sah ihm nicht in die Augen als sie das sagte, sie wich seinem Blick geschickt aus.

Cam merkte in diesem Moment so vieles, was er vorher noch nie bemerkt hatte.
Monique wusste, dass diese Freunde keine wahren Freunde waren, sie wollte es offensichtlich nur nicht wahr haben, sonst hätte sie es ihren “Freunden“ schon längst gesagt.
Verwundert bemerkte er, dass ihm vorher noch nie aufgefallen war, dass sie, wenn sie ihm so etwas versprach, ihm nie in die Augen sah. Monique würde es ihnen nie sagen, sie würde nie den Mut finden, dies wurde ihm nicht in diesem Moment bewusst, nein so dumm war er nicht, aber bis jetzt hatte er es immer geschickt verdrängt.
Doch Cam konnte ihr keinen Vorwurf machen, er selbst war nicht besser, er fand keinen Mut ihr zu sagen, dass er es wusste. Monique war der einzige Mensch in seinem Leben, der sich mit ihm befasste, der hin und wieder für ihn da war. Würde er Schluss machen, würde vielleicht ihr Ego etwas verletzt sein, aber sie würde es überleben, ob er es überleben würde war eine andere Frage.

Unangenehme Stille war erneut zwischen Ihnen ausgetreten, beide wussten in diesem Moment, dass sich die Lage nie ändern würde, ihre Beziehung würde immer so bleiben wie jetzt. Sie würde ein Geheimnis bleiben, bis einer von beiden den Mut aufbringen würde das Ganze zu beenden.
Jedoch wollte keiner von beiden die unangenehme Wahrheit aussprechen. Cam wusste genau, was Monique jetzt von ihm erwartete, nämlich dass er das Thema einfach fallen lassen würde, und es nicht mehr ansprechen würde. Genau das tat er auch, was hatte er auch für eine Wahl?
Entweder eine Beziehung mit einem Netz aus Lügen, oder gar keine Beziehung und Einsamkeit.
Mit ihr hatte er wenigstens manchmal das Gefühl nicht unsichtbar zu sein, ohne sie, würde er einfach überhaupt nichts mehr fühlen.

Erneut schlang er seine Arme um sie und drückte sie an sich:
„Was hältst du von einem verspäteten Frühstück im Bett, einem Spaziergang durch den Wald und dann vielleicht einen Film?“.
Falls sie spazieren gingen, dann immer in den Wald, da sie sicher waren dass sie dort niemanden treffen würden den sie kannten.

Fünf Tage später am Freitagnachmittag saß Cam wieder auf seinem Dach und hielt Ausschau nach Monique. Die ganze Woche hatte er kein einziges Mal mit ihr geredet, dieses eine Mal hatte er beschlossen nicht auf sie zuzugehen und zu warten bis sie sich bei ihm meldete. Es konnte doch nicht wahr sein, dass sie sich nicht die reinste Mühe gab Kontakt mit ihm aufzunehmen. Wenn Cam etwas überlegte bemerkte er, dass es eigentlich bis auch so war, er es bloß nicht gemerkt hatte. Immer musste er einen Schritt auf sie zu gehen, sie kam nie von selbst zu ihm rüber, oder schrieb ihn von selbst eine SMS um einfach zu sehen wie es ihm geht.
Seufzend richtete er seinen Blick auf die Straße, nur wenige Autos fuhren hin und wieder vorbei, einige Menschen machten gerade einen gemütlichen Abendspaziergang. Monique hatte er heute nur einmal ganz kurz erblicken können.
Er hing weiterhin seinen Gedanken nach und betrachtete dabei die wenigen Menschen die auf der Straße unterwegs waren.
Von weitem erblickte er eine schlanke, hohe Gestallt die ihm bekannt vorkam. Als die Person näher kam, erkannte er ein Mädchen aus seiner Schule. Sie kam jeden Nachmittag an seinem Haus vorbei und führte ihren Labrador aus. Der Hund blieb an einem Baum stehen und schnüffelte, bevor er sein Bein hob. Geduldig blieb das Mädchen stehen und wartete, so hatte Cam die Möglichkeit sie genauer zu betrachten.
Sie hatte langes, schwarzes Haar, welches mit dünnen, grünen Strähnen durchzogen war. Sanfte Gesichtszüge machten ihr Gesicht aus, sie war leider zu weit entfernt als das er ihre Augenfarbe erkennen konnte. Ihre Kleidung hielt sich in dunklen Tönen, sie trug eine enge schwarze Hose und einen dunkelblauen Pullover, auf dem der Name einer nicht so bekannten Punk-Rock-Band befand.
Cam hatte sie in der Schule ein, zweimal gesehen. Sie ging in seine Nachbarsklasse, war in etwa so beliebt bei ihren Mittschülern wie er. In den Pausen hatte er sie öfter draußen lesen sehen, sie saß immer alleine unter einem Baum und war in ihre Bücher vertieft.
Der Labrador war mit seinem Geschäft fertig und ging nun schwanzwedelnd weiter. Cam blickte den beiden eine Zeit lang hinterher, bis die zwei aus seinem Blickfeld verschwunden waren.
Warum war sie wohl eine Außenseiterin? Aus denselben Gründen wie er?

Kaum hatte er sich das gefragt sah er auch schon wie Justins Auto in die Straße einbog. Selbstverständlich blieb der schwarze BMW vor Moniques Haus stehen. Cam hätte sich natürlich denken können, dass Justin nicht allein war, dieser stieg nämlich zusammen mit Monique aus.
Kaum waren die zwei in das Haus verschwunden, sah Cam durch Moniques Fenster, dass die beiden sich in Moniques Zimmer befanden.
Cam konnte genau beobachten wie Justin sie in seine Arme zog und sie auf ihr Bett zusteuerte. Lächelnd legte diese ihre Arme um seinen Hals und zog ihn für einen Kuss an sich heran. Nur blieb es leider nicht nur bei einem Kuss.

Bevor Cam zu viel sah, wandte er dem Anblick seinem Rücken zu, er wollte es nicht sehen, er konnte sich gut genug vorstellen was die zwei taten. Ob sie wohl dabei an ihn dachte? Fragte sie sich, was für Schmerzen sie ihn dabei bereitete? Cam schnaubte verächtlich über seine Gedanken. Natürlich dachte sie nicht an ihn. Monique vergaß ihn einfach, ließ sich fallen. Es interessierte sie nicht, schließlich hatte sie ihren Spaß.
Obwohl er wusste dass es ein Fehler war, drehte er sich noch einmal um, um den Blick auf die beiden zu werfen.
Sie lagen nun halbnackt auf ihrem Bett, als Monique sich plötzlich von Justin löste und dieser sie fragend ansah. Hatte sie etwa doch Gewissensbisse? Dachte sie doch an ihn?
Monique stand auf und ging zum Fenster, einen Moment dachte Cam, dass sie ihn entdeckt hatte, doch dann zog sie das Rollo ihres Fensters hinunter.
Etwas in seinem Inneren zerriss in diesem Moment. Wie konnte er auch nur denken, dass sie an ihn dachte? In diesem Augenblick wurde ihn bewusst, wie erbärmlich er mal wieder war. Er stand alleine auf einem Dach und versuchte zu beobachten wie seine Geliebte, die ihn seit mehr als einer Woche betrog, mit einem anderen Jungen schlief.



Stood on my roof and tried to see you forgetting about me





Dieser unglaubliche Schmerz durchzuckte ihn erneut, als wären alle seine alten Narben aufgerissen. Sein Herz zog sich zusammen, lag schwer in seiner Brust. Er hatte das Bedürfnis es aus seiner Brust zu reisen, damit es endlich aufhörte so zu schmerzen. Es sollte einfach nur aufhören!

Einen Ausweg gab es, Cam stellte sich auf den Rand des Daches und blickte in die Tiefe hinab. Das wäre die Lösung, alles würde enden. Die Schmerzen würden endlich aufhören, er würde nichts mehr spüren. Endlich würde er Erlösung verspüren, er würde einfach rein gar nichts verspüren, keine Sehnsucht, keine Trauer, keine Verzweiflung einfach nichts. Es klang so verlockend und es war so einfach. Einen einfachen Schritt nach vorne machen, mehr musste er nicht dafür tun.
Eine lange Zeit blickte Cam in die Tiefe und spielte mit diesem Gedanken, vielleicht würde Monique ja dann bemerken was er ihr eigentlich bedeutete. Man erkannte doch immer erst was man hatte, wenn es schon längst weg war. Würde sie dann wahrnehmen, dass sie ihn vermissen würde? Aber wahrscheinlich würde sie nicht einmal trauern. Keiner würde um ihn trauern, außer seine Elter vielleicht.
Cam lachte verbittert und ging einen Schritt zurück:
„Nicht einmal das traue ich mich, ich bin jämmerlich“.
Kopfschüttelnd holte er seinen Block hervor und fing an seine Gedanken nieder zuschreiben. Das war sein einziger Ausweg, sein einziger Lebensinhalt. Erneut schüttelte er den Kopf darüber, wie lächerlich er doch war.


Zwei Wochen waren seit dem vergangen, Monique hatte ihn kein einziges Mal besucht oder angesprochen. Sie tat einfach so als wäre nie etwas zwischen ihnen gewesen. Cam versuchte es erst gar nicht, so bekam er wenigstens einmal mit, wie wenig er ihr wert war. Langsam fragte er sich, ob er sich das alles vielleicht nur eingebildet hatte. Vielleicht waren sie ja nie zusammen und er hatte sich das Ganze nur eingebildet?
Waren seine Sehnsucht und seine Einsamkeit wirklich so groß, dass er schon halluzinierte?
Plötzlich läutete es an seiner Tür, zuerst dachte Cam, er hätte es sich eingebildet, doch dann ertönte die Klingel erneut. Er rappelte sich auf und ging zur Tür, kaum hatte er sich geöffnet, fiel Monique ihm um den Hals.
„Es tut mir so leid, bitte verzeih mir“.
Hatte er also doch nicht halluziniert? Er befreite sich aus ihren Armen und blickte sich prüfend an:
„Was willst du?“, fragte er herablassend.
Was suchte sie hier, nach drei Wochen? War ihr jetzt plötzlich wieder eingefallen dass er existierte?
„Cam, ich wollte das wirklich nicht. Ich wollte mich schon viel früher bei dir melden! Ich war im Stress, hatte viele Prüfungen in der Schule und dann wollten meine Freundinnen auch noch so viel von mir und ich konnte einfach keine Zeit für dich finden. Ich habe dich sehr vermisst“.
Sie konnte drei Wochen lang keine Zeit für ihn finden, sollte er ihr das wirklich glauben? Dachte er dass er so verzweifelt war, dass er ihr das glaubte?
„Was erwartest du dir jetzt von mir? Dass ich dich in den Arm nehme und so tue als wäre alles in Ordnung? Dass ich so tue, es als wäre es vollkommen normal jemanden den man “liebt“ drei Wochen lang nicht einmal anzusehen? Soll ich so tun als würde mir das rein gar nichts ausmachen?“, das erste Mal, sprach Cam all das aus was er dachte.
Drei Wochen waren eine lange Zeit, er hatte viel nachgedacht.
Verzweifelt blickte sie ihn an:
„Cam… Ich liebe dich, bitte tu mir das nicht an“.
„Egal wie schön sie auch sind, diese drei Worte machen nicht alles gut“.
„Bitte, es kommt nicht mehr vor, ich verspreche es“, ihre Stimme brach am Ende des Satzes, er sah wie Tränen in ihre Augen traten.
Dieser Anblick ging ihn durch und durch, er konnte es nicht sehen ausstehen wenn sie traurig aussah. Es schmerzte sein Herz oder besser gesagt das, was von seinem Herz noch übrig war.
Bevor er etwas sagen konnte, hatte sie ihre Arme erneut um ihn gelegt und ihre Lippen auf seine gedrückt.
Dieses Kribbeln, welches er schon lange nicht mehr verspürt hatte, breitete sich in seinem Bauch und im Rest seines Körpers aus. Zuerst zögerte er, doch dann erwiderte er ihren Kuss, wie hätte er auch widerstehen können? Nach so lange Zeit welche er mit Sehnsucht verbracht hatte?
„Bitte… Cam bitte…“, murmelte sie immer wieder zwischen ihren Küssen, bis sie sich vollkommen von einander lösten.
Ihre Hände wanderten unter sein T-Shirt, während ihre Lippen seinen Hals hinab küssten, wohlwissend wie empfindlich er dort war.
„Lass es mich wieder gut machen“, raunte sie an seinem Ohr, während ihre Hände sein T-Shirt höher zogen.
„Lass mich dir zeigen, wie sehr ich dich vermisst habe“, entschlossen zog sie ihm das T-Shirt über den Kopf.

Was hätte er machen sollen? Er hatte sie schließlich auch vermisst, er war wegen ihr verrückt geworden, wie hätte er nein sagen sollen?
Cam zog sie ihn seine Arme und küsste sie fordernd, während er mit einer Hand die Tür zuschlug. Langsam begann er mit ihr die Treppen hochzusteigen, ohne sich von ihr zu lösen. Es erwies sich als schwer doch sie schafften es bis in sein Zimmer ohne von dem anderen abzulassen. Als sie beim Bett ankamen hatten sie beide schließlich nur mehr Unterwäsche an, doch auch die verschwand schnell…

Eine Woche lang ging es wirklich gut. Monique besuchte ihn jeden Tag, verbrachte nun wieder mehr Zeit mit ihm, als ob es ihr wirklich leid tat.
Cam wartete gespannt im Flur. Keine Menschenseele befand sich mehr hier, er wartete auf Monique, sie schrieb in einer dieser Klassen eine Prüfung nach, für die sie die letzten Tage gemeinsam gelernt hatten. Seine Nerven waren bis zum reisen gespannt, er wusste genau wie viel Mühe Monique sich für diese Prüfung gegeben hatte.
Die ganze Zeit schon ging er ungeduldig im Flur auf und ab, wie lange war sie da bloß schon drinnen? Ob sie Schwierigkeiten hatte?
Plötzlich ging die Tür zu dem Klassenzimmer in dem sie sich befand auf, der Lehrer trat als erster hervor und verschwand so schnell wie er gekommen war. Dann trat auch schon Monique die ein riesiges Lächeln im Gesicht hatte aus dem Raum.
„Und?“, fragte Cam neugierig.
„Ich habe es geschafft!“, freudig fiel sie ihm um den Hals, sofort schlang er seine Arme um sie.
„Siehst du? Ich habe doch gesagt du schaffst das! Das muss gefeiert werden!“.
„Ich habe es nur wegen dir geschafft, vielen Dank nochmal für deine Nachhilfe“, sie gab ihm einen kurzen Kuss.
„Immer wieder gerne“.

Sie hatten ihre Hände ineinander verschränkt, als sie aus der Schule traten. Doch kaum waren sie aus der Schule raus, löste Monique ihre Hand von seiner und zischte ihm schnell zu er solle verschwinden. Irritiert blickte Cam sie an, bis er Justins Wagen vorfahren sah und es verstand.
„Es tut mir leid“, flüsterte sie ihm zu und war schon in Justins Wagen verschwunden.
Erneut fühlte Cam sich wie ein begossener Pudel, zum Lernen war er ihr gut genug aber sonst?
Er hatte gar nicht mitbekommen wie, doch irgendwie war er bis nach Hause gekommen. Dort führte sein Weg geradeaus auf das Dach des Hauses.
Seine Eltern waren natürlich, wie immer, nicht da.
Er hatte in letzter Zeit mitbekommen, dass sie gar nicht so lange arbeiteten. Sie gingen sich eher aus dem Weg, es würde wohl nicht mehr lange dauern bis sich endlich trauten, ihm zu sagen, dass sei nur wegen ihm noch zusammen blieben. Offensichtlich liebten sie sich nicht mehr, denn sie lebten nur aneinander vorbei, ob sie nach einer Scheidung mehr Zeit für ihn aufbringen könnten? Würden sie dann auch mal an ihn denken? Es war eine reine Ausrede, dass sie nur wegen ihm zusammen blieben, Cam dachte eher, dass eine Scheidung zu viel Aufwand für sie wäre.
Aber vielleiht verstand er auch einfach alles falsch, konnte schon gut möglich sein wenn ihm nie jemand etwas erzählte.

Oben beobachtete er wieder die Menschen die er vom Dach sehen konnte, während er seine Gedanken, die sich wie immer um Monique drehten, niederschrieb. Nachdem er mehrere seiner älteren Schriften durchlas, wurde ihm eines bewusst.
So sehr er sich auch davor fürchtete, er musste Monique endlich ein Ultimatum stellen, sie müsste sich entscheiden. Justin oder er. Egal wie oft sie noch beteuern würde, dass sie Justin nicht liebte, er glaubte es nicht mehr.
Sein innerstes zog sich schmerzhaft zusammen, es war doch mehr als klar wie sie sich entscheiden würde nicht?
Aber so weiter zu machen konnte er einfach nicht mehr verkraften, es war noch schlimmer als einfach von ihr ignoriert zu werden. Immerhin machte er sich so jede Sekunde darum Gedanken was sie wohl gerade mit Justin machte. Ob sie sich wohl in diesem Moment wieder liebten? Ob sie wohl dabei auch daran dachte, wie er sich gerade fühlte? Ob sie je auch nur einen einzigen Gedanken an ihn verschwendete, wenn sie mit Justin zusammen war?
Er bezweifelte es schwer.
Bilder tauchten vor seinem inneren Auge auf, wie Justin seine Arme um seine Liebste legte, sie näher an sich zog um sie zu küssen. Wie sie lächelte wenn sie ihn in die Augen blickte. Wann hatte sie ihn das letzte Mal so angelächelt? Auch wenn er sich anstrengte, er konnte sich nicht daran erinnern.

Cam senkte seinen Blick wieder auf die Straße vor seinem Haus, versuchte diese Gedanken nur für einen Moment zu vertreiben.
Das Mädchen das jeden Tag mit ihrem Labrador spazieren ging, lief gerade an seinem Haus vorbei, natürlich dackelte der Labrador ihr hinterher. Erneut hatte sie ihre langen Haare offen, sie waren etwas vom Wind zerzaust. Sie blickte ihrem Hund nach, der stehen geblieben war um an einem Hydranten zu schnüffeln, sie strich sich die Haare aus ihrem hellen Gesicht und stieß einen kurzen Pfiff aus, sodass der Hund ihr wieder hinterher ging.
Die grünen Strähnen verliehen ihr etwas geheimnisvolles, sie ließen sie anders wirken. Obwohl sie eine relativ helle Haut hatte, passten die dunklen Haare zu ihr, vielleicht auch nur weil die grünen Strähnen so hell waren? Erneut hätte er gerne gesehen was für eine Augenfarbe sie hatte, doch war sie zu weit entfernt. Wenn er sie das nächste Mal in der Schule sah, musste er darauf achten.

Sein Handy vibrierte und riss ihn aus seinen Überlegungen.

Sorry wegen vorhin, ich habe ihn nicht gesagt, dass er mich abholen soll… können wir uns Morgen vor dem Unterricht wieder hinter der Schule treffen?
:-* M.




„Bevor du irgendetwas sagst, muss ich dir etwas sagen“, meinte Cam entschlossen bevor er es sich anders überlegte.
Die ganze Nacht war er wach gelegen und hatte überlegt ob er es wagen sollte oder nicht. Er war noch immer unsicher, ob es klug war, doch er hatte den Beschluss gefunden, dass er anders damit nicht mehr leben konnte.
„Was ist denn los?“, fragte Monique sichtlich verwirrt.
„Du liebst mich doch oder?“.
„Natürlich tue ich das, wie kannst du mich nur so etwas fragen?“, sie klang ernsthaft erstaunt.
„Ich kann so nicht mehr weiter machen Monique. Ich will dass du dich entscheidest, er oder ich“.
„Das haben wir doch schon besprochen, er ist mir nichts wert“.
„Nun dann kannst du dich doch von ihm trennen oder?“, fragte er nach.
Nervös trat er von einem Fuß auf den anderen, er überlegte ob er einen Rückzieher machen sollte. Würde sie sich für ihn entscheiden? Wenn nicht konnte er dann ohne sie leben?
„Ich dachte du hast verstanden, dass meine Freundinnen mich dann wieder mit anderen verkuppeln wollen?“.
„Wo wir schon darüber reden, ich will mich nicht mehr verstecken. Wenn du mich wirklich liebst, sollte es dir egal sein was die anderen denken. Ich will ja nicht dass du es durch die ganze Schule schreist, ich will einfach nur mit dir reden können, ohne dass wir uns hinter der Schule verstecken müssen“.
„Das kann ich nicht. Die anderen würden sofort wissen wollen, warum ich plötzlich mit dir rede und-“.
„Kann es dir einfach nicht egal sein, was sie denken und was sie sagen?“.
Eine Stille breitete sich zwischen ihnen aus, eine bedrückende Stille, die er nach einer Zeit wieder durchbrach.

„Was ist dir wichtiger? Was die anderen von dir denken, oder ich? Hast du dich eigentlich je gefragt wie es sich für mich anfühlt? Wie es ist zu wissen, dass du dich für mich schämst?“.
„Cam-“, sie wollte ihn unterbrechen, doch jetzt, nach so langer Zeit sprudelte einfach alles aus ihm heraus.
„Wie es ist, dein dreckiges kleines Geheimnis zu sein? Sich dauernd fragen zu müssen, was man bloß falsch gemacht hat, dass du dich so fürchtest bloß mit mir nur gesehen zu werden? Warum du unbedingt einen anderen Freund brauchst bloß damit die anderen sich keine Gedanken machen? Wie es ist-“.
„Es tut mir leid, ich liebe dich, bitte glaub mir das doch“.
„>>Es tut mir leid, ich liebe dich.<< Das sagst du dauernd, das sagst du immer. Glaubst du damit ist alles geklärt? Oder glaubst du mit einer Wiedergutmachung, wie mit mir ins Bett zu springen und mich dann die nächsten Tage zu ignorieren ist wieder alles vergessen? Hast du eine Ahnung wie ich mich fühle, wenn du mich Tage lang, wochenlang ignorierst und dann auf einmal wieder vor meiner Tür stehst und dich bei mir entschuldigst und mir sagst du würdest mich lieben? Kannst du dir das vorstellen?“.
„Was soll ich tun damit du mir verzeihst?“, fragte sie verzweifelt.
„Mach mit Justin Schluss und ignorier mich nicht in der Öffentlichkeit. Du musst nicht jedem sagen dass wir zusammen sind, aber grüße mich einfach wenn du mich siehst oder lass uns wenigstens etwas reden wenn wir uns sehen“.
„Ich kann das nicht tun“, murmelte sie leise.
„Dann werde ich es tun“, meinte er entschlossen.
„Wie meinst du das?“.
„Ich habe alles, so lange für dich verschwiegen. Aber ich könnte jederzeit vor allen sagen, dass wir zusammen sind. Ich müsste es nur behaupten, dann würden schon die ersten Gerüchte kursieren“.


You know I could crush you with my voice





„Das würdest du nicht tun!”.
„Wenn du es nicht kannst, dann muss ich es tun. Ich kann so nicht mehr weiter machen, wieso verstehst du es nicht?“.
Von einem Moment zum anderen, verengen sich ihre Augen zu Schlitzen:
„Mach doch was du willst, wenn ich es abstreite wird dir sowieso keiner glauben“.
Sein Herz zog sich zusammen und lag ihm schwer im Magen, es fühlte sich an, als hätte man einen Dolch durch seine Brust gestoßen. Tränen traten ihm in seine Augen, die er erfolgreich zurück hielt. Er würde nicht vor ihr weinen, so viel Stolz hatte er noch, auch wenn er selbst nicht glaubte, dass er überhaupt noch so etwas wie Stolz besaß.
„So sehr liebst du mich also, Monique?“, fragte er verbittert.
„Ich bin gerne mit dir zusammen, aber ich kann meinen Ruf und meine Freunde nicht gefährden“.
„Ach, du meinst deine tollen Freunde, die immer zu dir stehen, außer natürlich du hast ein ernstes Problem?“, stieß er wütend aus.
„Ich-“.
„Vergiss es. Vergiss es einfach, wie konnte ich auch erwarten, dass ich dir wirklich etwas bedeute? Es ist mein eigener Fehler, ich war einfach ein Idiot, falls ich wirklich glaubte, du würdest mich lieben. Obwohl, ich habe dir nicht geglaubt, ich wollte es nur einfach nicht wahrhaben, wie gut du lügen kannst“.
Verwundert sah sie ihn an, natürlich war sie verwundert. Nie hatte er sich getraut so mit ihr zu reden.
Zögernd trat sie auf ihn zu und wollte ihre Arme um seinen Nacken legen:
„Können wir diesen dummen Streit nicht einfach vergessen?“.
„Können wir, wenn du dich endlich von Justin trennst“, er würde nicht nachgeben, nicht nachdem er gesehen hatte, wie gemein sie doch reagieren konnte.
„Das kann ich aber nicht machen“.
„Tja, dann sehe ich ja wie viel ich dir bedeute“.
„Du bedeutest mir aber viel!“.
„Ich bedeute dir nicht genug, um von dir verlangen zu können, mich nicht wie ein schmutziges Geheimnis behandelt zu werden“.
Darauf wusste sie keine Antwort mehr, wie hätte sie auch?
„Es tut-“.
„Es tut dir leid, ja ich weiß dass du das sagen willst“, er löste sich aus ihren Armen.
„Ich habe dich wirklich geliebt Cam, ich schwöre es… Nur, wir sind einfach zu verschieden und ich kann es einfach nicht riskieren… Ich glaube ich bin bei Justin besser aufgehoben“.
Kaum hatte sie dies ausgesprochen war sie auch schon verschwunden.
So endete es also?

Wie ferngesteuert ging Cam los, an Unterricht war nicht zu denken. Sein Gehirn war noch am Verarbeiten des Geschehenen, als ob er nur geträumt hatte, dass konnte doch alles nicht wahr sein oder?
Am Schul-Tor stolperte er und fiel zu Boden, der Inhalt seines Rucksackes hatte sich vor ihm auf dem Boden ausgebreitet. Immer noch wie ferngesteuert begann er seine Sachen einzusammeln. Eine Zeit lang hielt er das Heft, in dem er seine Gedichte und Schriften niedergeschrieben hatte, in seinen Händen. Ohne zu zögern warf er es in die Mülltonne die sich vor der Schule befand.
Er brauchte es nicht mehr, Monique war aus einem Leben verschwunden, wieso also seine Gedanken, die hauptsächlich über sie handelten, behalten?
Auf dem Schulhof waren nur mehr ein zwei Schüler zu sehen, die meisten waren bereits im Schulgebäude, nur solche die verschlafen hatten oder zu spät kamen rannten noch hecktisch in das Gebäude.
Doch Cam verließ das Schulgrundstück und ging weiter, langsam begann er das Geschehene zu verarbeiten.

Anders als sonst brachte ihn sein Weg nicht nach Hause, zu seinem Dach sondern in einen Park in der Nähe. Dort ließ er seinen Rucksack einfach auf eine Bank fallen und verschwand dann in einem Wald. Er ging einfach einen Waldweg entlang, den er gefunden hatte und ließ sich dann irgendwann, auf einer Brücke, die über eine Schlucht führte, nieder.
Dort saß er eine lange Zeit, bis er endlich weinen konnte.
Früher hatte der Schmerz, den er wegen Monique verspürt hatte ihn immer zerrissen, doch jetzt spürte er einfach nichts mehr. Ein einfaches, großes nichts.
Sie liebte ihn nicht mehr, sie war bei Justin besser aufgehoben, jedenfalls hatte sie das gesagt. Was war an Justin besser? War es weil er beliebt war? Weil er besser aussah? Konnte er besser küssen, konnte er besser zuhören? Fühlte sie sich von ihm besser verstanden? Mehr geliebt?
Wie sollte er jetzt weiterleben?
Warum würde es sich überhaupt lohnen, zu leben, jetzt wo sie, sein einziger Lebensinhalt, weg war?

Stundenlang, saß er dort, fragte sich immer wieder dieselben Fragen. Ein paar wenige Menschen gingen an ihm vorbei und musterten ihn kritisch, doch er bekam es kaum mit.
Er verspürte eine große Lehre in sich, spürte nun nicht einmal mehr den Schmerz. Nichts wies darauf hin, dass er noch am Leben war. Wieso sollte er eigentlich am Leben bleiben? Keiner würde ihn vermissen und nichts lohnte es sich, hier zu bleiben.
Niemand würde ihn vermissen, kein Mitschüler, kein Bekannter, keine Freunde. Für die Eltern wäre es auch kein Unterschied, die waren sowieso nie zu Hause, sie würden sich vielleicht endlich scheiden wenn er nicht mehr war.
Außerdem wusste er nichts mit seinem Leben anzufangen, er hatte keine Hobbys, hatte keine Ahnung welchen Job er vielleicht einmal ausüben wollte.

Es war bereits Abend, als er entschlossen über die Sicherung der Brücke kletterte und in die Schlucht hinabblickte. Cam schloss die Augen und atmete tief durch.

Nur ein Schritt nach vorne und du bist erlöst. Dann wirst du keine Leere und auch keinen Schmerz verspüren können. Du wirst einfach aufhören zu existieren. Du hast es in der Hand, du kannst dem allem ein Ende setzen.



Cam streckte sein Bein aus, bereit einen Schritt nach vorne zu wagen, bereit einfach alles zu beenden, als plötzlich eine Stimme hinter ihm erklang. .

„Tu es nicht“, eindeutig eine weibliche Stimme.
Verwirrt öffnete er die Augen und blickte sich um.
Ein paar hellgrüne Augen blickten tief in seine, es waren wundervolle Augen, solche hatte er noch nie gesehen. Sie strahlten so kräftig, in einem hellen Gesicht, welches von schwarz-grünem Haar umrandet war.
Es war das Labrador-Mädchen. Was machte sie denn hier? Wo war der Hund geblieben? Kaum hatte er sich das gefragt, entdeckte er diesen angebunden am Rand der Brücke.
Schnell schüttelte er seinen Kopf und schloss die Augen erneut, er würde es beenden.
„Cameron richtig?“, drang die Stimme erneut zu ihm durch.
Er nickte kaum merklich, bewegte sich aber sonst nicht.
„Aber sie nennt dich immer Cam nicht wahr?“.
„Was meinst du?“, wusste sie etwa etwas von ihm und Monique?
„Die eingebildete Tusse, wegen der du jetzt hier stehst, die nennt dich Cam oder?“.
Cam antwortete nicht, er wusste nicht was er sagen sollte.
„Also Cameron, ich weiß genau, wie du dich jetzt fühlst, aber glaub mir wenn ich dir sage, dass sie es nicht wert ist“.
Abfällig schnaubte er, woher glaubte sie zu wissen, was er durchmachte? Sie hatte ja keine Ahnung! Außerdem, was ging sie das eigentlich an? Sie hatte sich da nicht einzumischen!
„Könntest du jetzt bitte gehen? Ich möchte meine letzen Augenblicke alleine verbringen“.
„Willst du das wirklich nur wegen ihr machen?“, fragte sie unberührt.
„Na schön, dann geh eben nicht“.
Erneut atmete er tief durch, dachte noch ein letztes Mal an Monique, sah vor sich, wie sie gerade in Justins Armen lag. Cam hob sein Bein und wollte nach vor treten, als sich zwei Arme um ihn schlungen.
„Ich sag dir was, wenn du springst, dann springen wir beide“, murmelte das Mädchen hinter ihm in sein Ohr.
Hatte er sich gerade verhört?
„Was willst du von mir?“.
„Glaub mir doch wenn ich dir sage, dass es das nicht wert ist“.
Verwundert blickte er in ihre grünen Augen. Ob sie wohl wusste, was für schöne Augen sie hatte? Hatte sie deswegen grüne Strähnen um ihre Augen zu betonen?
Cam hielt inne, vor zwei Sekunden wollte er sich umbringen und jetzt dachte er über die Augen, einer Fremden nach, die ihn nach zu vor in ihren Armen hielt?
„Du fühlst dich leer und ungebraucht. Du glaubst keiner würde dich vermissen wenn du weg wärst. Du denkst du tust den anderen vielleicht sogar einen Gefallen. Doch das stimmt nicht“.
„Woher willst du das alles wissen?“, fragte er nun.
„Mir ging es genauso. Lass uns in ein Café gehen und reden, wenn du danach noch immer springen willst, kannst du es ja machen. Du hast nichts zu verlieren“.
Eine Weile lang zögerte er, doch dann nickte er und kletterte wieder auf den gesicherten Teil der Brücke.
„Ich bin übrigens Nova“, sie reichte ihm die Hand, er spürte ihre zierlichen, weichen Finger an seinen.
Sie ging über die Brücke und band ihren Labrador los:
„Und das ist Brownie“, erklärte sie lächelnd, während sie über den Kopf ihres Hundes streichelte.
„Kommst du?“, fragte Nova, als Cam noch immer keine Anstalten machte ihr zu folgen.
„Entschuldige“, er ging auf sie zu und musterte sie von oben nach unten.
Ihre Haare waren wie immer offen und hingen glatt bis zu ihrer Taille, sie trug eine rot-schwarz karierte Jacke, eine enge, schwarze Jeans und einfache grüne Turnschuhe.
Schweigend machten sie sich auf den Weg bis in die innen Stadt, wo sie sich in ein Café setzten. Während sie gingen, hatte Cam sie immer wieder von der Seite angeschaut und sich gefragt, was für ein Zufall es doch war, dass sie genau dort vorbeigegangen war, wo er schon den ganzen Tag gesessen hatte. Und woher wusste sie denn nun eigentlich von Monique?

Im Café hatten sie an einem kleinen Tisch an einem Fenster Patz genommen, Brownie hatte sich einfach unter den Tisch hingelegt und gab Ruhe. Nova hatte sich und Cam einen Schokoccino bestellt und blickte Cam nun abwartend an.
„Also… Wieso wolltest du springen? Wegen dieser Monique?“, fragte sie vorsichtig.
„Woher weißt du von ihr?“.
„Nun ja, wenn du mich vielleicht gesehen hast, weißt du ja, dass ich jede Pause auf derselben Bank im Schulhoff sitze und lese. Ich habe öfter gesehen wie ihr zwei hinter der Schulmauer verschwunden seid, außerdem gehe ich immer an euren Häusern vorbei wenn ich mit Brownie spazieren gehe und da habe ich euch auch schon ein paar Mal gesehen“, erklärte sie.
„Oh…“, mehr konnte er gerade dazu nicht sagen.
„Ich weiß auch, wie sie dich behandelt hat. Dass sie dir immer wieder versprochen hat, es irgendwann allen zu sagen, das sie dich manchmal wochenland ignoriert hat, dass sie mit einem anderen zusammen war, aber immer wieder beteuert hat dich zu lieben, dass du dich unsichtbar und unwirklich gefühlt hast“.
Fassungslos starrte Cam sie an, woher konnte sie das alles wissen?
Gerade wollte er nachfragen, als die Kellnerin mit ihren Getränken kam.
Geduldig wartete er, bis diese verschwunden war.
„Woher weißt du das alles?“.
„Naja“, sie lächelte verlegen und begann nach etwas in ihrer Tasche zu suchen.
„Ich habe gesehen wie du das hier, heute Morgen weggeworfen hast“, sie reichte ihm sein Heft, mit seinen Schriften und Gedichten.
„Ich konnte nicht anders, ich musste einfach nachsehen was das ist“.
Cam starrte auf den Block:
„Hast du sie gelesen?“, fragte er verlegen.
Es war ihm peinlich, da standen all seine Gefühle und Gedanken drinnen und jetzt sollte eine fremde Person, die er gar nicht kannte, alles gelesen haben?
„Ich habe jede einzelne Seite in mich aufgenommen. Du kannst wirklich wunderbar schreiben, hast du schon mal überlegt etwas zu veröffentlichen?“.
„Nein“, antwortete er einsilbig.
„Das ist schade, du hast Talent“, sie nahm einen Schluck von ihrem Getränk.
„Jedenfalls, ist es mir ähnlich ergangen, vor ein zwei Jahren“.
Cam fragte nicht nach, wartete einfach darauf, dass sie von selbst weitersprach.
Langsam schob sie den Ärmel ihres Pullovers hoch, auf der Innenseite ihres Handgelenkes konnte man Narben sehen.
„Ich habe eine schwere Zeit hinter mir… Manche finden es übertreiben, wenn eine fünfzehnjährige meint sie würde am liebsten sterben, keiner nimmt es ernst, bis es fast zu spät ist.
Mehr als einmal habe ich es versucht, jetzt aber würde ich nicht im Traum daran denken, egal wie schlecht es mir geht.
Ich habe eine Therapie gemacht, habe viel mit Psychologen geredet. Jetzt kann ich damit umgehen“.
Cam hätte gerne gewusst warum sie sich das Leben nehmen wollte, aber er hatte Angst, dass es ihr unangenehm sein könnte darüber zu reden.

„Grandma, ich lebe bei meinen Großeltern nebenbei bemerkt, macht sich zwar noch immer Sorgen um mich, weil ich keine neuen Freunde an der Schule finde, aber es liegt nicht daran, dass ich mich abkapseln will. Es ist einfach nur, das mir alle an der Schule unsympathisch wirken, sie haben alle andere Interessen als ich. Ich gehöre da zu keinem dazu, das Gefühl kennst du oder?“.
„Anders zu sein, sich aber nicht ändern zu wollen nur damit man dazugehört, ja das kenne ich“, stimmte er zu.
Etwas abwesend strich Nova mit ihrer anderen Hand über die Narben:
„Ich könnte sie entfernen lassen, doch es ist eine Erinnerung die ich sowieso nie los werde… Es ist ein Teil von mir, verstehst du?“.
Stumm nickte Cam, während Nova ihren Ärmel wieder hinab schob und nach ihrer Tasse griff.
„Und was hat dir, außer der Therapie geholfen, dass du dich wieder fühlst?“.
„Ich habe Brownie geschenkt bekommen, er hat mir sehr geholfen, in dem er einfach für mich da war. Außerdem bin ich in die Welt der Bücher geflohen. Ich habe angefangen sehr viel zu lesen und selbst Geschichten zu schreiben…
Ich habe öfter versucht Gedichte zu schreiben nur das gelingt mir leider nie, worauf mir wieder einfällt: Du schreibst wirklich gut, du hast dich so schön ausgedrückt. Ich habe heute in der Schule in keinem einzigen Fach aufgepasst weil ich so sehr in sie vertieft war. Mir sind die Tränen in den Augen gestanden, als ich deine traurigen Gedanken gelesen habe…“, gestand sie.
„Vielleicht bist du einfach nur nahe am Wasser gebaut“, vermutete er.
„Du solltest sie wirklich veröffentlichen oder an Wettbewerben teilnehmen“.
„Ich habe noch nie jemanden an meine Schriften rangelassen, sie sind eigentlich nur für mich“.
„Das solltest du wirklich ändern“, Cam hätte nie gedacht dass sich jemals wer, so sehr für seine Schriften interessieren würde, vielleicht war sie auch nur so nett zu ihm, weil sie Mitleid hatte?

Cam nippte an seiner Tasse und musterte Nova erneut. Welches normale Mädchen wäre schon an der Brücke stehen geblieben und hätte ihn dazu gebracht dort runterzukommen?
Welches Mädchen würde ihn einfach auf einen Kaffee eingeladen und mit ihm über seine Gedichte, die sie aus dem Müll gefischt hatte, und so offen über ihre Selbstmord Versuche reden?
Monique hätte das alles niemals getan.
Nova war nicht normal, genau so wenig wie er. Es war sehr erfrischend jemanden kennen zu lernen, der offensichtlich genau so wenig auf die Meinung der anderen legte, wie er.
Offensichtlich hatte Nova eine sehr schwere Zeit hinter sich, sicherlich schwerer als seine Vergangenheit. Wenn sie es geschafft hatte, es hinter sich zu lassen, was immer auch ihre Probleme verursacht hatte, dann müsste er das doch auch schaffen oder?

„Warum wolltest du es eigentlich unbedingt heute beenden? Habt ihr euch gestritten?“, fragte sie und riss ihn aus seinen Gedanken.
„Ja..Nein… Man könnte es so nennen“.
„Wie meinst du das?“, fragte sie irritiert.
„Ich habe ihr gesagt, dass sie sich zwischen mir und ihrem anderen Freund entscheiden muss und dass ich diese Geheimnistuerei nicht länger mitmache. Entweder steht sie zu mir oder sie kann es vergessen“.
„Und sie hat dann natürlich den anderen gewählt, nicht?“, fragte sie vorsichtig.
„Sonst würde ich jetzt nicht hier sitzen“, murmelte er leise.
Tröstend legte sie ihre Hand auf seine, er spürte erneut ihre zierlichen, schlanken Finger auf seinen, es fühlte sich überraschend gut an, von ihr berührt zu werden.
„Willst du darüber reden?“.

Sie unterhielten sich lange über die verschiedensten Sachen, bis das Café zumachte und sie gehen mussten. Bevor beide ihres Weges nachhause gingen, gab Nova ihm noch ihre Nummer und betonte dass er sie jederzeit anrufen konnte falls er jemanden zum reden brauchte.
Nova umarmte ihm zum Abschied, wovon Cam verwundert war, und verabschiedeten sich dann mit den Worten, dass sie sich ja morgen in der Schule sehen werden und er bloß keinen Gedanken mehr an Monique verschwenden sollte.

Merkwürdigerweise vergeudete Cam diese Nacht wirklich keinen Gedanken an Monique, sondern dachte nur an diese strahlenden grünen Augen, in welche er am nächsten Tag wieder blicken konnte.
Das Leben war schon seltsam, vor ein paar Stunden wollte er sich noch sein Leben beenden und jetzt dachte er verträumt an ein Mädchen, welches er bis jetzt nie so wahrgenommen hatte wie jetzt.
Sie war ein Wunder, sein persönliches Wunder.
Es sah ganz so aus, als ob er auch endlich etwas Glück verdient hatte.

Epilog





Seit ihrem ersten Treffen waren nun schon vier Monate vergangen. In der Zeit hatte Cam immer mehr Zeit mit Nova verbracht. In der Schule trafen sie sich immer in den Pausen und auch nachmittags trafen sie sich immer öfter. Ein paar Mal hatte er bemerkt, dass Monique ihnen kritische Blicke zuwarf, aber dass hatte er einfach ignoriert.
Nova hatte ihn dazu gebracht zusammen mit ihr einen Kurs für Kreatives Schreiben zu belegen und er musste gestehen dass es ihm dort wirklich gefiel. Sie hatten sich auch gut mit ein paar anderen Teilnehmern aus dem Kurs angefreundet.

Aber etwas machte ihm seit neuestem sein Leben wieder schwer, er wollte es sich nicht eingestehen, bis er es nicht mehr leugnen konnte. Es war ihm spätestens klar geworden, als Troy aus ihrem Schreibkurs Nova gebeten hatte mit ihm auszugehen.
Cam war sehr eifersüchtig geworden, zum Glück hatte Nova Troy abgesagt, aber seit dem nagte an ihm der Gedanke, wie sehr es ihn stören würde, falls sich Nova in jemand anderen verlieben würde.

Sie hatte ihm aus einer schweren Zeit geholfen, hatte ihn dazu ermutigt dem Schreiben nachzugehen, sie hatte ihn einfach gerettet. Wenn er jetzt daran zurück dachte, was er alles wegen Monique durchgemacht hatte, hätte er sich am liebsten selbst dafür geschlagen. Jetzt war ihm mehr als klar, dass sie nichts davon verdient hatte, er wusste einfach nicht, wie er sich je hatte in sie verlieben können…
Doch er wusste sehr genau, weshalb er sich in Nova verliebt hatte. Sie war einfach perfekt, sie war nett, sie war lustig, klug, liebevoll. Noch dazu hatte sie eine wunderbare Ausstrahlung, wenn sie bei ihm war fühlte er sich einfach wohl, am liebsten würde er sich wünschen, sie immer ums ich zu haben und genau das war das Problem.

Er wollte es ihr sagen, nichts wollte er lieber, aber was war, wenn sie nicht dasselbe für ihn empfand? Sie war so etwas wie seine beste Freundin geworden, er wollte sie nicht verlieren. So viele schlaflose Nächte hatte er nun schon hinter sich, so oft war er wach geblieben, weil er einfach nicht schlafen konnte.
Zuerst hatte er es einfach verdrängt und sich eingeredet, dass es schon wieder vergehen würde, doch er zweifelte immer mehr daran.
Cam hatte sie als beste Freundin gewonnen, sollte er wirklich so selbstsüchtig sein und mehr verlangen? War es diese Freundschaft wirklich wert zerstört zu werden nur weil vielleicht mehr daraus werden könnte?
Wie sollte er den Alltag ohne sie meistern? Mit wem sollte er nun über seine Probleme reden, mit wem sollte er zusammen lachen?
Sie war ihm jetzt schon viel mehr wert, als Monique damals. Was sollte er also machen, wenn sie ihn abwies?
Cam würde sich nicht mehr versuchen das Leben zu nehmen, dass hatte er ihr damals schwören müssen, er dachte auch nicht mehr an so etwas. Noch immer fragte er sich, was er sich damals bloß gedacht hatte

Nova hatte ihn damals vor einer Dummheit bewahrt und so sein Leben gerettet. Nova, er hatte nachgeforscht, Nova hieß “hell leuchtender Stern“ auf Altgriechisch. Der Name passte, sie war sein hell leuchtender Stern…


Cam riss sich zusammen und drückte endlich auf die Türklingel, seit gut zehn Minuten stand er schon vor der Tür und überlegte ob Nova das Geschenk gefallen würde.
„Hey, da bist du ja, komm rein“, begrüßte sie ihn lächelnd, als sie die Tür öffnete.
Im Flur zog Cam sich seine Schuhe und seine Jacke aus und folgte ihr dann die Treppen hinauf in ihr Zimmer.
„Sind deine Großeltern nicht zu Hause?“, fragte er als er die Tür zu ihrem Zimmer schloss.
„Nein, sie sind bei irgendwelchen alten Bekannten die ich nicht kenne“, sie setze sich auf ihre Bettkannte.
„Was hast du da?“, fragte sie und deutete auf die Einkaufstüte in seiner Hand.
„Ein Geschenk“, meinte er schmunzelnd.
„Ein Geschenk?“, sie zog ihre Augenbrauen in die Höhe.
„Ja, ein Geschenk. Es ist jetzt genau vier Monate her, dass ich dir mein Leben zu verdanken habe, also dachte ich mir, ich besorg dir etwas Schönes“.
Sofort war sie aufgesprungen und stand vor ihm:
„Cam, jetzt fang nicht wieder damit an. Ich habe dir nicht das Leben gerettet, ich habe mich bloß mit dir unterhalten!“.
„Ich wäre gesprungen, wenn du nicht ausversehen da vorbeigegangen wärst“, meinte er ernst.
„Aber du musst mir dafür nichts schenken“.
„Hey, du hast meinem Leben einen Sinn gegeben – okay das klingt komisch. Sagen wir, du hast mir klar gemacht, wie lächerlich es war, jemanden wie ihr nachzutrauern. So oder so, du bist mir eine gute Freundin geworden und ich möchte dir etwas schenken. Bitte nimm es an“, er drückte ihr die Tüte in die Hand.
Kaum hatte sie das Geschenk hervor geholt, weiteten sich ihre Augen schlagartig.
„Aber das Album war doch überall ausverkauft“, murmelte sie verwundert, es war das neueste Album ihrer Lieblingsband.
„Ja, das war es, aber das habe ich auch nicht einfach von einem Musikladen gekauft, schau mal auf die Rückseite“.
Ihr entwich ein Schrei und sie hätte beinahe die CD-Hülle fallen lassen.
„Sind die Unterschriften etwa echt?!“.
„Ja, dieses Zertifikat beweist es“, er holte besagtes Zertifikat aus der Tüte hervor.
„Wo hast du das bekommen?“, fragte sie verblüfft.
„Ich habe meine Mittel und Wege“, meinte er schlicht.
„Aber… Ich kann das nicht annehmen, dass muss ein Vermögen wert sein!“, sie drückte ihm das Album in die Hand.
„Du musst es annehmen, wenn du es nicht annimmst, verbrenne ich es“.
„Das würdest du nicht tun“, sagte sie entsetzt.
„Oh doch“, er kannte sie gut genug um zu wissen, dass sie es sonst wirklich nicht annehmen würde.
„Du bist echt unmöglich, danke“, sie fiel ihm um den Hals, perplex stolperte Cam nach hinten, sodass sie beide auf ihrem Bett landeten.

Schlagartig wurde die Stimmung zwischen ihnen anders, sie blickten sich gegenseitig tief in ihre Augen. Cam fragte sich, ob dies vielleicht der richtige Zeitpunkt war, ihr zu beichten was er empfand. Zu sehr hätte er sich jetzt nämlich gewünscht, sie küssen zu dürfen.
„Cam?“, fragte sie nach mehreren Minuten die verstrichen waren leise.
„Ja?“.
„Musst du eigentlich noch manchmal an Monique denken?“.
Somit hatte er die Chance wohl verpasst, vorsichtig legte er seine Arme um ihre Taille.
„Nur selten, aber ich bin schon längst über sie hinweg“, gab er ehrlich zu, „Wieso fragst du?“.
„Ich glaube ich muss dir da etwas sagen“, meinte sie unsicher.
„Was denn?“, kurz schäumte Hoffnung in ihm, wollte sie ihm etwa ein Geständnis über ihre Gefühle machen? Sofort verwarf er diesen Gedanken wieder, es wäre zu schön gewesen.
Sie löste ihren Blick von seinen Augen, als ob sie ihn nicht ansehen könnte:
„Also… Ich weiß es ist so richtig typisch von Mädchen, in Freundschaften gegenüber Jungs mehr hineinzuinterpretieren… Und ich weiß, dass damals nur schwer von dieser Monique hinweggekommen bist, wahrscheinlich willst du nicht so schnell wieder etwas mit einem anderen Mädchen anfangen. Ich erwarte nicht von dir, dass du dasselbe für mich empfindest und ich verstehe es, wenn du ab jetzt nichts mehr mit mir zu tun haben willst, aber ich muss es dir einfach sagen“, tief holte sie Luft und blickte ihn nun wieder in die Augen.
„Weißt du, ich habe mich in dich-“, mitten im Satz hörte sie auf und schloss ihre Augen.
Cam traute sich nicht nachzufragen, was sie sagen wollte, er hatte zu sehr Angst dass er das alles vielleicht missverstanden hat oder dass er es sich vielleicht nur eingebildet hat.
Nova seufzte tief, rollte sich von ihm hinab und legte sich neben ihn in die Kissen. Sie behielt ihre Augen noch immer zu, ihre Brust hob und senkte sich schnell, als ob sie um Atem ringen würde.
„Vergiss es, vergiss einfach was ich gesagt habe okay? Tun wir so, als ob ich das nie gesagt hätte“.
Cam stützte sich auf seinen Ellenbogen auf und musterte Nova die neben ihn lag:
„Ich kann es nicht vergessen“.
Endlich öffnete sie ihre Augen wieder, blickte ihn aber verzweifelt an.
„Es tut mir leid, ich habe es ja nicht absichtlich gemacht. Ich lege viel Wert auf unsere Freundschaft, wenn es dich nicht stört können wir einfach so tun als hätte ich nie etwas gesagt“.
„Das kann ich nicht“, meinte er und beugte sich näher an sie ran.
Erneut schloss sie ihre Augen:
„Na schön, ich verstehe dich. Ich mache dir keine Vorwürfe wenn du jetzt gehen willst. Ich-“, Cam presste seine Lippen auf ihre.
Nova versteifte sich und löste sich sofort von ihm:
„Du musst das nicht tun nur weil ich sonst enttäuscht wäre, ich verstehe-“, er unterbrach sie.
„Ich bin über Monique hinweg, aber was glaubst du warum ich über sie hinweg bin? Von unserem ersten Gespräch an, hast du es mir angetan. Seit dem Tag kann ich an nichts anders mehr denken als an dich“.
„Meinst du das ernst?“, mit großen Augen sah sie ihn an.
Als Antwort presste er seine Lippen erneut auf ihre, diesmal erwiderte sie sanft seinen Kuss und legte ihre Arme um seinen Nacken, zog ihn noch näher an sich heran. Sofort breitete sich ein riesiges Glücksgefühl in ihm aus. Es fühlte sich an, als wäre er nach einem langen Weg endlich an seinem Ziel angekommen.

Nova war sein hell leuchtender Stern, der ihm zurück in das Leben geführt hatte. Sie hatte ihm so viel Lebenswertes am Leben gezeigt und ihm in so kurzer Zeit klar gemacht, wie lächerlich es war, wegen einem Mädchen sein ganzes Leben aufzugeben. Dafür war das Leben viel zu kostbar.



Ein großes Dankeschön an alle, die das Buch überhaupt gelesen haben! Bei der Stelle möchte ich mich für eure Ausdauer herzlichst bedanken!

Ich weiß es hat lange gedauert, bis ich weiter geschrieben habe,aber immerhin habe ich es gleich mit einem Ruck zu ende geschrieben!

ICH WÜRDE MICH MEHR ALS SEHR ÜBER KOMMENTARE FREUEN!!!
denn ich würde nur zu gerne eure Meinung zu der Geschichte hören! Denn es war gar nicht so leicht eine Geschichte um einen Songtext aufzubauen ;D

Lg Meli

Impressum

Bildmaterialien: Das Cover habe ich selbst gemacht.
Tag der Veröffentlichung: 21.11.2012

Alle Rechte vorbehalten

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