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Ich wollte just in dem Moment, als das Telefon klingelte, meine Zeitung lesen um zu schauen, was gestern alles in der Welt passiert war.
Am Anfang ignorierte ich das Klingeln noch, da es aber nicht aufhören wollte, ging ich zum Telefon und nahm ab. Am anderen Ende hörte ich meine Schwägerin Jasmin ganz aufgeregt fragen: „ Hast du schon die Zeitung gelesen?“
Ich konnte nicht antworten, denn sie redete gleich weiter und erzählte sie mir dann das Neueste. Bei uns in Bramel ist gestern Abend ein Schneemann von einem 18-jährigen Autofahrer überfahren worden, genau auf der Hauptstrasse. Dabei entstand am Wagen ein Sachschaden von 500,00 ¤. Die Polizei sucht nun nach den oder die Täter, die den Schneemann erschaffen haben und ermittelt wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr.
„Das ganze Dorf steht Kopf, du musst sofort herkommen und es dir anschauen, vom Schneemann ist nur noch der Zylinder, seine Karottennase und das Unterteil übrig geblieben“, meinte Jasmin.
Erst wollte ich nicht so recht.
Was ist an einem kaputten Schneemann so interessant, dachte ich mir, ließ mich dann doch überreden und so fuhr ich los, um mir das Spektakel an zuschauen.
In Bramel angekommen, sah ich sofort eine riesige Menschenansammlung und es kamen von allen Seiten noch Leute dazu. Ja, es waren sogar Wurstbuden und Glühweinstände aufgestellt worden und Fernsehteams hatten ihre Kameras aufgebaut. So etwas hat es hier wohl lange nicht mehr gegeben, dachte ich mir und marschierte Richtung Schneemann.
Der Dorfpolizist lief zwischen den Menschen hin und her, ließ sich von jedem die Personalien zeigen, ja auch Fingerabdrücke wurden gemacht, in einem dafür hergerichteten Polizeibus.
„Es wurden am Zylinder vom Schneemann Fingerabdrücke gefunden“, antwortete der Polizist auf meine Nachfrage, warum wir denn alle unsere Fingerabdrücke abgeben müssen. Beim zermatschten Schneemann angekommen, erfuhr ich von den umherstehenden Passanten einiges mehr über den Vorfall. Der Fahrer des Autos steht immer noch unter Schock, er hatte ihn erst gesehen, als die Karotte gegen seine Windschutzscheibe flog. Natürlich machte er sofort eine Vollbremsung, aber es war schon zu spät. Der Schneemann war platt und der Fahrer rutschte mitsamt seinem Wagen in den neben der Strasse führenden Graben.
„Gott sei Dank ist ihm nichts passiert“, meinte ein Passant, „aber das Auto hat einen derben Blechschaden“.
„Es hätte viel mehr passieren können“, seufzte der Dorfsheriff, der in den Moment vorkam, aber gleich wieder in die Menschenmenge rannte, um neue angekommene Schaulustige zu befragen, denn es wurde hier immer voller und voller. Alle wollten den zerquetschten Schneemann sehen, was auch kein Wunder war, denn das Fernsehen und das Radio übertrugen alles live vom Geschehen.
Irgendwie konnte der Schneehaufen, denn mehr war eigentlich nicht vom Schneemann übrig geblieben, mir doch leid tun, meinte ich zu einem Passanten, kaum war er erbaut, schon war er wieder nieder gemacht. Einige der Dorfbewohner kamen doch tatsächlich auf die Idee, den kaputten Schneemann mitsamt dem Wagen in ein Glashaus zustellen, dieses zu kühlen und eine Pilgerstätte daraus zu machen.
Denn so selten wie hier in der Region Schnee fällt und daraus ein kleiner Schneemann gebaut werden kann, ist schon ein Wunder.
Ihn dann aber zu überfahren grenzt an eine Sensation.

Impressum

Texte: Es gab vor längerer Zeit einen Bericht in einer Tageszeitung: Schneemann überfahren Habe ihn zu einer kurzen Geschichte ausgearbeitet
Tag der Veröffentlichung: 20.11.2008

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