Liebe Freunde des Lesens,
Bei "Spiel oder Ernst" handelt es sich um eine Fanfiction über die YouTuber Gronkh und Sarazar.
Wer nicht weiß, um wen es sich bei diesen real existierenden Herren handelt, schlage die beiden doch einfach bei Wikipedia nach oder schaue sich bei Interesse auch gerne ihre Kanäle an:
http://www.youtube.com/user/Gronkh
http://www.youtube.com/user/SarazarLP
Es ist möglich, die Geschichte zu lesen, auch wenn man sich im Bereich Gaming und YouTube nicht auskennt, jedoch empfehle ich, wenigstens einen Blick auf Gronkhs und Sarazars Kanäle geworfen zu haben, um nicht völlig ahnungslos dazustehen ;)
Im realen Leben heißt Gronkh tatsächlich Erik Range und hat dunkle Haare, Sarazars richtiger Name lautet Valentin Rahmel und er ist blond. Sowohl Erik als auch Valentin leben in Köln.
Die beiden sind seit Jahren gute Freunde und NICHT zusammen, noch besteht eine Chance, dass sie jemals zusammenkommen werden. Alles nur Fangirl-Träume ;)
Hiermit entlasse ich euch aber zu guter Letzt in die Geschichte und wünsche euch viel Spaß!
Sophysticut
Es war eigentlich ein ganz normaler Montag.
Erik und er hatten gerade die Livestream Werbung abgedreht. Diesmal war Laas unlimited zu Gast, ein wirklich cooler Typ. Nach dem Dreh, der viel Spaß gemacht hatte, weil Erik beim Trommeln ständig Grimassen geschnitten und sie so zum Lachen gebracht hatte, beschlossen sie, zu dritt noch etwas essen zu gehen.
In ihrem griechischen Lieblingslokal waren beim Eintreten schon fast alle Tische besetzt. Das Essen hier war aber auch einfach zu geil, dachte Valentin. Sie gingen regelmäßig hierher, zeitweise auch drei Mal pro Woche.
Ein einzelner Tisch in der Nähe der Toiletten war noch frei. Als sie sich ihm näherten, wurde auch der Grund hierfür klar. Ein früherer Gast hatte wohl sein Glas umgestoßen, jedenfalls sickerte aus einem solchen ein Rinnsal Rotwein auf die glatte Ledersitzfläche der Bank, wo sich auch schon eine größere Lache gebildet hatte. „Hm, da hat aber wer ziemlich plötzlich seine Tage gekriegt“, grinste Erik in Valles Richtung, der lachen musste und im selben Augenblick die Augen verdrehte. „Mensch, Erik, wenn das Niveau jetzt schon so weit unten ist, dann sollten wir vielleicht besser nix mehr trinken!“ Sie grinsten sich an.
Die beiden kannten sich schon seit Ewigkeiten und waren die allerbesten Freunde. Auch „Laas“ war der vertraute, lockere Ton natürlich nicht entgangen, in dem sich die beiden stets unterhielten. Seit Erik vor einiger Zeit nach Köln gezogen war, wo auch Valentin lebte, war ihr Verhältnis noch besser geworden. Sie sahen sich ja ohnehin jeden Tag auf der Arbeit, zusätzlich oft noch am Feierabend. Gingen essen, nahmen LPTs auf, hingen einfach nur herum und quatschten über Gott und die Welt.
Das Besondere an ihrer Freundschaft war wohl, dachte Valle, dass sie sich nicht einmal im Livestream verstellen mussten. Sie benahmen sich einfach so, wie es ihrer Natur entsprach: Kindisch, häufig pervers oder an der Grenze zur Gürtellinie, witzig und total verpeilt… Nun ja, zumindest Erik alias Gronkh. Valentin musste schmunzeln. Ach der gute Gregor Onkh – was wäre nur ein Leben ohne ihn… unvorstellbar! Plötzlich beunruhigt schüttelte er den Kopf, wie um den Gedanken an ein Erik-loses Leben zu vertreiben.
Die Ankunft einer Kellnerin unterbrach Valles Gedankengänge. „Ich wische das hier nur schnell weg, dann können sie sich hinsetzen. Es kommt dann auch gleich jemand für die Bestellung!“, sagte sie an Erik gewandt und einem Lächeln, das vielleicht ein bisschen zu persönlich war für diese Situation.
Valentin durchfuhr ein komisches Gefühl. Eine Art Stechen im Bauch, gefolgt von einem seltsamen Gedanken. Was war das? Er fühlte sich verwirrt.
Die hübsche junge Frau beugte sich mit einem Lappen in der Hand hinunter und Valentin folgte Eriks Blick, der automatisch in Richtung ihres Hinterns ging. Wieder durchzuckte ihn dieses merkwürdige Gefühl und er runzelte die Stirn.
Der Dunkelhaarige wandte den Kopf in seine Richtung und setzte ein Haifisch-Grinsen auf. Dabei wackelte er mit den Augenbrauen. Aber der Jüngere ging diesmal nicht auf den Spaß ein. Seine Miene blieb ernst und sogar ein bisschen grüblerisch, wie Erik feststellte. Worüber dachte er wohl nach? Nun ja, später war ja noch genug Zeit, ihm davon zu erzählen.
Innerlich seufzte Erik. Die junge Frau passte wirklich gut in sein Frauenideal, zumindest äußerlich und er war seit längerem Single, genau wie Valle. Das konnte auf Dauer doch recht einsam werden. Auch vermisste er das Gefühl, von anderen Händen berührt und gestreichelt zu werden, außer von seinen eigenen.
Schließlich waren Bank und Tisch wieder blitzblank und die Kellnerin verschwand mit einem letzten eindeutigen Lächeln in Eriks Richtung.
Die drei machten es sich gemütlich und bald übertönte ihr lautes Lachen die Gespräche der Umsitzenden. Es wurde ein sehr gemütlicher und lustiger Abend, obwohl die ganze Zeit etwas in Valentins Hinterkopf herum spukte, was er nicht zu fassen bekam.
Als sich Laas um kurz nach elf von den Superhomies verabschiedete, hatte alle drei schon etwas Milch intus und waren dementsprechend gut aufgelegt. „War ein super Tag. Jederzeit wieder!“, meinte Erik und Valle konnte ihm nur zustimmen. „Ja, wir müssen unbedingt nochmal was zusammen machen. Bist ´n toller Typ, Laas.“
„Na, na jetzt verwirr´ den armen Laas doch nicht mit solchen Sprüchen!“, zog Erik ihn auf. „Du machst ihn ja noch ganz verrückt!“ „Ach, du weißt doch, dass ich nur dich liebe“, antwortete der Jüngere. Trotzdem warf er dem Rapper zum Spaß eine Kusshand zu. Der lachte nur. Er kannte das schon. Die beiden waren wie Feuer und Wasser, ständig kabbelten sie sich, vertrugen sich aber in Wahrheit großartig.
„Also dann, ich mach mich dann mal auf ´n Weg. Bis irgendwann!“, verabschiedete er sich von dem Blonden und seinem dunkelhaarigen Freund, nicht ohne ihnen noch einmal „männlich“ auf die Schulter geklopft zu haben.
Dann war er weg und Erik sagte: „Willste noch mitkommen? Bin grade gut drauf. Vielleicht können wir ja auch noch ´n bisschen aufnehmen oder so oder einfach mal nix machen.“
„Ach ja, nix machen hört sich gut an. Der letzte Urlaub ist auch schon ´ne ganze Weile her!“, seufzte Valentin.
So machten sie sich zu Fuß auf den Weg zu Erik.
Unter Gelächter über irgendeinen flachen Witz Valentins drehte Erik den Haustürschlüssel im Schloss und sie betraten den Flur. An der Wohnungstür einige Treppen weiter oben angekommen schnaufte der Dunkelhaarige. „Boah, ich bin echt überhaupt nicht mehr in Form. Muss dringend nochmal joggen gehen oder ins Fitnessstudio…“ „Alter Mann!“, ärgerte Valle ihn und lachte dabei.
Nur wenige wussten, dass Erik lange Zeit Bodybuilding betrieben hatte, was er inzwischen vermisste. Man konnte es allerdings noch an seine breiten Schultern und Oberarmen erkennen. Die einstige Bauchmuskulatur hatte sich aber wie von Zauberhand in Speck verwandelt. Das lange Sitzen am PC durch Arbeit und Zocken trug seinen Teil dazu bei, ebenso wie seine nicht gerade gesund zu nennende Ernährung.
„Findest du, ich sollte mal wieder Sport machen?“, fragte er Valle, der gerade in der Küche verschwunden war, um ihnen etwas zu trinken zu holen. Er wusste, wo alles stand. Dieser tauchte mit zwei Gläsern und einer Flasche Wodka sowie Red Bull Dosen wieder auf. Der Angesprochene stellte seine Last auf dem Wohnzimmertisch ab und blickte ihn an. „Hm, jetzt, wo ich so drüber nachdenke, bist du tatsächlich ganz schön fe… ähm, aus der Form geraten, Specki!“ Er grinste etwas zu frech, wie Erik fand und mit einem Mal war er bei ihm und kniff ihm kräftig in den Bauch.
„Hey!“, beschwerte sich der Ältere, musste aber unwillkürlich lachen. „Na warte, das kriegst du zurück…!“
„Soll das etwa ´ne Drohung sein?“, spottete Valle, wich dem angreifenden Gronkh geschickt aus und sagte mit einem süffisanten Lächeln: „Nur, weil du neidisch bist!“
„Was, neidisch?! Worauf denn bitte?“
„Na, auf meine Muskeln. Meinen sexy, durchtrainierten Körper. Mein unwiderstehliches Aussehen…“
Erik prustete los. „Durchtrainiert?! Du meinst wohl, dein Zeigefinger ist durchtrainiert vom Zocken, oder was? Ansonsten kann ich an dir nicht viel Muskelmasse erkennen!“
„Haha, pass nur auf, sonst beweise ich es dir…!“
„Na dann mal los, Schwarzenegger“, stichelte Erik.
„Du hast es so gewollt…“
„Äh, warte, ist schon gut. Ich glaub dir ja…“, sagte der Ältere, immer noch vom Lachen geschüttelt, das aber bei Valles Worten langsam abebbte.
Er machte doch nicht etwa Ernst…? Doch. Fassungslos beobachtete Erik, wie der Jüngere sich langsam, ganz langsam sein graues Sweatshirt über den Kopf zog. Es fiel mit einem leisen Geräusch auf den Parkettboden. Darunter trug er ein weißes T-Shirt mit V-Ausschnitt. Er schluckte, während Sarazar ihn mit einem Blick durchbohrte, den er nicht deuten konnte. Doch der hörte nicht auf. Anscheinend wollte er es ihm wirklich beweisen. Valentin spannte seinen rechten Bizeps an (der sogar recht ansehnlich war, wie Gronkh anerkennend feststellte) und begann nun… Nein! Das würde er nicht wirklich tun, oder? Auf das Gesicht des Älteren schlich sich ein unsicheres Grinsen. Wie schwul war das denn? Valle streifte wie in Zeitlupe sein dünnes Baumwollshirt ab. Und war jetzt am Oberkörper nackt.
Eine Gänsehaut breitete sich auf Eriks Rücken und Armen aus, so als ob er derjenige wäre, der ohne T-Shirt da stand. Sein Mund wurde trocken und wiederum musste er heftig schlucken. Was war bloß los mit ihm? Schließlich hatte er seinen besten Freund im Schwimmbad auch schon oberkörperfrei gesehen. Aber irgendwie schien Valentins Brust seinen Blick anzuziehen. Er versuchte mit aller Kraft den Gedanken daran zu verdrängen, ob Valles Haut mit den feinen blonden Härchen sich warm anfühlen würde unter seiner Hand…
Weil ihm das Blut in den Kopf schoss bei diesem ungewohnten Gedanken, wandte er sich schnell ab. „Mann, Valle, du spinnst echt… ich geh uns schnell was zum Knabbern holen…“ Er merkte selbst, dass seine Stimme rau klang und flüchtete auf kürzestem Weg in die Küche, wo er sich an der Anrichte abstützte und tief und zittrig Luft holte.
Immer noch wurde ihm abwechselnd heiß und kalt. Vor Scham, na klar, das musste es sein. Weil Sarazar sich so merkwürdig benommen hatte. Damit konnte ja keiner rechnen. Mensch, sie waren wohl doch angetrunkener als er gedacht hatte. Ja, genau. Also heute besser kein Wodka mehr…
Langsam beruhigte sich seine Atmung wieder und auch die Hitze im Gesicht verschwand. Als Erik sich wieder einigermaßen normal fühlte, nahm er eine Packung Chips aus dem Schrank und kehrte ins Wohnzimmer zurück.
Der ganze Vorfall konnte nur einige Sekunden gedauert haben und als er das Zimmer betrat, war Valle wieder angezogen, warf ihm allerdings einen merkwürdigen Blick zu. „Hab uns Chips mitgebracht!“, rief der Ältere überflüssigerweise und versuchte dabei, seinen gewohnt fröhlichen Ton anzuschlagen. „Ich glaub dir ja, Valle. Du musst für mich keinen Strip machen…“
Der Blonde lächelte zwar kurz, blickte ihn dann jedoch ernst an. Seine Augen wirkten dunkler als zuvor.
Den Rest des Abends verbrachten die beiden damit, zum gefühlten fünfzigsten Mal „Inception“ zu schauen und sich währenddessen mit Chips vollzustopfen.
Nachdem sie sich später an der Tür mit einer freundschaftlichen Umarmung verabschiedet hatten, ging jeder nachdenklich seiner Wege.
Eriks Hirn spielte verrückt, nachdem sie soeben drei Stunden so getan hatten, als wäre alles in bester Ordnung. Er verdrängte seine unangenehmen Gedanken und beschloss, den Vorfall zu vergessen.
Auch Valentin war innerlich in Aufruhr. Er hatte die ganze Zeit über Eriks Gesichtsausdruck nachdenken müssen, als der in die Küche gestürzt war. Wie war das zu interpretieren? Er zerbrach sich den Schädel darüber. Ihm war klar, dass er eine Handlung wie heute Abend nie hätte begehen sollen, aber jetzt war es zu spät. Was hatte er sich dabei gedacht? Auch er schob sein Handeln auf den Alkohol, konnte das Ganze aber nicht verdrängen oder gar vergessen. Müde kam er zu Hause an.
Jemand strich ihm über die Lippen. Immer wieder, von links nach rechts. Fuhr sanft die Konturen nach und Valentin spürte, wie das Prickeln durch seinen Körper lief und im Schritt ein Ziehen auslöste. Lange nicht mehr gespürt, aber sehr angenehm. Jetzt begann die Person, ihm Küsse auf Kinn und Hals zu hauchen. Er stieß einen tiefen Seufzer des Wohlbehagens aus.
Und erwachte aus seinem Traum. Blinzelnd schaute er sich um. Er lag allein in seinem großen, weißen Bett in dem großen, hellen Zimmer. Alles war wie immer. Seine Lieblingsgitarre ruhte auf ihrem Ständer in der Ecke, der schwarze Lack schimmerte wie frisch poliert. Der Kleiderhaufen auf dem Stuhl und das morgendliche Licht, das sich im Spiegel brach und Lichtreflexe an den Kopfteil des Bettes warf. Ein kleiner Stich der Enttäuschung zuckte auf. Es wäre ja auch zu schön gewesen…
Valle sah mit vor Müdigkeit verquollenen Augen auf die Uhr. Sechs Uhr dreiundzwanzig. Um sieben musste er aus den Federn, damit genug Zeit zum Duschen und Frühstücken blieb und auch dafür, in Ruhe zur Arbeit zu fahren.
Arbeit! Scheiße, auf der Arbeit war Erik. Der Gedanke, ihm nach dem gestrigen… nun ja – Erlebnis - schon heute wieder in die Augen schauen zu müssen, war unerträglich. Ihm wurde flau im Magen. Schamesröte stieg ihm ins Gesicht und er war unglaublich froh, in diesem Moment allein zu sein. Nein, er würde sich wohl krankschreiben lassen. Ich muss nachdenken, und zwar gründlich, dachte er unglücklich. Über gestern und die Folgen…. Auch wenn es ihm verdammt schwerfallen würde.
Stöhnend quälte er sich aus dem Bett und tapste ins Bad. Zum Anrufen war es noch zu früh. Die Playmassive-Zentrale war erst ab halb acht besetzt. Glücklicherweise hatte in dieser Woche eine neue Praktikantin Telefondienst, die nicht an seiner Stimme erkennen würde, dass etwas nicht stimmte. Unter der warmen Dusche entspannte er sich etwas. Langsam und unwillkürlich nahm ein Bild in seinen Kopf Gestalt an: Eriks Gesichtsausdruck nach seiner gestrigen „Entblößung“: Schockiert, verwirrt und noch etwas anderes. Was war es? So… Er suchte nach dem richtigen Wort. Verletzlich! Sein Freund hatte verletzlich geschaut, wie ein Kind, so wehrlos und traurig…
Mit einem Ruck drehte er die Dusche eiskalt. Der Trick wirkte sofort. Valle schrie leise auf, als das gletscherkalte Wasser auf seinen aufgewärmten Körper prasselte. Alle Gedanken an andere Dinge verschwanden. Mit pochendem Herzen drehte er das Wasser ab, stieg aus der Dusche und wickelte sich in ein riesiges Handtuch. Langsam beruhigte sich sein Puls wieder und er hörte auf zu zittern.
Nach dem Anziehen kaufte er beim Bäcker um die Ecke Brötchen und nahm auch gleich noch ein Brot mit. Zu Hause blubberten schon die Eier vor sich hin. Valentin ließ sich sehr viel Zeit mit dem Abspülen und achtete darauf, dass die Küche wieder spiegelblank und ordentlich war, so wie der Rest der Wohnung.
Schließlich musste er sich seiner unangenehmen Pflicht stellen. Mit einem Stöhnen schlurfte er zum Telefon und wählte die Nummer des Playmassive-Büros. Es tutete kurz, dann ging Sandrine ran.
„Hallo bei Playmassive Köln. Hier ist Sandrine Thiel. Was kann ich für Sie tun?“ Ihre Stimme klang freundlich und professionell, obwohl sie den Job noch nicht lange machte. Alle Achtung, dachte Sarazar respektvoll. Dann erinnerte er sich an sein eigentliches Vorhaben und schniefte in die Leitung:
„Hey Sandy, hier ist Valle. Du, mir geht’ s heute nicht so gut. Hab mir gestern wohl draußen was eingefangen oder so… jedenfalls bleib ich heute besser daheim. Will euch ja nicht irgend so ´nen komischen Killervirus reinschleppen, wo ihr nachher alle zu Zombies werdet.“ Er tat so, als würde er husten. Hm, nicht übertreiben. Schön realistisch… „Naja, du kannst es ja Erik ausrichten, ich wollte ihn nicht extra deswegen aus dem Schlaf klingeln. Morgen oder übermorgen bin ich bestimmt wieder auf dem Damm.“
„Klar, mach ich“, meinte Sandrine mitfühlend. „Du hörst dich nicht so gut an… kurier dich ruhig aus. Wir haben hier alles im Griff. Gute Besserung!“ „Danke, nuschelte ihr Chef und legte auf.
Puh, dann ist das schon mal erledigt, dachte er erleichtert. Doch dann fiel ihm ein, dass sein Problem ja nicht aufgehoben, sondern nur aufgeschoben war. Er griff zu einer Gitarre, der, die am nächsten stand, hockte sich im Schneidersitz aufs Sofa und begann zu klimpern. Beim Spielen konnte er sich am besten entspannen, dann flossen die Gedanken leichter und alles schien nur noch halb so schlimm. Die tröstlichen Moll-Akkorde von „She´s just a picture“ drangen in sein Ohr und umhüllten ihn. Woben einen feinen Schleier aus Klang um ihn herum, bis er nichts anderes mehr wahrnahm als die Musik.
Stunden später.
Valentin kam langsam aus seiner Traumwelt in die Realität zurück. Die komplizierte und schmerzhafte Realität, wie ihm plötzlich bewusst wurde und damit waren auch die letzten Reste seiner Trance weggefegt. Er stellte sein „Baby“, wie er die Gitarre gern nannte, behutsam an ihren Platz zurück. Dann nahm er eine große Flasche Single Malt aus der kleinen Kühlbar im Wohnzimmer, in der sich außerdem noch Grenadine, Wodka, eine kleine Flasche Sekt und Eiswürfel befanden. Valle füllte ein Wasserglas gut zur Hälfte mit der Flüssigkeit, machte es sich wieder auf dem Sofa bequem und nahm mit dem Mut der Verzweiflung gleich einen ordentlichen Schluck.
Vielleicht hilft mir das, klarer zu sehen…, dachte er im Stillen. Oder zumindest drängte es die Sorgen zur Seite. Jetzt wurde es ernst. Wieder nahm er einen tiefen, verzweifelten Zug aus dem Glas, das schon beinahe leer war und ergab sich endlich erschöpft seinen Gedanken
Noch einmal nahm das vertraute Bild aus der Dusche in seinem Kopf Gestalt an. Wie er und Erik sich geneckt hatten, wie sie es immer taten. Wie sich die Situation für ihn plötzlich um 180 Grad gedreht hatte und aus einem Spiel ernst geworden war. Wie er nämlich realisiert hatte, dass Erik irgendwie… attraktiv war. Das war der endgültige Wendepunkt gewesen, an dem nichts mehr zu retten war. Mit einer hübschen Dosis Milch intus hatte er nicht mehr klar reagiert. Plötzlich war alles egal – eine Idee sprang über wie ein Funke und setzte alles in Brand. Rationalität? Scheiß drauf! Er hatte es Erik beweisen müssen – hatte SEINE Wirkung auf ihn ausgetestet. Hatte, so klar es die Wirkung der Drinks beim Griechen noch zuließ, geprüft ob er in seinem Dunkelhaarigen Freund dasselbe auslöste wie der in ihm…
Zitternd holte Valle Luft. Was für ein Chaos! Nach jahrelanger, unglaublicher Freundschaft hatte Erik es mit einem Mal geschafft, ein heilloses Durcheinander in ihm, Sarazar, anzurichten. Es war nicht zu erklären. Es war… schrecklich, unheimlich, magnetisch, elektrisierend, unerhört GUT! Niemals zuvor hatte er dieses unbeschreibliche Flattern, diese schwarze, magische Anziehung so intensiv bei einem anderen Menschen verspürt, weder Frau noch Mann.
Er konnte sich immer noch nicht erklären, was diese Emotion so plötzlich ausgelöst hatte. Aber dass er Erik mit einem Mal unglaublich attraktiv fand, das wusste er. Valentin schloss die Augen und dachte an Eriks dunkles, gewelltes Haar, an seine blauen Augen mit diesem intelligenten Ausdruck, an sein ansteckendes, fröhliches Lachen, sein… er konnte gar nicht mehr aufhören damit. Die plötzliche Sehnsucht nach seiner Umarmung versetzte ihm einen Schlag und ließ ihn das Gesicht verziehen, denn er wusste nur zu gut: Mit ihnen würde es niemals klappen. Niemals, nicht in dreihundert Jahren. Erik war hetero, aber so was von hundertzwanzig Prozent.
Aber ihn ganz aufgeben, indem er ihm die Wahrheit sagte? Niemals! Valentin konnte sich Eriks zunächst geschockte, dann entsetzte Miene sehr real vorstellen und ihm würde übel. Erik würde sich abwenden und mit einer leisen, verstörten Stimme sagen, dass er nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte. Er musste den Schein aufrecht erhalten. Musste, musste!! Um jeden Preis, denn sonst würde ihre Freundschaft zerbrechen und alles wäre verloren.
Das hieß:
Auf keinen Fall mehr solche Aktionen wie gestern. Nie. Auch nicht aus Spaß.
Niemals dem Kopfkino nachgeben… nicht in Eriks Gegenwart. Er könnte sich zu leicht durch die Erregung verraten.
Einen kühlen Kopf bewahren, solange es noch ging… Sein Gesicht verzerrte sich zur Grimasse. Dazu gehörte auch, leichtsinnige Situationen zu vermeiden. Also nie mehr bei ihm auf der Couch pennen und vorher was getrunken haben. Am besten gar nicht mehr bei ihm pennen.
Und das Wichtigste und Allerschlimmste: Erik nicht im Weg stehen. Sich niemals auch nur durch ein Sterbenswörtchen oder einen gequälten Blick verraten, wenn es Jemanden in Eriks Leben geben sollte.
Also kurz und schlecht: Die Normalität aufrecht erhalten. Konnte er das schaffen? Es würde sehr, sehr hart werden… aber zumindest konnte er den Freund noch sehen, mit ihm befreundet sein. Wenig Gronkh war immer noch besser als gar kein Gronkh.
Er öffnete die Augen wieder. Die Waagschale war ausgeglichen, die Entscheidung getroffen. Höchste Zeit, den Alltag wieder aufzunehmen, als wäre nichts geschehen. Als wäre nicht sein gesamten Weltbild und Leben aus den Fugen geraten.
„Erik.“ Das Wort war nur geflüstert und nach diesem kurzen und einzigen Gedanken, den er sich erlaubte, stand Valentin auf und sammelte die losen Fäden seiner Geschichte wieder ein.
Texte: Sophia F.
Bildmaterialien: Sophia F.
Tag der Veröffentlichung: 01.08.2013
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Eins wollte ich dir noch sagen, B. - Ich liebe dich.
Danke, dass du immer für mich da bist.