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Prolog

Gegen Ende des dreiundzwanzigsten Jahrhunderts ist die Menschheit an einem Wendepunkt angekommen. Die elektronische Datenverarbeitung beherrscht seit langer Zeit praktisch jeden Bereich des menschlichen Lebens, denn sie ist nahezu bis zur Perfektion entwickelt worden. Die Folge davon ist die fast vollkommene Abhängigkeit der Menschen von dieser Technologie. Gerade, als aus diesem Grund eine allgemeine gesellschaftliche Lähmung um sich greift, gibt es mehrere bahnbrechende technische Neuentwicklungen:

Das Cortex-Com wurde erfunden: Der Träger eines Cortex-Coms, im Allgemeinen kurz und bündig „C-Com-Träger“ genannt, ist immer und überall erreichbar. Er selbst kann sich ohne Zusatzgerät in jedes Datennetz von beinahe jedem beliebigen Standort aus einschalten. Aber das Cortex-Com ist nicht nur ein ins Gehirn eingepflanztes Kommunikationsgerät. Es ist Kommandogerät und Programmierwerkzeug und gleichzeitig auch ein hochwertiger Computer. Es enthält einen riesigen, frei programmierbaren Datenspeicher. Mithilfe der Visibrain-Technik kann ein C-Com-Träger beliebig Grafiken, Filme und dreidimensionale Darstellungen betrachten, Texte lesen, Tonkonserven hören – und natürlich auch bearbeiten. Und das alles ohne irgendwelche zusätzlichen Geräte.

Mitte des vierundzwanzigsten Jahrhunderts kann die Menschheit endlich darangehen, weit entfernte Sternsysteme zu erforschen und zu besiedeln, denn die überlichtschnelle Raumfahrt ist entwickelt worden. In Wirklichkeit bewegen sich die Raumschiffe gar nicht mit Überlichtgeschwindigkeit. Aber das Twister-Feld, wie es genannt wird, hat die Eigenschaft, eine quasi-unendliche Zahl von Transferkanälen in der Raumzeit aufzubauen, die das Raumfahrzeug einnimmt. Dort ist dann überlichtschneller Materietransfer möglich.

In die auf diese Weise aufgebaute Front von Kanälen „springen“ die Raumfahrzeuge praktisch hinein und das Raumschiff bewegt sich so ohne Zeitverlust ein Stück weit in dieser Transfer-Front fort. Und je schneller und vollständiger es dem Twister-Feld-Generator gelingt, diese Front immer wieder neu aufzubauen und aufrechtzuerhalten, desto schneller bewegt sich das Raumfahrzeug. Doch im Inneren des Raumschiffs ist davon absolut nichts zu spüren.

Niemand weiß mehr, wer einst den Ausdruck „Twister-Feld“ geprägt hat. Aber den Raumfahrern hat die Vorstellung, durchs All zu tanzen, einfach gut gefallen. Deshalb hat man sehr bald nur noch diesen Begriff verwendet.

 Der zeitgleich eingeführte, überlichtschnelle Signaltransfer lässt den regelmäßigen Datenaustausch über kosmische Entfernungen nahezu in Echtzeit zu. Nur so sind die interstellare Datenvernetzung, schnelle interstellare und -planetare Nachrichtenverbindungen und eine effiziente Verwaltung im rasant wachsenden kosmischen Siedlungsraum überhaupt erst möglich geworden.

Die Abhängigkeit von den allumfassenden Datennetzen hat natürlich auch ihren Preis: Gelingt es einem Gegner, in diese Lebensadern einzubrechen, drohen schwerste Konsequenzen: Leben und Gesundheit von Milliarden Menschen sind in Gefahr.

Doch genau dieser Fall ist eingetreten. Ein unbekannter Gegner aus den Tiefen des Alls ist in die Datennetze ganzer Planeten eingedrungen und hat sie lahmgelegt. Millionen Menschen sind infolge dieser Angriffe gestorben, weil der unbekannte Angreifer immer wieder gnadenlos zugeschlagen hat. Die hochgerüstete Raumflotte hatte den Angriffen nichts entgegenzusetzen, denn selbst ihre modernsten Kampfschiffe waren ihnen hilflos ausgeliefert. Mit vereinten Kräften hat man beim Raumkommando nach einer Lösung gesucht, und hat schließlich einen aus der Verzweiflung geborenen Plan entwickelt. 

Die begnadetsten Computerhacker der Erde, meist sehr junge Leute, wurden festgenommen und dazu gebracht, sich freiwillig für den Dienst bei der Raumflotte zu verpflichten. Ihr Auftrag lautete, im All Relaisstationen für die überlichtschnelle Kommunikation zu überprüfen und zu warten. Beim Raumkommando hoffte man jedoch insgeheim, dass sie von den unbekannten Angreifern gefangengenommen und zu derem Heimatplaneten transportiert werden. Dort sollten sie die Computersysteme des Feindes sabotieren.

Vorsätzlich wurde ihr Raumschiff, die Vigilante, mit dem jungen Kapitän Tom de Vriere und seiner Crew in einen Raumsektor beordert, in dem Feindberührung unvermeidlich war. Und die Rechnung des Raumkommandos ging tatsächlich auf: Das Raumschiff der jungen Hacker wurde vom Feind aufgebracht. Gemeinsam mit seiner Mannschaft nahm man Tommy gefangen und transportierte alle zum Heimatplaneten der Angreifer, der von einem geheimnisvollen "Erneuerer" beherrscht wird.

Bei einem Fluchtversuch zerstörte die Crew unabsichtlich das Flaggschiff der Raumflotte der Angreifer im Orbit des Planeten und landete im Dschungel, wobei ihr Raumschiff zu Bruch ging. Die Flüchtigen wurden wieder gefasst und gemeinsam untergebracht. Eines Tages nahm die Crew Sarah O'Reilly, eine verwundete C-Com-Trägerin der irdischen Raumflotte, bei sich auf. Von Sarah erfuhren die Crewmitglieder, dass es ein Spezialkommando geschafft haben soll, den feindlichen Planeten zu erreichen, und sogar Spezialausrüstung einzuschmuggeln. 

Sarah beauftragte die Crew, die Angehörigen dieses Kommandos zu suchen. Sie sollten ihnen Informationen zu übergeben, die es ermöglichen, den "Erneuerer" lahmzulegen. Erst später erkannten die jungen Leute, wie sehr sie vom Raumkommando getäuscht worden waren: Sie selbst sind das "Spezialkommando", das den Planeten des Feindes erreicht hatte.

Trotzdem nehmen sie sich vor, den Auftrag anzunehmen, um den Feind mit seinen eigenen Mitteln zu schlagen. Aber die vermutete Spezialausrüstung befindet sich im Wrack ihres Raumschiffs, das noch immer mitten im Urwald liegt. Also bleibt der Mannschaft nichts Anderes übrig, als in den Wald zu fliehen, um sich die Ausrüstung zu sichern. Doch nicht nur der Feind ist ihnen bald auf der Spur. Auch die Natur des Planeten schlägt gnadenlos zu ...

Entwischt

Dave, pass auf! Hinter dir", schrie Joe Gallup. Dave Nichols, der hochgewachsene Südafrikaner, wandte sich blitzschnell um. Gerade noch rechtzeitig riss er die Arme hoch, um die Echse abzufangen, die ihn von hinten anspringen wollte. Mit beiden Händen packte er die Vorderbeine des Tieres und schmetterte es gegen die nächste Hausecke.

"Das war knapp", brummte er. "Ich möchte bloß wissen, wo das Biest auf einmal hergekommen ist."

Joe näherte sich vorsichtig, um die noch zuckende Echse in Augenschein zu nehmen. Verglichen mit Dave, dem muskulösen Fooball-Spieler, wirkte sie beinahe zerbrechlich. Aufgerichtet hatte sie ihm kaum bis zur Brust gereicht.

Überaus schlank, auf kräftigen Hinterbeinen laufend, verfügte sie über relativ kurze, dünne Vorderbeine. Doch die hatten es in sich: Eine der gebogenen Klauen an jedem Vorderbein war ausgesprochen groß und überdies nadelspitz. Außerdem starrte das Maul des Tiers von spitzen Zähnen.

"Also, von so einer möchte ich nicht unbedingt umarmt werden", bemerkte Jose Marquez, der dritte junge Mann der Gruppe. "Ich möchte bloß wissen, weshalb sie dich angegriffen hat, wo du doch deutlich größer und stärker bist als sie."

"Die Echse sieht den Raptoren ähnlich, die es vor Millionen Jahren auf der Erde gegeben hat", meinte Joe. "Und die haben, soweit ich darüber gelesen habe, im Rudel gejagt. Vielleicht ist das Tier ja tatsächlich Teil eines größeren Rudels." 

Jose erbleichte. "Falls das zutrifft, dann würde das ja heißen, dass seine Kameraden jeden Augenblick hier eintreffen könnten. Also nichts wie weg!"

Dave legte ihm die Hand auf die Schulter. "Jetzt dreh dich mal ganz langsam um, Jose - aber mach dir nicht in die Hosen", erklärte er. "Leider haben wir alle Drei geschlafen. Zum Weglaufen ist es längst zu spät."

Tatsächlich waren drei Echsen um die Ecke getappt, gelb-schwarz getigert wie die erste, die von Dave getötet worden war. Suchend wandten sie die Köpfe nach allen Seiten und ließen blaue, gespaltene Zungen sehen. 

Die Drei erstarrten zu Salzsäulen, doch im nächsten Augenblick drehte der Wind. Ruckartig wandten die Echsen den Kameraden die Köpfe zu. Ihre Bewegungen wirkten mit einem Mal nicht mehr behäbig, sondern raubtierhaft geschmeidig. Langsam bewegten sie sich auf die Gruppe zu. Und als eines der Tiere den toten Artgenossen entdeckte, ließ es einen hohen, trillernden Schrei hören. 

"Verdammte Scheiße", stöhnte Jose, als daraufhin noch einmal zwei der Tiere um die Ecke kamen und sich den anderen anschlossen. "Das darf doch nicht wahr sein", setzte er hinzu, als die Echsen ausschwärmten, um die Gruppe zu umzingeln. Doch die jungen Männer hatten sich längst so postiert, dass sie eine Hauswand im Rücken hatten.

"Kommt schnell hierher", ertönte unvermittelt eine Männerstimme von einem Haus auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Der Mann stand in einer halb geöffneten Haustür und winkte den Dreien aufgeregt zu. Doch die hatten keine Augen für ihn. Konzentriert beobachteten sie, was die Echsen als Nächstes tun würden.

"Ihr habt gesehen, wie ich den ersten Angreifer erledigt habe", erklärte Dave seinen Kameraden. Wenn euch ein Tier anspringt, verkürzt die Flugbahn, indem ihr ihm entgegenkommt. Dann kann es seine Geschicklichkeit nicht ausspielen. Seht zu, dass ihr sofort seine Vorderbeine zu fassen kriegt. Und hütet euch auch vor den Klauen an seinen Hinterbeinen. Reißt ein angreifendes Tier einfach um und achtet darauf, dass ihr ihm im Fallen ein Knie in den Bauch oder in die Kehle rammt. Ich knöpfe mir die erste Echse vor, die angreifen will. Viel Glück!"

Als Dave einen Schritt vortrat, näherte sich ihm eine der Echsen und fauchte ihn gereizt an. "Komm doch her zu mir, Kleines", gurrte Dave. "Ich zeige dir den kürzesten Weg in die ewigen Jagdgründe."

Urplötzlich griff das Tier an. Dave sprang ihm blitzschnell entgegen und schaffte es tatsächlich, die Echse bei den Vorderbeinen zu packen. Doch er stolperte und riss im Fallen das Tier zu Boden. Sofort stürzten sich zwei Tiere auf ihn.

Doch seine Kameraden hatten aufgepasst. Joe packte den langen Schwanz einer der Echsen und schleuderte sie im Kreis, so schnell er konnte. Schließlich entglitt ihm das Tier und durchschlug mit seinem Kopf ein Fenster im Erdgeschoss des Hauses, das den Dreien als Rückendeckung diente. Als es nach dem Aufprall zu Boden glitt, schlitzten die messerscharfen Glasscherben seinen Hals auf, sodass es zuckend in einer großen Blutlache verendete.

Jose dagegen stieß unvermittelt ein ohrenbetäubendes Gebrüll aus und stürzte sich auf die andere Angreiferin. Verunsichert durch den Schrei, zögerte das Tier ein wenig. Und diese Verzögerung wurde ihm zum Verhängnis, denn Jose rannte es kurzerhand um, ließ sich mit beiden Knien auf den Bauch der Echse fallen und hämmerte seinen Ellbogen auf ihre Kehle. Damit war dieser Teil des Kampfes beendet, denn die Echse bewegte sich danach nicht mehr.

Als sich Jose ihrem Kameraden Dave zuwandte, um ihm zu helfen, traute er seinen Augen nicht: Dave war so ungünstig auf das Tier gefallen, dass er sich kaum bewegen konnte. Doch er hielt weiter die Vorderbeine der Echse umklammert. Die Zähne zusammengebissen und die Schläfenadern angeschwollen, bog er die Beine des Tieres noch nach oben, bis sie mit hässlichem Knirschen brachen. Die Echse stellt die Gegenwehr ein und begann zu kreischen, bis ihr der bärenstarke junge Mann das Genick brach.

Das war zu viel für die übrig gebliebenen Rudelmitglieder. Mit großen Sprüngen suchten sie das Weite und waren schnell im Häusermeer der Stadt verschwunden.

Dave klopfte sich grinsend den Straßenstaub von der Kleidung. "Das war mal was nach meinem Geschmack", brummte er. "Aber ich hätte auch die beiden anderen Schoßtierchen liebend gerne ins Jenseits befördert."

Der Mann, der die Drei zu sich gerufen hatte, hatte mittlerweile die Straße überquert. Kreidebleich starrte er die Kadaver der Echsen an. "Ich habe es mit eigenen Augen gesehen, aber ich kann es immer noch nicht glauben", flüsterte er. "Das war aber ein höchst gefährliches Spielchen, das ihr Drei da getrieben habt", erklärte er vorwurfsvoll.  "Habt ihr denn die Sirene nicht gehört?"

Dave zog die Stirn karaus. "Eine Sirene? Ja, vor etwa einer Viertelstunde. Soll das etwa heißen, dass sie eine Warnung vor den Echsen war?"

Der Mann nickte. "Diese Echsen, die im Rudel angreifen, haben schon eine ganze Reihe Leute getötet, die sich mit ihnen angelegt haben. Aber diese waren - im Gegensatz zu euch - gut bewaffnet."

Joe tippte dem Mann auf die Schulter. Vielen Dank dafür, dass Sie uns helfen wollten. Aber es ist ja noch mal gutgegangen. Aber auf den Schreck hin brauche ich einen Drink. Gibt es hier in der Nähe ein Lokal, in dem was Gutes ausgeschenkt wird?

Der Mann musterte die Kameraden. "Drei junge Männer in der Uniform der irdischen Raumflotte", murmelte er. "Ganz offensichtlich Kriegsgefangene. Da gibt es in der Nähe nur eine einzige Bar, an deren Tür man euch nicht abweisen wird."

 

Das Lokal befand sich in einem Gebäude, von dem allenthalben der Putz abbröselte. Durch den Lieferanteneingang gelangten sie in ein düsteres Treppenhaus. Doch das Innere der Bar strafte die Außenseite des Hauses Lügen: Das Inventar des Raums war aus dunkel gebeiztem Edelholz gefertigt, und riesige Kristalllüster funkelten an seiner Decke. Und obwohl alles ein wenig abgenutzt und verschlissen wirkte, konnte man den Glanz längst vergangener Tage ahnen. 

"Hier sieht es verdammt teuer aus“, meinte Joe. „Ich glaube nicht, dass wir uns das leisten können. Und geboten wird hier ohnehin nichts Besonderes.“

Inzwischen hatte man die Neuankömmlinge bemerkt. Doch die meisten Gäste hatten sich bereits uninteressiert abgewandt, als ein rot befrackter Kellner erschien und nach ihren Wünschen fragte. Zögernd sahen sie einander an.

„Sieh mal an, wen haben wir denn da?“, ertönte unvermittelt eine schneidende Stimme von einem Tisch in der Ecke, an dem Männer in der grünen Uniform der Raumflotte saßen. „Die Burschen kenne ich doch!“

„Genau, das sind die Milchbubis vom Satellitenputzgeschwader.“ - „Den Großen dort könnte man beinahe für einen Mann halten.“ - „Wo habt ihr denn euer bronzenes Kindermädchen gelassen?“ - „Habt ihr wegen guter Führung Ausgang bekommen?“ - „Pfui, die bösen Buben sind bestimmt ihrer Mami ausgebüxt.“

Gelächter brandete auf. „Seht euch das an, wie belämmert die dreinblicken. Sie stehen da, als hätten sie die Hosen voll. Habt ihr von Papi nicht genug Taschengeld mitbekommen?“

Das reichte: Dave marschierte schweigend in den Saal, geradewegs zur Theke. In seinem Kielwasser folgten die Kameraden. Lautes Gelächter begleitete sie. Als endlich der heimische Whisky bernsteinfarben in den Gläsern funkelte, genossen sie andächtig den ersten Schluck dieses außergewöhnlich aromatischen Getränks. 

„Ihr solltet lieber Milch trinken – Kellner, eine Runde Milchshakes für die Kleinen“, ertönte es aus der Ecke.

„Was sind denn das für Idioten?“, fragte Dave laut. "Wo die wohl die Uniformen geklaut haben? Ach ja, das sind doch die überall bekannten Hosenscheißer des Raumjägergeschwaders, die sich ohne Gegenwehr haben gefangen nehmen lassen“, setzte er grinsend hinzu.

„Ach darum“, röhrte Joe und schüttelte sich vor Lachen. „Ich habe mich nämlich schon über den strengen Geruch gewundert, als wir hereingekommen sind.“

„Kellner, eine Runde Saurierpisse für die Neuen“, ertönte eine heisere Stimme in ihrem Rücken. Ein untersetzter, für einen Raumsoldaten ungewöhnlich voluminöser Mann grinste sie provozierend an. Er hatte die Ärmel seiner Kombination hochgekrempelt, sodass seine stark behaarten, beinahe schenkelstarken Unterarme zu sehen waren.

Dave musterte ihn von oben bis unten. „Das Zeug mag ich nicht, das kannst du selber trinken. Außerdem lasse ich mich nicht von jedem dahergelaufenen Strolch einladen“, knurrte er.

„Du schlägst meinen Drink aus?“, fauchte der Dicke. „Das hat noch keiner hier gewagt.“ Seiner Stimme war anzumerken, dass er stark angetrunken war. Er packte Dave an der Schulter. „Willst du mich beleidigen?“

„Lass sie, zufrieden, Marty“, versuchte einer seiner Kameraden den Mann zu besänftigen. „Komm lieber rüber zu uns, hier ist es viel gemütlicher.“

Diese Aufforderung schien aber eher das Gegenteil zu bewirken. Jedenfalls ging Marty wie eine gereizte Bulldogge auf Joe los. Ehe der wusste, wie ihm geschah, hing er in Martys Händen und wurde unter wüsten Beschimpfungen wie eine Gliederpuppe durchgeschüttelt.

"Jetzt ist aber Schluss", erklang unvermittelt eine schneidende Männerstimme. "Die drei jungen Männer sind meine Gäste. Und meinen Gästen krümmt niemand auch nur ein Haar!" Die Stimme gehörte dem Mann, der den Dreien gegen die Echsen hatte helfen wollen. Nur trug er jetzt die Uniform eines Polizei-Offiziers.

Marty stellte Joe behutsam auf den Boden. "Na wenn das so ist - ich wusste ja nicht, dass die Drei ihr Kindermädchen dabei haben. Ich bitte vieltausendmal um Entschuldigung."

Der Offizier begann verkniffen zu grinsen. "Sei meinen, dass ich das Kindermädchen der drei jungen Männer bin? Eher ist es umgekehrt, denn ich hatte nicht den Mut, in den Kampf einzugreifen, als sie von einem Rudel Echsen angegriffen wurden. Immerhin haben sie vier der sechs Angreifer den Garaus gemacht."

Auf diese Weise gewann die gesamte Crew unter Tom de Vriere die Hochachtung und die Freundschaft der gefangengenommenen Männer des irdischen Raumjägergeschwaders, ein Ereignis, das sich später als äußerst nützlich erweisen sollte.

 

Eine Woche später sprachen Linda McLean, Tom de Vriere und Trevor Collins, allesamt Crewmitglieder der Vigilante, wieder über Sarahs Nachricht. Sie waren längst davon überzeugt, dass das geheimnisvolle „Geheimkommando“ mit der Besatzung der Vigilante, also mit ihrer Crew, identisch war. Und natürlich hatten sie beschlossen, den so hinterlistig erzwungenen Auftrag des Commonwealth zu akzeptieren.

Und auch wenn keinem von ihnen die Vorgehensweise des Raumkommandos gefiel – noch viel weniger gefiel ihnen der Krieg, mit dem die Erneuerer die menschliche Zivilisation überzogen. Denn schließlich ging es doch auch um die Erde, ihre Heimat, und das Leben und die Freiheit ihrer Verwandten und Freunde. Wer wollte da schmollend in der Ecke sitzen und untätig zusehen?

 

"Ich geb's auf." Trevor zuckte bedauernd mit den Schultern. „Tut mir echt Leid. Das war jetzt der – ich weiß nicht der wievielte – vergebliche Versuch, die Matrizen mittels der von Sarah entwickelten Algorithmen aufzubereiten. Selbst die leistungsfähigen Prozessoren, die von den Männern des Raumjägergeschwaders  für uns geklaut worden sind, hängen sich irgendwann auf." 

"Sarah hat doch ausdrücklich geschrieben, dass nur der neueste Rechnertyp des Commonwealth mit seinen speziell aufeinander abgestimmten Speicher-Prozessor-Systemen den hohen Anforderungen genügt“, wandte Linda ein.

„Aber bei den Formelsystemen 1, 2, 7, 8 und 14 hat es doch auch einwandfrei ohne das Zeug funktioniert“, meinte Tommy.

Trevor nickte. Diese Systeme liefern doch lediglich Zwischenergebnisse für die späteren Lösungsalgorithmen. Und diese scheinen nur mittels der speziellen Arbeitsweise der von Sarah erwähnten Spezialcomputer lösbar zu sein. Also kommen wir nicht mehr weiter .“

Linda stand hinter Tommy und Trevor und blickte über die Schultern der beiden auf den Monitor. Sie tippte Trevor auf die Schulter: „Du beschäftigst dich doch jetzt seit Tagen mit Sarahs Gleichungen. Verstehst du eigentlich, worum es dabei geht? Dem Begleittext Sarahs war ja nichts zu entnehmen.“

„So ganz genau verstehe ich es noch nicht. Sicher ist nur, dass wir zur Anwendung des daraus aufzubauenden Programms ins Datennetz des Gegners eindringen müssen.“

Tommy winkte ab „Viel wichtiger ist doch im Augenblick, dass uns das ganze Verständnis nichts nützt, wenn wir es nicht schaffen, das Programm zu erstellen.“

„Aber wir tun doch schon alles, was ohne aufzufallen möglich ist", erwiderte Trevor. "Unsere Kameraden durchsuchen den Elektronikschrott so gründlich wie möglich nach brauchbaren Komponenten. Und wir sind sogar das Risiko eingegangen, Commander Legrand halbwegs einzuweihen. Und der unterstützt uns jetzt mit einigen seiner Leute." 

„Wir verhalten uns aber trotzdem wie blutige Amateure“, erklärte Tommy. „Heute Nacht, als ich nicht schlafen konnte, bin ich wieder draufgekommen. Wir hätten Sarahs Botschaft längst genau lesen sollen. Ihr erinnert euch doch sicher noch daran, dass Sarah geschrieben hat, die sogenannten Geheimagenten, also wir, hätten Spezialausrüstung mitgebracht.“

Die beiden nickten. „Aber wir haben doch überhaupt nichts eingeschmuggelt“, schimpfte Linda.

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Anton Heinzinger, Otto Förster
Bildmaterialien: Covergestaltung: T. Anzinger, Coverbilder: Foto Zihlmann - Fotolia.com, vlad grin - Fotolia.com, J BOY - Fotolia.com
Tag der Veröffentlichung: 26.08.2013
ISBN: 978-3-7309-4591-9

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