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Prolog

In einem kleinen Haus, in mitten einer Wüste. Dort wo sich die Schatten treffen, sich ineinander verschlingen und zu einem Ganzen werden. Dort wo sie ihren eigenen Tanz tanzen. Friedlich. Sie fliessen in einander hinein, um sich gleich darauf wieder voneinander zu lösen. In einer Melodie, die niemandem bekannt ist, die niemand hören kann. Die so wunderschön und lieblich klingt wie die Nacht selbst. Genau dort findet unsere Geschichte statt.

Kapitel 1

Triff keine Entscheidungen, ohne vorher darüber nachzudenken.

Die Grossmutter ist schon ganz nervös, man sieht es ihr an. Wie sie auf ihrem Stuhl wie verrückt umher hobst. Wie sie immer wieder auf die Uhr schaut oder aufsteht um zur Tür zu gehen, wenn sie ein Auto hört. Und das ziemlich oft. Die Grossmutter wohnt nämlich in mitten einer Stadt. Sie wohnt im Zentrum von Las Vegas. Manche Menschen denken jetzt bestimmt, was macht eine so alte Frau in einer Grossstadt und ganz ehrlich, dieselbe Frage stellt sie sich auch ziemlich oft. Sie sehnt sich nach ihrem früheren leben, doch das gibt es nicht mehr und wäre sowieso viel zu anstrengend.

Auf einem Bauernhof zu arbeiten für eine Frau, die hundert Jahre auf dem Buckel hat, ist nichts. Sie hört schon wieder ein Auto und sie steht auf. Langsam und mit kleinen Schritten geht sie zur Tür. Auf einem Stock stützend, macht sie die Tür auf. Es quietscht. Doch die Grossmutter hört es nicht, für das ist sie viel zu aufgeregt. Das Auto hält vor dem Haus und für einen Moment hält sie den Atem an. Eine Frau und ein Mann steigen aus dem Auto aus. Es ist dunkel, sie kann die Personen nicht erkennen. Sie sieht nur, wie sie zu tanzen beginnen. In einander verfliessen und sie hört ihre Musik. Sie hört die Musik der Nacht. Es ist so weit denkt sie. Es ist geschehen. Sie dreht sich um und geht hinein und holt einen kleinen Ordner hervor und öffnet ihn. Es ist eine junge und hübsche Frau abgebildet. Sie nimmt ihre Hand und streicht darüber. Eine winzige Träne löst sich von ihrer Wange und fällt. Die Grossmutter ringt sich ein kleines Lächeln ab und geht zum nächsten Bild, auf dem ein Mann abgebildet ist. Er wirkt so glücklich und er schaut zu der jungen Frau hinüber. Sie wirken so vertraut zusammen, man könnte meinen sie sind für einander bestimmt. Doch die Grossmutter weiss es besser. Sie weiss, dass es nicht funktionieren wird, es würde etwas passieren und sie kann es nicht ändern. Erneut läuft eine Träne über ihre Wange und sie schliesst das Buch.

„Es ist so weit“, flüstert sie ganz leise. Sie steht auf und geht in ihr Zimmer. Einen alten Koffer steht auf dem Bett bereit. Sie nimmt ihn in die Hand und schaut sich noch ein letztes Mal um. Sie würde diesen Ort nie mehr wieder sehen. Jetzt laufen ihr die Tränen in Strömen hinunter. Mit eiligem Stritt schreitet sie nun zur Tür und öffnet sie. Hinter sich schliesst sie sie wieder. Mit zittriger Hand steckt sie den Schlüssel ins Schloss und dreht bis sie ein KLICK hört. Dann schaut sie durch das kleine Fenster neben der Tür. Nicht sehr lange, denn sie muss gehen. Sie dreht sich um und geht zum Auto, steigt ein und fährt los. Sie hat Mühe sich zu konzentrieren, immer wieder gelangt sie auf die gegnerische Fahrbahn. Einmal schläft sie fast ein, doch sie schaffte es. Acht Stunden ist sie gefahren. Vor einem riesigen Haus hält sie an. Es befindet sich in einer Wüste. Sie steigt aus und geht die Treppen empor. Sie dreht sich kurz um, schnauft noch einmal richtig durch und tritt ein. Es ist noch alles so wie früher.

 

 

 

 

 

 

 

Kapitel 2

Gehe deinen eigenen Weg, lass dich nicht davon abbringen. Vertraue auf dich selbst, du kannst es schaffen. Du kannst alles erreichen was du willst. Du bist stark!

„Neeein!“ Ich sperre meine Augen auf. Ich sitze. Alles um mich herum ist dunkel. Das kleine bisschen Licht, welches in den Raum gelangt, kommt von draussen. Langsam erhebe ich mich und gehe auf das Fenster zu. Ich öffne es. Ein kühler Wind weht hinein, er wuschelt durch meine Haare und überzieht meine Haut mit Gänsehaut. Es tut so gut. Ich schliesse meine Augen und Atme die frische Luft ein. Tagelang könnte ich einfach so hier stehen. Mit bedacht öffne ich meine Augen wieder. Und da! Ich sehe jemanden auf dem Haus gegenüber. Die Gestalt bewegt sich, langsam und mit höchster Vorsicht. Die macht das bestimmt nicht zum ersten Mal. Ich will etwas rufen, will sie fragen was sie dort oben macht, doch in meinem Inneren traue ich mich das nicht. Wer weiss, vielleicht ist die Person ein lange gesuchter Verbrecher oder sogar ein Mörder. Ich traue mich kaum zu bewegen. „Pssssst.“ Mein Herz rutscht mir in die Hose. Auf dem Balkon neben mir steht eine weitere Gestalt und schaut mich an. Er hat blondes Haar. „Komm, gib mir deine Hand.“ Mit offenem Mund stehe ich da. Ich sehe wie er mir seine Hand hin hält und ich weiss nicht ob ich sie greifen oder ob ich einfach das Fenster schliessen soll. Zu lange brauche ich zum Kapieren was gerade geschieht, denn im nächsten Moment nimmt er schon meine Hand und zieht mich auf den Balkon hinaus. Er zieht mich mit sich und hilft mir hoch aufs Dach und zusammen sitzen wir dort und warten auf den Morgen. Er hält mich im Arm und langsam fallen mir die Augen zu.

 

Ein Junge steht vor mir. „Es wird alles gut, ich werde dich beschützen.“ Seine Hand berührt meine und drückt sie fest. Ich schaue ihn kurz an. Unsere Blicke treffen sich. Ein Lächeln huscht über sein Gesicht. Doch ich ziehe meine Hand aus seiner und gehe ein paar Schritte. Wir stehen mitten auf einem Schlachtfeld. Es liegen überall tote Menschen herum. Kinder liegen bei ihren Eltern in den Armen, tot. Alle sind tot. „Wer hat das getan, wer tut so etwas?“, schreie ich ganz laut. Der Junge legt seine Hand auf meine Schulter. „Das haben die Menschen getan, sie selbst haben das zu verantworten, du kannst es nicht ändern.“ Ich drehe mich zu ihm um und schaue in seine Augen. „Ihr wart das, ich dachte du glaubst mir!“ Meine Hand wird zu einer Faust. „Ihr wart das, hab ich nicht Recht?“ Seine Augen schauen weg, weit in die Ferne, als ich ihn erneut anschaue. „Ihr, du und deine Bande von Mörder, nicht wahr?“ „Tut mir leid, ich konnte es nicht verhindern. Es kam einfach so, ich versuchte alles, doch sie glaubten mir nicht.“ „Du hast mich verraten und enttäuscht und doch lässt du dich hier blicken?“

Mein Bild beginnt zu verschwimmen und ich stehe mitten in einem riesigen Raum, welcher von Kindern nur so wimmelt. Doch sie sind alle gefesselt. Ich spüre wie zwei eiserne Ringe meine Hände aneinander binden. Sie drücken grauenvoll. Sie sind an der Decke befestigt und ich hänge daran herunter. Meine Füsse sind vom Boden abgehoben. Meine Arme werden richtig lang gezogen und es tut unglaublich weh. Ich spüre es von oben bis unten. Ein ekelhaftes Kribbeln durchzuckt meine blau fast violett angelaufenen Finger. Ich spüre sie fast nicht mehr. Zwei grossgewachsene Männer kommen auf mich zu und grinsen. Dabei zeigen sie ihre halb verfaulten Zähne und nur schon bei dem Anblick wird mir schlecht. Der eine nimmt einen Schlüssel aus seiner Tasche und wedelt ihn vor meinem Kopf hin und her. Meine Augen folgen ihm. Er nimmt die Ketten in die Hand und steckt den Schlüssel hinein. „Karl was machst du für einen Unsinn, du sollst den Jungen losbinden und nicht das Mädchen.“ Der andere Mann schaut ihn böse an. Er lässt meine Ketten los und geht zu dem Jungen hinüber und schliesst seine auf. „Nein, lasst ihn hier! Nehmt doch mich, er hat nichts getan.“ Karl wendet den Blick zu mir: „ Halt die Klappe kleines Mädchen, ich werde deinen Freund nicht wegbringen, ich werde ihn vor deinen Augen umbringen.“ Er beginnt böse zu lachen. Die Handschellen gehen auf und der Junge landet am Boden. Er ist verängstigt, ich sehe dass er Angst hat. Er versucht es zu verbergen, was ihm jedoch nicht gelingt. Ich schaue ihn mit Tränen verschmierten Augen an. Er soll doch bei mir bleiben, ich liebe ihn, er darf nicht gehen. Der andere Mann, der bis jetzt nur daneben gestanden ist, holt eine Peitsche hervor. Die Augen des Jungen werden gross. Ich sehe wie ihm Tränen über die Wangen laufen. Ich sehe wie er mich anschaut und flüstert: „Ich liebe dich und werde dich immer lieben.“ Er kommt auf mich zu. Beugt sich vor und küsst mich und ich wusste dass es unser letzter Kuss sein wird. Tränen laufen mir über die Wangen, er löst sich von mir, wischt mir eine Träne von der Wange und legt mir ein Medaillon um den Hals. Ich versuchte zu lächeln, was mir jedoch misslingt. Ich schaue ihn an und er mich. Er tut mir so leid, was soll ich machen. Ich spüre das kalte Metall an meinem Hals und schaue hinunter. Es ist das Medaillon welches er von seinem Vater bekam, kurz bevor dieser starb und jetzt gibt er es mir? Ich kann es nicht glauben, es ist das Wertvollste was er besitzt oder je besessen hat und jetzt hängt es um meinen Hals. „Ich werde es beschützen bis zu meinem Tod, ich werde darüber wachen und es nicht in falsche Hände geben.  „Ich liebe dich.“ „So fertig mit diesen blöden Kindereien!“ Der Mann zieht die Peitsche auf und schlägt auf den Jungen ein. Ich sehe wie er zusammen zuckt. „Nein!“ „Svea, pass gut auf dich auf!“ Seine letzten Worte. Ich kann nur noch weinen: „Bitte, lasst ihn doch am Leben!“ Der Junge steht noch immer vor mir. Er schüttelt den Kopf. Ich sehe wie das Bild vor meinen Augen verschwindet: „Neeeeiin!!“

 

Als ich meine Augen öffne ist es bereits schon hell. Ich höre wie meine Mutter mich ruft. Ich will auf meinem Bett aufstehen und die Tür öffnen und sie fragen was los sei, doch als ich mich erheben will, falle ich fast vom Dach hinunter. Total habe ich das vergessen, ich bin ja mitten in der Nacht da Hoch geklettert. Mein geheimnisvoller Entführer ist verschwunden, oder war das nur ein Traum. Doch ich bin mir eigentlich schon fast sicher, dass es so geschehen ist, doch wer war dieser Mann und warum liess der mich einfach so alleine? Ich versuche zu vergessen und klettere nach unten und steige durch mein offenes Fenster in mein Zimmer hinein und was ich dort sehe lässt meinen Atem anhalten. Es ist total verwüstet. Ich renne zum Bett hin und hebe die Matratze um nachzusehen ob meine Geldbörse noch dort ist und zu meinem Glück sehe ich sie. Die Einbrecher haben sie also nicht gefunden. Meine Mutter steht immer noch vor der Tür und schreit und langsam öffne ich meine Tür und lasse sie hinein und als sie das Chaos sieht, beginnt sie mich zu beschimpfen. Von wegen Ordnung halten und so, bis ich ihr klarmachen kann, das eingebrochen wurde. Da greift sie zum Telefon und ruft die Polizei. Es wurde nichts gestohlen, also nicht von grossem Wert, doch eine Anzeige machten wir trotzdem und ich musste natürlich auch eine Aussage machen.

In dieser Nacht kann ich kaum schlafen und als es am Fenster klopft stehe ich auch nicht auf. Als ich dann trotzdem so gegen drei einschlafen kann, träume ich schrecklich und bin froh als mich meine Mutter um halb sieben aus meinem Schlaf reisst und sagt es sei Zeit für die Schule. Ich schaue sie verwundert an. „Heute ist dein erster Schultag in deiner neuen Klasse.“ Mein Mund klappt auf: „Ich weiss.“ Ich hüpfe aus meinem Bett, gehe ins Bad und drehe das Wasser auf. Ich stelle mich unter die heisse Dusche. Ich lasse es mir das Wasser über die Schultern plätschern, lasse die Erinnerungen an den Albtraum verfliegen. Meine Mutter klopft an die Tür: „Du hast keine Zeit dafür!“ Sie verschwindet und ich gehe hinaus in die Kälte, welche mir unter die Haut fährt und sie mit Gänsehaut bedeckt. Schnell nehme ich ein Tuch von Hacken und wickle mich darin ein. Dann trockne ich mich ab, wickle es mir geschickt um die Haare und ziehe mich an.

„Svea, komm, der Bus fährt in zehn Minuten!“ „Gleich.“ Nach dem ich mich geschminkt habe, gehe ich in die Küche. Meine Mutter wartet ungeduldig auf mich. Sie drückt mir die Tasche in die Hand und einen Kuss auf die Wange. „Viel Glück.“ Es ist immer das gleiche. Schon das sechste Mal, dass wir umgezogen sind und alles wegen meiner Mutter. Mein Vater hat uns vor sechs Jahren verlassen. Ich war sieben, als ich erfuhr, das er tot ist und danach lief alles schief. Meine Mutter musste nun ganz alleine für mich sorgen. Sie hatte ziemlich grosse Probleme bekommen und wurde mit dem Tod meines Vaters nicht fertig. Sie hatte eine Therapie angefangen und sie erfolgreich beendet. Seit dem kann sie nie lange an einem Ort bleiben, denn sie verlor entweder den Job oder die Wohnung. Sie hat mir jedoch versprochen, dass wir an diesem Ort bleiben, bis ich die Schule abgeschlossen habe. Die Wohnung ist riesig und im obersten Stock. Ich habe ein Zimmer für mich alleine mit einer Aussicht über die ganze Stadt. Ich steige die hunderfünfzig Stufen hinunter, mache die Tür auf und gehe hinaus.

Puff. Mist, ich habe ihn übersehen. Er steht direkt vor mir und reibt sich den Kopf. „Bist wohl neu hier was?“ „Entschuldigung, das wollte ich nicht.“ Die Röte steigt mir ins Gesicht. „Schon okeii, halb so schlimm, wo willst du denn so eilig hin?“ „Zur Schule, es ist mein erster Schultag und ich bin total nervös.“ Er lacht: „Macht nichts, komm ich zeig dir denn Weg.“ Seine blonden Haare stehen ihm wild vom Kopf ab. Er ist so süss. Er stellt sich als Sky vor und ich muss wieder an meinen Traum denken. Nein, das kann nicht sein, nie im Leben. Er ist es nicht oder doch? Er hat schon Ähnlichkeit mit dem Jungen aus meinem Traum. Ich schlage mir den Gedanken aus dem Kopf und gehe stumm neben ihm her.

„Sky, da bist du ja!“, und mit einem nicht so erfreulichem Ton fügt sie hinzu, „und mit einer, naja nicht unbedingt hübschen Begleitung.“ „Leila, lass sie in Ruhe, sie ist neu hier und wir wollen ihr sicher nicht schon den ersten Schultag vermiesen.“ Sie schaut mich böse an und legt ihm ihre Arme um den Hals und küsst ihn. Ekelhaft! Ich gehe weiter mit den beiden im Schlepptau. Sie sprechen über das erste Mal und ich muss mich zusammennehmen um nicht laut zu lachen. Sie will ihn unbedingt ins Bett kriegen, doch er weigert sich. Es ist so lustig ihnen zuzuhören. Im Bus streiten sie sich weiter. Wir steigen aus und laufen noch ein paar Meter. Vor dem Schulgebäude kommt mir ein Junge entgegen, beachtet mich jedoch nicht, obwohl ich ihm Hallo gesagt habe. Er läuft schnurstracks an mir vorbei zu Sky und sie begrüssen sich. „Mein Bruder ist ein Vollpfosten, das ist nicht zu übersehen!“ Ich drehe mich erschrocken um. Ein Mädchen ungefähr in meinem Alter steht neben mir. Sie hat wild abstehende kurze orange Haare und ziemlich viele Sommersprossen. „Ich bin Lily und du musst wohl die neue sein, von der alle sprechen.“ Sie reicht mir die Hand. „Ich bin Svea.“ Ich muss grinsen und sie lächelt zurück. „Deinen Stundenplan sollst du bereits haben, welches Fach hast du als erstes und in welchem Zimmer. Ich möchte dich dort hinführen und dir so gerne die Regeln beibringen, denn mit diesen Footballspieler ist nicht zu spassen. Weißt du seit meinem Bruder auch einer von ihnen ist, ist er das totale Arsch. Ich weiss nicht wie er auf diese schiefe Bahn kam. Doch ich weiss, dass der Coach eines Tages vor ihm stand und ihm sagte er sei in seinem Team.“ Sie nimmt mir den Stundenplan aus der Hand, denn ich gerade aus meiner Tasche nahm. „Englisch im Zimmer 106 bei Frau Beckham, ich wünsche dir viel Spass. Ich habe gehört, dass sie ziemlich streng ist. Sky hat heute auch bei ihr Schule, sogar um dieselbe Zeit. Ich frage ihn ob er dich mitnehmen kann, wenn das für dich in Ordnung ist. „Sky könntest du bitte Svea mit zu Madame Englisch nehmen? Ich muss vorher noch kurz in die Bibliothek und…..“ Sie muss Luft holen. Ich sehe wie Sky sich zu uns umdreht: „Klar, komm mit!“ Er kommt auf mich zu, nimmt mich bei der Hand und zerrt mich mit.

Auf unserem Weg zum Klassenzimmer stellt er mich jedem seiner Freunde vor. „Du musst Leila nicht so ernst nehmen. Sie denkt die ganze Zeit, dass sie meine Freundin ist und lässt kein Mädchen an mich heran. Das nervt mich total. Es ist übrigens auch ein Kompliment an dich, denn sie lässt nur die Mädchen nicht an mich heran, welche schöner sind als sie und auf welche sie eifersüchtig ist.“ Ich muss lachen: „Ich bin also hässlich im Vergleich zu ihr?“ Er wird rot. „Das habe ich nicht gesagt, ehrlich gesagt bist du viel schöner als sie.“ Das Grinsen steht mir breit ins Gesicht geschrieben. Wir gehen nebeneinander her bis er plötzlich anhält. „Hier ist es.“ Ich gehe in den Raum hinein. Ein wenig dunkel nicht wahr? Meine Hand ist kaum vor Augen zu sehen. Die Tür hinter mir geht zu. Er schliesst sie ab. „Hei was soll das, mach die Tür sofort wieder auf!“ Er lacht. Das ist überhaupt nicht witzig. Tastend suche ich nach dem Lichtschalter. Eine Besenkammer nicht sein Ernst. Ich hämmere gegen die Tür, ich schreie. Doch niemand, so scheint es mir, hört mich. Langsam schaue ich mich um. Irgendwo muss es etwas geben womit ich die Tür öffnen kann. Doch das einzige was es hier hat, sind Besen. Ganz hinten im Raum schimmert etwas Grünes auf. Ein Notausgang, meine Rettung.

Ich banne mir einen Weg durch die vielen Eimer und Putzmittel. Ein Fenster, aber genug gross um durchzuklettern. Vorsichtig mache ich es auf und klettere durch. Ich finde mich auf einer Leiter wieder. Ich steige hinunter und eile in meine Klasse. Die Tür ist nur eine weiter als die Besenkammer. Die Tür geht auf und ich trete ein. „Unsere neue Schülerin zu spät. Das am ersten Schultag.“ Alle beginnen zu lachen. Die Lehrerin schaut mich an. Ich eile an ihr vorbei und gehe ganz nach hinten in den Klassenraum und setzte mich an ein freies Pult. „Tut mir leid, aber die Besenkammer wollte mich nicht gehen lassen.“ Die Schüler lachen erneut. „Ruhe, Svea nach der Schule ins Rektorat.“ Sie stellt sich an die Tafel und beginnt englische Wörter an die Tafel zu schreiben. „Ihr werdet jetzt einen Aufsatz schreiben und diese Wörter müssen eingesetzt werden. Die Länge ist egal.” Mein Aufsatz: I don`t understand the words: opinion, self-made, holidays, Christmas, pet, languages and dictionary.

„Ich bin fertig!” Alle Köpfe drehen sich zu mir um. „Na dann lies ihn einmal laut vor.“ Laut lese ich ihn also vor. Die Lehrerin schaut mich an, so als meinte sie, ich wollte sie für blöd verkaufen. „Wir zwei gehen jetzt schön ins Rektorat zu Professor Leibundgut.“ Ich stehe auf und folge ihr nach draußen. „Schlauer als man erlaubt.“ Sie schaut mich an. „Einfach nahezu perfekt, aber sag einmal, was hast du gemeint als du von der Besenkammer gesprochen hast?“ „Vor ihrem Unterricht habe ich der Besenkammer einen kurzen Besuch abgestattet. Ich wurde verarscht, man hat mir erzählt das Schulzimmer sei dort drin. Kaum war ich hineingegangen, schon ging die Tür zu. Es dauerte eine Weile bis ich den Notausgang entdeckte. Über die Feuerleiter bin ich nach unten gelangt.“ Die Lehrerin schaut mich an. „Wer hat dir gesagt, dass die Besenkammer das Schulzimmer ist?“ „Tut mir leid, aber da ich neu hier bin und noch nicht alle Namen kenne, kann ich ihnen leider nicht sagen wer es war.“ Wir gingen noch durch ein paar Gänge, viele Kurven und Türen. Vor einer riesigen Eichentür bleibt Frau Beckham stehen und klopft dreimal. Die Tür geht auf und ein Mädchen, in meinem Alter kommt herausgerannt. Sie weint. Man Blick gleitet ihr hinterher bis sie verschwindet.

Der Rektor ist groß gewachsen, hat einen Schnauzer und irgendwie eine verrückte Art an sich, doch er ist ziemlich nett. „Dieses Fräulein hier hat heute Bekanntschaft mit der Besenkammer geschlossen und mich vor der ganzen Klasse lächerlich gemacht. Doch Schlauheit kann man nicht bestrafen, ich verlange ein Beitreten bei den Cheerleadern.“ Der Rektor versinkt in Gedanken. Ich glaube er versucht ernsthaft darüber nachzudenken. Seine Augen hängen irgendwo an der Wand hinter mir. „Sie wissen, dass fürs zu spät kommen eine eigene Bestrafungen gibt,  für welche wir Lehrer abgestimmt hatten und wenn ich mich richtig erinnere, waren sie dafür.“ „Herr Direktor, ich muss ihnen aber auch zu verstehen geben, dass diese junge Dame hier, heute ihren ersten Schultag hat und da könnten wir doch auch ein Auge zudrücken und ihr nicht schon den ersten Tag vermiesen.“ Der Direktor versinkt wieder in Gedanken oder ist er so dumm und braucht so lange um zu verstehen was Frau Beckham gerade gesagt hat. „Ich bin ganz ihrer Meinung verehrte Kollegin, in diesem Fall drücken wir ein Auge zu, aber ich hoffe das wird nie wieder vorkommen. Verstanden?“ „Ja, Herr Direktor, wird nie wieder vorkommen.“ Ich bin ganz verlegen. Dem Cheerleader Team wollte ich auf keinen Fall beitreten. Zusammen mit meiner Lehrerin verlasse ich das Büro des Direktors und wir gehen geradewegs in die Turnhalle. Sie stellt mich einer jungen sportlichen Frau vor und sagt ihr ich wolle ihrem Team beitreten. Ich sei neu hier und kenne noch fast niemanden, ob sie nicht auf mich auspassen könnte. Als ob ich noch ein kleines Kind wäre. Sie geht weg und lässt mich mit der Sportlehrerin alleine.

„Hallo, ich bin Stella. Ich bin die Leiterin des Cheerleader Teams.“ „Hi, ich bin Svea.“ Verlegen schaue ich zu Boden. Wir kennen uns noch nicht einmal richtig und duzen uns schon. Sie beobachtet mich oder besser gesagt sie studiert mich. „Größe 36.“ Was? Woher will die das denn wissen. Wir kennen uns nur flüchtig. Ok, vielleicht hat sie Übung darin. Sie führt mich in die Umkleidekabine und gibt mir mein eigenes Dress. Na toll, jetzt muss ich bestimmt noch die ganze Zeit damit herum laufen. Als ob sie meine Gedanken gelesen hätte sagt sie: „Dieses Dress musst du die ganze Zeit über anhaben außer natürlich in deiner Freizeit. Es zeigt das du zu unserem Team gehörst und so automatisch zu den Beliebten. Emmmh… Am besten du ziehst dich gleich um und kommst zurück in die Turnhalle. Das Training beginnt gleich und ich bin gespannt was du so drauf hast.“ Natürlich jetzt bleib mir nichts anderes übrig. Ich bin definitiv im Cheerleader Team. Sie verlässt die Garderobe und ich ziehe mich um. Fünf Minuten später bin ich umgezogen und stehe in der Turnhalle.

Jedes Mädchen das hereinkommt dreht sich sofort um und geht wieder. Danach kommt es tuschelnd mit einem anderen Mädchen wieder herein und lacht. Voll unhöflich. Stella erklärt ihnen was Sache ist und das ich heute einmal vortanzen werde. Da lachen diese noch mehr und sagen ich könne sowieso nichts. Stella zeigt uns unsere Übungen und wir machen es alle gemeinsam nach. Obwohl ich am Anfang noch ausgeschlossen wurde, begann ich mich immer mehr in die Gruppe zu integrieren und es begann sogar Spaß zu machen. Ich bleibe im Hintergrund und muss nur ein wenig sprechen und hüpfen und schon sind sie zufrieden. War ja einfach, aber für den Anfang reicht das völlig, obwohl ich weiß, dass ich mehr kann.

Am Mittag sitze ich am beliebten Tisch und am Nachmittag gehöre ich schon ganz zu ihnen, obwohl sie immer noch über mich tuscheln. Doch plötzlich steht Leila vor mir. Sie ist auch im Cheerleader Team, sie ist der Captain. „Am Samstag ist der erste Footballmatch in dieser Saison und es ist normal dass wir unsere Schule vertreten, ich hoffe du kommst auch. Um Zwei in der Turnhalle.“ Mit einem Lächeln geht sie davon. Hat wohl doch eine nette Seite. Nach der Schule, als ich gerade das Schulhaus verlasse, ruft jemand meinen Namen. Überrascht drehe ich mich um. Sky, ich kann mich kaum zurückhalten, ich will ihm so richtig die Meinung sagen. „Danke, dass du mich nicht verpfiffen hast. Tut mir echt leid mit dieser Besenkammer, aber das ist das Aufnahmeprogramm. Jeder Schüler muss, wenn er neu in die Klasse kommt eine Aufnahmeprüfung absolvieren und das war deine. Ich hoffe natürlich, dass wir trotzdem Freunde sein können.“

Am Samstag komme ich natürlich zum Spiel. Aber, es ist schon fertig. Das finde ich total mies von Leila. Sie hat mich hinters Licht geführt. Die Trainerin kommt auf mich zu. „Svea, so geht das nicht! Pünktlichkeit ist hier an der vordersten Stelle und du hast dagegen verstoßen. Lasst uns abstimmen. Wer will sie noch im Team haben?“ Niemand hebt die Hand, sie hassen mich, obwohl sie mich noch gar nicht kennen. Das ist ober mies! „Dann sind wir uns also einig, dass Dress bringst du am Montag gewaschen zurück und ab sofort gehörst du nicht mehr zum Team.“ Mit offenem Mund stehe ich nun da, wie das wohl aussieht? Ich drehe mich um. Kaum zu fassen, diese Leila macht mir das Leben wirklich zur Hölle. So ging es auch weiter. Am Montag zeigen sie mit dem Finger auf mich und lachen mich aus. Das ist gemein. Ich ziehe meinen Kopf ein und gehe in meine Klasse. Der Tag geht vorüber und als ich nach Hause komme, steht meine Mutter in der Küche und kocht mein Lieblingsessen. Anschließend gehe ich ins Bett.

Am nächsten Tag, setzt sich überraschenderweise Sky neben mich. „Hi.“ Heute ist wohl ein höflicher Tag angesagt. Deshalb begrüße ich ihn auch. „Es tut mir leid, was Leila getan hat. Ich finde es total daneben von ihr. Nach dem ich gehört hatte was passiert war, habe ich sofort Schluss gemacht. Naja und da ich als Kapitän der Footballmannschaft mit dem Kapitän der Cheerleader ausgehen muss, haben sie jemand anderen zum Kapitän gemacht. Jetzt habe ich mehr Zeit für sonst etwas. Aus diesem Grund will ich dich fragen, ob du mit mir heute Abend ins Kino gehen willst?“ „Ja, ich meine nein, ich meine, doch ich will.“ Ein Grinsen huscht über sein perfektes Gesicht. „Gut dann treffen wir uns um sieben Uhr vor deinem Haus.“ Wenn mich jemand fragt, ob ich mich freue, würde ich sofort ja sagen, aber er war bis vor kurzem noch Leilas Freund und ich will mich auf keinen Fall mit ihr anlegen. Handumkehr aber, vielleicht, ist es auch eine Falle, vielleicht macht er gemeinsame Sache mit ihr und sie wollen mich blamieren. Aber da ich das ja nicht weiß, habe ich vor, mich überraschen zu lassen und natürlich habe ich mich auch schon auf das Schlimmste vorbereitet. Der Abend kam schneller, als ich denken konnte. Ich habe mich umgezogen und neu geschminkt. Ich betrachte mich im Spiegel, bevor ich das Badezimmer verließ. Meine Mutter gibt mir einen Kuss auf die Wange und wünscht mir viel Glück. Als ich unten ankomme, wartet Sky schon auf mich, doch keine Spur von Leila oder sonst jemandem. „Hei.“ Ich lächle ihn an. Liebevoll und zärtlich. Ich laufe ganz langsam zu ihm hin. „Hei meine Kleine.“ Er sagte es so süß. Doch wir sind noch nicht zusammen, deshalb wundere ich mich auch über diese persönliche Anrede. Er nimmt meine Hand und zusammen gehen wir zu seinem Auto. Ja richtig gehört, er hat ein Auto. Der Grund warum er schon eines hat, will er mir nicht sagen. Er hält mir wie ein richtiger Gentleman die Tür auf. Lachend steige ich ein. Er geht ums Auto herum und steigt ebenfalls ein. Er lässt den Motor an und fährt los.

Genauere Details zu diesem Abend will ich nicht sagen, aber wollt ihr es unbedingt wissen? Dann liest weiter, wenn nicht fahre einfach mit dem nächsten Kapitel fort.

Also wir fahren Richtung Einkaufszentrum, daran vorbei zum Stadtrand. Vor dem Kino hält er an. Ich hätte ihm wohl sagen sollen, dass ich nicht gerne fernsehe und Kino mag ich schon gar nicht. Ich steige jedoch aus und folge ihm hinein. Beim Ticketautomaten höre ich zum ersten Mal den Namen des Filmes. Twilight. Der vierte Teil, Teil zwei. Das fing schon mal gut an. Ich meine ich kenne nicht einmal Teil eins und Teil zwei, aber Teil vier sollte ich kennen? Er sieht die Unsicherheit in meinen Augen. „Kennst du den schon?“ Ich glaube er erwartet ein Ja. Doch meine Antwort war ein einfaches und kurzes Nein. Er wirkte überrascht, ich meine ein Mädchen in meinem Alter sollte den wohl kennen, das ist doch logisch oder? Er grinst ein wenig. „Meine kleine Schwester will ihn unbedingt sehen, ich schenke ihr die Tickets auf ihren dreizehnten Geburtstag.“ Ohh man. Ich dachte schon er will mich in diesen Film schleppen. Ich war wohl noch einmal davongekommen. Aber er ist ja soooo süß. Ich meine das was er für seine kleine Schwester macht. Beinahe hätte ich mich verraten. Hätte fast gesagt, dass ich in liebe. Er spricht aber noch weiter mit dieser Kino-Tante. Dann dreht er sich zu mir um. „Da geht’s lang.“ Er zeigt in Richtung Gang, der zum Kinosaal A führt. Misstrauisch schaue ich ihn an. Ich werde wohl nicht drum herum kommen. Aber ich will wissen ob ich ihm trauen kann und deshalb folge ich ihm.

Wir sitzen ganz hinten und am Rand. Doch der Saal ist fast leer, bis auf ein Paar und eine Gruppe. Scheinen doch alle etwas älter als ich zu sein. Die Lichter gingen aus und ich zuckte zusammen. Sky lacht, aber ich finde das überhaupt nicht lustig und schlage ihn, wie ein Mädchen. Da lacht er noch mehr und zieht mich zu sich heran. „Du musst die Brille aufsetzen, der Film beginnt.“ Verwundert schaue ich ihn an. „Welche Sehstärke ist das? Du weißt, dass ich gut sehe oder, ich brauche dieses Ding nicht.“ Er schaut mich immer noch an, doch er versteht, dass ich wirklich nicht wusste, was ich mit dieser Brille anfangen soll und so erklärte er es mir. „Diese Brille brauchst du nicht um besser sehen zu können. Genauer gesagt du brauchst sie, weil der Film in 3D ist und ohne diese Brille erkennst du nichts.“ Ok ein Film in 3D. Klar weiß ich was 3D ist, aber ich habe noch nie einen solchen Film geschehen. Ok ich gebe es ja zu, ich habe noch nie einen Film gesehen. Auf der Leinwand erscheint der Titel des Filmes: Der kleine Hobbit. Und schon beginnt er. Ich zucke immer wieder zusammen wenn etwas auf mich zukommt, ich versuche auszuweichen oder es zu ergreifen. Sky findet es eher lustig und amüsant. Doch mit der Zeit verstehe ich, dass das nur Illusion ist. Wir halten uns bei der Hand. Unsere Köpfe kommen immer näher zusammen. Ich schaue ihm direkt in die Augen. Seine Nase berührt meine und unsere Lippen sind nur noch ein kleines bisschen voneinander entfernt. Ich spüre wie er ganz sanft seine auf meine setzt. Sie öffnen sich und ich tue es ihm gleich. Unsere Zungen treffen sich. Ich schließe meine Augen. Mein erster Kuss. Es ist so schön. Die Schmetterlinge flatterten in meinem Bauch.

 

 

 

 

 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 27.04.2014

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Widmung:
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