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Prolog

Prolog

 

London. Es war ein Tag wie jeder andere. Die Menschen eilten fluchend durch das Gewirr der Straßen und wünschten sich nichts sehnlicher als besseres Wetter. Es schneite bereits seit zwei Stunden ohne Unterlass – schon jetzt wurde der Schnee verflucht. In den Straßen roch es nach allerlei Zimtgebäck und köstlich wärmenden Glühwein. Kurzum es roch nach all den Dingen die für Margareta unbezahlbar zu sein schienen. Bis zu jenem Tag als sie Lord Anthony Michaelis wie durch das Schicksal selbst bestimmt wieder traf .

 

Erstes Kapitel

1.

 

Ich lief frierend durch die Gassen Londons. Die Häuser waren in einem maroden Zustand, der Putz bröckelte bereits von den Wänden, dennoch war jedes einzelne dieser Häuser in irgendeiner Art und Weise geschmückt. Das Haus der Smith versank förmlich unter den sorgfältig drapierten Tannenzweigen, wohingegen das Haus der Shiers nur mit ein paar kleinen Mistelzweigen Geschmückt war. Misses Shier kam gerade den schmalen Pfad entlang.

,, Guten Morgen, Miss Maggie “ rief die alte Dame beschwingt. Ihr graues Haar stand wild zerzaust von ihrem Kopf ab und ihr brauner Mantel hatte auch schon einmal bessere Zeiten erlebt. Ich lächelte die alte Dame freundlich an. Ihr abgezehrtes Gesicht strahlte, trotz der Kälte und all ihrer Sorgen. Misses Shiers Mann war an einer Lungenentzündung erkrankt und einen Arzt konnte sie nicht kommen lassen-sie tat mir leid. Misses Shier hatte mir immer geholfen wo sie nur konnte. ,,Wie geht es ihrem Mann Misses Shier?“, erkundigte ich mich höflich. Die Augen der alten Dame füllten sich mit Tränen als sie sagte:,,Er ist gestern in der Nacht von uns gegangen, Joseph war so ein guter Ehemann. Er hat mir sogar etwas Geld vermacht, Geld mit dem ich ihn vielleicht hätte retten können, wenn ich nur davon gewusst hätte. Er sagte ich solle damit zu meinen Kindern nach Portsmouth fahren, sie hätten ihre Mutter schon so lange nicht mehr gesehen.“ ,,Mein aufrichtiges Beileid Misses Shier “, sagte ich mit belegter Stimme. Misses Shier nickte nur und ging zurück in ihr Haus – ohne das Gespräch zu beenden. Ich seufzte. Wir alle hatten unsere Sorgen- meine größte Sorge war die Frage , wie ich wohl über den Winter kommen würde-allein, ich war auf mich allein gestellt. Gedankenversunken lief ich weiter, meine Arme fest um mich geschlungen und meine abgenutzte Mütze tief ins Gesicht gezogen. Der Wind heulte schaurig und die Flocken tanzten nur so umher.

,,Junger Herr, VORSICHT“, hörte ich eine Stimme, ich konnte ja nicht gemeint sein. Doch dann sah ich es-ein Pferd, das seinen Reiter offensichtlich irgendwo abgeworfen haben musste rannte im Galopp auf mich zu. Für einen Moment schien ich wie gelähmt. Ungläubig starrte ich auf das Pferd und vermochte es nicht mich zu bewegen. ,,Junger Herr , he hallo aus dem Weg “, rief eine Stimme-langsam realisierte ich die Situation. Just in diesem Moment packte mich eine Hand grob an der Schulter und ich wurde zur Seite gerissen. ,,Autsch“, quiekte ich auf. ,,Haben sie sich verletzt junger Herr?“, fragte die Stimme abermals. Diese Stimme , sie war irgendwie anders- sie war nicht forsch , fordernd oder gar bestimmend, nein, die Stimme klang aufrichtig besorgt. Ich drehte mich um, um in das Gesicht meines Retters blicken zu können. Mein Atem stockte , als ich das Gesicht des Mannes sah. Der Mann hatte blaue Augen , braune Haare und sah aus wie Lord Anthony. ,,Danke Lord, Sir, Anthony“, piepste ich, meine Stimme wurde bei jedem einzelnen der Worte immer leiser. Ich kannte Anthony, als ich damals noch klein war arbeitete meine Mutter als Hofköchin bei den Michaelis und Anthony war mein Spielkamerad gewesen- bis seine Eltern es bemerkten, mich als Kind niederer Abstammung bezeichneten und meine Mutter nicht mehr als Hofköchin arbeiten durfte. Ich hatte Anthony nie wieder gesehen, doch nun stand er vor mir. Langsam zog er mir die Mütze vom Kopf. ,,Maggie , bist du es wirklich?“, fragte Anthony leise, kaum hörbar. Mir blieben die Worte im Halse stecken, also nickte ich nur. Ein kurzes Lächeln huschte über sein Gesicht und mein Herz schien etwas schneller zu schlagen, als er mir eine meiner widerspenstigen locken hinter das Ohr schob. ,,Es tut mir leid, dass ich dich verwechselt habe Maggie“, sagte er. ,,Ist nicht schlimm , Lord Anthony “, entgegnete ich förmlich und knickste , wie es sich gegenüber eines Lords nun einmal gehörte. Als wir noch Kinder waren war alles so viel einfacher gewesen, er war für mich wie ein großer Bruder gewesen- der große Bruder, der Beschützer, den ich niemals hatte. Früher gab es keine gesellschaftlichen Regeln, die einem vorschrieben, wie man sich mit jemandem unterhalten sollte.- doch nun wusste ich trotz aller erdenklichen Regeln nicht , wie ich mich mit ihm unterhalten sollte. Vielleicht hatte er in der Zwischenzeit geheiratet, vielleicht hatte er schon Kinder – vielleicht war das Ganze hier auch nur ein verzweifelter Wunschtraum. Er hob mein Kinn an und sagte: ,,Du musst weder vor mir knicksen, weder noch musst du mich Lord nennen , Maggie“. ,,Aber Sir die Regeln , es gebührt der…. “ doch bevor ich meinen Satz beenden konnte entgegnete er :,,Der Höflichkeit ? Waren meine Eltern damals wirklich so höflich , als sie dich und deine Mutter im größten Schneesturm vor die Tür setzten, deiner Mutter nicht einmal ihren Lohn gaben und dich als Kind niederer Abstammung zu bezeichnen. Waren sie damals höflich?“. ,,Sir ihre Eltern hatten, was mich betrifft mehr als nur Recht, ich bin ein Kind niederer Abstammung“, wisperte sie mit gesenktem Blick. Dem Lord zerriss es fast das Herz, als er sie-Maggie, das Mädchen, das mit ihm früher ausgelassen durch die Gänge des Schlosses getobt war so sehen musste. Maggie war schon damals das erste und einzige Mädchen gewesen, an dem ihm wirklich etwas lag- er hatte es ihr nur noch nie gesagt – zu schnell hatten seine Eltern sich ihrer auf solch hinterlistige und gemeine Art ihrer entledigt. ,,Nein , sie hatten nicht recht“, entgegnete der Lord zornig und schüttelte die überraschte Maggie leicht. ,,Würden sie mich bitte loslassen , Sir“, forderte ich leicht eingeschüchtert.

,,Maggie, bitte , glaub nicht das , was sie dir damals gesagt haben, sie kannten dich nicht!“, entgegnete Anthony energisch. ,,Sie kannten mich sehr wohl, wer war denn in ihren Augen wohl das ungezogene , kleine Gör, das war ich Anthony und nicht du. Ich war es verdammt nochmal, ich war die , die sich solche Äußerungen schon als Kind anhören musste, die..das Mädchen niederer Abstammung, das dich geliebt hat , das in dir seinen Bruder, seinen Beschützer sah…“, doch bevor ich meine wütende Tirade beenden konnte brach meine Stimme, Tränen liefen meine Wange hinunter und ich selbst konnte es nicht fassen, wie leicht diese Worte, die ich solange nicht ausgesprochen hatte über meine Lippen kamen. Ich schluchzte leise-mir fiel auf ich konnte all die Jahre keine Schwäche zeigen, ich hatte immer stark sein müssen-was war nun mit mir los, wieso lies ich meine Gefühle und nicht meinen Verstand siegen ? Anthony zog mich in seine Arme-ich wollte dagegen ankämpfen, doch ich konnte nicht mehr. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass das Schneegestöber um uns herum stärker geworden war, der Schnee schien bereits einige Zentimeter hoch zu sein. ,,Wo wohnst du Maggie?“, fragte er. ,,Wir müssen alles gerade aus, bis zu einer kleinen Hütte, es ist nicht mehr allzu weit von hier“, schrie ich um das Getöse des Schneesturms zu überbieten. Ich ging voraus, ich war ja schließlich nicht ganz und gar hilflos. Anthony stapfte hinter mir her. Was er wohl sagen würde, wenn er sah wie ich wohnte. Endlich waren wir da-ich stieß die morsche Tür auf, lies Anthony hinein und verriegelte die Tür mit dem dicken Holzriegel, zur Sicherheit entschloss ich mich dazu noch einen Stuhl unter selbigen zu klemmen, ich wollte den Schnee ja schließlich nicht in der sowieso schon maroden Hütte haben. Anthony legte seinen Mantel auf den Boden, er nahm auch meinen, im Vergleich zu seinem , sah mein Mantel erbärmlich aus. ,,Du siehst immer noch wunderschön aus “,sagte er , doch ich wandte mich von ihm ab. Ich wollte nicht, dass er mich so – in diesen eintönigen, zerschlissenen braunen Kleid sah , das bis auf weiteres völlig durchnässt war.

 

 

Anthony betrachtete Maggie- sie war wirklich wunderschön, ihre großen blauen Augen, ihre langen braunen Haare und ihr heller Haut Ton. Ihm huschte unwillkürlich ein Lächeln über sein Gesicht, als er sich an die junge Maggie erinnerte. Es war ein warmer Sommertag gewesen, als er sie das erste Mal sah, er selbst war damals auch ein kleiner Junge gewesen. Sie waren schnell Freunde geworden, zum Missfallen seiner Eltern. Anthony erinnerte sich daran, wie er Maggie beim Fangen spielen durch das Schloss gejagt hatte, für endlos lange Stunden, wie er sie getröstet hatte, als sie sich ihr Knie aufgeschlagen hatte und wie sie ihn flüchtig auf die Wange geküsst und sich danach sofort entschuldigt hatte. Seine in Gedanken vollzogene Reise katapultierte ihn nun wieder in die Gegenwart. Maggie zitterte in ihrem vom Schnee durchnässten Kleid, eines war sicher , wenn sie sich nicht schnellstens aufwärmte würde sie sich sicher erkälten. ,,Maggie, komm her“, sagte Anthony. Ich sah Anthony an, was hatte er mit mir vor? Sein Hemd war leicht durchnässt und seine Haare vielen ihm wirr ins Gesicht. Er kam einen Schritt auf mich zu und ich wich unwillkürlich einen Schritt vor ihm zurück.

 

 

,,Was wollen sie Sir?“, fragte ich mit zittriger Stimme. Mein Herz schlug aus einem mir unbekannten Grund schneller als Anthony vor mir stand. ,,Miss Maggie, wenn sie sich nicht aufwärmen werden sie sich noch erkälten“, entgegnete er auf meine Frage. ,,Sir sie dürfen mich Maggie nennen und nein, ich muss ihr Angebot leider ablehnen. Ihrer Frau würde es sicher nicht gefallen , wenn sie dies hier sehen würde“, sagte ich und sah in Anthonys blaue Augen. Seine Gesichtszüge verhärteten sich, als er sagte :,,Maggie , ich habe keine Frau und könnten wir bitte auf banale Höflichkeiten verzichten-du liegst mir wirklich am Herzen.“ Mein Herz machte einen Satz nach vorn. Ich lag ihm am Herzen-konnte das wirklich sein oder verfolgte selbst er nur unlautere Absichten. Genau in diesem Moment entfuhr mir ein Niesen. Kurz danach hatte Anthony mich auch schon in seine Arme gezogen. ,,Genau das meinte ich“, raunte er in mein Ohr. Ein kleiner Schauer durchzog meinen Körper als Anthony mich hochhob, in das bereits morsche Holzbett legte und mich immer noch in seinen muskulösen Armen hielt. Mein Gedanken schweiften ab – damals war zwischen uns alles noch so unkompliziert gewesen. Anthony und ich , wir beide waren stundenlang durch das Schloss getobt. Ich war unzählige Male über mein Wollkleid gestolpert und gefallen. Ein lächeln huschte über mein Gesicht. Unwillkürlich musste ich an jenen Tag denken, an den Tag , an dem ich Anthony flüchtig auf die Wange geküsst hatte. Dieser Tag war der Tag, an dem die Königsfamilie meine Mutter und mich im größten Schneesturm vor die Tür gesetzt haben. Ein halbes Jahr später erkrankte meine Mutter an Asthma und zwei Jahre später starb sie-von diesem Zeitpunkt an war ich allein gewesen und hatte es wohl oder übel geschafft mich über Wasser zu halten-ich lebte immerhin noch. ,,Ist es dir wieder warm, Maggie?“, fragte Anthony mit besorgter Stimme. Konnte er , ein Lord von solcher Schönheit , ein solch hoch angesehener Sir in der Gesellschaft sich wirklich Sorgen um mich machen ? – Aber mir war tatsächlich wieder warm geworden- warm ums Herz , es war ein Gefühl, dass ich schon so lange nicht mehr gefühlt hatte. ,,Ja , danke“, ich wartete kurz , überwand mich ihn anzusehen und beendete meinen Satz ,,Anthony .“ Der Lord war sichtlich überrascht – Maggie hatte ihn bei seinem Namen genannt. Sie hatte nicht auf etwaige Höflichkeitsformen wie etwa Sir oder Lord ihm gegenüber zurückgegriffen. Anthony war glücklich , seit langer Zeit erfüllte ihn das Gefühl des endlosen Glücks , obwohl er doch eigentlich alles hatte, was man nur besitzen konnte , doch es schien so , als würde er sein Glück nur in den Armen des Mädchens finden , von dem Mädchen, von dem er glaubte er würde es niemals wiedersehen – in Maggies Armen. An diesem Abend schlief Maggie in den Armen des Lords ein. Das Mädchen träumte von längst vergangenen Zeiten im Schloss der Michaelis und immer wieder tauchte die Gestalt Anthonys in ihrem Traum auf. Sein wunderbares Gesicht mit seinen einzigartigen blauen Augen , sein vollen braunen Haaren – ja sogar von seinem herzlichen Lachen träumte sie in dieser Nacht – in den starken , beschützenden Armen des Lords der ihr so vertraut und doch so fremd war. Der Lord hingegen vermochte in dieser Nacht nicht an Schlaf zu denken. Er hielt Maggie in seinen Armen. Der Kopf des Mädchens , nein der jungen Frau lag an seiner Schulter. Der Lord lauschte ihrem gleichmäßigen Atem und betrachtete von Zeit zu Zeit ihr liebliches Gesicht. Maggie hatte ihre blauen Augen geschlossen, ihre Lippen waren leicht geöffnet und ihre Locken waren wie ein weiches Kissen , auf dem sie selig schlummerte. Anthony konnte seiner Versuchung nicht verstehen, sanft fuhr er mit seinen Fingern durch ihre weichen Locken.

Die Sonne ging bereits auf.- das hieß Anthony sollte gehen , dass hieß aber nicht, dass er gehen wollte. Langsam schlug Maggie ihre Augen auf. ,,Guten Morgen“, sagte ich leise. Anthony lächelte mich entschuldigend an , stand auf und entgegnete ,,Morgen.“ Ich tat es ihm gleich , stand auf , doch war er es der gehen musste – nicht ich und ich wollte nicht, dass Anthony ging , selbst wenn es vernünftiger wäre. Ich beobachtete ihn verstohlen, als er sich seinen Mantel überwarf. Anthony zog Maggie in seine Arme. Sollte er wirklich gehen ? Sollte er sie hier allein lassen? Nein, falsch. Wollte er überhaupt gehen ? Wollten ihm die Worte auf Wiedersehen wirklich über die Lippen kommen? Wollte er sie hier allein lassen – wollte er …wollte er …länger ein Lord sein oder wollte er Maggie nahe sein. Doch wieder einmal siegte Vernunft, denn Anthony strich Maggie eine ihrer Locken aus dem Gesicht und sagte die unausweichlichen Worte :,, Auf Wiedersehen , Maggie.“ Die Art und Weise wie der Lord ihren Namen aussprach vernebelte der jungen Frau die Sinne. Ein Schauer durchzog ihren Körper. ,,Auf Wiedersehen , My Lord Anthony “, entgegnete ich. Sanft hob der My Lord mein Kinn an , doch kurz bevor unsere Lippen sich berühren konnten sagte er:,, Ich sollte lieber gehen Miss Maggie.“ Mit diesen Worten entschwand er aus der Hütte. Maggie blieb zurück. Ich sah Anthony hinterher- meine Gedanken rasten. Hätte er mich gerade eben wirklich geküsst, wäre … die Vernunft nicht gewesen? Würde ich ihn wiedersehen oder hatten wir uns schon wieder aus den Augen verloren?

 

Zweites Kapitel

 

2.

 

Auch wenn nun fast die Hälfte des Tages vorüber war, konnte ich es dennoch nicht fassen, dass ich Anthony tatsächlich wieder getroffen hatte. Was sollte ich mit dem angebrochenen Tag nun anfangen? Ich entschloss mich einen Bummel über den Weihnachtsmarkt zu machen – ich hatte zwar nicht viel Geld oder gar Ersparnisse, aber ich brauchte Kräuter um mir Tee aufzubrühen, Mehl , damit ich mir Brot backen konnte und vielleicht würde mein Geld auch noch für etwas Stoff reichen , mit dem ich mir ein neues Kleid nähen konnte. Ich wollte nicht, dass Anthony mich noch einmal in diesem Aufzug sehen musste. Gesagt , getan- ich warf mir meinen schwarzen Mantel um die Schultern , stopfte mein weniges Geld in meine Manteltasche und machte mich auf den Weg ins Dorf. Während ich durch den hohen Schnee stapfte, musste ich immer zu an Anthony denken. Was er wohl gerade machte? Dachte er vielleicht auch an mich? Würde er mich heute vielleicht noch einmal besuchen kommen? Was würde er dann wohl zu meinem neuen Kleid sagen?

 

 

Zur selben Zeit schlenderte der Lord durch die Korridore des Schlosses- durch die Korridore seines Schlosses. Ja , er hatte ein eigenes Schloss- seine Eltern hatten ihm nämlich ein prächtiges Anwesen nur wenige Kilometer neben dem ihren erbauen lassen. Doch in diesem Schloss gab es außer ihm niemanden – ja Lord Anthony konnte auf all den erdenklichen Luxus verzichten-denn er brauchte niemanden , der ihm das Essen morgens ans Bett brachte , oder gar seine Kleidung wusch. Anthony konnte all das selbst – ganz im Gegensatz zu seinen Eltern. Als sie erfuhren , dass Anthony sich weigerte Personal einzustellen und sich nicht den Gepflogenheiten der Gesellschaft beugen wollte, hatten sie ihn kurzer Hand verstoßen. Der Lord lachte grimmig auf. Seine werten Eltern machten sich alles so einfach – wer ihnen nicht passte oder sich nicht strikt an die Gepflogenheiten der Gesellschaft hielt, wurde verstoßen und selbst dabei spielte die gesellschaftliche Position keine Rolle. Nein natürlich war es bei solchen Dingen völlig egal welcher Gesellschaftsschicht man angehörte oder ob man zur Familie gehörte. Was Maggie wohl gerade machte?- dachte der Lord, verwundert über seinen plötzlichen Sinneswandel.

 

 

Ich war nun endlich auf dem Weihnachtsmarkt angekommen. Es roch köstlich. Für einen kurzen Moment stand ich einfach nur da und staunte über die Komposition der Düfte. Der Duft des herzhaften Zimtgebäcks mischte sich mit dem Duft des wärmenden Glühweins und anderen kleinen Köstlichkeiten. ,,Miss Maggie , Miss Maggie “, rief eine klare stimme. Ich drehte mich um und sah ein kleines Mädchen, dass stürmisch auf mich zu rannte- es war Lyna . Sie trug ein altes , kornblumenblaues Kleid , das ihr zu groß war und ihre Haare fielen wirr in ihr Gesicht. Lyna war ein Straßenkind , obwohl man es auf den ersten Blick nicht vermutete war Lyna nicht hilflos oder gar allein- ihre kleine Familie bestand aus vier weiteren Straßenkindern und sie konnten sogar eine kleine Holzhütte ihr eigen nennen – jedoch eine Anstellung fand keiner von ihnen. Weder der eifrige Fido , noch die gewissenhafte Gerlinde, der kleine John, noch die herzallerliebste Lyna – nicht einmal Maxwell der Älteste und der Anführer der Kinder konnte eine vernünftige Anstellung finden , um seine kleine Familie durch den Winter oder gar über die Runden zu bringen. Ich lächelte die kleine freundlich an. „Ja, Lyna?“, fragte ich- doch als ich sah, wie sich ihre Augen mit Tränen füllten , wünschte ich mir , dass ich sie nicht gefragt hätte. Lyna blickte mich aus ihren katzengrünen Augen an. ,,Maxwell ist krank und…und wir haben kein Geld um es zu schaffen und Gerlinde…Gerlinde ist gestern auf dem Eis des Flusses eingebrochen ….sie..ist..ist gestorben“, schluchzte die Kleine. Ich schluckte. Wieso musste es ausgerechnet ihnen passieren?- Ihnen die doch schon genug gelitten hatten. Lyna klammerte sich an mich , ich schloss die Arme um sie und fasste einen Entschluss. „Lyna , wir kaufen jetzt Essen – für euch , sag mir einfach was ihr braucht und Medizin für Maxwell kaufen wir auch“, sagte ich mit fester Stimme. Das kleine Mädchen hob den Kopf und sah mich an. „Wirklich, würdest du das wirklich für uns machen?“, fragte sie und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Ich nickte. Kurz darauf hatten wir alles beisammen – Brote , Medizin, ein paar Handschuhe für jeden von ihnen und ja sogar für einen Lebkuchenmann für jeden der Kleinen hatte mein Geld noch gereicht. Mit all den Köstlichkeiten erreichten wir schließlich die Holzhütte der Kinder. ,,Maxwell , Maxwell- Miss Maggie hat dir Medizin gekauft und essen für uns alle“, quiekte Lyna und stürmte auf Maxwell zu. Was dann passierte war einfach rührend. – die Kinder fielen sich lachend und weinend zu gleich in die Arme. Maxwell bedankte sich im Namen von ihnen allen – die Freude der Kinder über die Handschuhe, die Medizin und vor allem über das Essen war einfach unbeschreiblich.

Nach diesem rührenden Moment verabschiedete Maggie sich, denn es dämmerte bereits. Als Maggie ihre traute, marode Hütte fast erreicht hatte, fiel ihr das Licht in der Hütte auf. Sie hatte das Licht der Lampe doch gelöscht, als sie hinausgegangen war, oder etwa nicht?

Ich verlangsamte mein Tempo. Wer war in meiner Hütte? War es vielleicht Anthony? Mein Herz machte unwillkürlich einen Satz nach vorn. Doch just in diesem Moment fielen mir noch gar tausend andere Möglichkeiten ein. Vielleicht waren es sogar Landstreicher oder Banditen oder andere Personen, gegen die ich allein niemals ankommen würde. Als ich fast bei der Tür war beschlich mich ein mulmiges Gefühl- vielleicht sollte ich besser gehen. Doch ich entschied mich anders- mutig und mit voller Entschlossenheit stieß ich die Tür auf, ich dachte ich war auf alles vorbereitet- doch das war ich ganz offensichtlich nicht. Ein Netz schnellte nach oben, umschloss mich und ich wurde nach oben gezogen- nun saß ich in der Falle. Doch was hatte das zu bedeuten? Ich besaß weder Reichtümer, noch andere Kostbarkeiten. ,,Na , was haben wir denn da schönes “, rief eine raue Stimme. Ich erschauderte. ,,Wer seid ihr? Was wollt ihr von mir?“, zischte ich. Schwäche würde ich nicht zeigen, egal wer mich hier festhielt. „Ich bin ein einsamer Landstreicher auf der Suche nach einer Bleibe. Und wer seid ihr, Missy?“, fragte er. Sollte ich dem Mann wirklich glauben? Der Mann, ich schätzte ihn nicht älter, als Mitte zwanzig hatte pechschwarze Augen, ein markantes Gesicht, zerzauste schwarze Haare und war ärmlich gekleidet. ,,Ich habe etwas gefragt Missy“, zischte er mich an und schubste das Netz. „Lasst mich hinunter, dann …. sehen wir weiter“, sagte ich leise. Er spottete nur verächtlich. ,,Ich kenne Weibsgesindel, ihr würdet eine List anwenden, um mich loszuwerden!“, sagte er und spuckte aus. ,, Bitte, ich habe nichts und kann ihnen auch kein Geld geben, bitte lassen sie mich gehen, bitte “, sagte ich mit ruhiger Stimme. Mit einem präzisen Schnitt durchtrennte er das Seil, doch als ich aufstehen wollte, packte er mich und ich verstand er würde mich nirgendwohin gehen lassen. Das dumpfe Geräusch des Holzriegels bestätigte meine Vermutung. ,,Was willst du nun tun, Missy?“, fragte er. ,,Ich könnte ihnen einen Tee machen,“ stellte ich nüchtern fest, doch mein Herz raste. „Tee, doch was ist, wenn ich gar keinen Tee will“, entgegnete er nachdenklich und fuhr mit seiner Hand durch mein Haar. „Was..w..was wollen sie dann?“, fragte ich mit zittriger Stimme. Er nahm mein Kinn in seine Hände. ,,Rache, ich will Rache, mein Liebes“, entgegnete der mysteriöse Mann ohne seinen Blick von meinen Augen zu lösen. Ich spürte wie mir ein eiskalter Schauer den Rücken hinunterlief. „An wem?“ fragte ich. „ An Anthony Michaelis “, sagte er monoton. Die Augen des fremden Mannes glühten plötzlich rot auf, aber nur für den Bruchteil einer Sekunde. „Sir ihre Augen, sie…geht es ihnen nicht gut?“ kam es mir über die Lippen. Er lachte gellend auf. „Mir geht es großartig, doch sag wie geht es dir?“, fragte er. „Stopp, keinen Schritt näher“, rief ich. Seine Augen glühten und ich erinnerte mich an das verängstigte Gesicht meiner Mutter, als sie starb. Ihre Augen waren weit aufgerissen, soweit als hätte sie den Teufel gesehen. Der Arzt war doch bei ihr gewesen, der Arzt mit den schwarzen Haaren, der Arzt mit den markanten Gesichtszügen der Arzt...,,Sie sie haben meine Mutter getötet “, wisperte ich und meine scheinbar starke Fassade zerbrach in tausend Stücke. „Ganz recht“, sagte er „und nun bist du an der Reihe“. Mit diesen Worten packte er mich und sah mich mit den glühenden Augen an. Nachtalb. Vampir. Nein, nein ich will noch nicht sterben. Doch in diesem Moment spürte ich etwas an meiner Kehle und wusste, es war zu spät.

 

 

Zur gleichen Zeit machte Anthony sich abermals auf den Weg zu Maggie, denn er spürte, dass etwas nicht in Ordnung war. Er gab seinem Pferd die Sporen, wie schon lange nicht mehr und verfluchte seine Schwäche, er war ein Dhamphir. Eigentlich ein helles Wesen, aber nun ja irgendwann hatte er aufgehört für das Gute zu kämpfen. Er besuchte immer öfter eine zwielichtige Spielunke und nahm aus Spaß an Wettkämpfen teil- an blutigen Wettkämpfen.

Plötzlich ließ der Vampir von mir ab. ,,Das ist ja widerlich“, sagte er und spuckte mir mein Blut vor die Füße. ,,Kleine Hexe“, fluchte er. Ich rieb mir meinen Hals. ,,Hexe?“, sagte ich fragend. Zornig funkelte er mich an. ,,Ich hätte es wissen müssen“, fluchte er ,,deshalb ist deine Mutter auch nicht so schnell gestorben wie ich wollte“. Ich achtete nicht länger auf den fluchenden Vampir oder was auch immer er jetzt war. Rückwärts ging ich zur Tür, entriegelte diese und stolperte in Anthonys Arme. ,,Was machst du hier?“, wisperte ich leise. Der Vampir hatte es offensichtlich gehört. Verdammt. ,,Ach Anthony guten Tag“, sagte der Vampir dessen Name ich immer noch nicht kannte.

Drittes Kapitel

3.

 

 Anthony funkelte den Vampir an. ,,Was willst du hier Esgiel?", stieß er zwischen zusammen gepressten Zähnen hervor, es hörte sich fast so an, als würde er leise knurren. Verwirrt blickte ichh zwischen den beiden hin und her. Esgiel...so hieß der Vampir also. Mein Hals schmerzte. Doch bevor ich weiter über die Schmerzen nachdenken konnte, fauchte Esgiel:,,Einen Dhamphir töten". Dhamphir....offensichtlich war Anthony  so etwas, denn Esgiel wollte sich auf ihn stürzen. Kribbeln. Schon wieder. Was war das? Verwundert blickte ich auf meine Handflächen. Dort waren goldene linien zu sehen, sie verliefen in Bahnen und glühten immer heller und heller. Nur flüchtig bemerkte ich, wie Anthony und auch Esgiel innehielten. Mein Blick verfolgte die goldenen Linien, die sich ornamentförmig meine Arme hinauf schlängelten, immer weiter und weiter. Irgendwann war ich von diesem hellen goldenen Licht umhüllt. Überall war diese Wärme, diese schützende Hülle, diese Geborgenheit- doch so schnell wie dieser Moment gekommen war, verging er wieder. Als sich meine Augen langsam wieder an die normale, triste londoner Winter Helligkeit gewöhnt hatten, hielt ich inne. ,,Anthony?" fragte ich. ,,Ja", entgegnete er kalt. ,,Wo sind wir?" fragte ich, als ich das Schnauben seines Pferdes hörte. ,,Bald bei meinem Schloss", antwortete er. ,,Esgiel?", fragte ich. Schweigen. Ich versuchte mein Gesicht so zu drehen, dass ich in sein Gesicht sehen konnte, doch er hatte die kapuze seines Wollmantels tief in sein gesicht gezogen. Was war vorhin noch passiert?

 

Einige Zeit davor:

 

Anthony und Esgiel starrten Maggie an. Fasziniert, aber auch erschrocken. ,,SIE , SIE ist es ", lachte Esgiel höhnisch. ,,Ach du bist doch nur neidisch", zischte Anthony. ,,Nein mein guter Freund," entgegnete Esgiel gelassen. ,,Wir sind schon lange keine Freunde mehr". ,,Ach, Anthony...immer noch gekränkt, dass du die Kämpfe gegen mich verloren hast?", witzelte Esgiel. Anthony verzog seinen Mund zu einem schiefen Grinsen. ,,Was grinst du jetzt..", setzte Esgiel an. Genau in diesem Moment traf ihn Antonys Faust mitten im Gesicht. ,,Genugtuung, dass die letzte der großen Hexen eine von uns Dhamphiren ist", sagte Anthony triumpierend, als er auch schon mit dem nächsten Schlag einen Treffer landete. ,,Dumm nur, dass sie meine Cousine ist, lieber Freund", würgte Esgiel hervor und grinste. Anthony erstarrte kurz. ,,Revange", sagte Esgiel.

 

Wieder im jetzt angekommen:

 

Bald erreichten wir das Schloss, es wirkte düster, die Fassade war an einigen stellen bereits abgebröckelt und einige der großen Fenster waren verstaubt. Anthony schnalzte mit der Zunge und sein Pferd blieb stehen. ,,Erstes Gemach im zweiten Stock ist für dich hergerichtet. Ich erwarte dich in einer Stunde zum Abendessen", sagte Anthony, bevor er mir vom Pferd hinunter half. Mit diesen Worten drehte er sich um und verschwand im Stall.

 

Viertes Kapitel

4. 

 

Verwundert blickte ich Anthony nach. Was hatte er nur? Erstes Gemach im zweiten Stock. Langsam lief ich zu der großen Eingangstür, welche von zwei steinernen Statuen eingerahmt wurde. Zögernd betrat ich das Schloss. Das Foyer war groß, in der Mitte hing ein kristallener Kronleuchter, das war aber auch schon alles. Es schien so, als würde es keine Bediensteten geben.

Mein Blick fiel in den Spiegel, der an der gegenüberliegen Wand hing, die Kristalle des Kronleuchters funkelten darin. Mein Spiegelbild hob zögerlich einen Arm und betrachtete die goldenen, verschnörkelten Linien. Es schien fast so, als würden sie ein Muster ergeben, ein zierliches Ornament oder waren es vielleicht doch nur Linien. "Hexe"....was hatte Esgiel, dieser Vampir damit gemeint. War ich etwa wirklich eine Hexe? Wenn ja, wie stark war ich, was sind meine Fähigkeiten?.....

Anthony, er war vorhin so distanziert gewesen, so abwesend, doch was erwartete ich? Unsere Wege hatten sich schließlich erst gestern wieder gekreuzt, doch zu welchem Zweck? Hatte er vielleicht gewusst, was ich war, nein....hatten seine Eltern vielleicht damals schon gewusst, was ich war ? Hatten sie meine Mutter und mich vielleicht deshalb vor die Tür gesetzt? Meine Mutter...war sie auch eine Hexe gewesen? Hatte sie gewusst, dass ich, ihre Tochter auch eine Hexe bin? Der Moment , indem sich der Arzt über sie beugte und ihre Augen so entsetzlich leer wurden......

 

Rückblick:

 

Der arzt mit den dunklen Haaren beugte sich über meine Mutter. Sein Blick war kritisch. ,,Seit wann befindet sie sich in diesem Zustand?", fragte er, seine Stimme klang leicht höhnisch. ,,Seit gut ein paar Wochen, " entgegnete ich. ,,Dann wollen wir doch mal sehen, ob wir noch etwas für sie tun können", stellte der Arzt fest - dann ging alles sehr schnell. Er beugte sich noch tiefer hinunter und blickte meiner Mutter in die Augen. Langsam verblasste die Farbe in ihnen, das blau ihrer Augen wurde langsam grau und dann immer trister und trister. ,,Lauf", sagte sie schwach. ,,Lauf".

 

Wieder in der Gegenwart:

 

Mit all diesen Gedanken öffnete ich die Tür des ersten Zimmers im zweiten Stock. In der Mitte des Zimmers stand ein großes Bett, es gab noch eine alte Kommode, die an der gegenüberliegenden Wand stand, einen Waschtisch und zwei große Flügeltüren, die den Blick auf einen kleinen Balkon freigaben. Auf dem Bett lag ein langes, aquamarin farbenes Kleid. Schnell zog ich mich um. Das Kleid fiel weich zu Boden und die Ärmel verdeckten den Großteil der Schnörkel an meinen Armen, doch die zwei dünnen, goldenen Linien an meinem Schlüsselbein waren zu sehen. Diese Linien verliefen wie zwei Blumenranken, die sich an den Konturen des Schlüsselbeins entlang zogen, ja entlang schlängelten. Meine helle haut schien durch das Gold leicht zu schimmern. Meine braunen Haare lies ich offen. Schließlich verließ ich das Zimmer und machte mich auf die Suche nach der Küche. Das war nicht weiter schwer, denn in dem Schloss roch es bereits nach Suppe. Konnte Anthony eetwa auch kochen? Würde er immer noch so kalt sein wie vorhin. Mit diesen Gedanken betrat ich die Küche.

Anthony saß bereits an dem Holztisch, vor ihm standen zwei Teller Suppe. ,,Setz dich", sagte er und lächelte kurz. ,, Ich hoffe dir schmeckt Gemüsesuppe, sonderlich gut kochen kann ich nicht", erklärte Anthony. Natürlich konnte ich es nicht glauben, dass er irgendetwas nicht konnte , doch als ich einen Löffel von der Suppe nahm musste ich husten. Versalzen. Ich lächelte. ,,Nur etwas versalzen", sagte ich verlegen. ,,Wie gesagt, meine Kochkünste sind nicht die besten", entgegnete er.

 

 

Anthony blickte auf die verschnörkelten goldenen Linien an Maggies Schlüsselbein. Ob sie wusste, was genau sie war? Wohl kaum, oder vielleicht doch? Ob sie wohl wusste, dass sie eine der letzten großen Hexen war. Eine der letzten großen Hexen auf der Seite der Dhamphire, der Vampirjäger. Er bezweifelte es. So verwundert wie sie ausgesehen hatte, wusste sie es ganz offensichtlich nicht. Ob sie wohl wusste, dass sie Esgiels Cousine war , falls man seinen Worten überhaupt glauben schenken konnte - doch diesmal hatte Esgiel so triumphierend, so überzeugt gewirkt. Sollte sie all das wissen? Sie hatte ein Recht darauf, oder etwa nicht? Wie würde sie mit all dem umgehen? Wusste sie , dass er ein Dhamphir war, wusste sie, dass er nicht wirklich der ehrenwerteste unter den Dhamphiren war, dass er seine Kräfte viel lieber in Wettkämpfen, als wie zum Schutz von irgendjemandem oder irgendetwas gebrauchte. Ja, dass ihn sogar andere Dhamphire mieden, außer denen, deren Einstellung der seinen ähnelte.

 

 

Das Schweigen von Anthony machte mich nervös. ,, Was ist vorhin passiert, weshalb bist du...", setzte ich an, doch er unterbrach mich. ,,Reine Intuition eines Dhamphirs, Vampirjägers, verwunderlich, da mein Beschützerinstinkt geringfügig bis gar nicht vorhanden ist und du bist eine der letzten großen Hexen auf der Seite der Dhamphire", sagte Anthony mit ernster Stimme. Dhamphir.....Hexe...... ,, Letzte große Hexe, wie meinst du das?", fragte ich zögernd, ohne mir sicher zu sein, ob ich überhaupt wissen wollte, wie er es meinte. ,,Du gehörst zu einem uralten Hexeenstamm Maggie und jede dieser Hexen gehört seit Anbeginn der Zeit einem Stamm an. Entweder den Vampiren oder den Dhamphiren und seit Urzeiten gibt es die Legende der letzten großen Hexe mit den goldenen....", er brach ab und zeigte auf die verschnörkelten Linien an Maggies Schlüselbein.

 

 

Anthony sah wie Maggies fragender Gesichtsaudruck langsam verschwand. Sie hatte es schnell begriffen, viel zu schnell oder es war ihr einfach alles zu viel und sie wollte es sich nicht anmerken lassen. Prüfend blickte Anthony in ihre blauen Augen. Ein leichter Tränenschleier war darin zu sehen. Tränen, die sie über all die Jahre zurückgehalten hatte, er wusste das, doch er wusste auch, dass sie stark war und sich schwer damit tat anderen ihre Gefühle zu zeigen, es gehörte sich innerhalb der niederen Gesellschaft nicht in der Nähe von einer Adelsperson seine Gefühle zu zeigen. Doch sie musste ihn doch lange genug kennen, um zu wissen, dass er auf die meisten dieser Gepflogenheiten keinen Wert legte, da er anderer Meinung als seine Eltern, die wiederrum seinen Standpunkt nicht verstehen konnten. Genau in diesem Moment kullerte eine kleine Träne Maggies Wange hinunter.

Fünftes Kapitel

5.

 

Ich bemerkte wie sich eine kleine Träne aus meinem Augenwinkel stahl, gefolgt von einer weiteren. Wieso weinte ich denn jetzt? Was war bloß mit mir los? Ich war eine der letzten Hexen...auf der guten Seite - der Seite der Dhamphire. Dhamphire - Vampirjäger, sie jagten... doch waren sie deshalb so viel besser ? ,,Und Dhamphire sind..", wollte ich gerade fragen, als plötzlich die Holztür zur Küche aufgestoßen wurde. ,,Anthony, bist du ferrtig ?", fragte ein älterer Mann , der etwas torkelnd in die Küche wankte, in seiner Hand ein kleiner Behälter mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit - seinem torkelnden Gang nach zu urteilen, handelte es sich offensichttlich um Alkohol. ,,Darf ich dir jemanden vorstellen, das ist Joffrey", sagte Anthony und deutete auf den etwas älteren Mann , er war wahrscheinlich in den fünfzigern. ,,Gestatten isch bin Joffrey", sagte Joffrey. Ein Lächeln huschte über mein Gesicht und ich wischte mir unauffällig die kleinen Tränen aus dem Gesicht. ,,Ich bin Maggie", stellte ich mich vor. Joffrey musterte mich kurz aus seinen trüben, grauen Augen, welche seine markannten Gesichtszüge, trotz seines alters deutlich hervorhoben. Seine bereits leicht gräulichen Haare, fielen in einer eleganten Welle nach hinten. Ob er auch ein Dhamphir war? Was hatte er vorhin gemeint ? - Ob Anthony fertig sei , aber für was? ,,Ich möchte euch nicht länger stören", sagte ich, mit diesen Worten rückte ich meinen Stuhl zurück und meine Haare fielen über meine goldenen Ranken, welche mein Schlüsselbein zierten. ,,Dann sehen wir uns morgen, Maggie", sagte Anthony. Ich nickte. ,,Jawohl, Sir Anthony. Bis bald, Joffrey", sagte ich. Nun entschwand ich aus der Küche, die Tür zog ich leise hinter mir zu.

 

 

Joffrey nahm einen weiteren Schluck aus dem Behälter. ,,Ein durchaus guter Tropfen", sagte er, gefolgt von einem weiteren Schluck. ,,Joffrey, mein Guter, ich dachte du wolltest mit dem Trinken aufhören", entgegnete Anthony vorwurfsvoll. Der Alkohol konnte Joffrey zwar nicht wirklich etwas anhaben, aberer schwächte einen Dhamphir trotzdem. Ja, auch der gute, alte Joffrey war ein Dhamphir. Er war anfangs so etwas ähnliches wie ein Mentor von Anthony gewesen, er hatte ihm praktisch alles Nötige beigebracht und ihn irgendwann sogar zu diesen geheimen Dhamphirkämpfen mitgenommen hat. Dhamphirkämpfe - diese Kämpfe waren kleinere Wettkämpfe oder wie man es in Dhamphirkreisen nannte, es waren "kleinere" Raufereien, allerdings waren diese nicht immer harmlos. Es gab zwar Regeln, jedoch hielt sich keiner dieser Dhamphire, die an diesen Wettkämpfen teilnahmen daran. Diesen Vampirjägern war so ziemlich alles egal, sehr oft sogar kam es vor, dass sie die Seiten wechselten und töteten sogar im Auftrag von Vampiren. Es war einfach ein nervenstrapazierendes Unterfangen - vielleicht reizte Anthony genau diese eine, aber auch gefährliche Tatsache. Diese Tatsache, die dem Ganzen auch erst irgendwie einen Reiz, einen gar tödlichen Ansporn verlieh. Anthony wusste gar nicht mehr wie viele unzählige Male er sich mit kleinen, großen Prellungen oder Wunden nach Hause geschleppt hatte und in den nächsten Stunden eine allzu verlockend leichte Beute für Vampire gewesen wäre. Ein grimmiges Grinsen huschte über sein Gesicht. ,,Lass uns gehen", sagte er zu Joffrey und stand auf. ,,Mal sehen wer heute mein Gegner ist", fügte Anthony hinzu. Joffrey nickte und nahm den letzten Schluck aus seinem Behältnis, für heute war der Alkohol aufgebraucht, auch wenn er noch so köstlich gewesen war. ,,Übertreib es aber nicht schon wieder Junge", sagte Joffrey mit Nachdruck. ,,Du kennst mich doch - ich bin immer vorsichtig", entgegnete Anthony mit einem verräterischen Funkeln in den Augen. Ja, Joffrey kannte ihn in der Tat und daher wusste er auch, dass Anthony sich bei solchen Wettkämpfen auch gerne mal übernahm. Meistens suchte er sich immer die stärksten, furchteinflößendsten Dhamphire aus. Dhamphire, gegen die er nicht sehr selten verlor. Manchmal hatte der liebe Anthony ein ziemlich großes Ego, fast ein zu großes.

Mittlerweile waren sie an dem unterirdischen Schauplatz angekommen. Die Atmosphäre war düster, der bereits gefüllte Raum wurde von eigen Kerzen in ein schauriges Licht gehüllt. Die Schatten der hier anwesenden Dhamphire wurden an die Wand geworfen. In Anthonys Augen lag jener dunkle Glanz , als er quadratische Fläche betrat, in welcher der Kampf stattfinden würde. Joffrey hatte sich an die Wand gelehnt, da ihm der viele Alkohol in diesem Alter ganz offensichtlich nicht mehr bekam. Troalle dem lies er Anthony nicht aus den Augen. Ein anderer Dhamphir hatte sich bereits auch auf die Plattform geschwungen. Dieser Jäger hatte kurze Haare, war einen ganzen Kopf größer als der gute Anthony und auch um einiges muskulöser. Na , wenn der Junge sich da mal nicht übernimmt. Bei diesem Gedanken zeigten sich auf Joffreys Stirn einige Sorgenfalten. - Er wusste auch, das Anthony keinen Rückzieher machen würde - na gut, dass konnte er auch nicht, denn es entsprach nicht der Natur eines Dhamphirs in solchen Situationen einen Rückzieher zu machen, obwohl es diesmal sicherlich besser für Anthony wäre.

 

 

Langsam kam Bewegung in das ganze Szenario. Die Dhamphire auf der Plattform begannen zu kämpfen und die übrigen johlten und feuerten sie an , einige wollten sich bereits in den Kampf einmischen. Doch andere Jäger konnten diese gerade noch davon abhalten auch auf die Plattform zu springen. Ein lautes Knacken war zu hören, als Anthony schon wieder mit voller Wucht auf der Plattform aufschlug. Manchmal fragte sich Joffrey wirklich, weshalb Anthony an diesen Kämpfen teilnahm. Ein weiteres Knacken war zu hören, dann noch eines. Joffrey wandte den Blick ab, er ertrug ieses Szenario nicht länger, Anthony war nicht stark genug um gegen den anderen Dhamphir anzukommen- er würde am nächsten Tag nicht einmal in der Lage sein aus dem Bett zu kommen und wie er das Maggie erklären wollte...tja, dazu fiel dem guten , alten Joffrey auch nichts ein. Ein weiteres Knacken.......betretene Stille breitete sich im Raum aus. Anthony lag regungslos auf der Plattform, doch wenn man genau hinsah, konnte man sehen wie sich sein Brustkorb hon und senkte. Der Junge atmete also noch. Wie so oft warf Joffrey ihn sich über den Rücken. Als die Menge den scheinbar leblosen Anthony sah jubelte und grölte sie. Diese Schwachköpfe, dachte Joffrey - Anthony lebte. ,,Ohhh mein Rücken", brachte Anthony nur schwer hervor, als Joffrey ihn hinaus in die Nacht trug. ,,Ich hab ja gesagt übenimm dich nicht", sagte der alte Dhamphir.

Wenig später hatte Joffrey den verletzten Joffrey nach Hause gebracht, ihm noch kurz ein Glas Wasser gebracht und sich mit den Worten ,,Regenerier dich gut", verabschiedet.

Anthony seufzte auf - er hoffte , dass er morgen wenigstens aus dem Bett kam. Mit diesem Gedanken schlief er ein. Zur gleichen Zeit fiel auch Maggie in einen tiefen, traumlosen Schlaf.

Sechstes Kapitel

 6.

 

Alles um Anthony herum war dunkel. Er träumte, aber das wusste er. Plötzlich wurde er in seinem Traum zu Boden geworfen - immer wieder und wieder. Der Kampf beschäftigte ihn immer noch. Weshalb hatte er verloren? Der andere Jäger war stark gewesen....Ach, Anthony, es ist vorbei. Als ihn jedoch ein weiterer Schlag im Traum traf, schreckte er aus dem Schlaf auf. Es dämmerte bereits. Seit wann beschäftigten ihn diese Kämpfe so sehr? - Immerhin kämpfte er schon seit gut fünf Jahren. Er seufzte und ein schmerzhafter Stich erstreckte sich über seine Wirbelsäule. Anthony wusste, wie viel Glück er in diesem Kampf gehabt hatte, doch gleichzeitig wusste er, dass es nicht sein letzter Kampf war. Wieder versuchte er sich aufzusetzen - uff, das tat weh. Ein kleines, ironisches Lächeln huschte über seine Lippen. Dhamphire - so stark und dennoch schwach. Sein Kopf lehnte an der Wand, sein Atem war flach, seine Augen hatte er geschlossen. Der Dhamphir versuchte sich zu konzentrieren. Anfangs vernahm er nur den stechenden Schmerz in seiner Wirbelsäule, doch dann hörte er es - das ruhige, gleichmäßige Atmen von Maggie, die in dem Zimmer im oberen Stock friedlich schlummerte. Hören - eine weitere Fähigkeit, die bei einem Vampirjäger besonders stark ausgeprägt war. Zugegeben, diese Fähigkeit war in einem Kampf gegen einen Vampir jedes Mal aufs Neue von Vorteil. Ein Dhamphir war so in der Lage die leisen Schritte eines Vampirs zu hören - was für den Vampir in den meisten Fällen tödlich endete. Doch jetzt verfolgte Anthony weder einen Vampir, noch war er auf der Jagd - er lauschte Maggies Atem. Maggie - die letzte der großen Hexen. Er seufzte , doch leider war das Seufzen gefolgt von einem stechenden Schmerz in seiner Wirbelsäule. Ob Maggie wohl wusste, zu was sie Fähig war? - Wohl kaum. Ob Joffrey die goldenen Ranken bemerkt hat? - Vielleicht, vielleicht auch nicht - falls doch , dann hatte er es gestern zumindest nicht erwähnt.

 

 

Zur selben Zeit war Esgiel auf der Jagd. Er lauschte und musste grinsen, als er einen Herzschlag vernahm - die Frau war jung. Er wagte sich aus dem Schutz des Waldes hervor und sah sie am Fuße des Flusses knien , sie wusch gerade einen Kochtopf. Ihre langen, dunklen Haare hingen auch ins Wasser und das braune Kleid, dass sie trug war an einigen Stellen bereits mit ein paar Erdflecken verdreckt. Esgiel ging zu ihr. ,,Guten Tag", sagte er. Die junge Frau zuckte zusammen - er hatte sie offensichtlich erschreckt. ,,Guten Tag Sir," entgegnete sie. Ihre warmen, grünen Augen sahen ihn völlig unvoreingenommen an. ,,Würden sie einem durstigen Wandrer vielleicht etwas zu trinken anbieten?", fragte er sie. Ihre Augen wurden kurz zu einem schmalen Schlitz, als sie den Schwamm mit dem sie den Topf schrubbte umklammerte - doch wie so oft war Esgiel  schneller. Der Vampir packte ihr Handgelenk und blickte tief in ihre grünen Augen. Die Farbe verblasste langsam, als ihre Augen schließlich nur noch leicht grünlich waren und aller glanz erloschen war - biss er zu. Das warme Blut floss seine Kehle hinunter - Esgiel musste schließlich gestärkt sein , wenn er seinem  guten Freund Anthony bald einen Besuch abstatten würde. Er grinste - vielleicht würde er auch noch ein, zwei andere Mahlzeiten zu sich nehmen.

 

 

Die Sonne fiel durch die große Flügeltür in das Zimmer. Ich streckte mich - was Anthony wohl gerade machte? Ich stand auf und ging in die Küche, dort brühte ich heißes Wasser auf und gab etwas Teepulver hinein. Er war gestern spät zurückgekommen , Joffrey hatte ihn getragen - Was hatte er nur gemacht? Mit der heißen Teekanne und zwei Bechern betrat ich das Foyer. ,,Anthony", rief ich. Hoffentlich hörte er es - ich fand mich noch nicht problemlos in diesem Schloss zurecht. ,,Ja", hörte ich ihn rufen. Die Antwort kam aus einem Zimmer am Ende des Flurs. ,,Ich hab dir einen Tee gemacht", sagte ich , als ich das Zimmer betrat. ,,Guten morgen Maggie ", sagte er. Das Zimmer war groß, dennoch befand sich nur ein großes Bett darin und eine weitere Tür - wo die wohl hinführte? ,,Was hast du denn gemacht?", fragte ich Anthony schockiert , als ich sein leicht schmerz verzerrtes Gesicht sah - prüfend sah ich ihn an. ,,Einen Kampf verloren ", sagte er und trank einen Schluck. ,,Du raufst dich also immer noch ", hörte ich mich vorwurfsvoll sagen. Früher war er ab und an ein richtiger Raufbold gewesen. ,,Einen Dhamphirkampf - also nicht wie früher ", erklärte er. ,, Sir , Sir also haben sie sich mal wieder übernommen", entgegnete ich. Diesmal nickte Anthony nur. Mittlerweile hatte ich mich zu ihm gesetzt. ,,Wo genau bist du verletzt ?", fragte ich. ,,Wirbelsäule , aber das geht schon Maggie ", sagte er. Ein Lächeln huschte über mein Gesicht, dass er immer den starken spielen musste. ,,Du hast doch gesagt, dass ich eine Hexe bin, also müsste ich das doch irgendwie...", setzte ich an. ,,Maggie lass gut ..", wollte er sagen , doch ich sagte : ,,Keine Wiederrede". ,,Jawohl Ma'am", entgegnete er , drehte sich mit dem Rücken zu mir und zog sich sein Hemd in einer fließenden Bewegung aus. Die Linien seiner Muskeln zeichneten sich leicht auf seinem Rücken ab. ,,Die Wirbelsäule?", fragte ich und er nickte. Vorsichtig legte ich meinen Zeigefinger auf den Anfang der Wirbelsäule. Fasziniert beobachtete ich, wie die goldenen Ranken zu leuchten begannen. Behutsam fuhr ich mit meinem Zeigefinger seine Wirbelsäule hinunter. ,,Fertig", flüsterte ich- die goldenen Ranken leuchteten immer noch. Anthony hatte sich sein Hemd bereits wieder übergezogen. ,,Das ist wunderschön", sagte er und nahm meine Hand. Mit seinem Zeigefinger fuhr er gedankenverloren die goldenen Ranken auf meiner Hand nach. Ein Kribbeln lief mir über den Rücken, als er meinen Blick erwiederte. Unsere Blicke verschmolzen ineinander, als er mich küsste. Der Kuss war zaghaft, fast zögernd. Vorsichtig erwiederte ich seinen Kuss. Meine Arme schlangen sich wie von selbst um seinen Hals, Anthony zog mich näher an sich heran. Ein dumpfer Aufschlag war im Hintergrund zu vernehmen. ,,Anthony, Junge ..", sagte eine Stimme, die sich anhörte wie die von Joffrey. Erschrocken und verlegen zu gleich blickte ich zu Boden. ,,Guten Tag Joffrey ", sagte Anthony, stand auf und sagte ,,Hast du gestern noch gut nach Hause gefunden". Joffrey nickte. ,,Dir scheint es wieder gut zu  gehen , Junge", entgegnete Joffrey. ,Maggie , Joffrey hat mich gestern zu dem Kampf begleitet, auch er ist ein Dhamphir", erklärte Anthony und damit hatte sich meine Vermutung bestätigt. ,,OH sie leuchtet ja ", sagte Joffrey ,,also ist sie die Letzte". Anthony nickte. Verwundert blickte ich auf meine Hand, tatsächlich schimmerten die Linien noch golden.

Siebtes Kapitel

7.

 

Anthony nickte nur. Ich beobachtete immer noch die filligranen, goldenen Ranken, als ich hörte wie die Tür leise ins Schloss gezogen wurde. Sie waren weg und ich hatte schon wieder kein einziges Wort mit Anthony reden können. Ob er mir meine Fragen überhaupt beantworten konnte?......

 

 

Joffrey war mit Anthony mal wieder in die Küche gegangen. ,,Du hast mir gar nichts von ihr erzählt, Junge", sagte er. ,,Was hätte ich denn sagen sollen , außerdem habe ich sie ja nicht erst gestern kennengelernt", entgegnete Anthony. Joffrey musterte ihn. Der alte Dhamphir nickte nur und fragte nur:,, Wann habt ihr vor richtig zu reden und was gedenkst du ihr von Esgiels Worten zu sagen?". Anthony verdrehte die Augen. ,,Also erstens mein Guter - ich hasse es, wenn du stets versuchst aus meinen Gedanken schlau zu werden und zweitens habe ich keine Ahnung und drittens ... lass das nur meine Sorge sein - ich bin schließlich ...", doch bevor Anthony seinen Satz beenden konnte sagte Joffrey : ,, Ein Dhamphir - der sich stets überschätzt". Joffreys Blick wurde vorwurfsvoll und seine Miene wurde ernst. Er wusste, dass Anthony es hasste, wenn er versuchte seine Gedanken zu lesen - doch das war nun einmal seine Fähigkeit. Der alte Dhamphir erinnerte sich noch gut an den Tag, an dem er den jungen Dhamphir in seine Lehre genommen hat. Er hatte ihm alles beigebracht, was er wusste, doch Anthony wollte nie zum Rat der Dhamphire gehören - zu dieser großen Mehrheit, die sich für etwas besseres hielt - Joffrey ebenso wenig und da saßen sie nun zu zweit in der spärlich eingerichteten Küche. ,,Der Rat der Dhamphire weiß nichts ", sagte Joffrey. ,,Noch nicht", sagte Anthony grimmig. Der Jäger wusste nur zu gut , weshalb Maggie die letzte der großen Hexen war - der Rat der Dhamphire nutzte die Kräfte der großen Hexen aus - er nahm ihnen meist ihre Kräfte und so entstand eine völlig neue , fast unbezwingbare Art von Dhamphir - eine Art, fast so tödlich wie Vampire.

 ,,Sie werden ihr die Kräfte dieses Mal nicht nehmen", stellte Joffrey fest. ,,Was macht dich da so sicher?", fragte Anthony. ,,Die goldenen Ranken, ich glaube sie sind eine Art Schutz, ein magischer Schutz , der sie vor böser Magie schützt, aber nicht vor..." ,,Allem", damit beendete Anthony Joffreys Satz. 

 

 

Irgendwo vor dem Schloss in der Krone eines alten Baumes saß Esgiel. Ein selbstgefälliges Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus - er war gesättigt. Zugegeben .... die junge Frau tat ihm leid , aber nur ein klein wenig. Wieder einmal mehr dachte er an den Augenblick zurück, als er in Maggies Hütte war - was wäre gewesen, wenn Anthony nicht gewesen wäre - hätte er Maggie wirklich töten wollen? Schnell verwarf er den Gedanken wieder, sie war ja immerhin seine Cousine und stand auf der Seite der Dhamphire. Wütend ballte er seine Hand zur Faust - Dhamphire ,  er hegte einen tiefen Groll gegen jene Kreaturen - sie waren keine Menschen, auch wenn sie sich dafür hielten. Sie waren allerhöchstens eine andere Spezies. Dhamphire - die Jäger, sie waren aus einem der großen Vampirkämpfe hervorgegangen - jeder mit seinen ganz eigenen Stärken und Schwächen. Anthony hatte zum Beispiel einen sehr guten Gehörsinn, was für ihn von Vorteil , aber für jeden Vampir ein großer Nachteil war. Esgiel hörte sich leise fluchen, wie so oft, wenn ihm einfiel , dass er Anthony in dieser Hinsicht nicht überlegen war. Joffrey - er konnte Gedanken erahnen, meist noch bevor sein Gegenüberwusste, dass es überhaupt daran denkt. Der Vampir musste schmunzeln, da er wusste, dass Joffrey dank dem Alkohol auch nicht mehr der Stärkste war. Die anderen Dhamphire - oh Verzeihung der Rat der Dhamphire lebte meist in herrschaftlichen Anwesen - ihre Fähigkeiten waren entweder stark oder schwach. Die großen Hexen - sie standen während all den Jahrhunderten meist auf der Seite der Dhamphire, doch all diese Hexen gab es nicht mehr, einige wenige gehörten jedoch zu den Vampiren und lebten im verborgenen, nur wenige Vampire und noch wenigere Dhamphire wussten überhaupt von deren Existenz. Ein weiteres Grinsen huschte über Esgiels Gesicht- ob der gute Anthony wohl von deren Existenz wusste? Der Blick des Vampirs schweifte wieder zum Schloss hinüber. Alles war ruhig, aber er hatte ja Zeit.

 

 

Zur gleichen Zeit hatten die goldenen Ranken an Maggies Arm aufgehört zu leuchten. Ich seufzte - mit Anthony hatte ich noch immer nicht geredet. Vielleicht würde ich das jetzt machen. Ich stand auf und betrat das Foyer - am Ende des Foyers befand sich ein großes Fenster mit einem Balkon. Wie die Aussicht wohl sein würde? Mit diesem Gedanken betrat ich den großen Balkon, mit dem verschnörkelten Geländer , fast so wie die Ranken auf meinem Arm. Von dem Balkon aus sah man einen Brunnen, den Wald und man hörte die Vögel zwitschern. Ein leichter Windhauch fuhr durch meine Haare, ich schloss meine Augen und atmete tief ein.

 

 

Plötzlich geschah etwas. Na endlich, dachte sich Esgiel, als sich die Tür des Balkons öffnete. Maggie trat hinaus, als ein Windhauch ihre Haare erfasste, schloss sie die Augen. Esgiel konnte ihre tiefen, ruhigen Atemzüge hören. Er nahm den leichten goldenen Schimmer wahr - ein Anblick, der den schwachen Augen eines Menschen verwährt blieb. Schließlich sprang er von dem Baum, er würde noch einige Schritte zu Fuß gehen.

 

 

Die kühle londoner Luft spielte mit meinen Haaren, als ich plötzlich eine Stimme vernahm. ,,Hallo Maggie". Erschrocken riss ich die Augen auf und stolperte einige Schritte zurück. Esgiel stand direkt vor mir. ,,Du musst dich doch nicht erschrecken , Missy", sagte er  in einem höhnischen Tonfall. ,,Was willst du hier ?", fragte ich trocken. Ich heiße nicht Missy , fluchte ich innerlich. Esgiel trat einen Schritt auf mich zu. ,,Ich wollte nur mit dir reden", stellte er fest. ,,Dann rede", sagte ich. ,,Ach die kleine möchte nicht ihren Anthony rufen", trällerte er. Eine unbändige Wut stieg in mir auf - wenn Anthony es für richtig hielt, würde er schon herkommen. ,,Ach wolltest du nicht reden ", gab ich energisch zurück. ,,So, so ", sagte der Vampir . Was hatte er denn jetzt schon wieder ? Anthony war immer noch nirgends zu sehen, offensichtlich redete er noch mit Joffrey. ,,Interessant", fügte Esgiel hinzu. ,,Ich dachte du wolltest reden", sagte ich. ,,In der Tat, liebe Cousine", entgegnete er. Entgeistert starrte ich ihn an , COUSINE!?

Achtes Kapitel

8. 

 

,,Cousine", wiederholte ich monoton - Cousine ... gespenstisch hallte das Wort in meinen Gedanken nach. Das konnte doch nicht sein oder doch ? ,,In der Tat , ich wollte es dir nur gesagt haben ", hörte ich Esgiels Stimme im Hintergrund. Als ich einen weiteren Schritt zurück wich , befand ich mich wieder im Foyer. ,,Cousine, bleib doch noch..", setzte Esgiel an, doch bevor er seinen Satz beenden konnte, flogen die großen Flügeltüren mit einem lauten Knall zu.

 

 

Verwundert sah Anthony zu Joffrey. ,,Ich fürchte du musst gar nicht mehr mit ihr reden", sprach Joffrey Anthonys Vermutung aus. Esgiel war hier gewesen und er hatte es nicht bemerkt. Anthony hörte sich leise fluchen, als er die Küche verließ. Joffrey blieb kopfschüttelnd zurück. Als der Dhamphir das große Foyer betrat, hielt er kurz inne. Maggie stand vor den großen Flügeltüren, ihre Augen starrten auf einen leeren Fleck auf dem Balkon- dort musste Esgiel vor wenigen Sekunden noch gestanden haben. ,,Wieso hast du mir nichts gesagt ?", fragte Maggie , die immer noch mit dem Rücken zu Anthony stand. ,,Wann hätte ich es dir denn sagen sollen?", fragte der Dhamphir, wohl wissend, dass es für solche Dinge nicht den perfekten Moment gab. Mittlerweile stand er hinter Maggie. Ihr Atem hatte sich beschleunigt, vor Wut? Er konnte es verstehen...oder?  ,,Du hättest es wenigstens am Rande erwähnen können",sagte sie. ,,Und was hätte das geändert?", fragte er. ,,Vermutlich nichts", entgegnete sie kaum hörbar. Behutsam drehte Anthony Maggie zu sich und sah ihr tief in ihre blauen Augen. ,,Maggie hör zu..." setzte er an. ,,Jetzt nicht Sir ", hörte er Maggie sagen. Maggie entschwand aus seinen Armen und verließ das Foyer. ,,Ach Junge, " sagte Joffrey und klopfte leicht auf Anthonys Schulter. ,,Joffrey sattel die Pferde, wir werden auf den Markt gehen", gab Anthony zurück.

 

 

In diesem Moment betrat Esgiel eine dunkle Höhle. ,,Jenda", rief er. Ein kaltes, blaues Licht schoss auf ihn zu - bevor es ihn jedoch erreichte, flimmerte es kurz auf und im nächsten Augenblick stand an der Stelle des eisigem Lichts eine junge Frau. ,,Hallo Esgiel, was verschafft mir denn die Ehre?", fragte sie lächelnd. Ihre Bernsteinfarbenen Augen blitzten schelmisch auf. ,,Warte sag nichts", entgegnete sie schnell, nahm seine Hand und zog ihn mit sich in das innere der Höhle. Das innere der Höhle war hell erleuchtet, bei genaurem betrachten fand man neben einem Bett, einer Kommode und einem Tisch noch allerlei krims krams. ,,Du hast sie gefunden - die letzte Hexe", stellte Jenda fest und fuhr sich durch ihre rot, braunen Haare. Esgiel nickte nur. Sein Blick musterte Jenda - sie war eine jener großen Hexen auf der Seite der Vampire. ,,Was gedenkst du zu unternehmen?", fragte sie und schnipste kurz mit ihren Fingern. Etwas verdattert sah Esgiel sie an, war er etwa so in Gedanken versunken gewesen? ,,Ich weiß es nicht", stellte er fest. ,,Ist sie denn angreifbar Esgiel?", fragte Jenda. Esgiel überlegte ihr offenbar zu lange - ein weitres Schnipsen war in der Höhle zu hören, schon flimmerte ein Bild in der Luft auf. Darauf war eine junge Frau zu sehen, die in einer Badewanne lag, der Schaum lief bereits an der Seite hinunter. ,,Ist sie das?", fragte Jenda. Der Vampir nickte- das Bild verschwand. ,,Magisch kann ich sie nicht schwächen,Falls du darauf hinaus wolltest", stellte Jenda fest, doch ihre Mundwinkel verzogen sich zu einem teuflischen Grinsen - über Esgiels Lippen huschte das selbe teuflische Grinsen.

 

 

Joffrey schlenderte mit Anthony über den Markt, beide hatten sich die Kapuzen ihrer Mäntel tief ins Gesicht gezogen, die Hände hatten sie in die Manteltaschen gesteckt. Die kalte londoner Winterluft wurde von ein paar Schneeflocken durchzogen. Überall auf dem Markt roch es nach Lebkuchen und Glühwein. Die Menschen drängten sich dicht aneinander und hin und wieder sah man ein kleines Kind, dass heimlich einen Schneeball nach einem Erwachsenen warf. Anthony ließ seinen Blick durch die Menge schweifen, als er es sah. An einem stand keine zwei Meter von ihnen entfernt hing ein blaues Kleid. Er lächelte. Was an diesem Kleid wohl so besonders war? - Diese Frage huschte kurz durch Joffreys Gedanken. Dieses Kleid hing jeden Winter an diesem Stand, noch nie hatte es jemand gekauft. Anthony lächelte , er erinnerte sich noch genau an den Tag, als er mit der kleinen Maggie an diesem Stand stand. Damals waren sie beide noch Kinder gewesen und eigentlich wollten sie nur mit den anderen Kindern auf dem Markt spielen, doch dann hatte Maggie dieses Kleid entdeckt. Der junge Dhamphir hörte in seinen Gedanken immer noch Maggies seufzen von damals. ,,Sir sie wollen das Kleid wirklich kaufen?", fragte die ältere Frau , die Besitzerin des Standes. Der Dhamphir nickte. ,, Es ist wohl für eine besondere Dame, Sir?", fragte die ältere Frau mit einem warmen Lächeln im Gesicht. ,,In der Tat ", entgegnete Anthony und gab der Frau eine Silbermünze. ,,Aber Sir, dass ist viel zu viel", stammelte sie überrascht. ,,Nein Ma'am nehmen sie es ruhig an ", entgegnete Anthony. Mit diesen Worten nahm er das Kleid und ging hinüber zu Joffrey , der sich, wie sollte es auch anders sein , gerade einen Glühwein genehmigte. ,,Schon wieder ", stellte Anthony vorwurfsvoll fest. ,,Ein alter Mann wird doch wohl noch etwas genießen dürfen", stellte Joffrey entrüstet fest. ,,Keine Sorge, mein Lieber, natürlich darfst du das," entgegnete Anthony. ,,Auch einen Glühwein Sir?", fragte der Mann mit Bart hinter der Theke. Der Dhamphir nickte und kurze Zeit später hielt auch er einen warmen, dampfenden Glühwein in den Händen.

 

 

Was Anthony wohl gerade machte? - Nur kurz huschte dieser Gedanke durch meinen Kopf, doch ich verwarf in sofort wieder. Das Wasser in der Badewanne wurde langsam kalt. Einige Minuten später befand ich mich in der Küche. Mein Magen knurrte. Wo gab es denn hier etwas zu essen ? Schließlich fand ich ein kleines Brötchen. Ich biss ein Stück davon ab. Esgiels Cousine..... konnte das wirklich sein? Frustriert biss ich ein zweites Mal von dem kleinen Brötchen ab. Eine der letzten großen Hexen auf der Seite der Dhamphire und.... die Cousine eines Vampirs? Unmöglich! Ein weiterer frustrierter Biss folgte - es war ganz offensichtlich nicht unmöglich. Ein weiterer Biss, plötzlich musste ich husten , schnell trank ich einen Schluck Wasser. Ein weiterer Schluck. ,,Träum süß", hörte ich plötzlich jemanden sagen - ich sprang auf, wirbelte herum, doch hier war niemand. Aufeinmal schien sich alles zu drehen. ,,Süße Träume", wieder diese Stimme und dann Stille , das letzte was ich bemerkte war das schließen einer Tür, dann verlor ich auch schon den Boden unter den Füßen.

Neuntes Kapitel

 9.

 

Jenda lief in der Höhle auf und ab. Ihr angestrengter Blick musterte das flimmernde Bild, auf dem die junge Hexe zu sehen war. ,,Ich dachte sie wäre mittels Magie nicht angreifbar", sagte Esgiel zu Jenda. Jendas angestrengter Gesichtsausdruck wich einem leichten Lächeln. ,,Du weißt eben doch nicht alles Esgiel", sagte sie ,,außerdem verwende ich gerade nur bedingt meine Zauberkräfte". ,,Und wofür genau verwendest du sie gerade?", hörte Esgiel sich fragen. ,,Sie träumt", gab Jenda kalt zurück , schnipste kurz und drehte dem Vampir den Rücken zu.

Leicht verwundert sah Esgiel Jenda an. ,,Was hast du ?", fragte er. Ein leicht hyterisches Lachen war zu hören. ,,Du spazierst einfach so hier rein, meinst die letzte Hexe gefunden zu haben, hast keine Ahnung wozu sie fähig ist und ich soll dir einfach mal so mir nichts dir nichts mit einem kleinen Zauber einen Gefallen tun", sagte sie energisch. Als sie sich zu Esgiel umdrehte schien es fast so, als ob ihre bernsteinfarbenen Augen wie Flammen loderten.

 

 

Überall um mich herum war Wasser - doch nirgends war Land. Ich versuchte mich zu bewegen, den tödlichen Wassermassen zu entfliehen - aussichtslos. Verzweifelt blickte ich auf die goldenen Ranken an meinem Arm in der Hoffnung sie würden leuchten - nichts. Das kalte Wasser stieg immer höher und höher - kein entkommen. Mein Atem wurde immer flacher. Jede einzelne Faser meines Körpers kribbelte , meine Konzentration stieg. Eins, zwei, drei, noch bevor das Wasser mich endgültig umschloss, schaffte ich es mich aufzusetzen. Mein Herz raste - die Ranken an meinem Arm schimmerten leicht. Anthony war immer noch nicht zurück - ein Seufzer verließ meine Lippen, als ich aufstand. Die Kraft, mit der ich mich befreit hatte , hatte sich so stark , so unkontrollierbar machtvoll angefühlt , langsam normalisierte sich mein Herzschlag wieder.

 

 

Zur gleichen Zeit wurde Jenda von einer schier unbändigen Kraft in Esgiels Arme geschleudert. ,,Wer..", wollte Esgiel ansetzen. ,,Das ist deine kleine Hexe", fluchte Jenda und wollte sich aus den Armen des Vampirs lösen, doch sie spürte wie eine nahe Dunkelheit sie zu übermannen drohte. ,,Esgiel du wirst allein niemals gegen sie ankommen", hauchte sie. ,,Was rätst du mir dann , Jenda?", fragte er. ,,Rat der Dhamphire", sagte Jenda leise, dann umschloss sie die Dunkelheit. Esgiel legte die Hexe in ihr Bett. Sie schlief. "Rat der Dhamphire"....er als Vampir konnte niemals ... es war völlig absurd , noch bevor er etwas von der Hexe erwähnen könnte, hätte er schon drei Dhamphire am Hals, die versuchen würden ihn zu töten. Es musste auch einen anderen Weg geben. Nachdenklich setzte sich der Vampir auf die Kante von Jendas Bett - es wäre falsch sie so schwach allein zu lassen. 

 

 

Anthony trank einen Schluck von dem dampfenden Glühwein und beobachtete das fröhliche Treiben der Menschen. Immer wieder sah man kleine Kinder, die einen Schneeball auf einen Erwachsenen warfen - blitzschnell verschwanden sie wieder, bevor sie erneut mit einem Schneeball warfen. Ein junges Pärchen schlenderte gemeinsam an den Ständen vorbei. Ein älteres Ehepaar saß auf einer verschneiten Parkbank und ein kleiner Hund tollte im Schnee. Wieder einmal mehr dachte der junge Dhamphir an seine Kindheit , eine Zeit der unbeschwertheit , er hatte es immer leicht gehabt , dank seinen Eltern - Lord und Lady Michaelis. Er schnaubte verächtlich - seine Eltern, die ihn verstoßen hatten, weil er sich weigerte , wie sie in saus und brauß zu leben. Der junge Dhamphir hatte einfach eine andere Auffassung von Dingen, zugegeben er wusste auch nicht, wie er es Bediensteten erklären sollte, wenn er mit scheinbar tödlichen Verletzungen nach Hause kam und keine zwei Tage später wieder munter durch die Gegend spazierte. Kaum merklich schüttelte er den Kopf, keiner der Bediensteten hätte es verstanden , nein, eher hätten ihn viele für einen Sonderling gehalten. Im Grunde genommen war Anthony ganz froh darüber, dass alles nun einmal so war, wie es war. Der junge Dhamphir trank einen weiteren Schluck von dem Glühwein, aus dem immer noch dampfenden Becher.

,,An was denkst du mein Junge?", fragte Joffrey. ,,Ich denke nur wie froh ich darüber bin, dass alles so ist, wie es ist", entgegnete Anthony.

 

 

Der alte Dhamphir nickte, er verstand Anthony nur zu gut. Auch er war froh darüber, dass alles so war wie es nun einmal war. Joffrey erinnerte sich noch genau an jenen Tag, an dem er sich dazu entschieden hatte dem Rat der Dhamphire den Rücken zu kehren. Er hatte damals bemerkt, wie sehr ihnen ihre Macht die Sinne vernebelte. Im Grunde genommen waren die meisten dieser Dhamphire auch nicht besser als Vampire , aber sie selbst sahen das nicht. Joffrey schnaubte. Er hatte sich gegen ein Leben als scheinbar schillernder , von allen bewunderter Dhamphir entschieden - somit auch gegen Mina. Er trank einen Schluck von seinem Glühwein. Mina - sie war eine der wenigen , älteren Dhamphirinnen - die dem Rat angehörte , oder hatte sie sich mittlerweile auch von ihm abgewandt? Ein weiterer Schluck Glühwein folgte, doch Joffrey musste frustriert feststellen, dass der dampfende Becher leer war. ,,Noch einen", sagte er , doch Anthony war schneller : ,, Nein, Sir, mein Freund benötigt keinen weitern Glühwein", sagte er. Schließlich zog er Joffrey von dem Stand weg. ,,Mein Guter, du brauchst nicht noch mehr Glühwein", stellte er entschieden fest. Der alte Dhamphir murrte leise vor sich hin, als sie zurück zu ihren Pferden gingen, ein Schnneegestöber zog auf.  ,,Danke, Junge", sagte Joffrey. ,,Keine Ursache, meinFreund", sagte Anthony ,,Wir sollten uns beeilen, das Schneegestöber wird bald stärker werden",fügte er hinzu. Joffrey nickte und kurz darauf ritten die beiden zurück zum Schloss, die Kapuzen ihrer Mäntel hatten sie sich tiefer ins Gesicht gezogen. Die Schneeflocken wirbelten nur so um sie herum, mal versperrten ihnen die vielen Schneeflocken das Gesicht, mal schienen sie nur so um sie herum zu tanzen. Die beiden Dhamphire ritten durch das Schneegestöber, doch sie bemerkten nicht, dass sie beobachtet wurden.

 

 

Am Rande des Waldes war ein Schatten zu sehen, es war der Schatten einer Frau. Ihre Augen ließen die beiden Reiter keine Sekunde aus den Augen. Der Wind fegte einem der Reiter die Kapuze vom Kopf, nur für einen kurzen Moment konnte die Frau sein Gesicht sehen. ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, ehe sie im Wald verschwand.

 

Zehntes Kapitel

 10.

 

Die Frau, die vor kurzem noch die beiden Reiter beobachtet hatte, zog sich in den Schatten des Waldes zurück. Das leichte Lächeln umspielte immer noch ihre Lippen, als sie ihren Weg fortsetzte. Ihre kunstvoll geflochtenen Haare wurden von kleinen, weißen Schneeflocken bedeckt. Weiß zu grau - nachdenklich strich sie sich eine silber, graue Haarsträhne hinter ihr Ohr. Sie mochte diese Jahreszeit , sie mochte das Knirschen des Schnees unter ihren Stiefeln, die Unbeschwertheit, das Zusammenkommen der Menschen auf dem kleinen, verschneiten londoner Weihnachtsmarkt. All die Paare, die Hand in Hand über den Markt schlenderten, Glühwein tranken oder sich einfach nur mit ihren Freunden unterhielten. Die Winterzeit - eine Zeit, in der sie nur allzu oft Zeit zum Nachdenken hatte - zu viel Zeit. Ein kleiner Anhänger schimmerte unter ihrem dunkelblauen Schal hervor. Gedankenverloren strich sie über den kleinen, silbernen  Schlüssel, mit den zierlichen ornamentförmigen Ranken. Die anderen Dhamphire hatten sie geschickt um ... Joffrey.... sie schluckte. Sie waren wahnsinnig geworden - alle. Die Dhamphire , sie hatten zu viel Macht und sie, sie wollte nicht länger auf deren Seite stehen - sie würde sie verlassen. Mit diesem Gedanken ließ sie den Schlüssel wieder unter ihrem Schal verschwinden. Heute nacht würde sie ihrem bisherigen Leben als Dhamphirin den Rücken kehren. "Du kannst deine Meinung immer noch ändern,Mina", huschten Joffreys damalige Worte durch ihr Gedächtnis. Die alte Dhamphirin erinnerte sich immer noch an seinen kühlen Blick, mit dem er damals auf dem Absatz kehrt gemacht hatte, an seinen letzten Händedruck, wieder fuhr ihre Hand kurz über den kleinen Anhänger. Joffreys letztes Geschenk an sie. Mittlerweile stand sie vor einem großen Haus , die Fassade war in einem perfekten Zustand - die Fenster waren alle hell erleuchtet - überall standen Gestalten , mal muskulös und schlank, mal klein und groß - Dhamphire. Einige von ihnen trainierten mit den anderen , andere musterten sie mit prüfenden Blicken. Sie reckte ihren Kopf in die Höhe, hob entschieden das Kinn und lief an ihnen vorbei. Sie wusste , weshalb sie sie musterten - wegen ihres Auftrages , sie hätte Joffrey töten sollen - doch sie würde diesen Auftrag nicht erfüllen. Sie würde fliehen, noch in dieser Nacht. ,,Mina, schon wieder zurück", ertönte eine raue Stimme. Jonah - der Anführer der Dhamphire. Langsam drehte sie sich um. Seine Augen waren dunkel, sein Blick schien sich förmlich in die ältere Dhamphirin zu bohren. ,,Alles erledigt", entgegnete Mina kalt. Jonah legte seinen Kopf schräg, seine Augen wurden noch ein wenig dunkler. ,,Alles bestens", antwortete Jonah. Sofort wandte Mina ihm den Rücken zu , sie ging einige Schritte. Er hatte nichts bemerkt?! Ein großer Stein fiel ihr vom Herzen. Doch plötzlich vernahm sie ein knarren der Holzdiele, dann umschloss eine Hand ihren Hals. ,,Du lügst", knurrte Jonah in ihr Ohr.

 

 

 

Zur gleichen Zeit kamen Anthony und Joffrey am Schloss an. Joffrey ahnte nichts von der Gefahr, in der sich Mina befand - wie sollte er auch? Ihre Wege hatten sich vor langer Zeit getrennt. Sie gehörte dem Rat an und er nicht, so einfach war das. ,,Ich werde mich mal ein wenig ausruhen", sagte Joffrey zu Anthony. ,,Mach das mein Freund", entgegte er. Joffrey hatte seinen eigenen, seperaten Flügel im Schloss. Sein Zimmer hatte keinen Balkon, aber zwei große Fenster, durch die er noch eine Zeit lang das Schneegestöber betrachtete, bevor sich in das Bett fallen lies - sein Blick schweifte kurz zu dem Bücherregal auf der anderen Seite des Zimmers. Wie lange hatte er schon kein Buch mehr gelesen ? Es musste eine gefülte Ewigkeit her sein, denn er konnte sich nicht mehr daran erinnern. Grummelnd stand der alte Dhamphir auf. Als er vor dem Regal stand, fiel ihm die etwas dickere Staubschicht auf den Büchern au - es war offensichtlich schon eine ganze Weile her gewesen, dass er ein Buch gelesen hatte. Er griff in das Regal. Mal sehen, was sich da so findet. Der Dhamphir hielt ein Buch mit grünem Einband in seinen Händen - ein Märchenbuch. Na, wenn es weiter nichts ist , dachte er sich, nahm das Buch , legte sich wieder in das Bett und Schlug die erste Seite auf. Der gestiefelte Kater stand in geschwungener Schrift darauf, doch noch, bevor er die erste Seite des Buches gelesen hatte, schlief er ein.

 

 

Anthony betrat die Küche. Maggie saß an dem Tisch, ihre Hände umschlossen eine Tasse Tee. Für einen kurzen Moment sah er , wie ihre Hände zitterten. ,,Ist alles in Ordnung?", fragte er. Keine Antwort. ,,Maggie?", fragte er und legte seine Hand auf ihre Schulter. Verwundert sah sie ihn an. ,,Ja, ja doch ich denke schon", antwortete sie und trank einen Schluck. ,,Du zitterst", stellte er fest. ,,Es ist nur etwas kalt", entgegnete sie.  Auf Anthonys Stirn waren einige Sorgenfalten zu sehen. "Es ist nur etwas kalt"......,,Sicher, dass es dir gut geht?", fragte der Dhamphir. ,,Ich glaube,jemand war vorhin hier ", entgegnete sie.  Esgiel - sofort wurde Anthonys Miene grimmig. Was hatte dieser Vampir nur vor? ,,Ich glaube aber nicht, dass es Esgiel war.",  fügte Maggie hinzu. Der Dhampir nahm ebenfalls Platz. ,,Wer war es dann?", fragte er. ,,Gibt es dunkle Hexen?", fragte sie und sah mich an. In ihren blauen Augen lag ein seltsamer Schimmer, ein leichter, goldener Schimmer. Sie hatte ihre Kräfte eingesetzt - was war hier nur passiert?

 

 

Esgiel saß immer noch auf Jendas Bett und beobachtete die Hexe. Ihre Augen waren geschlossen, die braun, rötlichen Haare umrahmten ihr Gesicht. Eigentlich sah sie richtig friedlich aus, niemand würde jetzt glauben, dass sie eine der dunklen Hexen war. Sie atmete gleichmäßig - ob sie wohl träumte? Esgiel verwarf diesen Gedanken wieder. Er spürte eine zaghafte Berührung an seiner Hand. Jenda hatte seine Hand mit ihren Fingerspitzen gestreift. Esgiel drückte ihre Hand. Jenda murmelte irgendetwas, dann drehte sie sich auf die andere Seite des Bettes, doch kurz darauf blinzelte sie. Mürrisch setzte sie sich auf. ,,Du bist immer noch hier", stellte sie fest. ,,Hätte ich gehen sollen?", fragte Esgiel. Die Augen der Hexe funkelten schelmisch auf. ,,Hättest du denn gehen wollen?", fragte sie neckend. Esgiel lachte. ,,Ach Jenda eben noch schwach und jetzt schon wieder mürrisch", spottete Esgiel. Wütend sah sie ihn an - schon flog ein kleiner eisblauer, flimmernder Ball auf ihn zu. ,, Mach jetzt lieber , dass du weg kommst, mein Guter und komm mich bald wieder besuchen", sagte Jenda und der Ansatz eines warmen Lächelns breitete sich auf ihrem Gesicht aus. ,,Jawohl Ma'am " sagte der Vampir, deutete eine Verbeugung an und verschwand hinaus in das londoner Schneegestöber.  

 

 

 

 

Elftes Kapitel

 11.

 

Ein kalter Schauer lief ihren Rücken hinunter, als sie spürte, wie der Druck an ihrem Hals immer stärker wurde. Jonahs Atem war dicht neben ihrem Ohr zu hören. ,, Weshalb sollte ich dich anlügen, Jonah?“, fragte die Dhamphirin, der Schauer wich einem vertrauten Gefühl, jenem Gefühl, dass ein Dhamphir kurz vor einem Kampf empfand. Langsam wurde jede Zelle ihres Körpers von dem Gefühl des nahenden Kampfes erfüllt. Doch auch Jonah musste etwas davon bemerkt haben, jedoch bevor er den Druck verstärken konnte, hatte sie sich, flink wie sie war mit einem Tritt aus seinem Griff befreit. Der Blick der Dhamphirin war angespannt, sie wusste, dass sie es mit Jonah nicht lange aufnehmen konnte, selbst wenn sie es wollte. Jonah – der Anführer der Dhamphire. Er war muskulös, zwei Köpfe größer als Mina und einige der anderen munkelten, dass er die Fähigkeit besäße Dhamphire, sowie Vampire kampfunfähig zu machen. Mina gab nicht sonderlich viel auf dieses Geschwätz, sie bevorzugte den traditionellen Dhamphirkampf mit oder ohne Waffen. Während ihre Gedanken nur so rasten, ließ sie Jonah keine Sekunde aus den Augen. Ein einziger Moment der Unachtsamkeit konnte für einen Dhamphir schlimme Folgen haben. ,,Du bist zwar klug Mina, aber dennoch nicht gut genug “, stellte Jonah fest, als er Mina auch schon zu Boden schleuderte. Ein lauter Knall war zu hören, als die Dhamphirin auf dem Holzboden aufschlug, das Holz war unter ihr gebrochen. Es splitterte in alle Richtungen, ein Splitter bohrte sich in ihren Arm. Jonah holte aus , doch Mina war schneller, sie drehte sich zur Seite. Der kleine Anhänger an ihrer Kette funkelte als sie wieder aufsprang. Jonahs Miene verfinsterte sich, ein grimmiges Lächeln umspielte seine Lippen, ein paar seiner Zähne blitzten hervor. ,,Wusste ich es doch, dass du immer noch an Joffrey denkst, du würdest ihn nicht töten“, knurrte er. ,,Dann muss ich eben zuerst dich töten und dann…“, bevor er den Satz beenden konnte, stürzte Mina sich auf ihn. Jonah krachte an die Wand, der Putz bröckelte leicht. ,,Er hatte recht, ihr seid alle wahnsinnig“, knurrte Mina . Ein schauriges Lachen verließ Jonahs Lippen, bevor er Minas nächsten Schlag parierte, in dem er ihr Handgelenk packte. ,,Jetzt reicht es aber Mina, du vergisst wohl wer hier das Sagen hat“, knurrte der Dhamphir. Die alte Dhamphirin spürte, wie ihre Arme langsam taub wurden, dann spürte sie langsam, wie jegliches Gefühl aus ihren Beinen wich. Es stimmte, was die anderen sagten, ihre Augen weiteten sich, als sie Begriff, dass sie machtlos war , sie würde heute nirgends hingehen , wenn sie überhaupt jemals hier raus kam. Ein weiteres Krachen war zu hören, Mina taumelte und fiel zu Boden. ,,Du bist wahnsinnig“, sagte sie, ihr Atem beschleunigte sich. ,,Ganz schön mutige Worte, für ein wehrloses Ding“, entgegnete Jonah und strich Mina eine silber – graue Strähne aus dem Haar. Nachdenklich fuhr er mit seinem Zeigefinger die Konturen ihres Gesichts nach. Zornig funkelte sie ihn an, ein leises, bedrohliches Knurren verließ ihre Lippen – doch sie konnte sich nicht wehren. ,,Eigentlich Schade, dass du zu Joffrey hälst“, sagte er. Mit diesen Worten holte er zu einem weiteren Schlag aus.

 

 

 

Die alte Dhamphirin lag auf dem Boden, sein letzter Schlag hatte ihr den Rest gegeben. Ihr Atem war flach. Ein hinterlistiges Lächeln umspielte Jonahs Lippen, als er sie hochhob. Er stieg eine Treppe hinunter und stieß die Kellertür auf. Jonah legte Mina auf den Boden. Mit einem hinterlistigen Lächeln betrachtete er sie. Die helle Haut der Dhamphirin schimmerte im Mondschein. Der Holzsplitter steckte immer noch in ihrem Arm. Wieder fiel sein Blick auf die Kette, die sie trug. In einer fließenden Bewegung riss er die Kette von ihrem Hals – er würde sie sicher noch brauchen. Mit einem weiteren grimmigen Grinsen ließ er die Tür ins Schloss fallen.

 

 

 

Anthony schwieg. Kurz darauf schüttelte er den Kopf:,,Ich weiß es nicht, Maggie“, sagte er. Ich nickte. Was war das vorhin gewesen? Diese Energie, sie hatte sich so anders, so fremd , so dunkel angefühlt. Sie musste von einer anderen Hexe gewesen sein. Wieder sah ich ihn an. ,,Was hast du so gemacht?“, fragte ich ihn, um die Unterhaltung nicht schon wieder zum Erliegen kommen zu lassen. Ich mochte es nicht, wenn diese seltsame Stille zwischen uns herrschte – früher hatte ich das auch schon nicht gemocht . Anthonys Blick wurde weich, ein kleines Lächeln huschte über sein Gesicht. ,,Ich habe ein Geschenk für dich“, sagte er. Mit diesen Worten hielt er ein zusammengeschnürtes Paket in die Höhe. Lächelnd nahm ich es entgegen. Vorsichtig öffnete ich es. Ich musste es gar nicht erst ganz auspacken, da wusste ich schon, was es war. ,,O mein Gott , Anthony, dass ist …. Wunderschön“, sagte ich, als ich den Stoff, des kornblumenblauen Kleides unter meinen Fingern spürte. Sofort kamen all die wundervollen Erinnerungen wieder hoch. Vor meinem geistigen Auge erschien sofort wieder der damalige Weihnachtsmarkt – all diese wundervollen Erinnerungen, die Schneeflocken, die um uns herum tanzten, der Geruch von Lebkuchen und dann war da dieses Kleid gewesen, dieses wunderschöne, blaue Kleid. Ich schwelgte einen weiteren Moment in den schönen Erinnerungen, als ich ehrfürchtig über den Stoff strich. Ich bemerkte wie Anthony seine Hand auf meine gelegt hatte. ,,Danke“, sagte ich, als ich ihn ansah. Der Dhamphir zog mich in seine Arme. ,,Wir sollten zu Bett gehen, meine Liebe“, sagte er. Mit diesen Worten hob er mich hoch und trug mich hinauf in sein Zimmer. Als er mich wieder auf meine Füße setzte musste ich lächeln. ,, An was denkst du gerade?“, fragte er. ,, Daran, wie du dich früher immer zu mir geschlichen hast und wir uns jede Nacht stundenlang Geschichten erzählt haben“, sagte ich. Lächelnd zog Anthony mich zu sich ins Bett. ,,Ich liebe dich, Maggie“, hauchte er. Seine Lippen legten sich sanft auf meine. ,,Gute Nacht“, flüsterte Anthony in mein Ohr, dann zog er eine Decke über uns. Ich lauschte seinem Atem, er war ruhig gleichmäßig. Irgendwann wurde auch ich von seinen ruhigen Atemzügen in den Schlaf gewogen.

 

 

 

Esgiel streifte durch die kühle londoner Winternacht. Die Nacht umhüllte ihn wie ein schützender Umhang, er war unsichtbar, verborgen in der Dunkelheit, für die Menschen unsichtbar, doch er konnte jede Bewegung im Dickicht wahrnehmen – hier huschte ein kleines Eichhörnchen von einem Baum zum anderen und da hörte man eine Eule, deren klänge der Nacht etwas mystisches einhauchten.

Zwölftes Kapitel

 12.

 

Jonah betrat einen großen Versammlungsraum, er war allein. Die lange Tafel aus Marmor mit den vielen Stühlen stand verlassen da. Der Dhamphir strich kurz über die marmorne Fläche, ehe seine Faust niederschnellte. Ein kleiner, feiner Riss war zu sehen. Nachdenklich betrachtete Jonah die Linie. Joffrey – er hatte dem Rat den Rücken zugewandt und nun wollte Mina es ihm gleich tun. Er konnte es nicht zulassen, dass noch mehr Dhamphire dem Rat den Rücken zukehrten, selbst wenn es bisher nur zwei waren, es waren zwei zu viel – zwei Dhamphire, die wussten, wie sie die anderen vernichten konnten. Es war schade um Mina, dachte Jonah. Sie war eine der besten Kämpferinnen, doch sie war altmodisch, anstatt sich wie alle anderen Dhamphire sich der Macht der Hexen zu bedienen hatte sie sich dessen verweigert. Jetzt würde dies ein gewaltiger Nachteil für sie sein. Wieder huschte das Bild von der bewusstlosen Mina durch seinen Kopf, ihr zorniger Blick, ihr verzweifelter Versuch gegen ihn anzukommen. Er lachte, als er die Kette mit dem winzigen Anhänger in die Höhe hielt.

 

 

 

Zur gleichen Zeit schlug Mina die Augen auf. Der Mondschein erfüllte den Keller in dem sie nun festsaß. Langsam setzte sie sich auf, sie vertraute dem allmählich zurückkehrenden Gefühl in ihren Armen noch nicht ganz. Ihr Blich schweifte durch den Raum – er war zehn Fuß breit und zehn Fuß lang. Als nächstes wanderte ihr Blick zu dem Fenster, es war weit oben, aber dennoch nicht unerreichbar – ihre Hand fuhr über die Wand, sie hielt inne. Die Augen der Dhamphirin weiteten sich, als sie realisierte, dass die Oberfläche der Wände glatt war. Somit war es ihr unmöglich zu dem Fenster zu klettern. Weshalb hatte sie überhaupt gehofft, fliehen zu können – Jonah wusste, wie er es einem unmöglich machen konnte zu fliehen. Mina fuhr mit ihren Fingern über die Stelle, an der sich eigentlich die Kette mit dem kleinen Anhänger befinden sollte – doch da war nichts. Sie wiederholte den Vorgang – immer noch nichts. Ein drittes Mal fuhr sie über die Stelle – nichts. Vorhin, vor dem Kampf mit….ein Knurren entwich ihrer Kehle. Jonah – was fiel ihm nur ein, schlimmer noch, was hatte er vor? Sie musste hier raus, dachte sie panisch. Ihr Herzschlag beschleunigte sich. Das Gefühl war endlich wieder in ihre Arme zurückgekehrt – vielleicht konnte sie doch irgendwie an der Wand hochklettern. Als die Dhamphirin ihren Arm hob spürte sie einen scharfen Stich – der Holzsplitter. Sie würde ihn entfernen müssen, wenn sie ernsthaft versuchen wollte an einer glatten Wand hochzuklettern. Schnell spannte sie ihre Muskeln an und riss den Splitter heraus, ein scharfer Stich, dann war es vorbei. Kein Blut – offensichtlich war der Splitter doch nicht so tief in ihren Arm eingedrungen. Mina holte tief Luft, als sie in den Schaft ihres Stiefels griff, der Dolch, er war noch da. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, so schlau, wie er sich gab war Jonah wohl auch nicht. Minas Blick schweifte zur Tür, die hatte sie noch gar nicht beachtet. Vorsichtig stemmte sich die Dhamphirin gegen die Tür. Abgeschlossen, doppelt mit einem Riegel davor. Es war durchaus wahrscheinlicher durch die Tür nach außen zu gelangen, doch das wäre zu auffällig, sie drehte sich zur Wand. Auf geht’s, dachte sie sich. In einer Ecke des Kellers lag ein kleiner Steinhaufen, auf den sie sich stellte. Mit einem kräftigen Ruck rammte Mina den Dolch in die Wand.

 

 

 

Jonah betrachtete den funkelnden Anhänger, als er einen dumpfen Aufprall hörte. Das Geräusch kam aus dem Keller – die Jägerin war wohl wach. Er würde ihr einen kleinen Besuch abstatten, sie vermisste sicherlich schon etwas. Ein weiterer dumpfer Aufprall war zu hören, dann folgte gespenstische Stille, nur das Klacken des Schlosses war zu hören, als Jonah die Tür zum Keller aufschloss. ,,Mina meine gute, was machst du denn für Sachen?“, fragte er, als er die Dhamphirin ansah. In der Wand waren einige Löcher zu sehen. ,,Du hast versucht an der Wand hochzuklettern“, stellte er spottend fest. Mina funkelte ihn an, den Dolch hatte sie umklammert, die Hand hielt sie hinter ihrem Rücken, so , das Jonah ihn nicht sehen konnte. Er ging einige Schritte auf sie zu. ,,Mina, was versuchst du denn da schon wieder ?“, fragte er knurrend, als der Dhamphir hervor schnellte und sich seine Arme um Mina schlangen. Mit seiner Hand griff er nach dem Dolch.

 

 

 

Mina sog scharf Luft ein. ,,Lass mich los“, knurrte sie. Der Druck von Jonahs Armen wurde für einen kurzen Moment stärker, dann stieß er sie von sich, ein dunkler Glanz lag in seinen Augen. ,,Mina, Mina, Mina“, sagte er vorwurfsvoll, den Dolch hielt er hoch, die Klinge funkelte im Mondlicht. ,, Ich finde wir sollten Joffrey bescheid sagen“, säuselte er, als er sich neben Mina kniete. ,,Nein“, stammelte die Dhamphirin, doch Jonah hatte bereits ihre Hand gepackt, in einer fließenden Bewegung zog er ihr den Dolch über weiße Handfläche. Mit entsetztem Gesicht beobachtete Mina das dünne Rinnsal, das über ihre Handfläche lief. Der Dhamphir zog die Kette aus seiner Hosentasche hervor. ,,Mal sehen ob Joffrey etwas merkt“, sagte er, als er den Anhänger auf das Rinnsal drückte.

 

 

 

Der alte Dhamphir schien tief und fest zu schlafen, doch plötzlich zuckte seine Hand, dann spürte er ein brennen in seiner Handfläche, das Brennen wurde stärker. Joffrey fuhr in die Höhe. Dieses Brennen in seiner Handfläche, dieses kurze vertraute Gefühl der Anwesenheit einer Person, die er schon lange kannte. Das Brennen in seiner Handfläche wurde immer stärker, als er es langsam realisierte – Mina, sie musste in Gefahr sein, doch er spürte auch die düsteren Absichten eines anderen Dhamphirs….eines starken Dhamphirs. Ein Knurren entwich seiner Kehle – Jonah. Wollte Mina etwa dem Rat den Rücken zukehren? Joffrey griff unter sein Kissen und spürte den kalten Armreif, Minas Armreif, daneben lag ein Dolch. Kurz entschlossen zog auch er sich den Dolch über die Handfläche, den silbernen Armreif drückte er in seine Handfläche.

 

 

 

Zur gleichen Zeit spürte Mina das brennende Kribbeln in ihrer Hand, ihre Augen brannten. Joffrey, er würde sie nicht im Stich lassen. Das brennen in ihrer Hand wurde noch einmal stärker, bevor es verschwand. Mina lehnte den Kopf an die Wand. Sie wollte gerade ihre Hand um den die Kette schließen, als ein grimmiges Lächeln über sein Gesicht huschte. ,,Na, na Mina, die behalte ich “, sagte Jonah. Minas Blick schweifte zu der offenen Tür, schnell sprang sie auf und stürzte in Richtung Tür. Jonah packte ihr Fußgelenk, schleuderte Mina zurück in die Ecke. ,,Und du bleibst hier“, stellte er mit strengem Ton fest. Mit diesen Worten fiel die Tür wieder ins Schloss.

Dreizehntes Kapitel

 13.

Für einen weiteren kurzen Moment spürte Mina dem vertrauten brennen in ihrer Handfläche nach. Joffrey, er hatte sie nicht vergessen. Wieder spürte sie das Brennen in ihren Augen, als eine kleine schimmernde Träne über ihre helle Haut lief. Die Dhamphirin seufzte, sie konnte nur hoffen, dass Joffrey nicht unvorbereitet in diese Falle tappte. Vor ihrem geistigen Auge erschien Joffreys Gesicht. Seine markanten Gesichtszüge, die dunklen Augen und die welligen grauen Haare – er wusste bestimmt, was er tat. Ihre Gedanken schweiften ab , in die Zeit, in der sie und Joffrey noch Seite an Seite gekämpft hatten. Es war eine stille, sternenklare Nacht gewesen. Die Dhamphire schlichen im Gleichklang durch den Wald. Ihre Schritte schienen ineinander zu verschmelzen. Der Wind hob ihre Mäntel ab und an leicht an. Ein Lächeln umspielte Minas Lippen, als sie Joffrey während der Jagd betrachtete – sein Blick war konzentriert, die Muskeln angespannt. Plötzlich knackte etwas im Gebüsch , Joffrey legte seinen Kopf schräg. ,,Schau mal, ein Eichhörnchen“, hatte er gesagt. Damals hatte Mina ausgelassen gelacht. ,,Der große Dhamphir verfolgt eine Spur, die Spur eines Eichhörnchens“, hatte sie lachend gerufen. Die Dhamphirin schloss ihre Augen, sie würde es spüren, sobald Joffrey das Gelände betrat. Vorsichtig strich Mina über ihre Handfläche , dann schlief sie ein.

 

 

 

Der alte Dhamphir lief in seinem Zimmer auf und ab. Das brennen in seiner Handfläche war verflogen. Mina – sie brauchte seine Hilfe. Er würde alles….. Doch wie sollte er unbemerkt auf das Gelände kommen? Anthony würde ihm helfen, doch die anderen Dhamphire kannten ihn, sie würden sie sofort bemerken, zu dem würden sie in der Unterzahl sein. Für eine winzige Sekunde lang zog er die Möglichkeit in Betracht Maggie zu bitten mitzukommen. Würde sie ihm den Gefallen tun? Selbst wenn sie es tun würde, wäre es viel zu riskant – wenn die anderen bemerken würden, was sie war, dann hätten sie nur noch mehr Schwierigkeiten. Wieder ging Joffrey alle Möglichkeiten durch, doch alles half nichts….Ach verdammt, sie mussten es versuchen mit oder ohne Maggie, er konnte und wollte Mina nicht einfach im Stich lassen. Der alte Dhamphir stand mittlerweile wieder vor seinem Bücherregal, langsam fuhr er mit seiner Hand die Kante des Regals entlang, solange, bis er eine kleine Vertiefung in dem Holz spürte. Seine Augen blitzten auf, als er den Mechanismus in Gang setzte und sich die untere Hälfte des Bücherregals um hundertachtzig grad drehte. An der Rückseite des Bücherregals blitzte die Klinge eines silbernen Schwertes auf. Joffrey griff nach dem Schwert, wog es in seiner Hand, drehte es , warf es kurz in die Höhe und fing es wieder auf. Die Klinge war messerscharf, das Metall wies jedoch kaum Gebrauchsspuren auf, was jedoch kein Wunder war, er kämpfte selten und noch seltener mit Waffen. Genau wie Mina bevorzugte auch den traditionellen Dhamphirkampf ohne jegliche Art von Waffen. Diese Art des Dhampihrkampfes beruhte auf tiefem Respekt gegenüber des Lebens als Dhamphir, jedoch ist dieser Respekt mit der Zeit verschwunden. Aus harmlosen Trainingseinheiten wurden teilweise blutige Kämpfe. Joffrey ließ das Schwert wieder hinter dem Regal verschwinden, er würde es im Falle eines Kampfes nicht brauchen. Der Mechanismus setzte wieder ein , mit Nachdruck rastete der Mechanismus wieder ein.

 

 

 

Anthony wurde von einem Geräusch und unruhigen Schritten geweckt, wieder einmal verfluchte er sein feines Gehör. ,,Maggie, wach auf,“ sagte er und drückte ihr einen Kuss aufs Haar. Sie murmelte irgendetwas vor sich hin, dann sah sie mich an. „Was ist los?“, fragte sie noch etwas müde und rieb sich über ihre Augen. „Ich werde mal kurz nach Joffrey sehen ,“ sagte er. Sie nickte, streckte sich und stand auf. ,,Dann werde ich das Frühstück richten“, entgegnete sie. Anthony nickte, Joffreys nervöses auf und abgehen war nun deutlich zu hören. ,,Ich glaube du solltest dich besser beeilen, bevor Joffrey einen Weg gefunden hat durch die Decke zu laufen“, stellte Maggie fest. Wieder nickte ich und stand auf. „Vielleicht solltest du besser mitkommen Maggie“, sagte Anthony nachdenklich. Er bemerkte, wie die Maggies Haut leicht schimmerte, ihr war deutlich anzusehen, dass sie sich konzentrierte. Nach dem einige Sekunden verstrichen waren sagte sie :,,Ich glaube es wäre besser, wenn wir beide gehen, er scheint aufgewühlt zu sein.“

 

 

 

Kurz darauf standen Anthony und ich auch schon vor der Tür zu Joffreys Zimmer. Ohne große Umschweife betrat Anthony das Zimmer. Ich tat es ihm gleich. Der alte Dhamphir sah uns an. ,,Guten morgen“, sagte er gespielt fröhlich. ,,Mein Freund, mach uns doch nichts vor, du bist laut genug über den Boden getrampelt“, kam Anthony gleich zur Sache. Mühsam rang sich der alte Dhamphir ein Lächeln ab. Irgendetwas an ihm war anders, aber was? Seine Miene wurde ernst , als er sagte: ,,Ein weiterer Dhamphir hat sich vom Rat losgesagt und befindet sich nun in Jonahs Gewalt“. ,,Um wen handelt es sich?“, hörte ich Anthony fragen. Joffrey musterte mich prüfend. ,,Maggie ist wirklich gut – würdest du bitte aufhören Liebes deine Kräfte auf mich zu projezieren“, sagte er mit Nachdruck. Ertappt nickte ich. ,,Um Mina ,“ ergänzte Joffrey. Das Schimmern der goldenen Linien flimmerte kurz auf, verschwand aber schnell wieder. Eine Flut von Bildern strömte durch meine Gedanken. Eine Frau, wunderschön, mit silber-grauen Haaren , heller Haut, und smaragdgrünen Augen – ob das Mina war? Offensichtlich war ich in Gedanken versunken gewesen, denn Anthonys Worte ließen mich zusammenzucken. ,,Maggie wird niemals mitkommen, das ist viel zu gefährlich“, sagte er mit Nachdruck. Seine Augen funkelten Joffrey zornig an. Schnell sagte ich:,, Anthony, was ich tue und lasse entscheide immer noch ich. Joffrey würdest du deinen Satz bitte wiederholen“. Das angestrengte Gesicht das Dhamphirs entspannte sich wieder. ,,Um Mina zu befreien brauchen wir einen Plan und Anthony, du weißt genauso gut wie ich, dass Jonah und alle anderen uns erkennen würden, wir würden es nicht einmal unbemerkt zur Tür schaffen – Maggie schon“, brachte er hervor. ,,Ach ja und was ist, wenn Jonah erkennt, WAS sie ist“, gab Anthony zurück. WAS …. Ich war huschte es durch meine Gedanken. Ein scharfer Stich fuhr durch mein Herz, als ich seinen abfälligen Tonfall bemerkte. ,,Ich bin dabei“, sagte ich kurzentschlossen in die Runde. Entgeistert sah Anthony mich an. ,,Maggie..“, setzte er an. ,,Erklärt mir einfach alles, was ich wissen muss“, sagte ich entschlossen.

Vierzehntes Kapitel

 14.

 

Aufmerksam hörte ich den zwei Dhamphiren zu, schließlich sagte ich:,, Verstehe ich das richtig, dass einzige, was ich beachten muss ist, dass niemand bemerken darf, dass ich eine Hexe bin.“ Anthony nickte. ,,Und was ist jetzt der Plan?“, fragte er mich. ,,Ihr haltet euch versteckt und sobald es dunkel wird, wartet ihr auf das Zeichen“, antwortete ich. Mit diesen Worten stand ich auf, verließ schnellen Schrittes das Zimmer und fing an alles vorzubereiten.

 

 

 

,,Glaubst du, der Plan funktioniert?“, fragte Anthony eher grimmig, als hoffnungsvoll. Joffrey legte seinen Kopf schräg ,,Du zweifelst“, stellte er nüchtern fest. ,,Natürlich zweifle ich an diesem Plan“, antwortete der Dhamphir. „Wer nicht wagt, der nicht gewinnt“, stellte Joffrey fest. „Wer würde denn gewinnen ? Das wärst du Joffrey“, sagte Anthony. Die Augen des alten Dhamphirs musterten ihn eindringlich, als er sagte:,,Nein, Maggie würde auch gewinnen. WAS sie ist….war vielleicht kein guter Versuch ihr das Gefühl zu geben gebraucht zu werden.“ Kurze Gedankenfetzen huschten durch Anthonys Kopf, als er Begriff – Maggie – sie wollte ihm beweisen, dass sie ….. etwas erreichen konnte. Er dachte an seine Kämpfe und daran, wie er sich immer übernahm…., doch bei ihm war das etwas anderes. Er war ja immerhin stärker oder nicht? Er verfolgte diesen Gedanken weiter, doch Anthony wusste, dass Joffrey wie so oft Recht hatte.

 

 

 

In der Zwischenzeit hatte ich mein altes, zerschlissenes, braunes Kleid angezogen. Der Kragen eines Hemdes, welches ich darunter gezogen hatte verdeckte die goldenen Ranken an meinem Schlüsselbein. Es folgten noch ein paar Handschuhe. Kurz darauf begab ich mich auch schon in das Foyer. ,,Wir können los“, rief ich laut.

 

 

 

Joffrey zog gerade noch den Gürtel seines Mantels fest und dann ging er auch schon mit Anthony hinunter in das Foyer. Er war zuversichtlich – was den Plan betraf, jedoch stand selbst er als erfahrener Dhamphir der Ausführung kritisch gegenüber. Maggie war zwar hübsch und auch die letzte große Hexe, aber ob das reichte um den Anführer der Dhamphire hinters Licht zu führen? Obwohl, wenn er es genau bedachte , hatte nicht einmal er bemerkt, welche Kräfte in Maggie schlummerten – solange sie ihre Kräfte nicht einsetzte, dürfte also nichts schiefgehen.

 

 

 

Wir machten uns auf den Weg, zu Fuß – alles andere wäre zu auffällig gewesen. Ein gespenstisches Schweigen umgab uns, keiner sagte auch nur irgendetwas. Ich spürte den kalten Schnee unter meinen Füßen und langsam schien die beißende Kälte in meine Knochen zu kriechen. Meine Lippen begannen zu zittern, meine Zähne klapperten – doch all das gehörte zu dem Plan. Je tiefer wir in den Wald liefen, desto öfter verfing sich mein Kleid in den von Schnee bedeckten Dornen, die schier überall zu sein schienen. Mit jedem Schritt spürte ich, wie sich die Kälte tiefer und tiefer in meine Knochen schlich. Irgendwann wurden die Abstände der Bäume immer größer, langsam lichtete sich der Wald – bald würde ich auf mich allein gestellt sein.

 

 

 

Zur gleichen Zeit lehnte Jonah an einem Fenster, sein Blick wanderte immer wieder an den Rand des Waldes. Was erwartete er ? – Joffrey würde schließlich nicht auf das Gelände gestürmt kommen und alles dem Erdboden gleich machen , falls er überhaupt kam. Wieder huschte jenes hinterlistige Lächeln über das Gesicht des Dhamphirs, doch bevor er seine Gedanken weiterverfolgen konnte, vernahm er einen lauten Schrei aus der Ferne. Alarmiert schnappte er sich sein Schwert und ging hinaus. Die kühle londoner Winterluft wirbelte den Schnee auf, als er auch schon eine junge Frau sah. Panisch kam sie auf ihn zu gerannt, doch sie strauchelte. Den griff seines Schwertes fest umschlungen, ging Jonah auf sie zu. Sie lag im Schnee, ihre Lippen waren bereits leicht bläulich angelaufen, sie zitterte, in ihren blauen Augen fehlte jeglicher Glanz. Der Dhamphir betrachtete sie genauer. Mit dem kalten Metall seines Schwertes streifte er kurz ihr Gesicht – sie reagierte nicht. ,,Wie lange bist du schon unterwegs, kleines ?“, fragte er kühl. Die junge Frau blickte ihn verängstigt an. ,,Ich weiß es nicht, Sir“, sagte sie. Jonahs Augen verengten sich führ wenige Sekunden zu einem schmalen Schlitz – war sie möglicherweise ein Jungvampir? Elegant kniete er sich neben sie. Mit seiner Hand hob er ihr Kinn an, um ihr besser in die Augen sehen zu können. Der Atem der Frau beschleunigte sich, während der Dhamphir ihr tief in die Augen blickte – doch er entdeckte weder ein verräterisches Funkeln, noch einen dunklen Glanz, sie war also weder Dhamphir noch Vampir. ,,Ich glaube, sie sollten sich aufwärmen ,“ sagte er, schob seine Arme unter sie und hob sie hoch. ,,Danke Sir“, gab die junge Frau zurück. Wenige Sekunden später lag das Gelände wieder völlig verlassen da.

 

 

 

Der Mann trug mich in ein Zimmer, dort setzte er mich auf einem weichen Sofa, direkt neben einem Feuer ab. Das Sofa war aus rotem Samt, genauso wie die schweren Vorhänge vor dem Fenster, das Feuer gab dem ganzen Bild etwas unheilvolles, gar gespenstisches. Der Mann, der nach Joffreys Beschreibung Jonah heißen musste nahm in einem roten Samtsessel vor mir Platz, sein Schwert hatte er an die Seite des Sessels gelehnt – jeder Zeit griffbereit. Ich schluckte – jetzt war ich auf mich allein gestellt. Seine Augen waren dunkel, als er mich abermals musterte. ,,Wie kommt es dazu, dass so eine junge , hübsche Frau wie sie völlig allein und frierend ausgerechnet hier landen?“, fragte er in einem scharfen Tonfall. Ein Schauer lief mir den Rücken hinunter, hoffentlich hatte er nichts bemerkt. ,,Ich war auf dem Markt und plötzlich kam ein Schneegestöber auf , ich dachte, ich würde noch nach Hause finden, doch dann verirrte ich mich im Wald“, antwortete ich. Wieder dieser prüfende Blick seinerseits.

 

 

 

Jonah spürte, dass die junge Frau von etwas seltsamen Umgeben wurde, doch er wusste nicht von was. Sein blick schweifte kurz über ihre Locken, bis hin zu ihrem völlig zerfetzten Kleid, doch dann fiel ihm etwas auf – sie trug Handschuhe. ,,Kleines, weshalb tragen sie Handschuhe?“, fragte er beiläufig. ,,Ich Dussel habe mich an einem Kochtopf verbrannt und wollte nicht, das jeder die Verbrennungen sieht“, entgegnete sie und sah mich an. Ihre blauen Augen schienen wieder etwas lebendiger geworden zu sein. Ein seltsames Gefühl beschlich den Dhamphir. ,,Ruhen sie sich etwas aus ,“sagte Jonah. Der Dhamphir stand auf. ,,Wohin gehen sie ?“, fragte die junge Frau. ,,Einer guten Freundin ein paar Fragen stellen“, gab Jonah zurück, seine Augen blitzten auf, dann verließ er den Raum.

Fünfzehntes Kapitel

 15.

 

Mina lauschte der Stille, die sie umgab. Sie fragte sich, ob sich überhaupt noch Dhamphire auf dem Gelände befanden – vielleicht trainierten sie auch nicht. Die Kälte kroch förmlich durch das Gemäuer. Sie zog ihre Knie an sich. Der Steinboden war kalt, an einigen Stellen waren die Steine sogar von einer dünnen Eisschicht überzogen. Die Kälte schien sich im Keller auszubreiten – still und leise, unaufhaltsam. Schritte…waren zu hören, Joffrey? Die Schritte wurden lauter, immer aggressiver und dann flog die Eisentür auf. Mit einem lauten Knall krachte die Tür an die Wand. Im Türrahmen stand Jonah, sein Gesicht zu einer grimmigen Fratze verzerrt, in der Hand einen goldenen Dolch. Mina zuckte kaum merklich zusammen, als sie den Dolch bemerkte – es war eine Waffe um Dhamphire zu schwächen, wenn nicht sogar zu töten. Jener Dolch wurde seit Jahrhunderten mit der Macht der Dhamphire gespeist , aber nicht um gutes zu vollbringen. Jonah riss Mina von den Füßen. „Wen hast du gerufen?,“ knurrte er. Die Dhamphirin spürte die kalte Wand an ihrem Rücken – was meinte er? ,,Du hast doch Joffrey gerufen“, knurrte sie. Plötzlich wurde Jonahs Kopf für wenige Sekunden nach hinten gerissen, ein hysterisches Lachen entwich seiner Kehle. ,,Kannst du mir dann mal erklären, warum eine junge Frau in unserem Empfangsraum sitzt ,“zischte er. Seine Augen wurden dunkel, etwas Wildes blitzte darin auf. „Ich habe keine Ahnung wer das ist,“ zischte Mina. Ohne ein weiteres Wort holte Jonah mit dem Dolch aus.

 

 

 

Ein gellender Schrei zerriss die Stille. Ich fuhr zusammen – war das Mina? Dieser Schrei ging durch Mark und Bein. Plan – wir hatten einen Plan gehabt,…..ich schüttelte meinen Kopf und stand auf. Wenn das Mina war, brauchte sie Hilfe und niemanden, der sich an einen Plan hielt. So leise wie möglich schlich ich mich aus dem Zimmer. Der Korridor war nur spärlich beleuchtet, die Holzdielen schienen bei jedem Schritt zu knarren. Schritt für Schritt schlich ich weiter – weit und breit war niemand zu sehen. Am Ende des Korridors war eine Treppe zu sehen, ob sie wohl in den Keller führte?

 

 

 

Zur gleichen Zeit lief Anthony im Wald auf und ab. Der Schnee unter seinen Füßen war bereits zu einer festen Furche getreten. Joffrey lehnte einige Meter weiter an einem Baum. ,,Das dauert schon viel zu lange ,“ sagte Anthony. Der Dhamphir sah ihn vorwurfsvoll an. ,,Du musst Maggie schon vertrauen,“ gab Joffrey zurück, er ließ das große Haus nicht aus den Augen. Anthony schnaubte. „Vertrauen…..ich vertraue ihr ja, aber weder dem Plan noch Jonah“, stieß er aus. „Dann kannst du ja aufhören den Schnee dem Boden gleich zu machen“, sagte Joffrey. ,,Du musst noch viel lernen Junge“, fügte er hinzu. Joffrey atmete langsam aus. Der Dhamphir musterte Anthony aus dem Augenwinkel. Er wusste, was in ihm vorging, doch er musste sich beruhigen, sonst würden die anderen Dhamphire sie entdecken. Wieder begann Anthony nervös hin und her zulaufen. „Setz dich Junge“, sagte Joffrey mit Nachdruck und zeigte auf einen umgefallenen Baumstamm. Mit einem wütenden Schnauben setzte er sich wiederwillig auf den Baumstamm.

 

 

 

Jonah betrachtete Mina. Ihr Gesicht war schmerzverzerrt, ihre smaragdgrünen Augen blickten den Dhamphir schockiert an, ihre Lippen zitterten. Mit zitternden Händen hielt sie sich die Hüfte. „Weißt du es jetzt?“, zischte er. ,,Nein, nein Jonah ich….“, doch bevor sie ihren Satz beenden konnte, drehte Jonah den Dolch ein Stück. Eine winzige Träne lief ihre Wange hinunter, sie zuckte vor Schmerz zusammen. „Bitte, Jonah, hör auf“, wisperte sie unter Tränen, ihren Blick hatte sie auf den Boden gerichtet, wieder drehte Jonah den Dolch ein wenig. Wieder zuckte die Dhamphirin zusammen. Jonah legte den Kopf schräg, er hatte Mina noch nie so gesehen, er hob ihr Kinn an und blickte in ihre mit Tränen gefüllten Augen. „Eigentlich gefällst du mir so Minchen“, stellte Jonah fest. ,,Nenn mich nicht so“, knurrte Mina schwach. „Du versuchst immer noch die Starke zu spielen, aber du bist schwach Mina“, sagte Jonah und zog den Dolch mit einem Ruck aus der Wunde. Ein weiterer Schrei entwich Mina, als sie auf dem Boden zusammensackte. Zitternd drückte sie ihre Hand auf die Wunde. „Lass mich doch einfach gehen“, flehte Mina, verzweifelt versuchte sie die Blutung zu stoppen. Grinsend zog Jonah die zitternde Mina wieder auf die Beine. Sein Gesicht war nur noch wenige Meter von ihrem entfernt, mit seinem Daumen fuhr er die Konturen ihres Gesichts nach, er fuhr an ihrer Wange entlang und schließlich hielt er inne. Seinen Daumen lag auf ihren Lippen. Die elektrische Spannung in dem eiskalten Kellerraum war förmlich greifbar. Die Gesichter der beiden waren nicht mehr weit voneinander entfernt. „Ich bin noch lange nicht mit dir fertig“, knurrte Jonah und holte mit seiner Hand aus. Genau in diesem Moment ertönte die Stimme einer jungen Frau :,,Das nennen sie Fragen stellen Sir, was erdreisten sie sich.“ Jonahs Kopf wirbelte herum – wie kam sie denn hier her? Seine Hand senkte sich. „Komm her , Kleines ,“ sagte Jonah und streckte der jungen Frau die Hand entgegen. Scheinbar ohne Furcht machte sie einige Schritte auf ihn zu, als sie nahe genug bei ihm stand, packte er ihren Arm und schleuderte sie gegen Mina. ,, Sucht die Dhamphire“, schrie er, dann knallte er die Tür zu.

 

 

 

Ich rappelte mich auf. „Nein, Joffery..“, murmelte die Dhamphirin. „Mina“, sagte ich. „Woher kennen sie meinen Namen?“, fragte sie. Behutsam kniete ich mich neben sie, vorsichtig löste ich ihre Hand von der Wunde. „Joffrey ist in der Nähe , Anthony ebenfalls ,“ antwortete ich. Meine Hände legte ich auf die Wunde. „Und sie?“, fragte sie mit zittriger Stimme. „Ich bin Maggie“, stellte ich mich vor. „Was machen sie da?“, fragte Mina. Ich schloss meine Augen und fühlte das vertraute Kribbeln in meinen Adern. Als ich meine Augen kurz darauf wieder öffnete leuchteten die goldenen Ranken. Mina starrte mich an. „Du bist….es , aber wie konnte Jonah..das..unmöglich“, brachte sie hervor. „Ich habe nicht vor dem Rat meine Kräfte zur Verfügung zu stellen“, gab ich zurück, ihre Wunden waren verheilt. „Wir müssen hier raus, so schnell wie möglich“, sagte die Dhamphirin etwas gefasster.

 

 

 

Jonah war gerade an der Treppe angekommen, als er eine enorme Kraft spürte – eine warme, helle, mächtige Kraft. Diese Hexe, wie hatte sie mich nur täuschen können. Ein tiefes Knurren entwich seiner Kehle, als er auf dem Absatz kehrt machte. Als er um die Ecke bog standen die Frauen vor ihm. Der goldene Schimmer der Ranken schien den düsteren Keller zu erhellen. „Du kommst hier nicht raus, kleine Hexe“, knurrte er und umklammerte den Dolch fester.

 

Sechzehntes Kapitel

 16.

 

 

Ich sah Jonah an und musste schlucken – falls wir es hier irgendwie raus schafften, konnte ich mir sicherlich eine Standpauke von Anthony anhören. “Wir hatten einen Plan, jetzt wissen sie, was du bist…“ so ähnlich würde sich die Standpauke wohl anhören. Mit einem Kopfschütteln verscheuchte ich den Gedanken. Prüfend musterte ich den wütenden Dhamphir – sein blick verriet mir, dass er jeden meiner Schritte genauso fixierte, wie ich die seinen. Er versperrte den Weg zur Leiter. Plötzlich war ein leises Geräusch zu hören, dann stürzte Jonah nach vorn. Schnell stieß ich Mina zur Seite. „Mina, lauf jetzt“, hörte ich mich schreien, als ich auch schon zur Seite sprang. Ich bemerkte das Kribbeln unter meiner Haut.

 

 

 

 Selbst im Wald war diese enorme Macht zu spüren. „Etwas ist schief gegangen“, rief Joffrey, als er auch schon die Dhamphire sah, die aus dem Haus strömten. „Fang Junge“, sagte Joffrey energisch und warf Anthony ein Schwert zu. Elegant fing er es auf. „Und was ist mit dir?“, fragte er. „Junge, du musst noch viel lernen – ich komm schon zurecht“, entgegnete Joffrey. Noch bevor die ersten Dhamphire den Rand des Waldes erreichten stürzten sie aus dem Schutz der von Schnee bedeckten Bäume hervor. Schnell und treffsicher schaltete Anthony einen Dhamphir aus – sie wussten, dass sie die Dhamphire nur für eine gewisse Zeit in Schach halten konnten. Joffrey verpasste einem großen, hageren Dhamphir einen Kinnhaken, fluchend ging in dieser zu Boden. Wieder ein anderer stürzte sich auf Joffrey, schnell bückte sich dieser. Der Angreifer wurde über seinen Rücken geschleudert und fiel zu Boden. Nervös blickte er zum Eingang – immer noch keine Spur von den beiden Frauen. Ein weiterer Angreifer wurde außer Gefecht gesetzt, diesmal von Anthony. „Guten Tag alter Mann“, vernahm Joffrey eine ihm vertraute Stimme – Mina. Er musste Lachen, aus dem Augenwinkel sah er wie zwei weitere Dhamphire auf ihn zu stürzten. „Verräter“, knurrten sie, als sie ihn zu Boden warfen. Mit einem kräftigen Schritt stieß Mina sie zur Seite. „Ich möchte doch sehr bitten, meine Herren“, tadelte sie , ein schelmisches Grinsen huschte über ihre Lippen. Joffrey sprang wieder auf die Beine, gerade noch rechtzeitig um zu sehen, wie Anthony auf den Eingang zu rannte. Die Magie, die überall zu spüren war wurde immer stärker – kopfschüttelnd holte er ihn ein. Mit einem einzigen Stoß schleuderte er Anthony zurück. Er rutschte durch den Schnee. „Was soll das Joffrey?“, knurrte er und griff ihn schließlich an. Joffrey wurde gegen die Außenwand des Hauses geschleudert. „Du kannst da jetzt nicht hinein“, knurrte er und packte Anthony an den Schultern. „Ach ja und weshalb?“, zischte der Dhamphir, in seinen Augen lag jener dunkler Glanz , der Glanz , der signalisierte, dass er voll und ganz auf den Kampf fixiert war. Der Glanz, der zeigte, dass er in einem Kampfesrausch war – in dem er sich meist selbst überschätzte. Fluchend suchte er nach den passenden Worten , die ihm jedoch nicht in den Sinn kommen wollten. „Ihre Magie würde dich töten,“ zischte er nach einigen Sekunden des Überlegens. Wütend stieß er Anthony von sich. „Sie dir die Dhamphire an , sie schwächeln , selbst die Stärksten und das garantiert nicht wegen unserem Angriff – sieh sie dir doch an“, schnaubte Joffrey und rieb sich den Kopf. In der Zwischenzeit hatte Mina zwei weitere Angreifer ausgeschaltet. Geschickt bewegte sie sich durch das Gewusel.

 

 

 

„Halt still du Hexe“, zischte Jonah, als er versuchte Maggie mit dem Dolch zu erwischen. Schon wieder war sie ihm entwischt. Die goldenen Ranken leuchteten durch den Stoff des Hemdes hindurch, die Handschuhe hatte sie vorhin ausgezogen – das Leuchten der Ranken an ihren Händen war somit deutlich zu sehen. Jonah wurde von ihrer Macht zurückgeschleudert. Für einen kurzen Moment erhellte das goldene Licht noch den eigentlich finsteren Keller, dann war sie auch schon die Leiter hinaufgeklettert.

 

 

 

Ich rannte den Korridor entlang – mein Herz hämmerte. Das Kribbeln schien immer stärker zu werden, es schien mich förmlich aufzufressen. Was war das nur? Für eine kurze Sekunde taumelte ich , Halt fand ich an einer Wand. Diese Kraft, die mich umgab, wie konnte ich so lange nichts davon gewusst haben? Vorsichtig versuchte ich diese enorme Kraft unter Kontrolle zu bringen. Doch die Wucht, mit der diese Kraft auf mich einströmte warf mich zurück – direkt in Jonahs Arme. „Da bist du ja, kleine Hexe“, knurrte er in mein Ohr, schon spürte ich das kalte Metall des goldenen Dolchs an meiner Kehle. Meine Sicht war verschwommen, eine weitere Welle meiner Kraft strömte auf mich ein. Der Dhamphir zischte irgendetwas, doch ich verstand es nicht- zusammenreißen, ausatmen-…. Dann, dann war da auf einmal das trübe Licht der londoner Wintersonne. Die kühle Luft schien sanft über mein Gesicht zu streichen.

 

 

 

Auf der mit Schnee bedeckten Lichtung herrschte spannungsgeladene Stille, als Jonah mit der halb bewusstlos zu sein scheinenden Maggie hinaustrat. Die Gesichter von Mina, Joffrey und Anthony schienen wie erstarrt, einzig und allein ihr Atem war durch die Kälte zu sehen. Der goldene Lichtschimmer, der von Maggie ausging erhellte die Umgebung. Ein schauriges Lachen zerriss die Luft – dann riss Jonah den goldenen Dolch in die Höhe, unbarmherzig schnellte er auf Maggie nieder.

 

 

 

Genau in diesem Moment spürte ich, wie eine dritte Welle meiner Magie mich mit voller Kraft aus der nahenden Bewusstlosigkeit riss. Geistesgegenwärtig packte ich die Klinge des herabschnellenden Dolches.

Die andren mussten mit ansehen, wie Jonah entsetzt zurücksprang und der Dolch in Maggies Hand hell aufleuchtete. Das Licht schien immer heller zu werden, dann floss es den Dolch hinunter – langsam, Stück für Stück löste sich dieser auf. Die Dhamphire betrachteten alles mit weit aufgerissenen Augen, bevor sie wieder zur Besinnung kamen und Jonah sich erneut auf die Hexe stürzen konnte, schrie Maggie :,,Lauft!“

 

 

 

Sie setzten sich in Bewegung, erst langsam, dann rannten sie. Mina, Joffrey, Anthony und Maggie. Als die vier sicher den schützenden Rand des Waldes erreicht hatten, riss Maggie intuitiv ihre Hände in die Höhe – ein starker Wind kam auf, dann wurde der Schnee von den Baumkronen gefegt, tosend wirbelte er über die Dhamphire des Rates hinweg. Die Wucht mit welcher der Schnee über die Lichtung fegte riss einige, der Dhamphire die die Verfolgung aufnehmen wollten von den Füßen.

Das würde ihnen einen mehr oder weniger großen Vorsprung einbringen und tatsächlich kamen sie bald wieder an dem Schloss an….

 

Siebzehntes Kapitel

 17.

 

Wir hatten das Schloss erreicht. Das Kribbeln hatte noch nicht wirklich nachgelassen. Hatten die anderen Dhamphire die Verfolgung aufgenommen? Mein Blick schweifte hinüber zum Waldrand – weit und breit war nichts zu sehen. Eine innere Stimme sagte mir, dass das auch so bleiben würde. Das Getose des Schneegestöbers von der Lichtung war selbst hier deutlich zu hören. Hörbar atmete ich aus. Mina hatte sich an Joffrey gelehnt, auch sie beobachteten aufmerksam jede mögliche Regung am Waldrand. Anthony hingegen sah mich mit vorwurfsvollen Blick an. „Maggie wir hatten einen Plan..“, fing er an. Ich seufzte – hatte ich es doch gewusst. „Ich weiß“, fiel ich ihm schnell ins Wort. „Lass mich einmal ausreden Maggie“, sagte er mit energischer Stimme. „Weißt du eigentlich was du da gemacht hast? Du hättest nicht von dem Plan abweichen dürfen. Die anderen wissen jetzt..“, setzte er wieder an. „Junge es gibt keinen Grund Maggie….“, wollte Joffrey sagen, doch Anthony fuhr fort. „Würdest du mich bitte fortfahren lassen ,Joffrey. Sie wissen jetzt was du bist, weißt du eigentlich in was für eine Gefahr du uns alle gebracht hast?“. Fassungslos sah ich ihn an – ich konnte nicht fassen, was er da sagte. „Ach ja und das weißt du alles weil du wer bist? – Verzeihung my Lord Hochwohlgeboren – ich hatte je ganz vergessen wie sie sind.“, stellte ich fest. Anthony kam ein paar Schritte auf mich zu. „Was soll das jetzt heißen?“, zischte er. Btreten sah ich zu Boden. In mir brodelte es, als ich sagte:,, Das WAS hat dich nur gerettet“. Er schnaubte, als er hervorschnellte und mein Handgelenk packte. „Ich brauche dich nicht um gegen andere Dhamphire anzukommen“, knurrte er. Meine Augen weiteten sich, dann füllten sie sich mit Tränen. „Ach ja, wenn das so ist dann..“, zischte ich unter Tränen. „Anthony lass es jetzt gut sein“, brachte Mina sich ein. „Sei lieber still, um dich zu retten hat sie ja schließlich alles durcheinander gebracht“, knurrte er. Endlich konnte ich ihm meine Hand entreißen, ich verstand ihn nicht. „Oh Verzeihung Lord, ich vergaß, sie wissen ja alles, sie sind ja so perfekt“, hörte ich mich knurren, Tränen brannten in meinen Augen. „Maggie ich dulde solche Worte nicht von einem..“, kurz hielt er inne, doch der dunkle Glanz in seinen Augen verriet, dass der Rausch des vergangenen Kampfes noch nicht abgeklungen war. „Sag es ruhig“, schrie ich. „Ich dulde solche Worte nicht von einem einfachen, minderen Frau aus dem Dorf“, schrie er. Sein rauer Ton ließ mich zusammenfahren.

 

 

 

Joffrey beobachtete die beiden. Jederzeit bereit einzugreifen, doch er kannte Anthony – mal wieder regte er sich zu sehr über etwas auf und richtete seinen ganzen Groll gegen Maggie – fataler Fehler dachte Joffrey, er sollte recht behalten, denn genau in diesem Moment hatte Maggie Anthony zu Boden gestürzt.

 

 

 

Diese Worte waren einfach zu viel gewesen. Mit einem einzigen Ruck hatte ich Anthony zu Boden gestreckt. Er lag auf dem Rücken im Schnee. Mit zitternden Händen drückte ich ihn zu Boden. In seinen Augen lag ein für mich seltsamer, völlig neuer dunkler Glanz. Mit einer Hand packte er mein Haar und drehte sich ruckartig. Ich spürte den kalten Schnee unter mir. „Maggie, mach jetzt keine Dummheiten“, zischte er. Wütend schnaubte ich. „Hören sie auf mir zu sagen was ich machen soll“, entgegnete ich energisch – ein kurzes Kribbeln fuhr durch meine Adern, dann wurde Anthony zurückgeschleudert. „Du Hexe“, knurrte er im Rausch seiner Wut. „Junge es reicht, du bist nicht in einem Kampf“, sagte Joffrey mahnend. Fassungslos sah ich Anthony an, diesmal konnte ich meine Tränen nicht zurück halten, so sehr ich es auch wollte. „Was ist nur in dich gefahren?“, schluchzte ich, bevor ich ihm den Rücken zuwandte und im Schloss verschwand.

 

 

 

Anthonys Verstand klärte sich langsam wieder. Stück für Stück fing er an all das zu begreifen…. Als er sich aufrappelte blickte er in die verständnislosen Gesichter von Joffrey und Mina. „Ohne Maggie wäre ich nicht mehr am Leben und dir fällt nichts besseres ein, als ihr Vorwürfe zu machen“, tadelte Mina, bevor auch sie im Schloss verschwand. Joffrey sagte : „ Junge, du kannst nach gerade eben froh sein, wenn Maggie überhaupt noch hier bleiben will.“ Jetzt verschwand auch er.

 

 

 

Mina lief durch das Schloss, sie folgte dem leisen Wimmern der Hexe. Schließlich betrat sie das Zimmer der kleinen Hexe und zog die Tür hinter sich zu. Maggie saß schluchzend auf dem Bett, ihr Gesicht war Tränen überströmt. „Ich wollte das alles doch nicht, aber was hätte ich machen sollen..“, schluchzte sie. Behutsam nahm Mina das Gesicht der jungen Hexe in ihre Hände. „Hör mir zu, du bist stark, also trockne deine Tränen und der gute Lord hatte gerade nur eine kleine Trotzphase – große Jungs mögen es eben nicht, wenn sie mit etwas falsch liegen. Das renkt sich wieder ein ,“ sagte die Dhamphirin mit warmer Stimme. „Wirklich?“, fragte Maggie schon etwas gefasster. Mit dem Handrücken wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht. Ein Lächeln huschte über Minas Lippen. „Ganz sicher“, entgegnete sie, ,,Sei einfach stark – es ist gut seinen eigenen Kopf zu haben“. Kurz drückte sie Maggie, dann stand sie auf. „Du entschuldigst mich“, sagte Mina. Maggie nickte lächelnd – die Dhamphirin hatte recht, manchmal war es gut seinen eigenen Kopf zu haben.

 

 

 

Joffrey hatte seinen Mantel ausgezogen. Seine Hände tunkte er in eine Schüssel mit kaltem Wasser, dann wusch er sich sein Gesicht. Das leise Geräusch der schließenden Tür und die Arme , die sich um ihn schlangen ließen ihn lächeln. „Willkommen zu Hause“, sagte er. „Zuhause ,“ wisperte Mina, die ihren Kopf an seine Schulter gelegt hatte. Sanft löste er sich aus ihrer Umarmung. Joffrey sah in Minas smaragdgrüne Augen, dann blickte er an ihr hinunter. Die Bluse die sie trug war zerrissen, die Hose verdreckt. Mina schien seinen Blick bemerkt zu haben. „Ich werde mich mal kurz frisch machen“, sagte sie. „Das Badezimmer ist gleich dort“, sagte er und zeigte auf eine große Holztür aus Mahagoni. Mina verschwand im Badezimmer.

 

 

 

Die Dhamphirin ließ Wasser in die Wanne ein – es war kalt , üblich für die Winterzeit. Sie zitterte, als sie in der kalten, gusseisernen Wanne saß. Die Kälte kroch in jede Faser ihres Körpers. Die Dhamphirin befand sich wieder in dem Keller. Jonah. Der Dolch. Es schien, als würde der selbe Schmerz noch einmal durch ihren Körper fahren. Entsetzt sprang sie aus der Wanne, geistesgegenwärtig griff sie nach einem von Joffreys Hemden, zog es sich über und öffnete ihren kunstvoll geflochtenen Zopf. Ihre silber grauen Haare gingen über ihren gesamten Rücken. Gedankenverloren strich sie über das weiße Leinenhemd, dass sie sich übergezogen hatte. Es reichte ihr bis kurz über die Knie. Schließlich verließ sie das Badezimmer. Joffrey lag schon im Bett – einige Sterne waren am Himmel zu sehen. „Seit wann gehst du schon so früh zu Bett?“, fragte Mina, als sie sich auf das Bett setzte. Joffrey lachte und zog Mina zu sich. „Seit wann gehen sie schon so früh zu Bett , Fräulein?“, säuselte er in ihr Ohr. Sie sah ihn an. „Gute Nacht, Sir Joffrey“, gab sie gespielt schmollend zurück.

 

 

 

Ein schelmisches Grinsen huschte über Joffreys Gesicht, als er der Dhamphirin einen sanften Kuss auf die Lippen hauchte. „Gute Nacht, my Lady“, sagte er, drehte sich auf den Rücken, verschränkte die Arme hinter seinem Kopf und schloss seine Augen, das schelmische Grinsen umspielte immer noch seine Lippen. „Sir Joffrey, sie Schelm“, hörte er Mina sagen, dann spürte auch er, wie sie ihre Lippen behutsam auf die seinen setzte. „Gute Nacht“, hauchte sie kurz darauf in sein Ohr. Der Dhamphir brummelte etwas, dann schlang er seine Arme um Mina. Es dauerte nicht lange, dann waren sie eingeschlafen.

 

 

 

Auch Anthony lag bereits im Bett, wieder lauschte er dem Atem von Maggie, die sich im Zimmer über ihm unruhig im Bett hin und her zu drehen schien. Sollte er nach ihr sehen? Für einem kurzen Moment hing er diesem Gedanken nach, verwarf ihn jedoch schnell wieder. Einige Minuten darauf schlug er seine Bettdecke zurück und stand auf. Er würde doch nur kurz nach Maggie sehen… Mit diesem Gedanken betrat er auch schon ihr Zimmer, welches ein Stockwerk über seinem lag. Er konnte die Wellen ihrer Macht spüren. Verwundert zog er eine Augenbraue hoch – weshalb konnte er jetzt ihre Macht spüren? Sein Blick schweifte zu Maggie, sie lag im Bett, die Decke hatte sie von sich gestrampelt, das zerschlissene braune Kleid trug sie immer noch. Ein heller, goldener Schimmer umgab sie. Unruhig murmelte sie ein paar Worte, dann drehte sie sich wieder, ihr Atem stockte, sie zitterte, dann wurde ihr Körper von einem heftigen Hustenanfall geschüttelt. Der Dhamphir überlegte nicht mehr lange – mit einer Hand berührte er vorsichtig ihre Schulter, die andere legte er auf ihre Stirn. Erschrocken zog er seine Hand zurück, Maggies Stirn glühte. Wieder murmelte sie etwas. Kurz darauf wurde ihr Körper wieder von etwas geschüttelt. Ihr nächstes Murmeln hörte sich an wie ein klägliches Jammern. Ohne zu überlegen zog der Dhamphir die Hexe aus dem Bett und hielt sie fest in seinen Armen. Anthony konnte die Macht fühlen, die Maggie umgab – sie war viel stärker, als die Tage zuvor. Ein weiteres Mal wurde sie von etwas geschüttelt, dann hörte das goldene Licht langsam auf zu schimmern. Anthony bemerkte, wie sie sich regte. Wortlos vergrub sie ihren Kopf an seinem Hals, er zog sie näher an sich. Der Dolch – jetzt fiel es ihm wieder ein, Maggie hatte ein für die Dhamphire des Rates unerlässliches magisches Artefakt zerstört, um sie zu retten, all das erklärte auch ihren Zustand. Ihre zittrige Atmung….Sein Blick fiel aus dem großen Fenster. Anstelle des Sternenhimmels tobte ein gewaltiger Schneesturm. Die Schneeflocken tanzten wild umher und schienen jeglichen Versuch sich dem Schloss nähern zu wollen unmöglich erscheinen. Sanft strich er mit seiner Hand über Maggies Rücken, als er begriff was sie da tat. Das Schneegestöber bildete eine Art Schutzschild um das Schloss – ein Schutzschild gegen Jonah und die anderen Dhamphire, falls sie auf die Idee kommen sollten sich dem Schloss zu nähern. Bewunderung machte sich in Anthony breit. „Weißt du eigentlich, dass ich dich bewundere“, flüsterte er und spielte mit einer von Maggies Locken. „Das hat sich vor einigen Stunden noch ganz anders angehört my Lord“, gab sie kleinlaut zurück. Er fuhr ihr durch die Haare. „Maggie , ich war eben…“. Was versuchte er eigentlich ihr hier vorzumachen? „Wenn ich kämpfe, dann ist mein Verstand oft wie benebelt und ich bemerke meist nicht..“, doch Maggie fiel ihm ins Wort. „Scht, ist ja gut – ich habe dich ja auch angegriffen“, entgegnete sie. Anthony schwieg, denn er wusste, dass er Maggie mit seinen Worten wirklich verletzt hatte. „Maggie, du bist kein…“, doch wieder unterbrach sie ihn. „Ssst, my Lord, bitte kein Wort mehr“, sagte Maggie leise. „Soll ich gehen und sie ihre Nachtruhe fortführen lassen?“, fragte er. Maggie zögerte, dann sah sie ihn an. Sie sagte nichts, es schien so, als würden sie sich ohne Worte verstehen. Der Dhamphir trug Maggie ins Bett, dann legte er sich neben sie. Ein kleiner Abstand lag zwischen ihnen. Die kleine Hexe schloss ihre Augen, dann murmelte sie noch etwas. „Normalität“, war das einzige Wort, das er verstand. Einige Minuten später war sie eingeschlafen. Der Dhamphir drehte sich auf die Seite und hörte sich sagen: „Ein wenig Normalität wäre gar nicht so schlecht“. Schließlich schlief auch er ein.

 

Achtzehntes Kapitel

 18.

 

Jonah grummelte als er sich ein weiteres Mal aufrappelte. Der magische Schneesturm hatte ihn schon unzählige Male zu Boden geworfen. Fluchend klopfte er sich den Schnee von seinem Mantel, eigentlich war das überflüssig, denn die kleinen Flocken bildeten sofort wieder eine dünne Schneeschicht auf dem weichen Stoff des Mantels. Die anderen Dhamphire waren weit hinter ihm, falls sie sich nicht schon längst wieder in das Haus zurückgezogen hatten. Das Heulen des Sturmes pfiff ihm um die Ohren. Es war aussichtslos, er würde es dank der kleinen Hexe nicht einmal in die Nähe des Schlosses schaffen. Verfluchte kleine Hexe, huschte es aus heiterem Himmel durch seine Gedanken. Abermals klopfte er sich überflüssigerweise den Schnee von seinem Mantel, seine Augen hatte er zu einem schmalen Schlitz zusammen gekniffen. Unterschlupf – mit aufmerksamen Blick suchte er den Wald nach einem Unterschlupf ab. Er würde einen brauchen, wenn er am frühen Morgen nicht unbedingt wie ein Eiszapfen aussehen wollte. Zwischen zwei Bäumen entdeckte er eine Art Höhleneingang, groß und rund. Es hingen bereits einige Eiszapfen am Eingang hinunter. Mit seinem Ellenbogen zerschlug er diese, schließlich betrat er die Höhle. Erstaunlicherweise war es in der Höhle sogar ein wenig warm. Der Dhamphir wagte sich weiter in das Höhleninnere vor, beiläufig öffnete er seinen Mantel. Der steinerne Gang wurde bald von ein paar Laternen erhellt. Er wagte sich weiter vor. Wer hier wohl lebte? Der Gang endete in einem großen, kuppelförmigen Raum. Es fand sich allerlei Krimskrams darin, doch etwas anderes zog seine Aufmerksamkeit auf sich. In der Mitte des Raumes stand ein großes Bett. Eine junge Frau lag darin, sie hatte sich auf die Seite gedreht – auf die Seite des Eingangs. Ihre eigenwillige Haarfarbe fiel ihm sofort auf – braun, durchzogen von einem leichten rot. Sie trug ein langes, nach Seide aussehendes Nachtkleid und offensichtlich hatte sie ihn nicht bemerkt. Nun zog der Krimskrams die Aufmerksamkeit des Jägers auf sich. Auf einem kleinen hölzernen Tisch lag ein zierlicher Handspiegel mit kunstvoll verbogenem Metall drum herum, daneben stand ein kleines Fläschchen mit einer rose farbenen Flüssigkeit. Sie war also offensichtlich nicht gerade Arm, doch weshalb hatte sie eine Höhle als ihren Wohnort gewählt? Es gab doch beschaulichere kleine Holzhäuschen oder richtige , herrschaftliche Häuser. Sein Blick fiel wieder auf die schlummernde Frau. Würde sie erschrecken, wenn sie seine Anwesenheit bemerkte-wahrscheinlich. Für wenige Sekunden überlegte er, ob es ihr wirklich auffallen würde, wenn er die Nacht hier verbringen würde. Etwas vor sich hin grummelnd drehte er sich um, schloss seinen Mantel, zog sich die Kapuze ins Gesicht und näherte sich wieder dem Höhleneingang, dort setzte er sich wieder auf den Boden. Der Schnee toste lautstark um die Höhle herum. Der Dhamphir lehnte an der steinernen Wand. Mina war ihm entwischt, genauso wie die Hexe. Der Dolch, sie hatte ihn einfach vernichtet, als wäre er etwas Alltägliches gewesen. Dieser Dolch der die Energie von Dhamphiren und all den anderen großen Hexen enthielt……, all den anderen Hexen, die nicht mehr lebten. Der Dolch der gleichermaßen für die gute, sowie böse Seite eines Dhamphirs stand. Schwach – Jonah war schwach gewesen. Die kurze Zeit, in der er die Chance hatte die Hexe in seine Gewalt zu bringen, doch sie hatte…. Mit einem Schnauben schüttelte er seinen Kopf, nein er war einfach schwach gewesen. Sein Blick war wieder auf den Wald gerichtet.

 

 

 

Esgiel störte das Schneegestöber nicht sonderlich. Selbst sein Pfeifen wurde von dem Tosen übertönt. Die kleine Brise die in dem Gestöber mitschwang blieb ihm nicht verborgen. Er lief schon seit einigen Stunden durch den Wald – ziellos. Der Vampir wusste nicht so recht, was er mit seiner Zeit anfangen sollte. Dhamphire waren in solch einem Gestöber selten auf der Jagd und die Vampire wussten das sehr zu schätzen. Ein dunkles Grinsen huschte über Esgiels Gesicht. Wie viele Vampire würden wohl heute Nacht durch die Straßen, ja selbst durch die kleinsten Gassen Londons streifen. Verborgen von der Dunkelheit , ihre Schritte vollkommen von dem Sturm übertönt , ohne ausgehende Gefahr von lauernden Jägern würden sie auf die Jagd gehen oder auch einfach nur eine düstere Spielunke aufsuchen um sich mal wieder einen guten Schluck, des herben Biers zu gönnen. Ein leises , schauriges Lachen entwich seiner Kehle. Eigentlich fand er es scheußlich, wie sich manche Vampire vor den Dhamphiren versteckten, obwohl sie doch eigentlich stärker waren. Mittlerweile stand Esgiel vor Anthonys Schloss , doch das Schloss war nicht zu sehen. Anstelle des Schlosses waren aber tausende Schneeflocken zu sehen, die sich zu einem überdimensionalen Schneeball formten. Das Schneegestöber schien an dieser Stelle noch dichter zu sein. Ob das Schutzschild wohl stark genug war? Neugierig näherte sich der Vampir dem Schutzschild.

 

 

 

Zur gleichen Zeit herrschte bei den Dhamphiren des Rates ein heilloses Durcheinander. Jeder saß auf einem Holzstuhl an einem langen Marmortisch. Einige Dhamphire flüsterten miteinander, andere verbanden sich die Wunden aus dem vorherigen Kampf, einige schwiegen auch. Dann wurde die Holztür aufgestoßen, ein hagerer Dhamphir betrat den Raum. „ Freunde, Jäger , beruhigt euch“, sagte er mit lauter Stimme. Sofort richtete jeder der anderen seine Aufmerksamkeit auf den unscheinbaren Dhamphir. In seinen Händen befand sich ein altes ledernes Buch. „Wie ihr alle wisst, hat sich Mina von uns abgewandt und wird somit aus dem Buch der Dhamphire verbannt ,“ sprach er. „Sollten wir damit nicht auf Jonah warten“, warf ein muskulöser Jäger ein. „Jonah hat mir diese Aufgabe übertragen Jeff ,“ gab der hagere Jäger zurück. Nun schlug er das Buch auf. In diesem Buch standen die Namen aller Dhamphire, zwei Namen waren jedoch durchgestrichen. Die schwarze Rußschicht über den Namen bröckelte bereits ab. Alle anderen Namen standen in fein säuberlicher geschwungener Schrift auf dem feinen Papier. Das rascheln der Blätter war zu hören, im Hintergrund vernahm man noch das Knistern eines warmen Kaminfeuers. „Jeff reich mir bitte den Stab“, sagte der Jäger mit Nachdruck. Der andere Dhamphir nickte. Das Scharren seines Stuhls war deutlich zu hören. Mit ernster Miene hob er einen Eisenstab mit einem hölzernen Griff in das knisternde Kaminfeuer. Das Eisen glühte bereits nach wenigen Sekunden hell auf. „Jeff, das reicht“, sagte der Dhamphir, der bereits die Seite mit Minas Namen aufgeschlagen hatte. Jetzt nahm er den glühenden Stab , hob ihn über den Namen und sagte in düsterem Tonfall : „Hiermit verbanne ich Mina aus unseren Reihen, sie hat dem Rat den Rücken gekehrt und nun…“, seine Stimme wurde immer lauter, doch seine letzten Worte verstanden nur die wenigsten, denn es war lateinisch. Nach dem letzten Wort schnellte der Eisenstab auf ihren Namen nieder.

 

 

 

Im selben Moment riss die Dhamphirin ihre Augen auf, es sah aus, als würde ein Feuer in ihnen lodern…..

 

Neunzehntes Kapitel

 19.

 

Loderndes Feuer war in den Augen der Dhamphirin zu sehen. Ein betäubendes Gefühl breitete sich in ihrem Körper aus – ein Gefühl, das Jonahs Fähigkeit stark ähnelte. Mina versuchte gleichmäßig zu Atmen. Ein und aus, ein und aus… Was passierte da ? „Joffrey“, wollte sie sagen, doch es kam nur ein leises Krächzen über ihre Lippen. Der Dhamphir hatte seine Arme immer noch um sie geschlungen. Mina starrte an die hohe, cremefarbene Decke , als sie ein brennen in ihrer Handfläche spürte. Dieses Brennen hatte jedoch eine ganz andere Intensität, als jenes, welches sie gespürt hatte, als Jonah Joffrey rief um ihn in eine Falle zu locken. Das Brennen wurde stärker und langsam dämmerte es Mina. Ritual- immer wenn ein Dhamphir sich vom Rat abwandte wurde ein bestimmtes , kleines Ritual durchgeführt, aber das es mit solchen Schmerzen verbunden war hatte sie nicht gewusst. Vielleicht hielten deshalb so viele Dhamphire weiterhin zum Rat, auch wenn sie wussten, dass es falsch war. Konnte es sein, dass die Furcht vor eben diesem Ritual größer war, als jegliche Vernunft? Nein, wussten die anderen überhaupt etwas von den damit verbundenen Schmerzen. Die Dhamphirin bezweifelte es…nicht einmal sie hatte es im Moment ihrer Entscheidung gewusst. Ob Joffrey es damals wohl gewusst hatte? Ihre Gedanken schweiften ab zu jenem Tag…. NEIN! Seinen Entschluss, damals hatte sie ihn nicht verstanden, oder sie hatte ihn einfach nicht verstehen wollen. Das war es wohl gewesen. Hatte sie daran geglaubt, dass selbst sie sich von dem Rat abwenden würde? Nein, auch das hatte sie nicht. Im Schatten der Nacht hatte er sich davongeschlichen…ja, die anderen hatten seine Abwesenheit sogar einige Tage nicht bemerkt. Bei dem Ritus war sie nicht anwesend gewesen….gegen Jonahs Willen hatte sie sich zu diesem Zeitpunkt aus dem Haus geschlichen und war auf Jagd gegangen… Minas Gedankenstrom wurde unterbrochen, es fühlte sich an, als würde eine Mauer vor all den Erinnerungen errichtet werden. Stein für Stein verschwand das helle Licht jeder Erinnerung. NEIN!, dachte sie. All ihre Kraft schien in dem Wort zu stecken. Das Brennen wurde stärker, doch sie spürte etwas, da war eine starke, scheinbar unerschütterliche Energie an ihrer Seite. So vertraut war ihr diese Energie, diese Ausstrahlung. „Du musst diesen Kampf gewinnen“, vernahm sie eine Stimme dicht neben ihrem Ohr , es war Joffrey , doch dann, als die Mauer vor ihren Erinnerungen langsam verschwand tauchten feine Nebelschwaden vor ihrem geistigen Auge auf.

 

 

 

Joffrey wurde von einer Vorahnung aus dem Schlaf gerissen, dann sah er das lodernde Feuer in Minas weit aufgerissenen Augen und wusste bescheid. Der Ritus , er war uralt, durch ihn sollte sich zeigen, ob ein Dhamphir fähig war auf sich alleingestellt zu überleben , doch Joffrey wusste, dass jener Ritus nur ein Vorwand war um einen Jäger der den Rat verlassen hatte so zu schwächen, dass er in den nächsten Tagen durchaus eine leichte Beute für Vampire war. Die Dhamphire des Rates mochten es nicht sonderlich, wenn man sich von ihnen abwandte…., aber gegen Mina würden sie nicht ankommen, da war er sich sicher. Joffrey seufzte, er erinnerte sich noch genau an die Nacht, in der er diesen Kampf ausfechten musste, er hatte ihn allerdings verloren. Eigentlich war er stark, doch dieser Kampf wurde nicht mit fairen Mitteln gekämpft. Das Ziel des Ritus ist es dem Dhamphir all seine Sinne zu vernebeln um ihn vollkommen von der Außenwelt abzukapseln. Mina war also genau wie er damals völlig orientierungslos, selbst wenn durch ihre aufgerissenen Augen konnte sie jetzt nichts sehen. Wieder blickte er in die Glut des lodernden Feuers, welches in ihren Augen tobte. Es schien alles zu verschlingen, die Dhamphirin lag völlig erstarrt da. Joffrey hatte diesen Ritus nur bei einem anderen Jäger beobachten können, bei Anthony. Der Dhamphir hatte damals geschrien und wild um sich getreten, allerdings war er bei vollem Bewusstsein gewesen, im Gegensatz zu Mina. Wieder fragte sich der Dhamphir, wie er damals reagiert hatte , aber er wusste es nicht, denn er war allein gewesen.

 

 

 

Zur gleichen Zeit stand Esgiel vor dem Schutzschild. Ob er wohl durch es hindurch kam? Neugierig streckte er seine Hand dem Schild entgegen. Goldene Funken sprangen durch die Luft und versenkten seinen Mantel. Mit einem grimmigen Grinsen zog er seine Hand zurück. Die armen anderen Dhamphire würden offensichtlich seine Hilfe brauchen, wenn sie die Hexe auf ihrer Seite haben wollten und er hatte da auch schon eine Idee, allerdings würde er dafür wiederrum auch Jendas Hilfe , nein ihre magischen Kräfte brauchen. Esgiel würde ihr bald einen Besuch abstatten.

 

 

 

Das Schutzschild wirbelte immer noch um das schloss. Meine Energie pulsierte durch meine Adern, als ich plötzlich eine andere, seltsam dunkle Energie wahrnahm. Diese Energie waberte durch das Schloss. Angestrengt fokussierte ich meine Kraft. Mina! Sie wurde von dieser Energie umgeben. Behutsam lenkte ich ein klein wenig Energie in die Richtung der dunklen Magie, ….doch plötzlich spürte ich, wie die Energie mit voller Kraft gegen die dunkle Energie prallte.

Der hagere Dhamphir stand immer noch, alle anderen saßen , gespenstische Stille breitete sich in dem Raum aus. Seine Augen waren komplett schwarz, sein Kopf nach hinten gekippt. Seine Lippen bewegten sich. Lateinische Worte erfüllten den Raum. Doch plötzlich wurde er von einer unsichtbaren Kraft zurückgeschleudert. Mit einem lauten Knall prallte er gegen die Wand. Ein schauriges Knacken, ein gespenstisches Lachen zerriss die Stille, dann kippte sein Kopf nach vorne. „Die Hexe ist stärker als wir dachten“, knurrte er.

 

 

 

In dieser Minute erlosch das Feuer in Minas Augen, sofort fiel sie wieder in einen tiefen Schlaf. Joffrey zog eine Decke über sie. Mina hatte gewonnen….huschte es kurz durch seine Gedanken, doch bevor er einschlief spürte er jedoch das Nachhallen der Magie.

 

 

 

Doch was sie alle nicht wussten war, dass bald wieder ein Hauch von Normalität in ihren Alltag einzog. Ein Bote preschte auf einem Pferd durch den Schnee. Sein Ziel war das Schloss von Lord Anthony Michaelis. Er sollte eine Einladung zu einem hoch herrschaftlichen Ball überbringen – einem Ball bei Lord und Lady Michaelis. In einer halben Stunde würde er das Schloss erreicht haben. Der Bote fragte sich wie der Lord wohl auf die Einladung seiner Eltern reagieren würde.

 

 

Zwanzigstes Kapitel

 20.

 

 

 

Die ersten Sonnenstrahlen brachen zaghaft durch die Wolken und fielen durch das große Flügelfenster. Das Licht kroch langsam in den Raum. Anthony streckte sich. Hatte er etwa die ganze Nacht in Maggies Zimmer geschlafen? Offensichtlich. Sein Blick fiel auf Maggie – sie stand lächelnd vor dem Spiegel. Das zerschlissene braune Kleid trug sie immer noch, allerdings hatte sie es an einigen Stellen wieder zusammengenäht. „Morgen, auch schon wach“, sagte sie und sah ihn an. „Wie lange bist du denn schon wieder wach?“, fragte Anthony. Maggie fuhr sich durch die Haare. „ Ein Bote war da und hat ein Päckchen für dich abgegeben“, entgegnete sie. „Verstehe“, gab er kühl zurück, schwang sich aus dem Bett und stand auf.

 

„Anthony, danke“, sagte ich schnell. Er stand schon an der Tür. „Maggie, keine Ursache“, gab der Dhamphir zurück. Schließlich verließ er den Raum. Ich seufzte …das renkt sich wieder ein….ob Mina sich da wohl mal nicht geirrt hatte? Nein, sie hatte recht…da war ich mir sicher. Was war eigentlich das Problem zwischen uns? Vielleicht hatten wir uns einfach nur verändert. Mit diesem Gedanken betrat ich die Küche. „Morgen“, rief Mina, sie saß auf einem Holzstuhl. Joffreys Aufmerksamkeit galt dem kleinen, silberfarbenen verschnürten Päckchen, welches Anthony gerade öffnete. Das silberne Papier wurde von ihm achtlos auf die Seite gelegt. In einer fließenden Bewegung flog die Schachtel schließlich vom Tisch. „Das darf doch nicht wahr sein!“, fluchte er. Mit einer Hand rieb er sich den Nasenrücken. Mina sah ihn verwundert an. Joffrey hob das Paket hoch. Schnell nahm ich es ihm ab. Michaelis stand in geschwungenen Buchstaben auf der Innenseite der Schachtel. Sofort verstand ich. Seine Eltern – die Personen, die so viel Macht besaßen, aber so wenig Verstand. Es war eine Einladung zu einem Maskenball – heute Nacht. Die Masken lagen auch in diesem kleinen Päckchen. Elegant geschwungen aus silbernen Ranken, zwei an der Zahl und zwei weitere einfache, schwarze Masken. Ob sie wohl voraussetzten, dass er zu dem Ball kam? „ Wir werden..“, setzte Anthony an. „Gehen“, beendete ich den Satz für ihn. Völlig entgeistert sah er mich an. „Kannst du es eigentlich Mal unterlassen mir immer ins Wort zu fallen?“, fragte er mit Nachdruck. Ich erwiderte seinen energischen Blick. „Es ist keine Lösung vor seinen Eltern davon zu laufen oder sich vor ihnen zu verstecken!“, gab ich zurück. Er schnaubte. „Ich verstecke mich nicht“, sagte er und presste seine Lippen zu einer schmalen Linie zusammen – offensichtlich hatte der werte Lord keinen Bedarf all das zu klären. „Als was würden sie es dann bezeichnen, my Lord?“, hörte ich mich neckend fragen. „Sind sie so erpicht auf ein Rendenz-vous mit meinen Eltern?“, fragte der Dhamphir schelmisch grinsend. Wir standen mittlerweile direkt voreinander. Minas gebannter Blick ruhte auf uns. „Nun my Lord, sie können sich winden wie sie wollen, doch am heutigen Abend werden sie auf einen Ball gehen“, stellte ich fest. Unsere Blicke vertieften sich ineinander. „Dann hübschen sie sich mal auf meine Damen“, sagte er. „Mit Vergnügen“, entgegneten Mina und ich gleichzeitig, mit einem Lächeln verließen wir den Raum.

 

„Leider befürchte ich , dass ich nicht die passende Kleidung für einen Ball besitze“, gab Mina zu bedenken, als wir das Foyer erreichten. „Aber ich, zumindest glaube ich, dass ich in meiner Hütte ein Kleid haben müsste, dass dir gefällt. Wollen wir?“, fragte ich. Die Dhamphirin nickte. Schon kurz darauf preschten wir auf zwei Pferden durch den Schnee. Die Flocken wurden aufgewirbelt, tanzten, sprangen, flogen umher. Einige davon setzten sich auf unseren Mänteln ab, hingen kurz daran , flogen jedoch kurz darauf weiter. Schließlich hatten wir die marode Holzhütte erreicht. Elegant schwang ich mich vom Rücken des Pferdes, langsam ging ich auf die Hütte zu. Mein Magen zog sich zusammen. Wie lange war ich nicht mehr hier gewesen? Tage oder Wochen, es spielte keine Rolle, denn auf einmal kam mir mein eigentliches zu Hause fremd vor. Die morsche Eingangstür stand offen, sie hing aus der Verankerung – im inneren der Hütte lag bereits eine dünne Schneeschicht. Zögernd ging ich hinein. „ Ist alles in Ordnung?“, hörte ich Mina irgendwo im Hintergrund fragen, ihre Stimme drang kaum hörbar zu mir durch. Meine Gedanken rasten, die vergangenen Tage huschten plötzlich im Schnelldurchlauf durch meinen Kopf. Anthony, wie er plötzlich aufgetaucht war, Esgiel- wie er sagte ich wäre seine Cousine , Joffreys besorgter Gesichtsausdruck, mit dem er Mina ab und an ansah, wieder Anthony – unser Streit und dann riss der Bilderstrom ab. Aus heiterem Himmel wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. Minas Hand lag auf meiner Schulter. „Lass uns einfach schnell machen“, antwortete ich auf ihre Frage, öffnete eine große Holztruhe und zog einen Beutel heraus. Ein Blick in das Innere des Beutels gab den smaragdgrün schimmernden Stoff des Kleides frei. Der Wind pfiff durch die kleine Hütte. Ein Dachbalken hatte sich gelöst. Ich griff nach einem kleinen, roten Beutel – es war das, was meine Mutter mir vor langer Zeit geschenkt hatte. Gehofft, ja sie hatte immer gehofft mich mal für einen Ball zurecht zu machen….. Für einen kurzen Moment hing ich diesem Gedanken nach, dann trat ich schnellen Schrittes aus der Hütte. „Wir können“, sagte ich zu Mina, die sich bereits auf das Pferd schwang. Sie nickte. Die Pferde setzten sich in Bewegung.

 

 

 

 

In den Gesichtern der Dhamphire war keine Regung zu erkennen. Stille nahm den gesamten Raum ein. Langsam schien jeder von ihnen zu begreifen, wie mächtig die Hexe war. „Wir müssen Jonah darüber in Kenntnis setzten“, sagte jemand. Just in jener Sekunde wurde die Tür aufgeschlagen. Jonah betrat den Raum. „ Männer , treue Gefährten, wir mussten in letzter Zeit einige Rückschläge verkraften, doch bald werden wir es erneut wagen, die Hexe auf unsere Seite zu bringen. Dunken , du wirst mich heute Abend auf den Ball der Michaelis begleiten“, sagte er an den muskulösen dunkelhaarigen Jäger gewandt. Ein Grinsen huschte über dessen Gesicht, als er die schwarzen Masken sah.

 

 

 

 

Mina und ich waren bereits in unsere Kleider geschlüpft, ja auch die silbernen Masken trugen wir bereits. Das smaragdgrüne Kleid brachte Minas Augen zum Leuchten, ihre Silber grauen Haare ließ sie offen über ihren Rücken fallen. „ Du siehst wunderschön aus“, sagte sie, als sie mich ansah. „Du aber auch“, sagte ich. Aus dem kleinen roten Samtbeutel, der einst meiner Mutter gehörte zog ich drei kleine, runde Behälter, sowie einen dünnen Pinsel hervor. „ Meine Mutter hatte immer davon geträumt mich für einen Ball her zurichten“, erklärte ich seufzend, während ich das kleine Puderpulver aus der Dose auf den goldenen Ranken an meinem Schlüsselbein und meinen Armen verteilte. „ Sie wäre sicher stolz auf dich Maggie“, sagte Mina, in ihrer Stimme lag jedoch ein besorgter Unterton. Ich öffnete die zweite Dose, eine Erdbeerfarbene Konsistenz befand sich darin. Mit dem Pinsel fuhr ich kurz darüber, dann lächelte ich Mina an. „Lippen spitzen, jetzt bekommst du etwas Farbe“. Mit diesen Worten fuhr ich mit dem Pinsel einige Male über ihre Lippen. Danach wiederholte Mina den Vorgang auf meinen Lippen. „Hoffentlich geht heute Abend alles gut“, brach es aus mir heraus. „ Hoffentlich“, wiederholte Mina meine Worte, auch wenn wir es beide aus einem anderen Grund sagten. „Dann wollen wir die anderen Mal nicht lange warten lassen, die Kutsche wartet bereits“, sagte Mina. Ich nickte. Gemeinsam betraten wir das Foyer.

Einundzwanzigstes Kapitel

 21.

 

 

 

Maggie sah einfach umwerfend aus, doch etwas fehlte. Die goldenen Ranken, sie waren verschwunden… Das blaue Kleid fiel elegant zu Boden, die silberne Maske passte sich perfekt an ihre Gesichtszüge an. Ein leichtes Lächeln umspielte ihre Lippen. „Können wir, my Lady?“, fragte ich und hielt ihr meinen Arm entgegen. „My Lord“, entgegnete sie, schließlich legte sie ihre Hand auf meinen Arm. Ohne Worte traten wir hinaus, der Mond schien bereits. Die Worte des Kutschers zerrissen die Stille „Ah my Lord sie geben sich also doch die Ehre“, stellte er mit höhnischer Stimme fest. Joffreys Hand lag mahnend auf dem Rücken des Dhamphirs , denn er kannte ihn gut. „Sicher doch“, gab der Lord knapp zurück. Schließlich nahmen wir in der Kutsche Platz. Erst jetzt bemerkte Anthony Maggies Anspannung. Die Macht, die sie in sich trug pulsierte. Es musste sie viel …. Jedoch wurde sein Gedankengang durch Joffreys Frage unterbrochen. „ Schaffst du es dich heute Abend zusammen zu reisen?“. Der Dhamphir bedachte Joffrey mit einem grimmigen Blick. Er schwieg.

 

 

 

Mein Blick wanderte zwischen den Dhamphiren hin und her. Ganz offensichtlich verschwiegen sie mir etwas. Ich schluckte, langsam atmete ich aus. Meine Anspannung war nicht sonderlich hilfreich. Die Kutsche fuhr durch den Schnee, unsere Gesichter wurden allein durch das helle Licht des Mondes erhellt. In wenigen Minuten würden wir das Schloss der Michaelis erreicht haben.

 

 

 

„Dunken, haben sie den Plan verstanden?“, fragte Jonah mit einem grimmigen Grinsen im Gesicht. Der Dhamphir nickte. Er sollte Reibungspunkte erzeugen, was sich auf einem Maskenball nicht als allzu schwer gestalten sollte, der Rest wäre Jonahs Aufgabe. Noch standen die beiden im Schutze des Waldes, als sich ein weiterer Schatten zu ihnen gesellte. „Meine Herren, das ist keine sonderlich gute Idee“, sagte ein Mann mit roten Augen. „Vampir“, knurrte Dunken und ging drohend auf ihn zu.

 

 

 

Esgiel lehnte nicht weiter beeindruckt an dem Baum. „Das fällt ihnen aber früh auf“, stellte er trocken fest. „Was wollen sie hier?“, fragte Jonah, seine Augen verengten sich zu schmalen schlitzen. „Da ich nun einmal ebenso wenig von dem Lord und seiner kleinen Hexe angetan bin, schlage ich vor, wir schließen uns zusammen“, gab der Vampir zurück. Seine Miene war ohne jegliche Regung. Konzentriert fixierte er die beiden Dhamphire mit seinem Blick. Er traute ihnen nicht, aber dennoch würde er sie, genauso wie sie ihn brauchen. Falls sie ihn angreifen würden, war er allein…doch Esgiel wusste, dass die Jäger dies nicht wagen würden. „Meine Herren, ich habe nicht ewig Zeit“, stellte der Vampir fest. Die Dhamphire tauschten einen Blick aus, dann sagte der Eine : „Nun gut, Vampir, wie ich sehe verstehen wir uns – doch falls du es wagen solltest dich gegen uns zu stellen, dann weißt du ja was passieren wird. Mein Name ist übrigens Jonah und ich bin der Anführer des Rates“. „Aber natürlich,“ entgegnete Esgiel.

 

 

 

Die Kutsche, in der wir saßen fuhr vor dem Schloss der Michaelis vor. Wieder atmete ich lange aus. Hell… die ganze Fassade des prunkvollen Schlosses war hell erleuchtet. Überall tummelten sich bereits die Gäste, ja einige standen noch bei ihren Kutschen, andere jedoch schritten bereits eleganten Schrittes durch die große Eingangstür, welche von zwei Soldaten in einer silbernen Uniform flankiert wurde. Selbst die Soldaten trugen jene eleganten Masken, die für den heutigen Abend bestimmt waren. Meine Hand lag immer noch auf Anthonys Arm, als wir den Ballsaal betraten. „ Das ist ja wunderschön“, flüsterte ich leise. Überall festlich gekleidete Damen, die anmutig über das Parkett des Saales zu schweben schienen. Ein wenig Gelächter, das den Raum zu den harmonischen Klängen des Raumes durchzog. Ein großer, schwerer Kronleuchter an der Decke, der das ganze Szenario erhellte. Am Ende des Ballsaales thronten Lord und Lady Michaelis über dem Geschehen. Ein Kopfnicken nach rechts , ein Kopfnicken nach links, dann blieb ihr Blick an uns haften. Das war der Moment in dem Anthony mich unsanft die Treppe hinunter zog, um dem Blick seiner Eltern zu entgehen. Oder wollte er mich vor ihnen verstecken? Nein, oder vielleicht doch? Ein leichtes Kopfschütteln half mir dabei diesen Gedanken aus meinem Kopf zu verbannen. Plötzlich verstummte die Musik, die Tanzpaare wichen zur Seite – dann sah ich sie : Lord und Lady Michaelis, beide mit einem höhnischen Grinsen im Gesicht. Langsam schritten sie auf uns zu. Das Kleid von Lady Michaelis musste durch die vielen Stoffe erdrückend sein, dennoch wirkte ihr Gang grazil. Ich wollte hier weg… Anthonys Arm spannte sich unter meiner Hand an. Mein Blick schweifte suchend über die Köpfe der Ballgäste hin weg. Joffrey und Mina hatten sich ganz in der Nähe in die Tanzpaare eingereiht. Alles würde gut werden… versuchte ich mich selbst zu beruhigen. „Was verschafft uns denn die Ehre mein Sohn?“, fragte der alte Lord voller Hohn. „Vater ihr ludet mich ein und hier bin ich mit der bitte jegliche Konversation auf einen späteren Zeitpunkt des Abends zu verschieben“, gab Anthony gelassen zurück, doch ich bemerkte den rauen Unterton in seiner Stimme. Ein kalter Schauer jagte meinen Rücken hinunter. „Nun gut mein Sohn ich erwarte dich um Mitternacht im Empfangszimmer“, mit diesen Worten drehte sich der Lord um, nickte dem Orchester zu und binnen weniger Sekunden wurden wir von umherwirbelnden Tanzpaaren verschluckt. Wortlos legte Anthony seine Hand an meine Taille, langsam reihten wir uns neben den anderen Tanzpaaren ein.

 

 

 

Mina blickte Joffrey nachdenklich an. „Es ist eine Ewigkeit her, seit dem wir zuletzt auf einem Ball waren“, sagte sie. Joffrey nickte, sie drehten sich. Irgendwie wirkte er abwesend, sein Blick kreiste immer wieder über die Menge adrett gekleideter Damen, die nun stetig begannen die Begleiter zu wechseln. „Also Sir könnten sie ihre Blicke auf ihrer Begleiterin lassen“, tadelte Mina. Der Dhamphir brummte etwas und schon befand sich Mina in den Armen eines anderen Tanzpartners. „Ihre Begleitung wirkt aber etwas zerstreut“, stellte er fest. Die Augen hinter der Maske des Mannes blitzten schelmisch auf. „In der Tat“, gab Mina zurück. Mit kritischem Blick fixierte sie ihr Gegenüber. „Sollten sie mir bekannt sein mein Herr?“, fragte sie. „Sollten sie das Liebes?“, fragte er. Jonah. Entsetzt stieß Mina ihn von sich. Doch der Dhamphir hatte ihr Handgelenk nicht losgelassen. Sie stolperten in ein anderes Tanzpaar. „Entschuldigen sie meine Begleiterin ist heute etwas stürmisch“, sagte er zu Joffrey, in dessen Armen eine andere Frau lag. Schnell hatte er mich wieder von den beiden weggezogen. „Meine Liebe, wie es aussieht musst du dich heute Abend mit mir begnügen“, stellte Jonah lachend fest. „Niemals“, knurrte Mina dicht neben seinem Ohr.

 

 

Zweiundzwanzigstes Kapitel

 

22.

 

 

 

Jonahs Augen blitzten vielsagend auf, ein Lachen musste er sich in dieser Gesellschaft verkneifen, es würde zu viel Aufmerksamkeit auf sie beide lenken und er wollte Mina doch keine Gelegenheit geben der reizenden Dame die gerade mit Joffrey tanzte dieses Unterfangen zu verwehren. Er drehte Mina. Sein Blick suchte die Menge nach der Hexe ab. Zu seiner Zufriedenheit stellte er fest, dass auch sie nicht mehr mit dem Lord tanzte, kein Wunder dieser würde ja mit seinen werten hochwohlgeborenen Eltern beschäftigt sein. Hach, es war ja so herrlich einfach sie auszuschalten, bei Mina würde es da etwas schwieriger werden, selbst bei der kleinen Hexe.

 

 

 

Ich schweifte mit meinen Gedanken mal wieder ab. Auf meinen Tanzpartner achtete ich gar nicht mehr. Was Anthony wohl gerade mit seinem Vater besprach? Würde er sich beherrschen können? Ich seufzte. Um ehrlich zu sein … ach egal, was denke ich gerade darüber nach…ausgerechnet darüber.. Mein Blick schweifte ziellos über die Menge der sich bewegenden Stoffe. Alles war in Ordnung, friedlich…ja idyllisch ein leichtes Lächeln hier, ein leises Kichern dort, Joffrey tanzte mit Mina. Moment! Das ist nicht Mina. Vielleicht drehte ich meinen Kopf etwas zu hektisch in die andere Richtung, vielleicht hätte ich auch etwas besser auf meinen Tanzpartner achten sollen, denn plötzlich zischte dieser : „Jetzt hast du ein Problem kleine Hexe“. Genau in diesem Moment traf sich Minas Blick mit meinem.

 

 

 

Joffreys Sinne waren unterdessen wie benebelt. Seine Wahrnehmung war leicht geschwächt. Nein, das konnte nicht sein…… wieder und wieder versuchte er krampfhaft die Macht über seine Sinne zu erlangen. Was passierte hier gerade? In seinen Gedanken tauchten plötzlich Bildfetzen auf. Bildfetzen von jener Nacht, in der das Ritual über ihn ergangen war. Der Dhamphir sah sich selbst, wie er unter einem Baum kauerte. Joffrey warf sich hin und her …. Ein Schrei hallte durch seine Gedanken. Die Musik, die den Ballsaal erfüllte hörte er schon lange nicht mehr.

 

 

 

„Vater, du wünschtest mit mir zu sprechen“, sagte Anthony, der gerade das Empfangszimmer betrat. Das Zimmer war groß, in der Mitte stand ein großes Sofa , ein eleganter kleiner Tisch, sowie zwei größere Sessel. Eigentlich konnte der Dhamphir auf das Gespräch mit seinem Vater mehr als gut verzichten. Seine Gedanken waren sowieso bei der scheinbar trügerischen Idylle auf dem Ball – all das hatte schon längst sein Misstrauen geweckt. Wer garantierte ihm, dass die Dhamphire nicht hier zu einem Gegenangriff ausholten? Er hatte bemerkt, wie Maggie sich anspannte, als sie abgeklatscht wurde. Hätte er sich vielleicht nicht so schnell von dem Geschehen auf dem Ball zurückziehen sollen? Womöglich…. „Allerdings, mein Sohn“, gab der alte Lord zurück und riss Anthony somit aus seinen Gedanken. „Und weshalb, Vater“, brachte Anthony mühselig hervor. „Wegen deiner Einstellung gegenüber des Adels – du brauchst bedienstete mein Sohn , nicht zu schweigen von einer richtigen Frau an deiner Seite“, sagte der Lord, seine Lippen, waren zu einer schmalen Linie zusammengepresst, seine Stirn wies einige Falten auf. Anthony schnaubte, ach so war das also – auf einmal sorgte sich sein werter Vater also um seine Zukunft. Er wusste ja nicht einmal, dass sein Sohn ein Dhamphir war – der alte Lord wusste einfach gar nichts. „Werter Vater, meine Einstellung gegenüber jeglichen Adels wird sich nicht ändern und ich habe eine richtige Frau an meiner Seite“, stellte Anthony energisch fest, er wollte dieses Gespräch einfach so schnell wie möglich hinter sich bringen. Die Miene des alten Lords verfinsterte sich, als er sagte: „Du meinst doch nicht etwa dieses Dorfmädchen, mit dem du es gewagt hast auf diesem Ball zu erscheinen. Allein das ist niederträchtig und wie kannst du es wagen, dein adliges Blut mit dem ihren zu vermischen“. Der Dhamphir ballte seine Hände zur Faust. Zu welcher Aussage hatte sich sein Vater eben erdreistet! Wut stieg in ihm auf, hatte er ernsthaft geglaubt, dass sich sein Vater ändern würde ? „Wie konntet ihr es wagen sie damals einfach vor die Tür zu setzen und Vater sie ist eine richtige Frau, eine Frau mit einer Meinung und nicht irgendein Adelspüppchen, dessen antworten nur aus bravem Nicken bestehen“, entgegnete Anthony wutentbrannt.

 

 

 

Mina schien zu wissen, was ich vorhatte, denn sie schüttelte den Kopf. Vielleicht war es etwas waghalsig meine Macht hier unter all den Menschen einzusetzen, doch wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Ich nickte Mina zu, genau in diesem Moment riss sie sich los und packte Joffrey. Die Energie, die ich ausstrahlte warf den Dhamphir der eben noch mit Mina getanzt hatte zu Boden, auch mein Tanzpartner lies fluchend von mir ab. Joffrey schien wieder zur Besinnung zu kommen. Wir hatten nicht viel Zeit. Schnell schlängelte ich mich durch die Menge zu den beiden. „Ihr müsst hier weg“, sagte ich. „Und was ist mit dir?“, fragte Mina. „Ich bleibe und halte sie auf“, gab ich zurück. Mina wollte etwas sagen, doch ich war schneller :,,Ihr müsst hier weg, Joffrey scheint momentan nicht in bester Verfassung zu sein und wer weiß schon,…“ Noch bevor ich den Satz beenden konnte spürte ich, wie mich jemand packte. „Lauft!“, sagte ich zu Mina.

 

 

 

Die Dhamphirin nickte und verschwand mit dem immer noch leicht benommenen Joffrey in der Menge. „Jetzt bist du allein Hexe“, knurrte jemand in mein Ohr. Ein Kribbeln ging durch meine Adern als ich mich losriss. Schnell bahnte ich mir den Weg durch die tanzenden Paare. Zum Empfangszimmer…. ein Glück konnte ich mich noch daran erinnern, wo es lag. Als ich in den Korridor bog, stand Anthony bereits vor dem Empfangszimmer. Allem Anschein nach versuchte er gerade sich zu beruhigen, offensichtlich war das Gespräch mit seinem Vater alles andere als rosig verlaufen.

 

 

„Anthony los , wir müssen hier weg. Der Rat ist hier“, sagte ich und nahm seine Hand. Mit leicht gerunzelter Stirn blickte er auf die leuchtenden Ranken, dann lächelte er. „Weißt du eigentlich, wie gern ich dich hab, kleine Hexe“, hauchte er. Auf einmal legte er seine Lippen auf die Meinen und küsste mich. Für einen kurzen Moment vergaß ich alles um uns herum, doch wir mussten hier weg – auf der Stelle. Doch daraus würde jetzt wohl nichts mehr werden, denn plötzlich vernahm ich ein Klatschen, gefolgt von einem höhnischen Lachen. Wir wirbelten herum – sie hatten uns umzingelt.

Dreiundzwanzigstes Kapitel

 

23.

 

 

 

 

In den Gesichtern der Dhamphire zeichnete sich ein triumphales Lächeln ab. Das würde ihnen schon noch vergehen. „ Ist ja herzallerliebst, der gute Anthony hat sein Glück gefunden“, spottete Jonah, seine Augen hatten sich zu einem schmalen schlitz zusammen gezogen. Er würde angreifen, sobald Anthony sich auch nur rührte, das war sicher. Sie würden warten, bis einer von uns einen Fehler machen würde oder bis wir aus lauter Frustration einfach davonrennen würden – wir brauchten einen Plan. Einen verdammt guten Plan. Meine Energie würde sie nur vorrübergehend schwächen, außerdem waren wir in der Unterzahl…ging es mir durch den Kopf, als Esgiel hinter die Dhamphire trat – offensichtlich hatte er einen Pakt mit ihnen geschlossen. „Gebt doch auf, ihr werdet ..“, setzte Jonah an, doch ich unterbrach ihn. „Wir werden nicht gegen euch ankommen? Jonah ich bin auch schon allein mit dir fertig geworden“, zischte ich, das Kribbeln in meinen Adern schwoll wieder an. Nicht vorschnell handeln. Eine unterschwellige Wut brodelte in mir. Ich würde nicht zulassen, dass sie gewannen, Anthony musste meine Anspannung bemerkt haben, denn er legte seine Hand auf meine Schulter. „Weißt du kleine Hexe, ich habe schon unzählige deines Gleichen besiegt, vielleicht hattest du einfach nur Glück“, knurrte Jonah.

 

 

 

Mina zog Joffrey hinter sich her, was war denn nur mit ihm los? Als sie den Rand des Waldes erreicht hatten, knickte sie unter Joffreys Gewicht ein. Beide Dhamphire lagen im kalten Schnee. Sie hob seinen Kopf in ihren Händen, die Augen des Dhamphirs schienen glasig, gar vernebelt. Sie hatte ihn noch nie so gesehen. „Joffrey, sag doch etwas“, sagte Mina leise. Sie drückte Joffreys Hand – keine Antwort. Nervös ließ sie ihren Blick umherschweifen, für Vampire wären sie jetzt nur allzu leichte Beute. Die Kälte des Schnees kroch ihr in die Knochen, ihr Atem bildete bereits kleine Kristalle, die sich für wenige Sekunden in der Luft hielten, bevor sie sich auf Joffreys Hemd absetzten. Mit einem Seufzer rappelte sie sich auf, zog ihren Mantel aus und breitete ihn über Joffrey aus – dann hauchte sie ihm einen Kuss auf die Wange, bevor sie wieder Richtung schloss rannte. Der Dhamphir würde es auch kurz ohne sie schaffen – Maggies Energie konnte sie deutlich spüren.

 

 

 

Ich hielt Jonahs Blick stand, als Mina plötzlich in den Gang gestolpert kam. Sie sollte Joffrey doch…. Jetzt war es zu spät. Der muskulöse Vampir stürzte sich auf Anthony. Jonah setzte zum Angriff gegen mich an , Esgiel versuchte sich daran Mina zu überwältigen. Bevor Jonah mich zu fassen bekam schleuderte ich einen Energieball in seine Richtung. Fluchend wurde der Dhamphir zurückgeschleudert.

 

 

 

Anthony parierte unterdessen einen von Dunkens Hieben. Die Dhamphire knurrten sich an. Wieder schleuderte Anthony Dunken zu Boden, doch irgendetwas stimmte hier nicht, denn auf einmal wurden Dunkens Schläge schwächer, er verfehlte Anthony immer wieder aufs Neue. Auch Esgiel taumelte. Und Maggie? Die goldenen Ranken strahlten hell, sie parierte jeden einzelnen von Jonah Schlägen mit solch einer Präzision, wie Anthony es niemals für möglich gehalten hatte. Doch dann zog Jonah einen schwarzen Dolch aus seiner Manteltasche.

 

 

 

Ein scharfer Schmerz fuhr durch meinen Körper, als ich auch schon zu Boden ging. Die Welt um mich herum verschwamm. Jonah stand grinsend über mir, einen schwarzen Dolch in die Höhe haltend. Irgendetwas floss den Dolch herunter. Wieder holte er aus. Intuitiv riss ich meine Hand in die Höhe, der Dhamphir wurde zurückgeschleudert. Das Kribbeln in meinen Adern schien zu flimmern.

 

 

 

Das war unsere Chance. Schnell hob Anthony Maggie hoch, dann rannten die drei aus dem Schloss. Es schien so, als würde Maggie sie schützen, durch eine Lichtbarriere. „Wir müssen Joffrey holen“, sagte Mina, als wir das Schloss hinter uns gelassen hatten. Der gute, alte Joffrey, lag Mitten im Schnee. Was war heute Abend nur passiert. Behutsam stellte ich die benommene Maggie auf ihre Füße und warf mir stattdessen Joffrey über die Schulter. Die Ranken an Maggies Armen begannen wieder zu leuchten.

 

 

 

Ich blickte mich nervös um, der Schmerz war noch zu spüren. „Wir müssen uns beeilen, da ist etwas im Anmarsch“, sagte ich. „Los gebt mir eure Hände“, sprudelte es aus mir heraus. „Maggie jetzt ist nicht die Zeit etwas zu wagen“, zischte Anthony, gab mir jedoch seine Hand. Mina sagte nur:,,Die Kavallerie rückt an“. Sie hatte Recht , in nicht allzu weiter Entfernung kamen Jonah, Dunken und Esgiel angerannt. Ich schloss meine Augen. Einatmen, Ausatmen….

 

 

 

Fasziniert beobachtet Anthony, wie sie von dem goldenen Schimmer eingehüllt wurden. Das Licht schien förmlich durch sie hindurch zu fließen- kurz darauf befanden sie sich alle im Foyer des Schlosses, als der Schimmer auch schon die Fassade hochkroch und ein scheinbar undurchdringliches Schutzschild formte. Anthony brachte Joffrey noch auf sein Zimmer, Mina folgte ihm. Maggie blieb allein im Foyer zurück.

 

 

 

Seufzend machte auch ich mich nun auf den Weg in mein Zimmer. Was war das nur für ein Abend gewesen. Im Zimmer angekommen tauschte ich das festliche Kleid gegen ein langes baumwollenes Nachtkleid. Ich ließ etwas kaltes Wasser in eine Schale laufen. Gedankenversunken tunkte ich meine Hände hinein. Das kalte Wasser tat gut, ich wusch mir mein Gesicht, langsam klärte sich mein Verstand, mein Atem beruhigte sich. Mit einer Hand fuhr ich durch meine Haare, dann vernahm ich ein Geräusch – das leise Klacken der Tür. Als ich mich umdrehte blickte ich in das Gesicht von Anthony. Ein warmes Lächeln umspielte seine Lippen. „ Keine Vorwürfe, dass ich mich nicht an irgendeinen Plan gehalten habe?“, fragte ich, meine Stimme klang etwas kratzig. „Nein“, sagte Anthony. „Wie geht es dir?“, fragte er. Erst jetzt kam mir der stechende Schmerz wieder in den Sinn. „Gut“, log ich. „Maggie , ich habe Augen im Kopf und ich habe den Dolch gesehen“, gab er zurück. „Es heilt“, korrigierte ich meine Lüge. Mittlerweile standen wir nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt. „Wie verlief eigentlich das Gespräch mit deinem..“, setzte ich an. Doch Anthony schüttelte nur den Kopf und sagte „Lass es uns einfach vergessen, ich will nicht darüber reden“. „Du weißt, dass es..“, versuchte ich abermals das Gespräch fortzuführen. Der Dhamphir sah mich einfach nur an. „Wo waren wir vorhin stehen geblieben?“, fragte er – schon setzte er seine Lippen behutsam auf meine. Dann würden wir eben morgen darüber reden, dachte ich. Ein leiser Seufzer kam bei diesem Gedanken über meine Lippen.

Vierundzwanzigstes Kapitel

 

24.

 

 

 

 

Mina lief nervös durch das Zimmer. Sie war aufgewühlt. Weshalb? Das wusste sie selbst nicht so Recht. Wieder fiel ihr Blick auf Joffrey. Er hatte sich immer noch nicht gerührt, sein Atem war gleichmäßig. Was war nur mit ihm los? Fieberhaft dachte die Dhamphirin nach, ihr kam jedoch kein Zeitpunkt in den Sinn, an dem sie ihn jemals so gesehen hatte. Nun gut, verwunderlich war das nicht, denn Joffrey gehörte zu jenen Persönlichkeiten, die nur sehr selten über das redeten, was sie bedrücken, noch seltener zeigten sie ihren Schmerz. Dhamphire mochten zwar stark sein, seelisch waren jedoch alle von ihnen äußerst verwundbar. Mina konnte spüren, dass Joffrey schmerzen hatte… Abermals fuhr sie sich nervös durch die Haare. Irgendwann entschloss sie sich dazu sich ebenfalls in das Bett zu legen. Die Dhamphirin legte ihren Kopf auf Joffreys Brust , zog die Decke über sie beide und schloss die Augen. Ihre Gedanken kreisten weiterhin.

 

 

 

Zur gleichen Zeit machten sich drei fluchende Gestalten auf dem Weg. Es waren Jonah, der sich beherrschen musste, damit er Esgiel nicht auf der Stelle an die Gurgel ging, Dunken, der in seiner blinden Wut alles niedertrampelte, was sich auf dem Weg befand und Esgiel, der unpassender weise fröhlich vor sich hin trällerte.

 

 

 

Jonah schnaubte, was dachte sich dieser Vampir eigentlich? Wir hatten verloren, die Hexe befand sich immer noch nicht auf unserer Seite, aber nein für den werten Herrn Vampir war ja alles in bester Ordnung. Wieder durchzuckte Jonah der Gedanke, wie einfach es wäre sich des Vampirs zu entledigen… Mit einem frustrierten Seufzer blickte er zu Dunken – sogar dieser hatte Schwäche gezeigt, einer seiner besten Dhamphire. Ja selbst er kam gegen die Macht dieser verdammten Hexe nicht an. Immer tiefer und tiefer liefen sie in den Wald, der Schnee knirschte unter ihren Füßen. Es war totenstill, nur das unverdrossene Trällern des Vampirs war in dieser gespenstischen Stille zu hören. „Wohin bringst du uns, Vampir?“, fragte Jonah argwöhnisch. „Zu einer guten Freundin“, stellte Esgiel trocken fest. „Die da wäre?“, hakte Dunken nach. Esgiel schüttelte einfach nur den Kopf, als er auch schon den Höhleneingang betrat.

 

 

 

Ich lachte und boxte Anthony spielerisch an die Schulter. „My Lord, was fällt ihnen ein“, tadelte ich. Er musste Lachen, als er sagte: „Es ist doch wahr kleine Hexe“. Meine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen, als auch schon ein kleiner flimmernder Ball auf ihn Zuflog. Sein verdatterter Gesichtsausdruck sprach Bände. „So klein ist die Hexe nun auch wieder nicht“, stellte ich mit einem triumphalen Lächeln im Gesicht fest. Vielleicht stimmte die Legende ja, von der er mir erzählt hatte. Seufzend blickte ich aus dem Fenster – irgendetwas sagte mir, dass da etwas im Gange war.

 

 

 

Anthony musterte Maggie, er wusste, dass sie etwas beschäftigte. Kurz fuhr er sich durch die Haare – ja so kannte er Maggie, ständig zermarterte sie sich das Gehirn auf der Suche nach Lösungen für alle möglichen Probleme – eine ihrer größten Macken. Sie musste endlich mal den Kopf freibekommen. „Dhamphirkämpfe“, murmelte er. Vielleicht würde sie dann an etwas anderes Denken, zumindest nicht an den Rat. Kurz entschlossen legte er ihr einen Mantel um die Schultern. „Es wird nicht helfen um mich abzulenken“, entgegnete Maggie. Ein schelmischer Glanz lag in seinen Augen. „Das werden wir noch sehen“, gab er zurück. Kurz entschlossen zog er Maggie hinter sich her. Bereits nach einer kurzen Zeit betraten sie die Anthony viel zu vertraute, spärlich beleuchtete Umgebung. Der Dhamphir hielt immer noch Maggies Hand.

 

 

Ich ließ meinen Blick kurz durch den Raum schweifen - überall standen Dhamphire, mal hagere, mal muskulöse. Sie alle drängten sich um eine erhöhte Blattform, die einzig von ein paar Kerzen notdürftig beleuchtet wurde. Es stank entsetzlich nach Alkohol. Vernünftige Gespräche gab es hier nicht, alle Dhamphire schienen gleichzeitig sprechen zu wollen. Einige gröhlten herum, andere lallten in ihrem Rausch vor sich hin. Frauen entdeckte ich in diesem Raum nicht und Anthony hatte ich aus den Augen verloren. Die Kapuze des Mantels hatte ich mir tief ins Gesicht gezogen. Scheinbar würde gleich ein neuer Kampf beginnen, denn die geballte Aufmerksamkeit der Dhamphire  richtete sich auf die erhöhte Stelle in der Mitte des Raumes. Anthony hatte die Plattform betreten. Binnen weniger Sekunden war der Kampf bereits in vollem Gange. Die Dhamphire fielen übereinander her. Gejohle vermischte sich mit dem Fluchen der Dhamphire. Ich zuckte zusammen, als Anthony das erste mal zu Boden geschleudert wurde. Das Knacken hallte gespenstisch durch den Raum. Der Kampf ging jedoch weiter.

 

 

Joffrey begann sich zu rühren. Sein Schädel brummte - er fühlte sich immer noch etwas benebelt. Was war denn bloß mit ihm los gewesen? Grummelnd streckte er sich, dann öffnete er seine Augen. Auf dem Ball befand er sich offensichtlich nicht mehr, ganz im Gegenteil, er lag wieder in seinem Bett. Mina schien noch zu schlafen. Joffrey setzte sich auf. Wie konnte es sein, dass es jemand schaffte einen ausgewachsenen Dhamphir so zu schwächen? Maggie war es nicht gewesen....doch wer war es dann gewesen? Es musste noch andere Hexen geben, von denen wir alle hier nichts wussten - andere mächtige, wenn nicht noch mächtigere Hexen, die es offensichtlich schafften nicht erkannt zu werden, Hexen, die den Vampiren angehörten. Behutsam strich Joffrey über Minas Haar. Ihr Atem war ungleichmäßig, wie nach einem Kampf - ihre Augen zuckten hinter den geschlossenen Lidern unruhig hin und her. Die Dhamphirin murmelte irgendetwas vor sich hin. Wieder strich Joffrey über eine von Minas widerspinstigen silber grauen Haarsträhnen.  Nachdenklich starrte er an die Decke.

 

 

Jenda erwartete die anderen bereits. ,,Sie haben aber lange gebraucht, meine Herren" stellte sie trocken fest und nahm Jonah den schwarzen Dolch aus der Hand. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. ,,Treffsicher sind sie offenbar nicht, Jonah", sagte sie süffisant und drehte den Dolch hin und her. Zufrieden bemerkte sie, wie Jonah seine Wut unterdrücken musste. Die kleine Hexe brachte ihn offenbar schon genug um den Verstand. ,,Jetzt liegt wohl alles wieder bei mir", gab Jenda von sich. Esgiel entgegnete :,, Meine Liebe, ich glaube die Dhamphire wären dir äußerst dankbar". Wortlos ging Jenda auf Jonah zu. Mit einer gezielten Bewegung hatte sie ihm den Dolch über das Handgelenk gezogen. ,, Es ist immerhin kein Freundschaftsdienst", stellte sie klar. ,,Verstehe, erst ihr Lohn my Lady und dann die Hexe", sagte Jonah grimmig. Jenda nickte, sie spürte wie ihre Macht an Kraft gewann.

Fünfundzwanzigstes Kapitel

                                                                        25. Kapitel

 

 



Jenda neigte ihren Kopf, die Augen hatte sie geschlossen. Langsam atmete sie ein. Das herrlich süße Gefühl der Macht, das in ihr emporstieg war berauschend. Ihr Atem bebte, als sie ganz Dicht vor dem Dhamphir stand. ,,Mein Bester, weshalb sind sie hinter der kleinen Hexe her ?", fragte Jenda neckend.

 

 



Unterdessen lag Mina zitternd an Joffrey gekuschelt unter einer warmen Decke. Er war wach , dass hatte sie bemerkt. Sie wagte es nicht sich zu rühren, doch abermals wurde sie von einem Zittern geschüttelt. Der Kampf hatte an ihr, an ihren Nerven gezerrt -sie war eben nicht die perfekte , starke Dhamphirin , die alles so perfekt wegsteckte , wie sie es den anderen immer zeigte. Mina versuchte sich zu entspannen, doch es wollte ihr nicht gelingen. Nach einem weiteren kräftezehrenden Versuch sich zur Ruhe zu zwingen, spürte sie die weichen Kissen, in denen sie zu versinken schien um so mehr. Die Dhamphirin seufzte. ,,Mina ?", hörte sie Joffrey fragen, je doch war sie zu müde um ihre Augen zu öffnen. Mina nickte. Sie spürte wie Joffreys besorgter Blick auf ihrer Haut brannte. ,,Alles gut", sagte sie mit klarer Stimme. Genau in diesem Moment verschwammen Minas Gedanken , plötzlich fand sie sich wieder - an jenem längst vergangen Tag.

 

 



Mit angestrengtem Blick verfolgte ich den Kampf auf der Plattform. Anthony hatte den Dhamphir zu Boden gebracht, er schlug zu - Stille , dann Grölen. Anthony wandte dem Dhamphir den Rücken zu. Unauffällig mischte ich mich unter die johlende Menge. Ein ungutes Gefühl trieb mich immer näher an die Plattform - dann sah ich es , der muskulöse Dhamphir sprang auf Anthony zu , doch noch bevor er ihn erreichte sprang ich auf die Plattform und stieß ihn nach unten,kurz darauf wurde ich zu Boden geschleudert. Mit einem kräftigen Tritt schob ich den Gegner von mir weg. Die Kapuze verhüllte mein Gesicht. Der muskulöse Dhamphir rappelte sich auf und spuckte vor mir auf den Boden. ,,Bist wohl 'n Neuzugang", knurrte er. Ich legte meinen Kopf schräg. ,,Hat es dir die Sprache verschlagen oder was?", spottete ein anderer. ,,Na los antworte ", zischte ein anderer und stieß mich zu Boden. Knurrend sprang ich von der Plattform, nahm Anthonys Hand und zog ihn in Richtung Ausgang. ,,Bist wohl zu Feige", grölte der Dhamphir von der Plattform in meine Richtung. ,,Ich möchte nur das sie ihre würde behalten , Sir", sagte ich , genau in dem Moment rutschte mir die Kapuze vom Kopf. Meine widerspenstigen Locken fielen um mein Gesicht, dann traten wir auch schon hinaus.

 

 



,,Nun wir möchten nur , dass die Hexe, auf der richtigen Seite steht...", sagte Jonah und zog sein Handgelenk zurück. ,,Offensichtlich hatten sie schwere Verluste in ihren Reihen", stellte Jenda süffisant fest. Jonahs Augen verdunkelten sich. ,,Das gehört nicht zu...", setzte er an. ,,Die Regeln mein Lieber bestimme immer noch ich ", fuhr Jenda ihm über den Mund. In ihm brodelte es. Ja es gab Verluste und ja seine beste Dhamphirin hatte sich gegen ihn gestellt , aber er wusste auch , dass der Kampf alte Wunden bei ihr aufgerissen hatte. Ein boshaftes Lächeln huschte über sein Gesicht.

 

 

 


Mina befand sich auf einem Schlachtfeld. Überall hörte man Geschrei , Gefluche und lautes Knacken. Joffrey war nirgends zu sehen. Minas Blick suchte nervös die Gegend ab, sie wusste was gleich passieren würde. In Gedanken versuchte sie verzweifelt aufzuwachen - sie wollte jene Nacht nicht nocheinmal durchleben. Jene, Nacht die ..... Wieder vernahm sie ihren eigenen gellenden Schrei. Blut , überall war Blut - ihr Blut. Es war der erste Kampf ohne Joffrey an ihrer Seite gewesen. Der Kampf in dem sie fast ihr Leben gelassen hatte. Die anderen Dhamphire hatten es nicht bemerkt. Wieder versetzte ihr ein Vampir einen tödlichen Stoß. Das gespenstische Rasseln ihres Atems hallte in ihren Ohren wieder. Sie sah wie sie sich in den Schutz der Bäume gezogen hatte. Kurz darauf hatte sie das Bewusstsein verloren. Die Dhamphirin ... Sie hatte Joffrey noch nie davon erzählt.

 

Plötzlich wurde sie wieder in die Gegenwart katapultiert. Joffrey hatte sie in seine Arme gezogen. Mina spürte das Brennen heißer Tränen in ihren Augen. Kurz darauf begann sie zu schluchzen - ihre starke Fassade brach das erste Mal - vor Joffrey.

 

 



Unwillkürlich spannte Joffrey sich an. ,,Mina es ist alles gut", versuchte er sie zu beruhigen - doch er hatte sie noch nie so verletzlich gesehen. Die Dhamphirin wandte ihm ihren Kopf zu. Für einen Moment erstarrte Joffrey. Die Verwundbarkeit, ja Ängstlichkeit in Minas Augen jagte ihm einen kalten Schauer den Rücken hinunter. Beruhigend strich er ihr über den Rücken. Was war nur passiert gewesen - wer oder was hatte Mina so verängstigt? ,,Wo warst du nur gewesen?", wimmerte Mina verzweifelt. ,,Ich bin doch da Mina, alles ist gut", hörte Joffrey sich mechanisch sagen. Der Dhamphir bemerkte wie sie sich zitternd an ihn klammerte. ,,Nein, ich war allein gewesen,...ich  bin...es war...alles so viel...",ihre Stimme schwang um in eine leichte Form der Hysterie. ,,Mina..." - die Dhamphirin redete weiter. Zusammenhanglose , wirre Wortfetzen,... ihre Augen waren so entsetzlich leer. Abermals jagte es Joffrey einen kalten Schauer über den Rücken. Als Mina begann sich in ihrer Hysterie zu verlieren, schüttelte er sie kräftig an ihren Schultern, hob ihr Kinn an und sagte: ,,Mina , ganz ruhig".... doch seine Worte blieben ihm im Halse stecken, als sein Blick abermals das bleiche, ängstliche Gesicht der Dhamphirin traf. Die wenigen Tränen, die noch über ihr Gesicht kullerten schienen sich auf Joffreys Hand zu verlieren.

 

 

,,Ich bin wohl doch nicht so stark, wie du immer dachtest", wisperte sie mit zittriger Stimme. ,,Das ist doch..", setzte Joffrey an, doch die Dhamphirin unterbrach ihn. ,,Joffrey Anderson Malroy , du hattest damals mit allem recht, als du den Rat verlassen hattest. Doch als Jonah es bemerkte schien er die Besinnung zu verlieren, er führte uns in aussichtslose Schlachten, einige von uns verloren ihr Leben, '... eine weitere Träne kullerte ihre Wange hinunter, als sie Joffreys Hand nahm und sie unterhalb ihrer Rippen auf den Stoff ihres Nachtkleides legte ,' auch ich wäre fast gestorben,' ein leiser Schluchzer', noch nie war ich dem Tod so nahe gewesen", beendete sie ihren Satz. Joffrey erstarrte endgültig, als er die Narbe durch den Stoff hindurch spürte.

 

 

Unterdessen machten sich Maggie und Anthony auf den Weg zurück ins Schloss. Sie schwiegen. Die einvernehmliche Stille schien sie zu umhüllen. Die Sterne am londoner Nachthimmel leuchteten ihnen den Weg.

Sechsundzwanzigstes Kapitel

                                                                     26. Kapitel

 

 



Maggie...sie hätte gerade eben fast ihre Kräfte eingesetzt... Anthony hing dem Gedanken kurz nach, verwarf ihn jedoch wieder. Maggie wusste schon was sie tat. ,,Die Nacht ist wunderschön", unterbrach er die Stille, die zwischen ihnen herrschte, offensichtlich war sie abermals in Gedanken versunken. ,,Ja", antwortete sie knapp. ,,Dieser Enthusiasmus in deiner Stimme ist mal wieder bemerkenswert", gab der Dhamphir leicht spottend zurück. ,,Du müsstest mich doch kennen", entgegnete sie und rang sich ein Lächeln ab. Sie sah konzertiert aus , in ihren Augen lag jener Ausdruck, den sie als Kind schon immer gehabt hatte, wenn ihr etwas Sorgen bereitete, doch dieses Lächeln war alles andere als echt. ,,Genau das Gefühl habe ich eben nicht, Maggie", stellte der Dhamphir fest.

 

 



Verwundert sah ich Anthony an. Sein Blick war ernst, seine Miene unergründlich. Ein Schneegestöber zog auf. Überall um und herum wurde der Schnee bereits aufgewirbelt. ,,Wie meinst du das ?", hörte ich mich fragen. Mein Herz zog sich zusammen,mein Blick schweifte in die Ferne. Ich spürte wie er seine Hände behutsam an mein Gesicht legte. ,,Dein Lächeln ist verschwunden", stellte er fest und fuhr mit seinem Daumen über meine Lippen. ,,Nun es gibt weitaus wichtigere Dinge, um die wir uns sorgen sollten , my Lord", gab ich zurück und wie von selbst schlangen sich meine Arme um seinen Hals. ,,Aber all diese Dinge sind mir nicht so wichtig wie ihr Lächeln, my Lady", hauchte Anthony dicht neben meinem Ohr. Ein warmer Schauer durchzog meinen Körper, als ich seinem Atem lauschte. Schließlich, als ich gerade etwas erwidern wollte setzte er seine Lippen auf die meinen. Sein Kuss war sanft , ja gar vorsichtig. Meine Arme schlangen sich fester um seinen Hals, die seinen schlangen sich um meine Taille. Die kleinen Schneeflocken, die herumwirbelten verfingen sich in unserer Kleidung und begannen eine weiße Schicht auf unseren Mänteln zu bilden. Der Kuss, er wurde immer forscher. Zögernd vergrub ich meine Finger in seinem Haar. Er lächelte. Eng umschlungen küssten wir uns mitten in der londoner Winternacht , diese Nacht würde nur uns beiden und nicht all unseren Sorgen gehören.

 

 



Joffrey konnte die Narbe deutlich durch den Stoff hindurch spüren. Es musste also eine schwerwiegende Verletzung gewesen sein. Die Narbe fühlte sich unnatürlich rau an. Seltsam, wie hatte sie solch einen Angriff überleben können? Mitten in einem Kampf? ,,Wie ist das möglich?", fragte er kaum hörbar.

 

 



Mina wusste es selbst nicht, wie sie es geschafft hatte jene Nacht zu überleben. Sie erinnerte sich nur noch an den Schmerz, diesen höllischen Schmerz. ,,Ich weiß es selbst nicht, Joffrey", beantwortete die Dhamphirin seine Frage. Sie nahm Joffreys Hand. ,,Ich hätte damals schon mit dir mitkommen sollen ", stellte sie fest. ,,Glaub mir, es ist besser so wie es ist", antwortete Joffrey grimmig. Mina nickte nur, sie verstand ihn, denn im Grunde kannten sie sich ein Leben lang und doch waren sie sich fremd.

,,Ich brauche etwas frische Luft", sagte Mina. Schnellen Schrittes verließ sie das Zimmer. Ihre Schwäche wollte sie keine weitere Sekunde vor Joffrey zeigen.

 

 



Jenda traute dem Dhamphir nicht. Er hatte etwas dunkles an sich, etwas so abgrundtief böses. In den markanten Gesichtszügen war keine Regung zu erkennen. ,,Was genau soll ich denn für sie erledigen um ihre Verluste zu begleichen?", fragte Jenda. ,,Wir würden gerne einen alten Freund wieder in unseren Reihen haben", forderte der Dhamphir ohne umschweife. Für wenige Sekunden war ein kleiner Funken Furcht in den Augen der Hexe zu sehen. ,,Das hatten wir aber nicht vereinbart",entgegnete sie energisch. Aus dem Augenwinkel sah sie , wie der muskulöse Dhamphir Esgiel packte, sein Genick hatte er bedrohlich in die Höhe gezogen. Schnell riss die Hexe ihre Hand hoch und ein blau flimmernder Ball schoss auf Jonah zu. Sein Kopf wurde von einem hysterischen Lachen zurückgerissen, der flimmernde Ball hatte ihn verfehlt. ,,An deiner Stelle würde ich mir die Kraft für das Ritual aufsparen, oder brauchen sie noch Starthilfe, my Lady?", höhnte er, als er einen drohenden Schritt auf Esgiel zu ging.

 

 



Als Jonah vor Esgiel stand knurrte dieser:,,Du Mistkerl, es wird sie umbringen". Fluchend versuchte der Vampir sich aus Dunkens Griff zu befreien. ,,Nanana mein Bester, deine kleine Freundin benötigt wohl doch Starthilfe", zischte Jonah. Mit einem schelmischen Grinsen im Gesicht packte er das Genick des Vampirs.

 

 



,,Nein", hörte Jenda sich schreien, als Jonah auch schon ein Energieball traf. ,,Ich werde euch helfen, aber lasst den Vampir in Ruhe ", knurrte sie-verwirrt über die Gefühlsregung in ihrem tiefsten Inneren. ,,Nun denn, worauf wartest du?", fragte der Dhamphir. Ohne ein weiteres Wort stellte die Hexe vier weise Kerzen in einem Kreis auf. Finger schnipsen. Die Kerzen leuchteten. Jenda griff nach dem schwarzen Dolch, schließlich trat sie in den Kreis.

 

 



Esgiel wandte seinen Blick nicht von der Hexe ab-jener Hexe die er ohne groß nachzudenken in Gefahr gebracht hatte. Täuschte er sich oder konnte man in ihrem Gesichtsausdruck wirklich eine leichte Spur von Unsicherheit erkennen. Auf einmal wurde die angespannte Stille durch einen gellenden Schrei zerrissen. Jenda fiel zu Boden. Ihre Augen wurden schwarz. Esgiel versuchte sich los zu reisen. Doch Dunken schleuderte ihn zu Boden. ,,Halt still", knurrte er.

 

 



Gebannt beobachtete Jonah das Szenario. Eine dunkle, schleierförmige Macht breitete sich aus. Schwarzer Nebel waberte über den Boden. Jendas Gesicht verzerrte sich zu einer grausamen Fratze. Der Dhamphir trat einen Schritt auf den Kreis zu. ,,Mein treuer Freund, dein Gebieter er ruft dich zurück aus dem Reich der Toten", sagte Jonah, seine Stimme schwoll mit jedem Wort an, bis sie schließlich den Raum erfüllte. Seine Hände hatte er ausgebreitet. Ein schauriges Lachen kam über die Lippen der Hexe. ,,Mein treuer Herr,Gebieter, was wäre mein Lohn?", fragte eine viel zu tiefe Stimme. ,,Das Herz einer Hexe", entgegnete der Dhamphir gebieterisch. Es schien so, als würde Jendas Körper von unsichtbaren Fäden hin und her geworfen. Ihre Hand , in der sie den Dolch hielt wurde in die Höhe gerissen. ,,Nein", schrie Esgiel. Die Hexe wurde gegen die Kerzen geschleudert, der schwarze Dolch traf sie jedoch nicht. Der Kreis war durchbrochen.

 

 



Der schwarze Nebel sickerte in den Boden, bevor er in die Höhe schoss. Kurz darauf stand eine muskulöse Gestalt mit rot leuchtenden Augen in der Mitte der Höhle. Die glühenden Augen richteten sich auf Jenda. ,,Armes Ding", sagte die tiefe Stimme, als er auch seine knochige Hand nach ihr ausstreckte.

Siebenundzwanzigstes Kapitel

27.

 

 

Irgendwann ich weiß nicht mehr wie viel Uhr es war liefen wir beide seelig lächelnd zum Schloss zurück. Ich hatte mich bei Anthony untergehakt , er lächelte mich an. ,,Weißt du wie sehr ich es vermisst habe, einfach nur in deiner Nähe zu sein , ohne all die Sorgen, my Lady Maggie", hauchte er zart, ja fast behutsam in die idyllische londoner Winternacht. Der Schnee sah fast aus wie Zucker , so klar und so zauberhaft , doch nicht allzu bald würde die kalte Winterlandschaft dem milden Frühling weichen. ,,My Lord, ich muss gestehen, dass sie recht haben." , entgegnete ich , doch dann fügte ich noch etwas hinzu. ,,Es hat sich so unsagbar viel geändert". Der Dhamphir nickte. ,,Nun ja es ist eben wie es ist und ich kann nur sagen, dass ich keine einzige Sekunde von dem was gewesen ist missen möchte ", sagte Anthony. ,,Das hat schon alles seinen Sinn, ob deine Eltern damals schon davon gewusst haben?", fragte ich neugierig. ,,Von der seltsamen Welt in der sie leben?", entgegnete Anthony fragend. Ich nickte. ,,Das wage ich sehr zu  bezweifeln. Von dir wussten sie es sicher nicht und von dem was ich bin habe ich Ihnen nie etwas erzählt,  sie hätten es nicht für sich behalten können.", prustete er lachend. Wie lange hatte ich ihn nicht mehr so herzhaft lachen hören?- Eindeutig zu lange. Es dämmerte bereits als wir uns dem Schloss näherten. Ein glückseeliges Gefühl stieg in mir auf , diese Nacht hätte ewig weitergehen können.

 

 

 


,,Nein", hörte Esgiel sich schreien, als dieses Biest die knochigen Finger nach Jenda ausstreckte. Er musste etwas unternehmen, doch gegen Dunken kam er nicht an. Verfluchte Dhamphire! ,,Hilarius mein bester , nähre dich an der Energie dieser Hexe, doch das Herz einer anderen soll dein sein", schwafelte Jonah vor sich hin. Die Augen dieses Monsters glühten glutrot auf, dann packte er Jendas Hals. ,,Danke das du mich befreit hast Kleines, doch an deiner Stelle hätte ich das unterlassen", raunte er in ihr Ohr. Ihre Augen waren unnatürlich weit aufgerissen. Sie war bei vollem Bewusstsein, doch nichts - keine Gegenwehr, sie lag einfach nur da. Im Vergleich zu dem großen,  muskulösen Dämon sah Jenda aus wie eine zerbrechliche Porzellanpuppe, ihr Kopf war seltsam abgeknickt, aus leeren Augen starrte sie Esgiel  an.

 

 



Der Dämon blickte hinab auf die Hexe die ihn gerufen hatte. Ihre Macht würde ihn wieder in Form bringen, doch töten würde er sie nicht, das wäre zu gütig gewesen, er würde sie ohne Zauberkräfte zurücklassen-so verletzlich, der Vampir würde irgendwann den Rest erledigen. Ein zerbrechlicher Mensch würde ihm nichts bringen. Hilarius hielt seine Hand über Jendas Herz , wenige Sekunden später sackte sie zusammen. ,,Brennt hier alles nieder", befahl Jonah. Dunken grinste hämisch und stieß Esgiel in die Ecke. ,, Na endlich ", sagte er , schon fiel eine brennende Fackel zu Boden. Binnen Sekunden stand die Höhle in Flammen.

 

 

 


Fluchend packte Esgiel Jenda , hob sie hoch , mit einen wütenden Schrei stürzte er durch die Flammen aus der Höhle. Die anderen waren schon lange fort. Seine Glieder schmerzten, sein Mantel war an einigen Stellen von dem Feuer zerfressen worden.  Dann fiel sein Blick auf Jenda, er erschauderte.

 

 



Mina lehnte an der Wand vor Joffreys Zimmer, weiter war sie nicht gekommen, die Narbe , sie hatte angefangen zu bluten,  ohne ersichtlichen Grund. Wie war das möglich ? Doch so schnell wie es gekommen war , hatte es auch wieder aufgehört. Wieder einmal fragte sie sich, was damals passiert war, doch sie konnte sich an nichts mehr erinnern, nur ein Satz hallte durch ihren Kopf "Ich habe dich nicht vergessen", dann zerriss ein hysterisches Lachen die Stille. Auch Joffrey musste es gehört haben, denn plötzlich stand auch er in dem eigentliche leeren Korridor. ,,Mina , was ist hier los?", fragte er angespannt. Doch die Dhamphirin starrte wie hypnotisiert  auf einen dunklen Punkt am Ende des Ganges. ,,Er ist wieder da", stotterte sie. ,,Wer ? Mina sag etwas ", entgegnete Joffrey forsch. Er schüttelte sie. ,,Mein ganz persönlicher Dämon", krächzte sie. In diesem Moment zerbarsten die kleinen Petroleumlampen in tausend Stücke. Schnell riss Joffrey Mina zu Boden. Was auch immer hier gerade passiert war bedeutete, dass sie alle in Gefahr waren. Wie zur Bestätigung formten die Scherben einzelne Wörter. "Ihr seid verloren". Wie paralysiert zog Joffrey Mina zurück in das Zimmer , legte sie in das Bett. Er selbst betrat wieder den Flur. Die Scherben waren verschwunden, die Petroleum Lampen unversehrt-als wäre nichts gewesen. Der Dhamphir rutschte langsam an der Wand hinunter, um vor der Tür Platz zu nehmen. Frustriert fuhr er sich durch die grauen Haare. Offensichtlich sollten Sie alle eliminiert werden-Jonah dieser Mistkerl. Maggie-sie brachte sie alle in Gefahr. Mina-im Grunde wusste Joffrey nichts über sie , was war nur passiert, als er dem Rat den Rücken gekehrt hatte? Anthony-vielleicht wusste er mehr? Aber woher sollte er ? Seine Gedanken rasten.

 

 

 


Anthony betrachtete Maggie. Sie sah so glücklich,  so losgelöst aus, doch wie lange würde dies so bleiben ?  Ihre Locken hüpfen bei jedem ihrer Schritte leicht auf und ab. Einige wenige Schneekristalle hingen in ihrem Haar. Abermals erinnerte er sich an die Zeit, in der sie beide noch klein gewesen waren. Unzählige Stunden hatten sie in den Geheimgängen verbracht , sich alte Legenden erzählt , ja sogar verstecken gespielt. Sie waren einfach nur sie selbst gewesen, genauso wie heute Nacht hatten sie stundenlang erzählt , gemeinsam gelacht, solange bis ihnen ihr Bauch wehtat. Je näher sie dem Schloss kamen, desto mehr bemerkte der Dhamphir,  dass hier etwas nicht stimmen konnte.

 

 



Der Dämon grinste , als er Minas Ängste wahrnahm. Gefühle - Emotionen waren seine Nahrungsquelle. Die Präsenz  der Hexe hatte er jedoch noch nicht gespürt , aber Kampfgeist war geweckt, diese Hexe würde seine BEUTE sein. Jonah hatte ihm bereits alles erzählt. Offensichtlich war die kleine sehr stark. So stark wie er würde sie aber nicht sein. Ach wie sehr er es liebte ein Dämon zu sein. Die Fähigkeit  unsichtbar zu sein und einige weitere kleine Extras machten ihm sein Dasein doch sehr erträglich. Bisher hatte es jedoch nur eine geschafft ihn zu überwältigen-hingegen alle Regeln. Wieder dieses boshafte Grinsen. ,,Du dachtest du hast mich getötet , doch du hast mich nur stärker gemacht und all das um diesen erbärmlichen Dhamphir zu retten , der nun vor deiner Tür wache hält und die Anwesenheit eines Dämons nicht bemer...", wollte Hilarius seinen Satz zu Ende bringen, seine knochigen Finger schwebten über Minas Herz, doch die Dhamphirin schien es nicht zu bemerken. In jenem Moment bemerkte er wie er von einer unsagbar en Kraft zurückgedrängt wurde. "Ich bin nicht deine Beute", dieser energische Satz drängte sich in sein Bewusstsein,  bevor ihn ein gewaltiger Schwall Energie schier aus dem Schloss hinausspülte.

 

 

 



Anthony lächelte Maggie immer noch an, als sein mulmiges Gefühl bestätigt wurde. Die goldenen Ranken strahlten so plötzlich solch ein helles Licht aus , dies er sich fast die Augen mit seiner Hand bedecken musste. Ein leises Knurren entwich Maggie's Kehle. ,,Ich bin niemandes Beute DÄMON". Der Dhamphir folgte ihrem Blick und sah schwarzen Nebel aus einem Fenster entweichen. Als Maggie ihn wieder anblickte hauchte sie ihm einen Kuss auf die Lippen. ,,Uns bleibt wohl nicht mehr viel Zeit ", sagte sie kurz darauf mit ernster Mine. Der Dhamphir nickte,  offensichtlich war ihnen nicht einmal ein unbeschwerter Abend vergönnt. Er schüttelte den Kopf, dann setzte er seine Lippen auf die Ihren. ,,Du hast recht , lass uns daher keine gemeinsame Minute verschenken", sagte er leise. Maggie sagte nichts, sie schlang ihre Arme um seinen Hals.

 

 



Ich seufzte leise auf- wo sollte das alles hinführen. Jonah würde nicht gewinnen - wir sind stark- doch mit dem  selben Atemzug kamen die Zweifel.

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Tag der Veröffentlichung: 26.07.2015

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