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Kapitel 1

Die Sonne schien mir herrlich hell ins Gesicht. Ich liebte das Sonnenlicht. Und das obwohl es hier fast nie regnete und wir immer wieder mit Dürreperioden zu tun hatten. Ich war der Sonne noch nicht überdrüssig geworden. Wie gewohnt blendete ich alles um mich herum aus und genoss mein Hier und Jetzt. Der Markt um mich herum war wie verstummt und ich hörte keine einzige Seele mehr. Diese innere Stille liebte ich sehr…

„Lucia, trödel nicht herum!“

Natürlich musste sie diesen perfekten Moment zerstören. Ich sah zu Cassia, meiner neuen Mutter. Sie würde niemals meine Mutter ersetzen können. Und doch hatte ich ihr zu gehorchen. Zumindest solange wir uns außerhalb meines Vaters Ludus‘ befanden.

„Ich brauche neue Stoffe“, sagte sie mehr zu sich selbst als zu mir, als ich ihr nachging und neben ihr an einem Stand mit sehr teuren Stoffen stehen blieb.

„Wenn du das sagst“, sagte ich beiläufig und ließ meinen Blick über den Markt streifen. Wie oft war ich nun schon hier gewesen? Und doch kannte ich nicht seine Vielfalt, seine Besonderheiten. Sehr gut kannte ich seine schlimmen Seiten. Nicht nur ein Mal hatte mein Vater seine neue Frau Cassia und mich mitgenommen, wenn er neue Sklaven einkaufte. Es war so grauenhaft mit anzusehen, wenn sie Frauen entblößten um mehr Geld für sie zu bekommen. Meistens standen sie nackt auf einer Anhöhe, damit jeder sie sehen konnte. Einmal hatte sogar ich eine aussuchen müssen. Es war ein Geschenk meines Vaters zu meinem vierzehnten Geburtstag gewesen. Seit diesen zwei Jahren war Mira eine geheime Freundin von mir. Ich behandelte sie nicht wie eine Sklavin, zumindest nicht wenn wir allein waren. Es war so herrlich einfach mit ihr. Frauen kaufte mein Vater jedoch selten. Es waren die Männer, die ihn interessierten. Er würde sie in seinem Ludus ausbilden und sie in der Arena kämpfen lassen.

„5 Denare?“ riss mich Cassias grelle Stimme aus meinen Gedanken. „Ich gebe dir 3, daran machst du immer noch Gewinn.“

Gut, eines musste ich ihr lassen, sie wusste, wie man verhandelte. Ich grinste in mich hinein, als der Händler nickte und ihr die Stoffe reichte.

„Brauchst du noch etwas bevor wir zum Ludus zurückgehen, meine Liebe?“

Ich schüttelte schweigend den Kopf und wir machten uns auf den Weg zurück zu unserem Anwesen.

Im Inneren war es um einiges kühler als draußen. Ich atmete tief durch und ging durch den Eingangsbereich zum großen Balkon. Natürlich fand ich meinen Vater hier. Er beobachtete immer seine Gladiatoren wenn sie trainierten. Ich hatte ihn schon oft dabei beobachtet. Immer wenn er mit etwas nicht einverstanden war, begann er auf dem Balkon auf und ab zu gehen.

Ich wollte ihn gerade begrüßen, als Cassia sich an mir vorbei schob und meinem Vater um den Hals fiel.

„Claudius“, grüßte sie ihn dramatisch und küsste ihn auf die Wange.

„Ihr seid schon wieder zurück?“, fragte er sie überrascht.

„Es waren drei Stunden, Papa“, sagte ich lächelte. Er vergaß immer die Zeit, wenn er bei der Ausbildung zusah.

„Wie machen sich die Neuen?“, mischte sich Cassia ein. Ich wusste nur zu gut, wieso sie das machte. Sie konnte es nicht ausstehen, wenn mein Vater und ich uns unterhielten. Sie musste sich immer einmischen.

„Zwei von ihnen sehen vielversprechend aus, die anderen werde ich wahrscheinlich weiterverkaufen.“

Ich trat zu meinem Vater ans Geländer und sah in den Ludus hinunter.

Mein Blick fiel immer zuerst auf Hector und die lange Peitsche, die er schwang, wenn die Gladiatoren nicht machten, was er wollte. Hector war der Ausbilder und der einzige im Ludus mit dem mein Vater über die Ausbildung sprach.

„Diese dort“, sagte mein Vater und deutete auf einen noch relativ jungen Mann mit dunkelbraunen Haaren und einem starken Gesichtsausdruck. Über seinen Oberkörper zogen sich einige Narben und ich fragte mich, wie er schon so viele davon tragen konnte, wenn er doch noch so jung war. „Agron und Barca“, sagte mein Vater und deutete auf den zweiten. Er war ein wirklicher Riese unter den Männern im Ludus. Sein Haar war schwarz und zu einem langen Zopf geflochten. Er machte mir irgendwie Angst. „Die beiden werde ich behalten.“

Ich sah mich um und beobachtete die anderen Gladiatoren. Und da spürte ich den Blick einer Person auf mir. Meine Haut begann zu prickeln. Ich suchte das Paar Augen, welches mich bereits ansah und fand es schnell. Im Schatten einer Wand saß Rufus, der beste Gladiator meines Vaters und sah mich an. Auch er war mir unheimlich.

„Rufus!“, rief Hector und ließ seine Peitsche knallen. „Kämpf gegen den Neuen.“

Rufus lächelte und nahm sein Holzschwert und einen Schild. Der Neue mit dem Namen Agron näherte sich Rufus und versuchte seinen ersten Angriff – der danebenging. Rufus war nicht umsonst der beste Kämpfer. Er hatte noch nie verloren.

Immer wieder versuchte es Agron erneut, doch nie gewann er gegen ihn. Und dann ging es schnell. Rufus wartete dieses Mal nicht auf einen Angriff sondern attackierte Agron wie aus dem Nichts. Agron hatte es nicht kommen sehen – zumindest nicht so und landete unsanft auf dem Rücken. Rufus und auch die anderen Gladiatoren die schon länger im Ludus‘ meines Vaters waren lachten. Rufus beugte sich über den Neuen und spuckte ihn an.

„Du kämpfst wie ‘ne Pussy“, hörte ich ihn sagen. Dann ließ er ihn liegen und wendete sich ab.

Ich konnte mir wirklich vorstellen, wie hart das Leben unten im Ludus sein konnte. Ich beobachtete sie immer mal wieder und nie wurde es einfacher für die Neuen.

„Geh hinein, Lucia. Heute ist es besonders heiß hier draußen.“

„Das macht mir nichts, Papa.“

„Du solltest auf deinen Vater hören, Lucia!“, mischte sich Cassia wieder ein. „Ach da fällt mir ein, dass ich alle Einladungen für unser Fest austragen lassen habe.“

„Was für ein Fest?“, fragte ich nach, weil ich von so etwas noch nichts mitbekommen hatte.

„Oh hatte ich ganz vergessen, es dir zu sagen? Zu Ehren deines Vaters geben wir ein kleines Fest. Für den besten Ludus dieser Stadt.“

„Nein, Cassia“, sagte ich trocken, „das hast du mir nicht gesagt.“ Ich sah sie böse an und ging ins Haus. Wie ich sie hasste. Sie war ein echtes Biest und ich konnte einfach nicht verstehen, wieso mein Vater sie geheiratet hatte.

„Mira?“, rief ich durch das Haus während ich auf dem Weg in mein Zimmer war. Es dauerte keine fünf Sekunden und Mira war an meiner Seite.

„Wusstest du von dem Fest morgen Nacht?“, fragte ich sie und ließ mich auf einem Stuhl nieder.

„Domina hat es uns verboten darüber zu sprechen.“

„Dieses miese…“, ich verdrängte diese abscheulichen Worte und versuchte mich zu beruhigen. Und da fiel mir etwas noch besseres ein.

„Wo sind die Kleider meiner Mutter aufbewahrt?“

„In einer Kammer. Keine von uns wollte etwas wegwerfen, auch wenn Domina es befohlen hatte. Wir haben alles zusammengepackt und versteckt.“

Ich sprang auf vor Freude und warf meine Arme um Mira. „Ich danke dir“, flüsterte ich ihr ins Ohr. „Bring die Sachen in mein Zimmer.“

Ich sah Mira nach, als sie mein Zimmer verließ. Ich konnte und wollte mein Lächeln nicht verbergen. Mein Plan, Cassia nach ihren eigenen Erwartungen schlecht dastehen zu lassen, war einfach ein großartiges Gefühl.

 

 

Am kommenden Tag schlief ich bis Mittag. Ich wollte ausgeruht sein für die Feier und da ich wusste, dass solche Feiern immer sehr lange gingen, meist bis zum nächsten Morgen wollte ich vorbeugen. Mira hatte mir noch am Abend die Sachen meiner Mutter gebracht. In den Kisten fand ich ihre Lieblingskleider und noch dazu Schmuck von dem ich nicht gewusst hatte, dass Cassia auch ihn hatte entsorgen wollen. Das hatte mich so unglaublich wütend gemacht. Cassia würde noch Augen machen, wenn sie mich an diesem Abend sah.

„Das Bad ist eingelassen“, sagte Mira und riss mich aus meinen Gedanken.

„Danke, Mira.“ Ich hatte mir eine einfache Tunika übergezogen und machte mich auf den Weg zu unserem Bad. Mira folgte mir leise nach. Als ich dann meine Sachen ablegte, nahm sie sie entgegen und legte sie vorsichtig an die Seite. Ich stieg ins leicht warme Wasser in dem einige Rosenblätter schwammen. Das Wasser selbst war milchig trüb und roch angenehm nach Rosen und Lavendel. Mira wusste, wie ich mein Bad mochte.

„Wen hat Cassia alles für heute Abend eingeladen?“, fragte ich sie in der Hoffnung, dass sie mehr wusste als ich.

„Marcus Aurelius und seine Frau und Sohn, Cronimus...“ Mira nannte mir mehrere Namen, von wichtigen Männern aus der Stadt. Es wunderte mich, dass Cassia Marcus Aurelius eingeladen hatte. Mein Vater konnte diesen Mann nicht ausstehen. Und dann auch noch mit samt Frau und Sohn. „Quinta hatte sie auch erwähnt.“

Ich lächelte, zumindest ein bekanntes Gesicht, auf das ich mich freute. Es war schon ewig her, dass ich Quinta zuletzt gesehen und gesprochen hatte. Sie war wie ihre Eltern eine Patrizier. So hoch im Adel standen meine Familie und ich zwar nicht, doch hatte uns das nicht daran gehindert uns etwas anzufreunden.

„Das diese Frau es wagt, so etwas ohne Vaters Zustimmung einzuleiten.“

„Du solltest dich nicht aufregen“, sagte Mira sanft und begann mir Rücken und Arme zu waschen.

Sie hatte ja Recht. Ich sollte mich entspannen Ich ließ meine Lider zufallen und lehnte mich zurück. Ich dachte einfach an nichts mehr und atmete tief und ruhig durch. Lange konnte ich die Ruhe jedoch nicht genießen.

„Hier bist du“, hallte Cassias grelle Stimme durch das Bad.

Ich schlug die Augen auf und sah sie an. Sie lächelte mich an und stieg zu mir ins Bad. Kaum hatte sie sich hingesetzt, stand ich auf und ging durchs Wasser zu den zwei Stufen, die aus dem Bad herausführten.

„Lucia, bleib doch.“

„Nein, danke. Ich bin schon fertig“, entgegnete ich ihr kühl, warf mir schnell meine Tunika über und verließ den Raum. Auf dem Weg zurück zu meinem Zimmer kam mir mein Vater entgegen, nur mit einem Tuch um die Hüften und nacktem Oberkörper.

Wie gut, dass ich da raus war. Gerade noch rechtzeitig. Jetzt musste ich nur genug Wände zwischen mich und das Bad bringen.

In meinem Zimmer angekommen, schlüpfte ich in einen hellblauen dünnen Mantel, den ich am Bauch zusammenband. Dann ging ich hinaus auf den Balkon. Ich wusste zwar, dass Vater es nicht mochte, wenn ich allein auf dem Balkon war, doch in diesem Moment war mir das vollkommen egal. Weiter weg vom Bad konnte ich anders einfach nicht kommen.

Unten im Hof waren die Gladiatoren wieder beim Training. Ich stellte mich ans Geländer und sah ihnen zu. Mein Blick fiel zuerst auf Rufus, der zeitgleich mit zwei anderen Gladiatoren kämpfte. Er machte das auf eine recht elegante Art. Es schien ihn nicht mal anzustrengen die anderen beiden so zu beschäftigen, dass nur diese nach Luft schnappten. Bald würde er wieder in die Arena geschickt werden. Die nächsten Kämpfe waren in einigen Tagen. Hector wusste das und ließ sie alle härter üben, als je zuvor. Rufus stieß beide Kämpfer von sich, sodass sie zu Boden gingen. Er stieß einen Siegesschrei aus und sah mit einem Mal zu mir hoch. Ich nickte ihm kurz zu, als Anerkennung für seine Leistung und sah dann von ihm weg. Diese Augen waren so durchdringend, dass ich ihn noch nie hatte länger ansehen können. Ich ließ meinen Blick über die anderen schweifen und aus irgendeinem Grund, der mir nicht bekannt war, blieb er an dem Neuen, Agron, hängen. Er kämpfte mit Varos und machte dabei gar keine schlechte Figur. Mit Rufus hatte er es vielleicht nicht aufnehmen können, doch war er sehr schnell ein ebenbürtiger Trainingspartner für Varos geworden. Auch das war meiner Anerkennung wert. In der kurzen Zeit, die er im Ludus war, hatte er sich wirklich gut entwickelt. Und wenn das selbst mir auffiel, dann musste das schon was heißen.

Ich wusste nicht, wie lange ich auf dem Balkon stand und ihnen einfach zusah. Ich war in Gedanken versunken und bemerkte kaum, dass der Nachmittag dahin flog.

„Wieso bist du noch nicht fertig?“

Ich drehte mich zu der hässlich grellen Stimme um. Cassia stand vor mir in ein elfenbeinfarbenes Gewand gekleidet mit einer überaus schönen Kette, die ich an ihr noch nie gesehen hatte. Wie viel Geld meines Vaters hatte sie dafür nur bezahlt? Die blonden Haare hatte sie elegant hochstecken lassen sodass ein Teil noch recht lang und lockig über ihre Schultern fiel.

„Die Gäste kommen bald und du stehst hier in solch schäbigen Sachen!“ Sie sah mich angewidert an.

Es war mir egal, wie sie meine Sachen fand. Diesen Mantel hatte meine Mutter oft nach dem Aufstehen getragen. Ich liebte ihn und glaubte immer noch ihren Geruch daran riechen zu können.

„Geh dich ankleiden, Lucia“, sagte mein Vater, der hinter Cassia auftauchte.

Ich nickte ihm zu und schenkte ihm ein Lächeln. Wieso konnte sie nicht so sein? Wieso musste sie mich immer in einem schlechten Licht dastehen lassen? Cassia war ein schlechter Mensch, mehr konnte ich zu ihr einfach nicht sagen. Doch mein Vater schien das nicht zu sehen. 

Kapitel 2

Ich hatte die Sachen meiner Mutter schon am vorigen Abend durchgesehen und das schönste Gewand was ich finden konnte herausgelegt. Es war in einem sehr hellen Blau gehalten und wirkte gerade durch seine Einfachheit sehr elegant. Dazu hatte ich mir eine wunderschöne Kette ausgesucht und passenden Haarschmuck dazu.

„Mira, erinnerst du dich, wie meine Mutter ihr Haar getragen hat?“, fragte ich sie als ich in meinen Spiegel sah und versuchte, die Ähnlichkeiten zu meiner Mutter zu sehen. Es fiel mir schwer...

„Ja, daran erinnere ich mich.“

„Ich möchte mein Haar heute Abend auf die gleiche Art tragen.“

„Deine Mutter würde sich sicher freuen, dich so zu sehen“, sagte Mira und begann damit, mir die von Natur aus lockigen Haare so festzustecken, wie es meine Mutter immer selbst gemacht hatte.

Mira war geschickt was Frisuren anging. Sie arbeitet gleich beim Feststecken der einzelnen Strähnen den Haarschmuck mit ein und ich war mehr als begeistert, als sie schließlich fertig war.

„Gefällt es dir?“

„Es ist perfekt“, sagte ich und konnte meinen Blick nicht von meinem Spiegelbild losreißen. Ich sah fast so aus wie sie... Es fiel mit unglaublich schwer mich von meinem Spiegelbild loszureißen. Wie sehr ich meine Mutter vermisste. Tränen stiegen mir in die Augen.

„Lucia, was ist?“, fragte mich Mira und kniete sich neben mich. „Gefällt es dir nicht mehr? Soll ich etwas ändern?“

Ich schüttelte den Kopf, wischte mir die Tränen weg und sah sie an. „Wie ich sagte, es ist perfekt. Ich danke dir, Mira.“

Mira lächelte mich an und half mir dann beim Anlegen des Kleids meiner Mutter. Es passte wie angegossen. Sie hatte in etwa meine jetzige Größe gehabt. Ich war so gespannt, wie mein Vater schauen würde. Würde er meine Mutter in mir wiedererkennen? Ich fühlte mich auf der Stelle wohl in diesem Gewand. Die vielen Schichten der dünnen Stoffe verliehen ihm etwas Sinnliches.

Mira reichte mir die Kette, die ich ausgewählt hatte und legte sie mir um. Nun war das Bild komplett.

Aus dem Eingangsbereich, in dem die Feier stattfinden würde, hörte ich bereits Musik und die Stimmen mehrerer Leute. Also waren die ersten Gäste bereits eingetroffen. Cassia würde sich wahrscheinlich schon über mich aufregen, weil ich nicht bei ihnen war um die Gäste zu begrüßen. Und genau so sollte es sein.

Ich setzte mich wieder vor meinen Spiegel und beträufelte meinen Hals und meine Handgelenke mit meinem Lieblingsduft.

Ein Räuspern zog meine Aufmerksamkeit auf sich. In der Tür zu meinem Zimmer stand einer unserer Sklavinnen und senkte den Blick vor mir. „Die Domina schickt mich, nach Euch zu sehen. Sie hätte Euch gerne bei sich, jetzt wo die Gäste eintreffen.“

„Sag ihr, dass ich komme sobald ich soweit bin.“

Sie nickte und ging zu Cassia zurück um ihr meine Antwort zu überbringen. Es würde ihr nicht gefallen und genau das war es, was mir ein Lächeln ins Gesicht zauberte.

Ich ließ mir noch viel Zeit bis ich glaubte, dass mittlerweile genug Leute anwesend waren. Bevor ich mein Zimmer jedoch verließ, drehte ich mich zu Mira und nahm ihre Hände in meine.

„Ich möchte, dass du den ganzen Abend über an meiner Seite bleibst.“

„Ja, Herrin“, sagte sie und neigte kurz den Kopf.

Ich atmete tief durch und ging in unseren Eingangsbereich, wo ich schnell meinen Vater und Cassia fand.

„Wo warst du so lange?“, keifte mich Cassia an, doch ignorierte ich sie einfach.

„Bitte verzeih, Papa. Ich habe es nicht früher geschafft.“ Ich blickte meinen Vater an und lächelte unschuldig.

„Nun bist du ja da. Und sieh‘ dich an. Du siehst wunderschön aus.“ So freundliche Worte aus dem Mund meines Vaters zu hören, ließ mein Herz schneller schlagen. Cassia hatte sich bisher immer zwischen uns gedrängt.

„Claudius Ruga, vielen Dank für deine Einladung“, sagte Marcus Aurelius laut und erhob sein Glas. Alle anderen Gäste taten es ihm gleich und wir tranken auf das Haus Ruga. Ich blieb an der Seite meines Vaters als Marcus Aurelius und sein Sohn Aulus sich uns näherten. Mir entging nicht, dass beide mich für einen kurzen Moment fast erschrocken ansahen.

„Ich glaubte, gerade einen Geist zu sehen“, sagte Marcus Aurelius und sah mich weiterhin an. „Ich glaubte, ich sah Eure Mutter vor mir stehen. Wirklich, Lucia, du siehst aus wie sie.“

Ich nickte dankend und lächelte. Aulus stimmte seinem Vater zu und reichte mir ein weiteres Glas Wein, welches ich dankend annahm. Aulus war der älteste und noch immer unverheiratete Sohn von Marcus Aurelius und mochte in etwa sechs bis sieben Jahre älter sein als ich.

Ich spürte, wie Cassia mich eifersüchtig ansah und es war dieser eine Blick von ihr, der das alles hier wert war.

„Wie laufen die Vorbereitungen in deinem Ludus, Aurelius? Ich hörte, du würdest einen Platz im Primus haben“, sagte Cassia und zog so die Aufmerksamkeit von mir weg. Sie konnte es einfach nicht lassen. Das was sie ansprach, war auch der Grund, wieso mein Vater diesen Mann nicht leiden konnte. Schon immer versuchten sie sich mit starken und erfolgreichen Gladiatoren zu überbieten. Sie waren einfach Rivalen.

„Die neuen entwickeln sich“, sagte er trocken und sah zu meinem Vater. Dieser deutete ihm an, ihm auf den Balkon zu folgen. So konnte er selbst sehen, wie sich unsere Gladiatoren machten.

Ich folgte ihnen nicht weiter und auch Aulus tat das nicht. Ich wollte nicht mit ihm allein sein. Irgendwie war er mir unheimlich und ich war in diesem Moment froh, dass Mira bei mir war. Ich brauchte unbedingt eine Möglichkeit, wie ich von ihm wegkam. Eine Frau ließ einen Mann nicht einfach stehen, egal wie sie sich in seiner Anwesenheit fühlte.

„Wie geht es dir, Lucia?“, fragte er mich und versuchte mich so in ein Gespräch zu verwickeln. 

„Gut, danke Aulus. Ich hörte du sollst bald mit deinem Vater zusammen den Ludus leiten.“

„Ja. So hat er mich unter Kontrolle und braucht sich keine Sorgen zu machen, dass ich den Ludus zerstöre.“ Er lachte trocken.

„Das würdest du bestimmt nicht.“ Ich lächelte ihn an und ließ dann meinen Blick über die anderen Gäste streifen. Mein Lachen wurde breiter als ich jemanden ganz bestimmtes sah.

„Entschuldigst du mich?“, sagte ich zu Aulus und ließ ihn stehen. Ich bahnte mir einen Weg durch die Gäste und stand mit einem Mal vor ihr. Quintas Lächeln wurde ebenfalls breiter, als sie mich sah. Ich warf die Arme um sie und drückte sie kurz.

„Quinta! Wie schön dich hier zu sehen.“

„Du sagst es, Lucia. Ich war froh, als ich die Einladung erhalten hatte. Wie geht es dir?“

„Sehr gut, jetzt wo du da bist.“ Wir harkten unsere Arme ineinander und gingen langsam umher, sprachen die ganze Zeit über dies und jenes und genossen einfach nur die Anwesenheit der anderen. Es tat so gut, sie mal wieder bei mir zu haben. Wir tranken Wein zusammen und lachten viel. Es war herrlich.

Irgendwann gesellte sich Aulus zu uns, doch senkte das die Stimmung zwischen uns nicht.

Etwas später begannen die ersten Gäste zu gehen, doch das zog sich über einige Stunden.

„Ich hole uns noch Wein“, sagte Aulus und kam kurze Zeit später mit drei Bechern zurück. Auch diese waren schnell geleert und auch die kommenden. Ich bemerkte so langsam den Alkohol. Meine Hände wurden leicht taub und mein Blickfeld verschwamm immer mehr.

„Lucia, ruhig“, sagte Quinta und stütze mich. „Mira, hol etwas Wasser.“

„Ich sollte mich setzen“, sagte ich leise. Es fiel mir schwer die Worte richtig über meine Lippen zu bringen.

„Komm ich helfe dir“, sagte Aulus und stütze meine andere Seite. Beide zusammen brachten sie mich in ein kleines Nebenzimmer, wo ich mich setzte. Stimmen vernahm ich nur noch sehr leise.

„Ist sie so weit?“, fragte Quintas Stimme leise.

Meinte sie mich? Für was sollte ich bereit sein?

„Lucia, du solltest nicht so viel Wein trinken“, sagte Aulus und strich mir eine Strähne aus dem Gesicht.

„Ihr habt... doch auch getrunken“, sagte ich schwach. Was war nur mit mir los? Wieso fühlte ich mich so kraftlos? So eine Wirkung hatte Wein noch nie auf mich gehabt. Ich versuchte die Augen zu öffnen und sah zwei verschwommene Gestalten, die einander küssten. Quinta und Aulus? Sah ich das richtig?

„Geh jetzt“, sagte Aulus und ich hörte, dass sich jemand von uns entfernte.

„Oh Lucia.“ Aulus' Stimme war das einzige was ich hörte. Er berührte meine Schultern und drückte mich leicht zurück, sodass ich mich hinlegte. Ich spürte sein Gewicht auf mir, als er sich bewegte.

„Was machst du?“, fragte ich flüsternd.

Dann spürte ich, wie er seine Lippen auf meine drückte. Oh Gott. Ich wollte ihn von mir drücken, doch kam ich gerade mal dazu meine Hände auf seine Brust zu legen. Druck konnte ich nicht ausüben.

Er ließ von meinen Lippen ab und küsste meinen Hals. Seine Hand spürte ich an meinem Bein, wie sie sich unter die Stoffe schieben wollte.

„Hör auf“, sagte ich, doch konnte ich nichts tun. „Aulus.“

„Sch... es ist okay so“, sagte er und schob seine Hand zwischen meine Beine.

Ein leichtes Stöhnen kam aus meiner Kehle. Er sollte mich los lassen. Seine Hand dort wegnehmen. Er drückte seine Lippen wieder auf meine.

„Was geht hier vor?“, rief mit einem Mal eine laute mir sehr bekannte Stimme.

Oh nein.

„Claudius beruhige dich“, hörte ich Cassia sagen.

Aulus ließ sofort von mir ab und zog mich auf die Beine. Stehen war mit einem Mal gar nicht mehr so schwer. War es die Angst, die mich wieder klar werden ließ?

Ich sah in das zornige Gesicht meines Vaters, sah hinter ihm Cassia und Quinta. Und auch Marcus Aurelius und Mira standen da.

„Marcus, dein Sohn und du sollten gehen!“, sprach mein Vater mit wütender Stimme.

„Das werden wir sofort“, sagte dieser und deutete auf seinen Sohn ihm zu folgen.

„So gedenkst du meinen Namen zu beschmutzen? Mit ihm?“

„Papa, ich weiß nicht, was passiert ist. Ich...“

„Mit ihm wolltest du also...“ er brachte den Satz nicht zu Ende. „Mit Aurelius' Sohn?“

„Quinta, du warst doch bei mir.“

„Sieh mich nicht so an, Lucia. Ihr habt mich total gelangweilt. Ihr habt die ganze Zeit nur über den Ludus gesprochen.“

„Was?“, bellte mein Vater dazwischen. „Du sprichst mit dem Sohn meines Rivalen über meinen Ludus? Was noch Quinta?“ Er sah sie an und sie wich unbewusst vor ihm zurück.

„Ähm. Sie sprachen über die Neuen und über die Besten aus beiden Häusern. Dann sind sie hier her gegangen. Allein.“

Ich sah zu Mira. Sie war doch auch bei mir gewesen. Flehend sah ich sie an, sie solle mir helfen. Ich hatte solche Angst vor meinem Vater, so sehr ich glaubte er würde mich vor Wut töten.

„Dominus, ich...“, begann Mira doch wurde sie gar nicht beachtet.

„Was fällt dir ein, Mira“, zischte Cassia und ließ meine einzige Hoffnung so verstummen.

Vaters Hände ballten sich zu Fäusten. Er packte mich mit einem Mal und zog mich aus dem Nebenraum.

„Du sprichst über meinen Ludus mit Aulus? Dabei weißt du doch nichts, du dummes Ding!“ Er zog mich weiter, tat mir  dabei weh, bis wir auf dem Balkon standen. „Und du willst bei einem Mann sein, ja? Ist es das?“, schrie er.

„Nein!“, wimmerte ich. „Papa, du tust mir weh.“ Tränen flossen über meine Wangen, doch er ließ mich nicht los.

„Sprich mich nicht mehr so an. Ich habe keine Tochter mehr.“

Das traf mich wie ein Schlag ins Gesicht.

„Wie eine Hure spreizt du die Beine! Und du sprichst über meinen Ludus?“, fragte er mich zum wiederholten Male.

Ich begann so sehr zu zittern, weil ich nicht wusste, was er vor hatte.

„Dann werde Teil von ihm!“ Damit stieß er mich mit voller Wucht über das Geländer.

Und ich fiel...

 

 

Sie alle hatten die lauten Stimmen gehört, während sie im Licht der Fackeln noch immer trainierten. Keiner hatte es gewagt mehr als einen flüchtigen Blick zum Balkon hochzuwerfen. Dort oben standen der Dominus und die Domina zusammen mit einigen Sklaven und einer Patrizierin. Doch es war die Tochter, auf der alle Blicke am längsten haften blieben.

Agron wehrte den Hieb von Varos‘ Schwert ab und attackierte ihn so lange und so fest er konnte bis Varos sein Übungsschwert nicht mehr halten konnte und es ihm aus der Hand fiel.

„Gut“, sagte Hector und nickte ihm zu.

Agron lächelte. Das war das erste Lob was er von Hector bekommen hatte. Vielleicht hatte er doch eine Zukunft in diesem Ludus.

Sie alle wurden von den lauten Stimmen immer wieder abgelenkt. Keiner konnte sich mehr konzentrieren und bald standen sie im Ludus und sahen zum Dominus hinauf. Dieser hielt seine Tochter am Arm fest und schrie sie an.

„Wie eine Hure spreizt du die Beine! Und du sprichst über meinen Ludus?“, schrie er seine Tochter an.

Sie weinte und schüttelte den Kopf, versuchte sich vom festen Griff ihres Vaters loszureißen.

„Dann werde Teil von ihm!“

Agron stockte der Atem, als er sah, wie der Dominus seine Tochter über das Geländer warf. Sie fiel und hätte den Boden hart getroffen, wenn Agron ihr nicht etwas vom Schwung genommen hätte. Er stand günstig und wollte sie auffangen, doch fielen sie beide zu Boden.

„Keiner hilft ihr auf“, befahl der Dominus und sah voller Verachtung auf seine Tochter.

Sie weinte noch immer und versuchte aufzustehen. Agron musste dem Drang widerstehen, ihr zu helfen. Er stand neben ihr und sah auf sie hinab. So wie alle anderen Gladiatoren auch.

„Rufus“, rief der Dominus und Agron sah zu diesem, wie er vortrat und vor Achtung den Kopf senkte.

„Dominus.“

„Ich will, dass du diese Hure nimmst und ihr zeigst, was es heißt mit einem Mann zu sein!“

Der Schock im Gesicht von Rufus war nicht zu übersehen. Nicht anders sahen die Gladiatoren aus. Rufus wechselte einen kurzen Blick mit Hector, welcher stumm nickte.

„Tu es!“, befahl der Dominus.

Dann ging Rufus auf das Mädchen zu. Sie wich vor ihm zurück, wimmerte, er solle es nicht tun. Flehte ihn an. Weinte hemmungslos. Während sie rückwärts vor Rufus zurück wich, stieß sie gegen Agron, der wie versteinert dastand und nicht glauben konnte, was diesem Mädchen angetan werden sollte. Sie drehte sich kurz zu ihm um, und sah mit ihren grünen Augen direkt in seine.

„Bitte“, flehte sie, doch in diesem Moment erreichte Rufus sie und packte ihren Arm. Sie wollte sich von ihm losreißen, doch wirkten ihre Bewegungen langsam und schwach.

„Halt‘ sie fest“, befahl ihm der Dominus vom Balkon aus.

Agron wusste, dass er zu gehorchen hatte, auch wenn er es für falsch hielt. Er stand hinter ihr und nahm ihre Arme, während Rufus ihre Beine nahm und sie sie so zu Boden brachten.

„Nein… bitte nicht“, wimmerte sie als, Rufus ihr das Kleid hochschob und seinen Lendenschurz öffnete.

Mit schwachen Bewegungen wollte sie dem ganzen entgehen, doch Agron wusste, dass es ihr nicht gelingen würde. Er sah ihr ins Gesicht. Trotz des tränenüberströmten Gesichts, erkannte er ihre Anmut und Schönheit. Was konnte sie nur getan haben, dass ihr eigener Vater ihr so etwas antun lassen würde?

Sie schrie, als Rufus sich in sie schob. Sie zitterte und bohrte ihre Fingernägel in Agrons Oberarme.

Die Nacht war still, mit Ausnahme von Rufus stöhnen und Lucias weinen.

Ein Gladiator hatte nicht allzu oft Frauenbesuch und so dauerte es nicht lange, bis Rufus seine Erlösung fand. Als dieser von ihr abließ, lockerte auch Agron den Griff an ihren Armen. Erst jetzt fiel ihm das Blut auf, welches zwischen ihren Beinen klebte, und das Kleid befleckt hatte. Lucia richtete sich auf und wich vor ihnen allen zurück – so lange bis sie sich in einer Ecke des Ludus befand, wo sie weinend zu Boden ging.

 

 

Mira konnte nicht glauben, was sie beobachten musste. Wie hatte der Dominus ihr nur so etwas antun können? Sie war doch schließlich seine Tochter. Und sie hatte nichts dafür gekonnt.

„Quinta?“, hörte sie Cassia sagen. „Du solltest besser gehen. Ein solches Ende für diesen Abend hatte ich mir nicht gewünscht.“

„Ich verstehe Cassia“, antwortete diese und lächelte.

Was gab es da zu lächeln? Mira hatte immer gedacht, dass Quinta eine Freundin von Lucia war. Wie konnte eine Freundin nach so etwas lächeln?

„Mira, geleite Quinta bitte zur Tür“, befahl ihr Cassia.

„Ja Domina“, sagte Mira begleitete Quinta.

Als diese das Haus verlassen hatte, ging Mira zurück zur Domina. Als sie den Saal durchquerte, in dem andere Sklavinnen bereits sauber machten, blickte sie ungewollt in das kleinen Nebenzimmer, in welchem der Dominus Lucia mit Aulus entdeckte hatte. Dort stand noch immer ein Becher mit Wein. Als Mira den Wein nahm, sah sie einen leichten Film von etwas auf dem Wein schwimmen. Sie kannte den Geruch nicht, doch schien dieser Film nicht vom Wein zu stammen.

Was hatte Cassia nur getan?

Es fiel Mira schwer so zu tun, als wüsste sie nicht, dass es Cassia gewesen war, die Lucia so benommen gemacht hatte. Doch allein hätte sie das nicht gekonnt. Es war kein Geheimnis, dass Aulus Lucia schon ewig nachsah, wenn er sie sah. Hatte er das diesen Abend schamlos ausgenutzt, dass Lucia sich nicht wehren konnte?

„Ich kann es nicht glauben“, sagte der Dominus zu Cassia, als sie wieder ins Innere des Hauses kamen.

„Wer hätte das denn ahnen können, Liebster? Das hätte ich nie von Lucia gedacht.“

„Ich will diesen Namen nicht mehr hier in diesem Haus hören. Hast du das verstanden?“, fragte er Cassia streng.

„Natürlich, Liebster.“

„Habt ihr das alle verstanden?“, rief er laut, sodass alle Sklavinnen ihn hören konnten.

Einige nickten, andere antwortete mit: „Ja, Dominus.“

„Ich habe keine Tochter mehr“, sagte er leise und ging in Richtung seines Schlafgemachs.

„Mira?“, rief Cassia als sie Claudius nachsah.

„Ja, Domina?“

„Der Dominus ist tief schockiert vom Verrat seiner Tochter. Ich will, dass du ihm Gesellschaft leistest und das tust, was er sagt, bis ich bei ihm bin. Es wird nicht lange dauern. Bei Sonnenaufgang will ich, dass du in den Ludus gehst und den Schmuck von ihr holst. Sie hat im Ludus zu bleiben, der Dominus will sie nicht mehr sehen. Sag ihr das.“

„Ja, Domina.“ Es schmerzte Mira, zu wissen, dass Lucia unten im Hof saß, allein, verletzt und traurig. Wie sehr wünschte sie sich, sie in die Arme schließen zu können. Lucia war immer gut zu ihr gewesen.

„Und jetzt geh.“

Mira neigte noch einmal den Kopf und folgte dann dem Dominus in seine Räume. Lucia hatte Mira immer in Schutz genommen, sodass sie nie zum Dominus gehen musste, doch nun, wo Lucia offiziell in diesem Haushalt nicht mehr existierte, hatte Mira der Domina zu gehorchen. Es machte ihr nichts.

„Dominus“, sagte sie ruhig, als sie in seine Räume kam. „Domina schickt mich um Euch…“

Der Dominus hob die Hand und Mira verstummte. Er deutete ihr an, näher zu kommen, was Mira tat. Dann stand er auf und öffnete seine Gewänder. Mira half ihm, die vielen Stoffe abzulegen, bis er nackt vor ihr stand.

„Wo ist Cassia?“, fragte er sie und sah sie an.

„Domina sagte, sie würde gleich kommen. Ihr solltet Euch entspannen“, sagte sie ruhig. Mira wusste, was sie zu tun hatte. Sie ließ sich auf die Knie nieder und umfasste ihn mit beiden Händen. Dann nahm sie ihn in den Mund und merkte schnell, wie er hart wurde. Die tiefen Atemzüge des Dominus sagten ihr, dass es gut war, was sie tat.

Als er sie mit einem Mal auf die Beine zog, sah Mira die Lust in seinen Augen. Es widerte sie an, zu wissen, was er seiner Tochter angetan hatte. Und nun wollte er nur noch eins und zwar in eine Frau. Er packte Mira am Arm und stieß sie mit dem Bauch gegen den Tisch, der neben ihnen stand. Er spreizte ihre Beine und hob das bisschen Stoff, was eine Sklavin trug. Dann drang er in sie ein, schnell und hart. Mira stöhnte auf. Dafür konnte sie nichts, auch wenn sie immer noch nicht verstehen konnte, wie er das hatte tun können. Immer härtet wurden seine Stöße und sie konnte ihr Aufstöhnen nicht verbergen.

Ein Räuspern ließ ihn inne halten. Als Mira sich aufrichtete sah sie Cassia in der Tür stehen. Nackt und nur mit etwas Schmuck bekleidet.

Der Dominus zog sich aus ihr zurück und ging zu seiner Frau. Er nahm sie noch im Türrahmen. Als sie nach dem ersten Mal zum Bett gingen um dort weiter zu machen, nutzte Mira die Möglichkeit und verließ die Räumlichkeiten.

Wie sollte sie Lucia das alles nur erzählen. Wie erzählte man seiner Herrin, dass sie nun nicht mal mehr wert war, als eine einfache Sklavin?

Kapitel 3

Die ganze Nacht über saß ich an dieser Mauer. Ich konnte mich nicht bewegen. Mein Körper zitterte und mein Unterleib brannte wie Feuer. Wie hatte das nur passieren können? Ich wusste es nicht. Das war alles nur ein Missverständnis gewesen. So musste es einfach gewesen sein. Das was Quinta erzählt hatte, war nicht wahr gewesen. Wieso hatte sie es dann gesagt? Ich hatte nicht mit Aulus über den Ludus gesprochen. Nicht mehr, als Cassia auch mit Marcus Aurelius gesprochen hatte. Und wieso hatte er Quinta geküsst? Ich verstand das alles nicht. Und dann die Schmach mit Rufus. Hatte ich das tatsächlich verdient? Ich hatte immer noch das Gefühl er wäre in mir. Es hatte so weh getan. Und alle hatten zugesehen. Wie hatte Vater das nur zulassen können? Nein. Wie hatte er das befehlen können? Ich war doch immer noch seine Tochter!

Tränen liefen wieder über meine Wangen.

Ich hatte Angst die Augen zu schließen. Hatte Angst auch nur eine Sekunde unachtsam zu sein. Auch wann ich mittlerweile allein in diesem Hof war. Hector hatte die Gladiatoren in die Zellen geschickt. Zumindest war ich allein.

Und es war so kalt. Waren die Tage doch heiß, so waren es die Nächte nicht. Ich fror, zitterte dadurch nur noch mehr, doch es war mir egal. Die Kälte schien mich zu betäuben. Und das war gut so. Ich war wie benommen, als ich die Sonne aufgehen sah. Ich setzte mich auf und zog die Beine wieder an meinen Körper. Was würde nun mit mir geschehen?

Als ich die Tür zu den Zellen hörte, wie sie geöffnet wurde, zuckte ich zusammen.

Sie würden mich doch nicht wieder…

Mein Herz wurde ruhiger, als ich sah, wie Mira auf mich zukam. Ich versuchte zu lächeln, doch ich scheiterte. Noch dazu spürte ich, wie die Tränen wiederkamen.

„Mira“, brachte ich weinend hervor. Als sie sich neben mich kniete warf ich die Arme um sie und drückte sie einfach nur an mich.

„Es tut mir leid, Lucia. Wirklich“, ihre Stimme brach. „Das hätte nicht passieren dürfen.“

Ich schüttelte den Kopf und drückte sie weiter an mich. War sie tatsächlich der einzige Mensch, der bei mir war?

„Darf ich dich rein bringen?“, fragte sie mich leise und sah mich an.

Ich nickte und ließ mir von ihr auf die Beine helfen. Als sie mich zu den zwei Türen brachte, von denen eine ins Haus meines Vaters führte und die andere zu den Zellen, blieb ich stehen, als ich sah, dass nur eine davon auf war.

„Es tut mir leid“, sagte sie noch einmal und führte mich in die Zellen hinunter.

Ich war noch nie in den Zellen gewesen. Als wir ein Stück den Gang hinunter gingen sah ich einige Gladiatoren, die bereits wach waren. Panik packte mich und ich blieb erneut stehen. Wie von selbst begann ich wieder zu zittern.

„Ist in Ordnung, Lucia. Komm hier rein“, sagte Mira und brachte mich in einen abgetrennten Raum. Es war ein Waschraum, so hätte ich ihn beschrieben. Es gab ein Becken welches mit Wasser gefüllt war und einige Bänke.

„Hier kannst du dich waschen. Die Gladiatoren kommen erst am Abend hier rein.“

Ich nickte doch unternahm ich nichts. Ich blieb einfach nur stehen und sah mich um.

„Lucia…“, begann Mira, doch blieb ihr die Stimme weg.

„Ich halte keinen Groll gegen dich, Mira. Ich bin dir dankbar. Du bist die einzige, der ich vertrauen kann. Also sag nur, was du mir sagen musst.“ Ich schenkte ihr ein Lächeln.

„Ich soll dir sagen, dass du im Ludus bleiben sollst. Das Haus darfst du nicht mehr betreten, weil der Dominus dich nicht mehr sehen will.“ Ihr standen Tränen in den Augen. „Er nennt dich nicht mehr seine Tochter.“

Ich nickte. Wieso überraschte mich das nicht?

„Wer war es, der dir das sagte?“

„Wer denkst du wohl?“ Sie wusste genau, wen ich meinte.

Ich atmete tief aus. „Cassia hat mich schon immer gehasst. Sie sagte immer, ich sei schuld daran, dass sie meinem Vater keinen Sohn gebären kann. Es sei mein schlechter Einfluss, der sie daran hindert. Jetzt hat sie was sie immer wollte.“ Oh Götter, wie ich diese Frau hasste.

„Ich muss wieder…“

„Ich weiß“, sagte ich und sah sie an. Ich wusste, dass sie ihre Arbeiten zu verrichten hatte.

„Hier“, sagte sie und reichte mir ein einfaches Sklavenkleid. Es kostete mich einige Überwindung es an mich zu nehmen. Doch das tat ich und dankte ihr noch einmal. Ich legte es auf eine der Bänke und fing an, den Schmuck abzunehmen. Natürlich wollte Cassia nicht, dass ich auch nur eine Kleinigkeit behalten konnte. Doch was machte das schon? Für mich waren es nur Dinge. Ich brauchte sie nicht um mich an meine Mutter zu erinnern.

 

 

Agron hatte kaum geschlafen in dieser Nacht. Immer wenn er die Augen geschlossen hatte, war ihr Gesicht vor seinem Inneren Augen aufgetaucht. Die grünen Augen und die Tränen, während Rufus sie entehrt hatte – und er sie währenddessen festgehalten hatte. Er fühlte sich so, als hätte er die Schande über sie gebracht. Doch was hätte er tun können? Sein Dominus hatte es befohlen. Und er als Sklave hatte zu gehorchen. Egal was es war.

Erst als die Zellen von den Wachen geöffnet wurden, rührten sie die anderen Sklaven. Agron war der erste, der die Zellen verließ. Ungewöhnlich für ihn, zog ihn das Verlangen nach Wasser in den einen Raum, in dem es jenes gab. Er öffnete die Tür und gefror. Sein Mund wurde trocken, als er sie sah.

Lucia stand in dem kleinen Becken. Das Wasser ging ihr nur bis zur Mitte ihrer Schenkel. Das blaue Kleid, welches sie gestern getragen hatte, lag neben einer Bank. Ihr Haar war nun offen und fiel ihr nass wie es war bis zur Hüfte über ihren eleganten Rücken.

Agron schluckte, als sie sich vorbeugte und ihre Beine zu waschen begann. Er sah die letzten Rückstände des Blutes, welches noch an ihr klebte. Doch das war nicht alles. Sein Blick fuhr weiter höher. Von ihren Beinen über ihr Becken, zu ihrem Rücken und Bauch, dann zu ihren Brüsten.

Er bemerkte gar nicht, dass er sich die Lippen leckte, als er sie so sah. Er war auch nur ein Mann und das bemerkte er gerade zu gut. Sein Lendenschurz kam ihm mit einem Mal viel zu eng vor.

„Raus mit euch!“, rief einer der Wachen auf dem Gang hinter ihm.

Lucia fuhr herum und sah ihn erschrocken an. Er hätte gedacht, sie würde schnell nach ihren Sachen greifen, doch sie schien ebenso versteinert wie er zu sein. Sie stand einfach nur da, bedeckte sich mit nichts, in ihrer vollen Pracht, wie er fand.

Agron riss sich von ihrem Anblick los und drehte sich stumm um. Er ging hinaus und schloss wieder die Tür. Er atmete tief durch und blieb so lange vor der Tür stehen, bis alle anderen Gladiatoren an ihm vorbei waren. Keiner sollte sie in einem so zerbrechlichen Zustand wie auf dem Präsentierteller sehen.

 

 

 

Mein Herz schlug wie wild. Ich hatte gedacht, die Gladiatoren kommen erst am Abend in diesen Raum. Ich hatte mir nichts dabei gedacht, als ich mich ausgezogen hatte und in das Becken gestiegen war. Das Wasser war kalt und so war ich stehen geblieben und hatte mich gewaschen.

Wie lange hatte er mich so beobachtet? Als ich ihn gesehen hatte, war mein Herz stehen geblieben. Ich dachte er würde hereinkommen und mir wieder so Gewalt antun, wie Rufus…

Dieser Name.

Ich brachte ihn kaum mehr über die Lippen. Schon der Gedanke an ihn, ließ mich den Tränen wieder nahe kommen.

Umso überraschter war ich, als Agron sich einfach wieder umdrehte und ging. Ich hatte ihn sofort erkannt. Während … dieser Sache … hatte ich die ganze Zeit über in sein Gesicht gesehen und geweint und ihn angefleht etwas zu tun. Natürlich hatte ich gewusst, dass er nur Befehle befolgte, doch war mir das in jenem Moment egal gewesen.

Ich stieg aus dem Wasser und schlüpfte in das Kleid. Es wurde an den Schultern nur mit zwei Spangen zusammengehalten und war offener und luftiger als ich es gewohnt war. Ich fühlte mich immer noch irgendwie nackt.

Was sollte ich nun tun? Ich konnte mich nicht den ganzen Tag in diesem Raum verstecken. Nicht mit dem Wissen, dass die Gladiatoren am Abend hier herein kommen würden.

Ich öffnete die Tür langsam und spähte hinaus. Der Gang war leer, also ging ich hinaus und sah mich einen Moment um. Links von mir hörte ich die Kampfgeräusche der Gladiatoren, welches ich zu gut kannte. Rechts von mir lagen die Zellen, die sich immer ein paar Gladiatoren teilten.

„Lucia“, sprach mich plötzlich einer der Wachen an. „Folg mir.“

Ich wusste ja nicht, was er vorhatte und so folgte ich ihm nach rechts. Würde er mich wieder nach oben ins Haus bringen? Würde mein Vater mir die Gelegenheit geben mich zu erklären?

„Bitte hier rein“, sagte die Wache und hielt eine der Zellentüren auf.

Ich blieb stehen. Wollte er mich tatsächlich einsperren?

„Zu eurer eigene Sicherheit“, sagte er. „Befehl der Domina.“

Mir fehlten die Worte. Zu meiner Sicherheit? Als ob Cassia interessieren würde, sollte ich von allen Gladiatoren auf einmal vergewaltigt werden.

Der Gedanke ließ mir die Galle aufsteigen. Vielleicht war es wirklich besser eingeschlossen zu sein, als in den Zellen zu sein, wenn die Gladiatoren abends wieder rein kommen.

Ich trat in die Zelle und drehte mich zu der Wache.

„Wünscht der Domina alles Gute von mir“, sagte ich kalt und ließ mich auf dem Boden nieder. Sie würde mich nicht brechen. Nicht so einfach.

 

 

Es war bereits später Nachmittag als Mira ihre Arbeiten erledigt hatte. So ganz war sie es nicht mehr gewohnt eine einfache Haussklavin zu sein. Mit Lucia als ihre Herrin war es einfacher gewesen. Sie hatte auch zu den Zeiten Arbeiten gehabt, doch waren es nicht so viele und auch ihre Gesellschaft war besser gewesen.

Als sie sah wie Hector von zwei Wachen begleitet ins Haus kam, wurde sie neugierig. Sie folgte ihnen unauffällig und begann den Boden zu säubern, den sie schon vor Stunden gewischt hatte.

„Es ist mir egal, Cassia. Sie ist mir egal“, sagte die Stimme des Dominus.

„Claudius, wir müssen entscheiden, was mit ihr passiert.“

„Lass sie im Ludus. Ist mir egal. Ich kenne diese Frau nicht mehr.“

„Ich weiß, dass du wütend bist und nicht über sie reden willst.“

„Also wieso tun wir es dann, Cassia?“

„Was, wenn sie uns noch nützlich sein könnte? Genau da, wo sie jetzt ist.“

„Wie meinst du das?“

„Morgen finden mal wieder die ersten Spiele statt. Gib deinen Gladiatoren einen Anreiz die besten zu sein“, sagte Cassia leiser, doch Mira verstand noch jedes Wort. Sie konnte nur nicht glauben, was sie da hörte.

„Sie?“

„Wieso nicht? So würden wir immer noch einen Nutzen aus ihr ziehen. Eine Sklavin ist sie doch schon. Lass sie im Ludus und gib sie dem Besten.“

Mira schluckte. Das war schlimmer, als sie es sich ausgemalt hatte. Arme Lucia. Sie musste davon erfahren.

„Dominus, Hector ist hier, wie ihr gewünscht habt“, sagte einer der Wachen und führte Hector in den Raum, in dem Cassia und der Dominus gerade gesprochen hatten.

„Ja. Ich will, dass du den Gladiatoren sagst, dass der Beste bei den morgigen Spielen eine Belohnung erhält.“

„Ja, Dominus“, sagte Hector.

Als Claudius nicht weitersprach ergriff Cassia das Wort. „Die Sklavin im Ludus. Du gibst sie dem Besten für eine Nacht.“

Hector nickte und wurde daraufhin von den Wachen wieder in den Ludus gebracht.

Mira musste es ihr sagen. Das war sie Lucia schuldig. Schnell packte sie die Lappen ein und brachte alles an seinen Platz zurück. Dann nahm sie eine Schüssel und füllte sie mit sauberem Wasser. Dann ging sie hinunter und ließ sich die Tür zu den Zellen öffnen. Es war noch niemand in den Zellen und so interessierte es auch niemanden, wenn sie dort war.

Mira sah Lucia in einer der kleineren Zellen. Sie war eingeschlossen und kauerte in einer Ecke auf dem Boden.

„Mira“, grüßte sie sie freundlich und kam näher an die Gitterstäbe.

„Hier“, sagte Mira und reichte Lucia die Schüssel mit Wasser. „Ich bezweifle dass sie an dich denken und dir Wasser bringen würden.“

„Danke.“ Lucia nahm einen Schluck atmete tief durch.

„Lucia, ich habe nicht viel Zeit. Cassia hat vor dich den Gladiatoren zu geben. Morgen nach den Spielen, soll der Beste dich bekommen. Es tut mir so leid. Nicht mal der Dominus hat etwas dagegen gesagt.“

„Ich bin nicht mehr seine Tochter, das sagte er doch.“, sagte sie traurig.

„Wenn ich nur etwas tun könnte, ich…“

„Ist schon gut“, sagte Lucia und nahm Miras Hand in ihre. „Du hast bisher mehr für mich getan als mein eigener Vater. Wenn es so kommen sollte, dass ich als Hure in diesem Ludus leben soll, dann sei es so. Was kann ich schon ausrichten? Wenn ich mich ihnen widersetze wird es nur schlimmer. Ich habe es gestern versucht und du weißt was passiert ist.“ Sie gab ein schwaches Lächeln von sich.

„Du bist stark, Lucia. Die stärkste Frau, die ich kenne.“

„Ich danke dir für alles, Mira. Du bist eine echte Freundin.“

Kapitel 4

Als Mira gegangen war blieb ich noch eine ganze Zeit lang allein. Es war Hector der schließlich zu der Zelle kam, in der ich saß.

„Lucia“, zog er meine Aufmerksamkeit auf sich. „Du lebst jetzt offiziell als Sklavin in diesem Ludus. Nach den morgigen Spielen wirst du dem Gladiator gegeben, der sich beweisen konnte. Danach kannst du dich hier frei bewegen. Es ist von nun an deine Aufgabe den Ludus sauber zu halten, dich um das Essen der Gladiatoren zu kümmern und ihnen bei jeglichen Angelegenheiten beizustehen.“

Ich hatte ihm aufmerksam zugehört, doch wusste ich das alles doch bereits. Nun war ich Sklavin, Köchin und Hure in eins. Ich nickte ihm nur zu, woraufhin er eine Schale zwischen den Stäben hindurch schob. In der Schüssel war ein Brei aus Mehl und Hirse. Das bekamen Sklaven immer zu essen, weil es billig war und es jeder machen konnte. Und es schmeckte scheußlich. Ich versuchte so viel wie ich konnte davon zu essen, doch mehr als die Hälfte brachte ich nicht herunter. Nach dem Essen war mir schlechter als vorher. Und doch wusste ich, dass es gut war, etwas im Magen zu haben.

Nach einiger Zeit hörte ich die Stimmen und das Lachen der Gladiatoren. Doch kamen sie noch nicht in die Zellen. Wie ich glaubte, wuschen sie sich in dem Bad und würden erst danach in ihre Zellen zurück gehen.

Irgendwann kamen die ersten, doch schien mich keiner in der kleinen Zelle in der Ecke sitzend zu bemerken. Erst als ich Rufus‘ Stimme hörte, gefror mir das Blut in den Adern. Er ging geradewegs auf die kleine Zelle zu und als er mich sah, breitete sich ein breites Grinsen auf seinem Gesicht aus.

„Ich dachte die Belohnung gibt’s erst Morgen“, lachte er und wollte die Tür öffnen. Ich dankte dem Wachmann innerlich, dass er mich hier eingeschlossen hatte.

„Was soll das?“, brüllte Rufus einen der Wachen an. „Das ist meine Zelle.“

„Dann nimmst du für diese Nacht einen andere, Sklave“, sagte dieser und ließ Rufus einfach stehen, was diesem nicht zu gefallen schien. Als sein Blick wieder zu mir wanderte und mich sein lüsterner Blick traf, wäre ich am liebsten im Erdboden versunken.

„Dann gehörst du mir eben morgen“, sagte er und ging weiter.

Meine Atmung beschleunigte sich wie von selbst. Nein. Nicht er. Nicht Rufus. Und doch wusste ich, dass es wahrscheinlich war. Sehr sogar. Ich sollte mich besser gefasst machen, dass ich die morgige Nacht mit Rufus zu verbringen hatte.

Immer mehr Gladiatoren kamen in die Zellen und immer wieder riefen sie mir Dinge zu, die ich so niemals in Worte gefasst hätte.

Flavus rief mir zu, er würde alles geben um einmal meinen Arsch ficken zu dürfen. Duro meinte, er würde mich so lange nehmen, bis ich nicht mal mehr laufen kann. Und Rufus war sich sicher, dass er es sein würde, der mich morgen Nacht zum Schreien brachte.

Sie widerte mich so abgrundtief an. War es immer so in dieser Schicht der Gesellschaft. Waren Frauen wirklich nur für die Bedürfnisse der Männer da?

War es ihnen egal, wer ich bin? Oder wer ich mal gewesen war?

Offiziell war ich nun eine von ihnen. Eine Sklavin. Und so hatte ich mich zu verhalten. Mit einem Mal taten mir die ganzen Frauen leid, die sich einfach so hingeben mussten, nur weil es ihnen befohlen wurde.

Mein Blick fiel auf Agron und Varos, die zuletzt in die Zellen kamen. Ich konnte meinen Blick nicht von ihm losreißen. Wieso? Ich wusste es nicht. War es dieser verständnisvolle Blick in seinen Augen oder die Tatsache dass er mich trotz meiner Position am Morgen nicht angerührt hatte?

Keiner von ihnen sagte etwas, wofür ich dankbar war.

Unbewusst sah ich ihm nach.

„Du wirst wohl Rufus besiegen müssen, um sie zu bekommen“, sagte Varos scherzend und klopfte Agron auf die Schulter.

„Das muss ich wohl“, sagte dieser leise und warf einen letzten Blick auf mich zurück.

 

 

Ich wachte durch die lauten Stimmen auf, die durch den Gang hallten. Ich öffnete mit schweren Lidern die Augen und versuchte mich aufzusetzen. Mein Rücken tat höllisch weh. Ich war es nicht gewohnt auf dem Boden zu schlafen.

Ich sah wie die meisten Gladiatoren die Zellen verließen und wieder in den Hof gingen um zu trainieren. Nur wenige blieben noch zurück. Sie waren es wohl, die einen Kampf bei den Spielen hatten, denn auch Rufus war unter ihnen. Als er an meine Zelle kam war da wieder dieses fiese Grinsen in seinem Gesicht.

„Mach dich schon mal hübsch für heute Abend. Ich freue mich schon“, sagte er und folgte den Wachen nach oben.

Ich war froh als sie gegangen waren. Denn damit folgte ein ruhiger Tag. Mein Va… der Dominus und Cassia würden ebenfalls bei den Spielen sein. Genauso wie viele Wachen.

Später am Tag bekam ich wieder eine Schüssel mit Brei und etwas Wasser. Ich fragte mich wie das ausreichen sollte? Ich war die ganze Zeit über durstig. Zwar war ich nicht in der Sonne doch im Laufe des Tages wurde es immer wärmer selbst in den Zellen. Mein Kopf begann weh zu tun und ich rief irgendwann nach jemandem. Es hörte mich keiner.

Zeitgefühl hatte ich kaum mehr, als ich Schritte hörte.

„Hallo?“, rief ich und hoffte, es würde jemand zu mir kommen. „Bitte, ist da jemand?“

Ich hörte die Schritte näher kommen und sah mit einem Mal Agron vor mir stehen.

Für einen Moment wusste ich nicht was ich sagen sollte, doch dann fand ich meine Stimme wieder.

„Kannst du mir etwas Wasser bringen? Bitte.“ Ich sprach leise, aus Angst dass mich einer der Wachmänner hörte.

„Ja“, sagte Agron. „Gib mir einen Moment.“ Er ging wieder zurück und kam nach einigen Minuten mit einer Kelle wieder.

„Hier“, sagte er und hielt sie an die Gitterstäbe. Sie passte nicht hindurch und so lehnte ich mich gegen die Stäbe und drückte meine Lippen an die Kelle. Das Wasser tat gut und ich trank so viel wie in der Kelle drin war. Etwas lief meinen Hals hinunter und gab mir ein angenehmes frisches Gefühl.

„Danke, Agron.“

„Du kennst meinen Namen?“, fragte er mich verwundert.

Ich nickte. „Ich kenne so gut wie jeden Namen. Mein Vater…“ Ich konnte nicht weitersprechen.

„Ich wollte nicht, dass er dir so etwas antut“, sagte Agron und ließ die Kelle sinken. „Rufus meine ich.“

„Wie es aussieht kann er heute Abend damit weitermachen, wenn er wiederkommt“, sagte ich trocken.

Agron fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Er wirkte so auf mich, als würde es ihm etwas ausmachen. „Das ist nicht richtig.“

Ich zuckte mit den Schultern. „Was soll ich tun, wenn der Dominus es befiehlt?“

„Ein Vater sollte so etwas niemals seiner eigenen Tochter antun.“

„Du sprichst so als wärst du selbst Vater.“

„Das war ich“, gestand er und sah mir in die Augen.

„Das tut mir leid.“

„Es war ein anderes Leben, was ich hatte. Ich denke nicht mehr oft daran.“

„Das kann ich verstehen. Es ist schmerzlich einen geliebten Menschen zu verlieren.“

Wir schwiegen für einen Moment.

„Ich muss wieder raus“, sagte er und trat einen Schritt von der Zelle weg.

„Ja“, stimmte ich ihm zu. Noch immer sahen wir einander an. „Agron?“, rief ich ihm nach, als er gehen wollte.

„Ja?“

„Danke“, sagte ich  und lächelte. „Auch für das Wasser.“

Seine Brauen hoben sich kurz und ich wusste, dass ich ihm für den Morgen im Waschraum dankte. Er nickte stumm und ging wieder hinaus.

Das Lächeln auf meinem Gesicht blieb noch so lange, bis ich die Stimmen der Wachen, des Dominus und der Domina und von Rufus hörte.

 

 

Das Gejubel war laut, als sie Rufus feierten. Er war der einzige aus dem Ludus, der es lebend zurück geschafft hatte. Es dauerte noch einige Zeit bis die ersten Gladiatoren wieder in die Zellen kamen. Es war Agrons Blick, der mir verriet, dass Rufus gleich kommen würde. Ich zuckte mit den Schultern und lächelte leicht. Dieser Blick in Agrons Augen drang irgendwie zu mir vor. Er würde es ändern wollen, wenn er könnte, und das war für mich ein gutes Gefühl. Ich würde diese Nacht schon überstehen.

Als ein Wachmann vor die Zelle trat und sie öffnete, wusste ich, dass es so weit war.

„Was für eine Belohnung“, sagte Rufus als er in die Zelle trat.

„Der Schlüssel für die Ketten“, sagte der Wachmann und hielt Rufus einen Schlüssel hin.

Ketten? Oh bitte nein.

„Die brauche ich nicht“, sagte Rufus und schloss die Zelle hinter sich. Sie wurde vom Wachmann wieder verschlossen.

„Lass sie am Leben, wir wollen auch noch was von ihr“, hörte ich Duro scherzhaft sagen, als Rufus sich mir wie ein Raubtier näherte.

Wie von selbst wich ich vor ihm zurück. Die Zelle war kleine und so blieb mir nicht viel Platz zu ihm. Er leckte sich die Lippen und rieb sich den Schritt.

Ich versuchte mich zu beruhigen, doch konnte man wirklich ruhig bleiben, bei etwas, das man nicht wollte und dem man doch nicht entgehen konnte?

„Wollen wir doch mal sehen“, sagte er leise und hob die Hand zu meinem Gesicht.

Ich konnte nicht anders und wollte sie wegschlagen, doch Rufus packte schneller als ich es war mein Handgelenk und hielt es fest. Mit der anderen Hand griff er nach meinem anderen Handgelenk und hielt sie mir über den Kopf. Er drückte mich an die Wand hinter mir und hielt meine Hände mit nur einer Hand fest.

„Ich kann durchaus zärtlich sein, wenn du mir gibst, was ich will“, flüsterte er mir ins Ohr und öffnete die erste Spange an meinem Kleid. Der linke Träger fiel herab und entblößte meine Brust.

„Also tust du, was ich will, oder muss ich Gewalt anwenden? Das hat dir letztes Mal nicht sonderlich gefallen, wenn du mich fragst.“ Er hatte wieder dieses fiese Grinsen auf den Lippen, als er die zweite Spange öffnete und das Kleid auf den Boden fiel.

Oh Gott, ich fühlte mich so hilflos. Ich hörte das Pfeifen und die Rufe der anderen und doch konzentrierte ich mich nur auf den Mann vor mir. Er war der einzige, der mir momentan etwas antun konnte.

„Bist du ein braves Mädchen?“, fragte er mich wieder leise und führte seine Hand zwischen meine Beine.

Ich wusste nicht, wie ich das zustande brachte, doch ich nickte.

Er führte zwei seiner Finger in mich und ich schnappte nach Luft. Als er sie aus mir herauszog und sie ansah glänzten sie von mir.

„Gut“, sagte er und öffnete seinen Lendenschurz. Dann ließ er meine Hände los, packte dafür aber beide Beine und hob mich hoch. Ich krallte mich reflexartig an seinen Schultern fest und schrie auf, als er sich in mich schob. Ich hatte wieder mit diesem Schmerz gerechnet, doch es war anders dieses Mal. Es war ungewohnt, doch nicht mehr so schlimm, wie ich gedacht hatte. Rufus wiederholte die Bewegung und ich schnappte wieder nach Luft. Er hielt mich weiter und stieß nun fester und schneller zu. Ich konnte nicht anders. Es fühlte sich so anders an. Ich kannte dieses Gefühl nicht und doch ließ es mich immer wieder aufschreien. Rufus drehte sich von der Wand weg und brachte uns beide zu Boden. Er kniete sich hin und zog mein Becken an sich. Auf allen vieren kniete ich vor ihm, während er von hinten in mich eindrang. Es ging weiter so, er wurde schneller und härter und irgendwann zitterte mein ganzer Körper auf und ich ließ einfach los. 

Info für Leser

Es freut mich, dass du auf mein Buch "Schatten der Antike" aufmerksam geworden bist.

 

ich plane in näherer Zukunft das Buch zu überarbeiten, daher habe ich es bis auf eine Leseprobe reduziert.

 

Ich hoffe, du hast etwas Geduld mit mir und kannst dann hoffentlich bald das Buch im überarbeiteten Zustand genießen <3

 

Und vielleicht findest du eine andere Geschichte für die Zwischenzeit ;-) Fühl dich ganz frei, zu stöbern.

 

Liebe Grüße

 

Jana

Impressum

Texte: Jana S. Morgan
Bildmaterialien: https://pixabay.com/de/
Cover: Jana S. Morgan
Tag der Veröffentlichung: 31.03.2014

Alle Rechte vorbehalten

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