MÄRCHEN TEIL 3
Aufgeschrieben von MAYA
Inhaltsverzeichnis
1. Das seltsame Buch
2. Die Kapelle der Schwarzen Madonna
3. Das Braune Haus der Deutschen
4. Das hölzerne Schwert
5. Das letzte Gesetz
6. Die Wandlung
7. Die Schranke
8. Die Sphären-Musik
9. Der Palast des Herrschers
10.Das glänzende Siegel
11.Das Gesetz des Anfangs
12.Der Sonnen-Bund
8
DAS SELTSAME BUCH
In einer kleinen, alten Universitätsstadt gab es vor langer Zeit einmal einen Buchladen in einer schmalen Gasse hinter dem grossen Universitäts- gebäude. Mitten zwischen den hohen Regalen voller alter Bücher sass ein älterer Buchhändler, der am liebsten selber die Bücher las, die er den Studenten verkaufte.Immer wieder brachten ihm Leute aus irgendwelchen Nachlässen Bücher in den Laden, und der Buchhändler nahm dankbar alles an.
Eines Tages nun trat ein junger gebildeter Herr in den Laden und kam mit dem alten Buch- händler ins Gespräch. Da berichtete der junge Mann, dass er einen Lehrauftrag bekommen habe an der Universität und nun Bücher suche, um sich eine Privatbibliothek einzurichten, vor allem mit Büchern von Dichtern und Denkern. Da meinte der alte Buchhändler nachdenklich:“ Sind denn nicht alle Bücher von Dichtern und Denkern geschrieben worden?“ Da schaute der junge Professor den Alten aufmerksam an und meinte nach einer Weile:“ Und genau dies ist auch der Inhalt meiner ersten Vorlesung.
Und weil es ein öffentlicher Vortrag ist, so lade ich Sie dazu ein, denn ich brauche auch neben
den Studenten noch einen Bekanntenkreis und
kluge Köpfe für Gespräche und Anregungen.“
Da lachte der Alte und dankte für die Einladung und seitdem wurden sie gute Freunde. An vielen Abenden trafen sie sich nun zu Gesprächen in dem kleinen Laden und der alte Buchhändler versorgte den Jüngeren immer wieder mit seltenen Büchern, die neu hereingekommen waren.
Eines Abends nun trat der junge Professor wieder einmal in den Buchladen und da winkte ihn sein neuer Freund ganz aufgeregt nach hinten in das Nebenzimmer und zeigte ihm dort ein neu hereingekommenes Buch. Der Professor nahm es in die Hand und betrachtete es neugierig. Es war von schlechtem Papier und war schon etwas älter und farblos und eigentlich sehr unscheinbar. Das Buch war von einem unbekannten Autor und trug den Titel „ DAS DENKEN VOM MEISTER“. Da rief der Buchhändler ganz aufgeregt:“ Das passt doch vom Titel ganz hervorragend zu deiner Vorlesung über Dichter und Denker!“ Da nickte der Professor eifrig und wollte es gleich mitnehmen und lesen. Also schenkte es ihm der Freund ,packte es in eineTüte und wünschte dem jungen Mann eine spannende Abendlektüre.
In seiner Wohnung angekommen, da setzte der junge Professor sich nach einiger Zeit endlich an seinen Schreibtisch, holte das neue Buch hervor und begann zu lesen. Mitten im Lesen aber schreckte er plötzlich zusammen, blickte verwundert auf die aufgeschlagene Seite, und stellte erstaunt fest, dass er schon bis zur Mitte des dicken Buches gekommen war. Da er jedoch erst eine kurze Zeit gelesen hatte, so konnte er sich dieses schnelle Tempo seines Lesens nicht erklären und begann zu grübeln, was er vom Inhalt bisher gelesen hatte. Da stellte er verwundert fest, dass er sich an gar nichts von dem Inhalt erinnern konnte. Dies fand der Professor nun sehr seltsam und so beschloss er etwas verärgert, dass er noch einmal von vorne anfangen wollte zu lesen.Also begann er erneut mit der ersten Seite und war jetzt ganz aufmerk- sam und konzentriert und begann wieder auf der ersten Seite der Einleitung zu lesen. Und nach einer ganzen Weile, da zuckte er plötzlich wieder
zusammen und als er die Seitenzahl erblickte, da war er schon wieder fast bei der Mitte angelangt. Als er sich nun an den Inhalt erinnern wollte, da war wie vorher kein einziges Wort oder ein Satz in seinem Gedächtnis hängen geblieben.Da sass er nun völlig erschüttert von diesem unfassbaren Phänomen, und konnte sich nicht erklären, wie dies zugegangen war. Nun nahm er sich irgendein anderes Buch aus dem Bücherregal und begann dort zu lesen und da stellte er nun fest, dass alles mit dem Lesen so war, wie er es bisher gewohnt war. Langsam las er Seite für Seite und konnte auch bei jedem Abschnitt den Inhalt des Gelesenen wieder aus der Erinnerung wiederholen.
Daraufhin ergriff er nun wieder das merkwürdige neue Buch, betrachtete es noch einmal von allen Seiten und begann nun erneut langsam mit der Einleitung. Nach kurzer Zeit schreckte er plötzlich wieder zusammen und wie er wieder auf die Seitenzahl blickte, da hatte er schon wieder viele Seiten scheinbar gelesen und auch diesmal fehlte ihm jede Erinnerung an das Gelesene.
Da ergriff er hastig das seltsame Buch, eilte aus der Wohnung und ging zu seinem Freund , dem
Buchhändler. Dieser war noch in seinem Laden am Lesen und war nun ganz verwundert über diesen späten Besuch. Der Professor aber bat ihn um Hilfe und meinte, er solle keine Fragen stellen, sondern nur einmal anfangen und das neue Buch lesen und hinterher, wenn er einige Seiten gelesen hätte, dann wollten sie sich unterhalten. Der Buchhändler nickte verwundert und tat seinem Freund den Gefallen. Er setzte sich also an seinen Leseplatz, schlug das Buch auf und begann langsam zu lesen.
Der junge Professor aber hatte sich auf einen Stuhl gesetzt und beobachtete den Lesenden nun ganz aufmerksan. Und dann, nach nur wenigen Minuten, da fielen dem Lesenden plötzlich die Augen zu und die Hände des Buchhändlers begannen nun in schneller Folge eine Seite nach der anderen umzublättern. Dann gab es plötzlich bei dem Lesenden einen Ruck, er schlug wieder die Augen auf und starrte dann ganz verwundert auf das Buch, das nun schon fast bei der Mitte aufgeschlagen war.
Nun starrten sich die beiden Männer verblüfft an und als der Buchhändler verwundert den Kopf
schüttelte und sich das alles nicht erklären konnte, da sprach der junge Professor endlich:“ Mir ist es eben genau so ergangen wie dir und ich wollte nur sehen, an was es liegt. Ich dachte schon, dass ich mir das alles nur einbilden würde, aber jetzt habe ich mitbekommen, dass es bei dir auch so geschieht. Und ich habe bei dir auch beobachtet, dass du plötzlich die Augen geschlossen hattest. Das liegt also nur an dem Buch.“
Dann begannen die beiden Männer Vermutungen darüber anzustellen, wodurch dieses seltsame Verhalten beim Lesen wohl bewirkt werden konnte. Endlich meinten sie, dass im Kopf irgendetwas ausgelöst werden könnte, aber da sie beide von Medizin keine Ahnung hatten, so blieben es nur Vorschläge und Spekulationen. Doch der junge Professor wollte unbedingt die Ursache herausfinden und so ging er am nächsten Tag zu einem Kollegen der Medizin und schilderte ihm das Problem. Der Mediziner war zunächst erstaunt, dass sich ein Literatur-Professor mit so etwas beschäftigte, doch dann versuchte er, mit seinen Kenntnissen weiterzu- helfen.
Nun ging es um Fachwissen vom Abschalten des Gehirns bei Überlastung, um neuronale Effekte und Frequenzen von höherer Art, die das normale Gehirn zu solchen Ausfällen bringen würden, wenn eindeutige Überforderungen auftreten würden. Als der Mediziner das verwirrte Gesicht des Kollegen sah, weil es von Fachbegriffen nur so wimmelte, da meinte er tröstend, dass es selber auch nicht so viel davon verstehen würde, weil doch alles mit physikalischen Grundlagen zu tun hatte und da müsse er wohl zu den Kollegen der Physik.
Also machte sich der junge Professor am näch- sten Tag auf und besuchte den Fachvertreter der Physik. Doch der hatte leider keine Zeit und verwies ihn stattdessen an den alten Physiker, der hier einmal gelehrt hatte und nun im Ruhestand war und nur noch manchmal im Physik-Labor auftauchte.Da bat der junge Professor um die Adresse und meldete sich für einen Besuch an.
Der alte Physik-Prfessor nahm sich dann auch viel Zeit und hörte sich den Bericht des Jüngeren
ruhig an. Endlich meinte er nachdenklich:“ Ich hatte gedacht, dass es solche Bücher in unserer Zeit gar nicht mehr gibt. Aber nun ist scheinbar doch noch eines dieser Experimente-Bücher aufgetaucht und ich kann mir gut vorstellen, welche Bestürzung es bei Fachfremden auslöst. Die Vermutung, dass es sich bei den aufge-
tretenen Zuständen um die Beeinflussung von Gehirnschaltkreisen handelt, ist korrekt.Seit dem Beginn meiner Forschungstätigkeit als junger Professor habe ich mich mit Feld-Energien, Gehirn-Technologien und Denk-Geist-Techniken beschäftigt, um neue Mittel einzusetzen für den Transfer von Wissen an die junge Studenten-Generation. Im Zusammenhang mit dem jetzt aufgetauchten Buch ist wichtig, dass bei Jeman- dem immer dann das Gehirn automatisch abge- schaltet wird, wenn extreme Faktoren gehäuft gleichzeitig auftreten. Dazu gehören neben einer hohen Frequenz, einem bestimmten Element des Perioden-Systems sowie einer bestimmten chemischen Zusammensetzung der Einzel-Hirne auch noch die allgemeine Materie-Zusam- mensetzung des Individuums. Dadurch wird insgesamt eine viel zu hohe Gehirn-Ladung erzeugt.. Sollte allgemein die ideale Zusam- mensetzung aller Anteile im Kopf nicht vorhanden sein, so reicht ein zusätzlicher Faktor aus, um das Gehirn fast vollständig abzuschalten. In diesem Fall war es nun dieses Buch, doch es gibt noch viele andere Mittel, um diesen Effekt zu erreichen. Doch grundsätzlich lässt sich sagen, dass es zwar zunächst immer um die individuelle Korrektur von Gehirn-Abschal- tungen gehen muss, um solche Ausfälle des Gehirns zu verhindern, doch zusätzlich muss auch noch etwas Anderes bedacht werden. Wenn man bedenkt, dass für die Sudenten das Abschalten des Gehirns schreckliche Folgen hat, bei Prüfungen, beim Lernen, bei Berichten und schriftlchen Arbeiten aller Art, so ist es am Wichtigsten für die Universität, aber ebenso für jede Art von Schule, dafür zu sorgen, dass ein Umfeld geschaffen wird, dass von vornherein verhindert, dass Gehirne grundsätzlich abge- schaltet werden . Egal welche Vorbedingungen jemand mitbringt, das Lernfeld müsste jeden auffangen von den individuellen Bedingungen her und optimale Lernverhältnisse bereitstellen.“
Endlich meinte der junge Professor bedrückt:“ Dies habe ich alles nicht gewusst und nun fallen mir so viele Studenten ein, die über dieses
Phänomen geklagt haben und ich habe es nur für Ausreden und Faulheit gehalten und habe ihnen nur Unrecht getan, weil ich es selber nie vorher erlebt habe und deshalb auch nicht für möglich gehalten habe. Und ich kenne auch Schüler, die immer wieder über so etwas geklagt haben und ich habe sie nicht ernst genommen.“
Und dann sass der junge Professor mit gesenk- tem Kopf da und fühlte sich ganz schuldig, an dem Unglück vieler Srudenten. Aber plötzlich hob er den Kopf und meinte sehr ernst:“ Was geschehen ist, das kann ich nicht mehr korri- gieren. Doch ich kann verhindern, dass dies weiterhin immer so bleiben wird. Ich kenne mich leider überhaupt nicht mit Physik und den technischen Möglichkeiten eines optimalen Lernfeldes aus. Doch ich möchte fragen, ob wir uns nicht zusammentun wollen, um für alle Lernenden optimale Bedingungen herzustellen und zwar ganz praktisch.“
Damit schaute er den alten Professor bittend an. Doch dieser schüttelte nachdenklich den Kopf, und meinte dann langsam, dass das gar nicht so
einfach sei, denn ein technisches Lernfeld könne nicht jeder eben mal so aufbauen. Doch die Idee an sich wäre genial und so wolle er gerne mithelfen, aber die ganze Verantwortung, die müsste von Jüngeren getragen werden.
Da begann der junge Professor zu lächeln und meinte, dass er darin bestimmt seine Lebens- aufgabe sehen würde, um den jungen Leuten und den Lernwilligen das Lernen zu erleichtern.
Und dann eilte er fort, um seinem alten Freund, dem Buchhändler, von der neuen Aufgabe zu berichten.
8
2. DIE KAPELLE DER SCHWARZEN
MADONNA
In einem Dorf lebte einmal ein älteres Ehepaar, das freute sich immer, wenn der erwachsene Sohn aus der Stadt zu Besuch kam. Als er nun einmal wieder von einem Besuch zurückfahren wollte in seine Stadtwohnung, da nahm ihn die Mutter zum Abschied an der Hand, sah ihn traurig an, und sagte:“ Ich habe eine Bitte an dich. Ich bin leider sehr krank geworden und weiss nicht, wie lange ich noch leben werde. Wenn ich nun noch im nächsten Mai lebe, so möchte ich noch einmal die grosse Wallfahrt mitmachen , die jedes Jahr zur Kapelle der Schwarzen Madonna gemacht wird, von allen umliegenden Dörfern zusammen. Da dein Vater auch schon älter ist, so brauchen wir einen Helfer, der uns begleitet. Nun möchte ich dich bitten, dass du mir diesen Liebesdienst zum Schluss erweist und wir dich als Helfer mit anmelden können. Es ist mein letzter Herzens- wunsch an dich.“ Dann sah die Mutter ihn bittend an und da willigte der Sohn ein.
Und im nächsten Mai, da ging es der Mutter noch nicht sehr viel schlechter und so fuhr der Sohn nach Hause, um sein Versprechen einzulösen, das er der Mutter gegeben hatte. Am Tag der Wallfahrt, da hatten sich nun viele Be- wohner aus allen Dörfern in der Frühstunde versammelt und es bildete sich dann ein langer Zug von Pilger-Leuten, die sich unter Singen und Beten aufmachten, um die Kapelle der Schwarzen Madonna zu besuchen, und um Schutz, Hilfe und Heilung zu bitten.
Wie sie nun so einige Zeit gewandert waren, da stellte der Vater fest, dass sein Sohn, der dicht neben der betenden Mutter ging, von seinem Gesichtsausdruck immer verschlossener und mürrischer wurde und stumm und übellaunig daher schritt. Als nun eine Rast angesagt wurde, da zog der Vater seinen Sohn beiseite und fragte, was denn mit ihm los sei. Da hatte der Sohn doch einige Mühe, seinen Unwillen nicht laut herauszuschreien und erklärte endlich mühsam beherrscht :“ Ich habe es ja der Mutter versprochen, aber es fällt mir doch sehr schwer bei all diesem Unsinn noch ruhig zu bleiben.“ Und als der Vater verständnislos und verwundert den Sohn anblickte, da erklärte der junge Mann:“ Ja , Vater , merkt ihr denn gar nicht, was ihr hier alle mitein- ander redet und singt? Das ist doch unverständ- liches Zeug von den Texten? Was wollt ihr denn damit erreichen?. Du glaubst doch nicht im Ernst, dass Mutter von solch seltsamen Texten wieder gesund werden kann? Und wenn es in der Kapelle der Schwarzen Madonna bei den Andachten und Predigten genauso zu geht, dann weiss ich gar nicht, ob es euch nur um eine schöne Wanderung geht, oder um Heilung? Was soll das Ganze mit all dem sinnlosen Zeug eigentlich? Nun macht sich die arme Mutter grosse Hoffnungen auf Heilung, aber das ist doch alles nur Unsinn, all dieser Singsang und das Gemurmel.“ Und dann schwieg der Sohn verärgert, und war zornig, dass er sich auf diesen Unsinn überhaupt eingelassen hatte.
Da schwieg der Vater ganz nachdenklich und meinte dann endlich:“ Ich kann verstehen, dass dir als junger Mann all dies nichts mehr bedeu- tet, womit wir noch gross geworden sind. Und du hast auch Recht, wenn du anklagst, dass es unverständliche Texte und Handlungen inzwi- schen geworden sind für alle. Und ich gebe dir Recht, wenn du meinst, dass keiner mehr hier von Allen sagen kann, wodurch Heilung letztendlich geschieht. Es werden von Allen nur irgendwelche gelernten Sätze gesagt werden, und vielleicht wird auch vom Priester alles nur allgemein beantwortet werden. Doch überlege ich gerade, ob es da nicht irgendwann einmal am Anfang einen Sinn gegeben hat. Ich verstehe es ja selbst nicht, warum es eine weisse und eine schwarze Madonne gibt und ich hab sogar gehört, dass es auch eine rote Madonna geben soll. Warum hat es beim Bau der Kirchen und Kapellen solche unterschiedlichen Figuren gegeben und warum ist der Schwarzen Madonna und der Weissen Madonna wohl zugeschrieben worden, dass Heilungen möglich sind , und ob es vielleicht mit dem Platz zusammenhängt, auf dem die Kapelle steht.“
Dann schaute der Vater den Sohn nachdenklich an und meinte:“ Kannst du, mein kluger Sohn, der du nun so gelehrt bist, denn nicht einmal das alles herausfinden und somit unsere Unwissen- heit beseitigen, die dich doch so verärgert. Ich könnte mir vorstellen, dass es dir auf die Dauer mehr Spass machen wird, solche Rätsel zu lösen, als sich ständig über unwissende Leute aus dem Dorf zu ärgern. Vielleicht trägst du ja all die Lösungen, die du gefunden hast, dann in einem Buch zusammen und wenn es so geschrieben ist, dass auch ich es verstehen kann, so hätte diese Wallfahrt doch einen grossartigen Sinn allge- mein, und auch speziell für dich.“
Da schwieg der junge Mann nun still und da sie nun weiterwandern sollten, so ging er nun in tiefe Gedanken versunken neben der kranken Mutte her. Immer wieder blickte der Vater vorsichtig zu dem Sohn hinüber und allmählich
konnte er im Gesicht des Sohnes eine Ver- änderung erkennen. Er wirkte jetzt viel auf -merksamer und offener und betrachtete auch die Umgebung sehr nachdenklich. Und als sie dann langsam den Hügel erreichten, auf dem die Kapelle der Schwarzen Madonna stand, da schien es dem Vater so, als ob der Sohn sich auf diese Anregung des Vaters einlassen würde Der junge Mannn hatte in der Tat auch wirklich Gefallen gefunden an der Vorstellung, ein Buch zu schreiben über die Schwarze Madonna mit all den Rätseln und Seltsamkeiten, die in diesem Zusam- menhang vom Vater schon erwähnt worden waren. Und je mehr er nun selber noch weitere Fragen stellte, so fand er alles immer spannender und merkwürdiger und musste aber auch erkennen, dass ihm jegliches Fachwissen über alle Zusammenhänge fehlten.
Und als der Priester nun mit einem Vortrag für die Wallfahrer begann, da stand der junge Mann ganz vorne und lauschte ganz aufmerksam der Rede, denn er meinte, dass hinter jedem für ihn noch so unverständlichen Inhalt ganz bestimmt eine oder mehrere wissenschaftliche Tatsachen stecken würden, die er als Hinweise verwerten konnte. Der Vater aber, der neben der Mutter in der Menge stand, lächelte langsam und war dankbar für den guten Einfall.
Und dann kam der junge Mann immer öfter zu Besuch in sein Heimatdorf, denn er wollte von den Dorfbewohnern alles hören, was sie über die Schwarze Madonna wussten, weil er die Infor- mationen für sein Buch benötigte. Mit dem Vater aber besprach er immer wieder seine neuesten Forschungsergebnisse und so hatten sie sich nun viel zu erzählen.
8
3. DAS BRAUNE HAUS DER DEUTSCHEN
In einer kleinen Stadt sass einmal ein armer Student in seinem kleinen Zimmer am Schreib- tisch und hatte ein dickes Buch vor sich liegen. Immer wieder hörte er mit dem Lesen auf und blickte aus dem Fenster. An der Universität gab es gerade Semesterferien und er musste eine schwierige Facharbeit schreiben. In einer Ab- handlung sollte er eine Begründung herleiten, dass sein Land zu Recht „Das Land der Dichter und Denker „ genannt wurde. Das fand der Student nun sehr schwer, denn ihm selber fiel nun schon seit Stunden keine Einleitung für dieses Thema ein. Ja, er hatte sogar das Gefühl, dass in seinem Kopf eine gähnende Leere herr-schte und er selber weit entfernt sei von einem Ideal als Dichter oder gar Denker.
Nun hatte er sich auch schon seit Tagen vergeb- lich bemüht, heraus zu finden, wie denn eigent- lich dieser Begriff entstanden sein konnte, wo es doch in .seiner gegenwärtigen Zeit weder hochberühmte Dichter noch irgendwelche grossartigen Denker geben würde. Da überlegte er sich, wodurch denn eigentlich jemand zum Denker oder Dichter wurde und das konnte er auch nicht erklären. So sass er nun verzweifelt über vielen Fachbüchern, aber nirgends fand er eine Lösung. Endlich war er vom Grübeln so erschöpft, dass er sich müde auf sein Bett legte.
Kaum hatte er die Augen geschlossen,da hatte er das Gefühl, dass sich vor ihm eine riesige Spirale befinden würde, die sich langsam auf ihn zu bewegte und ihn verschlang. Auf- einmal fühlte er einen Ruck in sich und er schlug die Augen auf. Doch zu seiner grössten Verwunderung befand er sich nicht mehr in seinem Studentenzimmer, sondern in einem grossen Raum, der angefüllt war mit technischen Geräten aller Art. Und wie er noch so völlig verwirrt dastand und sich nicht vorstellen konnte, wie das geschehen sein konnte, da bemerkte er bei einem hohen silbernen Stuhl plötzlich ein Blinken. Nun wurde der Student ganz neugierig und näherte sich dem grünen Licht, das sich neben dem Stuhl auf einem Tisch befand. Auf diesem Tisch gab es noch viele andere Lichter in allen Farben, doch nur das grüne Licht leuchtete ständig auf. Nun wusste der Student gar nichts damit anzufangen, und wunderte sich, weil er doch gar nichts mit Technik zu tun hatte und konnte sich auch nicht erklären, was dieser Raum mit ihm zu tun haben sollte. Unsicher ging er nun langsam herum und versuchte herauszufinden, wo ein Zusammen- hang zu ihm und seinem Thema bestehen könnte, denn im Laufe seines Studiums hatte er schon gelernt, dass es überall Verknüpfungen unter- einander gab. Allmählich hatte er bei seinem Studium erkannt, dass nichts isoliert und abgetrennt von einander existiert und dass Alles immer eine technische Grundlage hatte, auch wenn inzwischen jedes Fach seine Forschungen und Experimente getrennt durchführte.
Und dann kam er zu einer Niesche, in der standen mehrere Sockel mit verschiedenen Männer-Köpfen darauf. Bei jedem Kopf war auch ein Schild. Wie er nun das erste Schild las, so stand darauf: „ Das Braune Haus „.Es schien ein ganz normaler Männerkopf zu sein, und der Student begann nun zu grübeln, was ein Männerkopf mit einem Haus zu tun hatte. Da ihm nichts Gescheites einfiel, so ging er zu dem nächsten Sockel und da stand unter dem nächsten Männerkopf : „ Das Weisse Haus“. Nun ging er ganz verwundert zu den übrigen Standbildern und las dann noch von einem Schwarzen Haus, einem Goldenen Haus und einem Rubin-Roten Haus. Um diese ganzen Seltsamkeiten in Ruhe durchdenken zu können, suchte der Student nach einer Sitzgelegenheit, und da er ausser dem silbernen Stuhl nichts Anderes entdecken konnte, so liess er sich also dort nachdenklich nieder.
Als er dort nun sass, da blickte er zufällig auf den Tisch neben sich mit dem blinkenden gtünen Licht und da entdeckte er, dass all- mählich immer mehr von den kleinen farbigen Lichtern aufleuchteten, wobei manche ständig blinkten und andere nur in bestimmten Abständen. Da wollte sich der Student schnell erheben, weil er meinte, dass er wohl irgend- einen Mechanismus ausgelöst hatte. Doch er konnte es nicht. Wie erstarrt hing er auf dem Stuhl fest und konnte sich nicht mehr rühren.
Dann verspürte er plötzlich ein Vibrieren überall in sich, gleichzeitig vernahm er auch noch einen durchdringenden Pfeifton und sein Kopf fühlte sich aufeinmal an wie ein Balken in einem strömenden Fluss. Und dann landete der Balken in einem Meer und dort schwang er langsam mit den Wellen in einem sanften Rhythmus. Und dann hatte er das Gefühl, dass sein Kopf nicht nur ein Balken sei, sondern mehr ein riesen- grosses Haus mit Türen und Fenstern. Und dann fielen ihm die Männerköpfe auf den Sockeln ein und die Namenschilder als farbiges Haus und da vermutete er einen Zusammenhang von der Farbe und der Bestimmung des Kopf-Hauses. Aufeinmal öffnete sich ein Blickfenster vor ihm und er entdeckte vor sich einen Raum mit Büchern Dann öffnete sich eines der dicken Schriftstücke und er konnte den Titel lesen und da stand:“ Das Braune Haus der Deutschen. Das Land der Dichter und Denker.“ Dann blätterten sich die Seiten von ganz alleine um, und so konnte er den vollständigen Inhalt des ganzen Buches lesen. Schon während des Lesens hatte er das Gefühl, dass in seinem Kopf jedes Wort aufgezeichnet wurde und er hatte das Gefühl, dass er gleich alles nur noch abzuschreiben brauchte.
Und dann verschwand alles aufeinmal, und als er wieder die Augen aufschlug, da lag er angezogen auf seinem Bett.Wie er nun so überlegte, was das nur für ein seltsamer Traum gewesen war, da verspürte er den Drang, sich sofort an seinen Schreibtisch zu setzen und mit dem Text für seine Arbeit zu beginnen. Und als er dies auch sofort tat, da hatte er das Gefühl, dass er den Text wie auswendig hinschreiben konnte. Und als es Abend war, da hatte er die gesamte Ab- handlung vollständig fertig vor sich liegen.
Am nächsten Morgen eilte er aufgeregt in die Universität mit dem fertigen Text und bat um eine Unterredung mit dem Professor. In seinem Zimmer sass nun der Professor und war ganz erstaunt, dass der Student einen dicken Stapel Papier vor ihn legte und meinte, dass er mit dem Thema schon fertig sei und er könne den Text sogar auswenig wiedergeben. Und als der alte Professor ihn erstaunt anblickte, da meinte der Student nach einer Weile, dass er aber ein ganz seltsames Erlebnis dabei gehabt habe und dass der Text eigentlich gar nicht von ihm stammen würde. Da bat der Professor um eine Erklärung und hörte sich den Bericht nachdenk- lich an. Nachdem der Student nun das tatsäch- liche Entstehen seiner Semesterarbeit geschildert hatte, und auch erklärte, dass er gar nicht wüsste, wie das alles zusammenhängen würde, und dass er ehrlicher Weise gleich alles eingestehen wolle, und doch bekennen müsse, dass er den Text genial fände und am liebsten seinen Namen darunter setzen würde, weil er alles so gut fände, da nickte der alte Professor langsam. Und dann schaute der Professor den Studenten aufmerksam an und sagte:“ Im Augenblick ist mir noch nicht klar, weshalb du gerade zu der Gruppe der Auserwählten gehören sollst. Doch wo du es nun erlebt hast, so muss ich dir wohl korrekterweise sagen, dass diese Art des Bücher-Schreibens eine gewisse Zeitlang die übliche Art war, in alten Zeiten. Ich weiss davon, dass es sich bei einer ganz bestimmten Art von Texten um vorgefer -tigte Texte mit Inhalten aus dem kosmischen Archiv handelt, die durch ganz bestimmte Tech- niken in das Gehirn von ausgesuchten Leuten eingespeist wurden, um in das allgemeine Gedankengut eingereiht zu werden. Und nun habe ich also einen dieser Kandidaten unter meinen Studenten.“
Und dann machte er dem erstaunten Studenten den Vorschlag, dass es ab nun für ihn nicht mehr bei diesen schriftlichen Arbeiten um Noten und Prüfungsarbeiten gehen würde, sondern um einen Wissenstransfer aus dem Logos-Speicher für die Allgemeinheit. Und der Student würde nun einen besonderen Status haben und alles würde sich für ihn ändern.
Da wusste der Student gar nichts mehr zu sagen, denn er hatte von solchen Dingen noch nie vorher gehört. Doch der Professor beruhigte ihn, und meinte, dass solche Methoden immer als Geheimwissen gelten würden und öffrentlich nicht verbreitet würden, dass aber alle kom- petenten Leute darüber Bescheid wissen würden. Endlich nickte der Student und war damit einverstanden, dass er nun auf aine ganz andere Art schreiben würde als bisher.
8
4. DAS HÖLZERNE SCHWERT
Ein kleiner Knabe hatte sich einmal zum Geburtstag von seinem Grossonkel aus der fernen Stadt ein Schwert gewünscht, denn er wollte mit seinen Spielkameraden nun Ritter sein.Als er nun an seinem Festtage unter all den Geschenken auch tatsächlich ein kleines buntes Holzschwert fand, da war er überglücklich und nun kannte er nichts anderes mehr als nur Ritter -spielen. Da es in der Nähe seines Elternhauses einen kleinen Wald gab, so liefen die Buben nun in ihrer freien Zeit mit ihrer Ritterausrüstung rufend und lärmend durch den Wald und dachten sich die abenteuerlichsten Geschichten aus.Der Knabe aber war der Anführer, denn er hatte das prächtigste Holzschwert
Eines Tages nun, wie die Kinder wieder bei ihrem Lieblingspiel waren, da stand plötzlich ein alter Mann zwischen ihnen, der schaute die Buben mit ernster Miene an und fragte:“ Wisst ihr eigentlich, was ihr da in den Händen haltet?“ Da blickten die Knaben auf die Holzschwerter in ihren Händen und nach einer Weile entgegnete der Anführer der Buben dass sie alle Ritter wären und sich die herrlichsten Abenteuer aus-denken würden. Doch der alte Mann schüttelte sehr ernst den Kopf und ehe sich die Knaben versahen, da hielt der Alte ein grosses blitzendes Schwert in der Hand, an dem liefen blaue Blitze hoch und wieder herab und manchmal leuchtete das ganze Schwert auch blutrot auf und dann schimmerte es plötzlich ganz silbrig und es ging auch manchmal ein seltsames Strahlen von dem Schwert aus. Wie sie alle nun erschrocken zu dem futchterregenden Schwert starrten, da wurde es den Kindern langsam ganz unheimlich. Doch die Neugierde überwog schliesslich und so blickten alle Knaben endlich zu dem alten Mann und fragten, was das für ein Zauberschwert sei.
Da meinte der Mann, dass dies kein Schwert sei, sondern ein technisches Gerät, das Energien bündeln würde, um ganz bestimmte Leistungen zu erreichen. Und dann sprach er von Energie-Feldern, die mit diesem Schwert zusammen- hängen würden, und dass bestimmte Energie-Felder mit unterschiedlichsten Arten aussehen würden wie riesige Meere. Und dass diese Energie-Meere dazu geeignet seien, mächtige Energieströme in Kanälen abzuzweigen, und dass ihr kleines Holzschwert eigentlich so ein Energie-Kanal sei im ursprünglichen Sinne. Da schauten alle Kinder verwundert auf ihr kleines Holzschwert und konnten sich gar nicht vor- stellen, dass es eigentlich ein gleich furchter- regendes unheimliches Ding sein sollte wie das Gerät in der Hand des Mannes. Und wie die Buben noch so verwundert waren, da meinte der Alte, dass es eigentlich auch kein Schwert in der Hand eines starken Mannes sei, sondern dass es ein breites Band im Rücken von Männern sei, die ganz besondere Aufgaben tun sollten und diese speziellen Männer würden Ritter genannt und hätten durch das Angebundensein an hohe Energien die Möglichkeit, ungewöhnliche Taten zu tun und wenn sie Interesse hätten, so würde er sie mitnehmen und ihnen zeigen, was echte Ritter wirklich tun würden.
Und wie der Alte nun von einem Knaben zum anderen blickte, da begannen sich die Kinder doch alle sehr zu fürchten und dann wandten sich die Meisten plötzlich um und liefen hastig fort in Richtung ihres Dorfes. Doch der kleine Anführer der Knaben war stehen geblieben und war nun neugierig geworden und nahm seinen ganzen Mut zusammen und sprach:“ Wenn du wie aus dem Nichts solch ein technisches Gerät herbei schaffen kannst, so kannst du bestimmt auch noch viel mehr vorführen. Wenn ich erst einmal gross bin, dann will ich auch viele neue Dinge herstellen und ausprobieren. Aber wenn du es jetzt schon anbietest, so will ich mir das gerne sofort schon anschauen.“
Da lächelt der alte Mann aufmunternd und meinte, dass er den Mut des Knaben belohnen wolle und ihm die seltsamsten technischen Wunder zeigen wolle und ihn damit auf eine aufregende Zukunft als Erwachsener vorbereiten würde. Da nickte der Knabe zustimmend, legte sein kleines Holzschwert auf das Moos und meinte, dass er dies wohl nun nicht mehr brauchen würde, sondern lieber die ursprüng- liche Bedeutung des Kinderspielzeugs heraus-finden und erforschen wolle. Und dann meinte er nachdenklich, ob es da vielleicht noch viel mehr von seinen Spielsachen geben würde, die eigentlich einmal etwas ganz anderes bedeutet hätten und dass er das alles gerne kennenlernen würde.
Da nickte der alte Mann und entgegnete, dass er ihn nun jede Nacht mitnehmen würde zum Lernen und der Knabe nickte und freute sich auf alles Neue.
8
5.DAS LETZTE GESETZ
Vor langer Zeit gab es einmal eine grosse Stadt, die in ihrer Mitte durch einen breiten Fluss getrennt war. Dieser Strom war nun, nach einem langen Herbstregen über die Ufer getreten, und hatte die angrenzenden Strassen überflutet .So wirkte der Strom nun viel mächtiger als norma- lerweise und eher wie ein riesiger See. Eines Morgens verliess nun ein älterer Privatgelehrter sein Haus, um einen Besuch im Archiv zu ma- chen. Dort wollte er für seine privaten Studien bestimmte Nachforschungen anstellen über Normen und Inhalte von Struktur-Systemen im ersten Reich. Da sich im Archiv zu diesem Thema ein sehr altes und kostbares Buch befand, welches er durchlesen wollte, so durfte er es doch wegen des hohen Wertes nicht mit nach Hause nehmen, sondern musste es in den Räumen des Archivs lesen.
Nun sass er also Tag für Tag an einem Fenster- platz, konnte zur Entspannung auch direkt über den inzwischen, breiten seenartigen Strom blicken, und machte sich immer wieder Notizen in ein dickes Heft Wie er nun so grübelte über das Gelesene, da machte er sich zunächst Aufzeichnungen über die einzelnen Srruktur-Sysreme des ersten Reiches. So beschrieb das Buch die Errichtung eines Kubus-Systems für den ganzen Kontinent, und Ebenen, die über- einandergeschachtelt waren. Auch notierte der Gelehrte gleich, dass für diesen Kontinent die beiden letzten Ebenen fehlten und diese für die erforderliche Vollständigkeit des Ganzen noch eingerichtet werden müssten.
Ausserdem hatte der Geheimrat in dem kost- baren Buch gelesen, dass zu den Inhalten des ersten Reiches auch die Öffnung von neuen Räumen gehörte, die sich von den bisherigen dadurch unterschieden. dass die Leute nun eine doppelte Lunge brauchten für die normale Luft und für die Sphären. Mit Hilfe der Sphärenräume wäre es dann möglich, andere Gehirn-Aktivitäten durchzuführen, um das Wissen aus den Logos-Formationen in Sprache zu übertragen und den alten Disziplinen zur Verfügung zu stellen. Der Inhalt dieses Logos-Geheimarchivs musste als Geist-Werke dargestellt werden. In den vorge- schriebenen Normen für das Struktur-System: „Qualität“, gab es die Bestimmung, dass alles nur von einer normalen Frau durchgeführt werden dürfe, die aus freiem Willen ihre bisherige Normalität verlassen wollte, um dem Gesamtreich zu dienen. Ausserdem musste die gesuchte Frau das letzte Gesetz kennen und praktisch durchführen.
Da seufzte der Privatgelehrte tief und schaute betrübt aus dem Fenster auf den reissenden, riesigen Strom. So ein gewaltiges Strom-System aus einer Vereinigung von acht Strömen musste im übertragenen Sinne auch zur Verfügung stehen, um das letze Gesetz herauszufinden und zu sein. Der hochgelehrte Mann konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass so etwas je von einer normalen Frau durchgeführt werden könnte. Auch wenn die gewöhnliche Frau alle nur verfügbare Unterstützung bekom- men würde für ihre Aufgabe, so betrachtete er die Vorbedingungen doch für viel zu abstrakt und unkonkret in ihrer Durchführbarkeit für das Verständnis einer normalen Frau. Und dazu kam noch, dass eine normale Frau sich wohl kaum von ihrem bisherigen Leben trennen würde aus freiem Willen, um solche unverständlichen, abstrakten Sachverhalte in Tun umzusetzen. Und das eine normale Frau je das letzte Gesetz her- ausfinden könnte, das hielt der Gelehrte nun für ganz unwahrscheinlich.
Als der gelehrte Mann nun wieder einmal aus dem Fenster auf den breiten Strom blickte, da sah er in dem wirbelnden Wasser einen Ast treiben, auf dem ein braunes kleines Tier sass. Wie der Gelehrte nun aufmerksam beobachtete, was mit dem Tier,das er nicht genauer erkennen konnte, geschehen würde, da riss aufeinmal ein mächtiger Wirbel den Ast und das kleine Tier in die Tiefe und alles war verschwunden. Da dachte der Privatgelehrte bei sich, dass wohl auch bald für alle so etwas passieren könnte, wenn eine Frau nicht bald gefunden würde. Vor Sorge mochte er nun gar nicht mehr weiterlesen, sondern gab das Buch zurück und beschloss, an dem Strom entlang in die Richtung seines gro- ssen Hauses zu gehen.
Wie der gelehrte Mann nun so am aufgewühlten Fluss entlang schritt, da dachte er darüber nach, wie die Frau jemals das letzte Gesetz heraus- finden konnte und es dann auch noch tun konnte. Der Inhalt des letzten Gesetzes hatte zu tun mit den Naturwissenschaften und Lehren, mit Geist und Denken, und mit Intelligenz und Verstand. Das letzte Gesetz war eigentlich ein Gebiet für die klügsten Köpfe der berühmtesten Univer- sitäten und war unter dem Begriff :“Weltformel“ bekannt. Und wie konnte da eine Frau nur ihr Leben aufgeben um eine Weltformelt zu finden und umzusetzen.
Und wie der Geheimrat nun endlich den Hügel zu seinem Anwesen empor schritt und sich dann vor seinem vornehmen Haus umwandte, da schaute er sinnend über den gewaltigen breiten Strom und hatte dann die Vorstellung, dass dieser Strom eigentlich nun im übertragenen Sinne ein enormes, schimmerndes Energie-Meer sein würde. Und wie er noch so versonnen da- stand, da meinte er, dass er sogar den dahinter liegenden riesigen Ozean voller Energien wahrnehmen könnte. Und dass der Zugang zu diesem besonderen Ozean dann auch das Erken- nen des letzten Gesetzes ermöglichen würde.
Nach einer ganzen Weile ging der Gelehrte endlich in Gedanken versunken in sein Haus, und überlegte, wie er sich mit seinem enormen Wissen und seinen Möglichkeiten und Beziehungen an der Suche nach der Frau und an der Entschlüsselung des letzten Gesetzes beteiligen konnte.
8
6. DIE WANDLUNG
Vor langer Zeit lebte einmal ausserhalb eines Dorfes in einem alten Holzhaus eine unschein- bare Frau. Wegen ihrer Beschäftigung mit Kräutern und unbekannten Substanzen war sie einsam und wurde gemieden, denn die Leute des Dorfes waren gegenüber Andersgearteten sehr misstrauisch.
Nun erschien eines Tages in dem Dorf ein junges Mädchen mit einem kleinen Reisebündel und wollte zu ihrem Onkel auf den Gutshof. Ihre Eltern waren gestorben und nun hoffte das junge Mädchen, dass die einzigen Verwandten es aufnehmen könnten. Doch die Zeiten waren schlecht und die Familie des Onkels jammerte, dass so eine Heranwachsende ihnen doch noch gerade gefehlt hätte, um sie an den Bettelstab zu bringen. Da meinte der Onkel, dass das Mädchen doch zu der Alten am Dorfrand geschickt werden könnte, denn die würde doch ganz alleine in ihrem Haus leben. Und da das junge Mädchen sich bei dieser unfreundlichen Begrüssung schon sehr überflüssig vorkam, so nahm sie ihr Bündel und machte sich auf den Weg zu der Alten, der Käuterhexe, wie die übrigen Dorfbewohner sie heimlich nannten.
Wie sie dann bei dem kleinen Haus mit dem blühenden Garten ankam, so fand sie die Leute des Dorfes doch schon sehr seltsam, denn es kam ihr beim Haus und beim Garten der alten Frau alles normal und gewöhnlich vor. Als das Mädchen dann an die Tür pochte und nach einer Weile die alte Frau heraustrat, da betrachtete das Mädchen sie ganz neugierig, um zu sehen, ob sich bei ihr auch das Misstrauen einstellen würde, wie bei den übrigen Dorfbewohnern. Doch als sie der Alten nun ihre Geschichte erzählt hatte und um eine Unterkunft bat, weil die Verwandten so arm und beengt lebten, da meinte die alte Frau:“ Du weißt, wie die Leute des Dorfes mich sehen, und wenn du bei mir wohnst, so wird es dir auch bald so ergehen. Aber wenn es dich nicht schreckt, so kannst du hier bleiben. Es ist noch eine kleine Kammer frei und Essen und Trinken reichen auch für uns beide. Wenn du mir bei den Kräutern helfen willst, so kannst du hier bleiben.“ Da wollte das Mädchen es erst einmal bis zum nächsten Mondwechsel probieren und so zog sie bei der Alten voller Neugierde ein.
Nun begann das junge Mädchen die alte Frau zu beobachten, um herauszufinden, warum sie so von den Dorfbewohnern gemieden wurde. Nachdem sie in den nächsten Tagen aber nur die ganz gewöhnliche Lebensweise einer alten Frau miterlebte, so nahm sie sich eines Abends ein Herz und fragte die Alte ganz direkt nach dem Grund für ihre Abgeschiedenheit, und das Misstrauen des Dorfes. Da nickte die alte Frau langsam und dann setzten sie sich auf die Gartenbank und die Alte begann zu erzählen:
Vor ein paar Jahren, als sie erst kurze Zeit in diesem Dorf gelebt hatte, da kam eines Tages ein Fremder und bat um ein Nachtlager, da die Leute des Dorfes ihm keine Herberge geben wollten, weil er als fremdartig und unbekannt bei ihnen nur Ängste auslöste. Und da er seltsame kleine Karten lesen könne und fremdartige Arzeneien und Gewürze anbieten würde, so hätten alle gleich ihre Türen verschlossen vor dem unbekannten Mann. Endlich sei er müde an ihrem Haus vorbeigewandert und da hatte er ein Gespräch angefangen und so hatte sie ihn eingeladen. Am nächsten Morgen beim Abschied hatte er ihr ein dickes, altes Buch geschenkt als Dank.
Nun meinte die Frau noch, dass sie sich das Buch angesehen hätte und da war es voller Bilder von Pflanzen und auch Texte waren darin über die Heilung mit Pflanzen. Das hatte sie nun ständig gelesen und wenn zunächst noch die anderen Frauen des Dorfes zu Besuch kamen, so hatten diese sich immer mehr gewundert, warum die Frau nicht die üblichen Frauen-Arbeiten in Haus und Garten erledigen würde, sondern ständig ein Buch lesen würde. Und bei den Gesprächen, da hatte sie sich dann immer weniger an den üblichen Gesprächen der Dorf -frauen beteiligt, sondern hatte von den Heil- pflanzen erzählt. Da die Dorffrauen dies aber wiederum langweilig fanden, so war bald nie- mand mehr bei ihr erschienen und alle nannten sie nur noch die Käuter-Hexe.
Da wollte das junge Mädchen gerne das Buch sehen und als die Alte es ihr aus dem Haus herholte, da blätterte die Junge darin und fragte endlich, ob sie es auch lesen dürfte, denn solche Bücher würde sie aus der Stadt kennen. Da nickte die alte Frau und da hatten sie nun eine gemeinsame Beschäftigung.
Eines Tages rief die alte Frau des Morgens das junge Mädchen zu sich und war ganz ernsthaft und sagte:“Ich habe diese Nacht einen ganz seltsamen Traum gehabt. In diesem Traum habe ich wieder einmal in dem Buch gelesen, als ich plötzlich auf dem Pflanzenbild eine Bewegung gesehen habe. Die Blüte auf dem Bild war eine Mohnblüte und hat sich aufeinmal wie in einem leichten Sommerwind sanft bewegt. Und dann sind auf dem gemalten Bild auch noch die roten Blütenblätter abgefallen und die grüne Mohn- kapsel ist wie im Herbst langsam braun gewor- den und anschliessend sind die schwarzen Mohnsamen herausgerieselt. Es wirkte alles wie in der freien Natur und war doch nur ein gemaltes Bild. Meine Augen haben aus dem starren Bild einen lebendigen Vorgang gemacht, der auf dem Bild aber gar nicht dargestellt war. Das war schon sehr seltsam. Und dann war alles plötzlich verschwunden und ich wachte wieder in meinem Bett auf.
Dann sass die alte Frau in Gedanken versunken da und redete lange Zeit kein Wort mehr. Auch den restlichen Tag über war sie sehr still und legte sich früh in ihre kleine Schlaf- kammer Und am nächsten Morgen sass sie schon eine ganze Zeit lang in der Morgensonne, als das Mädchen aus dem Haus trat. Als die Junge nun das ernste Gesicht der Alten betrachtete, da vermutete sie wieder einen seltsamen Traum und als sie vorsichtig..nachfragte, da erzählte die alte Frau:“ Im Traum sass ich wieder vor dem Buch und las auf einer anderen Seite und plotzlich begann sich wieder das Bild zu bewegen, obwohl es diesmal eine Kornblume war, und während ich noch das Verblühen der Blüte beobachtete, da sehe ich zufälltig auf meinen Arm und da wird er aufeinmal ein dicker, durchsichtiger Stock, in dem sich viele farbige Fäden befinden, die manchmal aufleuchten.Und als ich auf den anderen Arm schaute, da konnte ich auch durch die Haut sehen und das Innere meiner Arme erkennen. Dann war plötzlich alles verschwun- den und ich erwachte.“
Das Mädchen hatte so etwas noch nie gehört und konnte der alten Frau auch nicht helfen und wusste auch nicht, ob es etwas zu bedeuten hatte.
Auch die Alte konnte keine Erklärung für diese Seltsamkeiten finden und egal wie oft sie ihre Arme den ganzen Tag auch betrachtete, es war nie etwas Besonderes zu sehen. Auch betrachtete sie von nun an ganz besonders aufmerksam die vielen bunten Pflanzenbilder, doch geschah nichts von alledem aus dem Traum. Aber den ganzen Tag musste sie immer wieder darüber nachdenken, ob diese neue Art von Träumen ihr Angst bereitete, oder ob sie auch ein wenig neugierig war, wie es weitergehen würde. Doch sie vermutete insgeheim ein grosses Geheimnis bei dem Buch und den Träumen und sie beschloss, diese Seltsamkeiten zu ergründen. Doch dann nahm sie sich vor, von nun an so wenig darüber zu erzählen wie möglich, um das junge Mädchen nicht zu erschrecken.
Aber am nächsten Morgen sass das Mädchen schon vor ihr auf der Bank und schien zu warten und sprudelte gleich mit der Frage nach einem neuen Traum heraus.Da meinte die Alte, dass sie sich ganz fest vorgenommen habe, nichts mehr zu erzählen von dem neuen Traum, um das Mädchen nicht zu ängstigen. Doch das Mädchen bettelte und redete so lange, bis die Alte endlich nachgab und erzählte:“ Ja, ich hatte wieder einen Traum und auch diesmal las ich wieder auf einer anderen Seite und das Bild einer Margeritte verblühte wieder vor meinen Augen und auch die Arme wurden wieder durchsichtig und es war wieder wie bunte Fäden bei beiden Armen, die ich betrachtete. Und dann schaute ich an mir herab und ich war wie ein durchsichtiger Kasten in welchem sich ein dicker Stabmagnet befand und Eisenspäne ein gleichförmiges Muster bildeten. Doch aufeinmal leuchtete ein blauer Blitz auf dem Magnetstab auf, das Muster löste sich auf und mit einemal stellte ich fest, dass ich schon in der Luft schwebte. Als ich wieder an mir herab blickte, da hing aus dem Bauch eine silberne Schnur und als ich mich immer höher in die Luft erhob, da wurde auch die Silberschnur immer länger und dann zog ich sie hinter mir her bei meinem Flug zu einem unbekannten Ziel. Und plötzlich stand ich in einem Raum mit vielen weissgekleideten Leuten, die lächelten mir aufmunternd zu. Und dann stand ich plötzlich in einem langen Gang und vor mir trat aufeinmal aus einer verborgenen Tür ein Kind, nahm mich zutraulich bei der Hand und führte mich in ein Klassenzimmer. Dort setzten wir uns an einen Schultisch, auf dem schon ein dickes Buch lag.Und als ich es genauer betrachtete, da stellte ich fest, dass es genau das gleiche wie mein eigenes Buch war, was ich von dem Fremden geschenkt bekommen hatte.Und als ich es verwundert aufschlug, da waren genau die gleichen Bilder und Texte darin, die ich nun schon so oft gelesen und betrachtet hatte. Doch plötzlich war alles verschwunden und ich wachte auf und lag wieder in meinem Bett.“
Nun sassen die Beiden lange still da und grübel- ten über diese merkwürdigen Träume nach. Endlich fragte das Mädchen zögernd, ob die alte Frau sich denn irgendwann einmal geängstigt hätte bei ihren Träumen, doch nach langem Besinnen schüttelte die Alte endlich den Kopf und meinte, dass sie alles ganz gelassen und ruhig mitgemacht hätte. Und dann meinte sie, dass sie es auch weiterhin so tun wolle.
Und am nächsten Morgen, da kamen sie beide zugleich aus ihren kleinen Schlafkammern und das junge Mädchen konnte dem nachdenklichen Gesicht der Alten schon entnehmen, dass sie wieder einen Traum gehabt hatte. Und als sie wieder draussen auf der Bank sassen, da brauchte die Junge gar nicht lange zu bitten, sondern die alte frau erzählte:“ Es war am Anfang genau wie immer, aber als ich dann wieder im Klassenzimmer mit dem kleinen Kind sass und das alte Buch aufschlug, da war diesmal ein ganz anderes Bild zu sehen, welches ich auch vorher noch nir in meinem geschenkten Buch entdeckt habe. Auf dieser Seite, die ich wahllos aufgeschlagen hatte, da war eine ganz seltsame Pflanze abgebildet,die mir unbekannt war. Auch der Text war in einer Schrift, die ich noch nie gesehen hatte. Und wie ich nun hochschaute, weil ich ganz ratlos war, da stand ein Weissge- kleideter vor mir und schaute mich hilfsbereit an. Und als ich meinte, dass ich diese Seite leider nicht lesen könnte,wegen der unbekannten Sprache, da berührte er mich oben auf dem Kopf und aufeinmal konnte ich den Text lesen. Nun fragte er, ob ich denn auch alles in Taten umsetzen könne mit den Pflanzen und dem Heilen und als ich betrübt den Kopf schüttelte, da meinte er , dass ich dafür eine Wandlung brauche. Ich sollte es gründlich überdenken, denn es würde bedeuten, dass alle mich dann noch viel merkwürdiger finden würden als bisher und ich würde wohl noch viel einsamer dadurch sein. Es würde also ein ganz bedeutender Schritt in meinem Leben werden. Und dann meinte er noch, dass ich dadurch wohl für immer aus der Gemeinschaft des Dorfes ausgeschlossen werden würde. Und dann war alles wieder verschwunden und ich wachte in meinem Bett auf.“
Da schwiegen die Beiden still und die alte Frau meinte endlich:“ Und wenn ich nun diese Wandlung durchführen will, um an das Tun zu gelangen, so werde ich fortgehen nach der Wandlung, um niemanden zu ängstigen. Dir aber. Du liebes Mädchen, will ich mein Haus und Habe überlassen, denn du sollst mein Erbe sein.“
Und dann ging sie am Vormittag zum Bürgermeister des Dorfes und liess alles schriftlich festlegen, damit niemand dem Mädchen etwas fortnehmen konnte, wenn sie nicht mehr da wäre. Und dann verkündete sie dem Bürgermeister noch, dass sie bald fortgehen würde.
Das Mädchen war nun den Rest des Tages sehr betrübt, dass die alte Frau in die Fremde ziehen wollte nach ihrer Wandlung. Doch die Alte wollte sie trösten und meinte, dass sie ja gar nicht wisse, wann sie wieder den nächsten Traum haben würde.Doch das Mädchen meinte, dass die Alte doch so fest in ihrem Entschluss wäre, dass sie sie nicht wieder sehen würde am nächsten Morgen.
Und tatsächlich, als das Mädchen am nächsten Morgen eine lange Zeit auf der Bank vor dem Haus gewartet hatte, und die alte Frau nicht erschien, da eilte sie in deren Kammer und da war das Bett unbenutzt und niemand war dort. Auf der Bettdecke aber lag das alte Buch und da nahm es das Mädchen in die Hand und wusste nun, dass die alte Frau eine Wandlung durchge- macht hatte in der Nacht und fortgegangen war, um niemanden zu erschrecken. Und dann setze sich das junge Mädchen an den Tisch im Wohnzimmer und begann zu lesen in ihrem Erbe.
8
7.DIE SCHRANKE
Vor langer Zeit kamen in jedem Sommer viele Besucher in eine abgelegene Gegend, um sich an der blühenden Landschaft zu erfreuen. Seit einigen Jahren erschien auch immer wieder eine reiche Familie mit ihren Kindern, von denen besonders ein Mädchen auffiel, da es sehr blass und kränklich wirkte und auch nur ganz langsam daher ging und nicht mit den anderen Kindern herumsprang und fröhlich spielte.. Alle nahmen die Mahlzeiten immer in einem kleinen Gasthof ein und kannten die Wirtin inzwischen gut. Endlich kam die Wirtin mit der Familie einmal in ein Gespräch und da klagte die Mutter der Kinder, dass es doch eine rechte Plage sei mit dem kranken Mädchen. Und als die neugierige Wirtin nach der Krankheit des Mädchens fragte, da meinte die Mutter, dass es sich um eine neuartige Krankheit handeln würde, die heutzutage bei Kindern immer öfter auftreten würde, und keiner wüsste ein Heilmittel.
Da betrachtete die Wirtin das kranke, blasse Mädchen genauer und konnte ausser der ungewöhnlichen Blässe zunächst nichts Besonderes bemerken.Da meinte die Wirtin endlich, dass so ein grosses Mädchen vielleicht eine Luftveränderung gebrauchen könne und dann schlug die Wirtin vor, dass das Mädchen hier in der kleinen Wirtschaft bleiben könne und ihr zur Hand gehen könne und einmal in einer ganz anderen Umgebung vielleicht wieder gesund werden würde. Da beredeten sich die Eltern und wollten sich bedenken bis zum nächsten Tag. Und als sie das Mädchen fragten, da zuckte es nur hilflos mit den Schultern und wusste nichts dazu zu sagen. Da trafen die Eltern am nächsten Tag selber eine Entscheidung und wollten es einmal mit dem neuen Vorschlag probieren und liessen das Mädchen bei der Wirtin. Dort sollte es solange bleiben, bis die Wirtin eine Nachricht schicken würde, dass sie dem Mädchen auch nicht helfen könnte.
In den nächsten Tagen beobachtete die Wirtin das Mädchen nun genau, um herauszufinden, was denn an dem jungen Ding so anders wäre. Dass dieses Mädchen so schweigsam war, das fand die Wirtin nun sehr angenehm, denn sie konnte in ihrer Wirtsstube keine geschwätzigen Leute gebrauchen. Und dann war das Mädchen sehr langsam bei ihrer Arbeit und war so bleich wie der Tod. Deshalb gab ihr die Wirtin viel zu essen und zu trinken, doch das Mädchen wollte gar nicht viel haben. Und auch bei Gesprächen sass das Mädchen nur still daneben und sagte kein einziges Wort. Da kam es der Wirtin so vor, als ob das Mädchen um sich herum eine Mauer hätte, die bisher niemand durchbrechen könnte . Nun überlegte sie, wie diese unsichtbare Sperre verschwinden könnte, damit die dahinter verbor- gene Art des Mädchens sichtbar werden könnte. . Nun konnte die Wirtin sich gar nicht vorstellen wie ein Kind solch eine dicke Schutzhülle von sich aus errichten könnte, und vermutete einen äusseren Anlass, der zu diesem sonderbaren Verhalten und Aussehen geführt haben könnte. Da sie täglich mit den unterschiedlichsten Leuten zu tun hatte, so vermeinte sie, im Laufe der Jahre doch schon eine gewisse Einschätzung von Leuten vornehmen zu können, um Seltsames zu erkennen.
Eines Tages nun kam in die Wirtschaft ein bekannter Naturarzt, und als die Wirtin ihm etwas zu trinken brachte, da verwickelte sie ihn in ein Gespräch und kam auch schnell auf das blasse Mädchen zu sprechen. Als die Wirtin nun alles über das Mädchen berichtet hatte, was ihr aufgefallen war, da nickte der alte Naturarzt endlich und liess das Mädchen kommen. Nachdem er es eine ganze Weile betrachtet hatte, da schickte er es wieder fort und unterhielt sich dann mit der Wirtin. Da erzählte der Mann nun, dass es früher viele solcher Kinder gegeben hätte, die wurden die „Bleichsüchtigen“ genannt. Und diese Leute müssten ganz bestimmte Hilfen bekommen, damit sie von ihren Leiden und auch von der dicken Mauer um sich herum geheilt würden und sich in das Leben einfügen könnten. Und dann meinte der alte Naturarzt, dass früher diesen Leuten immer ein roter Heil-Tee, Eisen-Tabletten, viel Gemüse und frische Luft und sonst noch allerlei Arzeneien gegeben wurde. Endlich erklärte der alte Herr, dass er schon längere Zeit solche Leute nicht mehr gesehen hätte und deshalb vermutet hatte, dass es sie nicht mehr geben würde. Da fragte die Wirtin endlich, ob er dem armen Mädchen wohl helfen würde, denn das arme Kind würde ihr doch arg leid tun.Und dann bot die Wirtin an, dass er nun umsonst hier essen könne, wenn er helfen würde. Nach einer Weile nickte dann der alte Naturarzt endlich und wollte es versuchen.
Nun nahm der alte Naturarzt das junge Mädchen auf lange Spaziergänge mit und gab ihr viele Medizinen und Tee-Tränke. Am allermeisten aber versuchte er, ihr Vertrauen zu gewinnen und mit ihr zu reden. Endlich, nach vielen Tagen, begann das Mädchen immer offener zu werden und begann dem alten Arzt allmählich von ihren Vorstellungen und Gedanken zu erzählen. Da berichtete sie dann, dass sie sich wie von einer dicken Wand abgegrenzt fühlte von den übrigen Leuten. Auch würde sie immer wieder schatten- hafte Leute wahrnehmen, die überall herum- liefen. Auch konnte sie mit den Tieren sprechen, aber ihr Mund wäre wie verschlossen bei den Leuten und sie traute sich bisher nicht, mit irgendjemandem darüber zu sprechen. Als das Mädchen nun wieder ganz schweigsam geworden war, da meinte der alte Naturarzt, dass er ganz dankbar dafür sei, was sie ihm von sich erzählt habe. Und dann erzählte er dem Mäd- chen, dass es früher noch viele ihrer Art gegeben habe und solche Leute hätten solche seltenen Berufe und Namen gehabt wie der „Pferde-Flüsterer“ oder der „ Vogel-Mann“ oder der „Bienen-Meister“. Dies wären damals Kenn- zeichnungen für Männer gewesen, die ganz besondere,seltene Fähigkeiten besessen hatten und auch von den übrigen Leuten im Aussehen sich etwas unterschieden in der Hautfarbe, dem Blick und dem Gang. Und dann berichtete er von einem Freund, der ähnliche Seltsamkeiten aufweisen würde, und der ihm dies alles erzählt hätte, weil sie sich nun schon viele Jahre kennen würden. Auch dieser Freund hätte so etwas wie unsichtbare Grenzen um sich aufgebaut vorge- funden, und dadurch kaum Kontakt zu anderen aufnehmen können. Unter diesen Sperren und Grenzen würden die Betroffenen stark leiden. Doch da dies alles für alle Übrigen so deutlich zu spüren sei, so würde jeder sich abwenden von so einem abweisenden Verhalten, obwohl doch keiner etwas dafür könne. Auch würde nor- malerweise nichts von diesen Schranken, Grenzen oder Sperren von aussen an Jemandem zu sehen sein, und doch schienen diese für Alle unüberwindlich. Und niemand konnte sich vorstellen, wodurch so etwas geschehen konnte,-- diese Tatsache der unsichtbaren Barrieren.
Und nach einer Weile fragte der alte Natur-Arzt, ob sie einmal auf einen Besuch mitkommen wolle zu seinem Freund, dem Pferde-Flüsterer und es könnte doch sein, dass sie endlich einmal jemanden treffen würde, der so ähnlich wäre, wie sie selber. Da nickte das blasse Mädchen ganz dankbar.
Und dann wartete das seltsame Mädchen auf den Besuch beim Pferde-Flüsterer.
8
8. Die SPHÄREN-MUSIK
An einem lauen Frühlingstag, als viele Vögel aus dem Süden wieder durch das Land in wohlge -ordneten Schwärmen durch die Lüfte zogen zu ihren Brutgebieten hin, da sass ein junger Mann vor seinem Haus, und verspürte in sich die Sehn- sucht von Freiheit und Ferne. Wie er nun so daran dachte, wie er diese Sehnsucht in die Tat umsetzen könnte, da hatte er aufeinmal die Idee, wieder einen Besuch in seinem Heimatdorf zu machen. Und so geschah es auch. Einige Tage später langte er in dem kleinen unbekannten Dorf an und spazierte langsam die Dorfstrasse entlang. Wie der junge Mann nun an der alten Villa des früheren Gutsherren vorbeikam, so entdeckte er dort den jungen Nachfolger und grüsste ihn mit einer gewissen Zurückhaltung. Und wie der junge Gutsherr genauer hinschaute, da erkannte er seinen früheren Spielkameraden und da rief er den Besucher zu einem Gespäch herein.
Im Laufe der Unterhaltung kamen die beiden Männer auch auf ein merkwürdiges Ereignis in ihrer Kindheit zu sprechen und bald waren sie in ein anregendes Gespräch verwickelt. Bei dem Ereignis handelte es sich um ein altes Haus, dessen Besitzer fortgezogen waren und das nun seit längerem leer und verlassen am Ende des Dorfes stand. Dieses unbewohnte Gebäude war nun der begehrteste Spielplatz einiger gösserer Knaben, zu denen diese beiden Buben, die sich eifrig an den Erkundungsgängen in dem alten Haus beteiligten, auch gehörten.
Eines Tages nun, als nur diese Beiden in dem alten Haus auf ihren Forschungsgängen waren, da betraten sie auch endlich einen leeren grossen Raum, in dem noch ein alter Lehnstuhl an einer Wand stand. Der ältere der beiden Knaben schlenderte nun zu dem alten Sessel hinüber und verkündete voller Übermut, dass er nun ein König sei und auf seinem Thron sitzen wolle. Der Jüngere der beiden Buben blieb ängstlich bei der Tür stehen und beobachtete den mutigen Älteren. Doch kaum hatte dieser sich nieder- gesetzt, so war er auch schon augenblicklich verschwunden. Voller Schreck starrte der Kleinere ungläubig zu dem leeren Platz hin und konnte sich vor Entsetzen nicht vom Fleck rühren. Wie er nun eine lange Zeit so starr und bewegungslos auf seinem Platz gestanden hatte, und immer nur auf den leeren Sessel starrte, da sass plötzlich der ältere Knabe wieder an seinem Platz, war aber schreckensbleich und eilte ohne ein Wort zu sagen aus dem Zimmer und dem Haus. Dann liefen beide Knaben hastig in ihr Elternhaus und redeten kein Wort mehr mitein- ander seit diesem Tag.
Wie sie nun Beide als Erwachsene jetzt zusam- men sassen, so bat der Jüngere endlich den Älteren, ob er ihm denn jetzt von seinem Erlebnis im verlassenen Haus erzählen wolle. Da berichtete der Besucher zögernd, dass er da- mals, nachdem er sich auf den alten Stuhl gesetzt hätte, plötzlich vor sich eine fremde Zimmer- einrichtung gesehen habe, mit einem Musikin- strument in der Mitte. Und dann wäre plötzlich eine schöne Frau gekommen und hatte sich an das Instrument gesetzt und habe so herrliche Musik darauf gespielt, wie er es seitdem nie wieder gehört habe. Und diese Musik wäre so schön gewesen, dass er das Gefühl gehabt hätte, er würde mit den Melodien mitschwingen, nicht nur äusserlich, sondern überall innen auch. Und dann hätte die unbekannte Frau ihn angeschaut und zu sich gewunken. Doch da hatte er so viel Angst gehabt, dass sie ihn vielleicht holen wollte, dass er vor Schreck geschrien habe und da wäre plötzlich alles verschwunden und er sei damals nur noch fortgelaufen voller Entsetzen..
Nach langem Schweigen fragte der junge Gutsherr endlich, ob den Älteren nun die Neugierde wieder in das Heimatdorf getrieben habe. Doch da schüttelte der Ältere langsam den Kopf und meinte endlich:“ In der Fremde habe ich alle möglichen Nachforschungen in aller Stille angestellt über das, was mir damals passiert ist und habe mich mit vielen Ingenieuren unterhalten und habe einiges herausgefunden.
Manches ist mir nun verständlicher, doch vieles Andere immer noch nicht. Doch eines weiss ich inzwischen ganz sicher. Die wunderschöne Musik, die ich damals vernahm, das wird Sphä- renmusik genannt und es klingt dem etwas ähn- lich, was wir vernehmen, wenn die Zugvögel aus dem Süden wieder in ihre Heimat zurückkehren und die schönsten Frühlingsgesänge anstimmen.. Und dieser Frühlingsgesang ist so mächtig in mir jetzt geworden, dass ich nun die Stätte meiner Kindheit wieder aufgesucht habe, um das Rätsel zu lösen und wieder die Sphärenmusik zu hören.“
Doch da schüttelte der junge Gutsbesitzer traurig den Kopf und meinte , dass das alte Haus inzwischen schon lange abgerissen sei. Da sass der Ältere nun lange nachdenklich da und über- legte, wie er wieder an die Musik der Sphären kommen könne, die ihm als Kind solch einen Schrecken eingejagt hatten und doch zum Schön- sten seines Lebens geworden waren, und zum Ziel seiner Sehnsucht.
Nachdem der Ältere nun schon mehrere Tage als Gast des jungen Gutsherren hoffnungslos und entmutigt herumgesessen hatte und keine Lösung fand, wie er je wieder Zugang zu der Sphärenmusik bekommen könnte, da kam eines Tages der junge Gutsherr zu ihm und erzählte, dass er eben den alten Bienenmeister des Ortes getroffen habe, und der hätte gemeint, dass heute die Bienen wieder so lieblich in seinen Ohren summen würden, als sei es Sphärenmusik. Verwundert hätte er da den Alten gefragt, ob er denn etwas von Sphärenmusik verstehen würde. Da hatte der Alte nur gelacht und erwiedert, dass er so etwas sehr wohl könne.
Da sprang der Ältere voller Hoffnung auf und liess sich gleich von dem jungen Gutsbesitzer zum Bienenmeister führen.Als sie dort nun angekommen waren, da schaute ihn der Alte an und meinte nur, dass es schön sei, dass er wieder seine Heimat besuche. Da nahm der Besucher seinen ganzen Mut zusammen und fragte, ob der Bienenmeister etwas von Sphärenmusik verstehe und als dieser nickte, da erzählte er dem Alten das Erlebnis der Kindheit und dass er nun das Geheimnis der Sphärenmusik für sich lösen wolle. Da fragte ihn der Alte, wie viel Zeit er sich denn dafür nehmen wolle. Und als der Mann nun zögerte, da entgegnete der Alte, dass es nicht mit dem Morgen oder der nächsten Zeit zu erreichen sei und dass er es bei ihm dann gar nicht erst weiter zu versuchen brauche. Doch wenn er den ganzen Rest seines Lebens dagegen setzen würde und es auch fest versprechen wolle, so könnten sie einig werden und er würde ihm alles erklären, was es mit der Sphärenmusik auf sich habe und wie er sie für den Rest seines Lebens hören könne, wenn ihn danach so sehr verlange. Und dann meinte der Alte, dass der junge Mann sich drei Tage besinnen müsse, bevor er eine endgültige Entscheidung treffen könnte und dann sollte er, wenn er es immer noch wünschte, mit Sack und Pack bei ihm einziehen und er wäre dann der neue Schüler der Sphärenmusik.
Da gingen die beiden jungen Männer nachdenk- lich nach Haus und sannen über diese Ent- scheidung nach, die für den Rest des Lebens gelten sollte.
8
9.DER PALAST DES HERRSCHERS
In einem verborgenen Reich war der alte Herrscher gestorben und nun sollte aus der Reihe der volljährigen Söhne ein Nachfolger gewählt werden. Da der Nachfolger immer durch eine Prüfung ausgewählt wurde, so trafen sich an einem festgelegten Morgen alle Anwärter im Thronsaal des Palastes und vernahmen die Bedingungen des weisen Ministers. Alle Anwärter auf den Herrscher-Thron wurden anschliessend in einen unbekannten Seitentrakt des Palastes geführt, in dem die Prüfung nach alter Sitte abgehalten werden sollte. Als die Gruppe junger Männer nun an dem geheimen Ort des Palastes angelangt war, wurde jeder in eine kleine Zelle gebracht und sollte warten, bis er an der Reihe wäre.
Zu den Söhnen des Herrschers gehörte nun auch ein junger Mann, der vor kurzem erst volljährig geworden war. Da er jedoch annahm, dass Einer von seinen älteren Brüdern besser geeignet sei als Erbe des Vaters, so hatte er sich von Jugend auf mit Lieblingsinteressen beschäftigt, anstatt mit den Fähigkeiten und Eigenschaften des Herrschertums. So las er am liebsten in alten Büchern, malte traumhafte Bilder und streifte mit Kameraden durch Feld und Flur. Nun sass er betrübt in seiner Zelle und hatte doch den Mut nicht gehabt, das mögliche Erbe des Vaters auszuschlagen, obwohl er sich doch jetzt schon in dieser finsteren Kammer wie eingesperrt fühlte.
Doch da er nun einmal des Sohn des Königs war, so gab es leider auch Pflichten, die er erfüllen musste und dies war nun einmal solch eine notwendige Aufgabe. Also fügte er sich in das Unvermeidliche und hoffte nur, dass seine älteren Brüder alle Aufgaben der Prüfung viel geschickter und klüger ausführen würden und er bald wieder in seinen eigenen Beschäftigungen fortfahren konnte. Nun begann er also, sich die Zeit zu vertreiben bis er an der Reihe wäre, indem er sich die nächsten Bilder, die er malen wollte, vorstellte.Da wurde plötzlich die Tür aufgerissen und ein Mann in einem roten Kapuzenumhang ergriff seine Hand und führte ihn durch einige dunkle Gänge und dann standen sie plötzlich in einer grossen,unbekannten Halle des Palastes. Im Boden war ein grosses Becken eingelassen, das war gefüllt mit glühenden Kohlen und die Hitze der Glut flimmerte und leuchtete in allen Röttönen In der Nähe des Beckens blieben die Beiden nun stehen und der Jüngling betrachtete voller Verwunderung das glühende Feuer-Meer vor ihm. Nachdem sie schweigend eine ganze Weile auf die glühende Masse geblickt hatten, da sprach sein Begleiter langsam:“ Die erste Prüfung besteht darin, über das Feuermeer zu gehen mit blossen Füssen. Ich werde mit dir gehen und dich an deiner Hand halten und du musst mir vertrauen, dass ich dich sicher führen werde. Denn auch als Herrscher wirst du immer wieder Führung und Rat gut ge- brauchen, denn wenn du alles alleine tun und entscheiden willst, so wirst du viele brenzlige Fälle nicht korrekt entscheiden. Also musst du dich immer wieder Führern und Ratgebern anvertrauen, die dir zwar alles Mögliche ver- sprechen, so wie ich jetzt auch dir, doch nur im Tun erfährst du, ob sie es gut mit dir meinen. Deshalb werden wir beide jetzt über die glühenden Kohlen gehen und entweder wir beide kommen hinterher heile dort heraus oder wir verbrennen beide.“
Da meinte der Jüngling, dass dies nicht nur eine sehr schwere Prüfung sei, sondern auch ein weiser Rat. Auch bei seinen Streifzügen durch die grossen Wälder hatte er schon immer wieder festgestellt, wie hilflos er in einzelnen,schwie- rigen Situationen gewesen war, und wie dankbar für die Hilfe der Anderen. So nickte er also und dann nahm der rote Kapuzenmann ihn fest bei der Hand und dann traten sie mit nackten Füssen auf die glühenden Kohlen.Nun achtete der Jüngling auf das kleinste Zeichen von Schmerz, doch nichts geschah. Es war zwar ein seltsames Gefühl unter den Füssen und ein ständiges langsames Vortasten mit den Füssen, doch bald hatte er einen gewissen Rhythmus gefunden und dann konnte er allmählich auf das glühende Meer blicken und voller Staunen die vielen Farb- schattierungen wahrnehmen, die er bei seinem Bildermalen noch nie so intensiv erlebt hatte. Und plötzlich standen sie wieder auf dem festen Boden des Raumes und dann wurde er schweigend wieder in seine Kammer gebracht.
Dort sass er nun ganz verwirrt und ver- suchte, das unerwartete Erlebnis zu überdenken. Nach einer langen Zeit, da wurde die Tür wieder geöffnet von dem roten Kapuzenmann und als er nach ein paar dunklen Gängen wieder in einen anderen hohen Saal des Palastes trat, da wurde er vor einen Tisch geführt, da stand ein kleines Feuerbecken darauf mit einem kupfernen Kessel und auf dem Tisch stand ein goldener Becher. Da begann der rote Kapuzenmann aus dem Kessel eine Flüssigkeit in den Becher zu füllen und reichte den vollen Becher dem Jüngling und sprach:“ Wenn du ein weiser und gerechter Herrscher sein willst, so musst du vorher den Trank der Erkenntnis zu dir genommen haben, um dich und dein Volk vor Täuschungen zu bewahren. Wenn du dies für dich und dein Volk anstrebst,, so trinke diesen Becher leer bis zum Grund“. Da überlegte der Jüngling, dass er doch immer wieder hilflos war, weil er den Grund von Vielem nicht erkennen konnte und damit auch nicht die Folgen von vielen Entscheidungen, und dies war ihm schon oft zum Verhängnis geworden. Da schloss er die Augen, führte den Becher zum Mund und trank alles aus,denn er meinte, dass er sich bei geschlossenen Augen weniger vorstellen würde, was in dem Becher sein könnte. Denn egal was er vermuten würde, so könnte er sich doch immer täuschen und dass jeder Name, den er dem Trank geben würde, auch ein Spiegel seiner Ängste sein könnte, wenn er das blutrote glühende Getränk näher betrachten würde. Wie er also nun hastig die unbekannte Flüssigkeit hinunterschluckte, da wurde ihm kurze Zeit ganz schwindelig, aber nach einer Weile ging es dann besser und er wurde wieder in seine kleine Kammer geführt. Dort wurde er dann mit einmal so müde dass er sich auf die schmale Pritsche legte und in einen tiefen Schlaf versank.
Endlich, nach einer langen Zeit, da wurde er an der Schulter wachgerüttelt, und dann musste er wieder zur nächsten Prüfung mit- kommen. Da trat er nun mit dem roten Kapu- zenmann in einen anderen grossen Saal des Palastes. Dort sass in der Mitte ein rothaariges Mädchen mit einem langen roten Kleid auf einem glühenden Feuer-Berg und strickte ein glühendes Feuerhemd mit rotglühenden Stricknadeln und zog den Feuerfaden aus dem glühenden Feuer-Berg. Und wie die Beiden nun eine ganze Weile dem Feuer-Mädchen bei dieser seltsamen Arbeit zugeschaut hatten, da sprang das Feuermädchen plötzlich auf, warf die glühenden Nadeln fort und rief dem Prinzen zu:“ Nun habe ich dir ein Feuerhemd angefertigt, denn als Herrscher musst du vor Allem geschützt sein und mit Allem furchtlos umgehen können in deinem Reich. Streife es über und dann kann dir kein Leid geschehen als zukünftiger Herrscher.“ Da blickte der Jünglicg ganz unsicher zu seinem Begleiter, doch der nickte ihm aufmunternd zu. Da trat der Prinz zögernd zu dem Mädchen hin und traute sich doch nicht, das glühend rote Gewand anzurühren. Endlich meinte er, dass es doch ganz unwichtig sei, welche Kleidung er tragen würde und so ergriff er das seltsame Feuerhemd und zog es sich über. Und wie er es nun an sich herunterzog, da fühlte er sich auf -einmal ganz taumelig, doch der Kapuzenmann neben ihm stützte ihn sofort, und da ging es ihm auch schnell wieder besser. Dann wurde er wieder in seine Zelle gebracht und weil er so müde war, legte er sich wieder auf die Pritsche nieder und behielt das merkwürdige Hemd auch gleich an und schlief sofort ein.
Und als er wieder wachgerüttelt wurde, da war er noch so müde, dass ihm alles schon egal war und so ging er einfach mit und blieb endlich vor einer durchsichtigen Wand stehen. Und als er genauer durch die Fenster in das Innere schaute, da wurde er doch vor Schreck aufeinmal hellwach. Denn es war ein Feuerofen, in den er hineinschaute und auf den rotglühenden Kohlen und zwischen den hochlodernden Flammen da tanzten mehrere Leute mit verzückten Gesichtern und unter den seltsamsten Verrenkungen. Und da ahnte der Prinz schon, dass er nun wohl die letzte Prüfung im Feuerofen durchzustehen hatte. Und er konnte sich dies nur als letzte Prüfung vorstellen, denn es musste auch gleichzeitig sein Tod sein, denn aus so einer schrecklichen Feuerhölle wüede be-stimmt keiner lebend herauskommen. Und als er dann in das Gesicht seines Begleiters schaute, da nickte dieser nur stumm.
Da sprach der rote Kapuzenmann:“Wisse, o Prinz. Dein Vater war der Herrscher über das Element Erde. Doch sein Nachfolger wird als nächstes ein Herrscher über das Element Feuer. Die Prüfungen sind niemals die gleichen für die Nachfolger und wir suchen nur den Tüchtigsten für das nächste Element der Herrschaft aus. Diesmal wird nun der zukünftige Herrscher für das Feuerreich gesucht. Und vor der Herrschaft deines Vaters, da gab es das Sphärenreich und davor das Glanz-Reich. Es kann jedes Reich nur einmal geben mit einem Herrscher und auch nach dir wird es ein anderes Reich mit einem anderen Element und anderen Prüfungen geben. So entscheide dich nun, ob du in den Feuerofen hineingehen willst, um dich vorzubereiten auf das Reich des Feuers.“
Da war der Jüngling nun ganz bestürzt, denn er hatte es nicht gewusst, dass er in einem Reich lebte, dass sich mit dem neuen Herrscher auch im Element änderte. Und dass es festgefügte Gesetze gab für die Reihenfolge der Reiche. Und da seufzte der Prinz und dachte, dass er doch gar nichts wisse über das Reich seines Vaters und die Reiche seiner Ahnen. Aber dafür war es nun wohl zu spät und so beschloss er, nun für sein zukünftiges Reich um so mehr Interesse zu zeigen, falls er die Prüfung bestehen würde. Und dann nahm er all seinen Mut zusammen und nickte dem Kapuzenmann zu. Der nahm ihn nun bei der Hand und dann öffnete er eine ver -borgene Tür und sie traten gemeinsam in den Raum, der der Feuerofen genannt wurde. Und bald darauf sah man viele Leute im rotglü- henden Feuerofen herumspringen und einer von ihnen war der junge Prinz, der nun Herrscher über das Feuerreich werden wollte..
8
10.DAS GLÄNZENDE SIEGEL
In den alten Zeiten zog einmal ein Fremder von einem Haus zum anderen und bot neben seinen vielen Waren auch alte Pergamentrollen zum Verkauf an. Als er nun in die Stube einer grossen Familie trat, so sass in einer Ecke des Zimmers ein schlanker Knabe und war ganz versunken in ein dickes Buch. Als der Händler dies mit aufmerksamem Blick bemerkte, da sprach er den Vater an und fragte nach dem stillen Buben in der Ecke.Da nickte der Vater und meinte, dass er leider zu nichts anderem zu gebrauchen sei. Da zog der Händler eine der alten Schriftrollen heraus und fragte, ob er sie dem Knaben zeigen dürfe. Als der Vater zustimmend nickte, ging der Händler zu dem Knaben und sprach ihn an:“ Ich sehe wohl, dass du schon lesen kannst.“ Und als der Junge nur nickte, da reichte der Fremde ihm die Schriftrolle. Da wurde der Knabe auf einmal ganz munter und gesprächig und begann auch aus dem neuen Text etwas laut vorzulesen. Wie der Fremde den Knaben nun eine Weile beob- achtet hatte, so ging er zum Vater und führte ein langes Gespräch mit ihm. Endlich riefen sie den Knaben und fragten ihn, ob er auf die Domschule gehen wolle, um alles zu lernen, was ein gelehrter Mann wissen müsse. Da nickte der Knabe und meinte, dass dies schon lange sein Wunsch sei. Da zog der Fremde ein grosses weisses Papier hervor und allerlei unbekannte Gegenstände und dann setzte er ein Schriftstück auf, dass der Knabe nun ein Schüler der Dom- schule sein dürfe und als der Vater seine Unterschrift darunter setzte, da holte der Fremde ein seltsames, glänzendes Siegel heraus und drückte es in ein weiches Material. Da wollte sich der Knabe nun das Siegel genauer be- trachten, doch der Fremde hatte keine Zeit mehr und wollte weiter.
Und bald darauf war der Knabe in der Dom- schule und wohnte dort auch, da es von seinem Zuhause viel zu weit entfernt war.Nachdem er nun einige Zeit dort gelernt hatte, da wurde er eines Tages zum alten Lehrer in die Schreibstube geschickt, da er eine ordentliche Handschrift besass. Als der alte Lehrer ihn dort nun herum- führte, da kamen sie auch an einem grossen Tisch vorbei, auf dem lagen viele unbekannte Gegenstände. Plötzlich blieb der Knabe stehen und deutete auf ein glänzendes Siegel, welches zwischen vielen seltsamen Dingen lag. Es war genau so ein merkwürdiger Gegenstand, wie es der Fremde benutzt hatte. Da meinte der Lehrer, dass es aber ungewöhnlich sei, wenn reisende Händler so etwas benutzen würden und vielleicht wäre der Fremde auch jemand ganz Anderer in einer geheimen Mission gewesen. Dann bot der alte Lehrer dem Knaben an, dass er mit all seinen Sorgen gerne immer zu ihm kommen könne, da seine Eltern ja so weit entfernt lebten. Nun besuchte der Knabe auch täglich die Schreib- stube und freundete sich langsam mit dem alten Lehrer an.
Eines Tages nun, nach dem Unterricht, da trat der Knabe zu dem alten Lehrer und sprach:“ Ich habe einen seltsamen Traum gehabt und weiss nichts damit anzufangen.“ Da ermunterte ihn der alte Lehrer zum Erzählen und meinte, er könne ihm vielleicht helfen. Da berichtete der Knabe, dass er im Traum in einem seltsamen Raum gestanden habe. Der Saal war aber statt mit Büchern in den Regalen mit aufgereihten Rollen gefüllt, bis an die Raumdecke. Und überall hätten graugekleidete Leute gesessen und hätten in den Rollen gelesen. Und als er einem über die Schulter geschaut hätte, da wäre es eine Schrift gewesen, die er öfter daheim bei den weisen Besuchern seines Vaters gesehen hatte. Da wollte der Knabe nun wissen, was er mit so einem seltsamen Traum anfangen sollte. Nach einer ganzen Weile meinte der alte Lehrer, ob er diese Schrift denn gerne lesen und schreiben wollte. Da nickte der Knabe eifrig und da riet ihm der Lehrer, dass er, wenn er wieder solch einen Traum habe, so mutig sein solle, und einen der Graugekleideten einfach ansprechen, und sagen sollte, dass er das gerne lernen wollte. Da nickte der Knabe und versprach, dem Rat zu folgen.
Und nach ein paar Tagen kam der Knabe ganz aufgeregt zu dem alten Lehrer und berichtete, dass er nun wisse, dass diese unbekannte Schrift die Schrift eines alten Volkes sei und dass er nun jede Nacht diesen Traum habe und dass er nun schon sehr viel selber schreiben und lesen könne von denm alten Volk. Und dann dankte er dem Lehrer für den klugen Rat und dass er sich schon auf jede Nacht freue, um den Traum weiter zu erleben. Da meinte der alte Lehrer, wenn er ein ganz kluger Schüler sei, so solle er doch einmal einen der Graugekleideten fragen, woher das alte Volk diese Sprache wohl habe. Und dann sollte der Knabe einmal sehen, was dann passieren würde. Das wollte der Knabe nun ganz bestimmt tun und nach ein paar Tagen, da kam er wirder ganz aufgeregt zum alten Lehrer und erzählte von seinen Träumen. Der Knabe hatte auch tatsächlich einen Leser in seinem grauen Gewand angesprochen und nach der Herkunft des alten Volkes gefragt. Da hatte ihn der Leser ganz aufmerksam angeschaut und endlich gelächelt und gemeint, dass ihm dies bestimmt der alte Lehrer verraten habe.Und als der Knabe nur nicken konnte, da nahm ihn der Mann im grauen Gewand an der Hand und führte den Schüler zu einer durchsichtigen Tür. Und nun konnten sie in einen Raum blicken, in dem viele glänzende Stäbe nebeneinander standen, wie ein Wald voller Stämme. Da sprach der Grau- gekleidete:“ In unserem Raum lesen wir die Schriftrollen des alten Volkes. Und hier in diesem anderen Raum sind die Schrftrollen schon so dick und lang wie Stämme und ent- halten nun das Wissen einer ganzen Schöpfung, Hier in diesem Raum vor dir ist jetzt das Wissen des Schöpfers selbst. Da wusste der Knabe vor Ehrfurcht nichts zu sagen und dann fügte der Graugewandete noch hinzu,, dass es aber nur das Wissen von einen einzigen Schöpfers sei, mit dem sie alle zusammenhängen würden und dass es noch unzählige weitere Schöpfer geben würde, in vielen anderen Räumen. Da wollte der Schüler voller Staunen wissen, wie so viel Wissen denn bloss in seinen Kopf gelangen könnte, wo es doch hier schon in so vielen Stäben gelagert sei. Da lächelte der Grauge- kleidete und fragte, ob er denn tatsächlich auch ein Schöpfer werden wolle. Und da plötzlich sei er aufgewacht und nun müsse er ständig an diese Frage denken. Da schaute ihn der alte Lehrer lange an und meinte endlich, ob er denn wisse, was ein Schöpfer so mache. Doch der Schüler wusste es nicht und da riet ihm der alte Lehrer, doch beim nächsten Traum einfach zu fragen. Und das wollte der Schüler auch tun.
Und wieder nach einigen Tagen, da erschien der Schüler sehr nachdenklich und erzählte dem alten Lehrer, dass ein Graugekleideter, als er ihm die Frage nach dem Tun des Schöpfers gestellt hatte, ihn ganz seltsam angesehen habe und gemeint habe, dass ein Schöpfer zwar sehr viele Dinge erschaffe, aber doch nur so stark und mächtig sein würde in seinem Tun, wie sein schwächstes Geschöpf, dass er erschaffen hätte. Und dass ein Schöpfer seinem schwächsten Geschöpf ständig in das Gesicht sehen würde, wie in einen glänzenden Spiegel. Und das die Schöpfer auch die Glänzenden genannt würden und ein glänzendes Siegel auf dem Arm tragen würden, denn ihr gesamtes Tun würde durch den Arm in die Hand und dann ins Aussen fliessen und es wäre wichtig, dass jedem Geschaffenen Qualitäten mitgegeben werden müssten, um einen glänzenden Spiegel zu bilden, durch den der Schöpfer sichtbar werde in seinem edlen Tun. Und das ein Schöpfer einem Ziel folge in seinem schöpferischen Tun und dass er Wei-sungen bekomme für sein Tun, und dieses Wis- sen sei nun in einem entfernteren Raum gelagert und zwar nicht mehr in Schrift- Rollen oder Wissens- Stämmen, sondern in Arkaden,als Säulengänge, wie lange Baum-Alleen. Und dann hätte er noch gemeint, dass wenn ich ein Schöpfer sein wolle, dann könnte ich das nur in Arkadien sein und dort sei dann das Buch des Glanzes und dort würde ich dann das glänzende Siegel darstellen.“
Da nickte der alte Lehrer nachdenklich, und meinte, dass die Graugekleideten es ja am best- en wissen müssten, wo sie doch die tatsächlichen Schöpfer seien. Und dass es bis dahin noch ein sehr weiter Weg sei für so einen jungen Schü- ler. Und dann setzten sie sich nachdenklich an den Tisch und schrieben eifrig an den Schrift- rollen weiter.
8
11. DAS GESETZ DES ANFANGS
In der alten Zeit gab es im Reich des Glanzes eine Bestimmung, dass nur Derjenige eine Aufgabe zum Wohl des Reiches durchführen konnte, der einen Sternenmantel als Umhang hatte. Des Abends, am Herdfeuer, wurden nun die aben- teuerlichsten Geschichten von den jungen Burschen erzählt, was ein Sternenmantel sei und wie er zu erlangen sei. Obwohl es nun die ungewöhnlichsten Geschichten gab, so wusste doch letztendlich niemand genau, was der Sternenmantel tatsächlich war. Unter den jungen Burschen des Dorfes gab es nun einen, der dachte ständig an diesen wunderbaren Sternenmantel und stellte sich ihn wie einen Königsmantel vor, der ihm über den Schultern hing.
Eines Tages nun wurde im Dorf verkündet, dass im fürstlichen Schloss ein neuer junger Diener gesucht würde und alle jungen Burschen sich am nächsten Tag dort einfinden sollten.Also eilte auch der junge Mann zum festgelegten Zeitpunkt zu dem An-wesen des Fürsten und wurde in einen kleinen Saal geführt, in dem schon einige junge Männer standen und warteten. Der Jüngling stellte sich also zu den Übrigen und als der Fürst endlich den Raum betrat, so hielt er für alle eine kluge Rede über das Dienen und die grosse Verantwortung, die damit verbunden sei. Der junge Bursche verstand kein Wort von dem gelehrten Vortrag des Herrschers und wunderte sich nur, weshalb eine Arbeitsstelle mit so einem unverständlichen Gerede verbunden war. Deshalb verlor er schnell das Interesse und schaute sich neugierig in der Halle um. Wie er nun alles verwundert betrachtete, da trat auf einmal durch eine der offenen Türen ein alter Kammerdiener herein und schritt langsam durch den Raum. Plötzlich glitt dem alten Diener ein weisses Tuch aus dem Ärmel und flatterte zu Boden. Der Diener hatte aber scheinbar nichts bemerkt und ging ruhig weiter. Da eilte der junge Bursche zu dem Tuch, hob es auf und wollte es dem Diener reichen. Doch dieser war plötzlich verschwunden, als hätte es ihn nie gegeben. Völlig verwundert hielt der junge Bursche nun das weisse Tuch in der Hand und fand nur noch alles seltsam, was hier geschah und fühlte sich vollkommen verkehrt in diesem vornehmen Haus. Deshalb ging er zu einer der Wachen am Eingang des Saals, übergab das Tuch und meinte, dass dies hier garantiert nicht sein Platz sei. Wie er nun gerade unauffällig verschwinden wollte, da trat ein Bote des Fürsten hinzu und meinte, dass der Fürst ihn sprechen wollte. Dies konnte der junge Bursche nun überhaupt nicht verstehen und wollte erst nicht. Doch der Bote redete ihm so lange freundlich zu, bis er endlich nachgab und meinte, er könne es sich ja einmal anhören , worum es ginge.
Nun wurde er in ein kleines Zimmer geführt, und da sass der Fürst schon auf einem prächtigen Stuhl und in der Hand hielt er das weisse Tuch Da wurde der junge Bursche ganz unsicher und meinte, dass er dem alten Diener doch nur hatte helfen wollen und dass der Vortrag für ihn einfach so unverständlich gewesen sei, dass er gar nicht zugehört habe. Da betrachtete der Fürst ihn ganz nachdenklich und meinte endlich:“ Dir ist scheinbar gar nicht klar, dass du der Einzige gewesen bist, der den alten Diener überhaupt gesehen hat.“ Der junge Bursche starrte den Fürsten nun ganz ungläubig an und konnte gar nicht begreifen, was dieser eben behauptet hatte. Und als der Bursche dann meinte, dass die Anderen durch den Vortrag doch so abgelenkt gewesen seien, und deshalb nichts bemerkt hätten, da nickte der Fürst sehr ernst und meinte, dass dies ja eben das Problem sei. Nun verstand der junge Bursche gar nichts mehr und wusste überhaupt nicht mehr, was er hier noch sollte. Also beschloss er bei sich, diesen seltsamen Mann mit seinen merkwütdigen Gedanken, die er nicht verstehen konnte, zu verlassen, und in sein Dorf zurückzu- kehren. Wie er sich nun gerade abwenden wollte, da rief ihn aber der Fürst zurück und bat ihn zu bleiben. Und dann meinte der Fürst, dass er dem jungen Mann eine Erklärung schuldig sei und sprach:“ Ich habe euch alle auf die Probe gestellt, um herauszufinden, wer am Besten für diese Aufgabe geeignet ist. Diese Aufgabe ist wie jedes Tun von Gesetzen geregelt, die von Anfang an befolgt werden müssen, wenn sie zum Erfolg führen sollen. Und das Gesetz des Anfangs zieht eine lange Reihe von anderen Gesetzen nach sich und alle bilden so eine wichtige Kette von Gesetzen und deren Folgen. Und wenn das erste Gesetz von deiner zukünftigen Aufgabe nun besagt, dass du dich von Anfang an durch nichts von deinem Dienst ablenken lassen darfst, weder von schönen Reden, noch von berühmten Leuten, so sollst du diese Haltung von vornherein mitbringen für diese Tätigkeit. Denn wenn du es erst mühsam einüben musst, so kann sich dein Dienstherr zunächst nicht darauf verlassen, dass du deine Aufgabe korrekt erfüllst. Du kannst vieles nachträglich lernen. Doch für bestimmte Aufgaben musst du einige Fähigkeiten von vornherein mitbringen, wenn ein Dienst sofort durchgeführt werden soll.“
Da meinte der junge Bursche nachdenklich:“ Aber dafür kann ich doch gar nichts.“
Doch der Fürst entgegnete fest:“ Und das ist das Vorrecht des Fürsten, dass er sich in seinem Reich die Tüchtigsten heraussuchen kann, um sie einzu- setzen für bestimmte Taten, denn auch der Fürst ist an bestimmte Gesetze gebunden und hat festge- legtes Tun vorzuweisen und für jedes Tun gibt es das erste Gesetz, mit einer langen Folge von weiteren Gesetzen.Und wenn der Fürst sein Amt sehr ernst nimmt, so wird er sehen, dass er alle Aufgaben so rasch wie möglich erfüllt und das gelingt ihm nur, wenn er gleich von Anfang an nur die am geeignetsten Leute auswählt. „
Da musste der junge Bursche nun nach einigem Nachdenken zugeben, dass er als Fürst es wohl ebenso gemacht hätte.
Und da erwiederte der Fürst nach einer Weile:“ Und wenn du nun der bist, für den ich dich einschätze, so nimmst du diese ungewollte Fähigkeit von dir sehr ernst und stellst dich dieser Gabe und führst sie durch, um daraus Segen werden zu lassen.“
Da nickte der junge Bursche endlich und willigte ein, in den Dienst des Fürsten zu treten. Und dann lächelte der junge Bursche und meinte, dass er hier am Hof des Fürsten vielleicht noch am ehesten etwas über das Geheimnis des Sternen- mantels erfahren könnte. Und der Fürst nickte bedächtig und meinte, man könne ja so etwas vorher nicht immer wissen, um wessen Schultern letztendlich der Sternenmantel liegen würde.
Und dann begann der neue Dienst..
8
12. DER SONNEN-BUND
In einer weiten Ebene lebte einmal vor langer Zeit ein Volk, dessen Älteste immer wieder berichteten von dem Ursprung ihres Daseins. Besonders viel erzählten sie aber von den Fremden, die in gewissen Abständen zu ihnen kamen, um sich über das Wohlergehen und die ursprünglichen Kenntnisse der Alten und Jungen auszutauschen. Von diesen Unbekannten hiess es, sie seinen der Sonne ähnlich, so leuchtend und strahlend seien sie alle, und deshalb würden sie nur der Sonnen-Bund genannt. Vor allem die jungen Männer konnten sich unter diesen geheimnisvollen Fremden inzwischen nichts mehr vorstellen und meinten zuweilen, dass es sich nur um erfundene Geschichten der Alten handeln würde. Doch eines Tages erschienen mehrere hochgewachsene Fremde im Dorf und traten in die Hütten ein und begannen Gespräche mit den älteren Männern.
Nun wohnte ein junger Mann bei seiner Sippe, der hatte die ganzen Geschichten immer für Unsinn gehalten und als nun plötzlich einer dieser seltsamen Fremden auch in der Hütte des Onkels erschien, da blieb der junge Mann, der als Jäger ausgebildet worden war, misstrauisch im Hintergrund und wollte nun alles ganz genau beobachten an den Fremden, als ob sie ein seltenes Wild wären. Da stellte er nun fest, dass dieser Fremde eine Kleidung trug, die hier vollkommen unbekannt war, und bei jeder Bewegung glitzerte und schimmerte, wie das Sonnenlicht. Dazu trug er um den Kopf, mit Haaren so gelb wie die Sonne einen Ring aus schwarzem Metall und am Handgelenk ein Band mit vielen leuchrenden Steinen besetzt. Aber am Auffälligsten war ein Ring an seinem Finger mit einem Stein, der so hell und golden leuchtete wie die Sonne. Der junge Mann konnte vor lauter Staunen über soviel Seltsamkeiten überhaupt nicht auf die Gespräche der alten Männer mit dem Fremden achten , sondern konnte den Blick nicht wenden von dem wunderschönen, leuchtenden sonnenähnlichen Ring und dem Fremden mit der sonnenähnlich- leuchtenden Gestalt.
Als der Fremde nun aufbrach und aus der Hütte ging, da sprang der junge Jäger ebenfalls auf und eilte dem Fremden hinterher. Doch da er nicht wusste, was er mit dem Fremden reden sollte, so hielt er sich stets im Hintergrund und beobachtete nur jeden seiner Schritte.
Auf diese Weise setzte er sich überall in einen dunkleren Winkel in den Hütten und lauschte mit der Zeit auch immer mehr den Gesprächen der Fremden mit den Ältesten. So erfuhr er allmählich, dass die Fremden sich Kachinas nannten und sich als Weltengänger bezeichneten. Voller Staunen hörte er, dass die unbekannten Männer keine Häuser oder Dörfer besassen, sondern frei durch die verschiedenen Räume wandern konnten. Und das Erstaunlichste fand der junge Jäger nun, dass sie ihr ganzes Wissen in ihrem Kopf aufbewahrten und jederzeit alles zur Verfügung hatten, was sie für ihre Aufträge benötigten. Da wuchs in dem jungen Mann eine gewaltige Sehnsucht nach einer Gemeinschaft mit diesen erstaunlichen Männern. Doch als er sich überlegte, dass er ja nichts von all dem konnte, was ihnen so selbstverständlich zur Verfügung stand, so wusste er doch, dass es unüberwindliche Grenzen zwischen ihm und ihnen gab, und es eine Gemeinschaft wohl nie geben konnte.
Trotzdem beobachtete er alle Fremden weiter und sehnte sich mit jedem Tag doch mehr nach ihrem Leben. Und da dem jungen Jäger am Allermeisten der wunderbar leuchtende Sonnenring am Finger aller Fremden gefiel, so konnte er an nichts ande- res mehr denken als bei ihnen zu sein.
Und als nun einmal viele der Fremden in der Hütte des Ältesten versammelt waren zu Gesprächen, da schlich er hinzu, setze sich in eine Ecke und lauschte wieder den Reden. Doch plötzlich stand einer der Fremden auf und verliess langsam das Haus. Da erhob sich auch der junge Mann, schlüpfte hastig hinterher und suchte nach dem Fremden, um zu sehen, was dieser tun wollte. Da entdeckte der junge Jäger ihn bald auf dem Pfad zum kleinen See und so folgte er dem Fremden vorsichtig. Als der junge Mann nun an den See gelangte, da war der Fremde auf einmal vor seinen Augen verschwunden und der junge Jäger konnte sich nicht erklären, wie das zugegangen sein konnte. Und wie er nun so ratlos dastand, und sich über die seltsamen Fähigkeiten des Fremden wunderte, da ertönte hinter ihm plötzlich eine Stimme und wie er sich erschrocken umwandte, da stand hinter ihm der Fremde und schaute ihn mit grossen Augen an und meinte endlich:“ Du folgst mir nun schon seit Tagen und nun möchte ich wissen, was du von mir möchtest.“ Da erschrak der junge Jäger und war ganz beschämt, dass er doch in seinem Beobachten scheinbar so ungeschickt gewesen war und der Fremde es wohl die ganze Zeit bemerkt hatte. Da bat der junge Mann um Verzeihung und erklärte endlich, dass er es vor Sehnsucht nach dieser Gemeinschaft nicht mehr ausgehalten habe, obwohl es eigentlich zwecklos sei, da die Fremden doch so viel anders geartet seien als er und der Unterschied wohl unüber- windlich zwischen ihnen wäre. Und dann redete er von seinem Jägerleben und dass die Jagd ihm nun vollkommen sinnlos vorkommen würde und alles ihm nun, seit er diese Fremden kennen würde, trostlos und unnütz erscheinen würde.
Da fragte ihn endlich der Fremde, wie er sich das denn nun weiter vorstellen würde.
Da bekam der junge Mann ein Leuchten in sein Gesicht und rief aufgeregt, dass er mitgenommen werden wolle und er brauchte auch nie wieder zu seinem Volk und eine richtige Familie hätte er sowieso noch nicht. Und er wollte genauso werden wie die Fremden und überall mit ihnen mitgehen und bei allen Aufgaben helfen.
Da schaute ihn der Fremde lange nachdenklich an und meinte dann endlich, dass wenn es ihm ganz ernst mit allem sei, was er eben gesagt habe, so solle er in der Nacht zum Mondwechsel wieder hier am See sein und auf ihn warten und dann würden sie ihn mitnehmen, wenn er es noch wolle. Doch wenn er nicht da wäre, so würden sie ohne ihn weiterziehen.
Da dankte der junge Mann dem Fremden und meinte, dass er ab nun lieber schon jede Nacht hier am See verbringen würde, damit sie ihn auch ja mitnehmen würden. Doch der Fremde meinte sehr ernst, dass er diese Tage der Bedenkzeit gut nutzen solle, denn es gäbe kein Zurück.
Doch der junge Mann meinte, dass es für ihn nichts mehr zu bedenken gäbe, denn es wäre nun die wichtigste Spur seines Lebens, der er beharrlich folgen wollte.
Und dann setze er sich in den Sand am Ufer des Sees und wartete auf die Nacht, wo die Fremden ihn mitnehmen würden.
8
Tag der Veröffentlichung: 21.03.2011
Alle Rechte vorbehalten