Cover

Jetzt lieg ich hier rum und fühl mich leer, irgendwie hohl und dennoch aufgeblasen, unter Druck. Die letzten Monate sind nicht spurlos an mir vorübergegangen. Abgenutzt und ausgenutzt. Der Körper überzogen, mit Kratzern, Narben und Blessuren, bin ich hier eingepfercht mit den Kollegen, wie die Ölsardinen.

Wie ich hier hergekommen bin, das weiß ich nicht. Ursprünglich bin ich aus Afghanistan. Mein erster Einsatz war in Asien, Korea glaub ich. Wer weiß das schon genau. Den Kollegen geht es ähnlich. Dem Einen mehr, dem Anderen weniger. Zähe Hunde sind dabei, mit dicker Haut. Andere sind schlapp, zu nichts mehr zu gebrauchen, längst über den Zenith hinaus. Hängen nur noch rum, kaum beachtet. Früher oder später ausrangiert.

Wie lang werde ich es wohl noch machen? Die Strapazen, die ständigen Tortouren. Aber so ist das nun mal.Wenn man nicht voll da ist, hat man keinen Sinn. Nie weiß man, wann der nächste Einsatz kommt. Man wird nicht vorgewarnt.

Plötzlich öffnen sich die Tore. Dann zerren sie uns raus, mal in großen Gruppen, mal in kleinen. Dann beginnt das Spiel von neuem. Ständig wird man in den Arsch getreten, geschlagen, vereinzelt gar geköpft. Von den großen Mackern. Ohne Rücksicht, immer auf die Kleinen. Nur gegenseitig dürfen sie sich nicht ans Leder. Wobei, das tun sie auch. Nur unterschwellig, so dass es keiner sieht, selbst wenn das meistens nicht gelingt. Dann zeigen sie schnell auf uns, als Entschuldigung.Als ob das besser wäre.

Früher wurde man noch mehr beachtet. So Mancher für große Aufgaben auserkoren, geprüft, getestet, nach dem Einsatz gepflegt, zusammengeflickt. Doch heute ist das anders. Heute ist man Massenware. Wenn es einer nicht mehr macht, ab dafür, das war es dann. Ex und hopp, sagt man. Kann es das schon gewesen sein?

Oder ist da noch mehr, was diese Welt für mich zu bieten hat? Hinter den großen Mackern, hinter den ständigen unerklärlichen, auslaugenden Einsätzen, die keiner versteht. Hinter den grölenden Massen, denen sie unsereins zum Fraß vorwerfen. Hinter den Fassaden, die sie für uns aufbauen.

Da fällt mir dieses philosophische Gleichnis ein: Von dem Goldfisch im Glas, im Wohnzimmer. Was weiß der schon von der Küche und kann er?s je erfahren? Genau so fühl ich mich, hier in meinem Käfig. In diesem dunklen Bunker. Nur schwimmen kann ich nicht, toter Mann, freilich, das geht schon, wenn der Auftrieb nur groß genug ist.

Blass bin ich auch. Die gesunde Farbe längst verloren.Kein Wunder, bekomm ich doch nie das Licht der Sonne ab. Entweder hier, wo man nicht weiß, ob es Tag ist oder Nacht und das Gefühl für Zeit verliert, wenn man es überhaupt besaß. Oder draußen, in diesem grellen, kalten, unnatürlichen Licht der Flutlichtanlage. Aber was kann ich schon erwarten, froh kann ich sein. Ich werde gebraucht, erfülle meinen Zweck, hab meine Freunde um mich herum und manchmal steh ich sogar im Rampenlicht, Millionen sehen mich dann, weltweit,gespannt vor ihren Fernsehschirmen.

Eigentlich gar nicht schlecht - für einen Fußball.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 08.11.2008

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /