Cover

Hallo, mein Name ist Peter Flensburger

G. ist eine nette kleinbürgerliche Stadt, direkt im Herzen von Mecklenburg, entstanden im schönsten Mittelalter, kurz nach 1200.

Vieles gibt es bei uns zu bewundern. Neben Kultur und Kunst auch eine Menge histori­scher Bauten und Denkmäler.

Und vor allem…

Ja, vor Jahren musste man sie noch suchen, heute gibt es von ihnen umso mehr. Cafés, Bistros, Imbissstuben, Pubs und und und.

Und mit ihnen ein ganz neues Lebensgefühl des Alltags.

Musste man früher durch die Lande reisen um etwas zu erleben, so kann man dieses heu­te sehr gut bei uns in G.

 

Man stelle sich vor, man betritt eines unserer Cafés und plötzlich herrscht Totenstille; Dut­zende Augenpaare sind auf die Tür gerichtet und…

Ganz so ist es natürlich nicht, aber im Ernst:

Was würde ein Nichtkenner unserer Café- und Kneipenszene wohl sagen, wenn er ins Café kommt, sich an den Tresen setzt und ein Herr linkerseits sich vorstellt mit den Wor­ten: »Hallo, mein Name ist Peter Flensburger. Gibst ’n Kasten Bier aus für mich?«

Das, und noch viel mehr gibt es bei uns zu erleben. 

Aber alles der Reihe nach.

 

Schampus bis der Kellner kotzt

Dass ich das noch erleben darf…

Silvesterfeier in der „Guten Tränke“!

Das erste Mal in all den Jahren, seit wir hier verkehren und versucht haben aus Malte, un­serem Kneiper, einen reichen Mann zu machen, was bis heute nicht geklappt hat.

Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass er fast immer selbst sein bester Gast ist.

Aber stopp! Das gehört nicht hierher. Verscherze es dir nie mit deinem „Kantinenpächter“, sonst kannst du sehen wo du bleibst und dein Bier und deinen Billigfusel am Ballermann trinken gehen!

Alles war vorbereitet: Das Essen gekocht, die Getränke kalt gestellt und Turbo, der den DJ machte, lockerte seine Zunge mit ein paar turbohaften alkoholischen Mund- und Magen­spülungen.

Die Kneipe füllte sich langsam und aus den Boxen der Stereoanlage hämmerte zum x-ten Mal „Weiß der Geier oder weiß er nicht…“

Doch wo war Malte? Hatte er kalte Füße bekommen, sich schon wieder abgefüllt oder steckte er im Stau? Ich wusste es nicht, ebenso wenig wie Turbo oder Achmed, der Kell­ner. Und der Geier wusste es erst Recht nicht.

Rudi und Koslowski hatten sich gerade zum DJ durchgedrängelt und wollten sich über die Musik beschweren, als dieser zum Mikrofon griff und alle Gäste recht herzlich zur ultimati­ven Jahresendfeier in der „Guten Tränke“ begrüßte, was alle Anwesenden ein wenig ver­wirrte. Denn das war doch wohl Aufgabe des Kneipers. Aber der war ja bekanntlich nicht da. Turbo ließ sich nicht beirren, wünschte allen Gästen viel Spaß und rief Achmed zu, der gerade damit beschäftigt war, die Gläser zu füllen: »Schampus bis der Kellner kotzt!«

Aus den Lautsprechern dröhnte dazu „Und heut' Abend hab ich Kopfweh…“

Kurze Zeit später war auch Malte da, richtig in Schale geschmissen. Er hatte wirklich im Stau gestanden und half, noch etwas außer Atem, Achmed dabei, das Essen zu servieren.

Ich hatte es mir derweil bei Turbo bequem gemacht, als auch unser Essen kam. »Nein danke!« sagten wir bereits mit etwas schwerer Zunge. »Das bisschen, was wir essen, kön­nen wir auch trinken. Bring uns lieber noch eine Hopfenkaltschale!«

Es wurde immer gemütlicher, je später es wurde und je mehr wir tranken.

Inzwischen hatten wir auch unseren Stammtisch zurück erkämpft. Mozart, Wolle, Penne, Koslowski, Rudi, Schluck und meine Wenigkeit sangen lauthals alle Wolfgang Petry Titel mit.

Dann begann Turbo bereits den Countdown zu zählen. »Zehn – Neun – Acht…«

Gerade noch rechtzeitig konnte Achmed ihm klar machen, dass es noch eine Stunde dau­ert. »Ach ja«, lallte er und schaute leicht schielend auf seine Armbanduhr, »dann bring mir noch einen Turbo!«

Um Mitternacht begannen die Glocken vom nahe gelegenen Dom zu läuten. Wir prosteten einander zu, wünschten alles Gute, eben halt das übliche, für das neue Jahr und begrüß­ten dieses mit einem riesigen Feuerwerk.

Durchgefroren betraten wir wenig später wieder die Kneipe und feierten ausgelassen noch einige Stunden, bis wir, nach dem zehnten „Und heut' Abend hab ich Kopfweh…“, dem DJ den Strom abstellten.

 Wahrscheinlich würden wir nach dem Aufstehen nicht nur heiser von der lauten Singerei sein, sondern auch wirklich noch Kopfweh haben…

 

‚Heute keine Küche’

‚Heute keine Küche’ war auf dem handgeschriebenen Schild zu lesen, das nun schon seit etwa 6 Monaten an der Schranktür hinter dem Tresen klebte.

Langsam begann ich mir ernsthaft Sorgen zu machen, über die Zukunft der „Guten Trän­ke“. Nur durch den Verkauf von Getränken, kann man in der Gastronomie nicht überleben. Und mit Rücklagen sah es bei Malte auch nicht gerade rosig aus.

Und irgendwie schien er in den letzten Wochen auch keinen Bock mehr auf Kneipe zu ha­ben. Das heißt, auf Kneipe schon, aber nicht darauf, hinter dem Tresen zu stehen.

Als Wolle, Mozart, Turbo und Schluck kamen, sagte ich ihnen, was mich beschäftigt. Wolle meinte jedoch, ich solle mir nicht so viele Gedanken machen, denn Malte würde es uns rechtzeitig sagen.

Da wurde ich plötzlich hellhörig. ›Kann es sein, dass er mehr weiß als wir?‹ dachte ich. Auch Turbo schien zu ahnen, was in mir vorging und sagte: »Lass mich mal machen, das kriege ich schon raus!«

Und so wurde es an diesem Abend offiziell: Am Monatsende ist Schluss mit Kneipe, defini­tiv.

Monatsende, das hörte sich so weit weg an, aber es waren nur noch 8 Tage bis dahin, und Zwei davon waren Ruhetage.

»Ab heute ist Reste saufen angesagt«, gab uns Malte zu verstehen. »Alles zum halben Preis, solange noch was da ist, denn ich kaufe nichts mehr ein.«

Das ließen sich Mozart und Schluck nicht zwei Mal sagen. »Mach uns eine Runde Bier und Apfelkorn, für dich auch, Malte!«

»Für mich nicht«, erwiderte Turbo. »Ich nehme meinen Spezialdrink.«

So folgten Runde auf Runde, Turbo auf Turbo.

Schluck schien es nicht schnell genug zu gehen mit dem Abfüllen. Er bestellte sich einen ‚Micky-Maus-Drink’. »Was ist ’n das?« fragte Malte.

»Ganz einfach, von jeder Fuselsorte 2 cl in ein Glas und dann mit O-Saft auffüllen.«

Ooops, allein bei dem Gedanken an dieses Gesöff schien sich mir der Magen umzudre­hen. Auch unser Noch-Kneipier schien seinen Ohren nicht recht zu trauen, »Wie war das?«

»Von jeder Fuselsorte, die du hier hast, 2 cl in ein Glas und dann mit O-Saft auffüllen. Kei­ne Angst, die bezahle ich dir schon.«

Malte machte den Drink fertig und stellte ihn vor Schluck auf den Tresen.

›Bei Gott, sieht der räudig aus‹. Mir standen die Nackenhaare zu Berge und ich musste mit mir kämpfen, um nicht auf den Tresen zu Reihern.

Wolle erhob sein Glas und prostete Schluck zu: »Hau wech das Ding!«

Und genau das taten beide. Natürlich auf „ex“.

Bei Turbo schien der Alkohol bereits Wirkung zu zeigen Er nervte mal wieder mit seiner Frage: ‚Die Hälfte zum ganzen Preis, wie viel ist das?’ Niemand von uns hatte jedoch Bock darauf, mit ihm darüber zu diskutieren.

Inzwischen nuckelte Schluck an seinem dritten ‚Micky-Maus-Drink’, und das im wahrsten Sinne des Wortes.

Plötzlich kippte er vom Barhocker, der zusammen mit ihm krachend zu Boden fiel. Er machte eine Rolle rückwärts, stand wieder auf, schüttelte sich kurz und verließ schwan­kend die Kneipe.

Auf dem Schild hinter dem Tresen war noch immer zu lesen ‚Heute keine Küche’, aber satt waren wir alle ohnehin schon.

Hallo Pummelchen…

Krisensitzung in der „Klause“.

Das war ein Schlag ins Kontor. Nach so vielen Jahren ohne Stammkneipe. Jetzt glaubte ich zu wissen, wie sich ein Obdachloser fühlen muss. Mozart, Turbo, Wolle, Rudi und Koslowski schien es nicht anders zu gehen. Alle bliesen sie Trübsal.

»Ob wir jemals wieder eine offene Kneipe für uns finden?«fragte Mozart und brach damit das Schweigen.

»Falls du es noch nicht bemerkt hast, wir sitzen bereits in einer neuen Trinkstube«, ent­gegnete ihm Wolle.

›Ob wir uns hier jemals zu Hause fühlen werden‹ fragte ich mich innerlich, ›hier ist doch tote Hose…‹

Ich hatte gerade eine neue Runde Bier bestellt, als plötzlich die Tür aufflog. Ruckartig drehten sich unsere Köpfe in

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 11.08.2015
ISBN: 978-3-7396-0925-6

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /