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Es war schon wieder Jänner, erbarmungslos wie jedes Jahr. Und da saß ich nun mit meinen neuen Edelschuhen, die ich mir von meinem letzten Geld gekauft hatte – eigentlich gehörten auch die der Bank, es war wohl viel mehr das letzte Geld, das mir der Automat rausrückte.

Da oben war es neblig und die verschneite Landschaft um mich herum sah schon fast kitschig romantisch aus. Weit unter mir war ein kleiner Bach, der sich mühselig den Weg durch die vereiste Landschaft bahnte. Ihm hatte wohl auch niemand gesagt, dass ihn solche Strapazen und Demütigungen erwarten würden, als er fröhlich aus der Quelle sprudelte und sich nun nackt und hilflos durch diese eiskalte Wildnis kämpfte und dann auch noch von einem Idioten wie mir angegafft werden würde.

Also saß ich hier nun, auf dieser nass kalten Eisenbahnbrücke, die schauerlich knackte, aber noch schauerlicher waren wohl meine Gedanken. Ich hatte seit Tagen nicht mehr geschlafen und wie ein wildes Tier, mit Gewalt in die Enge getrieben, lies ich mein tristes Leben noch einmal vor meinem inneren Auge abspielen und versuchte noch Highlights heraus zu filtern, die meinen Entschluss noch rückgängig machen könnten.
Aber alles lief immer auf das gleiche hinaus, im Ying und Yang liegt doch die Wahrheit, dumm ist nur, wenn auf alles Gute immer, wie ein Donnerschlag, das Schlechte über mich hereinbricht – umgekehrt, denke ich, wäre es mir wohl lieber gewesen.

Da kroch plötzlich eine kleine weiße Made über meine Hand und wie ich sie so ansah, dachte ich mir, wie schön es dieses Geschöpf, das alle so abstoßend finden, doch eigentlich hat. Es hat keine Beziehungsprobleme, keinen Ärger bei der Arbeit, keine Geld- und Existenzsorgen. Das winzige Ding braucht sich nicht mal Sorgen über die Nahrungsbeschaffung zu machen, da es ja alles frisst, sogar Scheiße.

In dem Moment spürte ich ein seltsames Kribbeln und einen brennenden Schmerz im Bauch. Ich schob meine Hand unter den Pulli und ertastete etwas warm - feuchtes, als ich meine Hand prüfend anschaute, war sie voller Blut. Entsetzt riss ich den Pulli hoch um voller Grauen zu sehen, wie mein Körper von Maden zerfressen wurde, die sich schon zu den Innereien durchgearbeitet hatten.
Ich wollte schreien, doch es ging nicht, da die Maden schon überall waren und aus meinem Mund kam nur ein Schwall dieser ekligen Viecher. Kurz bevor ich in Ohnmacht viel, hörte ich plötzlich eine Stimme, die zu mir sagte „ Willst du wirklich, das alles jetzt so endet? Und von dir auf dieser Welt nichts zurückbleibt, als ein Häufchen Madendreck?“

Alles war dunkel und so friedlich, alle Last war von mir abgefallen – ich fühlte mich so wohl. Doch irgendetwas Wichtiges hatte ich noch nicht erledigt und das wurde zu einem quälenden und unerträglichen Gefühl. Also machte ich die Augen wieder auf!
Meine Verwirrung war groß, ein weißes Zimmer und mittendrinnen ich. Ich hatte nur ein weißes Nachthemd an und konnte nichts finden, das mir vertraut war. Auf meiner Brust waren ein par Flecken ausrasiert, was ziemlich juckte und ich hing an einem Tropf mit einer durchsichtigen Flüssigkeit drinnen, aber keine Spur von Maden!

Da erkannte ich, dass ich in einem Krankenhaus war. In dem Moment kam auch schon eine Schwester herein „Guten Morgen! Schön, dass sie nun wieder munter sind, ich bringe ihnen gleich ihr Frühstück.“
Ob sie wusste, was ich auf der Brücke vorhatte und wer wohl nun noch davon wusste? Das war mir plötzlich so unendlich peinlich, dass ich mich nicht traute zu fragen, wie ich hier her gekommen war.

Aber gleichzeitig war in mir ein unbeschreibliches Gefühl der Freude, darüber doch noch die Augen auf gemacht zu haben. In einem Buch hatte ich einmal gelesen, dass man den Tod gesehen haben muss um richtig zu leben, genauso fühlte ich mich in dem Moment – als ob es ein Neuanfang für mich wäre. Seit einer Ewigkeit war ich wieder richtig glücklich und fühlte mich stark. Wirklich erklären konnte ich mir diesen Zustand zwar nicht und ich hatte auch irgendwie die durchsichtige Flüssigkeit, die in meine Ader floss im Verdacht, aber ich genoss es einfach. Von nun an konnte alles nur noch besser werden.

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Texte: Alle Rechte bezüglich der Geschichte liegen bei Maximilian Ackermann
Tag der Veröffentlichung: 12.12.2010

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