Alle meine Freunde hatten im Sommer Geburtstag und machten tolle Partys im Garten, mit lustigen Spielen und wenn uns vom Feiern zu heiß wurde, gab es leckere Limonade und Eis.
Aber ich bin natürlich mitten im Winter geboren und dann, wie soll es anders sein, ausgerechnet am 24. Dezember. Also bekam ich weniger Geschenke, konnte keine tollen Partys machen, weil das Wohnzimmer für Heilig Abend sauber bleiben musste und meine Freunde schauten nur kurz vorbei, um einzig und alleine davon zu reden, was sie hoffentlich alles geschenkt bekommen würden. Das das Christkind die Geschenke nicht bringt, wussten wir schon lange, aber um unsere Eltern nicht zu enttäuschen, taten wir halt so als ob. Und es war viel einfacher zu sagen, was man sich alles vom Christkind wünschte, als „Mama, von dir wünsche ich mir eine neue Skiausrüstung und Papa von dir die neue Spielkonsole mit ein par Spielen dazu und wenn ihr dann noch Geld übrig habt, hätte ich gerne für den Sommer das Mountainbike, das ich letztens im Sportgeschäft gesehen habe.“ Bei so großen Wünschen war es klar, dass die Enttäuschung dann groß war, wenn es nur etwas zum Anziehen, ein Brettspiel und Süßigkeiten gab, da einfach nicht mehr Geld übrig war. Gut, das in so einem Fall das Christkind wiederum schuld war, denn es hatte ja die restlichen Geschenke unterwegs verloren.
Eines Abends, ein par Tage vor Weihnachten, saß ich in meinem Zimmer und dachte über das bevorstehende Weihnachtsfest nach, das ja eigentlich mein Geburtstagsfest sein sollte, als mich ein lauter Krach, der aus dem Garten kam, aufschreckte. Natürlich wollte ich sofort raus finden was da los war, Mama und Papa waren auch schon unterwegs in den Garten. „Mama, Papa was war das?“, rief ich ihnen hinterher. „Wir wissen es auch nicht, bleib du besser im Haus, Mama bleib du bei ihm!“, antwortete Papa sehr angespannt. Etwas enttäuscht schaute ich vom Fenster aus zu, wie Papa sich im Garten umschaute, war aber auch beeindruckt von seinem Mut und darüber wie wichtig es ihm in diesem Moment war, mich und Mama in Sicherheit zu wissen. Dann kamen auch unsere Nachbarn raus ins Freie, mit einer Taschenlampe suchten sie die gesamte Umgebung ab und diskutierten nebenbei sehr aufgeregt darüber, was das gewesen sein konnte und warum nun nichts zu sehen war. Nach einer halben Ewigkeit kam mein Vater endlich wieder herein, er hatte unseren Nachbarn, der auch gleichzeitig sein bester Freund war, mit gebracht. Papa schaute mich an und hob mich auf, „Du wirst auch immer schwerer, brauchst keine Angst haben, das war wohl nur ein Donner. Jetzt ist es aber Zeit für dich schlafen zu gehen, ich bringe dich ins Bett“ Er dreht sich noch schnell zu unserem Nachbarn um und sagte: „Marco, ich komme gleich, nimm dir doch ein Bier aus dem Kühlschrank und mir bitte auch eines, auf den Schreck trinken wir noch ein schnelles.“ Papa lachte und trug mich rauf in mein Bett.
„ So Tobi, jetzt schlaf schön und träum was Schönes. Ich unterhalte mich noch etwas mit Marco und dann gehen ich und Mama auch ins Bett.“ Sagte er und strich mir mit der Hand durch meine Haare. „ Gute Nacht, Papa. Bis morgen Früh.“ Sagte ich nur, denn ich wusste genau, das ich mit dem Einwand, das ich noch gar nicht müde war, nichts erreichen würde. Also wartete ich bis Papa wieder unten in der Küche bei Mama und Marco war und schlich mich leise an mein Zimmerfenster, unsere Wände waren sehr dünn und ich konnte alles mit hören. Nebenbei schaute ich gespannt in den Garten, vielleicht konnte ich doch etwas Auffälliges entdecken. Doch das angestrengte Schauen und das monoton klingende Gespräch aus der Küche machten es mir langsam schwer die Augen offen zu halten.
Bis ich plötzlich etwas entdeckte, sofort war ich wieder hellwach, da war ein kleines Licht in Mamas Blumenbeet! Im ersten Moment wollte ich es Papa sagen, aber der hätte sicher mit mir geschimpft, weil ich immer noch wach war. Also wartete ich einfach noch etwas und überlegte, ob ich selber nachschauen sollte, das war ja nur ein kleines Licht, das konnte doch nichts gefährliches sein. Da ich unbedingt wissen musste was das war, machte ich das Fenster vorsichtig auf, mein Herz raste, leise kletterte ich aus dem Fenster und griff mir einen Stock den meine Mama zum festbinden eines Strauchs in die Erde gesteckt hatte. Alles war dunkel, nur ein schwacher Lichtstrahl kam unter dem nicht ganz geschlossenen Rollo aus der Küche hervor. Ich näherte mich langsam dem kleinen Licht in Mamas Blumenbeet, dabei versuchte ich auch meine Umgebung nach Bewegungen und Geräuschen abzutasten, um im Notfall schnell in mein Zimmer zurück rennen zu können. Jetzt stand ich vor dem Licht, das langsam immer schwächer wurde, da steckte etwas in der Erde. Zögerlich versuchte ich es auszugraben, es war rund und aus einem glänzenden Metall, so groß wie ein Fußball.
Das musste ich mir genauer anschauen, ich hob es auf und lief schnell zu meinem Zimmer. Drinnen kontrollierte ich als erstes, ob in der Küche noch diskutiert wurde, schnell schaltete ich dann meine Schreibtischlampe ein. Das war unglaublich, es musste ein Meteorit - ein Stern der vom Himmel gefallen war - sein. Ich wusste gar nicht, das Sterne so glatt sind und aus Metall, da fing der Stern plötzlich zu surren an, erschrocken ließ ich ihn los und ging zwei Schritte zurück. Die Kugel fing an sich zu bewegen, sie drehte sich etwas zur Seite und da kamen auf der Unterseite drei dünne Stäbe heraus, die die Kugel leicht anhoben. Das war also doch etwas anderes, ich überlegte panisch was ich machen sollte, sie aufheben und aus dem Fenster schmeißen, traute ich mich nicht mehr. Da öffnet sie sich auch noch, ein helles Licht blendete mich, ich konnte nicht richtig sehen, was sich da enthüllte, aber es bewegte sich! Als sich meine Augen an das Licht gewöhnten, konnte ich es erkennen, ein kleines Männchen mit blasser Haut, in einem silbernen eng anliegenden Anzug.
Es gab sie also doch, die Außerirdischen, ich beschloss ihn zu fragen, ob er mich verstehen könne, vielleicht hatte er ja ein Gerät mit, das alles übersetzen würde, leise und zurückhaltend fragte ich, „Hallo, können sie mich verstehen?“ Der Außerirdische schaute mich neugierig und gleichzeitig verwundert an, sagte aber kein Wort. Da rutschte mir ein verzweifeltes, „Was mach ich denn jetzt mit dir?“ heraus und auf einmal hörte ich eine Stimme „Was willst du denn mit mir machen?“ Das war sehr unheimlich, er redete mit mir über Telepathie, das war doch kompletter Wahnsinn, also wurde mir alles klar, ich träumte! „Wenn das so ist…“, hörte ich das kleine Männchen sagen, das plötzlich vor meinem Gesicht stand, da ich es ja ganz genau anschauen wollte, „…dann tut das ja nicht weh, oder?“ Und zwickt mir in die Nase! Somit war das auch geklärt, ich träumte nicht!
Aufgeregt fragte ich: „Was ist passiert, bist du abgestürzt? Woher kommst du und wie ist dein Name, bist du in friedlicher Absicht hier?!“ Da unterbrach mich der Fremde: „Stopp! Wenn du etwas von mir wissen willst, musst du mich auch zu Wort kommen lassen.“ Ich holte Luft und versuchte mich wieder zu beruhigen, doch alles was ich nun raus brachte, war ein kleinlautes „O.K.“ Der kleine Mann unterbrach die angespannte Stille: „Mein Name ist Quasi vom Planeten Drei. Ich bin Wissenschaftler und erforsche fremde Lebewesen, auf der Suche nach einem Heilmittel für mein Volk. Wir haben unser ganzes Leben nur noch auf Kennzahlen und mathematischen Formeln und Theorien aufgebaut und dabei haben wir verlernt zu fühlen und das ist wohl gegen unsere Natur, nun sterben wir allmählich aus, unsere Einwohnerzahlt ist in den letzten Jahren schon um die Hälfte geschrumpft!“
Nun kramte er etwas aus seinem Cockpit, eine sehr kleine runde Kugel, die nachdem er sie antippte neben ihm zu schweben begann. „Das ist meine Kamera, ich drehe nebenbei auch einen Dokumentarfilm für meinen Heimatplaneten.“ In dem Moment kreiste die Kamera einmal um mich herum und dann noch eine Runde durch mein Zimmer. „Und um was geht es in deinem Film?“, fragte ich neugierig. „Ich bin schon seit fast einem Jahr auf eurem Planeten und habe auf allen Kontinenten gefilmt und geforscht - mein Film heißt „Ein Jahr auf dem Planeten Erde“ und befasst sich mit den unzähligen unterschiedlichen Sitten und Bräuchen die ihr Menschen habt, aber natürlich auch mit den Tieren und Pflanzen, die neben euch koexistieren müssen. Vielleicht gelingt es mir so meinem Volk eine andere Sicht der Dinge zu vermitteln. Also das ich in Frieden komme hast du hoffentlich mittlerweile gemerkt.“
Gemütlich kletterte er über eine schmale Treppe die er nebenbei ausgefahren hatte, hinunter auf meinen Schreibtisch. Dort stellte er einen kleinen silbernen Klapptisch mit einem Klappstuhl auf und holte sich noch einen Teller und ein Glas aus seinem Raumschiff. „Mir sind schon vor ein par Tagen meine Vorräte ausgegangen und da du mich nicht fragst, muss ich so unhöflich sein – kannst du mir etwas zu Essen und zu Trinken geben? Ich bin so ausgehungert, das ich bei einem Tiefflugmanöver ohne Autopilot, vor Erschöpfung die Kontrolle über mein Raumschiff verloren habe.“ Das war mir sehr peinlich, das ich ihm nichts angeboten habe, aber wer würde in so einer Situation schon auf die Idee kommen einen Außerirdischen zu fragen, ob er etwas essen möchte? „Warte einen Moment.“ Vertröstete ich ihn und schlich mich leise in unsere Vorratskammer, denn in die Küche konnte ich ja schlecht gehen.
Zum Glück lachten meine Eltern mit Marco gerade über etwas lustiges, so dass sie nicht hörten, wie mir die Türe zu viel, als ich mit voll beladenen Händen die Vorratskammertüre aus Gewohnheit zufallen ließ. War das ein Abend, mein Herz raste nun wieder und ich verschwand schnell in mein Zimmer. Quasi wartete ungeduldig auf mich und wurde schon nervös, weil ich das Essen erst in eine für ihn passende Größe zuschneiden wollte. In der Zwischenzeit trank er den Orangensaft den ich geschickt in sein kleines Glas gelehrt hatte. Nachdem er nun gegessen hatte – was einige Zeit in Anspruch nahm, da ich ihm drei Portionen richten musste – fragte ich ihn, was ihn in unsere Gegend brachte. „Wie ich dir schon gesagt habe, ich bin eigentlich hier abgestürzt, aber darauf will ich jetzt nicht näher eingehen. Eigentlich war ich auf der Suche nach einem Menschen, der mir erklären kann, was für ein Fest ihr in den kommenden Tagen feiern werdet. Es hat mich sehr beeindruckt, das ihr überall so schöne Lichter montiert habt und das ihr alle gemeinsam Vorbereitungen für dieses Fest trefft. Sonst seid ihr euch nicht so einig, aber hier verbringt ihr auf einmal so viel Zeit miteinander und ihr macht euch Gedanken darüber welche besonderen Geschenke ihr euren Mitmenschen machen könnt. Und was mir besonders gut gefallen hat - die Kinder basteln wunderschöne Sachen für ihre Eltern. Kannst du mir nun erklären was das alles zu bedeuten hat?“
So hatte ich das alles noch gar nie betrachtet, ich wurde sehr nervös, denn ich wollte ihm nun eine vernünftige Erklärung geben, die so formuliert war, wie es auch ein Erwachsener gesagt hätte. Doch nach einer Weile des intensiven Nachdenkens viel mir immer noch nichts ein, also erzählte ich ihm meine Wahrheit und wie enttäuscht ich eigentlich jedes Jahr war. Nach dem das raus war und ich mich doch etwas darüber schämte, das es mir eigentlich bei Weihnachten und meinem Geburtstag nur um Geschenke ging, fing ich dann an zu erzählen, was ich in diesem Moment fühlte: „So wie du unser Weihnachtsfest siehst, habe ich es noch gar nicht gesehen und eigentlich ist es ja eine große Ehre für mich, am gleichen Tag wie Jesus geboren worden zu sein. Denn weißt du, eigentlich ist das Weihnachtsfest ja eine riesige Geburtstagsfeier zu der alle Menschen eingeladen sind. Jesus hatte uns Menschen damals zeigen wollen was Nächstenliebe ist und wie schön es ist miteinander zu leben und uns auch miteinander zu freuen und zu feiern. Das war ein ganz besonderer Mensch dem das Leben seiner Mitmenschen wichtiger war als das seine. Und ich glaube er hat uns allen an seinem Geburtstag das schönste Geschenk gemacht, das es für uns Menschen gibt, etwas das man nicht erst verpacken oder gar bis Weihnachten verstecken muss und zwar hat er uns die bedingungslose Liebe gezeigt und vorgelebt. Nur leider ist das wohl in Vergessenheit geraten, aber ich bin jetzt richtig glücklich darüber das ich Weihnachten wieder in seinem wunderschönen strahlenden Licht sehe und freue mich so sehr auf das bevorstehende Fest mit meinen lieben Eltern und meinen Freunden und Verwandten und auch allen anderen lieben Menschen, die gerne mitfeiern möchten.“
Jetzt erst bemerkte ich, wie mich Quasi mit grossen, leicht wässerigen Augen gebannt anschaute. „Also wenn ich das zu Hause zeige, bekomme ich den Dreier – unser Oskar – für meinen Dokumentarfilm verliehen. Ich werde auf jeden Fall unserem Präsidenten vorschlagen auch ein jährliches Fest zu veranstalten, bei dem wir einfach nur das Miteinander und die Nächstenliebe feiern, denn das fehlt uns komplett. Wir analysieren einfach nur alles, unsere Welt ist nur von Kennzahlen bestimmt, alles ist so kalt und grau, hoffentlich erkennt meine Welt auch wie schön und wichtig es ist zu lieben, dann lässt sich vielleicht auch das langsame Aussterben unseres Volkes aufhalten.“
Ich unterhielt mich mit Quasi noch bis in die frühen Morgenstunden. Es war sehr interessant, er erzählte mir alles über das Weltall, seinen Planeten und das was er auf seiner Reise bisher erlebt hatte. Beim Abschied musste ich ihm versprechen, dass ich niemandem von unserer Begegnung erzählen würde.
Mittlerweile habe ich schon meinen 85 Geburtstag gefeiert und die Bewohner des Planeten Drei leben friedlich mit uns auf der Erde. Quasi ist mein Nachbar und bester Freund geworden. Da wir Menschen uns selber auch fast ausgerottet hatten, kamen uns die Bewohner des Planeten Drei zu Hilfe, sie lehrten uns ihre umweltschonenden Technologien und vor allem, wie sie sich aus dem Teufelskreis der von Zahlen und Auswertungen geprägten Kälte befreien konnten. Langsam lernten wir unsere Gefühle wieder zu verstehen und so kam auch die Hoffnung wieder zurück. Also hatte mir Quasi erlaubt mein Versprechen zu lösen und diese Zeilen zu schreiben.
Wir haben alle verstanden, dass es im Leben nicht wichtig ist Kennzahlen für unser Handeln zu finden um es auswerten zu können, nach Richtig und Falsch und um die Performance noch um die restlichen Prozent zu steigern die eigentlich gar nicht mehr möglich sind, da sich das Leben nicht in eine Zahl pressen lässt. Viel wichtiger wurde uns die Frage, warum wir das was wir früher spüren und fühlen konnten, plötzlich mathematisch errechnen mussten, da man sich auf die Gefühle nicht mehr verlassen konnte. Wir alle lernten wieder zurück zu finden zu unseren Wurzeln, dabei halfen uns nicht nur die Bewohner vom Planeten Drei, sondern hauptsächlich Kulturen von unserem Planeten Erde, die nie verlernt hatten zu fühlen und so auch Quasi das Heilmittel für seine Heimat gegeben hatten.
So kann ich euch heute stolz berichten, dass wir, die aus dem Chaos der Vergangenheit übrig geblieben sind, glücklich und in Harmonie zusammen leben. Fabriken gibt es keine mehr, die Umwelt erholt sich und wir arbeiten alle zusammen für unsere Nahrung und kümmern uns darum die Narben, die wir unserer Erde zugefügt hatten zu heilen. Ich genieße jeden Tag, den ich noch mithelfen kann und sehen kann wie alles besser wird und es tut gut zu wissen das meine Enkel hier auf unserer Erde glücklich werden und nicht - wie damals Wissenschaftler behauptet haben - in einem Raumschiff Namens „Arche Noah“.
Die vielen Religionen unserer Erde sind zu einer wunderbaren Weltreligion verschmolzen, die uns allen den Glauben zurück gebracht hat und wir alle feiern zusammen am 24. Dezember den Tag der Liebe und meinen Geburtstag.
Texte: Alle Rechte bezüglich der Geschichte liegen bei Maximilian Ackermann
Tag der Veröffentlichung: 12.12.2010
Alle Rechte vorbehalten