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Noch zu früh!



Dunkel ist es, irgendwie unheimlich, aber trotzdem umgibt mich ein Gefühl des Vertrauens, der Sicherheit und des Wissens. Ich weiß nicht genau wo ich bin, irgendwo im nirgendwo! Es scheint fast als würde ich schweben, weit über Täler und Berge und doch ganz nah am Boden. Wo bin ich?

Ein Sog hebt mich in die Lüfte und jetzt erkenne ich die ersten Dinge. Was ist das da unter mir? Ein Tier? Ein Mensch? Jedenfalls ein Wesen. Es kommt mir irgendwie bekannt vor, aber ich sehe nur verschwommen. Dieses etwas scheint am Boden zu liegen, vielleicht komm ich näher ran. Wer kontrolliert den meinen Flug? Ah endlich! Ich bewege mich auf das Wesen zu, es ist ein Mensch! Liegt da zusammen gekrümmt am Boden und rührt sich nicht! Aber warum? Da läuft jemand! Er läuft in Richtung des Menschen, halt nein es ist eine Frau! Jetzt bleibt sie stehen, sie kniet sich neben den Mann der am Boden liegt und sie beginnt zu Weinen. Das ganze gleicht einer Szene aus einem Kriminalfilm, aber warum fühle ich mich der Sache dann so verbunden? Wo ist der Bezug? Die Frau will gar nicht mehr aufhören Literweise strömt das Wasser aus ihr heraus, wie ein Niagarafall aus Tränen. Schade um den Kerl! Doch auch die Frau kann ich nicht erkennen, scheint wohl seine gewesen zu sein! Ein Passant hat wohl den Rettungswagen gerufen, da nun ein Blaulichtmeer erscheint, die Helfer ziehen die Frau weg und beginnen mit der Wiederbelebung. Pumpen, beatmen, pumpen, beatmen immer im Rhythmus, ohne müde zu werden. Die Frau steht jetzt bei einem der Sanitäter die beiden reden mit einander, obwohl es sich eher um einen Monolog zu handeln scheint, da die Frau nur noch bibbert, eingehüllt in eine dieser Rettungsdecken, der Sanitäter spricht leise zu ihr, jedenfalls kann ich nichts verstehen. Endlich kommt der Hubschrauber und man will den Mann verladen, doch plötzlich zieht mich etwas näher an ihn und ich erkenne sein Gesicht. Wie kann das sein? Jetzt versteh ich überhaupt nichts mehr! Ein lautes monotones Piepen hält mich davon ab mir noch mehr Gedanken darüber zu machen.

Piep --- Piep --- Piep langsam beginne ich zu erwachen, ein verschwommenes Gesicht erscheint vor meinen Augen. „Wir haben ihn wieder!“ sagt eine Stimme, ich blinzle. Wo bin ich? „ Sie sind im Hedwigs Krankenhaus! Sie hatten einen schweren Unfall! Aber jetzt wird alles wieder gut!“ Komisch da steht auch meine Frau ihre Augen sind vom Weinen wohl ganz rot geworden, und sie hat eine Rettungsdecke um ihre Schultern. Sie lächelt mich an...


Das Happyend ist tot!


Du darfst dich vor nichts fürchten! Schau dem Feind ins Auge!
So sprach Jakob und lief los. Sein Kopf wurde durch den Aufprall mit dem Bus am Boden zerschmettert, er war auf der Stelle Tod.-

Fassungslos stehe ich nun da, eigentlich völlig unbeteiligt, ich kenne diesen Jungen nicht! Auch das er Jakob heißt hat er mir erst vor wenigen Augenblicken mitgeteilt, ich habe ohnehin nur mit halbem Ohr zu gehört, da er mir ein bisschen verwirrt, ja fast betrunken vorkam. Was sollte das alles? Es war wie in einem schlechten Film, da lag jemand Tod am Boden und niemand schien es zu bemerken, selbst der Bus war einfach weitergefahren, es ist doch unmöglich, dass das dem Busfahrer nicht aufgefallen war. Ich meine er müsste doch zumindest einen Knall gehört haben, oder einer der vielen Fahrgäste, der Bus ist schließlich voll. Nichts der gleichen, ohne es wirklich zu wollen laufe ich nun auf die Straße um nachdem Toten zu sehen, ein grausamer Anblick, der Kopf ist kaum als solcher wieder zu erkennen und dort wo einst das Gesicht war ist nur noch ein Blut überströmtes, vollkommen verformtes Ding zu sehen, dass ich nicht näher beschreiben will. Der arme sieht wirklich übel aus, nur dummer weiße hab ich weder ein Handy noch etwas vergleichbares dabei um den Notarzt oder die Polizei zu rufen, Fahrerflucht mit dem vollen Bus, das sind wirklich menschliche Abgründe unglaublich und der Junge, der ist ja fast noch ein Kind. Hat den wenigstens schon jemand die Polizei gerufen, ah der da telefoniert er ruft sicher den Rettungswagen, jetzt kommt er langsam auf mich zu. Hallo, haben sie schon jemanden alarmiert? Der Mann sieht mich fassungslos an, er kann es wahrscheinlich auch nicht glauben. Ja das war der Bus vorhin, haben sie das etwa auch gesehen. Der Mann geht einige Schritte zurück und ich meine zu erkennen, dass er die Nummer des Notrufs wählt, zumindest ist sie dreistellig. Ich höre noch wie er den Straßennamen nennt, Gesandtenstraße. Da bin ich ja beruhigt endlich jemand der mich unterstützt, ich will zu dem Mann gehen um mich zu Bedanken, ich weiß gar nicht wofür, ich meine er hat ja nicht mir geholfen und dem Jungen sicherlich auch nicht mehr. Was ein schreckliches Bild. Der Mann jedoch weicht vor mir zurück, oh ich hab ja Blut an den Händen wahrscheinlich hab ich den Jungen angefasst um mir die Verletzungen genauer anzusehen. Klar von so einem Blut verschmierten Typen würde ich mich auch nicht anfassen lassen, also signalisiere ich ihm mit einem Kopf nicken, dass ich ihn verstehe. Den Mann scheint aber irgendwas noch mehr zu beunruhigen, da er trotz meines Sicherheitsabstands noch weiter zurück weicht. Also bitte, langsam wirkt das etwas unhöflich, meinen Sie nicht? Frechheit da will man helfen und schon wird man gemieden. Aber halt da ist noch etwas in meiner Tasche, ein Anstecker. Wo kommt der den her? Darauf steht geschrieben, „Ihr Busfahrer Günther M.“ ich kann mich gar nicht erinnern jemals mit diesem Busfahrer mit gefahren zu sein, was also soll dieser Anstecker? Als ich immer mehr ins grübeln gerate bemerke ich, dass es mir schwerfällt die Arme zu heben. Vielleicht sollte ich meine blutigen Hände einmal waschen? Dort hinten ist ja sogar ein Brunnen, also mache ich mich auf den Weg. Auf halber Strecke gerate ich in Panik, da ich meine Hände nicht mehr bewegen kann. In der Hand halte ich plötzlich ein Lenkrad, ein sehr großes sogar. Wo kommt das her und wieso kann ich es nicht los lassen? Es klebt direkt an mir, das Blut scheint sich mit dem Leder des Lenkrades zu einer unauflösbaren Masse verbunden zu haben. Ich muss zum Brunnen, dass ist meine einzige Chance wieder davon los zu kommen. Lauf, lauf so schnell du kannst, aber meine Beine werden immer schwerer, was soll das denn? Jetzt kommt schon sind doch nur noch ein paar Meter, reiß dich zusammen verdammt nochmal, so kann das doch nicht weiter gehen. Doch plötzlich komme ich ganz zum stillstand und gläubig starre ich auf meine Beine, was zur Hölle ist das denn? Jetzt reichst aber wirklich das ist ja wie im bösen Traum! An jedem meiner Schuhe ist ein metallenes Pedal befestigt, dass mich am vorankommen hindert. Mit diesen Gewichten an den Füßen scheint es mir unmöglich, den Brunnen noch zu erreichen, doch mein Wille ist stark. Es sind nur noch wenige Meter. Los streng dich an. Auf einmal fährt ein Schock durch meinen ganzen Körper und mein Herz beginnt zu rasen, eine Hand legt sich auf meine Schulter. Ist das vielleicht endlich meine Rettung? Ich beginne ganz langsam mich umzudrehen, aber das was ich da sehe verschlägt mir den Atem, es ist der Junge! Ich blicke ganz verdattert drein, was soll das denn? Jakob du bist doch Tod! Der Junge antwortet nicht wie den auch, sein Gesicht, oder das was von ihm übrig ist hat sich nicht verändert. Er scheint mich anzustarren und plötzlich wirft er mich zu Boden. Was soll das? Warum tust du das? Der Junge hört und versteht mich nicht, er scheint aber eine ungeheure Wut auf mich zu haben, denn nun springt er auf mich. Jetzt bekomme ich es wirklich mit der Angst zu tun, denn er beginnt mich zu würgen. So gut es geht wehre ich mich dagegen, aber sehr wirkungsvoll scheinen meine Attacken nicht zu sein, wie denn auch ohne Hände und Füße bewegen zu können. Langsam bildet sich Schaum vor meinem Mund und atemlos schlage ich um mich. Ich drohe mein bewusst sein zu verlieren. Mit letzter Kraft röchle ich: Was willst du Jakob? Der Junge scheint mir aber nicht zuzuhören und tritt mir mit seinem Fuß stark in die Magengrube, das lässt mich auch den letzten Atem heraus husten und ich werden bewusstlos.

Als ich erwache befinde ich mich in einem Auto, auf der Rückbank sitze ich. Endlich ist alles vorbei! Doch meine Hände kann ich immer noch nicht bewegen. Erst jetzt bemerke ich das Blaulicht auf dem Dach. Dort auf dem Display des Computers ist ein Foto von mir, dort steht geschrieben: Günther M. gesucht wegen Fahrerflucht mit einem Toten.

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Tag der Veröffentlichung: 04.04.2011

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