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Das Wiedersehen

Ein wenig lustlos schleppt Marian sich zum Eingang der Diskothek. Eigentlich wollte er lieber absagen, aber da er schon vor einiger Zeit zugesagt hatte, hat er den Mut nicht aufgebracht seinen Freunden zu sagen, dass sie diesen Abend ohne ihn in die Disko gehen müssen. Den Eingang kaum passiert, steigt ihm schon das übliche Gemisch aus vielen Gerüchen in die Nase. Der meist dominante Geruch des Zigarettenqualms wechselt sich mit vielen verschiedenen Parfums ab, während er die Gruppen passiert, die im Innenraum der Disko zusammenstehen. Die laute Musik und das Gedränge nerven ihn heute besonders. Endlich kommt er an der Bar an, an der seine Freunde sich versammelt haben. Die üblichen Diskobeschäftigungen beginnen. Zuerst werden Getränke bestellt, dann das Angebot an Frauen abgeschätzt, über Frauen diskutiert und vor allem noch mehr Getränke bestellt, um die Hemmschwelle abzusenken. Marian sitzt die meiste Zeit gelangweilt auf einem Barhocker, nippt an seinem Bier und lässt seinen Blick durch die Diskothek schweifen. Die Eintönigkeit der immer wieder gleichen Diskothek, in der die gleiche Musik gespielt wird und die gleichen Leute danach tanzen kann seine Laune heute nicht heben.

Nachdem sie schon etwa eine Stunde an der gleichen Bar gestanden hatten, Marian sich inzwischen einige Ausreden einfallen ließ um seinen baldigen Abschied zu begründen, schlägt einer der Freunde vor: „Lasst uns mal die Bar wechseln, keine anständigen Frauen hier!“ „Er meint, er hat schon von allen, die hier stehen, einen Korb bekommen!“, erwidert ein anderer lachend und die Gruppe bricht in lautem Gelächter aus. Auch in diesem Fall sitzt Marian ein wenig außerhalb der Gruppe auf seinem Hocker und kann sich nicht mehr, als ein Lächeln abgewinnen. Nachdem sich alle ein wenig beruhigt hatten, entschlossen sie sich doch den Standort zu wechseln. Mühsam schlängeln sie sich im Gänsemarsch durch die Menschenmassen, die überall in kleinen und großen Gruppen zusammenstehen. Während Marian verträumt zur Tanzfläche sieht und er sich schon wieder Gedanken darüber macht, dass er die meisten Leute schon kennt, trifft ihn plötzlich ein Schlag gegen die Rippen. „Guck mal die beiden da, sollen wir uns da nicht mal wieder zwischen quetschen?“, hört er seinen Freund Tobias aufgeregt fragen, noch bevor er überhaupt realisiert hat woher der Schlag kam. Nachdenklich schaut Marian einige Augenblicke in die Richtung, die Tobias ihm deutet. Einige Schritte vor ihnen sind zwei gutaussehende Frauen engumschlungen in einen Tanz vertieft. Sie machen sich nichts daraus, dass sie eigentlich keinen Platz zum tanzen haben, lassen sich nicht davon stören, dass sie immer wieder Leute anstoßen oder angestoßen werden. „Tobias, irgendwann kriegen wir einen geklatscht deswegen!“, warnt Marian ohne seinen Blick von den tanzenden Mädchen zu nehmen. „Wir haben das schon hundert Mal gemacht und noch nie einen geklatscht gekriegt!“, gibt Tobias zu bedenken. Nochmal beobachtet Marian nachdenklich die beiden Frauen einige Sekunden. „Jetzt komm, bevor das Lied zu Ende ist!“, wird Tobias immer ungeduldiger. „Okay, aber ich nehm‘ die Blondine!“, beschließt Marian. Langsam nähern sich die beiden den Frauen. Nun doch ein wenig zögerlich, bleibt Tobias zunächst vor den beiden stehen, bis er schließlich einer der beiden auf die Schulter tippt. „‘tschuldigung, darf ich abklatschen?“, fragt er, wartet aber keine Antwort ab, sondern quetscht sich direkt zwischen die beiden. Marian steht parat und nimmt die Andere der beiden in Empfang, als Tobias schon zum engumschlungenen Tanz übergeht. Auch Marian wartet nicht auf Einwände seiner neu gewonnenen Tanzpartnerin, sondern geht direkt zum engumschlungenen tanzen über. Augenblicklich steigt ihm ihr Parfum in die Nase. Ein süßer aufdringlicher Geruch, der Marian nicht besonders gefällt. „Himmel, wo kann man denn sowas kaufen?“, schießt es ihm durch den Kopf. „Was seid ihr denn für welche? Sowas hab‘ ich ja noch nie erlebt. Macht ihr sowas öfters?“, wird Marian von seiner lachenden Tanzpartnerin gefragt. Sie schreit ihm die Frage viel zu laut ins Ohr um die Musik zu übertönen. Marian zuckt erschreckt zurück, hat sich aber im nächsten Moment wieder im Griff. „Nein, das war jetzt das erste Mal, weil ihr uns so gut gefallen habt!“, schwindelt Marian ihr ins Ohr. Er kann dabei nur mit Mühe ein Grinsen verkneifen. Seine Tanzpartnerin sieht ihn an und macht eine ungläubige Mine. „Süßholzraspler!“, schreit sie ihm ins Ohr. Die beiden tanzen einige Zeit so weiter, bis sie plötzlich innehält. Sie löst sich kurz von ihm und sieht ihm in die Augen. Marian fällt dabei ihr Haar auf, das vorne an ihrer schweißnassen Stirn klebt. „Ich habe wirklich noch nie mit jemanden so getanzt, dessen Namen ich nicht mal wusste.“, erklärt sie. Lächelt dann freundlich und sagt: „Aber du gefällst mir. Den Mut finde ich beeindruckend!“ „Ich heiße Marian!“, sagt er. „Jessica!“, brüllt sie ihm ins Ohr. Sie schmiegt sich wieder eng, zu eng findet Marian, an ihn heran und legt diesmal sogar ihren Kopf auf seine Brust. Langsam klingt das Lied aus, Marian ist erleichtert, löst sich von ihr, nimmt ihre Hand in seine und sagt ihr ins Ohr: „Danke, es hat mich sehr gefreut dich kennengelernt zu haben. Ich muss zu meinen Kumpels, die warten dahinten schon auf mich.“ Er versucht die Worte höflich heraus zu bringen, obwohl auch er sehr laut sprechen muss, um die Musik zu übertönen. Er drückt ihr noch ein flüchtiges Küsschen auf die Wange und geht einige Schritte in Richtung der Bar, die sie schon angesteuert hatten, bevor sie die beiden Frauen entdeckt hatten, als Tobias ihn von hinten festhält. „Was hast du denn jetzt vor? Willst du nicht bei ihr bleiben?“, fragt er ihn vorwurfsvoll. „Ne, die ist mir zu dumm. Bleib du ruhig bei deiner, wenn sie dir gefällt!“, antwortet er ihm. „Du weißt so gut wie ich, dass ich keine Chance habe, wenn die Freundin ohne Mann danebensteht.“ „Dann nimm doch beide!“, antwortet er patzig und setzt seinen Weg fort. Ärgerlich sieht Tobias ihm nach. Endlich an der Bar angekommen, wird er vom lauten Gejohle seiner anderen Freunde empfangen: „Na du Aufschneider, wieso bist du den jetzt hier und nicht bei der Puppe?“, fragt einer. „Weil die mir zu dumm war!“ „Habt ihr eigentlich keine Angst, dass ihr irgendwann mal eine geklatscht kriegt?“, fragt ein anderer. „Doch, doch, jedes Mal sogar!“, antwortet Marian nickend. An der Bar bestellt er sich ein Bier. Während er lässig an der Bar lehnt und auf sein Bier wartet, schweift sein Blick gedankenverloren zu den anderen Personen, die sich an der Bar aufhalten. Die Bar ist wie ein geschlossenes Achteck aufgebaut, so dass er fast alle Personen, die an der Bar sitzen, sehen kann. Er schaut in die Runde, als ihm genau gegenüber ein bekanntes Gesicht auffällt. Er sieht nochmal genauer hin, da er sich zunächst nicht sicher ist. Nachdem er die Frau so einige Zeit regelrecht angestarrt hat, bemerkt sie seine Aufmerksamkeit und sieht ihn fragend an. Dann ist er sich sicher, es ist Melissa, ein Mädchen, das sechs Jahre in seiner Parallelschulklasse war. Sie ist schlanker, reifer und viel, viel hübscher geworden, aber sie ist es. Sie ist braun gebrannt, ihre braunen Locken liegen auf ihren Schultern. Immer noch wartet er auf sein Bier. Inzwischen hat er seinen Blick vorläufig wieder abgewendet, da es ihm unangenehm war sie so anzustarren, denn Melissa hat ihn angesehen, aber wohl nicht erkannt. Zwischendurch sieht er immer mal wieder möglichst unauffällig und höchst beeindruckt von ihrer Erscheinung zu ihr herüber. Als er endlich sein Bier bekommt, entschließt er sich zu ihr hinüber zu gehen. Er schnappt sich sein Bier von der Theke und macht sich auf den Weg. „Hey, schon wieder was gesehen?“, fragt ihn einer seiner Freunde, als er an denen vorbeikommt. „Ja, ´ne alte Schulfreundin!“, antwortet er eilig, ohne dafür stehen zu bleiben. Als er, nach ewig wirkendem Gedränge und Geschubse, endlich hinter ihr steht, zögert er kurz. „Hallo Melissa!“, sagt er endlich und versucht die aufkommende Nervosität zu unterdrücken. Doch das unangenehme Kribbeln, das im Magen beginnt und sich von dort im ganzen Körper zu verteilen scheint, nimmt nun doch extrem Besitz von ihm ein. Melissa dreht sich fragend um. „Kennst du mich noch?“, fragt er, noch bevor sie seinen Gruß erwidern kann. Und befürchtet schon antworten wie, wer bist du denn, kennen wir uns oder ähnliches „Marian, natürlich!“, antwortet sie und lächelt ihn freundlich an. Sie hält ihm zum Gruß ihre Hand entgegen, Marian erwidert den Handschlag. „Darf ich mich zu euch stellen?“, fragt er und merkt wieder deutliche Unsicherheit und Nervosität in ihm aufkommen. „Natürlich, bitte!“, antwortet sie, macht ein wenig Platz und deutet neben sich. Trotzdem vergewissert er sich mit einem fragenden Blick noch bei ihrer Begleiterin. Sie macht eine zustimmende Kopfbewegung. Er stellt sich neben Melissa und versucht sofort ein Gespräch zu beginnen. „Ich habe dich eben von dahinten gesehen.“, sagt er, „Du hast mich nicht erkannt, oder?“ „Doch, klar, sofort… okay, auf den zweiten Blick.“, antwortet sie und lächelt dabei ein wenig verlegen und vor allem unglaublich niedlich. „Was ist aus dir geworden?“, fragt er. „Ich arbeite bei der VDO. Kennst du die?“, antwortet sie. Marian nickt. „Und du?“, fragt sie. „Ich bin im Handwerk gelandet. Elektriker.“, antwortet er. „Möchtest du was trinken?“, fragt er sie. „Nee, lass mal, ich hab‘ noch was!“, lehnt sie ab. „Okay!“, sagt er ein wenig enttäuscht. „Tanzt du wenigstens?“, fragt er, nachdem sie sich noch einige Zeit über belanglose Dinge, vor allem ihre Berufe, unterhalten haben. Sie macht einen unentschiedenen, eher ablehnenden, Gesichtsausdruck und sagt: „Weißt du, ich kann nicht so gut tanzen!“ „Ich auch nicht!“, antwortet er, packt sie an der Hand und zieht sie hinter sich her auf die Tanzfläche. Hilfesuchend dreht sie sich zu ihrer Freundin um, die nur mit den Schultern zuckt. Auf der Tanzfläche angekommen stellt er sich vor sie und erklärt: „Also, ich kann auch nur zwei Schritte, aber mehr braucht man hier zum Glück auch nicht!“ Sie steht vor ihm, hat die Hände in die Seite gestemmt und macht einen trotzigen Gesichtsausdruck. „Wir fangen mit diesem…“, will er weiter erklären, als ihm Melissas trotzige Körpersprache auffällt. „Du bist niedlich, wenn du so guckst.“, bemerkt er. Melissa lächelt verlegen und dreht sich weg, um ihre erröteten Wangen zu verbergen. „Oh, hab‘ ich dich verlegen gemacht? Das war nicht meine Absicht. Also, mit dem Fuß fangen wir an und den Rest führe ich dich dann!“ Er deutet dabei auf ihren linken Fuß. „Du musst ihn nach hinten setzen!“, fügt er noch hinzu, seine Nervosität ist in diesem Moment wie weggeflogen. Er nimmt ihre Hand in seine linke Hand und legt seine rechte Hand an ihre Hüfte. Er wartet auf den Einstieg im Takt und beginnt mit den beiden Tanzschritten, die er beherrscht. Melissa steigt sofort mit ein und hält hervorragend den Takt und den Schritt. „Na also, klappt doch gut! Du hast also nur gesagt, dass du es nicht kannst, damit du nicht mit mir tanzen musst!“, versucht er sie zu loben und genießt dabei die Nähe, in die er kommt, um ihr die Worte ins Ohr zu sagen. Ihr Parfum steigt ihm dabei in die Nase. „Mir war nie aufgefallen, dass du so klein bist. Warst du schon immer so klein?“ „Du hast mich ja auch nie beachtet.“, antwortet sie und diesmal muss sie ihm dafür näherkommen. Wieder genießt er ihre Nähe. Als sie gerade ihren Kopf wieder wegziehen will, nachdem sie den Satz neben sein Ohr beendet hat, nimmt er seine Hand von ihrer Hüfte und legt sie auf ihren Rücken. Er drückt sie sanft an sich, bis er die Erhöhung ihrer Brust an seiner Brust spüren kann. „Na, das stimmt aber nicht ganz!“, flüstert er ihr, so laut wie es sein muss, ins Ohr. Marian rechnet fest damit, dass sie sich von ihm löst und auf Nimmerwiedersehen verschwindet. Doch das tut sie nicht. Stattdessen legt sie ihre Hand ebenfalls auf seinen Rücken. Erleichterung macht sich in ihm breit. Er nimmt den Kopf leicht nach hinten und drückt ihr einen leichten Kuss auf die Wange. „Tut mir leid. Ich konnte nicht anders.“, flüstert er ihr sofort entschuldigend ins Ohr. „Schon okay!“, antwortet sie. „Es war nicht unangenehm!“, fügt sie nach einer kurzen Pause hinzu. Sie bringt diesen Satz heraus, als sei es ein lauter Gedanke, der eigentlich für niemanden bestimmt ist. Marian nimmt den Kopf wieder zurück, schaut ihr ein wenig erstaunt in die Augen und versucht darin abzulesen, ob ihr Kommentar ernst zu nehmen ist. Zum allerersten Mal fallen ihm ihre hellen Augen auf, die in einem starken Kontrast zu ihrem braunen Haar stehen. Er lächelt sie an. Sie erwidert sein Lächeln. Langsam nähert er sich ihren Mund. Beobachtet ihre Reaktion aber genau. Sie scheint den Kopf nach oben zu neigen. Marian nähert sich weiter und auch Melissa kommt ihm ein Stück entgegen, bis sich ihre Lippen ganz leicht berühren. Marian sieht ihr nochmal in die Augen. Melissa schließt sie langsam. Ihre Lippen berühren sich wieder, diesmal intensiver. Vorsichtig berühren sich ihre Zungen. Dann intensiver, als das Lied langsam ausklingt.

Als das Lied zu Ende ist, stehen beide ein wenig verlegen voreinander. „Ich muss zurück!“, sagt sie plötzlich, als wolle sie nichts anderes, als nur irgendwie heraus aus dieser Situation und macht sich direkt auf den Weg. Gerade eben kann er noch ihre Hand packen, um die Tanzfläche mit ihr Hand in Hand zu verlassen. Er muss sich aber ranhalten, um sie nicht zu verlieren, da sie die Geschwindigkeit einer Flucht aufgenommen hat. Als sie wieder an der Bar angekommen sind, dreht Melissa sich zu ihm um und sagt: „Du, Marian, sei mir nicht böse, aber ich bin mit meiner Freundin hier!“ „Okay!“, versteht er sofort und kann auch mit viel Mühe seine Enttäuschung nicht verbergen. „Wenn du willst, kannst du mir deine Telefonnummer geben, dann ruf ich dich mal an.“ „Kein Problem, gibst du mir auch deine? Du rufst mich nämlich eh nicht an.“, erwidert er lächelnd. „Ich ruf dich an und du wirst staunen, ich rufe dich nämlich direkt morgen an. Ich kann dir meine aber trotzdem geben.“, antwortet Melissa und scheint beleidigt über Marians Kommentar. Marian geht zur Bar und bittet den Barkeeper um einen Kugelschreiber. Er teilt einen Bierdeckel in zwei Hälften, schreibt auf der einen Hälfte seinen Namen und seine Telefonnummer und gibt Melissa anschließend die andere Hälfte und den Kugelschreiber. Auch sie schreibt ihre Telefonnummer auf den halben Bierdeckel und gibt dem Barkeeper anschließend den Kugelschreiber zurück. Beide tauschen die Bierdeckel aus. Marian nutzt die Gelegenheit nochmal ihre Hand zu berühren. Er beugt sich nochmal zu ihr rüber und sagt ihr ins Ohr: „Vielen Dank für den Tanz und vor allem für den grandiosen Kuss. Ich wünsche dir noch einen schönen Abend und freue mich auf deinen Anruf.“ Er denkt darüber nach ihr noch einen Kuss auf die Wange zu drücken, dann verlässt ihn aber der Mut und er lässt es bleiben. Er wendet sich ab, dreht sich nochmal nach ihr um und lächelt sie an. Sie erwidert nicht, sondert sieht ihm nachdenklich nach. Ihr Gesichtsausdruck sagt so viel aus wie „was ist denn da gerade passiert?“.

Wieder wird er von seinen Freunden jubelnd empfangen. „Das war ja mal ´ne Schulfreundin!“, sagt einer. „War es auch!“, antwortet er genervt, da er zu wissen glaubt, dass man ihm nicht glauben wird. „Natürlich!“, erwidert ein anderer ironisch und klopft ihm dabei auf die Schulter. „Gib’s zu, die war doch bestellt für uns!“, behauptet ein weiterer lachend. „Mein Gott, es ist ´ne alte Schulfreundin, mit der ich eben getanzt habe und den Kuss gab’s umsonst. Den brauchte ich nicht zu bezahlen. Geht doch hin und fragt sie!“, antwortet er genervt.  Sein Blick wandert nochmal zu Melissa, auch sie schaut zu ihm herüber, wendet ihren Blick aber sofort ab. „Aber der Kuss war grandios, dass muss ich zugeben.“, murmelt er nachdenklich, ohne seinen Blick von Melissa abzuwenden. Gedankenverloren beobachtet er wie ihre braunen Locken zur Seite fliegen, als sie ihren Kopf schnell in die Richtung eines Mannes dreht, der sie offensichtlich gerade anspricht. Er wundert sich über die aufkeimende Eifersucht, die er in seinem Magen spürt. „Was?“, fragt einer seiner Freunde und reißt ihn damit aus seinen Gedanken. „Den gab’s bestimmt der alten Zeiten wegen.“, sagt er nachdenklich, guckt seinen Freund an, der ihn die ganze Zeit fragend ansieht. „Was?“, fragt er nochmal. „Ist egal, ich muss erst mal auf’s Klo!“, sagt er und beginnt sofort damit seinen Weg durch das Gedränge zu bahnen. Zwei seiner Freunde sehen ihm zunächst verwundert nach und sich anschließend verwundert an. „Was hat er gesagt?“, fragt der eine. „Irgendwas von grandiosem Kuss und dann was von alten Zeiten!“, antwortet der andere.

Nach geraumer Zeit kommt Marian an der Stelle vorbei, wo er vorher mit Tobias den Tanz von den beiden Frauen erzwungen hat. Plötzlich stellt Tobias sich ihm in den Weg. „Wie hast du das wieder gemacht?“, fragt er ihn, fast vorwurfsvoll. „Sag mal, gab’s hier ´ne Durchsage ‚Alle mal zur Tanzfläche gucken, Marian ist am knutschen‘?“, fragt er Tobias genervt. „Nö, oder hast du eine gehört?“, fragt er ihn lässig. „Nee, ich bin erst in helle Augen gefallen und dann war ich mit knutschen beschäftigt, da konnte ich alles andere nicht mehr wahrnehmen.“, antwortet er großspurig und kann endlich wieder lachen. „Und? Wie geht’s jetzt weiter mit euch!“, fragt Tobias. „Wohl gar nicht!“, antwortet er mit niedergeschlagenem Unterton. „Warum nicht?“ „Sie hat mich eben abgewimmelt, weil sie mit ihrer Freundin hier sei.“ „Das kennt man, ich habe die Freundin von meiner, die du nicht wolltest, eben an einen anderen Typen vermittelt. Hast du ihre Telefonnummer?“ „Gut, dass ich die von eben nicht wollte, sonst wäre mir dieser Kuss entgangen. Telefonnummer habe ich und sie hat meine. Sie hat zwar versprochen, dass sie mich morgen anruft, aber du kennst das ja mit den Mädchen, die dir versprechen dich anzurufen.“ Er macht eine Pause, sieht in die Richtung, in der er Melissa das letzte Mal gesehen hat, kann sie aber nicht mehr entdecken. „Bei uns ist das noch ein bisschen komplizierter, wir kennen uns nämlich schon ein bisschen was länger, wir sind nämlich zusammen zur Schule gegangen.“ „Aha! Also hattet ihr vorher schon mal was miteinander?“, fragt Tobias. „Ach was, keine Spur. Ich bin selbst überrascht, was hier eben passiert ist. Ich muss jetzt zum Klo, sonst mach ich mir in die Hose!“, während er das sagt, macht er sich schon fast auf den Weg. „Aber den Trick wie du sie rumgekriegt hast, verrätst du mir noch!“, ruft Tobias ihm hinterher. Marian dreht sich nochmal um und antwortet: „Da gibt es keinen Trick. Ich mach das mit Charisma.“ Beide brechen in lautem Gelächter aus.

Am nächsten Morgen wird Marian mit einem lauten Brummschädel wach. Es war doch länger geworden, als zunächst gedacht. Melissa hat er an diesem Abend nicht mehr gesehen. Was komisch ist, da die Diskothek nicht besonders groß ist. Mühsam schleppt er sich auf die Couch und lässt sich die Erlebnisse des gestrigen Tages nochmal durch den Kopf gehen. Fröhlich wird er von Polly, seinem Wellensittich, mit lautem Gezwitscher empfangen. Die Schrillen Töne wirken wie laute, vibrierende Glockenschläge in seinem Kopf. Nach der ersten Zigarette beginnt er vorsichtig sich einen Kaffee zu kochen. Während der durch die Maschine läuft, begibt er sich auf wackeligen Beinen ins Bad. Er bespritzt sein Gesicht mit Wasser, in der Hoffnung das würde ihm Linderung verschaffen. Das ist nicht der Fall. Er betrachtet sich noch einige Zeit im Spiegel. „Marian, jetzt hast du Kacke gebaut. Jetzt hat´s dich nämlich erwischt. Aber volles Brot.“, murmelt er zu sich selbst. Er macht sich auf den Weg zurück ins Wohnzimmer, nimmt im vorbeigehen eine Tasse Kaffee mit und lässt sich auf seine Couch fallen.  Nachdenklich nippt er aus der Kaffeetasse. Plötzlich springt er auf und wühlt wie ein Verrückter in seinen Anziehsachen, die er gestern, nach dem Betreten seiner Wohnung, in der ganzen Wohnung verloren hat. Endlich und sichtlich erfreut hält er sein Handy in der Hand. Er verfasst eine SMS: „Guten Morgen, wenn du wach wirst, melde dich mal. Mir ist gestern was Schlimmes passiert!“ Er schickt die SMS an Jan. Einen guten Freund, der gestern nicht mit in der Disko war. Kaum hat er sein Telefon auf den Wohnzimmertisch gelegt und sich mit seiner Kaffeetasse wieder auf seiner Couch zurückgelehnt, als das Handy schon klingelt. Auf dem Display erkennt er, dass es Jan ist. Er nimmt ab und wird von Jan mit den Worten begrüßt: „Was ist, hast du einen Unfall gehabt?“ Jan hat dabei einen Hauch von Panik in der Stimme. „Nein, schlimmer, ich glaub‘ mich hat´s erwischt.“, antwortet Marian. „Was hat dich erwischt?“, fragt Jan. „Ein Mädchen!“ „Ach so!“, sagt Jan erleichtert. „Richtig schlimm?“, fragt er noch. „Ich befürchte doch!“, antwortet Marian. „Okay, ich komme nachher mal vorbei. Aber das dauert noch, Laura ist noch hier und wir liegen noch im Bett. Ich habe nur direkt angerufen, weil ich dachte, das was wirklich Schlimmes wäre.“, sagt er. „Jan!“, Marian macht eine Pause, „Das ist wirklich schlimm! Du wirst erst mal aus allen Wolken fallen, wenn ich dir erzähle um wen es geht.“ „Warum, kenn ich sie?“ „Ja! Aber das erzähle ich dir dann alles nachher genau!“ Beide verabschieden sich und beenden das Telefonat.

Jan bemerkt schon vom unteren Treppenabsatz Marians Gemütszustand. „Au, au, was ist, brennt der Helm?“, fragt Jan, während er die letzten Stufen zu Marians Wohnung zurücklegt und kann seine Schadenfreude nicht verbergen. „Ja, das auch, aber das ist nicht das schlimmste!“, antwortet Marian, der noch immer mit der Shorts und dem T-Shirt bekleidet ist, die er gestern in der Disco als Unterwäsche getragen hat und in denen er dann auch eingeschlafen ist. „Hast du nicht mal geschafft dich anzuziehen?“, fragt Jan, während er ihn begrüßt. „Ich hab´ gehofft, die Sachen würden noch nach ihr riechen, aber dafür war der Kontakt wohl zu kurz.“, antwortet er scherzhaft. Jan sieht ihn erstaunt an und fragt: „Was, so weit ist es gegangen, dass deine Unterwäsche nach ihr riechen könnte?“ „Ach nein, war nur´n Spruch!“, antwortet Marian schnell. Beide betreten das Wohnzimmer. Auf dem Tisch liegen nur wenige Dinge. Ein Aschenbecher, Zigaretten, ein Feuerzeug, ein Handy und ein halber Bierdeckel. Jan lässt sich in den Sessel plumpsen, während Marian es sich auf der Couch bequem macht. „Erzähl!“, befiehlt Jan. „Also, wir waren ja gestern wieder alle unterwegs. Erst wollte ich ja nicht mit, aber jetzt bin ich froh, dass ich doch mitgegangen bin, sonst hätte ich nämlich einen sagenhaften Kuss verpasst.“, beginnt er zu berichten. Jan sitzt gebannt im Sessel und hört ihm zu. „Tja, dann habe ich da jemanden stehen sehen, den ich kannte. Sag mal ‚Hallo‘, dachte ich so. Bin dann hin und hab´ ‚Hallo‘

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 02.11.2019
ISBN: 978-3-7487-1946-5

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Widmung:
Diese Geschichte ist reine Fiktion. Sollten sich Personen wiedererkennen und falsch dargestellt fühlen, ist das reiner Zufall.

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