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in Gedenken an

Schneeflockenlocken


(C) Matthias Boner


* Schneemannsblut *

Geronnen dein Blut
In die Bäche der Erde
Wir trinken daraus
Auf dass wohler uns werde

Geronnen dein Blut
In die Ströme der Tränen
Wir trinken darauf
Auf zerronnene Pläne

*

Geronnen die Zeit
In unendliche Weiten
Ein Sandkorn darin
Wird den Weg uns wohl leiten

Gerannt in die Zukunft
Ist, was einst mal war
Um wieder zu kommen:
Das ist doch wohl klar!

* Spiegel aus Schnee *

Wer ist die Schönste
Wer ist nur Schnuppe
Nur duftende Puppe
Nach Apfel und Zimt

Wer ist die Schönste
In ihrem Kleide
Aus schneeweißer Seide,
das Herzen entflammt

Wer ist die Schönste
Dieser Galaxis
Auch parallel noch
Der Welten um uns

Wer ist die Schönste
Beste und schlauste
zierlich gebauteste
Schneekönigin


* Eis am Stiel *

Ich schleck dich weg
Vom hölzern’ Fleck
Und lass dich rein
In Mundes’ Heim

Zerfließen tut
Zart unter Haut
Auf Zunge fein
Dein köstlich’ Sein

Es ist ein Spiel
Und ein Genuss
Bis du zergehst
In kühlem Kuss

Die Zunge bebt
Und in mir lebt
So manch’ Gefühl
An manche Lust


Dein Stiel, er lebt
Erlebt viel mehr
Doch du fehlst mir
Auf ewig sehr

Erinnerung
An dieses Eis
So lecker war’s
Und auch so weich

Sie bleibt mir doch
Und lebt hinfort
Mein erster Kuss
Mein erstes Wort


* Schneeflockentanz *

Geboren dort oben
In Wolken so weiß
Beginn‘ ich zu leben
Und lern' lieb und leis‘

Mit hauchzarten Tänzen
Die Luft zu verführ'n
Und zwischen den Teilchen
All das zu berühr'n

*

Was ganz ohne Masse
Die Traumwelt durchzieht
Hier oben, wo Weisheit
Zu Wolken aufblüht

Und wenn es denn wahr ist
Was man so erzählt
Bin ich aus dem Haare
Von Eva geschält

*

Die süßeste Flocke
Des weißesten Schnees
Ich aus deinen Augen
Was herzwärts ist les‘

Du willst mich da haben
Drum flieg ich da hin
Auf dein hocherhabenes
Fliehendes Kinn

*

Du siehst mich dort landen
Du lässt es gescheh’n
Dass ich dich liebkose
Minuten vergeh’n

Ich bleib' da frech liegen
du strahlst mir so froh
bleib’ mittig im Herzen
Dein schneeohrig’ Floh

*

So zart wie ein Windhauch
So innig wie nie
Vertraut wie sonst keine
Hab' ich dich so lieb

Drum wird mir wohl wärmer
Ich schwärme mit dir
Zergeh‘ auf der Haut, in die
ich mich verlier'

*

So leb‘ ich denn weiter
Tief unter der Haut
Erfreu' ich dich heiter
Bin dir wohl vertraut

Wie kein andres Wesen
Es jemals vermag
Verweil‘ ich im Herzen
Bis zum Flügelschlag


... in die Zukunft


* Unter Eis *

Noch bin ich nicht tot
Noch tut alles weh
Oh helf‘ mir ein Gott
Ich lieg unter Schnee

Und fühl mich da gut
Geborgen im Eis
Oh Flocken, oh kommt
Über mich so ganz weiß

*

So gar nicht mehr da
Gebettet in Schnee
die Haut bebend kalt
So fernab von Tee

Oder wohligem Heim
Bringen Tränen mich um
Einen Schneeball aus Stein
Werf‘ ich auf diesen Turm

*

Der Lichtblick will sein
Doch blendet mich nur
Bleib lieber allein
Und verlassen im Flur

Begraben hier unten
Zerquetscht unter Eis
Betreten von Füßen
Die Spuren noch heiß

*

Doch ich lieg darunter
Für jeden ein Spaß
Ist Schnee und ist Winter:
Auf den ist Verlass

So werde ich halt kälter
Und friere hier fest
Ach Winter, bleib ewig
Mir Schutz und mir Nest

*

Doch nichts währet ewig
Geschworen darauf
Mein eiskalter Leichnam
Taut langsam nur auf

Erfroren im Winter
Noch bin ich nicht tot
Die Kälte im Herzen
Oh, hauch nur ein Wort


* Schneeflocken locken *

Die Schneefrauen
Schauen nach dem
Traumhaft
Weißen Kleide

Die Schneeschauer
Lauern auf die
Frauen in
Weißer Seide

*

Mit schneeheißen
Locken wollen
Sie mich wohl
Umwerben

Auf schneehohen
Sohlen wollen
Sie mir
Lieber werden

*

Mit Schneeflocken
Locken sie mich
In die
Weiße Wüste

Mit schneewehend
Weitem Ausschnitt
mich die
Muße küsste

*

Weiblich die
Weise, wie der
Winter mich
So anzieht

Sanft wie der
Hauch einer
Flocke in mich
Einzieht

*

Schmelzend und
Hin und weg und
Wieder neu
Berührend

Prachtvoll wie
Seide dein
Erscheinen
Feuer schüren

*

Lichterloh
Leicht steht die
Zeit durch dich
In Flammen

Traumtänzelnd
Weich küss ich
Dich auf
Nasse Wangen

* Am Lagerfeuer hockend *

Die Kälte da draußen
Ist kaum zu ertragen
Doch wagen wir wieder
Im Freien zu lagern

Wir werden uns wärmen
Mit Worten und Bier
Mit heißen Gedanken
Vom Jetzt in das Hier

*

Was fehlt, ist ein Feuer
Das Holz ist schon da
Wir warten auf Funken
Und geben sie ein

Hinein in den Reisig
Wir pusten wie wild
Und werden belohnt
Mit Rauch, der uns quillt

*

Ja, ist das zu fassen
So heiß wie es ist
Ist’s nur kurz zu streifen
Zu fassen ist’s nicht

Wir lagern ums Feuer
Und lungern herum
Wer jetzt nicht zu uns kommt
Der friert und bleibt dumm

*

Kommt her zu dem Feuer
Gemeinsam wird’s schön
Warm und gemütlich
Um Hände und Zeh’n

Um elf wird es wärmer
Vor Lachen und Wein
Und lautem Gegröle
Von Schein und von Sein

*

Im Scheine des Feuers
Scheint alles so hell
Hier drinnen im Herzen
Der Glut und ich will

Für immer hier bleiben
Mit euch und mit mir
Mit Rauch und mit Feuer
So geht das bis vier

*

Um vier geht die Suche
Nach Brennbarem an
Denn niedergebrannt wird
Das Feuer bald sein

So suchen wir alle
Das letzte Stück Holz
In unsrem Kopfe
Und spenden es stolz

*

Dieser Gemeinschaft
Die wir hier sind
Belächeln das Leben
Wie damals als Kind

Das Feuer gefangen
In glühender Brust
Geschürt das Verlangen
Nach Leben und Lust

*

Am Morgen die Sonne
Vertreibt letzten Schmerz
Im Herzen das Leben
Und bald ist schon März

So treiben die Zeiten
Des Lebens dahin
Entfacht ist das Feuer
Mit Glut und mit Sinn

* Eis *

Ich gebe dir mein Leben
Zur weiteren Verwendung
Verschwende es wenn nötig
Doch besser wär’s wenn nicht

Ich hoffe, dass du Halt gibst
Mir und meinem Leben
Meinen plumpen Füßen
Einen Weg zum Gehen

Brech’ nicht dein Versprechen
Dass du mich ertrügest
Wie ich dir auch komme
Sei mir wohlgesinnt

Glatt und sanft die Haut dein
Spiegelt das Gesicht mein
Fahr dir über Flächen
Wo noch niemand war


Letztes Jahr noch lang nicht
Traumhaft nur geboren
Das, was du jetzt darstellst
Auf kaltem Gebein

Wird es nicht lang geben
Schönheit ist vergänglich
Kühl erträgst du alles
Bis die Schale bricht

Dann verschlingst du Leben
Wirst zu einem Monster
Schwarz auf weis die Nachricht,
die von Trauer spricht

Du seihst Schuld an vielem
Weis bekleidet Leib


* Rutschgefahr *

Da!
Seht her!
Ein Berg!
Und der erste Schnee!

Siegessicher
Wackelt schon
Der erste Autofahrer

Mit sehr viel Schwung
Weil er ihn braucht
Den steilen Berg hinauf

So tanzt es wild
Profil wie Sand
Die Fahrspur längst verlor’n


Es dreht sich keck
Am Rad das Heck
Und Flüche wer’n gebor’n

Und … flopp: Schon hängt
Die Karre fest
Verankert tief im Schnee

Als Zaungast hier nur
Zusehend, sag ich:
„Ach, is’ das schee!“

*

Und, huch – da kommt ein Laster
Mit wildem Tempo rast er
So unbedacht und fröhlich
Den halben Berg hinauf

Um dann schnell einzusehen
Dass eine Hand am Lenkrad
Wohl eine Hand zuviel ist
Um schwebend rauszugeh’n

So greift er beide Hände
Und schlittert in den Wagen
Der da ungünstig parkte
Mitten im weißen Land

So sind es schon mal zweie
Die da friedvoll verharren
Die Fahrer dieser Haufen
Aus Reifen und aus Blech

Sind weniger zufrieden
Mit dem, was sie geleistet
Doch während sie so zanken
Naht schon der dritte Held


*

Er naht auf nur zwei Beinen
Und will den Berg bezwingen
Doch war er in der Lehre
Nicht bei Messner Reinhold

So hat er keinen Haken
Dabei, um ihn zu schlagen
So hat er nur den Willen
Und der allein reicht nicht

Das muss er bald erkennen
Und weiß, er wird erwartet
In fünf Minuten Essen
Sonst schimpft ihn seine Frau

Sie wird ihn wohl nicht schimpfen,
wenn er heut nicht mehr käme
weil er keine Ausrüstung
zum Bergeklettern hat


*

Ach, ließe sich die Szene
Noch lange weiterspinnen
Doch ist es kein Gespinne
Gestöbert aus der Zeit

Die ich zu Haus verbrachte
So grinsend froh betrachtend
Was draußen im Gestürme
Sich alles abgespielt

*

Gegrinst habe ich nicht mehr
Als dieses Motorrad
Einfach übersehen
Vom Auto überrollt

Fahrer blutend liegend
Schnee ist keine Hilfe
Sanker wollte auch nicht
Den steilen Berg hinauf


* So weis *

So weis
Weißt du, Eis
Ist das Kleid
An deinem Leib
Oft gar nicht

Äußerlich
Vielleicht ja doch
Innerlich
jedoch
noch nie


*

so weiß
weißt du, Eis
ich vom Leid
in deinem Leib
zu vieles

braun gefärbt
durch Abgasluft
Deo
Dieser
Großstadtgruft

*

so leis’
weißt du, Eis
knirschgescheit
schreitet Zeit
weiter noch
als

* Sterne wie Flocken *

Sie erzählen dir
Von mehr als hier
So vielfältig
Gekrümmt in Falten

Gelegt in Ketten
Kleiner Theorien
Wollen wir ihnen
Unsre Kleider anziehen

Doch sie lassen uns
Nicht an der Weisheit Quell
Und noch immer nur ahnend
Fliegt die Zeit uns zu schnell

Wir hinken dahinter
Und sehen hinauf
So viel unerfragtes
Im Sternschnuppenlauf


Wir sehen die Flocken
Ein Abbild davon
So tanzend in Reigen
Zerfließender Lohn

Doch uns genau richtig
So zeigt es doch auch
Was aus Sternen würde
Nähmen wir sie zum Kauf

Sie rieselt hernieder
Die zudeckend’ Pracht
Und will uns erweisen
Die weiseste Nacht


* Überzahl *

Kannst du sie zählen?
Auf sie?
Mit Gebrüll?

In der Überzahl sind sie
Die Lebensweißer
Und sie flocken


* Eisakrobat *

Tanzen durch die wirre Welt
Aus Flocken und aus Locken
Ist dein Lebenselixier
So lebe deinen Traum

So glatt kann nur Gefühltes sein
Dass schlitternd man vorankam
Niedersinkend in den Schnee
Auf Knien ihn betören

So seh’ ich dich tagein tagaus
Im lustigen Getümmel
Aus Flocken, die die Welt bedeuten
Dir, der du sie spürst

Dein Tanz darauf ist mehr darin
Als man in Liebe könnte
Gefühltes Glück breitet sich aus
So cool, wie du hier springst


Ein Wirbel noch zum Himmel hoch
Noch eine Pirouette
Schraub sie in die Hoffnung rein
Damit du ankern kannst

Behab’ dich wohl inmitten Schnee
Und Eis und auch Gestöber
Ich seh’ so sehnsüchtig auf dich
Was Eis dir alles ist

Du springst geschwind wie Wirbelwind
Auf Abenteuerreise
Und brichst dir dabei gar nichts ab
Verschont vom Engelseise


* Schutzengelseis *

Wer beschützt die Kinder
Die so vielen Schneegefahren
Ausgesetzt sind und natürlich
Sich auch selber gern aussetzen?

Wer beschützt die Reifen
Die begreifen ihre Reise
Und sich in die Massen drücken
Auf dass alle hier begreifen?

Wer beschützt die Herzen
Die im Winter manchmal frieren
Und sich sehnlicher nichts wünschen
Als alleine nicht zu liegen?

Wer beschützt Gesundheit
Die im Kampf um Tod und Leben
Manche Bauernopfer opfert
Für den krankheitslosen Tag?


Wer beschützt die Tiere
Die wir unbestritten opfern
Für so manche gute Spritze
Die wir oft so gar nicht wollen?

Wer beschützt die Erde
Vor den Folgen manchen Wahnsinns
Den wir doch kaum begreifen
Doch mit dem wir dennoch spielen?

Wer beschützt die Götter
Die wir zweifelsfrei vermarkten
Als die Schöpfer unsres Schicksals
Schlag auf Schlag im Trauerflor?

Wer beschützt Gefühle
Vor den kältesten Gedanken
Ist überall zugegen
In dieser Jahreszeit?


*

Der Frühling ist verpflichtet
Zu suchen sich sein eignes
Wesen, das beschützt uns
Auf Flügeln einer Zeit

Die wir kaum begreifen
Die wir doch nur streifen
Dennoch sie beschreiten
Betreten und bereit


* Vereiste Liebesquelle *

Kalt, sagst du,
sind meine Finger
mit denen ich
dein Herz berühr’

Kalt, sagst du,
bin ich geworden
oder auch wir?
Wer weiß das schon?

Kalt, vereist
Ist jede Träne,
von der ich will,
dass du sie trinkst

Doch kalt, ja kalt
Ist sie geworden:
Die Quelle,
wo die Liebe quillt


* Vereiste Träne *

So gern hätte ich dich geweint,
denn mir liegt soviel daran,
dass du weißt, wie es mir geht
ich so es dir nicht zeigen kann

So gern hätte ich dich geweint,
du Träne, die im Auge schwimmt
so liebend gern allen gezeigt
wie sehr mich alles überkommt

doch diese Kälte
hält sie fest
erstarrt zu purem Eis

so durchsichtig und
glatt sie glänzt
es bebt in mir ganz leis’

ich wüsste gern
so viel von ihr
gehört ja schließlich mir

doch durchsichtig
wie sie ja ist,
ich sie wohl niemals seh’

so nahrhaft
mit viel Salzgehalt
von einem reinen Herz

so bitter
ist ihr Nachgeschmack
von festgefror’nem Schmerz

sie juckt und
kratzt bei jedem Blick
in diese heile Welt

doch steckt sie
da, wo sie ist, fest
treibt Nägel für ein Zelt

Der Nagel hält,
durchrammt das Herz
das Zelt hält allem stand

die Erde bebt,
ein frischer Wind
durchzieht mein Seelenland

doch mittendrin
die Träne hält
zurück, was mich befällt

noch stur vereist
und niemals frei
in letzten Dreck sich krallt


die Träne
jetzt wo Frühling wird
so langsam sie doch taut

ich frisch verliebt
neu Liebchen küss’
sie schmilzt und sich anstaut

JETZT NICHT!
Will ich sie halten fern
Doch reißend ist die Flut

Die mich ganz
Plötzlich überkommt
Mit Schmerz und tiefster Wut

Die Träne
Jetzt auf ihrem Weg
Dem Schicksal sie wohl dient

Verwirrt,
doch nun auch tröstend
ist die Brust, an die ich flieh’


* Kalt ist mir nun *

Kalt ist mir nun
So ganz alleine
Verlassen
In der Einsamkeit

Ich finde dich
So hübsch und grübelnd
Allein wie ich
Auch dir ist kalt

*

Kalt ist mir nun
Ach, lass uns quatschen
Die Zeit vergeht
So schneller dann

Und auch die Kälte
Wird dann viel wärmer
So warm,
wie ein Gespräch sein kann

*

Kalt ist mir nun
Willst du mich wärmen
Wir könnten uns
An Händen halten

Das wäre dann
Rein nur zum Wärmen
Ohne groß
Gefühl zu haben

*

Kalt ist mir nun
Willst du mich herzen
Umarme mich,
so wird mir warm

Ja, so ist’s gut
So wird mir wärmer
Du willst mich küssen?
Mann, hab ich Charme!

*

Kalt ist mir nun
Geh’n wir nach Hause
Wo’s wärmer ist
Und nichts mehr friert

Denn hier zu steh’n
Und zu versinken
Regt sich so viel,
was heißer wird

*

Kalt ist mir nun
Unter der Decke
Ich weiß, dass Reibung
Wärme gibt

Das wäre dann
Rein nur zum Wärmen
Ohne dass
Da mehr drin wär’

*

mir ist so heiß
komm, lass uns baden
in einem Teich
von kaltem Eis

dann abgekühlt
gehen wir weiter
als wir denn vorher
jemals war’n


* Meerüberquerung *

Ich steh am Ufer
Und will zur Insel
Wo noch niemand
vor mir war

so früh am morgen
will ich es wagen
hinüberschreitend
an diesem Tag

*

es ist so kalt hier
und auch so glatt
so weit die Augen
seh’n sie nur Eis

Beginn’ die Reise
Eis übertänzelnd
Wie ein Schneekönig
Der manchmal fällt

*

nun denn: ich übe
und ja: ich meister’
weil ja die Übung
sehr meisterhaft

so knall ich nieder
erhobnen Hauptes
schlitter’ ich weiter
immer voran

*
hin zu der Insel
die ich erspähte
und die noch niemand
vor mir sah

so überquere
ich die Meere
voller Freude
der Blick so klar


*

doch dann beginnt die Sonne auf das Eis zu scheinen
und das Eis beginnt darüber gar warme Tränen zu weinen
Es ist ein Knistern und ein Zittern, eine Wallung voll Gefühl
Und ich ahne schlimme Zeiten, da wo ich jetzt grade bin

Ja, ich muss mich jetzt wohl sputen, denn zur Eile ist geboten
Denn es schwitzt und weint die Fläche, über die ich grade gehe
Waren knisternde Geräusche und Gekrächze noch Vorboten
So ist Knacken so ein Zeichen, wegen dem ich gottwärts flehe


*

„Bitte, lass mich heil bestehen,
diese Reise nach da draußen
auf die Insel meiner Träume
die nur ich allein kann sehen!

Bitte, lass mich sie schnell finden
Denn zur Eile ist geboten
Lass die Sonne sich verdunkeln
Und nicht alles überfluten!

Ach, du weißt nicht, wer ich bin?
Ich bin doch der, der …na ja mit Acht
Mal ein Gebet für den Lehrer gelernt hat
Und der sagte, das Gebet sei für dich.

Also, ja. Kennen müsstest du mich noch
Du hast doch so ein gutes Gedächtnis
Oder? Aber, so wie ich die Sonne seh’
Hörst du grad nicht mir zu oder bist verreist.“


Jedenfalls nicht vereist
Also schnell
Hurtig weiter
Immer weiter
Immer schneller
Immer nasser
Immer glatter
Immer dünner

Immer lauter
Immer ferner
Immer toter
Immer ärmer
Immer schlapper
Auf dem Wasser
Und mein Mut
Wird langsam blasser


Ich kann nicht mehr
So leid es mir tut,
aber vorhin war da doch
ne Insel da

wo ich jetzt steh
wo ist sie hin?
Ich steh so dünn
Im Wasser drin

Huch!
Jetzt
Nicht
Bewegen

Es knarzt schon sehr
Und ich hör
Schon das Wasser
Drunter plätschern


Lustig lachen über mich
Den dummen Spinner,
der wie Jesus
auf dem Wasser möchte geh’n

Doch da! Unter dem Eis!
Ein Brett schwimmt mir entgegen
Entgegen aller Logik
Spring ich ihm flink entgegen

Und krach! Und spritz!
Es bricht das Eis
Doch ich lande
Am Ziele

Ich stehe drauf
Auf diesem Brett
Vorm Kopf nicht:
Unter Füßen


Ich bin zwar nass
Doch leb’ ich noch
Und schau
Lächelnd nach oben

Dort oben
Noch die Sonne scheint
Sie lächelt
Munter tobend

Und ich hab meine Insel nun
Für mich nur ganz alleine
So segle ich die Welt um nun
Auf meinem Brettchen kleine

Und wem dies Ende nicht gefällt
Soll sich sein eignes zimmern
Besser Bretter vor Füßen, als
Zu schlafen in ihnen für immer


* Tropfen … weise Reise *

Ein Tropfen
Wollte aus der Rinne
Heruntertropfen

Doch eh er sich versah
War seine Masse starr

Der Tropfen
Lebt nun weiterhin
Herunterdenkend

Auf diese kalte Welt
Was ihm alles missfällt

„Ach wär’ es
Hier doch nicht
So kalt!“
Der Tropfen denkt sich munter


Das wärmt sein Herz
Und eh’ er’s spannt
Schon purzelt
Er herunter

Und kriecht dahin
Auf hartem Schnee
Er sucht
Nach einem Schlupfloch

In das er sich
Verkriechen kann
Und ja:
Da ist ein Fuchsloch!

Er kriecht drauf zu
Drei Schritte noch
Dann hat
Die lange Reise


Ihr Ziel erreicht
Doch eh' es reicht
Die Sonne
Wärmt uns leise

Der Schnee, er schmilzt
Und in ihn taucht
Nun auch
Der kleine Tropfen

Der fest gefroren
War allein
Kann nun
Aus vollem Schöpfen

Ein Teil des Ganzen
Kuschelig eng
Tanzen die Tröpfen Reigen

Und schmusen sich
In wärmre Zeit
Seht! Knospen an den Zweigen

Husch! Schnell
die Tröpfchen sickern ein
In aufgetaute Erde

In der sie bald
Schon aufgesaugt
Zu Wurzelnahrung werden

Verspeist von netten
Wurzelwesen
Wandert unser Tropfen

Nun fröhlich
Einen Baum hinauf
Und kann auf vieles hoffen

Zum Beispiel,
dass er eines Tags
ein Teil ist einer Birne

Die fällt dann – flupp –
Frank, fromm und frei,
’nem Dichter aufs Gehirne

der beißt hinein
und schmatzt gar sehr
der Saft läuft ihm schon über

Kinn und Wange
Unser Held
Kleckert so auf die Füße

Getragen wird er
Nun sehr weit
Hinein in eine Stube

Da nimmt ihn dann
Das Hundchen süß
Unter die Zungenlupe

Wohin die Reise
Ihn noch bringt
Bleibt mir nun doch verborgen

Vielleicht gelingt
Es dir ja doch
Dies Rätsel zu beleuchten?

*

der Platz, der leer hier
noch erscheint
ist voll von
Phantasien

Die du dir
Auf der Reise machst
Die dich ins
Traumland hinzieht


Rein

Rhein


Tropf

Glucker


Rinn

Raus


Saal


Saale


Schale

* Winterende *

Wie schön er war,
der Winter
Doch der Frühling
dahinter
Erwartet das Sterben
Und Weinen
von Schneemannsaugen


Wie schön es war,
das Warten
auf die wundervollsten
Arten
Einer Flocke hinterher
zu hechten
Und hinterher
Zu pfeifen


Wie schön sie war,
die Kälte
als Vorwand
oft gewählte
um eng sich zu
verschlingen
und Wärme
sich zu bringen


Ach, wie schön
Wird erst
Der Frühling
Mit dir


* Tulpenkavalier *

Da!
Seht!
Eine rose Tulpe
Schenkt ein Tulpenkavalier
Niemand lieberem als wie nur dir


* Schneemannsblut *

Geronnen dein Blut
In die Bäche der Erde
Wir trinken daraus
Auf dass wohler uns werde

Geronnen dein Blut
In die Ströme der Tränen
Wir trinken darauf
Auf zerronnene Pläne

*

Geronnen die Zeit
In unendliche Weiten
Ein Sandkorn darin
Wird den Weg uns wohl leiten

Gerannt in die Zukunft
Ist, was einst mal war
Um wieder zu kommen:
Das ist doch wohl klar!


* Alle Jahre *

Alle Jahre,
wieder und wieder:
Winter,
und Kinder
frohlocken und lachen
und werfen mit Sachen
mit Wasser drin
und treffen: griiiiiingk!!!
die nützliche Scheibe
in wärmender Bleibe.

Und nun, ohne Scheibe
reibe ich Arme und Beine
und nichts andres bleibt
mir, mich zu wärmen
als Kuscheln mit dir


Nun ja, so sind
Kinder und Scheiben,
Schneebälle, Scherben
letztlich doch wirklich
auch nützlich für was …

Und für was anderes auch,
nämlich für das:

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Impressum

Tag der Veröffentlichung: 02.01.2010

Alle Rechte vorbehalten

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