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Es ist eigentlich ganz einfach zu verstehen.

Man muss nur einen Moment lang wirklich akzeptieren, das es Mädchen gibt, die mit männlichen Genitalien geboren werden.

Und dann stelle man sich vor, wie es ist so zu sein. Man ist erstmal einfach ein Kind. Man wird von den Eltern und Geschwistern wie ein Junge behandelt, aber man kennt nichts anderes, und deswegen stellt man es auch nicht in Frage. Man entdeckt seinen Körper, und man spürt das etwas nicht stimmt, aber es ist dumpf, unbestimmt. Die ersten Lebensjahre vergehen, man hat sich daran gewöhnt, es tut nicht weh, alles in Ordnung. natürlich weis man von klein auf, das man ein junge ist, auch wenn man erstmal keinerlei ahnung hat, was das wirklich bedeutet. man kennt keine rollenbilder und klischees, hat keine konkrete vorstellung davon wie es später sein wird.

Und dann kommt irgendwann der Kindergarten, und viele Jungs und Mädchen. Und man erkennt recht schnell welche Spiele man gerne spielt und welche nicht. Blöde ist nur, wenn niemand mitspielen will. Wenn man die, die mit einem spielen wollen, doof findet. Und die, mit denen man gerne spielen würde, die wollen nicht. Aber kleine Mädchen wollen eben nicht mit Jungs spielen, weil die doof sind.

Also sitzt man Tag für Tag da rum, wenn man es denn aushält. Oder man läuft weg, wenn die jungs mal wieder gemein werden. und immer wieder fragen einen die erwachsenen was denn los sei, und warum man nicht mit den anderen jungs spielen will. und das einzige was einem als kleines mädchen einfällt warum man nicht mit jungs spielen will, einfach weil die doof sind und doofe spiele spielen.

mit etwas glück lassen einen die mädchen sogar mal mitspielen, aber dann kichern sie und tun komisch und man merkt das sie es komisch finden. und so fängt man an, sich von allen zurückzuziehen.

und irgendwann erkennt man, das dieses dumpfe gefühl, das irgendetwas falsch ist, etwas damit zu tun hat. man weis ja von klein auf das man ein junge ist, weil man eben das zwischen den beinen hat und nicht das andere. und man weiss auch das man das andere lieber hätte, haben sollte. man wacht manchmal morgens auf, und es fühlt sich alles so an, als wäre es richtig. und man denkt gott habe einen endlich erhört und es sei vorbei, aber dann fasst man hin und die illusion ist vorbei.

man weiss das alles. aber man weiss genauso, das man ein junge ist, weil man ja das hat und nichts anderes. und daran lässt sich auch nichts ändern. und so erkennt man, das man immer allein sein wird. während um einen herum jungs und mädchen aufwachsen, in die pubertät kommen, kommt noch ein anderes gefühl dazu. man merkt, wie die eigenen arme dicker werden, die hände größer, der ganze körper wird klobiger, haariger, ekeliger. man verliert irgendwann das gefühl für seinen körper, nimmt ihn nurnoch wie eine jacke wahr. vielleicht sieht man irgendwann im fernsehen oder auf der strasse männer in frauenklamotten, bestimmt sogar. aber das bezieht man nicht auf sich. man findet es vielleicht sogar lächerlich und peinlich. man denkt nichteinmal daran, mädchenkleider anzuziehen, weil es einfach peinlich wäre. weil man ja weiss, das man wie ein junge aussieht. und es ist nicht die kleidung, sondern dieses wissen, das einen quält. und es wird immer schlimmer und schlimmer. aber man fügt sich eben in die rolle zu der man von der natur gezwungen wird.

man wächst auf als ein junge, der sich einbildet ein mädchen zu sein. klar. der spiegel bestätigt es ja, das andere ist nur im kopf, also bildet man es sich ein. und so lebt man vor sich hin, tut was man tun muss um zu leben, bis es irgendwann zu schlimm wird. wenn das gesicht anfäng zu jucken, man nichtmehr den kopf aufstüzen oder auf ein kissen legen will, man nichtmehr in den spiegel schauen kann. wenn man sich mehr davor ekelt, sich zu waschen, und anfassen zu müssen, als davor, es wochenlang garnicht zu tun. irgendwann ist es ohne drogen, oder zumindest alkohol nichtmehr zu ertragen.

bis man irgendwann den fehler erkennt. bis man erkennt, das man eben kein junge ist, der sich einbildet ein mädchen zu sein. man erkennt, das es keine einbildung ist, sondern eine tatsache. und das nicht dieses wissen, dieses gefühl der fehler ist, sondern das andere, das sichtbare, das äusserliche. man erkennt, das nicht der körper einen menschen definiert, sondern das bewusstsein, die seele wenn man so will. und irgendwann erfährt man, das es möglichkeiten gibt. man erfährt etwas über hormonbehandlungen, und operationsmethoden, sieht vielelicht sogar ein paar ermutigende bilder. und man schöpft neue hoffnung. und hier setzt dann der betrug ein. denn man muss zuerst beweisen, das man die rolle spielen kann. es wird verlangt, das man erstmal lernt, sich zu verkleiden, zu schminken und die scham und peinlichkeit zu ertragen. die psychiater verlangen das, als beweis dafür, das man es ernst meint. und sie verlangen, das man mindestens ein jahr lang so lebt, tag für tag. und das nur, um zu beweisen das man es auch so meint. und man weiss, es ist die einzige hoffnung den eigenen körper verändern zu dürfen. also setzt man seine freunde und familie und arbeitsplatz und alles aufs spiel, und spielt eben die transe, damit man endlich irgendwann hilfe bekommt. und man sucht kontakt zu transen, weil man ja jetzt auch eine ist. und dann trifft man welche, und merkt das die völlig anders sind. das man mit denen so garnichts gemeinsam hat. im ersten moment hat man mitleid, wenn man welche sieht die älter sind, und viel männlicher aussehen. aber man merkt das die das garnicht stört.
einige haben sich den bart entfernen lassen, aber es geht ihnen darum wie glatt die haut dadurch aussieht, und das sie weniger schminke brauchen. sie haben nie wirklich darunter gelitten das sie haare im gesicht hatten. hochstens darunter, das man sie sieht.
und man merkt wie sie sich verhalten, wie sie reden. und man erkennt, das das wirklich männer sind, die frauen spielen.
sie sind glücklich in ihrem anderssein, zufrieden mit der rolle die sie spielen.
und wenn man den psychiater, von dem man hilfe erwartet hat, fragt, wann man denn nun eine behandlung beginnen könne, wird man bitter enttäuscht. denn die behandlung ist nur hilfe zum rollenspiel. und wenn einen das rollenspiel nicht glücklich macht, bekommt man auch keine hilfe dazu. hormonbehandlung, haarentfernung, operationen. das alles bekommen transvestiten zur erleichterung, wenn sie vollzeit die rolle wechseln wollen.

wenn man aber kein transvestit ist, sondern eine frau, dann macht einen diese rolle nicht glücklich. im gegenteil. und dann sagen sie, man soll erstmal so lange zu einem psychologen gehen, bis man gelernt hat, mit dieser rolle zu leben. aber währenddessen, wird es körperlich immer schlimmer.

und hier endet diese geschichte, denn hier bin ich ausgebrochen. ich hab mir einfach gesagt fickt euch und euren ganzen psychoscheiss, ich bin keine transe und wills auch nicht lernen eine zu sein. ich bin einfach nur eine frau und will ganz normal leben. und nur weil ich nen schwanz hab, heisst das noch lange nicht, das ich jedes affentheater mitmachen muss. also hab ich mir meine medikamente selber besorgt, mit haarentfernung angefangen, da hatte ich auch noch arbeit. ich dachte auch, wir leben in einer so tolleranten gesellschaft. leider habe ich es aus eigener kraft nicht geschafft. und jetzt bin ich irgendwo zwischen allem, sackgasse.

und das alles nur, weil es in dieser gesellschaft völlig normal ist, wenn männer als frauen leben, aber das eine frau mit penis auf die welt kommt, das ist undenkbar.

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Tag der Veröffentlichung: 13.06.2011

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