Grenzgänger - Mondo del d´oro brivido
Die Geschichte einer reifen Frau, Mira, die einem nur unwesentlich älteren Mann,
Thomas, auf ungewöhnliche Art begegnet.
Und Thomas Ehefrau, Claudia.
Die Geschichten dreier, sich bis dato fremder Menschen.
Die aber mehr gemeinsam haben, als auf den ersten Blick ersichtlich.
Mira und Thomas, die aufeinander treffen, um miteinander einen ganz eigenen Weg zu gehen.
Schicksale und eigene Lebensthemen, bis an den Rand der Selbstzerstörung.
Zusammenarbeit zerstört am inszenierten Mobbing und aufgrund fehlerhafter Entscheidungen.
Ihr immer wieder auseinander gleiten, um dann erneut zusammen zu finden.
Andere, für Viele, fremde Welten, gelebte Visionen, oft nahe am Abgrund.
Erlebe die Begegnung zwischen Mira und Thomas.
Ihre Visionen, ihre Spiele, ihre Gefühle.
Intensive Ostertage und zauberhaft romantische Waldschlösschen-Idylle.
Miras zweimalige Flucht aus Thomas Firma und vergeudete Messetage.
Identitäten, die verloren scheinen, um sich dann neu zu formieren.
Begegne der Person Thomas.
Jeder glaubte ihn zu sehen und zu erkennen und sieht ihn trotzdem nicht.
Mira, der ihn erkennt und sieht und gerade dadurch zu seinem größten Feind wurde.
Seiner Ehefrau, Claudia, die sich als Opfer empfindet,
aber der eigentliche Täter ist.
Thomas, dessen Symptomatik, ähnlich eines Stockholm Symptoms,
sich mit dem eigenen Kerker identifiziert und sogar solidarisiert.
Und aufgrund seiner Lebensängste und der Unfähigkeit, sich zu befreien,
die Gefühle zu Mira immer wieder mit Füßen tritt.
Mira, die Hände ausstreckt, Schritte gemeinsam in die Aufarbeitung gehen will.
Thomas lange gegen nicht erkannte Vorurteile, gerade ihn umgebender Personen verteidigt und schützt, für und mit ihm kämpft,
aber immer wieder an der eigenen Ausweglosigkeit scheitert.
Und durch ständige Zurückweisung selbst in den eigenen Rückzug getrieben wird.
Miras innerer Aufbruch, um die eigene Selbstbestimmung zurück zu gewinnen.
Offen für die Möglichkeit einer neuen Begegnung.
Wenn Thomas es schafft, den Sprung nicht nur in die Selbstbestimmung zu schaffen,
Altes und Unbrauchbares zurück zu lassen,
Und unter neuer Anleitung eigene Kerkertüren zu öffnen und Freiheit zu schnuppern.
Und Thomas endgültige Entscheidung für den Weg der eigenen Selbstzerstörung.
Kapitel 1
Feierabend-Verkehr
Er nahm ihre Hand und führte sie vorsichtig an seinen Schritt.
Durch die enge Hose fühlte sie seinen leicht erigierten Penis.
Lange hatte ihr Blick sein Gesicht durchforstet, sein kleines Doppelkinn betrachtet- also muss sie sich wenigstens keine Sorgen machen, denn auch in ihrem Gesicht hat das Leben bereits Spuren hinterlassen.
Seine Hand spielte mit dem Gummi ihres Kleppermantels, begleitet von einem, wie ihr schien, scheuen, leicht schiefes Lächeln.
Als sein Mercedes sich durch den, „Feierabend“ Verkehr schob, drückte er ihre Hand fester an die gewünschte Stelle.
Ließ sie, verunsichert darauf warten, was folgen wird- im Sitz hängen.
Die Dunkelheit war bereits eingetreten, erneut steuerte er den Parkplatz des Supermarktes an.
Dort, wo sie vor einer Stunde, nach langer Fahrt, extra aus Lüdenscheid kommend, das anberaumte Geschäftsmeeting auf den jetzigen Tag verschiebend, im Kaffee gewartet hatte.
Als sein Anruf sie erreichte.
Er schien Schwierigkeiten zu haben, sie zu finden, dabei hatte sie ihm den Weg und den Treffpunkt so gut als möglich erklärt.
Im Gegensatz zu ihm, nicht ortkundig, hatte sie ihm Adresse und Name des Kaffees vor zwei Tagen per Email angegeben.
Und war verwundert, dass er sie noch in Lüdenscheid und nicht, wie wartend, in Kiel, wähnte.
Zu weit für ihn, um die Verabredung noch einzuhalten, teilte er durch das schlecht funktionierende Handy mit.
Was sie zu dem Zeitpunkt noch voller Verständnis akzeptiert hätte, schien ihr später unmöglich, sie hätte ihm befohlen, die Wegstrecke auf sich zu nehmen.
Damals, als sie den wahren Grund noch nicht erkannte.
An dem Tag hatte sie es zum ersten Mal wahrgenommen, diese, seine Reaktion auf Zurückweisung, die sich durch ihre gesamte Beziehung zog.
Als Sie ihm erklärte, das sie bereits längere Zeit in benanntem Kaffee in der Kieler Innenstadt auf ihn wartete, es aber kein Problem sei, wenn das geplante Treffen nicht zu Stande komme, schien es ihm plötzlich ungeheuer wichtig zu sein, sie doch zu treffen.
Es war das erste Mal, dass er sie in dem neuen Mantel sah, Mira spürte seinen Blick, als er das Kaffee betrat und sich, mit gesenktem Kopf, ihr gegenüber setzte.
Sie schluckte sein Kompliment mit gewinnendem Lächeln, wie gewohnt, obwohl es alles andere war, als gewohnt.
Nahm dankend sein Kompliment entgegen, konnte damals diese Demut noch nicht einschätzen.
Er schien scheu, unterwürfig, verunsichert, später sollte sie erfahren, dass es zum Spiel gehört.
Mira hatte das gute Stück, von dem sie annahm, für Thomas etwas Besonderes zu sein, weil dieser Fetisch für ihn etwas Besonderes ist, vor Tagen erst neu erworben.
Dank eBay und ihrer Begabung im Ersteigern sehr günstig über einen Händler aus Teneriffa, heute zum ersten Mal tragend, um ihm zu gefallen.
Und es schien ihm zu gefallen, das bemerkte sie, als die Dunkelheit, des extra ans äußerste Ende des großen Parkplatzes gesteuerten Wagens sie Beide schluckte.
Er schob Mira aus dem Wagen, im Nebel und unter leichtem Frösteln drehte er sie an der Beifahrerseite um, schob ihre Hand erneut in die nun geöffnete Hose und presste diese fest um seinen Schwanz.
Mit seiner Hand die Ihrige führte, anleitete und sich zum bald darauf zum Spritzen brachte.
Wie ein Lehrer seiner folgsamen Schülerin das kleine Einmaleins beibrachte, lies sie ihn zum Regisseur werden.
Er ging danach wortlos zum Kofferraum, holte einen Lappen heraus und säuberte sich.
Begleitete sie zu ihrem, ebenfalls etwas abseits geparkten Kleinwagen, ein paar flüchtige Worte:
„Das war doch schon etwas anderes, als bei unserem ersten Treffen in Deiner Wohnung“!
Eine Feststellung - wo war da der Unterschied, nur das hier er den Takt angab, sich selbst Erleichterung auf ihre Kosten verschaffte.
"Mach`s gut-fahr langsam" ein kurzes Winken, als sie ihren Kleinwagen in Richtung Hauptstraße steuerte und eine lange dunkle Fahrt zurück nach Lüdenscheid vor ihr lag.
„Sie war entlassen-unbrauchbar“
Und Thomas kehrte in das Gefängnis der eigenen Ehe zurück.
Aber er wurde an dem Abend, in der Dunkelheit des großen Platzes, am Rande des kleinen Gestrüpp, zum ihrem Mentor, zum Regisseur gemeinsamer Neigungen, von der sie erst im Laufe der Zeit erkannte, dass auch sie in dieser Welt ihren Platz viel zu lange nicht gefunden hatte.
Noch heute starrt Mira manchmal auf den, schon lange nicht mehr vorhandenen Fleck seines auf den Boden getropften Samens, auf die Stelle, wo damals ihre erste- scheue „Behandlung“ stattgefunden hatte.
Und Mira, verdattert, verwirrt, überrumpelt, lange vor die Frage gestellt hatte, warum ohne Einstimmung, rein auf die Handlung fixiert, ohne weiteren körperlichen Kontakt, dieses so neue Spiel satt gefunden hatte.
Ohne Wärme, ohne Küsse, ohne Umarmung und ohne Körperkontakt.
Eine Frage, die, als Mira Thomas einen Tag später per Email gestellt hatte und die beantwortet wurde: „ Ja ich vermeide körperliche Nähe.“
Dicker Nebel, Spätherbst, Regen und leise Musik, trotzdem ein Triumpf und ein Gefühl von Macht.
Hatte sie ihn zurück erobert, mit dem Kick, dem sie später noch zu oft in unterschiedlichster Form begegnen sollte.
Eine nachdenkliche Heimreise.
Mira stellte sich vor, was hätte sein können, wenn die mitgebrachten Spiele in ihrer Tasche zum Einsatz gekommen wären, sie ihre, im eigenen Kopf verhafteten Kinofilm, ausgeführt hätte.
Die wievielte Geschichte sie ihm schrieb, es war eine von so Vielen, in denen sie ihm zeigen wollte, das, wenn schon zur Herrin erwählt, sie durchaus in der Lage war, ihre eigene Session mit zu kreieren, ihren eigenen Film zu gestalten.
Und der nächste Vormittag verging damit, genau dieser gestrigen Szene ihr eigenes Leben und ihre eigenen Handlungen einzuhauchen.
Für Thomas genau diesen Film in seinem Kopf Wirklichkeit werden zu lassen.
Als Regisseur ihm, „ihrem“ Sklaven“, ihren Stempel aufzudrücken.
Er, der gehetzt und in Eile, den Mercedes ins Auto chauffierte, sie davor warten ließ.
Voller Nervosität, die Mira auch später noch oft bemerkte, da er die Order seiner Frau Claudia hatte, den gemeinsamen Sohn von einem Freund abzuholen.
Befehle, wie nur sie, die eigentliche Herrin, seine Gefängniswärterin, anzuordnen wusste.
Deren Befehle und Kommandos ihn in eine ständige Hektik versetzten, unfähig bis heute, sich gegen die selbst erschaffene Diktatur aufzulehnen.
An dem Tag war Mira noch nicht wirklich klar, was das für sie Beide auch in Zukunft bedeutete.
So chauffierte er sie durch den Feierabend, lies sie warten und nutzte im Anschluss die begrenzt freie Zeit der Rückfahrt zum Parkplatz, um sich an ihrem Kleppermantel, dem Duft des Gummis und ihrer nur zu willigen Hand zu erfreuen, die ihm dann später in der Dunkelheit Erleichterung verschafft hatte.
Während in Miras Kopf das gemeinsame Spiel bereits mit seinem Eintreffen im Kaffee begonnen hatte.
Unerlaubt neben ihr, „der Herrin“ Platz zu nehmen.
Er hätte, das weiß sie, Folge geleistet, wenn sie ihn, wie einen Gegenstand, zum Abräumen des benutzten Geschirrs aufgefordert und danach auf den dunklem Parkplatz beordert hätte.
Ihn vor seinem großen Wagen umgedreht, begutachtet und mit gezielten Ohrfeigen gefügig gemacht hätte.
Ihm, da noch nicht im Besitz eines geeigneten Sklavenhalsbandes, einen engen Gürtel um den Hals gelegt hätte.
Provokant ihre hohen Stiefelabsätze auf seine Erektion gehoben, die ebenfalls mitgebrachten Gummihandschuhe angezogen, in die cremige Masse einer Tube Gleitmittel getaucht hätte.
Mira hätte ihm, dem Gummisklaven Thomas, angeordnet, die hintere Türe zu öffnen, sich zu entkleiden und auf den Rücken auf den Sitz zu legen.
Sie hätte seine Füße angehoben, ihm die Schuhe und Socken, dann die Unterhose ausgezogen.
Seine Füße mit den mitgebrachten Seilen gespreizt an dem hinteren und vorderen Sitz gebunden.
Seinen Po mit einem Kissen in die Höhe gehoben und ihre cremigen Finger in seinen Hintern geschoben.
Während die andere Hand seinen Penis bis zum Zerspringen gereizt hätte.
Ja, sie wäre Diejenige gewesen, die ihn lapidar zur Säuberung aufgefordert und dann hoch erhobenen Hauptes sich selbst überlassend, lediglich eine Hand befreit, liegend gelassen und die Heimfahrt angetreten hätte.
Nachdem Sie ihn benutzt hatte.
Aber es gab so vieles, was Mira zu dem Zeitpunkt noch nicht wusste.
Thomas Reaktion auf die geballte Ladung frivoler Genüsse, erfolgte per Email erst zwei Tage später.
Wie immer, auch noch nach Monaten ihres Kennenlernen und ihrer so ganz anderen Beziehung, zog er sich nach intensiven Begegnungen einige Tage zurück.
Nicht nur, um ein erneutes Gleichgewicht herzustellen, erneuten Sicherheitsabstand seiner Seele zu gewinnen.
Viel später wurde ihr klar, dass Sie, Claudia, seine Frau, ihren zerstörerischen, emotionalen Tribut forderte.
Und Mira gewann zum ersten Mal bewusst eine leise Ahnung, dass leise Gefühl eines „seelisch geprügelten, total verängstigenden Ehemannes“, der ohne sichtbaren Ausgang aus dem selbst gewählten Gefängnis, sich selbst auf das Schafott vorbereitete.
Die nächsten Tage ließen Zeit, darüber nachzudenken, wie alles begonnen hatte.
Das zweite Kapitel
Erste flüchtige Begegnung
Das kleine Appartement war klein, eng, stickig.
Der Umzug eine Tortur gewesen.
Wäre ihre Freundin Carla und deren neuer Freund Chris nicht gewesen, hätte Mira den vorgegebenen Zeitplan gar nicht einhalten können.
Die Firma hatte Druck gemacht, die Niederlassung im Rheinland sollte nun bereits Mitte Oktober eröffnet werden.
Zu wenig Zeit, eine neue Nachmieterin zu suchen, zu packen, zu renovieren und dann noch den Umzug zu managen.
Ihre frühe Teil-Rentensituation macht den finanziellen Rahmen nicht gerade einfacher.
Deshalb schein dieses Angebot, die Leitung der geplanten SAP-Firma in ihrer alten Heimat zu übernehmen, sehr verlockend.
Zurück zu dem Ort, in dem sie geboren und aufgewachsen war:
Auch wenn der Verlust der alten Heimat, eines 20 Jahre gelebtes Leben voller Höhen und Tiefen, einer Ehe und vielen lieb gewonnenen Zeiten, zu verlassen, alles andere als einfach war.
Aber es gibt nun mal Quantensprünge, die getätigt, Neuanfänge, die notwendig und alte Gewohnheiten, die verlassen werden müssen.
Zumal der Arbeitsmarkt in der oberbayrischen Tölz langsam abgegrast war und wenig, ihrer Qualifikationen entsprechende Jobs vorhanden waren.
Seit Wolfgangs Tod, ihrem letzten Lebenspartner, war ein so überteuertes Leben in der Münchner Umgebung fast unmöglich und un-finanzierbar geworden.
Zu lange hatte Mira zu viele zwielichtige Call-Center mit unfähigen Leitungen von Innen betrachtet und ermüdet ihre Fühler aus der Bergwelt heraus ins restliche Deutschland gesteckt.
Bis sie diese Möglichkeit erhalten und zum heimatlichen Verzicht aufgefordert wurde.
Nach einer 3-monatiger Einarbeitung, drängte die Zeit, und zugleich lockte der Neuanfang, die neue Veränderung eines doch „erfahrenen Lebens“, die mit neuen Erlebnissen bestücken werden wollte.
Diese schnellen Notwendigkeiten bedeuteten für Mira, selbst die Ärmel hochzukrempeln und helfende Hände zu finden.
Eine nette alte Dame, deren Mann ins benachbarte Pflegeheim eingeliefert wurde, war sehr an ihrer kleinen Gemütlichkeit interessiert.
Aber ebenso alleine auf sich gestellt und zudem mit wenigen Möbeln bestückt.
Aber der Vermieter war begeistert und erwartete die Nachmiete.
Und Mira zusätzlich im Stress der Vorbereitungen beschäftigt, die Wohnung zu streichen, und einen Großteil ihrer, nicht mehr benötigten Möbeln, als Geschenk zu überlassen.
Das extra für Kimmy, ihre Katze, eingebaute Fenster musste zurück in den alten Zustand versetzt werden.
Sie war froh über die bereits vor Jahren abgeschlossene Glasversicherung, die den „kleinen Sturmschaden“, ohne Probleme übernommen hat.
Nachdem noch der der nahegelegene Aldi Markt so freundlich gewesen ist, ihr unbenötigte Bananenkartons als Pack Kartons zur Verfügung zu stellen, konnte der Rest ihres Habes und zusammengepackt werden.
Die Zeit drängte, bereits zur Monatsmitte wollte die neue Firma im Rheinland Präsenz zeigen.
Dreimal fuhr Mira in den Wochen davor 600 km, bis endlich ein kleines, günstiges Apartment, gefunden wurde.
Auch dort forderte der verfrühte Umzug eine halbe Monatsmiete, so dass alleine die doppelte Mietzahlung zur Zerreisprobe wurde.
Mira war heilfroh, mit der laut in der engen Katzenkiste eingepferchten Kimmy die Strapazen der langen Fahrt überstanden zu haben, zwar die erste Woche mit einer Luftmatratze auf dem Boden kampieren zu müssen, aber ihrer ehemaligen Heimat, und dem geplanten Neubeginn, einen Schritt näher gekommen zu sein.
Miras Vater war bereits vor Jahren verstorben und der Kontakt zur Stiefmutter und einem Halbbruder nur sporadisch.
Denn die frühe Scheidung und die langen Jahre ohne Berührungspunkte hatten keine wirkliche Bindung zur Rest Familie entstehen lassen.
Aber Bruder Ben war in der ersten Zeit mit „Lampen und Gardinenstangen“ eine nicht zu unterschätzende Hilfe.
Mit ihrer leiblichen Mutter und ihrem Stiefvater hatte sie bereits seit 10 Jahren keinen Kontakt mehr.
Die schwierigen familiären Verhältnissen, die krankhafte Eifersucht ihrer Mutter auf sie, die eigene Tochter und die frühen zahlreichen Übergriffigkeiten ihres, nur 13 Jahre älteren Stiefvaters hatten nicht unbedingt zu einer entspannten Kindheit beigetragen.
Die, gerade bei einem Kind, dass die ersten langen Jahre in der Isolation zahlreicher Kliniken aufgewachsen ist, mehr als dringend notwendig gewesen wäre.
Das konnte auch der frühe Rauswurf mit 18 Jahren nicht verändern.
Zwar immer im Kontakt, der fast nie ohne Streit abgelaufen ist, eskalierte die Gesamtsituation nach der Scheidung von ihrem Ehemann, Martin, wenige Jahre zuvor.
Für die eigne Mutter zur erneuten Gefahr fantasiert, wurde sie mit einem Rückzug konfrontiert, den sie nie begreifen, aber akzeptieren musste.
Sie, die lebenslangen Zerstörung ihrer eigenen Mutter, deren Seele mehr eine professionelle Unterstützung benötigt hätte, als einen 10 Jahre jüngeren „Sklaven“, der schuldbeladen seine eigenen frühkindlichen Themen an seiner älteren Frau aufzuarbeiten versuchte.
Und weder mit einer adoptierten Tochter, noch einem durchaus attraktiven, pubertierenden Teenager, nichts anfangen konnte.
Böse Worte, Mira kurz nach der Trennung von Martin und dem Auszug aus dem gemeinsamen Haus erreicht hatten.
Eine Tochter, eine destruktive Pest, die die Tinte des Kugelschreibens nicht wert sei und auch den Kontakt zum eigenen Elternhaus nicht verdient habe.
Noch heute frag Mira sich, mit welcher ihrer unzähligen Lügengeschichten ihre infantile Mutter die nun scheinbar für sie bedrohliche Situation erneut versucht hatte, unter Kontrolle zu halten.
Das Elternhaus, vereinsamt, umrahmt mit Kameras, vergitterte Fenster, gepanzert wie ein Hochsicherheitstrakt.
Mira fuhr jeden Morgen daran vorbei, dort, wo sie noch 4 depressive Jahre verbrachte, bevor man sie, mit gerade 18 Jahren aus dem Haus „gebeten“ hatte.
Vereinsamtes Gemäuer, mediterranes Flair, aber ohne menschliches Lebenzeichen spürbar, tot, verweist, lag das riesige Grundstück.
Das Einzige, was sie in Erfahrung bringen konnte, war die Tatsache, dass ihre Mutter schwer an Krebs erkrankt gewesen sei oder noch ist.
Dort, genau in dem Ort, in einer Seitenstraße, hatte sie dieses kleine Appartement gefunden.
Hätten ihre Mutter oder ihr Stiefvater sich zufällig in einem Supermarkt getroffen, wären wohl beide eher hinter einem Regal verschwunden, als auf sie zuzugehen.
Es scheint Eltern zu geben, deren einzige Bedeutung darin besteht, ein Kind auf die Welt zu bringen. Zu Mehr scheint es nicht zu reichen.
Mira hat jahrelang überlegt, getrauert, ist einer Lebenssituation, einem Gefühl hinterher gelaufen, das schon in frühester Kindheit nicht bestanden hatte.
Hat Eltern beweint, die nie Eltern waren.
Und hier, so nahe lebend, waren beide ferner als all die Jahre zuvor und ihr gelang das, was zuvor, 600 km weit entfernt in der Bergwelt, nicht möglich war.
Sie konnte sich verabschieden und abschließen und das tat verdammt gut.
In den nächsten Wochen ihres „kurzen Umweges“ gewann Mira einige ihrer früheren Klassenkameraden zurück, doch ohne wirkliche Nähe.
Denn natürlich hatte fest Jeder ein fertiges Leben, eingebunden in Bande, die ihr seit langen Jahren fehlten.
Sie kam in Kontakt zu einem Forum, in dem sie noch heute wertvolle Kontakte gewinnen konnte, sogar einen Großteil ehemaliger Klassenkameraden aufspüren konnte und das erste Klassentreffen nach langen Jahren kam zu Stande.
Der Umzug war vorbei, Carla und Chris hatten den Lastwagen sicher die lange Strecke ans Ziel gebracht, ihre Möbel waren aufgebaut und sie war freudig auf dem Weg zur neuen Aufgabe.
Als über Handy der Anruf kam.
Man bat sie, aufgrund unerwartet auftretender Schwierigkeiten, heute nicht, wie geplant, zu erscheinen. Man würde Bescheid geben.
Und auf diese versprochene Nachricht hatte sie drei Wochen vergeblich gewartet.
Ein lapidares postalisches Schreiben im Briefkasten, man bat um Verständnis und bedaure, aber die geplante Niederlassung kann aufgrund einer „unvorhergesehenen Situation“ nicht eröffnet werden.
Erst ein Jahr später erfuhr Mira, dass der notwendige Kredit nicht genehmigt worden ist und der Versuch, andere Lösungen zu finden, ebenfalls scheiterte.
Sie saß nun dort, ohne Arbeit, ohne Perspektive und hatte dafür alles aufgegeben
Es hat Tage gedauert, wieder etwas Ordnung in eine aufgewühlte Seele zu bringen, einen erneuten Scherbenhaufen aufzuheben, zusammen zu setzen und einen Überblick über den Ist-Zustand zu erhalten.
Trotz aller Bemühungen, und Mira hat vieles auf sich genommen, ist es ihr aber nicht gelungen, einen einigermaßen akzeptablen Job zu finden.
Und sie saß erneut in einem der viel zu vielen dubiosen Call Center, musste fremde Menschen am Telefon mit unbrauchbaren Artikeln belästigen.
Als eines Morgens das Angebot von Jochen kam.
Jochen, für den bereits Wolfgang und dann sie beide eine Niederlassung ihrer Region aufgebaut und geleitet hatten.
Soziales Engagement, Limited und Marketing.
Zwei Jahren Zusammenarbeit und hier in der rheinischen Einöde Einspringen, wenn Not am Mann war.
Ob sie sich vorstellen könnte, noch einmal umzusiedeln, und im Raum Brandenburg in einem der, dieser Firma zugehörigen Museumsdörfer die Leitung eines neu im Aufbau befindlichen Fördervereins zu übernehmen.
Ob Sie könnte?
Klar konnte Sie.
Nur die Frage, wer für die erneuten Umzugskosten aufkommt, die Mira nicht mehr tragen konnte.
Mira dachte über die lange Jahre in Oberbayern nach, an die Zeit, in der es ihr gelungen war, einen Verein für an Krebs erkrankten Menschen nicht nur aufzubauen, zu strukturieren und dieser Organisation ihren Stempel aufzudrücken..
Und wie oft in dem Zusammenhang Anträge für Betroffene an unterschiedliche Stiftungen gestellt.
Warum sollte sie diese Möglichkeit nicht nun für sich selbst in Anspruch nehmen.
Nach drei Wochen gelang es Mira, untermauert durch Rechnungen, die Jochen aufgestellt hatte, fast 2500,- Euro von zwei verschiedenen Stiftungen als Unterstützung erhalten und sie konnte den erneuten Umzug vorbereiten.
Erneutes Packen, Ulli Schneider, ihr Vermieter, aber auch ihr ehemaliger Klassenkamerad, war begeistert, seine Mieterin nach so kurzer Zeit wieder zu verlieren.
Aber schon bald traf Mira durch Zufall eine junge Frau, die sich von ihrem Freund trennen wollte und dringend eine neue Wohnung suchte.
So schien das Thema bald geklärt.
Mira, auch enttäuscht und ernüchternd von der ehemaligen Heimat und Geburtsstadt Mainz, ohne Trauer aufgrund eines nie mehr zurück gewonnenen Elternhaus, einige neue und treue Freunde zurück lassend, sah sich- zum zweiten Mal, einem hoffentlich nun zum Positiven wendenden, neuen Leben entgegen gehen..
Im Raume Berlin, einer Weltstadt mit ganz anderen Perspektiven, wie sie hoffte.
Zwischen gepackten Kisten und zusammengebauten Möbeln war der Computer in den letzten Tagen der Kontakt zur Außenwelt und willkommene Ablenkung.
In einem weit verbreiteten Chat entdeckte Mira Thomas zum ersten Mal, er hob sich schon rein äußerlich von den vielen fahlen Gesichtern der sich darstellenden Männerprofilen ab.
Attraktiv, Schnauzbart, längere volle, leicht ergraute Haare.
Ein ansprechendes Profil, ein Text, der Frauen aus der Seele spricht und Sehnsüchte weckt.
Wenn nicht, wie sie damals bereits wusste, abgekupfert.
Und als eigene Kreation verkauft:
Sie muss es wissen, da sie, mit und für einen vor Jahren krebskranken jungen Mann, einen ähnlichen Text zum ersten Mal zusammengebastelt hatte und bis heute 100 Fach abgekupfert, immer etwas verändert, in zahlreichen Profilen wieder gefunden hatte.
Auch in den Seinigen, was er zu leugnen wusste und sie ließ ihn leugnen.
Es hat Mira nicht gestört, und sie konnte auch noch nicht wissen, wie viel in seinem Leben lediglich eine Kopie anderer Menschen und Themen war.
Der letzte Satz seines so inhaltvollen Textes passte so gar nicht zum dem übrigen Bild und war doch das Einzige, was echt, ihn verkörpernd und von ihm verfasst war.
„ Was ich Dir noch über mich sagen muss.
Ich liebe die Farbe Schwarz und dominante Frauen mit Erfahrung“
Mira war verwirrt.
Was meinte dieser Mann mit Schwarz.
Schwarze Kleidung“, obwohl er in der auf dem Foto abgebildeten gelben Jacke nicht nur zu ihm passend, sondern anspruchsvoll, legere gekleidet war und ihr ungemein gefiel.
Und dominante Frauen- mit welcher Erfahrung?
Ja, so erfahren war sie zumindest, dass sie keine Ahnung hatte, was Thomas überhaupt meinte.
Fragen über Fragen.
Die sie sich nicht zu stellen traute, denn sie war ja eine erfahrene Frau, oder nicht?
Dieser tolle Mann, den die Frauen bestimmt scharenweise an flirtete, antwortete.
Aber es war ein kurzes virtuelles Geplänkel, bei dem als Ergebnis der Austausch der gegenseitigen Telefonnummer und eine Verabredung zum abendlichen Telefonat standen.
Mira war aufgeregt.
Er hatte eine nette Stimme, das Gespräch war freundlich, distanziert und ohne wirklichen Inhalt.
Wobei sie mehr erzählte, wohl auch, um ihre Erfahrenheit zu demonstrieren und wie sie hoffte, dominant das Gespräch zu leiten.
Thomas Rückzug konnte Mira nicht verstehen.
Ratlos starrte sie auf den leeren Messenger, den sie extra eingerichtet hatte, um den Kontakt zu erleichtern und ihrer Art angemessen, wollte sie so schnell nicht die Flinte ins Korn werfen, denn dieser Mann gefiel ihr.
In den Tagen vor dem erneuten Umzugstrubel versuchte Mira ihm einige Kurznachrichten zu senden, ihm zu begegnen, neu Anlauf zu nehmen,
Aber Thomas schien das Interesse verloren zu haben und auch ihre, lieb gemeinte Lockung „hallo, kleiner Feigling“, blieb ohne Reaktion.
Es sollte Monate dauern, bis sie ihm erneut begegnen sollte.
Das dritte Kapitel
Brandenburg und magische Vorhersagen
Der Gestank in der Baracke war entsetzlich.
Zwar von den polnischen Bauhelfern bereits seit Wochen geräumt, aber der üble Geruch nach Schweiß und schmutziger Wäsche stand immer noch wie modrig in den finsteren Räumlichkeiten.
Nun war es zwei Wochen her, seit Mira diese grausame Behausung bezogen hatte.
Ein enger, rot gepflasterter Eingangsbereich, marode Holztüren mit schweren Riegeln im Innern.
Der erste Raum, ein schiefer Tisch, zwei Hochbetten, ein alter, röhrender Kühlschrank.
Ein schimmliges Bad mit Dusche und unsauberem WC.
Im nächsten Raum, mehr ein Durchgangsflur, zweit weitere Etagenbetten, eine Türe, in einen großen Raum mündend.
Angrenzend ein kleiner Raum, erneut nur mit zwei Betten geschmückt, einer kleinen Küche, noch die neuwertigsten Möbel, einem weiteren Bad, wenig einladend.
Miras neue Behausung, mehr dem Begriff „Hausen“ entsprechend, als Zu Hause.
Das Etagenbett hatte sie ganz an die Wand geschoben, die beiden anderen Bett in die Mitte des Raumes gerückt.
Den wackligen Tisch an die andere Wand geschoben und die Stühle um ihn gestellt.
Der Kleiderschrank, muffig, aber groß genug für das wenige Hab und Gut, was ihr noch geblieben ist.
Es hatte sie unendlich viel Mühe gekostet, aus dem tristen Etwas einen einigermaßen lebbaren Raum zu gestalten.
Ohne Tapeten an den Wänden, einen defekten alten Holzboden, abgerissene Sockelleisten, kein Anstrich der alten Holzfenster.
Lediglich für Katze Kimmy, hatte sich die Situation gebessert, denn nun nicht mehr in direkter Nähe der engen Straße und der ständigen Gefahr, entweder angefahren zu werden, oder wenn die andere Seite nutzend, Zusammengebissen werden von den beiden dort dominierenden Hofkatzen.
Mit viel Auslauf zu den angrenzenden Wiesen, dem Wald und den zahlreichen Gärten.
Ihre Beute, Schlangen, Blindschleichen, Eidechsen, Mäuse, die sie täglich in diesen Raum schleppte und die sich schützend in den Lücken der Sockelleisten verkrochen..
Lange Wochen, ohne die Möglichkeit, eines Fernsehapparates oder Radio, geschweige Telefon, oder Internet.
Dazu musste sie jedes Mal zurück in die gerade verlassene Wohnung laufen.
Dabei hatte das Angebot von Jochen so verlockend geklungen und nach der Misere der verunglückten und Mira ins Rheinland beordernden SAP Firma war die Leitung eines Fördervereins eine so große Versuchung, das sie erneut alles auf eine Karte hatte setzen lassen.
Wozu.
Um nun hier in dieser schäbig, stinkenden Bruchbude zu sitzen?
Dabei war, nachdem der erste Schreck verflogen war, das kleine Appartement ein paar Häuser entfernt, durchaus gemütlich eingerichtet, nachdem sie es geschafft hatte, ihr Restmobiliar einzupassen.
Wenn man von der fehlenden Möglichkeit, ihre mitgebrachte und nun auf dem Lager abgestellte Waschmaschine, absieht.
Und die Tatsache übersieht, dass ohne Waschgelegenheit ein ständiger Kampf, unzähligen Bitten die Maschine in der Herberge nutzen zu können, mit den Herbergseltern Familie Unger, die Gesamtsituation nicht gerade verbessert.
Eine sehr wirkungsvolle Strafe.
Zwar wurde Mira am Anfang noch einigermaßen freundlich empfangen, aber nach 5-minütigem Geplänkel verabschiedete sich Familie Unger ins nahegelegene Berlin.
Um in ihrer eigenen Wohnung das Wochenende zu genießen.
Während Mira alleine, ohne Kenntnis und Orientierung, und wie einen Tag später spürbar, ohne funktionierende Sicherung, sich selbst überlassen, kurz nach Ankunft in einer komplett fremden Umgebung, zurück blieb.
Aus dem Rheinland via Telefon noch sehr freundlich miteinander verbunden, war dieses damals entgegen gebrachte Gefühl einer bald spürbaren Ablehnung gewichen.
Es war Mira tatsächlich gelungen, zwei Stiftungen zu gewinnen, die, untermauert durch Jochens Kostenaufstellung und einem Telefonat mit Familie Unger, um sicher zu stellen, das sie dort eine wirklich realistische Perspektive findet, besagte 2500 Euro für den Umzug und die geplanten Renovierungsarbeiten meiner neuen Wohnung, zu erhalten.
Da viele Notwendigkeiten bereits im Vorfeld zu regeln gewesen waren, hatte Mira großen Wert darauf gelegt und immer wieder betont, das auf jeden Fall ein Kleinlaster, 7,5 Tonnen, zur Beförderung des vorhandenen Mobiliars notwendig sein würde.
Was man ihr auch zusicherte.
Die junge Nachmieterin hatte das alte Appartement vermessen und Mira wartete angespannt auf gepackten Koffern auf den Wagen, der bereits in der Frühe losgefahren sein sollte.
Jochen hatte ihr in Aussicht gestellt, durch, nach Umbau kostenfreiem Wohnen und den erlaubten 400 Euro die gesamte Situation zusätzlich attraktiv zu gestalten.
Es kann nur besser werden.
Zudem sollte Mira den neuen Förderverein aufbauen und die ebenfalls angeschlossene Behindertenwerkstatt beim Vertrieb der in der Werkstatt hergestellten Produkte, unterstützen, sowie gezielte Veranstaltungen organisieren.
Eine sehr reizvolle Aufgabe.
Nun war es endlich soweit.
Der Tag des Umzuges.
Ein rumpliger Kleinwagen, stinkend, viel zu spät und viel zu eng, am späten Nachmittag.
Mira war entsetzt, zumal der erste Satz der zwei, wenig Vertrauen erweckenden Männern, der eine sichtbar betrunken:„das bekommen wir nie alles rein“, ihre Nervosität noch steigerte.
Wie oft hatte sie auf die Notwendigkeit einer entsprechend großen Ladefläche hingewiesen.
Eine „finanzielle“ Zurückhaltung, wie sie viel später erfahren musste.
Mira sah sich vor ein schier unlösbares Problem gestellt.
Und ihr Vermieter wollte am nächsten Morgen die leere Wohnung abnehmen.
Zwischen Zigarettenrauch und ansteigendem Gemecker stapelten die sichtbar genervten Männer in den Wagen, was rein ging, unsanft und ohne große Sorgfalt.
Und ließen sie dann, inmitten nicht mehr zu transportierender Gegenstände, aufgrund bereits abmontierten Lampen und ungesäuerten Böden, in beginnender Dunkelheit zurück.
Zumindest die schweren Möbel waren verladen.
Verzweifelt versuchte Mira die Tränen zurück zu halten, und tat das, was sie viel zu oft, viel zu alleine auf sich gestellt, immer getan hatte.
Sie wischte die feuchten Augen, krempelte die Ärmel hoch und schleppte, was zu schleppen war. Unorganisiert drückte sie die verbliebenen Teile in den viel zu engen Kellerraum.
Ohne Rücksicht, ohne Kraft.
Ohne Plan warf Sie verzweifelt hinein, was ging, ein heilloses Durcheinander.
Aber meine Wohnung war zumindest leer und im sich verabschiedenden Tageslicht gelang es ihr noch, die Böden zu säubern.
Um dann erschöpft auf der halbvollen Luftmatratze die Nacht auf dem kalten Boden zu überstehen.
Dem nächsten Morgen entgegen fiebernd.
Ulli, ihr Vermieter war sichtbar ungehalten, die Übergabe so halb fertig zu beenden.
Mira musste schriftlich bestätigen, dass der im Keller gelagerte Rest innerhalb der nächsten 14 Tage ausgeräumt wird.
Die schreiende Kimmy auf dem Beifahrersitz erreichte Mira spät am Freitagnachmittag das weit über 600 km entfernte Brockdorf.
Wurde kurz begrüßt und dann in der „neuen Wohnung“ abgestellt.
Zumindest die bereits vor Ort eingetroffenen Möbel waren ausgeladen und teilweise in dem großen Raum, der Wohn-und Schlafraum zugleich sein sollte, abgestellt.
Ihre Wohnlandschaft, der dazu gehörige Tisch und andere, diverse Kleinigkeiten fand sie erst einen Tage spätere in einem, der Wohnung zugehörige Lager.
Achtlos hingeworfen, aufgestapelt.
Durch die morsche Decke drang Wasser und es roch modrig.
Herzlich Willkommen in Brockdorf, einem Museumsdorf voller kreativer Hersteller, im tiefen Winterschlaf.
Notdürftig verbrachte Mira das kommende Wochenende damit, ohne Strom das zu erledigen, was möglich war, zu räumen, zu säubern.
Erst am Montag gelang es, den, erneut, abgetrunkenen Helfer zu bewegen, den vorzeitlich, an ehemalige DDR-Zeiten erinnernden Oma-Plüsch Kitsch, sprich Sofa und Tisch durch ihre eigenen, nun bereits feuchten Möbel zu ersetzen.
Die Saison für Touristen hatte noch nicht begonnen, eine gute Zeit, sich einzuarbeiten.
Sechs Wochen hat Mira gewartet, ständige Nachfragen blieben unbeantwortet.
Keiner kümmerte sich um sie, auch Jochen schien Besseres zu tun zu haben.
Ständig wurde sie vertröstet.
Dabei war Mira auf den Verdienst angewiesen und wollte mit ihrer Arbeit beginnen.
Die Internet Möglichkeiten, eine Grundvoraussetzung ihrer neuen Tätigkeit, waren noch in der DDR Zeit stehen belieben.
Es fand sich erneut niemand, der ihr behilflich war, den sie fragen konnte.
Und es hat weitere vergeudete Tage gedauert, einen einigermaßen funktionierenden, dafür teuren Zugang zu erhalten.
Von Arbeitsbeginn immer noch keine Rede.
Zwei Wochen hatte Ulli ihr eingeräumt, um ihre restlichen Sachen aus dem Keller der alten Wohnung zu räumen.
Mehrere Anrufe seinerseits konnte sie nicht beantworten.
Da half kein Bitten, Anfragen, Drängen, langsam verzweifelt versuchte Mira nicht nur Jochen, sondern auch Familie Unger von der Dringlichkeit des zu räumenden Keller zu überzeugen.
Erneutes tägliches Vertrösten, man gab ihr das das Gefühl, lediglich zu nerven.
Entweder stand der klapprig-stinkende Klein-LKW nicht zur Verfügung, oder es war kein Fahrer, der es zeitlich einrichten konnte.
Denn schließlich musste man ja extra wegen ihr noch einmal fahren.
Schuldgefühle, die auch Ulli Mira schließlich einzureden versuchte.
Drohungen mit einer Konventionalstrafe, wenn die neue Mieterin nicht einziehen könne.
Es war zu verzweifeln.
Nun hatte Sie erneut alles aufgegeben und wurde unschuldig am gesamten Durcheinander zum Feind erklärt.
Endlich, eines Morgens, ganz in der Frühe sollte endlich ein Wagen losfahren.
Herr Unger hatte es ihr am Vorabend zugesagt.
Mira hatte den Fahrern den Kellerschlüssel gegeben, mit Ulli vereinbart, dass er kurz vor deren Eintreffen einen Anruf erhält und die Haustüre aufschließen kann.
Und als am Nachmittag ein Anruf kam, dass die Fahrer immer noch nicht eingetroffen seien, glaubte sie, durchzudrehen.
Nach über einer Stunde fand sie Herr Unger am nahegelegenen Teich.
„Man könne sich nicht immer nur nach ihren Bedürfnissen richten“ wurde ihr an den Kopf geknallt.
Der Fahrer habe wichtigere Aufgaben zu erledigen gehabt.
Total verunsichert gelang es Mira, nach endlosen Diskussionen, den nächsten Tag zu buchen.
Sie war erzürnt, fühle sich grenzenlos hilflos und zudem in einer Abhängigkeit, einer total fremden Umgebung, ohne Unterstützung und ausgenutzt.
Und musste sich erneut bei Ulli für Etwas entschuldigen, worauf sie gar keinen Einfluss hatte.
Und sie konnte nur hoffen, dass der nächste Tage den erhofften Erfolg brachte und sie vor einer angedrohten Konventionalstrafe schütze.
Es wurde Mittag, Nachmittag, die Dunkelheit brach herein.
Und Mira wusste immer noch nicht, ob der zugesagte Wagen überhaupt losgefahren war.
Es war 21 Uhr, sie hatte sich ermüdet aufs Bett gelegt und draußen hatte es angefangen zu schneien.
Wütendes Klingeln, zwei ebenso wütende Fahrer, erneut alkoholisiert, die sie anmotzten.
Und die ersten Kartons vor die Füße warfen.
Erbost über in ihren Augen unnötige Fahrt für „ihr Gerümpel“:
Ihre Kartons und die restlichen Möbelstück landete im Schnee vor der Haustüre.
Und unter wüsten Beschimpfungen sah Mira hilflos zu, wie alles im Schnee landete und man sie alleine mit den ganzen gestapelten Dingen, stehen ließ.
Es war zu schwer, um alleine zu tragen und es war zu dunkel, um im Lager untergebracht zu werden.
Notdürftig abgedeckt blieb keine andere Möglichkeit, als die Helligkeit des nächsten Morgen abzuwarten.
Dort lagen die Reste ihrer oberbayrischen Heimat im Schnee und was nicht zerschlagen und verbrochen, oder aufgeweicht war und ihr bereits aus den geöffneten Kartons entgegen fiel, wurde notdürftig repariert und fand seinen Platz in der neuen Bleibe.
Zumindest das noch hinterlegte Geld der Stiftungen gab Sicherheit.
Jochen hatte ihr zugesagt, das, nach Abzug der Unkosten ein Rest übrig geblieben war und sie diesen erhalte.
Eine Scheinbehauptung, wie sich herausstellte.
Eigentlich für den Umbau der Wohnung gedacht, der nie stattfinden sollte.
Verrechnet und damit aufgebrauch durch, wie Herr Unger sie belehrte, unnötige Umzüge.
Denn der Wagen hätte zweimal fahren müssen und auch die beiden Fahrer machten Arbeitsausfall geltend.
Mira war viel zu müde, zermürbt, um streiten zu wollen, sie hätte es auch zu dem Zeitpunkt nicht mehr gekonnt.
In der tiefsten Provinz der Rest DDR, fremd, mit noch vorhandenen Reststrukturen vergangener Mauern.
Alleine aufgrund ihrer Größe, der langen blonden Haare, und ihrer bayrischen Abstammung und Präsenz nicht zu übersehen.
Ein Fleck veränderten und anderen Lebens inmitten der grauer Öko- Kommunen, einem ehemalig eingezäunten ostdeutschen Herbergsehepaar.
Alleine, ins Abseits gedrängt seit Wochen, ohne Verdienst und dem ständigen Versuch, Mira Schuldgefühle einzureden.
Schuldgefühle für eigene Versäumnisse.
Da war es schwer, einen Rest emotionaler Stabilität zu bewahren.
Sie fühlte sich innerlich zerfressen, aufgewühlt, zerpflückt und in tausend Einzelteile zerlegt.
Und unendlich alleine gelassen.
Erst Wochen später erfuhr sie durch Ulli, dass beide Fahrer nicht nur sichtlich angetrunken, mürrisch, sondern auch extrem aggressiv eine Freude daran hatten, ihre kläglichen Reste durch die Gegend zu werfen und sich am Klang des Zerbrechen zu erfreuen.
Wogegen Herr Unger ihr versuchte vorzuhalten, nach Wochen voller Unklarheiten, Mobbing und Zurückweisung, das Ulli den Fahrern gesagt habe, wie froh er über den Auszug einer solch unzuverlässigen Mieterin sei.
Nicht wissend, dass der Streit mit Ulli geschlichtet, ausdiskutiert und verstanden worden ist und er als ehemaliger Klassenkamerad und Freund alter Tage niemals solche Äußerungen getätigt hätte.
Mira konnte ihn nur schwer von einer Anzeige wegen Verleumdung abhalten.
Die Anspannung war groß genug.
In den darauffolgenden Tagen öffnete die Herberge ihre Tore und Scharen von Touristen belagerten nicht nur die Straßen, staunten durch die Fernster, klopften an die Scheiben.
Morgendliche Raser benutzten die auf 30 Stundenkilometer begrenzte Straße als Abkürzung und die Nächte waren kurz- zu kurz.
Eine weitere Zumutung, ohne Abgrenzung und immer mehr dem Bild einer noch bestehenden DDR Mentalität entsprechend, gewährte man Mira, nachdem auch noch Feuchtigkeit in den Wänden eine extreme Schimmelbildung nach außen dringen lies, in diese Baracke zu ziehen.
Natürlich nur als Übergang, wie man ihr versprach.
Einem Übergang, der, gerade, nachdem sie dann doch endlich nach Monaten zu arbeiten begonnen hatte, täglich 8 Stunden ihrer unentgeltlichen Zeit in den Aufbau des Förderprojektes steckte und die Arbeit der Behindertenwerkstatt renommierten Firmen anpries, zum Dauerzustand wurde.
Lohn hatte nie erhalten.
Auch keine Schlüssel, eigene Intimität abzuschließen, oft, wenn sie in besagte Behausung zurück kam, waren Möbel weg, in andere Zimmer geschoben, jederzeit betretbar nicht nur von den Leuten der Herberge.
Sekte-Stasi und erneute Begegnung
Das vierte Kapitel
Mira hatte lange gebraucht, sich klar zu werden, warum es ihr so schwer fiel, sich zur Wehr gesetzt habe, hatte Hermes endgültig seine Flügel verloren?
Sie die selbstbewusste Macherin, geübt im Survival Training des Lebenskampfes hat gekuscht, sich klein gemacht und demütigen lassen.
Aber fremd, ohne jegliche Unterstützung, zudem die Hoffnung auf eine neue Perspektive und einen Neuanfang begraben müssend.
Es war nicht nur eine Leichtigkeit, in die Intimität ihrer Räumlichkeiten einzudringen, es war leicht, in ihre Seele einzudringen und die Nacktheit ihrer Psyche immer weiter zu entblößen.
Zudem sie immer mehr das Gefühl hatte, das Jochens Interesse nicht ausschließlich ihrer Arbeitskraft galt.
Diese Frage stellten ihr auch die Behörden, an deren zahlreiche Türen Mira oft vergeblich geklopft hatte, bis doch einige hellhörige Obrigkeiten sich ihre Situation angehört hat.
Hellhörig weniger, was ihr individuelles Geschehen betraf.
Hinter der Herberge, als soziales Projekt für Bedürftige immer wieder, den gerade von Seiten der EU förderwürdigen Themen angepasst, der Werkstatt und einigen weiteren Projekten, stand eine Organisation, deren Gründer und Manager Jochen ist.
Jochen, der seit langen Jahren beäugt, kontrolliert, im Mittelpunkt vieler Verhandlungen die Gerichtssäle füllte. Dem man die Vermutung, dass alle eingenommenen Gelder in Hintergrundfirmen flossen, bis dato nicht nachweisen konnte.
Auch Mira war nur ein Teil eines seiner Puzzles, als Ergänzung vieler, wie sie erfuhr, ehemaliger Stasi-Mitarbeiter.
Was sie erst erfahren sollte, nachdem sie vermutete, in einer Sekte gelandet zu sein und den Gang zum Anwalt wagte.
Vermittelt von einer sie unterstützenden Dame des Gesundheitsamtes, an das sich Mira ebenfalls gewendet hatte
Mit der Zeit konnte sie immer mehr Puzzlesteine zusammen setzen und Klarheit erkennen.
Es war ihr ebenfalls bewusst, dass das Hauptinteresse der unterstützenden Stellen mehr darin lag, von ihr wichtige und fehlende Informationen zu erhalten.
Die dem Gesundheitsamt angegliederte Behindertenbeauftragte, die ihre Räumlichkeiten aufsuchte, um ein entsprechendes Gutachten zu erstellen, war nicht nur über die Zustände, sondern vordergründig über die Transparenz und die fehlende Intimität verwundert.
Zumal gerade während ihres Besuches Herr Unger ohne Ankündigung, Nachfrage, oder Anklopfen Stühle aus der Unterkunft besorgte.
Und nach dem Besuch wurde der bisher noch schwelende Konflikt erst richtig zum Brodeln gebracht und es gab keinen Weg zurück mehr.
Und inmitten des ganzen Chaos tat Mira das für sie so Natürliche, eine ihrer gesunden Mechanismen aktivierend.
Sie stand auf, sie stellte sich dagegen, sie stieg aus der Opferrolle und wurde zum Gegner.
Zum unbequemen Gegner, eine Tatsache, die sie bald zu spüren bekam.
Jochen hatte ihr eine bessere Unterkunft im Haus nebenan angekündigt.
Nun war keine Rede mehr davon.
Im Gegenteil.
Da Miras Behausung für die neuen polnischen Ankömmlinge benötigt wurde, sollte sie diese plötzlich räumen.
Herr Unger bot ihr einen kleineren Raum, ebenfalls in einem Nebengebäude.
Nur zwar ähnliche dem Jetzigen, aber ohne Bad und Küche.
Aber Mira hatte angefangen, den Weg, raus aus der Herberge, dem Dorf, dem Geschehen, zu gehen und wollte nicht mehr zurück.
Zumal der einziger Zugang zur Welt außerhalb des Dorfes, ihr Computer, ständige Abstürze produzierte, ein Virus den anderen jagte, ihr Telefon abgehört wurde und der gesamte, auch private Emailkontakt, über Jochens Rechner geleitet wurde..
Es war Zufall, dass sie einen älteren Herrn kennenlernte, der ihr den Zugang zu einer Hausverwaltung verschaffte.
In einem Nachbarort.
Ein Umbau.
Früher eine der dort zahlreichen russischen Kasernen, heute Wohnblocks meist arbeitsloser Menschen.
Dieser Umzug, Jochen, mehr froh, dem Druck seines Herbergsehepaares nicht mehr ausgesetzt zu sein, zahlte zumindest die Hälfte der zu hinterlegenden Kaution.
Den Rest sollte Mira in kleinen Raten tilgen.
Auch der Transport ihres bescheidenen Rest-Mobiliars wollte die Behindertenwerkstätte übernehmen.
Zwar hauste sie erneut eine Woche auf den nackten Fussboden, aber ihre Sachen wurden tatsächlich, diesmal reibungslos und ohne größere Schäden, angekarrt und ausgeladen.
Sogar einem neuen Arbeitsvertrag hatte sie bekommen, damit es, nach Monaten endlich mal losgehen konnte.
Sie hat den Vertrag nie unterschrieben, denn damit hätte sie nicht nur auf alle ausstehenden Zahlungen verzichten sollen, ihre Arbeit wäre mit einer erneuten 3-monatigen Probezeit begonnen und die fast zwei Jahre frühere Tätigkeit, bereits in Oberbayern beginnend, war gar nicht erwähnt.
Mira erkannte den Versuch, sie einerseits zu beschwichtigen, Gelder einzusparen, und die Falle, nun jederzeit kündbar zu sein.
Sie erkannte aber auch die Gefahr, als Leitung der Organisation, die, .immer spürbarer, Gelder veruntreute, sich selbst strafbar zu machen.
Der Vertrag landete zerrissen auf Jochens Schreibtisch und machte ihn zum ersten Mal richtig wütend.
Der bald darauf eingeleitete Prozess ließ nicht lange auf sich warten.
Mira musste nicht nur, sie wollte weg und hatte sich erneut bundesweit um eine neue Stelle beworben.
Eine Behinderteneinrichtung im Raume Lüdenscheid lud sie zu einem Vorstellungsgespräch ein.
Und verknüpft mit zwei Wohnungsbesichtigungen, einer Zusage am Stadtrand, plante Mira ihren nächsten und somit 5 Umzug innerhalb kurzer Zeit.
Erneut griff ihr eine der angeschriebenen Stiftung mit einem geringen Betrag unter die Arme.
Aber Mira setzte ihre ganze Hoffnung auf den bald beginnenden Prozess und die Tatsache, einen Großteil des ausstehenden Lohnes zurück zu erhalten.
Es war einer der trüben leeren DDR Sonntage, als eine kurze Email mit einem Angebot des kostenlosen Testes einer neuen Kartenline auf ihrem Server sichtbar wurde.
Neugierig war sie schon immer und verlieren konnte Sie auch nichts.
Also wähle Mira die dort angegebene Nummer und hatte eine durchaus nette Stimme im trüben Allerlei des Tages.
Einige Dinge, die jeden hätten treffen können, aber auch einige Wahrheiten, die besagtes Medium nicht wissen konnte.
Mira wollte wissen, ob sie wirklich, wie vermutet, in den Fängen betrügerischer Machenschaften gelandet ist und es schafft, sich zu befreien und einen erneuten Neuanfang zu starten.
Es gäbe eine Verhandlung, die nicht zu ihrer Zufriedenheit ausgehen würde, ihr aber den Neustart in eine veränderte Lebenssituation gewährleistet.
Und, Mira würde in Kürze einen Mann treffen, dem sie schon einmal begegnet ist, den sie aber nicht kennt.
Das hörte sich ja nicht schlecht an, eine Ablenkung und Aufmunterung in dieser Einöde und Perspektivenlosigkeit.
Das diese Prophezeiung sich so schnell ereignen sollte, hat Sie nicht in Erwägung gezogen.
Die Zeit zwischen erneutem Packen, Räumen und dem Abbau der Möbel verbachte sie, wie so oft, vor ihrem Rechner, chattet ein wenig, versuchte, bereits in Lüdenscheid ein paar Menschen kennen zu lernen.
Heute im Zeitalter der virtuellen Kommunikation ist ja fast alles möglich.
Den Chat hat sie lange nicht mehr aufgesucht und betrachte das, bereits in ihrer Seele verblasste Bild des Mannes, der eben ihr Profil besucht hatte.
Ihn, dem sie im Rheinland zum ersten Mal begegnet ist, mit dem sie ein nettes Telefonat geführt hatte, bevor er sich zurück zog.
Sie reagierte und seine jetzige Antwort und sein Interesse war verändert, zugewandter, aber auch fragend:
Er sei sich nicht wirklich klar, ob er der Mann ist, den sie suche.
Auf die Frage, was er denn suche, erfuhr Mira nun etwas, das in dem Augenblick verwirrte.
Die Farbe schwarz:
Damals vermutete sie eine Vorliebe für schwarze Kleidung.
Nun erfuhr sie, dass es ein Symbol seiner Vorliebe für Latex und Gummi war und so wurde ihr auch der im Profil geäußerte Wunsch nach dominanten Frauen mit Erfahrung, greifbar.
Sie hatte einen devoten Mann vor sich, oft in Anzeigen gelesen, nie wirklich begriffen und auch bis dato nicht begreifen wollen.
Wirklich damit umgehen konnte Mira nicht, es war eine andere, bisher unbekannte Welt.
Und sie war weder erfahren, noch dominant, aber sie war provokant und neugierig.
Es hatte ein paar Tage unbedeutendes Geplänkel gedauert, um sie auf seine Provokation einzusteigen zu lassen.
„Okay, dann lass uns spielen“ antwortete sie mutig.
Darauf habe ich gewartet, verriet ihr Thomas, so hieß er.
Und bald hielt Mira seinen ersten Textentwurf einer gewünschten Szene in Händen.
Ein Text, um sie aus der Reserve zu locken, voll frivolem Inhalt, aber mit später verglichen, harmlos.
Es reizte sie sehr, weckte ihren Kampfgeist, darauf einzugehen, und da voller auch journalistischer Kreativität, bastelte Mira einen eigenen Entwurf.
Fantasierte ein weibliches Pendant geschilderter Szene.
Und bemerkte erst viel später, dass genau da der Zeitpunkt begonnen hat, bis dato versteckte Neigung auszugraben.
Auch wenn Thomas diesen Text, wie viele Weitere, aus dem Netz gezogen und als eigenes Erleben verkauft hatte.
Der Ihrige war echt, voller kreativer Ergüsse und seine freudige Reaktion Anerkennung, weitere Szenen zu gestalten.
Fast täglich fabrizierte ihr Kopf neue Geschichten.
Ihr, noch in grauen Gebäuden verpackter Alltag gewann an Farbe, lies sie stark werden und voller neuer Hoffnung in die Lüdenscheider Zukunft blicken.
Täglich begegneten sie sich zum virtuellen Austausch ihrer gemeinsamen Erlebnisse.
Mira bastelte ihre erste wirkliche Geschichte, noch mit dem Niveau, das in vielen Nachfolgethemen nur unterschwellig vorhanden.
Virtuelle Begegnung
Das fünfte Kapitel
Mira war mitten im Umzugsgerümpel, wie hatte er in seiner SMS geschrieben: „Wenn ich nur mehr Zeit hätte, hätte Dir gerne geholfen.“
Sie wusste da noch nicht, das es lediglich eine Geste des guten Anstandes, aber keine reale Mitteilung war, denn sie kenne niemand, der so wenig gelernt hat, Dinge in die Hand zu nehmen, als Thomas.
So handlungsunfähig und unbegabt, eigene Handlungen umzusetzen.
In dem Moment gab es ihr Trost und Stärke für weitere Aufräumaktionen.
Tagelang ohne Telefonkontakt sehnte Mira zumindest ihre Ordnung und eine Prise Gemütlichkeit in ihrem neuen Zuhause der kleinen Stadtrandwohnung herbei.
Wartete auf ihren angekündigten Telefonanschluss, um den Kontakt weiterführen zu können.
Endlich wieder in Kontakt kommen, neue Begegnungen basteln, neue Geschichten kreieren und das erste reale Treffen vorbereiten.
Hier, in mitten meines Chaos erinnerte Mira sich an die Aussagen der Kartenlegerin.
Im Rheinland verloren, zwar bekannt, aber unbekannt bis auf ein kurzes Telefonat.
Erneut im Chat wieder gefunden und diesmal voller Neugier auf eine so ganz andere Begegnung, eine ganz andere, bis dato unbekannte Welt eingelassen.
Und eine hervorbrechende Kreativität, lange verschüttet, durch ihn zum Leben erweckt und in zahlreichen Variationen als frivole Ergüsse in unzähligen Geschichten verpackt.
Geschichten, die Mira ihm, einen fremden Mann, noch nie real gesehen, schrieb, Intimitäten, die weit über das hinaus gingen, was sie bisher auch nur angenommen hatte, was sie an sich kannte.
Erstaunt aufgrund ihrer eigenen bis dato verborgenen Schätze.
Sie sandte ihm diese Visionen, als der neue Online Anschluss nach Tagen funktionierte.
Und Thomas reagierte begeistert aufgrund der hervorbrechenden und ihn überschwemmenden Kreativität, die nicht nur seine sexuelle Neigung ausschmückte, die sich in ihn bohrte, seine eigenen Filme im Kopf wie in einer Endlosschleife immer wieder abspielen lies.
Und Thomas Reaktionen waren wiederum Ansporn für neue Kreationen.
Auch wenn die neue Arbeitsstelle, die Mira glaubte, sich als Trugschluss erwies.
In der Zwischenzeit wurde aufgrund des Ausscheidens eines Mitarbeiters eine Ganztagskraft als Betreuung der Behinderten benötigt, dies hätte bedeutet, in die Einrichtung zu ziehen, um jederzeit abrufbar zu sein.
Das war schon aufgrund ihrer zeitlichen Einschränkung nicht möglich.
Mira hatte das Glück, eine Kleinanzeige zu entdecken, in der eine Teilzeitkraft für den Bereich Marketing gesucht wurde.
Und schnell kam es zu einem positiven Vorstellungsgespräch, was einen sofortigen Arbeitsbeginn ermöglichte.
Zwar nicht sehr interessant und erst recht nicht ihrer Qualifikation entsprechend, aber der Verdienst war gesichert und der Job lies ihr viel Zeit für ihn. Thomas, der ihre Tage ausfüllte.
Thomas, der ihr ein neues Lebensgefühl vermittelte, sie zu begehren schien, immer mehr anspornte.
Thomas, der ihre Gedanken und ihre Träume ausfüllte.
Es gab virtuelle Feedbacks, verpackt in Texte, ob selbst verfasst oder im Laufe viel zu langer Jahre gesammelt, verziert mit Bilder, die sie damals erschreckten.
Später konnte Sie über die Harmlosigkeiten nur lachen.
Thomas beschwichtigte ihr spürbares Entsetzen mit eigenen, lediglich niedergeschrieben, aber nie real umgesetzten Fantasien.
Irgendwann ging ihre zu dem Zeitpunkt rein virtuelle Beziehung ein wenig in mehr in Richtung Realität, es folgten abendliche Telefonate.
Schon vorher war sein Wunsch nach Strenge immer spürbarer, immer drängender geworden.
Einer Strenge, die Mira nicht in sich erkennen konnte, die sie aber so gerne vorgezeigt hätte, für ihn.
Stückchenweise tastete sie sich auf unbekannten Boden, angeleitet durch ihn.
Begann Neuland zu entdecken, seine Welt zu erleben und sich zu informieren.
Stapelte Seiten wertvoller Informationen, gezogen aus einschlägigen Internetforen, auf ihrem Rechner.
Angespannt auf dem Sofa liegend, den Hörer haltend, voller Neugier, aber auch voller Unsicherheit, lauschte Sie dem angekündigten Telefonat entgegen.
Sie hatte vergeblich versucht, ihn über die angegebene Telefonnummer zu erreichen, hatte ihre Stimme streng und ungehalten, auffordernd klingen lassen.
Der dort angeschlossene Anrufbeantworter hatte ihren Ruf durchaus gespeichert, wie sie am darauffolgenden Tag von einer freundlichen Stimme per Rückruf erfahren konnte.
Miras Interesse galt in dieser Zeit ihm, ihren Visionen, ihren Begegnungen und ihrer neu entdeckten Welt.
Noch nie hatte sie sich so viele Dessous oder andere neue Kleidung gekauft.
Nie zuvor war sie so selbstbewusst durch Zentren geschlendert, durchaus bewusst die Blicke der Männer geniesend.
Sie genoss das Gefühl, Fantasie in einigen Köpfen zu sein, während ihre eigene Fantasie nur um Thomas kreiste.
Zwar schmückte sie sich mit einigen attraktiven männlichen Exemplaren, denn seit langer Zeit genoss Mira die ihr entgegengebrachte Aufmerksamkeit.
Und nutze sie natürlich.
Es tat gut, zum Essen eingeladen zu werden, Blumen zu erhalten, Liebesbotschaften und was sie früher nie in Erwägung gezogen hatte, sich nächtlicher Unterhalter zu erfreuen, das entdeckte sie nun zum ersten Mal.
Und es gab die eine oder andere Begegnung, die am nächsten Morgen neben ihr aufwachte.
Eine neue Ausstrahlung, die Männer anzog.
Zumal Thomas kein, wie Mira geglaubt hatte, freier Mann war.
Also kein Grund, Rücksicht zu nehmen.
Auch wenn sie die Botschaft zu spät, viel zu spät für ihre Seele, am Telefon schonungslos, wie selbstverständlich, unverpackt mitgeteilt bekommen hatte.
So ganz lapidar hingeworfen, in einem abendlichen Telefonat erfuhr Mira, dass er eine Frau im eigenen Haus beherbergte.
Zu spät, den Deckel, dessen, was bisher verschlossen und durch und mit ihm neu belebt wurde, wieder zu verbannen.
Mit Claudia weit über 10 Jahre jünger, lange verheiratet, einen noch minderjährigen Sohn.
Mira war enttäuscht und da halfen auch seine Erklärungsversuche nichts.
Das diese Ehe bereits seit über 10 Jahren keinen Bestand mehr habe.
Es keine Liebe, geschweige denn Sexualität gibt und der Zusammenhalt das Geld, der gemeinsame Sohn und die Tatsache, dass seine Frau unter schweren Erkrankungen litt, waren.
Es war ungewöhnlich für Mira, diesen Pseudoausreden zu vieler Männer Glauben zu schenken und sie nicht am eigenen Strick ihres Selbstbetruges hängen zu lassen.
Mit Thomas schien ihr Selbstbewusstsein irgendwie zu bröckeln, sie wollte ihm glauben.
Mira heuchelte Toleranz, heuschelte Verständnis, bot zudem noch Hilfe an.
Alles, um für ihn zu etwas Besonderem zu werden.
Geduldig hörte sie den Schilderungen zu.
Wie unmöglich genau diese Erkrankungen den Ehealltag gestalteten, jede Form von Sexualität unmöglich gemacht hatten und irgendwann sei das Interesse und die Gefühle gänzlich erloschen.
Früher habe Claudia ihn noch in seiner Kosmetikfirma unterstützt, heute kümmere sie sich nur noch um sich und ihre Erkrankungen.
Sogar den Jungen müsse er beaufsichtigen, damit seine Termine und Essenszeiten eingehalten werden.
Seit der Geburt des Jungen lebt er mit Claudia wie Bruder und Schwester
Auch psychisch habe die Erkrankung ihren Tribut gefordert, er habe alles versucht, sei zu zahlreichen Spezialisten im In-und Ausland gefahren, habe Therapeuten aufgesucht, aber Claudia habe alles boykottiert und jede Therapie verweigert.
Er sei so oft gegen eine Wand gerannt, dass er schon mit dem Gedanken eines gemeinsamen Hinübergehens gespielt habe.
Eine Zeit, bevor zerbrochene Gefühle seinerseits jedes Interesse abklingen ließen.
Mira hörte, spürte und dachte.
Verwundert über ihr eigenes Verhalten.
Warum nehmen sich reife Männer junge Frauen.
Um eigene Themen zu kaschieren, sich nicht wirklich mit einem gleichwertigen Gegenüber auseinandersetzen zu müssen.
Sich aufzuwerten und eigene Leere mit zwar attraktiven, aber ebenfalls leeren Hüllen zu füllen.
Eine Realität, die sich viel später als richtig bestätigen sollte
Thomas fühlte ich als Opfer einer ihm zugemuteten Situation, einer Frau, die seit Geburt des Kindes ihre Erkrankung missbrauchte, als Entschuldigung eigener Arbeitsunwilligkeit.
Sich aushalten, bedienen und verköstigen lies, ohne Gegenwert.
Ohne zumindest als Gesprächspartner in dadurch extrem erschwerter Lebens- und Arbeitssituation präsent zu sein.
Auch wenn Mira ahnte, wusste, dass hier der eigene Selbstbetrug Mutter der Gedanken war, sie glaubte, hoffte, wollte ihm das sein, das geben, was er scheinbar vermisste und immer wieder betonte.
Partnerin, Geliebte und Mitarbeiterin.
Schon in dieser Zeit spürte Mira sein "Anders sein".
Erkannte eigene Anteile, von Angst, Vernichtung, Krankheit.
Parallelen zur eigenen durchlebten Vita, zum eigenen Elternhaus.
Auch wenn Thomas viele seiner Äußerungen versuchte, herunter zu spielen und bereits dort eigenes Versagen mit der "erschwerten wirtschaftliche Krise" versuchte, vor sich selbst zu begründen.
Da sein Besitz, seine Firma, seine Häuser, alles der Bank gehört und er keine Absicherung im Alter erkennen konnte.
Sie erfuhr von Andrea, einer Ex Geliebten vor wenigen Jahren, die nach innigem Zusammensein, extra wegen ihm, in seiner Nähe, nicht nur ein Praktikum begonnen, sondern auch eine Wohnung gesucht hatte.
Er hätte nur noch drei Monate benötigt, mit seiner Frau, die informiert und laut heulend im eigenen Hof Theater gemacht, gepackt und mit Auszug gedroht hatte, zu einer geklärten Entscheidung zu kommen.
Unverständlich, das gerade nach einer Messe, wo natürlich seine Firma die meiste Zeit benötigt habe, genau diese Frau aus seinem Leben verschwunden sei.
Nachdem er ihr ein wenig Geld hat zukommen lassen, nur mit einer SMS, jede Form des Gemeinsamen kappend, ohne Spur sein Leben verlassen habe.
Es hat Mira einige Zeit und ein ähnliches späteres Erleben gekostet, nachzuvollziehen, was in dieser Zeit abgelaufen sein musste.
Aber sie wusste schon immer, dass jeder Mann, der eine Ehefrau und eine Geliebte gegeneinander ausspielte, den Preis dafür zahlen wird.
Nur Thomas war nicht bereit, den Preis eigener Handlungen zu zahlen.
Thomas war nicht bereit, irgendeinen Preis zu zahlen, denn er erkannte die Notwendigkeit nicht.
Erkannte nicht den eigenen Beitrag an Situationen und war bewohnt zu nehmen, sich bedienen zu lassen, aber nie dafür eine Gegenleistung zu erbringen.
Bittere Erfahrungen, die Mira später machen sollte.
In der Zeit war sie auf seiner Seite, zeigte sich erschüttert der Tatsache, dass der 12 jährige Junge stellvertretend den Platz im Ehebett übernommen hatte.
War entsetzt zu hören, dass Thomas bereits mit 7 Jahren die eigene Mutter verloren hatte, ein Desaster für jedes Kind.
Und eine Erklärung seiner Neigung, sich immer wieder durch seine besondere Vorliebe selbst zu bestrafen.
Mira war schockiert, zu erfahren, dass die eigene Stiefmutter ihn, den damals pubertierenden Jungen, ins eigene Bett geholt hat.
Und es Thomas, nach eigenen Aussagen, gefallen hat.
Dieses Gefühl, einen frühen Missbrauch für sich selbst positiv umzuwandeln, kannte sie nur zu gut.
In einem Telefonat äußerte Thomas die Befürchtung, dass auch Claudia früh versterben könnte.
Und sein Gefühl ihm sagte, das sie nicht sehr viel älter als Mitte 40 werden könnte.
Was er dann als viel beschäftigter Firmeninhaber und Besitzer mit seinem Kind machen wird, war ihm nicht klar.
Wahrscheinlich den durchaus liebevollen Großeltern übergeben.
Mira hat sich schon oft gefragt, ob dies eine wirkliche Befürchtung, oder ein Wunsch war, die, wie oft auch in anderen Situationen, verhasste Ehefrau auf einer für ihn finanziell erträglichen Art und Weise loszuwerden.
Denn, wie er ihr sagte, regele ein Ehevertrag die Tatsache, dass, seine mit geringer Rente ausgestattet Frau bei einer Trennung keinen Cent erhalten solle.
Mira lies das alles so im Raume stehen, wollte nicht darüber nachdenken, ihn nicht auf sich selbst zurück führen, denn das hätte bedeutet, sich zurück ziehen zu müssen.
Später wurde ihr klar, dass Thomas nicht wirklich die Fähigkeit zur eigenen Auseinandersetzung besitzt und Eigenreflektion ein Fremdwort für ihn war.
In der Zeit aber wollte sie ihn behalten, ganz für sich gewinnen und ihr Selbstwert, oder war es ihre Selbstüberschätzung, stiegen in ein Form der Realitätsfremde.
Sie fühlte sich durch ihn, diesen tollen Mann, begehrt, ein Mann, der da etwas, bisher Unbekanntes nicht nur entdeckt hatte, immer weiter hervorlockte, provozierte, sondern zum Mittelpunkt ihres und damals, wie sie dachte, auch seines, Lebens machte.
In dem alles andere, alle vergangenen und vorhandenen Schwierigkeiten ohne Bedeutung wurden.
Es gab in dieser Zeit für sie nur der regelmäßige, fast tägliche virtuelle Austausch ihrer Visionen, ihrer frivolen Inhalte.
Wobei sie mehr zum Fabrikant war, der wuchs, aufgrund seiner Reaktion, seines Lobes, seines ständigen Ansporns.
Schon seit Tagen hatte er Mira zu einem realen Treffen versucht zu überreden.
Ob es Unsicherheit war, seinen Ansprüchen nicht zu genügen?
Sie war nicht bereit, hatte Angst, fühlte sich, aufgrund der eben überstandenen Cortison Behandlung und 20 überflüssigen Pfunden, ihrer Schlankheit beraubt.
Obwohl bereits in einer extra darauf zugeschnittenen Geschichte verpackt, zusammengepackt wie notwendige Seelenkleidung, einen Mantel, sie zu schützen, die Szene selbst zu gestalten, selbst deren Ablauf zu bestimmen, hat sie immer wieder neue Ausreden erfunden.
Ihm ihre Fantasie wie auf einem Präsentierteller gesendet, in der Hoffnung, dass ihre Befürchtung und ihre Botschaft verstanden wurden.
Die Messe, die er jährlich besuchte, rückte näher und sein Drängen wurde zur Aufforderung, ihn zu begleiten.
Gerade eben hatte Mira erst Oberbayern verlassen, voller Heimweh und dann noch Tage dort mit ihm, zu Testzwecken, oder wie er es nannte:
„Um sich Kennen zu lernen“… das war zu viel.
Aber sie hatte sich überreden lassen, ihn am Hamburger Flughafen zu treffen.
Ihr erstes Treffen, bei dem Mira Mr. Kanzler zum ersten Mal begegnen wird, ihn lange Monate immer wieder gesucht hat und ihn nicht mehr entdeck en konnte.
Mehr denn je drängt sich ihr viel später die Frage auf, ob überhaupt vorhanden oder wie so vieles, abgekupfert und unter eigenem Namen verkauft.
Sechstes Kapitel
Mr. Kanzler und die erste reale Begegnung
Es war kalt, Nebel lag auf der Autobahn.
Der Umzugsstress lag hinter Mira, die neue Wohnung war einigermaßen wohnlich und der neue Job zwar langweilig, aber er schaffte den notwendigen finanziellen Rahmen.
Mira stand lange Zeit vor dem Spiegel, hatte sich unzählige Male umgezogen, bevor sie das Gefühl gewann, in ihren hohen Stiefeln, der weißen Jeans und dem langen schwarzen Chasuble die angemessene Kleidung gewählt zu haben.
Wie naiv ihre Gedankengänge zu dem Zeitpunkt waren.
Als in langem Kleppermantel kostümierte Latex- Dom hätte sie nicht nur seine Aufmerksamkeit angezogen.
Mit langen Handschuhen, einem engen Gummikleid und den passenden Stiefeln, mehr seinen Vorstellungen entsprochen.
Das erste reale Treffen mit Thomas, der gerade in den letzten Tagen immer wieder versuchte, sie als Messebegleitung zu gewinnen.
Diesem Treffen konnte sie nicht wiederstehen, denn nichts war stärker, als der Wunsch, ihn endlich real zu erleben.
Den Glanz in seinen Augen zu spüren und zu genießen.
Ihm zu gefallen.
Unzufrieden betrachtete Mira ihre gerade frisch gewaschenen Haare, die langen blonden Locken, auf die sie so stolz war.
Trotz des doch reife Alter, zwar gefärbte, aber dick, füllig und ein Blickfang.
Endlich in Form gebracht, bemerkte sie, dass das Haarspray leer war.
Sie hatte es in der Hektik ganz einfach vergessen.
Da blieb nur noch der unnatürliche Haarlack, um die Pracht zu halten.
Ob sie ihm gefiel?
Diese Frage war das Einzige, was sich tief in Miras Kopf eingegraben hat, sie während der gesamten Fahrt in der aufsteigenden Dämmerung, der fremden Strecke zum Hamburger Flughafen beschäftigte.
Thomas hatte ihr den Terminal, an dem der Zubringer ihn ausladen würde, genannt, das Parkhaus, in dem sie ihren Kleinwagen abstellen konnte.
Und das Kaffee beschrieben, an dessen Rolltreppe er oben, zum ersten Mal real vor ihr stehen wird.
Sie wussten beiden bereits sehr viel übereinander, aber dieses ersten Treffen lies ein lang vergessenes Gefühl in ihr entstehen.
Etwas, das sie lediglich aus Teenagertagen kannte, lange nicht mehr erlebt.
Zwar war Mira zwischenzeitlich eine sehr gute virtuelle Herrin geworden, ob sich diese Haltung auch in der Realität aufrecht halten lies, blieb ungefragt im leeren Raume stehen.
Mira fühle sich für eine „Begutachtung“ erworbener Fähigkeiten und einer realen Begegnung noch nicht in der Lage.
Dank Navigationsgerät fand sie den Flughafen ohne Probleme, der angegebene Terminal war gut ausgeschildert und das Parkhaus schnell gefunden.
Sie schritt zumindest nach außen spürbar, selbstbewusst durch die große Halle, steuerte die Rolltreppe an und fand im benannten Kaffee einen Platz, bei dem sie den Blick auf die ankommenden Gäste richten konnte.
Thomas kam pünktlich, sie erkannte ihn nur schwer alleine aufgrund der im Vorfeld zugesandten Bilder.
Konnte das dort verewigte Strahlelachen nicht in seinem Gesicht finden.
Dieser, eher mürrischen" Ausdruck war typisch für Thomas, wie sie viel später erfahren sollte.
Bekleidet mit einem Kleppermantel, einen abwesenden Gesichtsausdruck, den Kopf gesenkt, in der Hand einen Zugkoffer, erreichte er das Ende der Rolltreppe.
Sie hatten ihn sich anders vorgestellt.
Aber es war ein anderes Gefühl, als Enttäuschung, es war Erstaunen, Aufregung.
Irgendetwas ging von ihm aus, fremd, aber vertraut und er wirkte gekünstelt.
Mira umarmte ihn, hatte aber das Gefühl, sie umarmte Thomas, aber Thomas umarmte nicht sie.
Es erschien ihr, als ziehe er sich innerlich zurück.
Er wirkte unsicher, wie die ganze Begegnung unecht wirkte.
Das war der Mann, dem sie wochenlang entgegen gefiebert hatte?
Nicht, das er ihr nicht gefiel, er wirkte so fern, so in sich gefangen.
Zwar spendierte er den gemeinsam getrunkenen Kaffee, zeigte ihr Fotos des Sohnes, erzähle, aber die in der virtuellen Welt intensive Nähe fehlte.
Später, vor der Türe, bei einer Zigarette, erzählte Thomas das, was lange Zeit immer wieder in seine Kommunikation eingebaut wurde, wie festzimentiert und sich selbst Lügen strafend.
"Nein er hänge an nicht"
Dabei hängt Thomas an mehr, als Mira je einen Menschen hat festkrallen sehen und was ihn eines Tages, wie eine Made, innerlich auffressen wird.
Schein, Schutz, Rückzug in seelisch verhornte Welten, die schmerzfrei und seine Seele schützen, wie Tonband abgespult immer wiederkehren.
Als Thomas ihr draußen gegenüber stand, konnte Mira ihn näher betrachten.
Hätte sie ihn zum ersten Mal getroffen, ohne ihre gemeinsame virtuelle Vergangenheit, ohne diese, bestehende Intensivität, wäre er ihr nicht wirklich aufgefallen.
Mira fand in Thomas Gesicht nichts, was ihr signalisierte, ob sie ihm gefiel, was er empfand, was er dachte.
Er erzählte von seiner Firma, der geplanten Messe, seinem Sohn und von ihr, Claudia, seiner Frau.
Von der Zeit, als er noch Musik gemacht hatte und steckte ihr eine eigene CD zu.
Mira lernte nicht nur Thomas kennen, sie begegnete noch jemand.
Einem inneren, lange verbannten Anteil aus Thomas Persönlichkeit:
Mr. Kanzler.
"Hier hörst Du mich singen".
Thomas neigte den Kopf, als versuche er auszuloten, ob sie seinem Kuss ausweichen würde.
Als seine Zunge sich in ihren Mund bohrte, schlang sie ihre Arme um seinen Hals.
Mira erkannte ihn wieder, erkannte den Mann, dem sie schon lange in der virtuellen Welt innerlich begegnet war.
Thomas legte seine Hand, etwas kleiner als die Ihrige, auf ihren Arm.
Er hatte ungewöhnliche Hände, die keine Kraft zu haben schienen, kleine, wenig grifffeste Hände.
Das war ihr bereits im Kaffee aufgefallen.
Hände, die nicht wirklich zugreifen, anpacken, meistern konnten.
Ein Gefühl, das zu dem Zeitpunkt entstand und sich auch später bewahrheiten sollte.
Thomas Kuss war sanft, trotzdem fordernd und als hätte er lediglich diesen Beweis und die Sicherheit des Angenommen werden, abgewartet, trieb Thomas Mira zur Eile an.
Sein Flug wurde aufgerufen und er hatte es plötzlich eilig.
Mit der Bitte, ihm per Handy die Messenächte zu versüßen und zu verkürzen, drückte er ihr die CDs in die Hand, einen flüchtigen Kuss auf den Mund und verschwand in der Menge.
Mr. Kanzler, rebellisch, revolutionär, politisch kritisch, gute Stimmen aus der Musikbox.
Zurück in ihrer Wohnung, hörte Mira diese CD rauf und runter, in den nächsten Tagen, sang den Text im Haus, im Supermarkt.
Und suchte seine Stimme.
Sie vermisste ihn, sie sehnte ihn zurück, herbei.
Tief in ihr begann etwas zu wachsen, ein kleines Gefühl noch, aber da begann die Liebe zu Thomas.
Schüchtern, noch versteckt, wie eine durch harten Asphalt brechende kleine Blume.
Aber sie war auch verunsichert, denn Thomas hatte kein Signal gesendet, nichts, das darauf schließen ließ, dass auch sie ihm gefiel.
Mr. Kanzler begeisterte Mira, eine Begeisterung, die sie später immer wieder vergeblich suchte.
Mr. Kanzler, der lange im eigenen Morast versunken, tief vergraben, lange verschollen, sich selbst entmachtet hat.
Dabei war Mr. Kanzler das einzig Lebendige an Thomas.
Der nächste Tag, sie hatte am späten Abend die begrenzte Möglichkeit des Handys genutzt, eine kleine frivole Botschaft in eine Szene verpackt an ihn zu simsen.
Erst der nächte Tag bot Gelegenheit eine neue Welt zu kreieren.
Erlebtes virtuell zu verarbeiten, in Form zu bringen.
Meisterwerke neuer frivoler Inhalte, Reisen mit unbekannten Ziel und Ausgang, gute Nachtgeschichten.
Mira schuf eine Welt, um mit ihm und für ihn, für sie Beide eine Städte der Begegnung zu schaffen.
Mondo del d´oro brivido
Baute Wünsche, Fragen und Sehnsüchte in ihre Geschichten, schaffte Raum, in dem nur sie beide sich aufhielten.
Und ihre Fantasie war ungebremst, auch nachdem er von der Messe zurück war.
Ihr erzählte, wie schlecht diese Messe besucht, der Platz gewählt und mit wenig Gewinn bestückt diese Tage abgelaufen waren.
Sie kannte ihn nun immer besser und es wurde Zeit, ihn in ihre neue Wohnung einzuladen.
Ihr Gedanken kreiste um ihn, beschäftigten sich mit den Puzzleteilen des so schwer zu begreifenden und so widersprüchlichen Mannes, die sie versuchte, zusammen zu setzen, um ihn zu verstehen.
Zumal er der verbal frivolen Sprache zugängiger war und dort der Schwerpunkt seiner Kommunikation zu liegen schien, denn in dieser Sprache erhielt sie einige der Antworten, die immer wieder als Frage im Raume standen.
Ihre virtuellen Treffen fanden nun regelmäßig statt und wurden intensiver.
Zwei Menschen, die sich nur kurz und einmal real begegnet waren, teilten den virtuellen Alltag miteinander.
Mira ist selbst in einer Familie mit psychisch kranken Menschen aufgewachsen, hat lange Jahre ihre eigene Vita therapeutisch verarbeitet.
Sie spüre eine tiefe Seelenverwandtschaft zu diesem komplexen Wesen Thomas auf der anderen Seite des Computers, einem Wesen, der sie bis in die Tiefe ihrer Träume verfolgte.
Diesen einen Traum, voller Bedeutung, sein Leben spiegelnd, so wirklich, wird Mira nicht vergessen.
Es war die Reproduktion seines bisherigen Lebens.
Entsetzt fuhr Mira in dieser Nacht aus dem Bett, so real, so greifbar.
In ihrem Kopf formten Gedanken das nächtliche Erleben nach.
Der Traum
Sie sah ihn, einen Mann vor einer Karte sitzen, einer Karte, die eine Welt zeigte.
Eine Seite der Erde, grün, lebendig, die andere kalt und Eis, erfroren.
Er musste sich entscheiden und Mira sah, dass er sich ins ewige Eis begab.
In einer Höhle, riesige Felsen, hoch, kein Himmel zu sehen, nur der kalte, feuchte, wassertriefende graue blanke Fels.
Zwar mit einem Eingang und einem Ausgang versehen, aber eng, wie gierige Arme griffen die feuchten Wände nach dem auf einem engen schmalen Weg laufenden Mann.
Nackt in der eisigen Kälte, lediglich mit Pampas bekleidet.
Unscharf im Hintergrund ein Kind und eine Frau.
Der Mann lief, er konnte nichts anderes tun, als laufen, flüchten, es schien seine einzige Bestimmung zu sein.
Sie beobachtete den Eingang, von dem sie nur wusste, dass es ein Solcher war.
Als majestätisch ein Löwenpaar in die enge Halle schritt.
Mit wehender Mähne stolz mit erhobenem Kopf schritt er voran.
Hinter ihm die Löwin, achtsam beobachtend, nach Beute Ausschau haltend.
Kraftvoll und bedrohlich.
Mira wusste, dass in der Enge der Höhle kein Ausweichen möglich war und die Löwen den Nackten als willkommene Beute sahen.
Sie wusste auch, dass die Kraft, symbolisiert durch diese beiden Löwen, einerseits das darstellte, was der Mann dringend nötig hatte.
Kraft und Stärke, aber die Entscheidung des Mannes für die vereiste Seite der Erde hatte ihn genau durch diese Stärke nun in Gefahr gebracht.
Die einzige Möglichkeit, den Mann zu retten, bestand darin, ein Zusammentreffen zu vermeiden.
Und während Miras Traumgedanken sich um dieses Thema rankten, erhaschte sie einen Blick durch den am Ende des engen Ganges befindenden Ausgang.
Erneut hohe, kalte, feuchte und grau, nackte Felsen.
Als sie einen Schuss hörte und bevor sie realisieren konnte, um was es sich handelte, blickte sie in die von weit oben von den Felsen hinab fallenden Löwen, deren tote Gesichter in ihre Richtung gedreht waren.
Sie blickte in tote, brechende Augen, bevor die schweren Körper auf den nackten Boden aufschlugen.
Und sie wusste, dass der Mann zwar gerettet, aber seiner Kraft beraubt war.
Er hatte die Wahl gehabt und sich für die vereiste Seite entschieden.
Oft hat Mira versucht, Thomas die Bedeutung dieses Traumes näher zu bringen.
Viel später, als dessen Frau Claudia es geschafft hatte, Mira, gemeinsam mit dem Team seiner Firma aus Selbiger zu mobben, als es noch Rainer gab, hat Mira durch Rainer diesen Traum an Claudia weiterreichen lassen und sie weiß, dass Claudia, nicht unbedingt ohne Begreifen, dies als Thomas Geschichte, das Leben ihres Mannes, erkannte und die tiefe Bedeutung der fehlerhaften Entscheidung und deren Grausamkeit, ihr komplettes Leben bestimmend, zumindest im Ansatz nachvollziehen konnte.
Mira ist lange nicht sicher gewesen, ob Thomas die Botschaft überhaupt gelesen hat und wenn, ob er sie verstanden und als seine Geschichte begriffen hatte.
Denn eigene Reflektion sind für ihn ein Thema, das es konsequent zu vermeiden galt.
Siebtes Kapitel
Note sechs- Flucht
Auch nach Thomas Rückkehr von der Messe gingen die täglichen, virtuellen Begegnungen zwischen Thomas und Mira weiter.
Wurden sogar intensiver, regelmäßiger.
Einem weiteren und intensiven Treffen stand nichts mehr im Weg.
Nun war es Mira, die auf diese Begegnung drängte.
Und Thomas, der den Termin hinauszögerte.
Mira konnte zu dem Zeitpunkt noch nicht ahnen, dass ein erwachsener Mann sich heimlich in Ausreden flüchten muss, um dem Kerker des heimischen Gefängnisses zu entgegen.
Eine kranke, zerstörerische Ehe, die am Rande des Abgrundes droht, in die Tiefe zu stürzen.
Mal war das Auto kaputt, Claudia hatte einen Kabelbrand verursacht.
Dann benötigte der andere Wagen neue Reifen.
Abendliche Sessions und neue Geschichten konnten die Zeit nur schwer überbrücken.
Oft wurden abendliche virtuelle Begegnungen, Thomas hatte Mira die Freischaltung seiner Webcam ermöglicht, damit die Herrin die regelmäßigen Reaktionen nicht nur kontrollieren konnte.
Oft entweder abrupt abgebrochen, wenn, nach Thomas Angaben, der gemeinsame und minderjährige Sohn unerwartet in der Türe des Büros stand, um seinen Vater zum gemeinsamen Abendessen abzuholen.
Oder Thomas musste sich nach Beendigung der „Behandlung“ sehr beeilen, um sich um das Kind zu kümmern.
Zu abrupt, ohne liebevolle Grüße, die Mira ersehnte.
Thomas Zeitplan machte es erst vier Wochen später möglich, zumal er sofort nach Arbeitsende ungeduscht eintreffen wollte.
Es ist Mira viel später klar geworden, dass er sich unangekündigt dem häuslichen Gefängnis und der ihn dominierenden Kerkerwärterin. entzogen hatte.
Bis zu dem Zeitpunkt war es Mira immer noch nicht klar, welche Wirkung die Begegnung mit ihr am Flughafen auf Thomas genommen hatte.
Nur ein kurzer Nebensatz in einer der von ihm erhaltenen Emails signalisierte ihr, dass er erstaunt war, dass seine „Neue Herrin“ so gut aussehe.
Bereits Tage zuvor bereitete sich Mira emotional und körperlich auf das ersehnte Treffen vor.
Kaufte sich neue Dessous und plante dies Szene in ihrem Kopf und dann zu Papier.
Das Bett im Schlafzimmer war bald frisch überzogen, dekorativ geschmückt.
Er wird Hunger haben, wenn er sofort von seiner Arbeitsstelle losfahren möchte, also stellte Mira Gebäck und ein kühles Getränk auf die Kommode neben dem Bett.
Mehr Aufmerksamkeit und Zeit forderte die geplante Inszenierung des ersten Spieles, vom dem Mira nur eine schwammige Ahnung hatte, was Aufgabe einer Herrin ist und großes Kopfzerbrechen bereitete es ihr, was er von ihr erwartete.
Denn dass seine Erwartung groß war, spürte sie in jeder Zeile seiner nun regelmäßigen Emails.
Sehr bewusst wählte Mira ihre Kleidung.
Kreierte die Situation im Vorfeld bis ins Detail.
Sie hat ihm bereits aufgetragen, dass er neben seinen, oft erwähnten Toys, auch einen Kleppermantel einzupacken hat.
Er erwähnte oft ein rotes Gummikleid, einmal hatte sie dieses via Webcam gesehen und war begeistert.
Genau das sollte ihre Kleidung sein.
Das mitzubringen hatte sie ihm ebenfalls befohlen.
Am Morgen, nachdem der Raum wohlig warm war, legte sie dünne Schaals bereit, mit dem wollte sie ihm nicht nur die Augen verbinden.
Kurz vor Eintreffen fixierte sie an jedem Fuß des Bettes einen Solchen, mit dem sie den Wehrlosen fixieren wollte.
Die Jeans über dem hauchdünnen Stringtanga, einem Top wartete sie im Wohnraum.
Unterwegs hatte sie ihm einige Order per SMS zukommen lassen, kleine, frivole Botschaften.
Er schien sich zu verspäten, eine Eigenschaft, die ungewöhnlich war, denn eines konnte man Thomas nicht nachsagen.
Unzuverlässigkeit, wenn etwas ausgemacht war.
Diese Begegnung sollte etwas Besonderes sein.
In Miras Kopf hatte sich der gesamte Akt bereits als feste Szene fixiert.
Es wird dunkel sein, wenn er kommt und an der Haustüre einen Zettel vorfinden wird, der ihm mitteilt, das sie gerade noch etwas einkaufen ist und er den Schlüssel zum Öffnen und eintreten nutzen möchte.
Ein weiterer Zettel im Hausflur wird ihm befehlen, seine mitgebrachte Kleidung an der Garderobe aufzuhängen, ihm verbieten, andere Räume, als das linke Schlafzimmer und das Bad geradeaus, zu benutzen.
Erst wenn er das Licht im Schlafzimmer eingeschaltet hat, wird ihn die Anweisung, zu duschen und sich nur mit einer Unterhose begleitet, aufs Bett zu legen.
Zuvor hat er sich die Augen zu verbinden.
Sie hörte ihn hinter der verschlossenen Türe eintreten, seine Tasche niederstellen und gewünschte Kleidung an der Garderobe aufhängen.
Sie hörte die Türe des Schlafzimmers, ihn murmeln.
In der Zeit, die er zum Duschen nutzte, kleidete sie sich um, zog das rote Gummikleid über, die dünnen und hohen Sanderletten an und die ebenfalls abgelegten Latexhandschuhe über.
Nachdem Mira sicher sein konnte, dass er nackt und mit verbundenen Augen auf dem Bett lag, schlich sie vorsichtig in den warmen Raum.
Genoss den Anblick des Nackten, sich auf die erste Behandlung einstimmend.
Thomas hatte sich, wie befohlen, aufs Bett gelegt.
Seine nackten Füße ragten unten über den Rand des Bettes.
Die Arme waren nach oben gewinkelt.
Mira kniete über dem Nackten, zog vorsichtig den am Bettpfosten fixierten Schaal und band zuerst die Hände und danach die nackten Füße an den Gelenken, des Wehrlosen an den Pfosten fest.
Das Gummikleid war zu lang, ihre spitzen Absätze drohten es zu zerreißen.
Mira zog sich die Schuhe von den Füßen, bevor sie sich auf seiner Brust niederlies.
Diesem mit den Latexhandschuhen über den Oberkörper strich.
Ihn versuchte zu reizen.
Seine Leisten entlang streichelte, zu seinem Hoden wanderte, seine Eier umschloss.
Sich das Kleid hinaufschiebend, das dünne Höschen mit dem Loch in der Mitte auf die Seite hebend, presste sie ihre feuchte Grotte an sein Kinn, schob sie über seinen, sich bereitwillig geöffneten Mund und spürte seine Zunge in sich ein wirres Spiel beginnen.
Seinen immer noch schlaffen Schwanz in ihrem Mund aufnehmen, spürte sie eine immer größere Verwirrung.
Es schien ihr unbegreiflich, so wenig an Reaktion zu spüren.
Es kam ihr vor, als kostete es Thomas unendliche Mühe, seine Prachtlatte in Form zu bringen und noch mehr, zum spritzen zu bringen.
Fast erleichtert fing sie den endlich ausströmenden Samen in ihrem Mund auf.
Aber ihr Spiel, das, wovon sie glaube, dass es ihm gefiel, war zerstört.
Das geplante Ende, ihn gefesselt liegen zu lassen, sich im Nebenraum umzukleiden, und als überraschte Hausherrin einen gefesselten Sklaven in ihrem Bett zu finden.
Begleitet von gemeinsamen Überlegungen, welche Herrin sich während ihrer Abwesenheit an ihm vergangen hatte.
Das Ende war zerbrochen und der unsichere Kuss auf den Mund des, seine Augenbinde abnehmenden Thomas ein schüchternes Bemühen, zu retten.
Was nicht zu retten war und Thomas plötzliches Aufstehen mit dem Worten, die sich für alle Zeiten in ihrem Kopf einbrannten und die nächsten, viel späteren Treffen erschwerten, „vor 20 Jahren hätte mich das angemacht, das ist heute aber nichts mehr, was ich brauche“!
Ein verbaler Schlag mit Worten: „Hinsetzen, setzen“
Lass uns etwas essen gehen, versuchte Thomas die Situation zu retten und erst beim gemeinsamen Essen beim Italiener ließ die Anspannung etwas nachlassen.
Thomas, zuvor ein schüchterner Griff in Miras blonde Locken, plauderte munter.
Beschrieb Stationen seines Lebens, schilderte seinen Alltag, beschrieb seine Ehe, die Trunksucht seiner Frau Claudia, auf dessen nächsten Schub er wartete, um die Süchtige entmündigt in eine entsprechende Anstalt einliefern zu lassen und sich zu befreien.
Thomas plauderte, Mira hörte zu.
Er war begeistert, endlich ein Gegenüber zu finden.
Seit über 10 Jahren hatte er so viel nicht mit seiner Frau geredet.
Thomas schilderte eine Welt, von der Mira zu dem Zeitpunkt bereits ahnte, dass es ein Fantasiegebilde war und der verzweifelte Versuch, sein Erleben glanzvoll erscheinen zu lassen.
Die erlebte Qual zu beschönigen.
Ängste zu kaschieren, sich an auferlegte Zwänge, alte Wunden nicht erinnern zu müssen.
Kein wirkliches Interesse für Mira, er schien sich nur für sich, seine Wirkung, für die Wirkung seines Erlebens auf sie zu interessieren.
Auf Bestätigung für die Vielfalt seines bunten Lebens zu warten.
Schon zu dem Zeitpunkt spürte Mira den Selbstbetrug hinter seiner nach außen gezeigten Fassade.
Doch sie ließ ihn glauben.
Ein schüchternes, kurzes Händchenhalten im Bett, als sie nebeneinander lagen.
Thomas hatte sie gewarnt, sein Schnarchen sei unerträglich.
Und nicht nur sein Schnarchen war unerträglich.
Mira fühle, dass sie versagt hatte, sie fühlte sich nackt gemacht, hatte Angst, wusste nicht, wie sie mit der Situation umgehen sollte.
Es wurde eine schlaflose Nacht.
Früh, zerknittert, angeblich hatte Thomas nicht geschlafen, sein Schnarchen strafte ihn Lügen.
Eine zerstörte Gestalt, die sich aus dem Bett quälte, ins Bad ging, seine Kleidung griff und zu packen begann.
Noch unsicherer blieb Mira stumm liegen.
Als er sich an den Bettrand setzte, eine Entschuldigung stammelte, etwas von Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit murmelte und seine Unausstehlichkeit als weitere Begründung des so ungeplanten Aufbruches benannte.
Mira blieb zurück, voller Fragen, Unverständnis, sich keiner Schuld bewusst und doch schuldbewusst und als sie das allmorgendliche Kaffee betrat, schnitt die Trauer, ihn verloren zu haben, wie ein Messer in ihre wunde Seele.
Zwei Tage emotionaler Dämmerzustand, traurig, verwundet, als seine Email sie erreichte.
Es tue ihm leid, es habe nichts mit ihr zu tun gehabt, aber sie solle sich jemand anderen suchen, er sei nicht der Richtige.
„Er könne ihr nicht das geben, was sie sich wünsche“
Mira war nicht bereit, den Kampf so schnell aufzugeben.
Nicht bereit, den Kontakt ganz zu verlieren.
Thomas nahm ihr Freundschaftsangebot nur zu gerne an.
Und es hat eine Woche gedauert, als eine langsame Widerannäherung seinerseits erfolgte.
Und nur wenige Tage, bis die erneute Begegnung wieder in neuen Geschichten seine Fortsetzung fand.
Thomas hatte die vage Hoffnung, dass diese innere virtuelle Welt nur nach außen transportiert und erweckt werden müsse.
Viel später ist Mira klar geworden, dass seine Kopfschmerzen lediglich sein schlechten Gewissen, aber noch mehr die Angst vor seiner Frau war.
Die Sorge vor weiteren häuslichen Ärger.
Aber auch eine Reaktion auf ihr Versagen als Herrin.
Wäre die Begegnung in ihrem Schlafzimmer, härter, strenger, frivoler, verziert mit einer Kombination aus gezielt und dosierten Ohrfeigen, verbaler Strenge, strengen Befehlen, Anweisungen und Erniedrigungen, erfolgt.
Hätte Mira, anstatt ihre feuchte Möse, in seinen willig geöffneten Mund laufen lassen, hätte es keinen Reiz seines Penisse benötigt.
Aber all dies war ihr bis dato zu unbekannt.
Sie war noch zu jung, zu tapsig in seiner Welt.
Doch unsere Wiederannäherung sollte der Anfang eines weiteren Weges sein.
Kapitel Acht
Erste heimliche Treffen an rauer See
Nicht nur ihrer Beider Beziehung hatte sich verändert.
Auch der neue Job schien sich zu wandeln.
Der sie betreuende Chef lebte fast 100 km weiter, Richtung See und dänische Küste und sah keine Notwendigkeit, die ständigen Autofahren zu internen Besprechungen auf sich zu nehmen:
Vielmehr wurde von Mira erwartet, zumindest alle 14 Tage einem Meeting beizuwohnen.
Thomas Verhalten, trotz erneuter und regelmäßiger Chat-Treffen und abendlich frivoler Inszenierungen, hatte an Intensität verloren.
Mira gewann bereits vor diesen Veränderungen das Gefühl eines zwar sehr auf sich fixierten, aber innerlich einsamen und verloren Mannes, der seine inneren Wunden mit allen Mitteln unter Verschluss zu halten versuchte.
Zu oft in seinen Schilderungen spürte sie seine eigene Unfähigkeit, seinen verschleierten Blick für eigene Anteile an entstandenen Situationen und selbst gebastelten Enttäuschungen.
Der Verlust eines seiner ältesten Freunde, der ihn betrogen hatte, indem er das Lager zur Konkurrenz wechselte.
Einem ehemaligen Mitarbeiter der eigenen Firma, der dem Vertrauensvollen wichtige Daten entwendet und sich selbst daran bereichert hat.
Einer Geschäftsleitung, die unfähig, aber derzeit noch benötigt und allzu gerne entsorgt, sich in ständige Krankheiten flüchtet.
Messen, die schlecht besucht, lange nicht am früheren und heute verlorenen Glanz anknüpfen konnten.
Und einer trunksüchtigen Ehefrau, deren Launen in erster Linie sein gesamtes Leben dominieren und zu befolgen sind.
Oft, wenn er nach vollbrachtem Werk fluchtartig den Rechner verließ, weil entweder das Kind im Gerümpel seines, ihr virtuell wirkungsvoll demonstrierten Büros stand, oder Claudia ihn befehlend zum Essen diktierte, blieb Mira ernüchtert, da sich benutzt fühlend, in der Leere sitzen.
Fühlte sich alleine gelassen, wie ein nicht mehr benötigter Gegenstand.
Unnötig.
Sie konnte nicht begreifen, warum ein erwachsener Mann es zulässt, sich so von einer, scheinbar ebenfalls in ihrem Inneren zerstörte und emotional zerfressenen Frau auf eine solche Art dominieren und manipulieren zu lassen.
Ohne der Gestörten Einhalt zu bieten und sich ein solches Verhalten ganz und gar zu verbieten.
Mira wusste noch nicht, das Thomas, unfähig, die Regie über eigene Handlungen, sich wie einen Gegenstand, gerade von ihm überlegenen Frauen, leben lies.
Und an Stärke war Claudia ihm weit überlegen.
Auf der anderen Seite konnte sie die innere Zerrissenheit und Verletztheit geradezu spüren, greifen.
Und Mira begann immer mehr Einblick hinter marode Kulissen und Fassaden wahrzunehmen.
Thomas trotz oft gezeigter Verbalattacken in seinem So-sein zu verstehen.
Auch begann sie Claudia, zu dem Zeitpunkt noch unbekannt, zu begreifen.
Feste und unverrückte, lang veraltete Strukturen, die wie vereiste Zahnräder hingen, keine andere Wahl hatten, als sich weiter zu drehen und den Knopf zum Anhalten lange verloren hatten.
Auch seine Frau schien fest zu hängen, denn eines war Mira ebenfalls klar, Thomas eigener Anteil am Scheitern und dem perfiden Spiel einer Scheinehe.
Nur wo genau dieser lag, konnte sie noch nicht erkennen.
Thomas reagierte aggressiv und böse, auf jeden geglaubten Angriff.
Wenn Mira enttäuscht zurück blieb, weil er in die gemeinsame Wohnung beordert wurde.
Sie verwundete, um sich und Claudia zu schützen.
Das war die Wunde, die er ihr schlug, erneut nicht erkennend, dass er bereits damals begann, zwei Frauen gegeneinander auszuspielen.
Und solche Spiele rächen sich immer.
Thomas reagierte mit Zorn, verbalen Beschimpfungen und Rückzug, wenn sie ihre Verletzung preisgab.
Doch mit der Zeit spürte Mira, das seine zuerst gezeigten Reaktionen oft so schnell verflüchtigt waren, wie gekommen, weil er süchtig nach ihr, seiner Herrin und ihrer Behandlung war.
Und sie wollte keine ähnlich wunden Muster in seine Seele brennen.
Die Zeit kam, in der Mira immer öfter angesagten Meetings beiwohnen musste und Thomas versuchte die Flucht aus dem zerstörerischen Zuhause.
Oft konnte er erst im letzten Moment sein Kommen bestätigen, aber er hat es fast immer versucht.
Zwar zerrten die ständigen und unbezahlten Fahrten an ihren Nerven, aber so bot sich die Gelegenheit zu weiteren, heimlichen Treffen.
Und Mira hatte ein Ventil, ihre Geschichten.
So wie sie auch ihre betrieblichen Treffen zu einem frivolen virtuellen Erlebnis gestaltete.
Sie trafen sich am Strand, in einem Lokal, oder einem gegenüberliegenden Parkplatz.
Kleine Besichtigungstouren einer fremden Umgebung, Kaffeegespräche, zaghafte frivole Annäherungen.
Zwischen gezeigten Videos auf beheiztem Vordersitz seines Mercedes, frivolen Abrichtungen in Latexmasken verhüllter Sklaven, hängend an Kreuzen, liegend auf gynäkologischen Stühlen.
In Gummianzüge verpackte Herrinnen, die peitschenschwingend die gemarterten Körper bearbeiteten.
Strenge Kommandos aus grell geschminkten Mündern und harte Blicke aus nuttigen Augen.
So versuchte Thomas, Mira seine Welt näher zu bringen.
Thomas lehrte und Mira lernte, war eine gelehrige und begeisterte Schülerin.
Zwischen dunklen Bäumen und frierend tauschten sie die Rollen, übten den Rollentausch.
Platzierten die ersten Ohrfeigen und rieben sich in frivolem Spiel aneinander.
Mira hatte ihn gebeten, zu ihrem Mentor zu werden und Thomas genoss seine dominante Rolle, ihr, seiner willigen Sklaven, erste Handgriffe zu vermitteln.
Ihren Kopf in die Richtung zu drehen, an der seine Schläge gezielt ihre Wangen zieren konnten.
Thomas versuchte den schwachen Ausbruch aus dem heimischen Gefängnis, meldete sich zum Sport an, was sich viel zu schnell wieder in der, ihm so eigenen, Bequemlichkeit verlor.
Aber Mira lernte und Mira baute neue Geschichten, verarbeitete Erlerntes, kreiertes Neues und füllte so die Zeit zwischen den wenigen Treffen.
Und Mira kreierte die Welt: Mondo del d´oro brivido
Eine Welt, eine Städte der Begegnung, des immer wieder zusammen Treffens, ihre Welt.
Deren Schlüssel in ihren Händen lag
Tag der Veröffentlichung: 27.11.2010
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