An einem ruhigen Nachmittag – ruhig in Gegenwart von vier Jungs wohlgemerkt – saß ich am Computer und bearbeitete den Film, den mein Mann beim letzten Ausflug mit seinem Camcorder aufgenommen hatte.
Ein aufgeregtes, hohes Fiepen, das durch die geschlossene Tür vom Treppenhaus her zu mir drang, ließ mich aufhorchen.
Was war das?
Es war ein Tier – soviel war klar. Etwas irritiert und neugierig öffnete ich die Tür und konnte gerade noch zur Seite treten. Etwas Kleines mit langem Schwanz huschte an mir vorbei, meinen Kater Koko im Schlepptau.
Jetzt wusste ich, was da so hohe panische Quietscher von sich gab: Die Maus hatte auch allen Grund dazu.
Koko jagte sie in meinem Büro herum, spielte ganz nach Katzenart mit ihr. Ich machte mir nicht wirklich Sorgen darüber, ob sie eine Chance auf Flucht hatte. Koko war ein guter Jäger, der sich zu seinem manchmal bewusst knapp gehaltenen Futter die eine oder andere Zulage in Form von Mäusen oder Vögeln holt.
Von dem Tumult angelockt kamen meine Jungs dazu und ich entschied, dass vier Kinder, ein Kater und eine Maus in meinem Büro nun doch zu viel waren. Kurzentschlossen packte ich Koko am Nackenfell – er hielt die sich windende Maus praktischer Weise gerade im Maul – öffnete die Balkontür und verfrachtete beide nach draußen. Dass meine Jungs die Jagd und die sich höchstwahrscheinlich anschließende Mahlzeit würden beobachten können, fand ich nicht wirklich schlimm. Wir leben auf dem Land und sie wissen, dass Katzen Mäuse fangen und fressen. Reste entsprechender Malzeiten oder Häppchen, die unsere Katzen uns vor der Tür bereitlegen, hatten sie schon oft genug gefunden und sich nach einer ausführlichen Erklärung der Hintergründe nicht weiter darum geschert.
Etwas verdutzt ob der Behandlung öffnete Koko das Maul und die Maus nutzte ihre Chance. Weit kam sie jedoch nicht, denn auf dem Balkon gibt es nur sehr wenige Winkel, in denen sie sich hätte verbergen können. Und von den wenigen bot keiner wirklichen Schutz vor Koko.
Schnell hatte er sie also wieder zwischen den Pfoten. Sehr zur Freude meiner Kinder spielte sich das Meiste der folgenden Hasch-Mich-Spiele direkt vor der Balkontür ab, so dass sie alles ganz genau sehen konnten.
Koko störte es nicht im Geringsten, dass er gleich fünf Zuschauer hatte. Die Maus gehörte ihm und keiner machte sie ihm streitig.
Das Spiel ging mehrere Minuten lang weiter, bis er dann doch zu grob wurde. Etwas verdutzt schob Koko die plötzlich leblose Maus mit der Pfote herum – er schien noch immer nicht kapiert zu haben, dass ein Biss in den Nacken aus dem Spielzeug Futter machte.
Als die Maus sich wirklich nicht mehr regte, besann er sich, dass man auch anderes mit ihr machen konnte und begann damit, seine Beute zu verspeisen.
Sehr zum Bedauern meiner Kinder hockte er dabei aber so, dass er ihnen mit seinem Körper den freien Blick auf seine Mahlzeit nahm. Ruckzuck war von der Maus nur noch der Schwanz übrig. Ein Haps und auch der war weg.
Von dem Mäuschen war nichts mehr zu sehen, nicht mal einen winzigen Blutfleck konnte ich mehr entdecken.
Koko, der sich in der ihm Zuteil gewordenen Aufmerksamkeit sichtlich sonnte, schnurrte mit erhobenem Schwanz an der Tür. Brav öffnete ich sie ihm wieder und er wurde gebührend gelobt und gestreichelt: Immerhin hatte er die Maus nicht innerhalb des Hauses entkommen lassen.
Tag der Veröffentlichung: 30.01.2011
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