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Raven: Katzen




Ich höre eine. Ganz bestimmt, da ist eines dieser hässlichen, haarigen, stinkenden Biester. Katzen, wie ich sie verabscheue. Die haben keine neun Leben. Ich habe schon weit über hundert Katzen abgestochen, ersäuft, geköpft, geviertelt, gerädert, zu Tode geprügelt und vergiftet. Nein, neun Leben haben diese wandelnden Gräuel nicht; keine ist wiederauferstanden von den Toten.

Dieses ständige Miauen, das Geschnurre wenn es ihnen gut geht, ich ertrage es nicht. Alle müssen sterben.

Stimmt ab für ein katzenfreies Trahhen.
Geht an die Urnen und wählt.

Dumm nur, hat genau unser Dorfchefchen eine Vorliebe für diese Kreaturen. Ich habe vor einigen Jahren seine Katze platt gemacht und er will mir diese Tat einfach nicht verzeihen. Katzen gibt es zu viele. Eigentlich ist jedes Katzenpfötchen, das durch Trahhen tapst, vier Pfötchen zu viel. Mindestens.

Habt ihr schon mal eine Katze ohne Pfoten tapsen sehen? Nicht? Mag daran liegen, dass es eher einem mühsamen Humpeln ähnelt, wenn die Samtpfötchen abgehackt wurden. Mit einem schön geschliffenen Messer habe ich das Experiment "Samtpfote" gestartet. An zehn Katzen habe ich es ausprobiert und alle humpelten sie hilflos vor mir herum. Es war ein gutes Gefühl, sah auch irgendwie komisch aus, wenn ich doch nur lachen könnte.. In diesem Moment hätte ich geschrieen vor lauter Freude und Genugtuung.

Ich wurde schon so oft gefragt, warum ich Katzen so sehr verabscheue. Ganz einfach: weil es sie gibt. Mit dieser Antwort geben sich aber auch nur Trahhener zufrieden. Officer Lynn wollte mehr wissen, wie immer, wenn es um mich geht.. Ich weiß sie mag mich, sie meint es gut, aber wie schon gesagt: Ich möchte nicht, dass sie zu viel über mich weiß. Es würde sie verletzen, zerstören, oder sie würde es schlicht und ergreifend nicht verstehen. Mein Leben ist nicht ihre Schuld, auch wenn ihr und sie das schon sehr bald glauben werdet.

Nun gut, ich musste ihr Wohl oder Übel etwas mehr geben als meine Standard-Antwort. Dumm nur, die Wahrheit wollte ich ihr definitiv nicht preisgeben. Ein Dilemma, nicht wahr?

Sollte sie erfahren, dass meine »Mutter« hinter all dem Hass gegen Katzen steckt, würde Lynn sich, und da bin ich mir sehr sicher, sofort auf den Weg machen, und durch den Wald zu unserem Haus gehen. Das letzte Mal, als Beamte das gewagt hatten, und die Türe tatsächlich geöffnet wurde, durfte ich die zwei Herren anschließend auf unserem Hof begraben.

Ich werde diese Frau vor so einem Schicksal bewahren. Lynn hat das nicht verdient. Naja, genau genommen hatten es auch die zwei anderen Uniformierten nicht verdient, die es damals versucht hatten, nach dem prominenten Dreifach-Mord. Allerdings, dankbar bin ich schon dafür, dass meine Pflegeeltern die Dinge so schnell geregelt haben. Wären die Bullen damals erfolgreicher gewesen in ihrem Unterfangen, wäre ich bestimmt auf der Stelle nach Hailiah gekommen. In den dortigen Jugendknast.

Nun gut, also nicht die Stereotyp-Antwort. Natürlich ahnte sie sowieso schon, dass mein Zuhause der Ursprung meines nicht ganz einfachen Wesens sein musste. Verdammte Psychologen, aber auch ich habe Bücher über Psychologie gelesen. Ich denke, ich bin vorbereitet auf alle Psychotricks, die noch kommen werden. Sie wird versuchen mich über Hintereingänge zu knacken. Aber auch die sind bei mir fest verschlossen, Schlüssel weg.

Da saß sie, neben mir am Qualmen, in meiner Zelle, und wartete auf eine Antwort. Ich drehte mich zu ihr um, schaute ihr tief in die Augen und gestand, dass ich Katzen nicht mochte, weil meine Mami diese Tierchen lieber hat als mich. Ich blinzelte zweimal auffällig und hauchte mit noch etwas mehr Ironie nach, dass meine Mami den getigerten Kater mit dem Knickohr am aller Liebsten hat.

Das war wohl zu viel für Officeuse Lynn und wenigstens für den Moment hatte sie genug gehört. Ich habe wieder meine Ruhe, die allerdings gleich wieder durchbrochen wurde vom Schreien einer rolligen Katze. Ich schaute aus dem vergitterten Fenster hinaus und sah das Biest. Mit meiner süßesten und nettesten Stimme begann ich sie zu bezirzen.

- Miez, Miez, Miez

Sie kam. Sprang am Fenster hoch. Ich packte sie und zog sie durch die Gitterstäbe nach innen. Ihr letztes Stündlein hatte geschlagen. Ich wickelte sie in den Kissenanzug ein und benutze dieses weiche Polster als Sitzkissen.

Nach etwa zwei Minuten war die Ruhe wieder mein.

Katze Nummer 187

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Tag der Veröffentlichung: 24.09.2009

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