Cover

Ich ging bei Sonnenuntergang den Strand entlang. Das Licht färbte das Wasser gelb und orange. Der Wind spielte in meinen Haaren; brachte sie zum Tanzen. Die Oberfläche des Wassers glitzerte geheimnisvoll.
Links von mir saßen ein paar Jugendliche um ein Lagerfeuer. Einer spielte Gitarre und die anderen sangen leise dazu. Sie schienen sich schon ewig zu kennen.
Der nasse Sand und ein paar zertretene Muschelschalen knirschten unter meinen nackten Füßen.
Eine Zeitlang sah ich zu, wie die Wellen an einen dunklen, fast schwarzen, Felsen schlugen, der etwas weiter weg aus dem Meer ragte. Das Wasser spritzte jedes Mal in alle Richtungen.
Das Meer und seine Bewohner hatten mich schon seit meinem ersten Urlaub hier fasziniert. Ich war damals fünf.
Ich erinnerte mich daran wie ich zum ersten Mal im Alter von 8 Jahren alleine zu genau diesem Felsen geschwommen war, hinaufgeklettert war und die Tiere begutachtet hatte, die mit jeder Welle auf das Gestein gespült wurden.
Ich musste unwillkürlich lächeln.
Vor mir lief ein alter Mann. Er musste so um die sechzig sein. Ich hatte ihn noch nie hier gesehen. Wahrscheinlich fuhr er nicht so wie ich jedes Jahr im Sommer ins Hotel zur Muschel. Ich kannte hier nämlich so gut wie jeden Stammgast. Das Hotel grenzte an den Strand. Ich konnte das große weiß gestrichene Gebäude noch schemenhaft durch ein paar Bäume erkennen. Meine Eltern saßen dort wahrscheinlich noch draußen auf der Terrasse und unterhielten sich mit anderen Gästen, so wie sie es jeden Abend taten. Jeden Juli. Jede Ferien. Jeden Sommer. Jedes Jahr.
Der Mann blieb immer wieder stehen, hob Seesterne auf und warf sie zurück ins Meer.
Als ich ihn nach einer Weile eingeholt hatte, fragte ich ihn warum er das mache. Jetzt konnte ich auch sein Gesicht erkennen. Es war braungebrannt und vom Wetter gegerbt. Tiefe Falten zeichneten seine Stirn. Mit seinem weißen Vollbart und den grauen, eng zusammen liegenden aber freundlichen Augen erinnerte er mich an einen alten Seemann.
„Wenn sie bis Sonnenaufgang hier liegen bleiben, vertrocknen sie“, antwortete er.
„Aber der Strand ist viele Tausend Kilometer lang und morgen werden sie wieder hier liegen. Was macht es also für einen Unterschied, wenn sie sich abmühen?“, entgegnete ich.
Er bückte sich nach einem rötlichbraunen Seestern, der vor seinen Füßen lag, warf ihn ins Wasser und sagte: „Für diesen hier macht es einen Unterschied!“

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 27.09.2009

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für alle die, die sich fragen was es für einen Sinn hat einem einzelnen Lebewesen zu helfen und für alle die, die meinen, dass sie alleine nichts ausrichten können.

Nächste Seite
Seite 1 /