Lass die Hoffnung siegen über die Angst.
Lass das Vertrauen siegen über die Ungewissheit.
Und deine Liebe wird siegen über deine Zweifel.
(Anastasia)
Alles drehte sich. Das Herz in ihrer Brust, schlug so heftig, dass sie meinte es würde jeden Moment seinen angestammten Platz verlassen. Die Worte die sie las, schnürten ihr die Kehle zu und raubten ihr den Atem. Einer Bleiplatte gleich legte sich das Gelesene auf ihren Brustkorb. Sie wollte schreien, toben, weinen, alles zugleich. Doch nichts dergleichen geschah.
„Du musst nun stark sein, für ihn, für euch“. Wo auch immer diese Kraft herkam, sie beförderte sie zu Tage.
Es war wieder einer jener Tage, seit der Diagnose Burnout und Depressionen, wo der Mann den sie mehr liebte als alles andere auf dieser Welt, die selbige nur noch in den schwärzesten Färbungen sah. Als ob ihre Beziehungssituation nicht schon prekär und belastend genug wäre. Vor allen Dingen die räumliche Trennung von knapp 800 km.
Angst, Hoffnungslosigkeit, das Vertrauen, dass sich alles zum Guten wenden würde war bei ihm wieder wie wegradiert, ausgelöscht. Sein Leben war in seinen Augen sinnlos, und er empfand es als einzige Pein und Farce. Und sie, sie konnte nur hilflos daneben stehen und zusehen, immer wieder hoffen, dass sie ihn mit ihren Worten etwas an Lebensmut zurückgeben konnte. Seine größte Angst war es diesen ersten Schritt zu gehen in sein neues Leben. Dieser erste Schritt über den Abgrund, der ihm so mächtig erschien.
Jedes seiner Worte, die im Chatfenster erschienen, schnitten sich wie eine scharfe Klinge in ihr Herz. Wie gut dass er sie nicht sehen konnte, denn jetzt tropften unaufhörlich Tränen von ihren Wangen. „Zum Teufel, verdammt, ich bin so hilflos, er braucht mich und ich kann nichts tun, nichts außer hier vor dem Bildschirm zu sitzen und wie verrückt in die Tasten zu hauen“
, stumme Verzweiflung hielt sie gefangen, und trotzdem versuchte sie ihm, die in ihr innewohnende Kraft und ihre Liebe via Chat zu senden. „Ich bin da für dich, nimm meine Hand Liebling und halte dich fest. Ich bin stark genug dich ein Stück weit des Weges zu tragen. Lehn dich nur an mich…ich liebe dich“
. Immer wieder, während des Schreibens, tropften Tränen von ihren Wangen, die sie energisch mit dem Handrücken wegwischte. Quälend lange waren die Minuten, bis seine Antwort im Chatfenster erschien, und er sich in Gedanken von ihr festhalten ließ, seine Schwäche ihr gegenüber zuließ und er sich von ihrer liebevollen Kraft tragen ließ.
Ich weiß nicht, ob es jemals für jemanden nachempfindbar sein wird, wie es sich anfühlt, wenn man liebt, so wie man noch nie geliebt hat, und ebenso geliebt wird. Man aber nicht bei diesem Menschen sein kann, um ihm auch mit liebevollen Gesten und nicht nur mit Worten, beizustehen. Und wenn der Mensch, der so tief in einem verwurzelt ist, dessen Herz mit dem Eigenen im Gleichklang schlägt, dessen Schmerz man fühlt, als wäre es der Eigene, den Lebensmut verloren hat.
Es ist, als würde man von unsichtbaren Kräften zurückgehalten werden. Man wehrt sich mit aller Gewalt gegen diese Mächte, will nach vor preschen, doch so sehr man sich auch bemüht und kämpft, man tritt auf der Stelle.
Ich hab zu oft zu laut gelacht,
wenn mir viel mehr nach heulen war.
Und hab´ mein echtes Lachen dabei fast verlernt
Hab nur gelebt, wie andere wollten,
kam ihrem Ideal sehr nah,
und hab mich dabei immer mehr von mir entfernt
Ich hab geschlafen wie ein Toter,
und meine Wirklichkeit verträumt,
und dabei langsam meine Seele leer geräumt
Ich hab aus Höflichkeit geschwiegen,
statt meine Wut hinaus zu schreien,
und meine Stimme wurde leiser Jahr für Jahr
Ich hab mich selten aufgeregt,
und wollte nett zu jedem sein.
Hab nie gemerkt, dass ich es nur zu mir nicht war
Da waren so viele die mich mochten,
und ich hab einfach nicht kapiert,
das was die mochten, war ihr eigenes Bild von mir
Ich will die Tränen nicht verkneifen,
und der Orkan der in mir tobt
Muss endlich raus aus diesen Mauern,
auch wenn mich niemand dafür lobt.
Ich hab es satt mich zu verstellen,
und mir dann selbst im Weg zu stehen,
will endlich handeln wie ich fühle,
und meine eigenen Wege gehen
Und wer mich mag, der soll mich mögen,
und nicht ein schönes Bild von mir
Und wer mich hasst, dem soll es ganz genauso gehen.
Ich kann nicht sein, was jeder mag,
weil ich sonst mich dabei verlier
Ich kann nur ehrlich sein,
und zu mir selber stehn
Und ich will lachen, wenn ich Spaß hab,
und ich will weinen, wenn ich muss
Und nur mein eigenes Leben leben bis zum Schluss!
(Textquelle unbekannt)
Als sie diese Zeilen las, die er ihr schickte, atmete sie erst einmal durch. Wenn diese auch nicht seinen Gedanken entsprungen waren, so drückten sie sein Gefühl dazu aus, und dieses roch nun nicht mehr so nach Tod und Verderben, wie noch in den Stunden zuvor. Er brauchte jetzt nur noch die Kraft, diesen Kampf für sich auch zu bestehen, und hier ging es nicht ums gewinnen, wie bei einem Wettkampf. Sondern ums einfordern seines Lebens, seiner Bedürfnisse. Tief in ihrem Bauch, im hintersten Winkel, spürte sie wieder diese geballte Kraft, den eisernen Willen und beides gepaart mit dieser unbeschreiblichen Liebe die sie für ihn empfand. Ja, sie war bereit jeden Weg für und mit ihm zu gehen.
Die Bande, welche die Traurigkeit zwischen zwei Seelen knüpft, sind stärker als die Bande der Glückseligkeit. Und die Liebe, die mit Tränen besiegelt wird, bleibt ewig rein und schön.
Khalil Gibran
Texte: Titelbild: Originale bearbeitet und zusammengefügt
http://www.salzmaenner.ch/fc/archiv/2003/html/2025.htm
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Tag der Veröffentlichung: 13.03.2011
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Für einen Menschen, den ich über alles liebe. Danke, dass du nicht aufgibst!