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Als Kathrin ihren Eltern mitteilte, dass sie für ein halbes Jahr nach Moskau fliegen würde um ihre Abschlussarbeit fertig zu schreiben, waren sie nicht gerade begeistert. Besser gesagt: Die beiden waren entgeistert.
„Schlimm genug, dass du dir diesen Studiengang ausgesucht hast: Russische Literatur, wer braucht heute so etwas! Aber noch dorthin fahren, und dazu noch für so lange Zeit! In Russland ist es heute zu gefährlich!“ - Kathrins Mutter redete auf sie ein.
„Nein, es ist nicht gefährlich. Es ist jetzt interessant dort - Perestrojka, Offenheit! Das sind doch spannende Zeiten! Umbruch!“ - schwärmte Kathrin.
„Umbruch! Was kann schon schlimmer sein, als das!“ - regte sich die Mutter auf. Der Vater schwieg, wie immer.

1988, März

Kathrin wartete im Moskauer Flughafen mit einem seltsamen Namen Scheremetjevo auf einen Studenten, der sie abholen sollte. Aber der Student namens Alexander verspätete sich, und bald fühlte sich Kathrin einsam und verloren in dem endlosen Menschenfluss, der durch die Ankunftshalle strömte. Angst, ihr ständiger Begleiter, wurde stärker und drohte sie zu überwältigen.
„Wo bleibt denn Ihr Verlobter?“ - hörte sie eine angenehme Männerstimme. Der Mann sprach fast akzentfrei deutsch, aber nur fast. Er war nicht besonders groß, vielleicht um die 30, Ansätze von einer Glatze. Hellblaue Augen, die Kathrin fast durchsichtig erschienen. Ein schwarzer Anzug und teure Uhr, von der er gerade die Zeit ablas. Freundlich und ruhig. „Ich habe Sie im Flugzeug bereits gesehen, Sie sind so aufgeregt gewesen - keine Sorge, er kommt bestimmt. Aber Busse sind bei uns nicht immer pünktlich,“ - er lachte kurz.

„Nein, ich bin zum Studium hier. Für ein halbes Jahr, an der Uni“.
„Ach so, eine schöne Studentin“, - etwas Schmalziges erschien auf seinen Lippen.
Dass sie schön ist, hat Kathrin bereits von Männern gehört. Von jungen Männern, von älteren Männern. Langes rotes Haar und blaue Augen - wie bei ihrer Mutter. Doch der Mann, dessen Lob ihrer Schönheit sie am meisten geschätzt hätte, hat von einem Monat eine andere geheiratet. Nun, das war ein Grund mehr nach Moskau zu reisen.

„Ach, Uni. Nun, sie liegt auf meinem Weg, ich kann Sie gerne mitnehmen. Übrigens: Wladimir, Offizier,“ - der Mann reichte ihr die Hand. Kathrin hatte diese Geste nicht erwartet und schreckte zurück.

„Ich beiße nicht. Aber wenn Sie einen Fahrer von denen da nehmen, dann kann ich nicht garantieren, dass Sie in ihrer Uni lebend ankommen“ - in der Tat, bei der Ankunft von jeder Maschine tummelten sich bis an die Hundert Männer in der Halle und boten Taxi-Dienste an. Doch im Reisebüro wurde Kathrin vor diesen inoffiziellen Taxiefahrern gewarnt: Sie können Reisende aus dem Ausland verschleppen, ausrauben, umbringen. Kathrin begann sich vor dieser anderen und so fremden Welt zu ängstigen und überlegte, ob sie doch ihre Flugkarte nicht umtauschen und sofort heim fliegen sollte.

Und noch dieser Offizier, der ihr die Hand reicht: Kathrin schien es, dass hinter dem Blau seiner Augen es tiefschwarz hindurch schimmert - doch nur einen Augenblick. Kathrin stand unentschlossen da.

„Ach, kommen Sie, ich bringe Sie zu Ihrer Uni, dann muss ich weiter. Ich habe zu tun,“ - in seiner Stimme hörte die junge Frau eine harte Note.
„Kathrin“ - sie erwiderte endlich seinen Gruß und gab ihm die Hand.
Er nahm ihren schweren Koffer und trug ihn ohne jede Anstrengung zum Parkplatz. Er selbst hatte nur eine kleine Tasche dabei.
„Waren Sie nicht lange in Deutschland?“ - fragte sie. Der Mann zuckte leicht zusammen.
„Ich verreise nie für lange,“ - sagte er.

Sein Auto war groß und schwarz, auch die Scheiben waren getönt. Kathrin fühlte sich wieder unsicher, doch diesmal wollte sie es nicht zeigen und stieg schnell ein. Der Mann fuhr schnell, hupte, überholte, wechselte oft die Spur. Kathrin blickte neugierig nach draußen. Zuerst kamen graue und braune Felder, auf denen hier und da noch Schnee lag. Dann erschienen die ersten Häuser der Riesenstadt: Plattenbauten, hoch, düster. Dazwischen türmten sich irgendwelche Blechbuden, wo offensichtlich alles Mögliche zum Verkauf angeboten wurde: Gemüse und Pfannkuchen, Autoteile und Möbel. Das Auto geriet mit dem rechten Rad in ein tiefes Schlagloch, Schneematsch spritze hoch und verdreckte das Fenster beim Beifahrersitz. Scheibenwischer kämpften mühsam und eher erfolglos gegen den Dreck an der Windschutzscheibe. Kathrin fühlte sich zunehmend unbehaglich in dieser Stadt, in diesem Auto, neben einem unbekannten Mann. Die Angst kroch wieder in sie hinein.

„Wir sind da, Kathrin.“ - sprach Wladimir plötzlich, das Auto hielt am Straßenrand. - „Ich würde nicht gerne auf das Gelände fahren, dazu noch habe ich keine Zeit mehr, tut mir leid.“ - Wladimir holte ihren Koffer heraus und stellte ihn auf den Bürgersteig. - „Hier laufen viele Studenten vorbei, frag dich durch, in fünf Minuten bist du am Ort. Mach's gut, Studentin, wir sehen uns,“ - und schon raste sein schwarzer Jeep davon.

Kathrin fiel ein, dass er sie nicht einmal nach ihrem Nachnamen gefragt hatte - vielleicht war dieses „wir sehen uns“ einfach eine russische Redeart und hieß nicht mehr als „Tschüß“.

Das Gebäude der Universität überraschte sie mit seiner Größe und mit seiner Pracht. Sie hat diese Häuser im Zuckerbäckerstil, die Moskau seit den 1950er-Jahren zierten, zwar auf Fotos gesehen, aber sie konnte sich trotzdem nicht vorstellen, wie riesig diese wirklich waren. Und all dieser Marmor: Wände, Stufen, Böden - alles war mit großen roten Marmorplatten ausgelegt.
Sie bekam eine sehr kleine, aber gemütliche Wohnung mit einer winzigen Küche und einem WC zugeteilt. Ein Blick aus dem Fenster raubte ihr den Atem: Aus ihrem 15. Stockwerk sah sie die ganze Stadt unten liegen. Das Gebäude stand auf dem hohen Ufer des Moskva-Flusses, und Kathrin bildete sich sogar ein, in der Ferne die roten Sterne des Kremls zu erkennen.

Es klopfte an der Tür und sie wurde sofort aufgerissen. Ein hochgewachsener rundlicher junger Mann rannte hinein und umarmte sie heftig: „Hi, ich bin Alexander, also Alex! Toll, dass du schon da bist, weißt du, ich habe meinen Bus verpasst, dann ist noch einer gekommen, doch der war knallvoll, danach habe ich ein Taxi genommen, und der Mensch ist falsch gefahren. Kannst du dir das nur vorstellen - der Typ hat nicht gewusst, wo Scheremetjevo liegt, der spinnt doch.“ - Er redete Russisch und zwar schnell, verschluckte einige Worte. Kathrin konnte nur schwer folgen. - „Und dann bist Du weg gewesen, ich bin fast verrückt geworden. Bin ich aber froh, dass du doch angekommen bist.“

Er strahlte sie an, dieser große nette Mann mit den grauen Augen, die einen etwas kindischen Ausdruck hatten.
„Ich bin ein Doktorand von der Journalistischen Fakultät, also fast ein Kollege von dir. Ich wohne in einem anderen Wohnheim, später lade ich dich ein. Jetzt los, ich zeige dir die Stadt“. - Alex zerrte sie auch dem Raum, und Kathrin blieb nichts anderes übrig, als dem kräftigen Mann zu folgen. Alex schien alles und alle an der Uni zu kennen, er grüßte im Sekundenschritt und redete gleichzeitig auf Kathrin ein. Anscheinend kam ihm kein Gedanke, dass sie von der langen Reise erschöpft sein könnte, auch erkundigte es sich nie darüber, wie sie es doch bis zur Uni geschafft hatte.

Kathrin selbst begriff sofort, dass ihr Russisch noch zu bescheiden war um lange Reden zu halten und war nur froh, dass sie im Groben verstand, was Alex erzählte. Sie fuhren mit der U-Bahn, genannt Metro, und schon wieder bewunderte Kathrin die Pracht: dieses Mal die Pracht der einzelnen Stationen, die mit Statuen, Mosaiken und natürlich mit Marmor geschmückt waren. Alex hatte dafür aber kein gutes Wort übrig: „Das hat ja alles der üble Tyrann, der Stalin, bauen lassen. Weißt du, wie viele Menschen hat er umbringen lassen, einfach so?“ Ja, Kathrin wusste es, und doch fand sie diese ungewöhnliche U-Bahn recht schön. Und dann der Kreml, und die Basilius-Kathedrale. Nein, heute kam Kathrin aus dem Staunen nicht heraus.

Sie liefen durch die Stadt, bis es dunkel wurde. Alex schaute sie immer länger an, redete weniger, und lächelte öfter. Als sie beide endlich in einem Cafe saßen, wurde sein Blick verträumt und verliebt. Und Kathrin war nicht allzu überrascht, dass sie sich auf dem Rückweg küssten und zwar recht leidenschaftlich. Das ging der jungen Frau zu schnell und doch fand sie Alex so ungewöhnlich und so toll. Und in seinen Armen fing sie an ihren Trennungsschmerz zu vergessen, und auch die Stadt schien ihr mit jeder Minute trotz dem kalten Märzregen, der den Schneematsch zu Pfützen machte, immer freundlicher und einladender zu sein. Und schon dachte sie an ihre Wohnung im Studentenwohnheim als an ein Zuhause.

An der Wohnungstür lag ein großer Strauß gelber Rosen und ein Zettel: Nur eine Telefonnummer und ein Name „Wladimir“. Die Farbe der Rosen war beunruhigend, Kathrin mochte kein Gelb.
„Wer ist das denn, dieser Wladimir? Der wohnt ja in der Stadtmitte, das sieht man an der Telefonnummer,“ - sagte Alex missmutig.
„Ein Offizier, er ist mich hierher gefahren. Hat übrigens ein ziemlich dickes Auto,“ - antwortete Kathrin und bereute sofort ihr leichtes Protzen.
„Ein Offizier? Mit einem dicken Auto? Das gibt‘s bei uns nicht! Ist wohl irgendein Bandit.“ Alex schmiss die Rosen entschieden aus dem Fenster, den Zettel steckte Kathrin zerstreut in ihre Handtasche.

Alex eroberte Kathrin stürmisch, er begleitete sie auf ihren Erkundungstouren durch die Stadt, er zeigte ihr die aus seiner Sicht verruchten Lokale, die Kathrin allerdings nur dreckig zu sein schienen. Er lud sie in das berühmte Bolschoj-Theater ein, wo er aber nur zwei Stehplätze im oberen Rang ergattern konnte. Von dort sahen die Balletttänzer wie bunte Insekten aus, nur die Musik war gut zu hören. Alex erzählte aufgeregt von der neuen Freiheit, las ihr Zeitungen vor und ärgerte sich gewaltig über die Mangelwirtschaft - um alle Lebensmittel musste man sich lange anstellen und man war sich nie sicher, dass es reicht. Kathrin betraf diese Lage nicht direkt, denn sie aß in der Uni-Mensa, es schmeckte zwar nicht, doch auf Essen legte sie nie großen Wert. Besonders wenn sie verliebt war - und sie hat sich in Alex verliebt. Seine wilden Gesten, seine laute Stimme, seine Offenheit und seine Direktheit - das fand sie bewundernswert. Und auch dass er so anders als sie war: Sie, zurückgezogen, schweigsam, in sich gekehrt. Er - nach außen, zu den Menschen gewandt. Im Bett wurde er fast gewalttätig, er war unersättlich, unermüdlich - aber auch nicht besonders einfallsreich. Nicht alle ihre Träume konnte er erfüllen, dafür aber den wichtigsten - den Traum von Geborgenheit, die Sehnsucht nach Schutz, nach Sicherheit. Das, was sie bei ihren Eltern nicht erleben durfte: Der schweigsame Vater, der in seiner Bücherwelt lebte und die kränkliche Mutter, die auf Kathrins Wünsche und Bitten meistens abweisend reagierte.

So wie auch, als Kathrin zu Hause angerufen hatte um mitzuteilen, dass sie Alex heiraten wollte. Besser gesagt, dass sie beide heiraten wollten.
„Was? Willst du einen Russen heiraten? Der will doch nur nach Deutschland kommen!“
„Er will gar nicht nach Deutschland, Mama, er ist liebt seine Heimat und wir bleiben in Russland.“
„Das ist verrückt, Tochter! Was sollst du dort machen, dort sind lauter Banditen und Mafia, und... Bist etwa schwanger von diesem Typen?“
„Mama!“
„Was - Mama? Ja oder nein?“
„Nein, Mama.“
„Gott sei dank. Denk nicht daran. Vergiss es. Denk lieber an deine armen Eltern, was für einen tiefen Schmerz du ihnen hinzufügst, wenn du so lieblos mit ihnen umgehst. Dein Vater wird es bestimmt nicht überleben. Kathrin! Bitte!“

Kathrin legte auf.
„Und? Hast du es den Altvorderen gebeichtet? Gibt‘s den Segen?“ - fragte Alex bewusst locker, doch Kathrin spürte seine innere Anspannung.
„Nun, ja...“ - lügen konnte sie nie, und er las an ihrem Gesichtsausdruck schon alles ab.
„Bin nicht gut genug für die, oder? Einer aus Russland, was will er in unserem schönen Land. Weiß ich, alles klar.“
„Alex, ich werde mit ihnen wieder reden. Das schaffen wir.“ - sagte Kathrin schüchtern.
„Schaffen? Wir? Ich! Ich schaffe es, ich beweise deinen Eltern, dass ich etwas wert bin, ich brauche ihr Geld nicht, ich werde mein eigenes verdienen, ich...“ - Alex wedelte mit den Armen, wurde rot. So gefiel er Kathrin nicht. Was das Geld betraf, sie wollte gerade einwenden, dass ihre Eltern sowieso nicht viel davon hatten und dass das meiste Geld für Bücher ausgegeben wurde, von denen Papas Arbeitszimmer überquoll.

Von einer Hochzeit war keine Rede mehr, Alex meinte, er wolle es zuerst „zu etwas bringen“ und wirkte schweigsamer und konzentrierter. Hatte viel zu tun, allerdings nicht in der Bibliothek, die jetzt im Juni fast menschenleer war und wo Kathrin ruhige Stunden verbrachte und alte Manuskripte und Briefe von längst verstorbenen und vergessenen Literaten las. Alex war unterwegs in der Stadt, traf sich mit Menschen, kam spät zurück und sah erschöpft aus.
Von Wladimir hat sie nichts mehr gehört. Einmal entdeckte sie den Zettel mit seiner Telefonnummer in ihrer Tasche und war schon im Begriff ihn wegzuwerfen. Und steckte den Papierfetzen zurück zwischen dem Portemonnaie und einer Packung Tempo-Taschentücher.

***

Kathrin schien es, sie sei schon eine ganze Ewigkeit in dieser Stadt. Sie hat sich an sie gewöhnt. Und doch waren es erst drei Monate her, als sie verloren im Flughafen gestanden war. Mit den Eltern wechselte sie kein Wort mehr über Alex. Sie fragten nie nach ihm, als ob es den Mann nicht gäbe. Nur „Wie gefällt es dir dort?“ und „Geh nie spät am Abend spazieren“ und noch „Wir vermissen dich, komm bald wieder“. Kathrin spürte, die beiden werden sich mit Alex nie abfinden, und fragte sich selbst: 'Was soll ich tun?' Und fand keine Antwort. Und hatte Angst: Vor der Zukunft, vor den Entscheidungen, vor den Elternverboten, vor der Trennung.

Als er ihr mitteilte, er fahre für eine Woche weg um noch einige Materialien für seine Arbeit zu sammeln, bekam sie einen Panikanfall.
„Darf ich mit fahren?“ - fragte sie flehend.
„Nein“ - kam eine unerwartet eindeutige Antwort. - „Kathrin, du weißt doch, ich recherchiere über ein etwas heikles Thema. „Bekämpfung der Korruption durch die Offenheit der Medien“, du kannst dir gar nicht vorstellen, wie viele Feinde bekommt man, wenn man ehrlich und direkt über die Vorfälle spricht. Du kannst dir nicht vorstellen, wie viele korrupte Beamten auf welchen Posten sitzen. Ich muss nach Magadan, und das ist am Arsch der Welt, da muss ich wichtige Leute treffen, die mir ein Paar Sachen erzählen - mit dem Material kann ich dann ins Fernsehen, ich werde eine tolle Sendung daraus machen, das wird eine Sensation. Ich decke diesen Fall auf, die Typen fliegen aus ihren gemütlichen Chefsesseln raus. Ich bin berühmt, meine Promotion habe ich in der Tasche, und die Anstellung beim Fernsehen - auch. Dann...“ - er brach ab. -
„Dann schauen wir weiter,“ - sagte Kathrin und lächelte. Er lächelte nicht zurück.

Sie küssten sich leidenschaftlich im Flughafen, eine alte Oma im Kopftuch schimpfte. Die Warteschlange zum Check-In war endlos, Koffer, Säcke, Kartons, weinende Kinder. Schiefe Blicke zu der schlanken Frau mit einer roten Haarpracht: Neid? Oder fiel Kathrin bloß in der Menge auf? Einmal bildete sie sich kurz ein, Wladimir auf einer der unzähligen Rolltreppen zu sehen, im nächsten Augenblick war er - oder jemand, der ihm nur ähnlich war - wieder verschwunden.

Sie fuhr allein mit der U-Bahn zurück und fühlte sich wieder unheimlich in dieser Metropole. Es gab hier niemanden mehr, den sie nur halbwegs gut kannte. Tausende fremde Gesichter, eilend, hektisch, lachend, weinend. Tausende Leben, die an ihr vorbei strömten ohne mit ihr in Berührung zu kommen. Gleichgültig, eigene Interessen verfolgend, eine Schmerzen mit sich tragend. Kathrin wollte nicht in ihre Wohnung zurück, und ging in die Bücherei. Saß dort bis zur Schließung am späten Abend, danach hatte sie nichts mehr zu tun. Sie ging durch die leeren Hallen des monumentalen Gebäudes, und ihre Schritte hallten laut. In der Wohnung warf sie sich auf das Bett und heulte los. Eine Woche ohne Alex, nicht einmal auf einen Anruf durfte sie hoffen - die Telefone, die im Gang hingen, konnten nicht angerufen werden. Am liebsten hätte die junge Frau diese Woche verschlafen, und sie schief ein. Und wachte so früh auf, dass die Stadt unten noch mit Nebel bedeckt war.

Doch die Zeit vergeht, egal, ob wir sie voran treiben oder aufzuhalten versuchen. Die Zeit vergeht, und auch die Woche ohne Alex war vergangen. Kathrin hüpfte und schrie vor Freude, als sie ihren Freund aus der Ferne im Flughafen gesehen hatte. Er winkte und lächelte zurück, doch etwas in seinem Gesichtsausdruck machte sie stutzig. Er wirkte seltsam benommen und wortkarg. Sie erwartete einen langen Bericht über seine Reise, über die Begegnungen, über die Stadt, in der auch im Juni Schnee fiel. Ein Bericht fiel sehr knapp aus: ,Ja, Leute getroffen, alles erledigt, wir sehen weiter‘. Er zog sich in sein Zimmer zurück, und gab ihr zum Abschied ein Küsschen: „Tut mir leid, Liebste, ich bin erschöpft nach den verrückten acht Stunden Flug. Russland ist echt groß, manchmal wünscht man sich‘s etwas kleiner. Aber morgen bin ich bei dir, versprochen.“

Kathrin schief unruhig, bekam Alpträume, bekam einen Panikanfall. Nahm eine Schlaftablette und glitt in einen dunklen Tunnel, in dem es zog und Wasser tröpfelte. Als sie aufwachte, lag auf ihrem Nachttisch ein Päckchen. Sie dachte an Alex, der Schlüssel von ihrer Wohnung besaß, und rief ihn beim Namen. Er war nicht da. Sie riss das Papier aus, und auf ihr Bett ergoss sich ein Schwall aus bunten Bildern. Bei deren Anblick erstarrte Kathrin, sie nahm eins in die Hand und warf es angeekelt von sich weg. Auf allen Bildern war Alex zu sehen. Mal allein, mal in Gesellschaft. Auf allen Bildern war er splitternackt. Auf manchen Bilden war er mit einer Frau zu sehen, auf den meisten - gleichzeitig mit mehreren. Auch Männer waren auf diesen Bildern. Selbstverständlich nackt.

„Sch...“ - hörte sie hinter ihrem Rücken. Alex stand gebückt und seine Lippen bebten.
Mann und Frau blickten einander in die Augen. Lange. Dann senkte er seinen Blick. „Vergib mir, wenn du kannst. Leb wohl“, - sprach er schnell und rannte aus der Wohnung hinaus. Sie zerriss die Bilder, eins nach dem anderen. Dann saß sie nur da und dachte an nichts. Sie fuhr zu seinem Wohnheim - und erfuhr, dass er ausgezogen war. Wohin? Unbekannt. Sie verstand, dass sie von ihm nichts wusste außer seinem Nachnamen und der Heimatstadt, die weit im Hinterland lag. Aber sie wollte ihn auch nicht suchen, wozu?

Kathrin beschloss, sofort abzureisen. Dann aber doch nicht. Sie lief ziellos durch die Stadt, besuchte Museen, in denen sie schon mit Alex zusammen gewesen war und entdeckte immer weitere Ecken in der Stadt, die sie noch nicht kannte. Sie bewunderte die Parks und die Kirchen und die teuren Boutiquen, von denen in dieser Zeit jeden Tag ein neues öffnete. Sie heulte abends und aß fast nichts. Sie schrieb an ihrer Arbeit wie besessen.
Nach zwei Wochen entdeckte sie eher zufällig den zerknüllten Zettel mit Wladimirs Telefonnummer in ihrer Tasche. Erinnerte sich an ihre Ankunft in Moskau, an ihre Begeisterung, an ihre Hoffnungen. Wählte seine Nummer - er meldete sich sofort, als ob er am Apparat gewartet hatte.
„Oh ja, selbstverständlich kann ich mich an dich erinnern. Du bist einfach unvergesslich. Komm, schöne Studentin, wir treffen uns am Puschkin-Denkmal und dann schauen wir weiter“. Das Denkmal kannte Kathrin, so wie ihn jeder Moskauer und jeder Besucher kennt, in einer halben Stunde stand sie dort - der Mann war vor ihr da und hielt einen großen Rosen-Strauß in der Hand. Dieses Mal waren es feuerrote Rosen, die Farbe gefiel der jungen Frau. Er führte sie in eines der teuersten und angesagtesten Restaurants der Stadt, um den Zutritt dorthin entschied nicht der Geldbeutel allein, sondern auch Bekanntschaften. Wladimir besaß offensichtlich beides. Zum ersten Mal in Moskau aß sie mit Appetit, das Essen schmeckte hervorragend, hatte aber nichts Russisches an sich.

„Nun, wie geht es dir? Gefällt dir Moskau?“ - fragte er.
„Ja!“ - sagte sie mit einer für sich selbst unerwarteten Begeisterung, die vielleicht durch das Glas guten Weins noch größer wurde. Und dieses Glas bewirkte auch, dass sie die nächste Frage stellte: „Bist du wirklich ein Offizier?“
Er lachte laut auf: „Ach, ich wusste nicht, dass es dich so beschäftigt. Aber ja, natürlich bin ich einer! Ein russischer Offizier lügt nicht.“ Kathrin bemerkte, dass er ebenfalls leicht angetrunken war. Er holte aus der Tasche seines tadellosen Anzuges einen schmalen Ausweis in der roten Lederhülle. „Hier!“ - Sie sah sein Foto, das mit Sicherheit schon vor einigen Jahren aufgenommen wurde und eine goldene Prägung „KGB“ - Geheimdienst.
An dem Tag hatte Wladimir noch viel vor: nach dem Restaurant führte er sie ins Bolshoj-Theater, dort saßen sie in der ersten Reihe. Kathrin war erschöpft und schlief beinahe an Wladimirs Schulter ein. Sie merkte nicht, wie sie in seine Wohnung gekommen waren. Wenn es überhaupt seine Wohnung war - diese Behausung war zwar modern und sogar schick eingerichtet, sah seltsamerweise unpersönlich aus.

„Dienstwohnung“ - sagte Wladimir und lachte sein trockenes kurzes Lachen.
Er führte sie zu dem großen Doppelbett, das mit einem weißen Fell bedeckt war. Er zog sie hastig aus, eher riss er ihr die Kleider vom Leib herunter. Dieser Geheimdienstler war ein fantastischer Liebhaber, Kathrin spürte, wie eine herrliche Rose in ihr erblühte und eine heiße Welle sie bedeckte. „Heirate mich!“ - flüsterte er ihn ins Ohr. - „Morgen, gleich morgen. Wir werden ein perfektes Paar sein.“
Sie stöhnte, sie verstand nicht ganz, ob er das ernst meint. Sie sagte kein Wort und schlief erschöpft ein und wachte wenige Minuten später mit einem Panikanfall. Wladimir telefonierte, und seine Miene verriet, dass es ein ernstes Gespräch war. Er legte den Zeigefinger an die Lippen um zu zeigen, dass sie still sein sollte. Sein Gesprächspartner durfte vermutlich nicht erfahren, dass sich eine Frau in der Wohnung befand. Kathrin zog sich schnell an, wollte an ihm vorbei zur Wohnungstür laufen, er fasste sie an der Hand. In seinen Augen sah sie ein Gemisch aus Angst und Hass. Sie riss mit ihrer ganzen Kraft ihre Hand aus seinem Griff heraus und stürmte zum Ausgang.

Noch nie war sie so gerannt: zur U-Bahn, die Rolltreppe herunter, ungeduldig hüpfend im Zug, danach die Treppen hoch, in ihre Wohnung, atemlos. Sie griff nach ihrer Handtasche und lief wieder heraus, sie ließ alle ihre Sachen liegen, sie winkte ein Taxi herbei, sie zitterte und bebte und atmete aus, als sie im Flugzeug nach Paris saß. Das war der einzige Flug, in dem es diesen letzten Sitzplatz gab.

2002
Vierzehn Jahre. Ist es lange? Ist es kurz? Kathrin schien diese Zeitspanne nur ein Augenblick gewesen zu sein, nur ein Atemzug. Es war viel geschehen. Zu viel. Ein halbes Jahr nach ihrer Flucht aus Moskau war sie mit einem netten Mitstudenten verheiratet, noch ein halbes Jahr später - verlassen und geschieden. Aber seinen Namen hat sie behalten. Ihre Eltern starben ein Jahr danach - der Vater - an einem Herzversagen, die Mutter - an Einsamkeit.

Sie brach ihr Studium ab und ging nach Afrika um Kinder zu unterrichten. Die Armut brachte sie zum Verzweifeln, aber sie liebte die offenen und fröhlichen Kleinen. Als ihr Lieblingsschüler an AIDS gestorben war, floh sie auch aus Afrika und litt an Depressionen und schweren Panikattacken. Ging in die Behandlung. Scheiterte. Probierte Meditationen, Drogen. Es half nichts. Sie nahm ihr Studium wieder auf. Und fand ihre längst vergessene Ruhe in den Regeln und Unregelmäßigkeiten der slawischen Sprachen, in den Liebschaften und Feindschaften von Helden der vergessenen Romanen aus der harmlos zu sein scheinenden Vergangenheit. Die verflossenen Zeiten sind nicht mehr da und können keinem weh tun - im Unterschied zum gefährlichen Heute.

Sie fand eine halbe Stelle in einem Gymnasium auf dem Land und unterrichtete Russisch. Etwas gelangweilte und freche Gymnasiasten nervten sie, doch mit der Zeit verstand sie, dass die Schüler sie mochten. Sie und die sentimentalen Gestalten aus den Romanen, die niemand las außer ihr. Das versöhnte sie mit ihrem Leben. Sie kaufte ein lächerlich kleines Haus und buddelte gerne in ihrem Garten. Sie dachte, dass ihr Weg bereits vorgezeichnet war. Bis...

Bis sie den Namen „Alexander Naumov“ in das Suchfeld des Browsers eingetippt hatte. Das war 2002. Das Ergebnis überraschte sie: Er war eine Berühmtheit. Herausgeber von einer großen Zeitung, die viel über die Politik berichtete, sich aber vor Klatsch und Tratsch nicht scheute. Ein reicher Mann, auf den Bildern sah er selbstsicher und etwas herablassend aus. Verheiratet - und Vater von zwei kleinen Kindern. Auf vielen Bildern schüttelte er Hände mit den Machthaben im Land und im Ausland. Ein Mann von Welt.

Sie schrieb eine E-Mail an die Redaktion. Eine Antwort kam an nächsten Tag: “Ich habe dich damals gesucht und nicht gefunden. Übermorgen bin ich in deinem Hamburg, wir müssen dringend miteinander reden!“ Sie lebte schon längst nicht in Hamburg. Zum Glück wollte er an einem Sonntag kommen.

Er ging schnell auf sie zu, als er sie im Flughafen erblickt hatte. Einein Moment schien es ihr, er würde sie stürmisch umarmen, wie damals. Doch er bremste ab, sie reichten einander die Hand. Und schon redete er los: „Wenn ich dich nur früher gefunden hätte. Ich habe das Rätsel aber nicht sofort lösen können, ich musste lange grübeln, ich musste mit Menschen reden. Doch ich fand die Wahrheit heraus: Sie haben mir etwas zu trinken gegeben. Vielleicht an meinem zweiten Abend in Magadan, da war ich mit einigen Kumpels im Cafe. Danach hatte ich einen Ausfall. Black-out, wie man heute sagt. Ich wachte am nächsten Tag in einer fremden Wohnung auf, ich wusste nicht, wie ich dorthin gekommen war. Ich war nicht allein. Aber ich kannte die Frau nicht. Nun, ich dachte, ich hatte einfach zu viel getrunken. Ich habe mich verflucht. Ich habe dich verloren. Wer das mit mir gemacht hat, habe ich nie herausfinden können. Aber wenn man gegen die Strömung schwimmt - dann gewinnt man nicht nur Freunde. Es tut mir so leid.“ - Alex redete schnell, er sprach English, sehr gut sogar. Vor 14 Jahren konnte er nur ein Paar Worte.
Sie erzählten einander ihr Leben, sie klagten, sie lachten, sie schwärmten. Von ihrer Begegnung mit Wladimir verlor Kathrin kein Wort, ihr war es zu peinlich.

Sie verbrachten einen langen Tag miteinander, und sie spürte sein Verlangen nach ihr, sie wusste, dass er es will, vielleicht es brauchte. Doch jetzt, nach all den Jahren... Außerdem hatte er eine Frau, Kinder. Sie wollte keine Affäre. Sie wollte niemandem Schmerzen zufügen. Diese Liebe war jetzt verboten.

2010
Sie trafen sich im Laufe der Jahre immer wieder. Kathrin hat auch Elena, seine liebe Frau, ebenfalls eine Journalistin, kennen gelernt. Sie wunderte sich über ihre Ähnlichkeit miteinander auf. Das schmeichelte ihr. Sie wurden keine Freundinnen, doch sie verstanden einander ganz gut und schickten Bilder von ihren Reisen, tauschten Gedanken aus.
Die Entwicklungen in Russland beobachteten Alex und seine Frau mit wachsendem Missmut. Und nicht nur beobachteten sie, sie berichteten: Korruption, Vetternwirtschaft, Kriminalität - alles wurde ein Thema in der Zeitung „AndersNachrichten“. Die Zeitung wurde gerne gelesen, die Auflagen wuchsen von Tag zu Tag. Beliebtheit und spitze Zunge - eine explosive Mischung. Ein guter Nährboden für Neid und Hass. Es dauerte nicht lange, und es kamen Drohbriefe in die Redaktion. Konkurrenten um Reklame, korrupte Beamten, die Angst vor journalistischen Recherchen hatten, Polizisten, denen es nach den Enthüllungen gekündigt wurde - sie alle kochten vor Wut, sie versprachen das baldige und bittere Ende der Zeitung. Und manche wussten ihre Drohungen in Erfüllung zu bringen: Einmal explodierte eine Briefbombe im Arbeitszimmer eines jungen Kollegen. Der Mann verlor beide Arme. Eine engagierte Reporterin wurde im Treppenhaus ihres Hauses erstochen, die Tochter einer anderen - entführt und vergewaltigt. Jemand rief Alex an und bat ihn freundlich, die Zeitung noch in diesem Jahr zu schließen. Alex sagte „Nein!“

Kathrin bekam diese Ereignisse mit. Sie las die Zeitung online. Sie telefonierte manchmal mit Alex oder mit seiner Frau. Sie traute sich nach vielen Jahren nach Moskau zu kommen und ging durch die Straßen, von denen manche kaum zu erkennen und die anderen gleich geblieben waren. Für sie, die vor Jahren ihrer geliebten, aber zu hektischen Heimatstadt den Rücken gekehrt hatte, war Moskau unerträglich mit Hunderttausenden Autos, die permanent im Stau zu stehen schienen, mit den Millionen Menschen, die mit verschlossenen Gesichtern durch die Straßen eilten, mit dem Lärm von Hupen, von Stimmen, von Werbeansagen. Kathrin spürte, wie sich eine längst vergessene Panikattacke in ihr ausbreitet - und floh zum zweiten Mal aus dieser Stadt und schwor sich, dass sie nie zum dritten Mal hierher kommen würde.

2012, Januar
Alex und sie gingen durch die HafenCity in Hamburg, es war kalt und windig und es begann schon dunkel zu werden. Er nahm sie an die Hand: entschlossen, fest und doch zärtlich. Sie spürte Wärme, die von seinem Körper ausging. So gingen sie durch die Stadt, beide fremd hier, beide einsam, beide suchend. Diese Nacht fanden sie zueinander: Nach einem langen Weg. Sie vereinigten sich leidenschaftlich und unermüdlich, sie taten alles um einander in den Zustand der absoluten Glückseligkeit und Entrücktheit von der Welt zu versetzen. Und sie waren glücklich, hier, in ihrer kleinen Welt, in diesem gemütlichen und teuren Hotel. Draußen tobte ein Sturm und ließ die Wellen immer höher schlagen. Im Hotelzimmer war es heiß, und Alex riss das Fenster auf. Der Wind flog in den dunklen Raum hinein, wirbelte Papiere auf dem Tisch auf, die Vorhänge bauschten sich und flatterten, die jetzt unsichtbare Kristallleuchte klirrte und ein Stückchen Glas brach ab und kratzte Kathrin am Ohrläppchen. Sie schrie auf. Alex machte das Fenster wieder zu, küsste ihre kleine Wunde - und das Liebesspiel begann von neuem.

Dieses Mal begleitete sie ihn zum Flughafen, und bereute nur, dass die Warteschlage zum Check-In für First Class so kurz war - denn so herrlich war seine Umarmung und so aufregend sein Kuss. Kathrin dachte nicht mehr nach, dass diese Liebe verboten ist, sie grübelte nicht über die Zukunft, sie verschloss sich jeglichen Überlegungen zu diesem Thema. Sie genoss dieses Gefühl der Leichtigkeit und der Lebensfülle in ihr und fuhr verträumt und in sich gekehrt in dem blau-gelben Metronom-Zug nach Hause.

2012, März
An diesem Tag hatte Kathrin frei und wollte nicht einmal ihnen PC einschalten. Nun, dann schaute sie doch nach der Post im Smartphone nach, vielleicht eine kurze Nachricht von Alex - obwohl er nur selten schrieb.

Es war wie ein Stromschlag, es war wie ein Beilhieb, wie ein Schneesturm im Sommer. „Mein Mann Alexander Naumow wurde heute von Unbekannten aus seinem Auto entführt. Sie fordern Geld, mehr als wir besitzen. Ansonsten drohen sie ihn zu ermorden. Frist - drei Tage. Bitte, helft uns!“ - So lautete eine Rundmail von Elena Naumowa.
Kathrin saß einige Zeit wie betäubt, dann wählte sie die Handy-Nummer in Russland.
„Ich weiß keine Einzelheiten. Ich habe Angst“ - weinte die melodische Stimme in der fernen Stadt - „Sie haben seinen Fahrer erschossen und ihn verschleppt. Ich sollte eigentlich auch im Auto dabei sein, wir fahren meistens zusammen zur Arbeit, doch heute ging es mir schlecht, ich war zu Hause geblieben - und dann so etwas Schreckliches.“
„Wie viel Geld wollen sie denn haben?“ - fragte Kathrin.
„Fünfhunderttausend, so viel haben wir nicht. Alex gibt das Geld aus, spendet, er hat kaum Ersparnisse. Aber Kathrin, das sind unsere Sorgen, das soll dich nicht interessieren. Helfen kannst du uns auch nicht.“ - in Elenas Stimme hörte Kathrin flehende Noten.
„Ich habe auch nicht so viel, aber was ich habe, das gebe ich euch.“ - sagte Kathrin entschieden.
„Nein, nein...“ - Kathrin legte auf.

Selten war sie so tatkräftig, wie an diesem Tag: Ihre Ersparnisse abheben, immerhin fast ein Hunderttausend Euro. Ein Visum für Russland durch eine Bekannte in einem Reisebüro besorgen. Flugkarte kaufen - die letzte in der Maschine. Eine durchwachte Nacht, in der sie an Alex dachte. In der sie sich sagte, dass sie sich nicht einmischen soll, dass sie in diesem Land nichts zu suchen hat, dass ihre Hilfe gar nicht nötig ist und dass Elena und ihre Freunde ohne sie alles schaffen. Dass Kidnapping in Russland keine Seltenheit ist. Dass sie, Kathrin, alles noch bleiben lassen kann: Einfach nicht fliegen, daheim bleiben, sich nie wieder dort melden. Sie kommen dort zurecht. Vielleicht löst sich das Problem von selbst.
Kathrin schlief und sah Alex, nackt, mit blauen Flecken übersät, sein Gesicht - eine einzige große Wunde. Die Frau wachte mit einer Panikattacke auf, das Herz raste, sie schnappte nach Luft. Nahm eine Tablette und schlummerte wieder ein.

Elena wartete auf sie im Flughafen. In einem neuen schicken großen und ungemein hektischem Flughafen. Elena wirkte auf den ersten Blick ruhig, aber hinter dieser Maske spürte Kathrin ihre Anspannung und Verzweiflung.

„Es ist unheimlich. Alle Freunde, die wir haben, schweigen. Heben den Hörer nicht ab, antworten nicht auf E-Mails. Einen hatte ich heute zufällig hier getroffen, er wollte so tun als ob mich nicht kennt, dann meinte er, er sei auf dem Sprung, muss weg. Weißt du, ich habe meine Mutter und die Kids gleich nach England geschickt, meine Schwester lebt in London, schon seit langem, dort sind sie in Sicherheit. Hoffe ich mindestens. Und weißt du, Kathrin, du bist die einzige, die bereit war zu helfen. Seltsam, oder? Auch in der Zeitung sind heute alle weg. Ich bin hingefahren - das Büro geschlossen. Haben sich wie Kakerlaken versteckt in ihren Höhlen. Alle haben Scheiß-Angst hier, weißt du?“ - Elena fuhr zu schnell, Schneematsch spritze von allen Seiten, verdreckte die Scheiben. Kathrin erinnerte sich an damals, als sie in einem großen Jeep neben diesem seltsamen Geheimdienstler gesessen hatte. Es war fast vor einem Viertel Jahrhundert gewesen. Wie viel hat sich verändert, aber der Schneematsch - er gehörte offensichtlich zu einem März in Moskau.

„Sie haben heute angerufen. Ich soll morgen das Geld abliefern. Ich habe nur Zweihunderttausend. Sie bringen ihn um,“ - Elena heulte auf, ein hoher herzzerreißender Ton.
„Ich habe noch weniger,“ - sagte Kathrin traurig.
„Danke, dass du da bist. Ich weiß, er war in dich verliebt. Hat er erzählt,“ - sagte Elena. Kathrin wurde es ungemütlich. Was hat Alex denn erzählt? Alles?
„Seine erste Liebe. Aber deine Eltern waren dagegen gewesen, du warst weggefahren. Aber es war eine schöne Zeit für ihn gewesen.“
„Nein“ - dachte Kathrin, - „Er hat nicht alles erzählt“.
Sie saßen in der großen Wohnung der Familie Naumow, nach der russischen Gewohnheit saßen sie in der Küche. Tranken Tee. Redeten kaum.
„Und wenn du die Polizei einschaltest?“ - fragte Kathrin.
„Kommt nicht in Frage. Sinnlos. Vielleicht sind die Entführer selbst Polizisten, Alex hat in der letzten Zeit einige von denen schwer geärgert“ - meinte Elena und setzte fort:
„Ich muss morgen früh um sechs das Geld in ein Fach im Flughafen legen. In dem gleichen Flughafen, wo ich dich abgeholt habe. Danach soll ich dorthin fahren - sie zeigte einen Zettel mit einer Adresse. Dort werde ich ihn finden. Aber das klappt nicht, ich habe zu wenig Geld. Ich habe noch meine Diamantenohrringe hier, und noch den Schmuck von meiner Großmutter. Das ist teuer, aber ich kann es nicht so schnell zu Geld machen. Vielleicht reicht es?“ - Elena blickte Kathrin so an, als ob von deren Wort es abhing, ob es genug Geld war oder nicht.
„Weißt du, ich gehe statt dir,“ - sagte Kathrin entschieden.
„Warum?“
„Das ist ganz einfach: Ich bin eine Ausländerin und wenn mir etwas zustoßen sollte, dann gibt es einen internationalen Skandal. Und außerdem: Du hast Kinder, sie brauchen dich. Du hast Alex. Ich - nicht.“

Elena weinte. Sie saß da und weinte. Sie schwieg und weinte. Kathrin schien es, dass die Tränen den Raum füllen, dass der Putz in Stücken von der Decke herunter fällt und dass die Tapete sich von den Wänden löst. Sie sah das Geschirr aus den Wandschränken auf den Boden krachen und zerbrechen und sich selbst sah sie barfuß über die Scherben laufen und ihre Füße sah sie bluten, überall Blut.
Sie schüttelte kräftig den Kopf, verjagte die Vision. Ihr Herz raste, Panik stieg in ihr hoch, doch sie schaffte es, eine Attacke zu unterdrücken. Sie musste jetzt stark sein, gerade jetzt, wenn alle rund um sie schwach geworden waren.

Zwei Frauen saßen die ganze Nacht einander gegenüber. Um fünf Uhr morgens gingen beide in die Kälte und in den Wind hinaus, stiegen in Naumows schnittiges Auto und fuhren zum Flughafen. Immer wieder schien es ihnen, dass sie beobachtet werden. Vielleicht aus diesem Auto, das stets hinter ihnen fuhr? Nein, es blinkte und bog ab. Oder aus dem anderen, mit dunklen Scheiben? Auch nicht, es überholte sie, hupte, verschwand aus der Sicht.

Im Flughafen stieg Kathrin aus und ging weiter allein. Sie presste die Sporttasche mit dem Lösegeld an ihre Brust und hatte Angst, dass jemand die Tasche ihr aus den Händen reißen könnte. Das Gebäude war hell beleuchtet, hier hörte die Betriebsamkeit nie auf. Menschen gingen ein uns aus, Ansagen ertönten, Tonnen von Gepäck wurden geschleppt.

Kathrin fand das Schließfach, dessen Nummer und die Code Entführer Elena genannt haben. Sie verschloss das Fach und stand eine Weile regungslos mitten in der Menge von Eiligen und Hektischen.
Zurück im Auto, sagte sie zu Elena: „Bringe mich bis zur Metro-Station, danach gehe ich allein. Und du fahre nach Hause und warte. Bitte.“
Elena nickte. In der Metro war es um dieser frühe Stunde noch leer, ungewöhnlich für diese Stadt. Kathrin schloss die Augen und versuchte ihre Angst zu überwinden. Versuchte sich die nächste Zukunft vorzustellen - wird sie Alex bald sehen? Wird alles wieder sein wie früher? Sie spürte, dass der heutige Tag alles ändern wird, sie hoffte, dass - zum Besseren. Marmorne Statuen, Mosaikdecken, vergoldete Säulen - diese Pracht, erschaffen nach dem Geschmack von einem grausamen Despoten, diese Pracht sah Kathrin nicht. Sie stieg auf einer der zentralen Stationen aus und machte sich auf die Suche nach der kleinen Sackgasse, deren Namen sie noch nie gehört hatte und die übersetzt „Schiefe Gasse“ hieß. Hier, weitab von Einkaufsmeilen und von schicken Boutiquen, war sie in einer Stadt, die sich wohl in den letzten Hundert Jahren nicht verändert hatte: kleine Häuser mit Dreiecksgiebeln und mit Säulen, früher im Besitz von reichen Kaufleuten oder von Adligen, jetzt standen die meisten vernachlässigt - Russlands Neureichen lebten entweder außerhalb der Stadt oder in teuren Penthousewohnungen. Viele Häuser waren leer, manche beherbergten verschiedene kleine nutzlose Ämter. Kranke krumme Bäumchen in den Vorgärten, daneben - große Mülltonnen. Asphalt mit Schlaglöchern übersät. Einige Autos parkten auf dem Bürgersteig. Sie bildeten einen seltsamen Kontrast zu den fast antiken Gebäuden. Kathrin hatte insgeheim gehofft, dass Alex von irgendwoher erscheint, groß, stürmisch, redselig. Dass er sie umarmt - wie damals vor über zwei Jahrzehnten. Wie damals - vor nur einigen Monaten. Nein, er war nicht zu sehen. Dafür aber das Haus mit der Nr. 3 - diese Adresse haben die Entführer genannt.

Kathrin ging durch das verrostete Tor in den Vorgarten. Das Haus sah unbewohnt aus, einige Fenster waren ausgeschlagen, Putz und Stuck sind an manchen Stellen von den Säulen herunter gefallen und hatten offenbart, dass diese eigentlich nur bescheidene Holzpfosten waren. Vielleicht war das Gebäude selbst auch nur ein verputzter Holzschuppen. Die Tür schien angelehnt zu sein, war aber fest verschlossen. Keine Klingel, aber eine Überwachungskamera - unerwartet für dieses scheinbar verlassene Haus. Kathrin klopfte und wartete. Es war lange nichts zu hören. Sie war sich sicher, dass sie betrachtet wird.

Endlich summte das Schloss, und die Tür ging auf. Kathrin machte einen Schritt und gelangte in eine große und schlecht beleuchtete Diele. Die Tür ging mit einem leisen Klick zu. Es stank nach Pisse und nach noch etwas, wovon es ihr schwindelig wurde. Kathrin versuchte sich an diesen Geruch zu erinnern, einen Gegenstand dazu zu denken, es gelang ihr nicht.
Eine breite Treppe führte nach oben, dort, oberhalb der Treppe, stand er. Sie haben einander sofort erkannt: „Wladimir!“ - rief sie verwundert. „Du?“ - kam eine Antwort wie ein Echo. Er hat sich nur wenig verändert, bloß statt dem teuren Anzug hatte er eine kurze schwarze Lederjacke und ebenso schwarze Jeans an. Sein Gesicht war braun als ob er gerade aus einem Urlaub irgendwo im Süden gekommen wäre. Er lachte trocken und sagte fast freundlich: „Du hast schon wieder einen Fehler gemacht“.
Kathrin konnte kein Wort aussprechen. Das Schwindelgefühl wurde stärker, sie hielt sich am Geländer fest.

„Ich muss dich leider töten,“ - sagte Wladimir. In seiner Hand glänzte matt eine Pistole mit Schalldämpfer. Der Satz klang so einfach, er wurde so ruhig gesagt, als ob das Selbstverständlichste der Welt war.
Wladimir kam die Treppe herunter. „Du bist unbewaffnet, ein lächerlicher Gegner. Elena hätte ihren Walther mitgenommen. Sie hätte mindestens versucht sich zu wehren. Du siehst ihr täuschend ähnlich aus, sonst hätte ich dich nie hereingelassen. Also ich mache auch Fehler,“ - wieder ein kurzes Lachen.

„Hast du Alex entführt? Wo ist er?“ - Kathrins Stimmte versagte, sie konnte nur flüstern.
„Wo ist er? Dort, wo du auch gleich hinkommst. Geh vor mir!“ - befahl Wladimir. Sie ging durch die dunklen Gänge, vorbei an vielen Räumen mit Hängeschlössern. Eine nackte Glühbirne gab schwaches gelbes Licht. Der Boden war mit Glasscherben, Papierfetzen, Mäusekot übersät. Wände und Türen grün gestrichen. Wladimir trat mit dem Fuß eine nicht abgeschlossene Tür, sie flog auf. Ein kleiner Raum, fensterlos. Kahl. Nichts außer - ihm. Alex lag gefesselt auf dem Boden, ein hilfloser Bündel. In seiner Stirn - ein Loch. Unter seinem Kopf - eine schwarze Blutlache.

„Nein!“ - Kathrins Lippen formten dieser Wort, diesen stummen Schrei. - „Nein!“ - sie drehte sich langsam zu Wladimir. Blickte in seine hell-blauen Augen. Er erwiderte ruhig ihren verzweifelten Blick.
„Bald seid ihr zusammen. Schade eigentlich, denn hier wäre ein schöner Platz für Elena. Die beiden passten zueinander: Diese zwei gerissene Reporter mit ihren ständigen Enthüllungen. Sie haben mit ihrem Blatt viel zu viel Ärger gemacht, mir persönlich auch. Damit soll jetzt Schluss sein. Das sollte nach einem misslungenen Versuch aussehen, die Geisel frei zu kaufen, es ist aber etwas ganz Anderes, nämlich...“
„Ein Auftragsmord“ - sagte Kathrin leise.
„Genau, meine Liebe. Du hast vollkommen recht. Und überhaupt: Es war falsch von dir, ihn zu lieben. Er konnte dir nichts geben. Ich hätte es gekonnt. Wir wären ein gutes Paar geworden: Ich hatte Beziehungen in Deutschland, ich hätte nur einen deutschen Pass gebraucht um endlich unabhängig von meinem Arbeitgeber zu werden. So einfach lässt KGB ja niemanden gehen. Mit mir wärest du eine reiche Dame geworden, wir hätten ein Haus in Paris, eins in New York, eins noch - egal wo... Ich habe mich mit diesen Nacktfotos von deinem lieben Alex so mächtig ins Zeug gelegt - und du bist trotzdem geflüchtet - wie dumm von dir. Immer stand dieser Typ zwischen uns. Nun, jetzt ist er für immer weg. Und du auch - dann habe ich zwei Probleme weniger. Auf den Boden, mit dem Gesicht nach unten! Schnell!“ - gab Waldimir mit bellender Stimme den Befehl.

,Ende. Hier und jetzt endet mein Leben.‘ - dachte Kathrin. - ,Wie einfach, wie unerwartet, wie unglaublich‘. Kathrin fühlte sich steif und fror. Sie stellte sich auf die Knie, stützte sich mit beiden Händen auf den Boden auf. Sah verdreckte braune Fliesen, Spuke, eine tote Kakerlake. Sie warf den letzten Blick auf Alex. Sein Gesicht war feierlich und streng, seine Leiche war starr. Kathrin schien es, dass sie stinkt. Sie legte sich flach auf den Boden, spürte Wladimirs Berührung und wunderte sich, dass er ihr die Augen zubindet. Er machte es ungeschickt, grob, stach sie in den Hals. Kathrin stöhnte und dachte kurz, dass ihr Stöhnen nur peinlich ist, weil sie sowieso gleich sterben würde. Wladimirs Parfüm duftete streng, betäubend. Kathrin atmete ruhig, versuchte, die Panik zu unterdrücken und sich mit ihrem Schicksal abzufinden. Es wurde ihr schwarz vor Augen, sie verlor das Bewusstsein und hörte keinen Schuss.


***

Kathrin wachte in einem weißen Raum auf. Ein Mann in Weiß stand vor ihr und kontrollierte irgendwelche Geräte.
„Nun, da sind Sie wieder! Willkommen zurück!“ - der Mann sprach Russisch.
„Wo bin ich?“ - fragte Kathrin.
„In Moskau, sobald es Ihnen etwas besser geht, dürfen Sie nach Hause fliegen.“
„Was ist mit mir passiert?“
„Vermutlich Schwangerschaftstoxikose, seltsam - sie ist recht früh bei Ihnen aufgetreten, meistens kommt sie später. Welche Woche haben Sie - die 12., glaube ich?“
„Was?“
„Wollen Sie sagen, dass Sie nicht einmal gewusst haben, dass sie schwanger sind? Nun, mein herzlicher Glückwunsch, künftige Mutter! Passen Sie aber auf sich auf, in Ihrem Alter ist es wichtig.“
„Haben Sie mich in diesem Haus gefunden?“ - fragte Kathrin und wollte noch nach Alex fragen, traute sich aber nicht.
„Nein, nein, da gab es kein Haus weit und breit. Sie sind in einer Parkallee zusammengebrochen, Gott sei dank, ein Passant hat Sie rechtzeitig entdeckt, sonst wären Sie noch womöglich erfroren. Etwas leichtsinnig von Ihnen, dieser einsame Spaziergang.“ - der Arzt tätschelte sie an der Wange. - „Wollen Sie noch zu Hause anrufen, mitteilen, dass mit Ihnen alles in Ordnung ist?“
„Nein, ich... Ich habe niemanden.“
„Ach so. Klar. Ruhen Sie sich aus, es wird alles gut.“ - der Arzt verließ den Raum.
Kathrin versuchte zu verstehen, was passiert ist. Er hat sie leben lassen. Hat nicht geschossen, nur sie betäubt. Ja, solche Dinge kann er gut. Warum durfte sie weiter leben? Hat dieser Mann sie geliebt? Wollte er keine Probleme in den internationalen Beziehungen? Das wird sie wohl nie erfahren.

Und das Kind. Ein Abschiedsgeschenk von dem Mann, den sie immer geliebt hat. Von dem Mann, dessen Liebe zu ihr verboten, mit Füßen zertreten, vernichtet wurde - und doch alles überdauert hat. Die Liebe, die auch über den Tod hinaus lebt und die lebendig bleibt. Kathrin streichelte ihren Bauch und wisperte zu ihrem Sohn - sie war sich sicher, dass es ein Sohn sein wird: „Wir zwei, wir schaffen es, wir sind doch stark, oder?“

Sie schaltete den Fernseher an. In den Nachrichten wurde kurz mitgeteilt, dass der Inhaber von „AndersNachrichten“ Alexander Naumov immer noch spurlos verschwunden bleibt. Die Zeitung wurde inzwischen wegen Unregelmäßigkeiten in der Buchführung bis auf Weiteres geschlossen. Elena Naumowa hat das Land verlassen und ist vermutlich auf dem Weg zu ihren Kindern nach London.

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Texte: Alle Rechte liegen bei mir
Tag der Veröffentlichung: 05.09.2012

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