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Zeitdiebe



Ein Sturm tobte vor dem Fenster, Maren zog die Decke enger um sich und setzte sich wieder vor den Kamin. Gedankenverloren blickte sie in die Flammen, die das Holz verzehrten.
Maren war eine mittelgroße Frau mit weißen Haaren, die sie zu einem einfachen Zopf geflochten hatte. Sie liebte den Winter, trotz der Stürme und der Kälte fühlte sie sich geborgen in ihrem kleinen Haus. Jedoch, in letzter Zeit fühlte sie sich ihrem Aussehen entsprechend; alt.
Vor einigen Wochen beging sie ihren siebenundneunzigsten Geburtstag, wie immer alleine und wie jeden anderen Tag auch im Jahr.

Heute war es unmöglich hinaus zu gehen, also verbrachte sie die Zeit damit, in Erinnerungen zu schwelgen.
Sie fing in ihrer Kindheit an. Ihre Mutter war eine Tyrannin, ständig hatte sie etwas auszusetzen und beschimpfte sie und ihre drei Geschwister. Mir vierzehn Jahren riss sie von zuhause aus. Ihre Eltern und Geschwister hatte sie nie mehr gesehen.
Auf der Straße lebend schlug sie sich mit Gelegenheitsarbeiten und kleineren Diebstählen durch. Später musste sie sogar sich selbst verkaufen um zu überleben. Sie erinnerte sich an das erste Mal, als ihr Kunde fertig war und sie einfach im Park aus dem Auto geworfen hatte. Weinend und zitternd saß sie auf einer Bank. Da kam ihr zum erste mal der Gedanke über die Diebe der Zeit. Erst stahlen sie ihr die Kindheit, nun die Jugend und Freiheit.

Mit ende dreißig zog sie sich aus dem Gewerbe zurück. Mit Glück und Zufall bekam sie eine Arbeit als Aushilfe in einem kleinen Modegeschäft. Maren mochte diese Arbeit und ihre Chefin behandelte sie immer gut.
Aber auch diese Zeiten stahlen ihr die Diebe. Betty, ihre Chefin, wurde schwer krank und starb. Maren stand wie betäubt im Geschäft als sie dies erfuhr. Am ganzen Leib zitternd schloss die den Laden ab, setzte sich im Lager auf eine Kiste und fing bitterlich an zu weinen. Sie war allein, dies war sie immer gewesen, aber zum ersten Mal, mit fast sechzig Jahren, fühlte sie sich einsam.
Betty sagte einmal zu Maren, dass sie sich keine Sorgen machen brauchte. Das war kurz nach der Diagnose, dass ihre Chefin nicht mehr aus dem Krankenhaus würde raus kommen. Und tatsächlich verschlug es Maren die Sprache als eine Woche nach Bettys Beerdigung ein Schreiben eines Anwalts bei ihr ankam. Ihr wurde darin mitgeteilt, dass die Verstorbene ihr das Geschäft überschrieben hatte. Maren starrte ungläubig das Blatt Papier in ihren Händen an.

Bald wurde ihr klar, dass sie vom führen eines Geschäfts keine Ahnung hatte. Alsbald verkaufte sie die kleine Boutique und zog sich zurück in ein kleines Häuschen.

Hier saß sie nun und sie spürte, dass wieder SIE da waren. Ihre Muskeln entspannten sich und sie lehnte sich zurück in ihrem Ohrensessel. Es war schon sehr spät, das Feuer im Kamin war nur noch ein Glimmen und der Wind pfiff noch immer um das Haus herum.
Maren schloss die Augen und atmete ruhig aus.

Sie waren hier und würden dieses Mal sie mitnehmen; Die Diebe der Zeit.

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Tag der Veröffentlichung: 21.08.2011

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Widmung:
Für alle, die das Leben schätzen und sich den Dieben der Zeit stellen. - Gebt niemals auf -

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