Der Anfang vom Ende
Dieser Mistkerl! Warum hatte er das getan?! Ich stürmte aus dem Zimmer und knallte die Tür so heftig ich konnte zu. Meine Hand, mit der ich eben noch zugeschlagen hatte, brannte. Um mich herum waren überall Stimmen, doch ich schenkte ihnen keine Aufmerksamkeit. Null.
"Ricki!" Die Menschenmenge teilte sich für Nick, doch auch ihn ignorierte ich. Schnurstracks lief ich zur Tür. Gerade wollte ich die Tür öffnen, da packte er mich am Arm. Er umklammerte ihn richtig! "Bitte Ricki! Lass mich erklären! Bitte!" flehte er mich an. Jetzt platzte es aus mir heraus: "Was gibt's da denn bitte noch zu erklären?!" "Das war nichts! Bedeutete nichts! Bitte Ricki!" Flehend schaute er mich an. Dacht' ich's mir! "Was war nichts?" fragte die Schlange mit einer Unschuldsmiene. Ihre Hand legte sie zum Gegensatz zu seinen Worten auf seinen Arm. Ruckartig entriss ich mich seinem Klammergriff, riss die Tür auf und floh.
Meine Augen brannten, meine Kehle schmerzte und mein Körper zitterte, doch ich lief weiter. Und immer weiter. Weg von diesem blöden Haus und dieser blöden Party und diesem blöde Nick! Er rief noch immer nach mir.
Kaum war ich im Wald, fing ich an zu keuchen. Heiß liefen mir Tränen über die Wangen. Zielsicher fand ich "unseren" Baum. Mit zitternden Finger holte ich meinen Fahrradschlüssel aus meiner Hosentasche und fing an "unser" Herz zu zerstören.
Als das Herz endlich unkenntlich war, sank ich zu Boden, zog meine Knie an die Brust und schlang meine Arme darum. Mein Körper zuckte bei jedem Schluchzer unkontrolliert. Einatmen. Ausatmen. Einatmen. Das dachte ich mir immer und immer wieder, bis sich meine Atmung dann schließlich beruhigte. Langsam richtete ich mich auf und ging nach Hause.
Endlich angekommen kroch ich müde die Treppe nach oben. Schon wieder weinte ich.
Zum Glück lagen neben meinem Bett auf dem Nachttisch mein Handy und Kopfhörer. Ich klickte auf zufällige Titel und ein fetziges Lied kam. Erst nach ein paar Minuten Musik merke ich wie verspannt ich war. Verzweifelt und wütend schrie ich immer wieder in mein Kissen. Warum? Was hatte ich gemacht?! Warum ausgerechnet SIE?
Zum Glück war keiner im Haus, der mich hätte können. Mum war mit Ron, Ronald, ausgegangen. Auch sonst war ich oft allein, meine Mutter arbeitete viel. Meine Augen schlossen sich.
Der Morgen danach
<<Piep, piep, piep! Piep, piep, pie.." schnell schug ich auf meinen nervenden Wecker, um ihn auszuschalten. 5:45 Uhr! Warum klingelte dieses Scheiß-Ding?! Es war … Welcher Tag war eigentlich? Fieberhaft überlegte ich und mit einem Schlag kam alles zurück: Majas Party, Nick. Nick…
Ich wollte nicht schon wieder weinen! Es war ja schließlich "nur" ein Typ, oder? Oder etwa nicht? Wer wohl alles davon mitbekommen hatte? Mist! Konnte es sein, dass Maja sauer auf mich war? Hoffentlich nicht!
Maja, meine beste Freundin, Jenny, meine andere beste Freundin, und mich nannte man immer in einem Atemzug. Ich musste sie sofort anrufen! Ich sprang von meinem Bett auf und ging in mein angrenzendes Badezimmer. Auf dem Weg dorthin schnappte ich mir noch das Telefon und meine Haarbürste. Im Bad angekommen schaute ich in den Spiegel.
Oh. Mein. Gott. Ich sah schrecklich aus! Meine Haare standen zu allen Seiten ab, meine Schminke war total verschmiert und verlaufen, meine Augen waren immer noch blutunterlaufen und mein rotes Kleid vom gestrigen Abend war total zerknittert. Es sah aus als hätte ich auf der Straße geschlafen. Nett ausgedrückt.
Also spritzte ich mir kaltes Wasser ins Gesicht und tippte Majas Nummer ein. Aber ich konnte doch nicht so früh bei ihr anrufen, oder? Da klingelte plötzlich das Telefon. Perplex schaute ich auf den Bildschirm. Ist das etwa Majas Nummer? Egal!
Ich ging ran: "Hallo?" "Ricki? Bist du das? Ricki? Geht's dir gut? Ich hab mir Sorgen gemacht! Was ist passiert? Ricki?!" schrie sie beinahe in den Hörer. Sie schien völlig außer sich zu sein. "Ähm,… Nein. Ich weiß es nicht," stammelte ich. "Oh, Okay. Warte! Ich bin gleich bei dir, ja?" Sie wartete keine Antwort von mir ab und schon war die Leitung tot.
Schnell zog ich mein Kleid aus, eine lockere Hose und ein lockeres T-Shirt an, machte mir einen Zopf, wusch mein Gesicht und schlich nach unten an die Tür, schließlich durfte Maja nicht klingeln! Vorsichtig, damit die Treppe nicht knartschte, setzte ich mich und starrte nach draußen.
Was hatte ich falsch gemacht? Wann habe ich etwas falsch gemacht? Ich dachte an die schönen Momente mit IHM. Mit Nick. Mit meinem Freund. Vielleicht war da ja gar nichts? Nein! So etwas durfte ich nie wieder denken! Ich konzentrierte mich wieder auf unsere Auffahrt.
3. Kapitel
"Das ist ja schrecklich! Wie konnte er nur? Sie weiß doch, dass ihr zusammen seid." "Ward, das wir zusammen waren," verbesserte ich Maja. Auch Jenny, die Maja auch noch angerufen hatte, war außer sich. Sie schüttelte unwillig den Kopf.
Zuvor hatte ich beiden erzählt, warum ich gestern Nacht so überstürzt geflüchtet war. Währenddessen hatte ich geweint. Ich richtete mich auf und versuchte zu lächeln, doch es fühlte sich falsch an. Also nahmen mich Jenny und Maja noch einmal in den Arm, wie sie es getan hatten, als sie gekommen waren.
Da sprang Maja auf: "Was gibt's zum Frühstück?! Ich hab tierischen Hunger!" Das war mein Stichwort! Jenny löste ihre Umarmung und ich stand auf um in die Küche zu gehen. Die Beiden folgten mir. In der Küche angekommen schob mich Jenny auf einen Stuhl und sie und Maja begannen ein Riesenfrühstück zu machen. Es gab Rührei, aufgebackene Brötchen, Kakao und Obstsalat. Lecker! Erst als es etwas zu essen gab, merkte ich, wie hungrig ich war. Schnell aß ich. Normalerweise hatte ich morgens keinen Hunger. Auch nicht abends. Ich bin irgendwie nicht so heiß darauf. "Wollen wir heute shoppen gehen?" fragte Jenny in die gefräßige Stille hinein. Sofort leuchteten Majas Augen auf: " Ja! Super Idee!" Ich war zwar nicht so begeistert doch willigte ein: "Okay. Wann und Wo?" Schließlich wollte ich den Beiden nicht ihren Spaß nehmen den ich war ja keine Spaßbremse, oder? "Jetzt und in der Stadt. In einer halben Stunde öffnen die Geschäfte!" quiekt Maja. "Na dann ab in die Stadt!" murre ich noch, bevor meine Freundinnen mich nach oben in mein Zimmer zum umziehen schickten.
4. Kapitel
Montag. Nick. Ich würde mit ihm reden müssen! Unwillig rollte ich mich aus meinem Bett, zog mich um und trottete nach unten. Mum war schon zur Arbeit gefahren, also war niemand, außer mir, zu hause. Würden die Lehrer verstehen, dass ich nicht neben ihm sitzen konnte, nachdem, was passiert war? Zwar hatten Jenny und Maja es geschafft mich das Wochenende abzulenken, doch trotzdem tat es noch immer weh. Es tat sogar unheimlich weh. Ein Klingeln riss mich unsanft aus meinen Gedanken. Hinter der Tür erkannte ich Maja und Jenny. Ich öffnete die Tür. Kaum war sie offen, sagte Maja schon: "Los! Mach schnell! Der Bus wartet schließlich nicht!" "Wir fahren Bus?" fragte ich etwas verwirrt. "Ja doch Dornröschen! Es gießt draußen wie verrückt! Falls du das noch nicht bemerkt hast," sagte Jenny mit einem verschmitzen Lächeln. Ich schüttelte den Kopf, nahm mir einen Regenschirm und schmiss mir den Ranzen auf den Rücken. Auf dem Weg zur Bushaltestelle ging ich zwischen den Beiden. Sie unterhielten sich angeregt, doch ich war in Gedanken versunken. "Oder Ricki?" fragte Maja mich. "Ähm, äh, was?" Ich starrte sie an und versuchte mich an ihre letzten Worte zu erinnern. Maja schaut mich kurz an: "Ob du nicht auch denkst, dass der Neue ganz nett sein könnte?" "Ähm, klar. Der ist bestimmt nett," meinte ich ausweichend. Jenny warf Maja einen Blick zu, den ich wahrscheinlich nicht hätte sehen sollen. Doch den verstand sie wohl falsch: "Was denn?!" Wütend schüttelt Jenny nur den Kopf. Kaum waren wir an der Bushaltestelle, sah ich schon den Bus. Zu meinem Glück war er noch fast leer. Jenny, Maja und ich schnappten uns einen der hinteren Vierer-Sitze. Der Geruch des Busses gab mir das Gefühl, das gleiche Mädchen wie vor der Party zu sein. Wieder normal zu sein. An den folgenden Haltestellen stiegen immer mehr Leute ein. Bald auch Diana. Ich verkrampfte mich und Jenny, die neben mir saß, fasste mich am Arm: "Alles gut. Beruhige dich! Oder willst du das etwa vor dem ganzen Bus klären?" Tatsächlich beruhigte ich mich und ließ mich wieder in meinen Sitz sinken. An unserer Schule stiegen wir aus. Mit traumwandlerischer Sicherheit finde ich unseren Klassenraum, in der, wie immer, das Chaos tobt. Vorsichtig schaute ich mich in der lauten Masse, die sich meine Klasse nannte, um. Und dann, zum ersten Mal, seit Freitagabend, lächelte ich. Vorsichtig und besorgt schielte mich Jenny von der Seite an: "Alles okay?" Ihre Stimme klang ängstlich, als hätte sie Angst, dass ich den Verstand verloren hätte. Geistesabwesend nickte ich und ging zu meinem Platz. Ich warf Maja und Jenny einen sehnsuchtsvollen Blick zu, denn die Beiden saßen nebeneinander. Bevor ich mit Nick zusammen gekommen war, saß ich auch bei ihnen, denn wir machten schließlich alles zusammen. Aber dann hatte ich mich in den Klassen- und Schulschwarm verliebt und er sich ja auch zuerst in mich. Bis jetzt. Auf seinen Wunsch hatte ich mich zu ihm gesetzt. Warum eigentlich? Da kam Diana hüfteschwingend durch die Tür und zog somit meine Aufmerksamkeit auf sich. Sie schaute sich kurz im Raum um und kam dann direkt auf mich zu. Vor mir blieb sie stehen. Ich schaute zu ihr rauf. Kaum hatte ich sie angesehen begann sie mit einer zuckersüßen Stimme zu säuseln: "Victoria? Ich würde unglaublich gerne auf deinem Platz sitzen. Das wäre echt mein größter Wunsch! Und es wäre wirklich, wirklich unglaublich nett von dir mit mir die Plätze zu tauschen." Ihr Gesäusel beendete sie mit einem dramatischem Augenaufschlag. Ohne zu antworten stand ich auf und ging zu ihrem ehemaligen Platz. Sie saß neben Nathalie. Am ganz anderen Ende des Klassenraums. Jenny kam auf mich zu: "Was war denn das gerade?" "Das würd' ich auch gerne wissen," sagte ich schulterzuckend. "Aber,…" setzte sie an, doch ich hörte ihr gar nicht zu, denn Nick betrat gerade die Klasse. Anscheinend aus Gewohnheit schaute er auf unseren alten Platz und stockte als er Diana dort sah. Als sie ihn auch sah, sprang sie mit einem riesigen Grinsen im Gesicht auf, rannte auf ihn zu und umarmte ihn, doch als sie ihn küssen wollte, entwand er sich ihr irgendwie. Man konnte ihr ihren verletzten Stolz allzu sehr ansehen, doch er ignorierte sie und suchte den Raum mit seinen Augen ab. Nach mir. Stur schaute ich auf meinen neuen Tisch in der Hoffnung er würde da bleiben wo er war. Umsonst gehofft! Mit großen Schritten kam er auf mich zu. Dann stand er direkt vor meinem Tisch. Ich merkte es daran, dass er einen Schatten auf meinen Tisch warf. Das nächste war seine Hand, die meine nehmen wollte, doch ich war schneller. Geschickt sprang ich auf. "Ricki," sagte er beruhigend, "kommst du einmal mit, bitte?" Ich nickte und ging ein paar Schritte. Kurz schaute er mich an, doch dann ging auch er los. Er wollte seinen Arm um meine Taille legen, doch ich ging mit einem Sicherheitsabstand neben ihm. Vor der Tür blieb ich stehen. Verwirrt schaute er mich an, als er meinen Gesichtsausdruck sah. "Was wolltest du?" fragte ich kalt. Meine Stimme erschreckte mich ja selbst, doch es erfüllte mich eine beruhigende Genugtuung als ich sah, wie er auf meine kalte Stimme reagierte. "Ricki, ich," er schluckte: "Ich liebe dich und es tut mir Leid, hörst du? Es tut mir so unglaublich Leid! Ich wünschte es wäre nie passiert, aber ich konnte nichts dafür. Ich liebe dich, nur dich und, und wird gehören doch zusammen!" Seine Augen hatten mich während seiner Rede die ganze Zeit flehend angesehen. Versucht meinen kalten Blick zu schmelzen. Vergeblich. "Nein, das tun wir nicht. Danke dass du mir das am Freitag klar gemacht hast. Ich bin ja so froh, dass ich das jetzt weiß. Und - damit es keine Missverständnisse zwischen uns gibt - es ist vorbei!" Ich lächelte ihm direkt ins Gesicht. Ich wusste wie sehr dies schmerzte und genoss es. Noch bevor es etwas erwidern konnte, drehte ich mich um und ging zu meinem neuem Platz. Es klingelte.
Das erste Mal
"Krass! Das ist ja richtig cool!" sagte Jenny als wir zu zweit in der Cafeteria der Schule auf Maja warteten. Ich hatte ihr alles, was ich zu Nick gesagt hatte, erzählen müssen. Sie lächelte mich wie eine Verrückte an. "Alles okay bei dir? Ich mach mir grad echt Sorgen um dich," meinte ich schmunzelnd: "Hör auf so doof zu grinsen!" Während sie vergeblich versuchte, sich das Gegrinse zu verkneifen, betrat Maja endlich die Cafeteria. Ich pfiff kurz, damit sie uns sah. "Hey Mädels!" rief sie aufgeregt: "Er ist ja soooo süß! Er kommt gleich. Ich hab ihn gerade noch gesehen. Warte!" Sie hielt mir ihre Hand vor den Mund. "Da ist er," sagte sie, nahm ihre Hand von meinem Mund und zeigte mit dem Kinn in Richtung Tür. Auf den Rücken eines Jungen. Auf den, des neuen Schülers. Unsicher schaute er sich im Raum um. Maja stand auf und ging zu ihm. Kurz redeten sie, dann kamen sie beide auf uns zu. Er hatte einen geschmeidigen Gang, war groß, hatte ein breites Kreuz und rötliche Haare. Jenny stieß mir mit dem Ellbogen zwischen die Rippen: "Mund zu! Du sabberst ja gleich!" War es so offensichtlich? Er kam nun endlich bei uns an: "Ähm, hey?" Schüchtern lächelte er uns an. WOW! Er hatte fantastische Augen. Sie zogen mich magisch an. Jenny stieß mich wieder an. "Au!" zischte ich ihr zu. "Setz' dich doch," sagte die und stand auf, um sich einen neuen Stuhl zu holen. Somit saß er dann also neben mir. Ich ergriff das Wort: "Das ist Jenny und ich bin Ricki, naja eigentlich Victoria, aber ich bevorzuge Ricki." Warum erzählte ich ihm das? "Oh, cool. Ich bin Valentin," sagte er mit einer melodischen Stimme. Die schönste Stimme die ich je gehört hatte! Und diese Augen! In ihnen konnte man versinken! Ich fühlte mich, als wäre ich betrunken. Hatte ich mich je bei Nick so gefühlt? Nein! "Hey Ricki! Komm mal bitte!" Wie auf Stichwort stand Nick plötzlich vor unserem Tisch. Ich atmete tief ein und wieder aus. Valentin sah erschrocken aus. Er lehnte sich zu Jenny herüber: "Ist das ihr …" "Nein!" unterbrach Jenny ihn mitten im Satz. Wie konnte sie diese wunderschöne Stimme nur stören? Auch wenn es völliger Schwachsinn war was er fragte. Langsam wendete ich Nick meinen Blick zu und stand auf. "Was willst du?" fragte ich kalt. "Mit dir reden. Unter 4 Augen!" raunte er mir zu. Ich drehte mich um und ging, ohne darauf zu achten, ob er hinter mir war zu einem der freien Tische in einiger Entfernung, aber noch so nah waren, dass ich Valentin sehen konnte. An dem Tisch angekommen, lehnte ich mich daran und schaute zurück zu Nick: "Und was wolltest du jetzt?" Erst schaute er mich eingeschüchtert an, doch dann reckte er sein Kinn in die Höhe: "Ich will, dass du mir zuhörst! Ich will Diana nicht! Ich liebe sie nicht! Ich…" Es reichte mir: "Und trotzdem hast du sie geküsst! Ohne auch nur nachzudenken! Okay, da du es ja heute morgen irgendwie nicht verstanden hast: Es ist aus! Schluss! Vorbei!" Zum Ende hin wurde ich etwas lauter und auch er sprach lauter: "Werd doch vernünftig! Du kannst nicht einfach Schluss machen! Nicht mit mir! Ich krieg dich eh wieder!" "Okay, erstens: Ich BIN vernünftig, zweitens: Ich kann das einfach so und drittens: DEFINITIV nicht!" zischte ich ihm zu, um nicht ganz die Kontrolle zu verlieren. Was bildete der sich überhaupt ein? "Und wenn du mich jetzt entschuldigst, gehe ich jetzt zurück zu meinen Freundinnen, denn DIE betrügen mich nicht!"
6. Kapitel
Kaum war ich wieder am Tisch, klingelte schon die Schulglocke. Jenny sprang auf: "Mist! Schon so spät? Wir müssen los! Kommt schon!" "Kommst du mit uns?" fragte ich Valentin träumerisch, denn seine Augen hatten eine unglaubliche Kraft über mich. Er lächelte und mein Herz blieb kurz stehen und stotterte dann weiter. "Klar," meinte er schulterzuckend: "Schließlich gehen wir doch in die gleiche Klasse, oder?" "Ach ja, genau. Aber warum bist du denn erst jetzt gekommen?" fragte ich ihn als wir schon in Richtung Klassenraum unterwegs waren. "Umzug," sagte er kurz angebunden, doch es hörte sich an, als wäre da noch mehr, als wäre es nicht die ganze Wahrheit. Schnell schaute ich weg. Ich wollte ja nicht, dass er dachte ich hätte 'ne Schraube locker! Mit gesenktem Blick folgte ich Maja und Jenny zum Unterricht. Wir hatten in unserem Klassenraum Geschichte! Ausgerechnet! Was sollte denn heute noch alles passieren? Lustlos trottete ich hinter Maja und Valentin, die sich angeregt unterhielten, hinterher. Jenny ging zwar neben mir, doch anscheinend war auch sie tief in ihren Gedanken versunken. An der Klasse angekommen, blieb Valentin stehen. Das verwirrte mich: "Kommst du nicht mit rein?" "Ne, ich warte noch auf Frau Schneider. Schließlich muss mich ja noch jemand der Klasse vorstellen und mir einen Platz zuweisen," sagte er und zwinkerte mir zu. Ich lächelte unbestimmt und ging durch die Tür. Lustlos setzte ich mich auf meinen Platz. Geschichte! Klar, es ist wichtig was in der Vergangenheit passiert ist, doch sobald es um genaue Jahreszeiten ging, schaltete ich immer ab. Nathalie beobachtete mich vorsichtig von der Seite. Ich wusste nicht genau was sie hatte, aber wahrscheinlich wunderte sie sich nur warum ich jetzt hier war. Oder war sie am Freitag auch da gewesen? Hatte sie gesehen wie ich am Freitag geflüchtet war? Dann öffnete sich die Tür und Frau Schneider betrat mit Valentin die Klasse. Man konnte förmlich hören, wie der ganzen Klasse kurz der Atem stockte. Zumindest der weiblichen Hälfte. Frau Schneider ging nach vorne und zum ersten Mal, seit sie uns unterrichtete, wurde die ganze Klasse still, um zu hören, was sie sagen wollte. Sie räusperte sich: "Hallo Klasse! Das hier," sie zeigte auf Valentin, "ist Valentin. Er ist neu hier, also seid bitte nett zu ihm und macht es ihm nicht zu schwer. Ricki?" sprach sie mich plötzlich an. "Ähm, was?" "Könnte sich Valentin erstmal zu dir setzen?" fragte sie weiter. "Klar," sagte ich, doch zu voreilig. Viele verkniffen sich ein Lachen, andere lachten laut. Nick schaute nur finster. "Genug jetzt!" versuchte Frau Schneider die Klasse zu beruhigen, doch keiner hörte auf sie. Aber auch sie hatte ihre kleinen Tricks. "Vielleicht möchte Valentin sich ja nochmals persönlich vorstellen?" meinte sie an ihn gewandt und schlagartig war die ganze Klasse still. Alles starrten zu Valentin, der jedoch blieb ganz gelassen. Ich an seiner Stelle wäre vor Scham gestorben. "Ja also, ich bin Valentin und bin gerade hierher gezogen, wie Frau Schneider schon gesagt hatte. Habt ihr Fragen?" fragte er ziemlich ruhig. Ein paar Hände schossen in die Höhe. Zu meiner Verärgerung war die erste, die er dran nahm, Diana: "Und was machst du so in deiner Freizeit?" Die Mädchen kicherten kurz, doch dann musterten ihn alle wieder neugierig. "Ich mache gern Sport, wie Basketball, Schwimmen, Fußball und auch joggen gehe ich gerne," erwiderte Valentin. Es wurden noch gefühlte tausend Fragen gestellt, doch ich achtete gar nicht mehr darauf. Ich war einfach nur in seine Mimik vertieft. Naja nicht die Mimik, sondern in seine Augen. Es fühlte sich an als würde ich in ihnen versinken.
7. Kapitel
Endlich war die Schule aus! Frau Schneider hatte mich oft drangenommen, während ich ganz auf IHN fixiert war. Das holte mir zwar viele Verwarnungen ein, doch das war es mir wert! Tief war ich in meine Gedanken versunken, als Valentin aufstand und fragte: "Willst du nicht auch langsam mal aufstehen?" Beim Klang seiner Stimmet war ich kurz zusammengezuckt. Das war ihm nicht entgangen: "Alles okay?" "Ja klar, natürlich. Mir geht's bestens," brummelte ich. Nachdem ich auf die Uhr geschaut hatte, stand ich hastig auf und schmiss meine Sachen in meinen Ranzen. Und da kamen dann auch schon Maja und Jenny zu mir, an meinen Tisch. Naja sie kamen eher an Valentins Tisch, das entging selbst mir nicht. Es störte mich das sie das taten und das wiederum wunderte mich. War ich etwa eifersüchtig? "Na komm schon," meinte Jenny an mich gewandt. Zusammen verließen wir die Klasse. Also eigentlich verließen sie die Klasse und ich rannte in jemanden hinein. Ich sah nur einen grauen Pulli, der sich über einem muskulösen Oberkörper spannte. "Tschuldigung," nuschelte ich. Der Typ begann zu lachen und ich schaute zu ihm hoch: "Was?" "Alles gut," meinte er lächelnd. "Ähm," setzte er dann etwas leiser hinzu: "Ist das die 10a?" "Ja, das ist sie, warum?" fragte ich. "Ich suche Frau Schneider," antwortete er mir, doch schaute mich dabei so durchdringend an, dass ich mich nicht abwenden konnte. "Warum?" fragte ich flüsternd. Ich wusste nicht warum ich es fragte oder warum ich flüsterte irgendwas faszinierte mich an ihm. Okay, jetzt war es offiziell, ich drehte total durch! Erst Valentin, jetzt er. "Ich bin neu hier und sollte heute nochmals zu ihr kommen bevor morgen mein erster Tag ist," antwortete er ebenfalls flüsternd und grinste dabei über's ganze Gesicht. Dann zwinkerte er, drückte mir einen Zettel in die Hand und ging an mir vorbei in die Klasse. Perplex blieb ich an Ort und Stelle stehen. "Ricki!" rief Maja völlig außer sich. Sie war schon weiter weg, als ich gedacht hatte: "Wo bleibst du denn? Der Bus wird nicht extra auf dich warten!" Schnell steckte ich den Zettel in meine Hosentasche und rannte los.
8. Kapitel
"Was war das denn gerade?" fragte Maja mich neugierig. "Tja, das wüsste ich auch zu gern," erwiderte ich schulterzuckend. "Was wollte er denn?" fragte sie unnachgiebig weiter. "Er wollte wissen, ob das die Klasse 9a wäre," antwortete ich ihr ruhig. "Und DAS dauerte SO lange?" "Ja, irgendwie schon." "Was heißt denn hier irgendwie?" "Naja, er hat noch gesagt, dass er neu hier wäre." Das mit dem Zettel verschwieg ich ihr lieber. Valentin beäugte mich vorsichtig. In seinen Augen flammte etwas auf, aber es war zu schnell wieder verschwunden, als dass ich erkennen konnte, was es war. Wütend schaute er noch einmal den Flur hinab zur Klasse. Es sah aus, als würde er gleich losstürmen, um jemanden zu verprügeln. Dieser Ausdruck machte mir Angst, also krächzte ich mit piepsiger Stimme: "Ähm, … Kommt! Wir wollten doch zum Bus?" Valentin nickte langsam und drehte sich in die Richtung des Ausganges. Meine rechte Hand steckte ich in die Hosentasche und umfasste den Zettel - Er war noch da! Wenn ich zu Hause war, würde ich ihn mir ansehen. "Was überlegst du?" riss Valentin mich aus meinen Gedanken. Los schnell! Denk dir war aus Gehirn! Nun mach schon! "Ich, äh, ich überlege, ähm," stotterte ich los: " was ich gleich kochen werde, ja!" Ich nickte noch einmal bekräftigend. Am Bus angekommen stiegen wir eilig ein. Leider waren wir so spät dran, dass wir stehen mussten. Ich stand Valentin zugewandt und er musterte mich. "Wohin musst du eigentlich?" fragte ich ihn. "Ähm, wie bitte?" es hörte sich an, als wäre er tief in Gedanken versunken gewesen. "Wohin du eigentlich musst," half ich ihm auf die Sprünge. "Ähm, ich fahre mit dem hier zur Weidenstraße," sagte er. Dort musste ich auch aussteigen! Ich lächelte und schaute ihm in die Augen. Die Augen! Wow! Plötzlich bremste der Bus und ich flog nach vorne - direkt in SEINE Arme. "Tschuldigung," nuschelte ich mit hochrotem Kopf, während er mir hoch half. "Dafür nicht," meinte er schelmisch grinsend: "Das kann dir gern öfter passieren!" Meine Wangen wurden noch heißer. Schnell wich ich seinem Blick aus. Hinter mir hörte ich Maja und Jenny kichern. Schnell drehte ich mich zu ihnen um, um ihnen einen meiner Killerblicke zu zuwerfen. Das sah ich sie: Diana. Sie durchbohrte mich förmlich mit ihren Blicken. Ich hingegen senkte meinen Blick. Zum Glück stiegen nach und nach immer mehr Schüler aus und wir setzten uns in einen Vierer. An unserer Haltestelle stiegen wir vier aus. Maja plapperte ohne Punkt und Komma auf uns ein.
9. Kapitel
Nachdem mich Valentin noch nach Hause gebracht hatte, ging ich nach oben, legte ich mich auf mein Bett, stöpselte meine Kopfhörer in die Ohren und machte meine Musik an. Ich schloss die Augen und genoss die Musik. Nach 4 Liedern holte ich dann vorsichtig den Zettel aus meiner Tasche. Schnell las ich ihn: - Hey Hübsche! Du bist süß! würde dich gern mal treffen! Ruf doch an: 0164 7839901! In Liebe Noah - Das war ja jetzt der Oberhammer. Wollte der mich verarschen?! Verächtlich zog ich meine Augenbrauen hoch. Noch einmal las ich den Zettel. Vielleicht hatte ich mich ja verlesen? Nein! Es stand immer noch das gleiche darauf. Stand auf meiner Stirn etwa: Verarscht mich? Frustriert ließ ich mich wieder ins Kissen fallen, steckte mir wieder die Kopfhörer in die Ohren und schaltete meine Musik wieder an. Ob er das ernst meinte? In diesem Moment klingelte es. Missmutig ging ich nach unten, meine Mutter war nicht da. An der Tür konnte ich nicht erkennen, wer dort stand, also öffnete ich die Tür nur vorsichtig. Und da stand er - Valentin. Kaum hatte ich die Tür geöffnet, schaute er auf und nahm mich mit seinem Blick gefangen. Diese Augen! "Hey," sagte er mit einem schüchternen Lächeln im Gesicht, "ähm, ich wollte dich fragen, ob du mir vielleicht die Gegend zeigen kannst?" "Ja," ich versuchte mich an einem Lächeln, "gern." Das Strahlen, was er mir nun schenkte, war überirdisch. Ich lächelte zurück. In diesem Momentgefangen, ging ich einen Schritt auf ihn zu, wie in Trance. Und noch einen. Erst als ich über die Türschwelle stolperte, erwachte ich aus diesem Zustand. "Ähm, Entschuldigung," stotterte ich auch schon peinlich berührt los. "Wie unhöflich von mir, komm doch rein," sagte ich, während ich den Eingang frei machte, "Ich hol' nur noch schnell mein Handy und so." Und schon trat er ein. Er zog sich die Schuhe aus und folgte mir wie ein Schatten. Was tat ich hier eigentlich? Ich kannte ihn doch kaum! Aber jetzt war's eh zu spät. Wir betraten mein Zimmer und ich packte schnell meine Tasche: Handy, Schlüssel und ein bisschen was Süßes. Ich - die ultimative Naschkatze. Und zum Schluss noch Kaugummi gegen eventuellen Mundgeruch. Während ich meine Sachen nach und nach in die Tasche schmiss, unterhielt ich mich mit ihm. Ich fragte ihn, wie er es bis jetzt in unserem Dorf gefiel und so was. Naja, nichts interessantes! Doch dann fragte er: "Was ist das denn?" Er hielt den Zettel in der Hand. Mist! Noah! Mist, Mist, Mist, Mist, Mist! Meine Wangen wurden heiß. "Ähm," begann ich mit meiner glorreichen Erzählung. "Naja, sagte er jetzt beherrscht ruhig, "Ist ja auch egal. Es geht mich ja auch nichts an." Seine Stimme klang bedrohlich und der gleiche Ausdruck, der schon am Mittag in der Schule in seinen Augen lag. "Komm! Ich sollte dir doch die Gegend zeigen!" sagte ich enthusiastischer, als ich mich fühlte. Bereitwillig kam er mit mir nach unten. Unten schaute ich auf die Uhr: 15:30 Uhr. In 5 Minuten kam ein Bus, der in Richtung "Stadt" fuhr. Nun beeilte ich mich. Ganz der Gentleman hielt Valentin mir die Tür auf und wir rannten zusammen los. Keuchend und lachend kamen wir an und erreichten den Bus noch ganz knapp. "Wohin geht's eigentlich?" fragte er, kaum dass wir saßen. "Lass dich überraschen!" meinte ich augenzwinkernd. Zusammen gingen wir erst in mein Lieblingscafé, dann zeigte ich ihm ein paar Geschäfte, dann fuhren wir wieder zum Dorf und ich zeigte ihm noch den Wald, den See und den Skatepark. Gegen 7 Uhr abends brachte er mich nach Hause. "Danke," sagte ich. Er jedoch schüttelte den Kopf: "Nein, ich danke DIR, für diesen wunderschönen Tag!" Er gab mir noch einen Kuss auf den Handrücken, drehte sich um und ging. Ich schaute ihm nach, bis er verschwunden war.
10. Kapitel
Am Morgen stand ich wie üblich auf, zog mich an, aß etwas und fuhr dann mit Jenny und Maja zur Schule. Etwas war ZU normal. Wo war ER? In der Schule angekommen, hatte ich keine Zeit IHN zu suchen, denn Herr Gerder kam auf mich zu: "Hallo Victoria!" "Hallo," sagte ich freundlich. Erst jetzt sah ich den Jungen, den Herr Gerder hinter sich herzog. Ich stockte. Das konnte doch wohl nicht wahr sein! "Ich wollte dir einmal Alex vorstellen," redete er fröhlich weiter. Wie bitte?! WAS? Was wollte er? Was laberte er da? "Ich wollte dich fragen, ob du ihm vielleicht die Schule zeigen könntest?" Der Junge, Alex, musterte mich. "Klar Herr Gerder," antwortete ich. "Super! Alex, das ist Victoria, sie wird dir die Schule zeigen," wandte er sich an Alex. Alex lächelte schief. Okay Victoria! Beruhig dich! Mann sah der gut aus! Ruhig! "Hey," sagte ich an Alex gewandt, als Herr Gerder weg war, "dann wollen wir mal. Welche Klasse gehst du? Mist! Es ist schon fast 7:45 Uhr!" Verwundert schaute Alex mich an: "Was ist daran so schlimm?" "Der Unterricht hat um 7:25 Uhr angefangen!" sagte ich tonlos. Ein freches Grinsen stahl sich auf seine Lippen: "Naja, mehr Zeit uns besser kennen zu lernen." Wie bitte? Durchatmen! "Welche Klasse?" fragte ich ihn nochmals kurz angebunden. Ich konzentrierte mich darauf ihm nichts zickiges zu entgegnen. "Ist das nicht vollkommen unwichtig?" fragte er jetzt sanft, während er auf mich zukam. Konzentrier dich Ricki! Rief ich mich zur Vernunft. Schnell drehte ich mich um: "Also ich weiß ja nicht, was du jetzt vorhast, aber ich gehe jetzt in meinen Unterricht. Also, ich frag dich jetzt das letzte Mal: In welche Klasse musst du?" "9a," kam es von ihm wie aus der Pistole geschossen. Mist! Warum ausgerechnet in meine Klasse? "Na dann mal los," sagte ich noch bevor ich anfing zu laufen. "Wir sind doch sowieso schon zu spät!" rief er mir noch nach. Er hatte Recht. Zwar störte mich das, doch es änderte nichts an der Tatsache. Ich ging wieder langsamer. Ich konnte seinen Blick förmlich auf mir spüren. An der Klasse angekommen, klopfte ich. "Herein," kam es von drinnen. Vorsichtig betrat ich die Klasse. "Wie schön, dass sie es auch noch für möglich halten zu erscheinen," sagte Frau Menta. Ich zuckte bei ihrer Feindseligkeit zusammen, doch schluckte meinen Kloß im Hals runter. "Entschuldigung für die Verspätung, doch Herr Gerder hat mich aufgehalten," sie zog eine Augenbraue hoch. "Er wollte, dass ich Alex hier die Schule zeige," ich trat zur Seite, damit sie Alex sehen konnte. Sie warf einen Blick auf ihn und ihr Blick blieb an ihr hängen. Und das, was ich in ihrem Blick sah, war der gleiche Ausdruck, den ich bei allen anderen Mädchen in der Klasse sah. Ein wenig verpeilt sah es bei ihr schon aus. Ich setzte mich auf meinen Platz und merkte voller Schrecken, dass Nathalie nicht da war. Zumindest Valentin war da! "Hey," flüsterte ich ihm zu. Er war der Einzige im Raum der nicht Alex beobachtete, sondern mich. Mal wieder versank ich in seinen wundervollen Augen. Da wendete er seinen Blick ab, um zu sich unserer Lehrerin wieder zu zuwenden. "Gut, dann setzt' dich doch dort hin," sagte Frau Menta als ich aufsah. Sie zeigte auf Nathalies Platz. Verflixter Tag aber auch! So saß ich dann den Rest der Stunde zwischen Valentin und Alex. Starr versuchte ich nach vorne zu sehen, während die beiden mich ohne Pause anstarrten. Ruhig Bleiben, riet ich mir immer wieder. Kein Einziges Mal wurde einer von den Beiden aufgerufen.
11. Kapitel
Kaum war Pause, kamen Jenny und Maja auf mich zu. Ich war noch ein wenig sauer, dass sie mich mit Herrn Gerder und Alex allein gelassen hatte. "Wo ward ihr vorhin?" zischte ich ihnen zu, damit keiner der Jungen, die mal mich und mal sich anstarrten, es mitbekam. "Wir dachten, dass wäre nicht schlimm," sagte Jenny in einem beschwichtigen Tonfall. Maja war anscheinend zu sehr damit beschäftigt Alex anzuschmachten. "Rette mich!" formte ich mit meinen Lippen zu Jenny. Jenny nickte: "Wir müssen mal ganz schnell verschwinden!" Sie schnappte sich Maja und wir drei rannten fast aus der Klasse. Wir, naja, eher ich, bin mit fliegenden Fahnen geflohen. Gehetzt landeten wir dann alle im Mädchenklo. Maja kicherte. "Die Situation ist gar nicht lustig!" wies ich sie an. "Doch ist sie," gluckste sie. Ich strafte sie nur mit einem Blick und still war sie. "Was genau ist denn passiert?" fragte Jenny nun. "Ähm, also, erstmal hab' ich ja gestern Valentin kennengelernt, dann Noah und jetzt auch noch Alex." "Und DAS ist schlimm?" quietschte Maja los. Ich nickte nur stumm. "Du spinnst!" sagte sie und zeigte mir einen Vogel. Ich schluckte. Sie war doch diejenige, die das Problem nicht verstand. Hysterisch lachte ich auf. "Kommt ihr mit raus?" fragte ich die Beiden. An der frischen Luft würde ich bestimmt einen klareren Kopf haben. Auf dem Weg zur Tür wurde ich zurückgezogen. "Hey!" zickte ich denjenigen an. "Willst du denn ohne Jacke rausgehen?!" fragte Maja verständnislos. Schon zogen mich die Beiden wieder in den Klassenraum. Mit gesenktem Blick ging ich zu meinem Stuhl. Es gestaltete sich etwas schwierig, da alle Mädchen um Alex und Valentin herum standen. Genervt stöhnte ich auf. Ernsthaft? "Victoria!" riefen da zwei männliche Stimmen, die mir schon jetzt bekannt waren. Schnell machte ich auf dem Absatz kehrt und rannte nach draußen. Gar nicht mehr darauf achtend, wo ich hinlief rannte ich plötzlich gegen etwas hartes. "Verdammter Mist!" fluchte ich, bevor mich ein leises Lachen unterbrach: "Das is' ja ma' 'ne nette Begrüßung!" Schitt! Diese Stimme kannte ich! Ruhig, Ricki! Ruhig! "Was hast du denn gestern noch so gemacht?" sprach er weiter. Nach wie vor sah ich auf den Boden: "Nix besonderes." "Dann hättest du doch angerufen können," meinte er und seine Stimme war nun ernst. Gar nicht gut… Hinter mir räusperte sich jemand. Wer auch immer du bist, danke! Ich schaute auf. Direkt in Noahs Gesicht. Auch er schaute auf, jedoch schaute er zu dem Schüler hinter mir. Seine Augen wurden schmal. Erst jetzt realisierte ich seine Hände an meiner Hüfte. Blitzschnell wirbelte ich herum. Rums! Da stand Alex. Ich schluckte.Auch seine Augen waren schmal. Es sah aus, als würden sich die zwei jeden Moment aufeinander stürzen. Nervös schaute ich auf die Uhr. Noch nie hatte ich das Ende der Pause so herbei gesehnt. "Ich geh dann mal," brachte ich zwischen den Zähnen hervor und verschwand durch die Tür nach draußen. Das Ganze gefiel mir nicht! Kaum war ich draußen, kamen Jenny und Maja auf mich zu gerannt. Sie hatten den anderen Ausgang genommen. Der ganze Schulhof war mit Schülern übersäht. Nur kein einziger aus meinem Jahrgang. Erleichtert stieß ich die Luft aus, die ich unbemerkt angehalten hatte. "Was, oder eher Wer war denn das eben?!" fragte Maja, kaum waren sie bei mir. "Das war Alex," sagte ich schulterzuckend mit einem unschuldigen Lächeln. "Nein," sie schüttelte den Kopf, "der andere!" "Achso," ich schlug mir leicht mit der flachen Hand gegen die Stirn, "das war oder ist Noah." "Noah also," wiederholte sie kritisch das eben gehörte. Ich nickte einfallsreich. "Was wollte er?" fragte Jenny nun. "Ich hab keine Ahnung," antwortete ich wahrheitsgemäß, "naja, er hat noch nach meinem gestrigen tag gefragt." Nun schaltete sich Maja wieder ein: "War das nicht der Typ von gestern?" Noch einmal nickte ich. "Apropos gestern," nahm Jenny wieder das Wort an sich, "du warst gestern nicht erreichbar. Wo warst du?" Ich lächelte bei dem Gedanken an meinen vorherigen Tag mit Valentin: "War mit Valentin unterwegs." Jenny und Maja klappten die Münder auf. Laut lachte ich los. "Ricki!" unterbrach da eine laute Stimme mein Gelächter. Heut' war echt nicht mein Tag! Was wollte der denn schon wieder! Als er bei und angekommen war, fragte ich ohne mich umzudrehen: "Was willst du, Nick?" "Ich will mit dir reden - unter 4 Augen. Bitte!" Seine Stimme klang flehend. "Warum?" meinte ich seufzend. Ich war genervt. "Bitte ich, " versuchte er es noch einmal, doch ich unterbrach ihn: "Warum?" "Ich mach mir Sorgen." Genervt drehte ich mich um: "Und um wem wen? Ne, besser, warum?" Er senkte den Blick: "Um dich, weil sie da sind. Die ganze Zeit. Weil sie dich ansehen die ganze Zeit." Ich lachte kurz hart auf: "Sag mal bist du etwa eifersüchtig?" "Nein!" Heftig schüttelte er den Kopf. "Dann sag ich dir mal was," setzte ich an, doch jemand unterbrach mich. "Victoria!" rief dieser jemand. Ich wollte gerade genervt fragen, wer denn jetzt schon wieder was wollte, doch zum Glück erkannte ich Herrn Gerder noh früh genug. "Wo ist Alex?" fragte er als er vor mir stand. "Ich weiß es nicht," meinte ich schulterzuckend. Streng schaute er mich an: "Dann solltest du ihn mal suchen gehen, schließlich hatte ich dich beauftragt ihm alles zu zeigen." Ergeben senkte ich den Kopf: "Ja, Herr Gerder." Und so drehte ich mich um und ließ meine Mädels und Nick stehen, damit ich auf Alex "aufpassen" konnte. In der Klasse schaute ich mich nach ihm um und war erfolgreich. Umgeben von Mädchen saß er auf meinem Tisch und unterhielt mich mit ihnen. "Soll ich dir vielleicht die Schule zeigen," fragte gerade ein Mädchen aus einer Stufe unter mir. Warum auch immer sie hier war, wer auch immer sie war, es war mir egal, doch dass sie sich opferte ihn rumzuführen war mir nicht egal. Gespannt wartete ich auf seine Antwort. "Es tut mir Leid, doch ich hab schon jemanden. Vielleicht ein anderes Mal," meinte er augenzwinkernd und wendete mich dann mir zu: "Was erweist mir die Ehre?" Eine seiner Augenbrauen hatte er hochgezogen. Ich murrte nur wütend. "Herr Gerder," gab ich als Antwort. Wissend nickte er. "Und, was zeigst du mir Schönes?" fragte er mit einem schelmischen Lächeln. Zum dahinschmelzen. Ricki konzentrier dich! Ich setzte ein Lächeln auf: "Erstmal nichts. Der Unterricht beginnt gleich. Danach, Anja, was möchtest du sehen?" Erst als die Worte heraus waren, und er die Lippen schürzte, bemerkte ich, wie zweideutig sie waren. Ich grinste frech, als wäre genau das der Sinn gewesen. Dann kam Herr Menses herein und ich setzte mich.
12. Kapitel
Auch in dieser Stunde musste ich die Blicke der Beiden neben mir ertragen. Als auch noch Nick ständig zu mir sah, stöhnte ich genervt aus. Valentin lehnte sich zu mir herüber. "Was ist los? Geht's dir nicht gut?" flüsterte er mir ins Ohr. Sein Atem strich meinen Nacken und mein Gesicht und ich bekam eine Gänsehaut. "Nein alles okay," sagte ich leise. Nick und Alex hatten uns missbilligend angesehen. Oder eher Valentin. Ich rollte mit den Augen und konzentrierte mich wieder auf den Unterricht. Zwar hörten die Jungs nicht auf, doch ich ignorierte sie. Am Ende der Stunde lehnte Alex sich zu mir herüber: "Und was zeigst du mir?" Seine Stimme klang rau. "Die Schule," antwortete ich monoton, "Komm mit." Ich stand auf, zog mir meine Jacke an, setzte die Mütze auf und band mir den Schal um. Es war gerade erst Februar und es war kalt. Ohne ein Wort ging ich raus und führte ihn durch die Flure, zeigte ihm die Fachräume, das Lehrerzimmer, die Sporthalle, alles eben. Er trottete neben mir her, als interessiere es ihn gar nicht. Und das tat es auch nicht. Es war ihm vollkommen "Schnuppe". Zum Ende der Pause erreichten wir wieder den Klassenraum. Die Stunde verging genauso wie die Vorherige. Doch gleich wäre Mittagspause. Unsere Lehrerin überzog mal wieder 10 Minuten und als sie uns endlich entließ, jubelte die Klasse einstimmig auf. Sofort standen Jenny und Maja vor meinem Tisch. Sie wollten, dass ich mich beeilte. Ich wandte mich an Alex: "Komm, Alex! Ich zeig dir jetzt die Cafeteria, also beeil' dich." Er sprang bereitwillig auf und so gingen wir in los. Im Essenssaal schaute ich mich nach einem freien Platz um und fand schließlich einen. Ich rannte auf ihn zu und setzte mich dort. Jenny, Maja und Alex taten es mir gleich. "Wer holt das Essen?" fragte ich in die Runde. Maja schaute Alex an und sagte: "Er ist neu. Er macht es." Ungläubig schaute er sie an, doch sie schenkte ihm nur ein freches Lächeln und schaute mich dann wieder an. Auch er sah mich an und sagte dann selbstbewusst, während er auf mich zeigte: "Aber sie muss mitkommen. Ich weiß doch nicht, wie das geht." Er setzte einen Dackelblick auf. Okay. Ich stand auf. Während wir uns dem Ende der Schlange näherten, ging er gefährlich nah neben mir. So nah, dass sich unsere Schultern berührten. Leider konnte ich durch die vielen Menschen nicht ausweichen. Also ergab ich mich meinem Schicksal. Doch kaum waren wir an der Schlange angekommen, sagte ich bissig: "Sag mal, tragen dich deine Beine nicht, oder warum bist du so anhänglich?" Er zog eine Augenbraue hoch erwiderte jedoch nichts, also wandt ich mich wieder ab. Nachdem wir das Essen hatten, gingen wir zurück zu unserem Tisch. Er sagte kein Wort mehr.
13. Kapitel
In der Mittagspause hatte ich Alex noch den Rest der Schule gezeigt. Zum Schluss die Turnhalle, in der wir darauf dann auch Sport hatten. Ausgerechnet in der letzten Stunde. Ich denke, gerade in der letzten Stunde am Montag sollte man nicht noch unbedingt Sport haben! Nachdem ich mich umgezogen hatte und Jenny und Maja auch fertig waren, betraten wir zu dritt die Turnhalle. Wir waren spät dran und beeilten uns, zu den anderen, die schon alle in der Mitte der Halle im Kreis saßen, zu gelangen. Herr Schneider saß auch schon dort. "Wie schön, dass sie uns auch noch beehren," gab er auch gleich seinen Kommentar zu unserer Ankunft ab. Darauf folgte albernes Gekicher und Augenrollen unsererseits. Natürlich nur so, dass er das nicht sah. Dann setzten auch wir uns. Während Herr Schneider uns etwas über unser neues Thema erzählte, starrten mich drei Jungen an: Valentin, Alex und Nick! Somit konzentrierte ich mich nicht wirklich darauf, was unser Lehrer da erzählte. Ich konzentrierte mich nur auf eine Sache: Keinen von den Jungs ansehen. Als unsere Einführung beendet war, wurde jedem von uns ein Schläger in die Hand gedrückt und wir wurden in Zweier-Teams aufgeteilt. Da das Glück ja heute irgendwie nicht auf meiner Seite war, machte ich mich bereits auf das Schlimmste gefasst. Dann wurde mein Name gesagt. Müde stand ich auf, ging zu dem Feld, das Herr Schneider mir zugewiesen hatte und wartete auf meinen Partner. Nach einer Weile kam - oh wunder! - Alex auf mich zugerannt. "Muss ich dir jetzt auch noch zeigen, wie man Badminton spielt?", fragte ich sarkastisch, kaum war er bei mir. Kurz musterte er mich. "Wenn du es mir ganz langsam zeigst," antwortete er und musterte mich nochmals von oben bis unten. Das konnte doch nicht wahr sein! "Hör auf damit!", motzte ich ihn lautstark an. Beinahe schrie ich. Er öffnete seinen Mund und schloss ihn wieder. Als er seine Stimme wiedergefunden hatte, sagte er: "Wollen wir anfangen?" "Darauf warte ich schon die ganze Zeit," erwiderte ich schnippisch. Mit diesen Worten ging ich auf die andere Seite des Netzes und schlug einen sauberen Aufschlag. Alex erwischte ihn knapp und schlug ihn mit einer Wucht zu mir, dass ich Mühe hatte ihn auch wieder zu ihm zu spielen. So ging das die ganze Sportstunde. Wir lieferten uns ein hartes Match, doch am Ende gewann ich mit 2 Punkten. Darüber freute ich mich riesig. Herr Schneider beendete die Stunde und ich ging mit meinen Mädels in die Umkleide. Ohne Umschweife verließen wir die Halle und rannten direkt in eine Gruppe von Jungs hinein.
14. Kapitel
Sie lachten überschwänglich. "Wenn man vom Teufel spricht," sagte Noah laut und noch einmal begannen alle zu lachen. Verwirrt schaute ich mich in der Gruppe um, in dessen Mitte ich jetzt stand. Da waren Noah, Valentin, Alex und noch 3 weitere Jungen. Diese drei hatte ich noch nie an unserer Schule gesehen. Ich runzelte die Stirn. "Was ist los Hübsche?", fragte einer der fremden Jungen. "Nichts ist los, es regt mich nur ….", Während ich gesprochen hatte, hatte ich mich zu ihm umgedreht und stockte abrupt, als ich ihn erblickte. Mein Mund blieb einen Moment offen, einen Moment zu lange. Der Typ hatte es mitbekommen: "Na, gefällt dir was du siehst?" Er machte eine Handbewegung, die sich einschloss. Ich schluckte. Und fand meine Sprache wieder: "Hab schon besseres gesehen." Man hörte mir nicht an, wie verwirrt ich war. Meine Stimme klang bissig. So wie sie es sollte. Ich setzte noch einen hoffentlich zickigen Blick auf und wollte wieder zu Maja und Jenny gehen, die unschlüssig neben dem Kreis standen, als sich von hinten ein Arm um meine Taille legte. "Bleib doch noch ein wenig," flüsterte mir jemand ins Ohr. Schon keifte ich los: "Lass mich los! Sofort! Lass mich los!" Wütend versuchte ich mich von dem Typen los zu machen. Der lachte nur. "Warte doch zumindest, bis wir uns alle vorgestellt haben!", sagte er wieder an meinem Ohr. Geschickt entwischte ich seinem Griff und trat einen Schritt vor. "Okay. Wer seid ihr?", meinte ich dann genervt, als ich außer Reichweite von dem Typen war. "Also, ich bin Louis, der da," er zeigte auf den, der mich so aus der Fassung gebracht hatte und fuhr fort: "… heißt Falko und das ist Toni." Dessen Name als letztes fiel, trat vor und küsste meinen Handrücken. So schnell wie er plötzlich vor mir stand, konnte ich nicht reagieren und musste es also über mich ergehen lassen. Als er sich wieder aufrichtete, drehte ich mich um, schob mich zwischen den Jungen durch und rannte zur Bushaltestelle. Jenny und Maja folgten mir. "Was war denn das gerade?", fragten sie mich einstimmig. "Ich hab echt keine Ahnung!", erwiderte ich wahrheitsgemäß. Synchron schüttelten sie die Köpfe. "Sag mal,…" begann Jenny. "Ja?" "Wie heißt der in der schwarzen Jacke?" "Was?" "Na der mit den schwarzen gegelten Haaren." "Falko." "Falko?" "Ja, Falko!" Sie kicherte. Auch Maja kicherte. "Wie kann man so gut aussehen und so heißen?", fragte Jenny kichernd. Stumm zuckte ich mit den Schultern. Unser Bus kam quietschend an der Bushaltestelle zum Stehen und wir stiegen ein. "Hey wartet doch!", rief uns Louis hinter her. Bereitwillig bleiben Jenny und Maja stehen. Ich hingegen ging stur in den Bus und setzte mich.
Tag der Veröffentlichung: 16.06.2013
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Meiner besten Freundin !