Aus den Erinnerungen eines Pipimädchens.
Wir waren mit dem Auto unterwegs, von New York nach New Orleans, zu der Zeit, als in beiden Städten noch alle Steine aufeinander standen.
Es war Sonntag und wir hatten gerade zum 4. Mal die Abfahrt nach Arlington im Gewimmel der Autos verpasst (mein Lachen war nicht so gut angekommen), änderten kurzfristig die Route und fuhren durch Washington D.C.
Washington war menschenleer, nur Beton und riesige Gebäude überall, gespenstisch.
Ich hatte zum Frühstück 3 Tassen Kaffee getrunken und suchte nun verzweifelt nach einem WC. Die Männer im Auto verdrehten die Augen „typisch Frau“, es war halt keines da.
Alle Gebäude waren geschlossen und wir fuhren und fuhren und fuhren. Dann sahen wir irgendwo Menschen auf einer Terrasse stehen und ich meinte „da gehen wir rein, das ist bestimmt eine Universität oder sonst was, wo viele Leute sind gibt es auch ein WC“.
Wir suchten einen Parkplatz, ich hatte es etwas eiliger als die anderen die Stufen hoch zukommen, überquerte den großen Platz und kam in eine riesige Halle aus weißem Marmor und – ich sah es auf den ersten Blick – einer Toilette am Ende der Halle. Eine Toilette aus weißem Marmor, ich konnte es fast nicht fassen, war hin und weg, so was hatte ich noch nie gesehen. Es blieb allerdings nicht viel Zeit zum Staunen, man(n) hatte es ja eilig. Sie liefen draußen auf der Terrasse schon unruhig auf und ab, es gab ja noch viel zu sehen, sie wollten weiter.
Es war einige Wochen später, wir sahen die Bilder und das Video durch und plötzlich sagte einer „Mist, wir wollten doch in Washington das Lincoln Memorial sehen“ (all-
gemeines männliches Aufstöhnen).
In dieser Sekunde kramte mein Hirn ein Foto heraus, das es gespeichert hatte und das ich vorher nicht kannte und ich meinte „den Lincoln, den hab ich gesehen“. Drei männliche Augenpaare sahen mich an als hätte ich nun endgültig den Verstand verloren und wie aus einem Mund kam „WO willst DU den denn gesehen haben?“ „Der saß vor der WC-Tür in Washington als ich raus kam“.
Man(n) gab keinen Ton mehr von sich, aber ich meinte ein leises Aufflackern von Mordlust in ihren Augen zu sehen, ich kann mich aber auch getäuscht haben.
Tja, so ist das mit den plonden Pipimädchen, immer noch ein Ass im Ärmel, man(n) sollte sie nicht unterschätzen.
Tag der Veröffentlichung: 06.01.2010
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