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Die Sonne brannte unerträglich heiß vom Himmel um die Mittagszeit. Wir waren schon vor Sonnenaufgang los geritten und hatten nur eine kurze Rast gemacht, um unsere müden Knochen zu bewegen. Der Sand, der unaufhörlich vom Wind weiter getrieben wurde, war überall. Die Kleidung, die aus einem weißen Beduinengewand bestand und Tüchern, die ich um den Kopf geschlungen hatte, damit ein minimaler Schutz vor der Hitze und dem Sand vor-
handen war, boten der Natur nur wenig Einhalt. Sanddüne reihte sich an Sanddüne, ohne, dass ein Ende abzusehen war.


Manchmal erschien am Horizont ein blauer See und auch grüne Palmen, doch nach einiger Zeit wusste ich, dass das nur auf meine Phantasie und Spiegelungen zurückzuführen war. Eine Fata Morgana. Das Schiff der Wüste trug mich weiter und weiter, das Ziel war nicht erkennbar. Die Kamele gingen ihren Weg seit uralter Zeit als würden sie von unsichtbarer Hand gelenkt und ich passte mich ihrem einschläfernden Rhythmus an.


Dann sah ich sie, zuerst undeutlich, einem erneuten Trugbild ähnelnd, doch das Bild ging nicht weg, ver-
schwand nicht im Sand, wie die anderen. Wir näherten uns einer Zeltstadt. Die Schatten unserer kleinen Karawane wurden länger und länger und ich hatte das Empfinden, dass wir uns im Kreis drehten, wir näherten uns im Zeitlupentempo den Zelten, die im gleißenden Sonnenlicht vor uns lagen. Dann sah ich irgendwann Einzelheiten. Mehrere kleine Zelte waren um ein großes Zelt aufgebaut. Wir kamen näher, doch es war niemand zu sehen. Kein Geräusch drang an unser Ohr. Alles sah verlassen aus, gespenstisch in seiner Einsamkeit weiß in weiß ver-
schwommen mit der Farbe des Sandes und des Lichts und des Windes.


Wir stiegen von den Kamelen und ich ging auf das große Zelt zu. Nichts rührte sich. Inzwischen war unser Durst fast unerträglich geworden. Meine Lippen waren aufgeplatzt, meine Augen tränten, ich musste niesen von dem Sand in meiner Nase. Ein großes Tuch versperrte den Eingang des Zeltes. Ich schlug das Tuch zurück und ging einige Schritte weiter. Nachdem meine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten sah ich mich um. Teppiche lagen auf dem Boden, bedeckt mit farbigen Sitzkissen. In der Ecke stand ein eiserner kleiner Ofen mit einem Kessel darauf. Teegläser und eine Teekanne standen auf einem Tablett. Hier hatten vor kurzem noch Menschen gelebt, die aus irgendeinem unbekannten Grunde diese Zelte verlassen hatten, vielleicht nur um in Kürze wieder zurück zu kommen. Mich fror trotz der Gluthitze des Nachmittags. Vorsichtig ging ich einige Schritte in das Zelt hinein.


"Kommt ihr jetzt, es ist Zeit zum Essen

", die energische Stimme von Oma lies mich zusammenzucken und riss mich aus meinen Träumen, ich war wieder in der Gegenwart. Das Zelt bestand aus zwei Decken die mit Klammern an der Leine befestigt waren. Die Wüste war der heiße Speicher. Die Karawane bestand aus meinem Bruder und mir. Kinderspiele!

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Tag der Veröffentlichung: 06.01.2010

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