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Kapitel 1

 Vivien war 11 Jahre alt. Sie kam gerade aus der Schule und schaute als allererstes in den Briefkasten rein. Da waren keine Briefe für sie drin. Aber vielleicht hatte Mama den Brief schon im Kinderzimmer auf dem Tisch gelegt und er wartete nur darauf, von Vivien geöffnet und gelesen zu werden. Das Mädchen rannte mit großen Schritten die Treppe hinauf und machte die Tür ihn ihr Zimmer auf. Nein, nirgendwo war ein Brief in Sicht. Jetzt blieb nur noch zu hoffen, das Thimo eine gute Nachricht für sie hatte. Vivien ging in das Zimmer ihres Bruders Thimo.

Thimo war 9 Jahre alt. Er hatte blaue Augen, eine kleine Nase, die ein bisschen nach oben guckt und dichte braune Haare. Heimlich ärgerte sich Vivien über die Ungerechtlichkeit. Wozu brauchen denn Jungen solche dichten schönen Haare? Sie tragen ihre Haare sowieso meistens kurz und machen keinen Zopf.

Vivien hatte auch dunkel-braune Haare. Sie waren aber nicht so dicht, wie bei Thimo, dafür gingen sie bis zur ihrer Talje. Und ihre Augen waren blau-grün. Das behauptete zumindest Vivien selbst. Ihre Mama, Frau Mullers, sagte jedoch, dass Vivien blaue Augen habe und Papa war der Meinung, ihre Augenfarbe sei grün. In diesem Augenblick war es für Vivien überhaupt nicht wichtig, wer da Recht hatte. Sie wollte wissen, ob ein Brief für sie angekommen war.

Thimo saß in seinem Zimmer und malte schon wieder einen Drachen. Er wusste von nichts. Enttäuscht ging Vivien zurück in ihr Zimmer. Sie setzte sich auf einen Stuhl, nahm ihre Tasche und machte sie auf.

„Was ist das denn in meiner Tasche? Bestimmt macht Thimo schon wieder seine Scherze“. Das Mädchen nahm das braune Ding in die Hände und traute ihren Augen nicht.

,,Nein. das gibt es doch nicht! Toni, bist du das?"

Toni, der kleine Taschenbär, guckte sie mit seinen grünen Augen an und lächelte.

,,Nein, es kein einfach nicht sein. Ich glaube das nicht. Thimo, komm schnell zu mir!“, schrie Vivien und rannte ihrem Bruder mit Toni in den Händen entgegen.

,,Thimo, schau, wer bei mir in der Tasche saß.“

Thimo erkennte sofort den kleinen Bären und lachte vor Freude.

„Ich habe dir doch gesagt, dass der Brief ankommen wird. Jetzt beruhige dich doch mal. Du hast Toni bestimmt mit deinem Geschrei einen Schrecken eingejagt!“ Thimo nahm den Bären zu sich.

,,Hallo Toni, hast du unseren Brief erhalten? Bist du deswegen hier?“ Toni lächelte die Kinder an. „Gewiss doch habe ich den Brief bekommen und bin jetzt auf eurem Wunsch hier. Wie kamt ihr überhaupt auf die Idee mir einen Brief zu schreiben?“

„Ach, das war so“, erzählte Thimo, „Vivien hat schon lange einen Wunsch, der ihr niemand erfüllen konnte. Eines Tages hat uns Mama ein Buch Luise und der Taschenbär vorgelesen, so haben wir über dich und deine besondere Kräfte erfahren. Du kannst fliegen, sprechen und zaubern! Also beschlossen wir, dir einen Brief zu schreiben und dich zu uns einzuladen. Wir möchten dich kennenlernen und fragen, ob du nicht vielleicht Viviens Wunsch erfüllen könntest“, schoss Thimo seine Rede wie aus der Pistole.

„Damit, dass du so schnell zu uns kommst, haben wir überhaupt nicht gerechnet“, redete Vivien darauf los. „Ich habe sehnlich auf deine Antwort gewartet und nun bist du tatsächlich hier! Das ist eine tolle Überraschung.“

,,Na dann, erzähl mal, was ist das für ein besonderer Wunsch?“, fragteToni.

,,Na ja, vielleicht ist er für einige überhaupt nicht so besonders, aber für mich schon.“

Vivien schaute verlegen auf den Boden und dann Toni in die Augen.

„Ich möchte so gerne auf einem Pferd zu meiner Freundin reiten.“

„Und das ist alles?“, Toni schaute die kleine Vivien verwundert an.

 „Für mich ist es sehr viel.“

„Na gut. Weißt du schon, wohin genau die Reise gehen soll? Hast du dir einen Reiseplan überlegt?“, fragte  der Toni-Bär schließlich ganz sachlich.

„Oh ja, zuerst möchte ich durch die Berge reiten. Dort werde ich mich dann mit meiner Freundin Anna  treffen.“

„Was ist mit dir, Thimo, hast du vielleicht auch einen Wunsch?“

„Ich habe sogar zwei, wenn es geht“, rief Thimo vor Begeisterung lautstark. „Zuerst möchte ich auf dem Rücken eines Drachen durch Afrika fliegen und wilde Tiere beobachten. Danach möchte ich die chinesische Mauer besuchen. Aber Vivien soll auch mitkommen.“

Thimo guckte den Taschenbären fragend an.

„Na, was sagst du dazu Toni, kannst unsere Wünsche erfüllen? Bitte!

Wir versprechen auch, unterwegs artig zu sein und auf dich zu hören.“

Toni lachte von ganzem Herzen, wurde dann aber nachdenklich.

„Sag doch was. Wieso überlegst du noch?“ fragte Thimo.

 „Ich überlege gerade, wie und wann die Reise am besten losgehen soll. Ich muss doch euch beide begleiten. Da ihr an zwei verschiedene Orte wollt, müsst ihr euch entscheiden, wer sein Abenteuer als erster antritt und wer bis morgen warten kann.“

 „Ich erkläre mich einverstanden bis morgen zu warten. Meine Reise möchte ich noch genauer planen und alles Nötige dazu vorbereiten. Zudem habe ich heute noch viele Hausaufgaben auf. Thimo kann sich gerne als Erster seinen Wunsch erfüllen, wenn er so mutig ist und keine Angst vor wilden Tieren hat“, sagte Vivien und guckte ihren Bruder neugierig an.

„Ich fliege nach Afrika und erzähle dir alles, bis ins kleinste Detail. Ich habe keine Angst. Toni kommt doch mit und du wist noch neidisch sein, dass du nicht dabei warst.“

„Aber, Thimo, was sage ich Mama, wenn du abends nicht da bist?“

 

 „Ich komme genau um acht Uhr. Stimmt`s, Toni?“

„Wenn nichts dazwischen kommt, von mir aus“, antwortete der Bär.

„Was kann da schon passieren, abends werden wir zu Hause sein. Mach dir keine Sorgen, Schwesterchen. Alles wird gut.“

Vivien lächelte beide an, obwohl sie schon Angst um ihren Bruder hatte. Aber sie wollte es sich nicht anmerken lassen.

Der Taschenbär zerbrach einen alten Zweig und murmelte etwas sehr leise vor sich hin und sofort war Vivien alleine in ihrem Zimmer.

Sie versuchte sich abzulenken und beschäftigte sich mit der Planung ihres großen Wunsches, zu ihrer Freundin Anna zu reiten. Das Mädchen stellte sich vor, wie Anna vor Staunen große Augen machen würde, wenn Vivien plötzlich auf einem Pferd vor ihr steht. Vivien nahm einen Blatt Papier, um alles aufzuschreiben, was sie für die Reise benötigte.

Währenddessen näherte sich Timo einem riesigen Drachen, der mitten auf einer großen Wiese stand. Der Drache hatte einen großen Kopf, schöne neugierige Augen und riesige Flügel, mit denen er fast die ganze Wiese bedeckte. Thimo kam sich plötzlich so klein und einsam vor, obwohl Toni, der Taschenbär, bei ihm hinten im Rücksack saß.

Absehens von einer Wasserflasche befand sich nichts mehr in dem Rücksack. Es sollte noch Platz genug sein für die Schätze und Souvenirs, die Thimo aus Afrika mitzubringen hoffte, als Beweiß, dass er da gewesen war. Aber zuerst musste er sich trauen, auf den Rücken des Drachens zu klettern. Thimo blieb unentschlossen stehen und schaute sich den großen Drachen an. Währenddessen überlegte er sich, wie man wohl so einen Drachen ansprechen sollte. Schließlich entschied er, es wäre besser, sich erst einmal vorzustellen. Der Junge versuchte den Augenkontakt mit dem Riese aufnehmen und sagte ganz laut:

„Ich bin Thimo und würde gerne mit dir eine Reise nach Afrika machen.“

„Mein Name ist Afifa“, antwortete der Drache mit einer überraschend netten, weichen Stimme. „Übersetzt bedeutet dieser Name Prinzessin, und ich stehe ganz zu deinen Diensten.“

Afifa senkte ihre Flügel so tief, wie es nur möglich war, damit Thimo ohne Probleme auf ihren Rücken klettern konnte. Auf dem rücken des Drachen endlich angelandet, machte es sich Thimo so gemütlich, wie es nur ging, und klammerte sich ganz fest an Afifas Hals.

 Afrika faszinierte Thimo schon seit sehr langer Zeit. Er wusste,

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Bildmaterialien: Natalja Funk
Tag der Veröffentlichung: 11.05.2013
ISBN: 978-3-7309-3093-9

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