Vorwort des Autors:
Der folgende Text wurde im Jahr 2006 geschrieben. Zu jener Zeit galt Island noch als ein "EL Dorado" des Arbeitsmaktes, es gab dort Beschäftigung zuhauf.
Seit der Wirtschaftskrise, welche Ende 2007 ihren Anfang nahm mit den Zusammenbrüchen auf dem amerikanischen Immobilienmarkt, änderte sich dieses schlagartig, und Island versank strudelartig im Sog der Auswirkungen. Es folgten bis in die Gegenwart hineinreichende starke Veränderungen, welche sich in allen Bereichen des öffentlichen Lebens widerspiegeln. So stieg die Arbeitslosigkeit von damals etwa 1% auf ca. 7% in der Gegenwart und die heimische Währung, die Krone, verlor fast 3/4 ihres Wertes gegenüber dem Euro.
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Der erste Band ist im Gegensatz zu den beiden folgenden Teilen eher spärlich bebildert. Leider erwies sich im Laufe der Reise, dass die Speicherkarte der Kamers einen Schaden genommen hatte und somit die ersten Monate bildtechnisch kaum dokumentiert werden können.
Inhalt:
Kapitel
1. Unruhe
2. Angekommen
3. Neskaupstaður
4. Neugier & Komplikationen
5. Weiterfahrt
6. In der Hauptstadt
7. Nach Reykjaneskagi
8. Keflavik
9. Heimfahrt
Unruhe
Es war wieder soweit....
Seit einiger Zeit verdiente ich meinen Lebensunterhalt damit, wie schon des Öfteren in der Vergangenheit, dass ich jedes Wochenende die Nacht am Steuer einer rollenden Blechkiste verbrachte, um Leute in ihrer Vergnügungssucht von A nach B zu befördern – man umschreibt diese Tätigkeit gemeinhin als „Taxifahren“. Dieses sei hiermit nicht von mir verschrien oder als schlecht betitelt, denn für Leute, die sich selbst genug sind und gerne den ganzen Tag oder die ganze Nacht im Sitzen verbringen sei es als eine ideale Lösung benannt, wenn die Ansprüche bezüglich Lohn und Freizeit nicht sehr hoch geschraubt sind.
Aber gerade dieser Umstand schlug bei mir in immer kontinuierlicheren Wellen gegen mein Gemüt. Zu viele Stunden schon hatte ich auf dem Chauffeur-Sessel verbracht, und mir schien, es müsse etwas unternommen werden gegen diese Sitzschwarte, die sich da bildete. Ich kannte zu viele Kollegen, welche seit Jahren den Elan und den Schwung im Leben verloren hatten, weil sie sich letztendlich ihrem Schicksal ergeben hatten und tagein tagaus hinter das Lenkrad krochen und sich der Monotonie dieser Tätigkeit mit einem Schulterzucken und dem Hinweis darauf, dass man ja eh nichts ändern könne hingaben, dabei aber nicht sehr glücklich schienen.
Mir als ungelernten Lebemann war es in den letzten Jahren immer schwerer gefallen, mich mit verschiedensten Jobs durchzuschlagen, da die Arbeitsmarktsituation in Deutschland seit Regierung Schröder und Hartz 4 eine recht schlechte war – wollte man nicht für einen Minimallohn in irgendeiner Zeitarbeitsfirma seine letzte Würde verlieren.
Ich erinnere mich noch, wie spannend es damals....vor langer Zeit, gewesen war, ein Taxifahrer zu sein, sich mit den verschiedensten Menschen zu unterhalten, Geschichten, Tragödien und Lebensansichten präsentiert zu bekommen und dabei seine Lieblingsmusik zu hören....
Aber mir war es einfach über; ich konnte dieses Gefasel der oft betrunkenen Fahrgäste nicht länger ertragen.
Angetrieben von dem Willen, dieser Eintönigkeit ein Ende zu bereiten besuchte ich eine Auslandsjobbörse in Hamburg, und nach der Sichtung der dortigen Angebote, welche unter anderem von Island ihren Weg dorthin gefunden hatten, war mir schnell klar, dass aufgrund der sich im Bauch breit machenden Unruhe ein neuer Umbruch bevorstand.
Nun scheint so zu sein, dass in meiner Ahnenreihe mindestens innerhalb der letzten 3 Generationen ein Zigeuner oder Herumtreiber zu finden gewesen sein muss, denn es hatte mich in der Vergangenheit immer wieder in die Ferne gezogen, und ich hatte schon öfters mein Geld im Ausland verdient.
Ich wohnte zu dieser Zeit seit zwei Jahren in Kellinghusen, was nun nicht gerade als der Nabel der Welt zu bezeichnen ist, wenn man seine Umstände im arbeitstechnischen Bereich verändern möchte.
Kurzerhand löste ich meine Wohnung auf, was sich als recht einfach erwies, da mein Vermieter gleichzeitig ein guter Freund war, welcher durchaus Verständnis für meine Situation bekundete und mich in meiner Idee sogar unterstützte. Meine 7 Sachen kamen bei meiner Mutter unter und wurden zum Teil auch in meinem „VW - LT 45“ Marke „Eigenausbau“ untergebracht, in welchem ich für die nächste Zukunft zu wohnen gedachte.
Nach Hanstholm in Dänemark war es nicht allzu weit, jenem Ort, von welchen die einzige Fährverbindung nach Island besteht, im Winter einmal die Woche. Ja, es war der zweite Februar, eine wohl eher ungewöhnliche Zeit, dieses Eiland anzusteuern, aber endlich wieder einmal der Hauch von Abenteuer in der Luft, weg von dem schon normal gewordenen Alltagsmuff...
Trotzdem... es war eine schöne Zeit in Kellinghusen gewesen.
Nun, Februar ist nicht gerade die Zeit, in der reiselustige Touristen mit ihren Wohnmobilen und Caravangespannen eine kleine Insel im Nordatlantik erkunden wollen, und somit war es auch entsprechend leer auf der Fähre während der Überfahrt. Es wurden noch Bergen in Norwegen und die Faröer-Inseln angelaufen, welche sich in herrlichstem Regenwetter präsentierten, so dass ich es vorzog, während der Liegezeiten auf der Fähre zu verweilen . Auch ansonsten war das Wetter der Jahreszeit entsprechend - die Wellen zeigten sich mit hübschen Schaumkronen auf ihrem Haupt und schlugen, angepeitscht von einem Wind in Sturmstärke, in schöner Gleichmäßigkeit gegen das Schiff, welches sich dem Rhythmus dieses Reigen anpasste und so seinem Ziel entgegen tanzte. Ganze 3 Tage hat die Überfahrt gedauert, und ich muss gestehen, als ich endlich wieder festen Boden unter den Füßen hatte, ging es mir auch gleich ein wenig besser. Ist schon seltsam....auf kleinen Nussschalen, welche im Wasser vom Sturm nur so hin-und her gerissen werden, habe ich überhaupt keine Probleme mit meinem Magenbereich. Bin ich aber auf großen Schiffen unterwegs, welche in gleichmütigen Takt auf- und ab schaukeln, da möchte ich mich am liebsten gar nicht aus der Horizontalen erheben.
Aber schließlich erreicht eine jede Reise irgendwann einmal das Ziel der Begehr.
Island.....Der Fährhafen mit Namen Seyðisfjörður liegt in den Ostfjorden, also auf der anderen Seite der Insel als Reykjavik, der Hauptstadt dieses von ganzen 300.000 Menschen bevölkerten Eilandes am Ende der Welt. Knappe 1000 km bis zur schottischen Nordküste, ein gutes Stück mehr bis nach Norwegen, dafür Grönland quasi direkt vor der Tür....Meinem Blick boten sich von Schnee bedeckte Berghänge, ein von keiner Wolke verhangener Himmel und ein Dorf mit nicht sehr vielen Häusern und immerhin 714 Einwohnern, welches den wichtigsten Fährhafen Islands darstellt; denn hier landen sie alle, die Besucherhorden des Sommers, welche da anreisen in ihren eigenen Gefährten. Nun, vielleicht sollte ich mich verbessern und dieses Dorf in die für isländisch geltende Beurteilung einer Stadt verbessern. Hier wird alles ein wenig aufgewertet.....Eine Stadt nennt man einen Ort mit vielleicht 300 Einwohnern, ein Wald beginnt mit 3 Bäumen und schönes Wetter bedeutet, dass der Regen nicht in Verbindung mit Sturm einherkommt. Aber das sollte ich alles erst später lernen. Nun hieß es erst einmal ankommen, von meinen recht kläglichen Geldmitteln einen Teil in die heimische Währung umtauschen und vor allem die Ohren aufsperren. Schließlich war ich ja hauptsächlich wegen Arbeitssuche hierher gekommen. All diese Gedanken und Eindrücke im Kopf verließ ich also die Fähre, um das Land zu erobern. Es galt, nur noch die beiden Zöllner zu überwinden, um meinem Glück entgegenzustreben. Doch - it´s not always this easy you think it would be.....
"Do you have anything to declare?"
Natürlich nicht, bin ja nicht so doof und schleppe literweise Alkohol mit mir herum. Tja, hätte mich vorher aber ein wenig besser informieren sollen. Es ist nicht erlaubt, mehr als 3 kg an Lebensmitteln einzuführen, und sowieso ist es verboten, Fleisch, Eier und Milchprodukte in irgendeiner Form mitzubringen. Marco wollte ja ganz besonders schlau sein und hat sein Auto mit Lebensmitteln vollgestopft, da er gehört hatte, dass in Island die Lebenshaltungskosten weltweit mit am höchsten sind. Und somit geriet ich ganz schön in Bedrängnis...
"Mister, that is a bit more than the law would say that´s O.K. So what you want to do with all that stuff? Open a market?"
Die beiden Zöllner grinsten sich belustigt an. Nun, die Situation war für mich nun nicht gerade erheiternd, jedenfalls konnte ich dem Humor der beiden nichts abgewinnen. In meinen sich erhitzenden Gehirnwindungen gerieten meine Synapsenverbindungen so langsam außer Kontrolle und mir wirbelten irrationale Zahlen durch den Kopf, welche die wohl fällige Strafe in gedanklich greifbare Dimensionen rücken wollten. Ob das klassische Bild mit Schweißperlen auf der Stirn jetzt zutraf, kann ich nicht beteuern, aber sicherlich kam es dem wohl sehr nahe....Wahrscheinlich mit leicht sprödem Unterton in der Stimme versuchte ich zu erklären, dass ich wirklich total naiv und blauäugig mein Auto bepackt hatte, um die ersten Wochen in diesem für mitteleuropäische Verhältnisse doch sehr teurem Land einige Zeit durchzukommen, bis ich hoffentlich einen Job gefunden hätte.
"Calm down guy, we don´t want to make it too difficult for you."
Bei diesen Worten glitt der Blick des Zöllners über mein Auto, welches zwischenzeitlich auch im Inneren durchsucht worden war.
"We confiscate all your products made from milk and the sausage, and because I think you didn´t made it with a bad intention it will be O.K. this way. But so far, if you´re looking for a job you should ask over there...."
Seine Hand deutete nach rechts auf ein in einiger Entfernung stehendes Hallengebäude.
"It´s a little fish factory and I know they´re searching for help..."
Das war´s? Keine Strafe, keine langen Diskussionen und Rechtfertigungen? Ich wollte es gar nicht so recht glauben, aber erleichtert nickte ich zustimmend mit meinem Kopf. Den Verlust von Käse, Milch und Wurst nahm ich aufatmend auf mich, hätte auch sehr viel schlimmer ausgehen können.
Angekommen
Jetzt aber - nun war ich wirklich angekommen. Ich fuhr mit meinem Wagen vom Fährgelände zum einzig erkennbaren Geschäft des Örtchens, um Infos einzuholen.
Die Möglichkeit, gleich hier im Ort nach Arbeit zu suchen, verwarf ich schnell, auch wenn sogar schon ein heißer Tip genannt wurde.
Besagtes Geschäft war Krämerladen und Tankstelle in einem, wo ich erfuhr dass die nächste Möglichkeit des Geldtauschens in einem Ort namens Egilsstadir zu finden sei, gute 35 km entfernt.
Nun gut; nachdem ich noch einmal meinen Blick über das Örtchen schweifen ließ, schwang ich mich auf den Fahrersitz meines Wagens und nahm die isländischen Straßen in Angriff.
In einem Reiseführer werden in dieser Gegend die Wanderwege gepriesen, welche über "furchteinflößende" Berge verlaufen sollten. Für mich waren diese Berge insofern furchteinflößend, dass ich sie mit meinem Auto erst einmal erklimmen musste, um diesen Fjord zu verlassen. Ich war heilfroh über den so gut wie gar nicht existierenden Verkehr, denn jeder andere Verkehrsteilnehmer hätte mich unumwunden sofort zu seinem Feind erklärt. Kein Wunder bei Tempo 20 - mein Auto ist wahrlich die lahmste Krücke, die ich je gefahren habe...
Ich konnte von Glück sagen, dass das Wetter sich von seiner besten Seite zeigte. Ich hatte in Deutschland zwar versucht, mich gegen alle Eventualitäten in Bezug auf die beim Reisen auf das Auto einwirkenden Umstände zu wappnen (habe z.B.extra ein paar Schneeketten besorgt), aber der Gedanke, diese Straßen bei Glatteis und vielleicht sogar Schneesturm zu bewältigen, verursachte doch ein leicht unbehagliches Gefühl in meinem Inneren.
Die ersten Impressionen dieses Landes waren großartig. Bis jetzt entsprach das Bild ungefähr meinen im Voraus gemachten Gedanken. Sobald man einmal das Auto verließ, konnte man sie tatsächlich einmal erleben: absolute Stille. Keine von Menschen verursachten Hintergrundgeräusche, welche in der restlichen, zumindest meist “zivilisierten” Welt ja überall zum”Standard” gehören. Dazu diese unbeschreiblich frische Luft, die sich so anders “anfühlte” und so anders “schmeckte” als daheim. Ja, mir schien Island tatsächlich noch als ein Land der puren Elemente: Stein, Wasser, Eis & Schnee sowie Luft. Das ich bald auch anderes erfahren würde, hätte ich beim Ankommen zumindest nicht in der Form erwartet wie dann später erlebt. Aber der Reihe nach.....
Die 35 km bis Egilsstadir waren nach besagtem Zwischenstopp schnell bewältigt, und man sollte es nicht glauben, aber ich fuhr die Berghänge herunter in ein relativ bewaldetes, sehr langgestrecktes, weitläufiges Tal. Nun gut, die Bäume waren bei weitem nicht so hochgewachsen wie aus heimischen Gefilden bekannt und teilweise recht verwachsen, aber dennoch war ich ob des Anblicks recht angetan. Ich kam in die Hauptstadt Ost-Islands, einem Ort mit immerhin 1774 Einwohner ( Stand 14.2.06), welcher mit mehreren Supermärkten, einem Flugplatz (für Inlandsflüge) und vor allem einem Arbeitsamt!!! aufwarten konnte. Des weiteren sei nebenher erwähnt, dass es in Island überaus üblich ist, dass so gut wie jeder Ort, und sei er noch so klein, über ein eigenes Schwimmbad verfügt.
Zum Thema “Einkaufen”....
Auf Island bedeutet:”ich fahre mal schnell einkaufen” in vielen Gegenden außerhalb der Städte (Dörfer;-) im Grunde nichts anderes, als mal eben 50 bis 100 km durch menschenverlassene Einöden und über einsame Bergpässe zu fahren, wo von einer Minute zur anderen mit einem Mal ein Schneesturm mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 140 km/h ausbrechen kann. So ist es in den “Außenbezirken” des Landes nicht unüblich, mit Spikes an den Reifen ausgerüstet zu sein, da selbst im Juni oder September Schneetreiben einsetzen können.
Nachdem ich also herausbekommen hatte, dass es ein Arbeitsamt gab und mir der Weg dorthin beschrieben worden war (Quelle war eine Touristeninformation, welche tatsächlich offen!), nahm mein eigentlich ursprünglicher Beweggrund dieser Reise festere Formen an.
Marco also hin, fragte, ob es hier in der Nähe vielleicht schon etwas zu tun gäbe und fand sich schwups einem telefonierenden älteren Herren gegenüber, welcher ohne große Kommentare sofort jemanden in der Leitung hatte, der mich umgehend treffen wollte.
Ich dachte noch: nun mal langsam, geht ja viel zu schnell; war richtig überwältigt von der Effektivität und Spontanität meines Handelns und außerdem war ich noch gar nicht ganz da und wollte doch nur mal allgemein wissen, wie es denn so aussieht und so.....aber lange Rede, kurzer Sinn – die ausgestreckte Hand soll man nicht abweisen und außerdem meinte es das Schicksal wohl gut mit mir – ich traf mich am Abend mit dem guten Mann zwei Orte weiter, in Eskifjörður, welcher sich als Stefan Guðvinnson vorstellte, in etwa so alt war wie ich selbst und der mich als Maler und Gipser unter Vertrag nehmen wollte. Nun, da ich bei dem Herren im Amt vernommen hatte, mein Gegenüber hielte ebenso nach Leuten Ausschau, welche Gipswände aufstellen und mit Holz umgehen können, brachte ich eben dieses ins Gespräch und fürchtete schon, ein zerknittertes Gesicht bei meinem Gegenüber zu entdecken, aber diese Idee hielt er für ebenso wunderbar, als ich ihm bestätigte, dass ich ein wenig mit Holz umgehen kann.
Dann kamen wir auf Zahlen zu sprechen.....für die ersten 3 Monate gäbe es......später dann......
Aber da ich ja so spontan sei, würde er mir 10% Aufschlag zahlen zu den genannten Summen....(Nun möchte ich am Rande eben mal erwähnen, dass Marco im Grunde seines Herzen ja eher unempfänglich für die Verlockungen so schnöder Nebensächlichkeiten wie Geld ist, und er es in der Vergangenheit eher so pflegte, alles ein wenig ruhiger anzugehen und die Prioritäten auf andere Schwerpunkte verlagerte. Aber bei den sich langsam vor seinem inneren Auge manifestierenden Eurozeichen und vor allem den Zahlenreihen davor wurde anscheinend ein - na wollen wir mal sagen - hypersensorischer Effekt ausgelöst, dem mit einfachen, rationalen Erklärungen nicht beizukommen ist.) Kurzherum....ein Handschlag besiegelte unser für´s erste mündliche Abkommen, und schon der nächste Tag sollte der Tag sein, wo Marco auf Island arbeiten würde.
Neskaupstaður
Die Firma, für welche ich tätig wurde, hatte ihren eigentlichen Hauptsitz in Hafnarfjöður, einem Ort, der nahe Reykjaviks lag. Aber das Unternehmen hatte unter anderem 2 Baustellen im Osten des Landes am Laufen, und zwar in Eskifjöðrður und in Neskaupstaður, Orte mit etwa jeweils 1000 und 1500 Einwohnern, in den Fjorden dieser Gegend gelegen. Die Kolonne, welcher ich zugewiesen wurde, war dabei, in Neskaupstaðir ein Krankenhaus zu vergrößern. (nebenbei führe man sich mal die Gegebenheiten vor Augen: Ein Ort mit 1500 Einwohnern hat ein eigenes Krankenhaus...).
Meine erste Nacht auf isländischem Boden stand bevor. Es war Winter und dementsprechend kalt. Ich hatte keine Heizung im Auto, dafür einen warmen Winterschlafsack, welcher mir schon des öfteren während einiger Wintertouren unter anderem in Schweden bei einer Skiwanderung mit Zelt gute Dienste geleistet hatte. Trotzdem wurde mir bei dem Gedanken, bis zum Frühling, welcher auf Island sicherlich auch ein wenig anders aussieht als auf dem mitteleuropäischen Festland, morgens in der Kälte in die klammen Klamotten zu springen, nicht gerade warm ums Herz. Der Schlaf selbst ist sehr erholsam, wenn die Luft kalt und der Körper im Warmen verborgen liegt, aber wie gesagt: das Aufstehen und auch das Hineinschlüpfen in den ausgekühlten Schlafsack stellt die eigentliche Herausforderung dar. Das Auto selbst hatte ich letztes Frühjahr erst ordentlich ausgebaut. Es war gemütlich und spendete durch seinen Holzausbau eine mir bekannte Heimeligkeit, die doch sehr an meinen Bauwagen erinnerte, in welchem ich viele Jahre gelebt hatte.
Nun ja, so galt es herauszufinden, wie es sich hier auf der kalten Insel im Nordatlantik mit meiner diesbezüglichen Abhärtung verhalten würde. Nachdem ich meine erste Nacht auf isländischem Boden verbracht hatte, traf ich mich am frühen Morgen mit Stefan in Neskaupstaðir, und ich wurde erst einmal mit einem Arbeitskombi und allerlei Werkzeug ausgestattet. Nebenbei bot er mir an, in einem Haus, welches er für seine Arbeiter gemietet hatte, ein Zimmer zu beziehen, da es doch bestimmt sehr viel komfortabler für mich wäre. Dieses Angebot lehnte ich dankend mit dem Verweis auf mein gemütliches Zuhause auf 4 Rädern ab, fragte aber an, ob ich vielleicht die dortige Dusche und Toilette benutzen könnte, eventuell auch eine Waschmaschine, wenn vorhanden. Natürlich konnte er ob seines ihn freundlich anblickenden Gegenübers nur eine positive Antwort geben, und nachdem diese Nebensächlichkeiten abgearbeitet waren, fuhren wir zum Krankenhaus; er in seinem C-Klasse Mercedes, ich mit meinem 3 Tonner hinterher. Es hatte die Nacht über ordentlich gefroren (ich übrigens auch, bis ich mich dann in die Horizontale begeben hatte und in den besagten Polarschlafsack gekrochen war) und die Straßen waren stellenweise vereist. Und genau dieses bekam ich jetzt zu spüren, denn selbst kleine Erhebungen waren mit meinem Wagen nur unter äußester Vorsicht und nach mehreren Anläufen zu bewältigen. So kam dann auch mein etwas verdutzter Chef , so möchte ich ihn jetzt nennen, am Ziel unser Begehr auf mich zu und fragte kopfschüttelnd, ob ich tatsächlich nur mit Sommerreifen fahren würde. Schulterzuckend mußte ich diese Frage bejahen (ich gedachte dabei meinen Eindrücken während der Paßüberquerung des Vortages und fühlte mich tatsächlich ein wenig wie ein Naivling...) Irgendetwas auf Isländisch dahermurmelnd deutete er mir schließlich an, ihm zu folgen, und ich sollte nun meine Arbeitskollegen und den Ort meines zukünftigen Tuns kennenlernen.
Die beiden waren Bulgaren und arbeiteten jedes Jahr jeweils 3 Monate für Stefan. Coco war Schwager vom Chef, und ich erfuhr, daß in der Gipser- und Malerkolonne in Eskifjörður dessen Vater, also Stefan´s Schwiegervater sowie noch ein Verwandter untergekommen waren. Der zweite in meinem Team hieß Peter, auch Bulgare, und war durch Freundschaft mit Coco verbunden. Soso, dachte ich, so´ne Art Familienbetrieb...
Es stellte sich aber schnell heraus, daß die beiden nette Arbeitskollegen waren, mit denen man auch nach der Arbeit seine Zeit verbringen konnte.
Die Arbeit selbst war nicht besonders schwierig, es galt, an vorher aufgestellte Aluminiumrahmen Gipsplatten anzubringen. Es war wichtig, dabei auf zukünftige Rohr- und Kabelleitungen in der neu entstehenden Wand zu achten und ein wenig mit dem Metermaß umgehen zu können, um die Platten genauestens zuzuschneiden. Dabei erlebte ich so etwas wie ein Dejá Vu, denn mal gerade einen Monat vorher hatte ich meinem Bruder Michael geholfen, in seinem neu erworbenen Altbau eben diese Tätigkeit auszuführen....Es folgten 10 Tage angefüllt mit Arbeit, und selbst am Samstag arbeiteten wir 12 Stunden.
In Island werden übrigens Frühstücks- und auch Kaffeepause (jeweils 30 Minuten) als Arbeitszeit verrechnet! Alles, was über 8 Stunden Arbeitszeit hinausgeht, wird mit 150% des Normallohnes vergütet, ebenso eine jede an Samstagen gearbeitete Stunde. Bezugnehmend hierauf muß ich an meine Zeit als Taxifahrer zurückdenken, als man geschlagene 12 Stunden für den selben mickrigen Lohn arbeitete und der Chef schon am Überlegen war, ob nicht jedes Verlassen des Autos über 2 Minuten vom Lohn abgezogen werden sollte.....armes Deutschland.
Na gut, wollen wir mal auf dem Boden bleiben und nebenbei erwähnen, daß auch in Island schwarze Schafe existieren, welche die Unkenntnis der ausländischen Arbeitssuchenden ausnutzen und viele im isländischen Arbeitsrecht verankerten Grundrechte einfach unter den Teppich kehren.
Gerade hier im Osten der Insel gibt es aufgrund mangelnder einheimischer Arbeitskräfte anteilig sehr viele Ausländer, vor allem Polen, welche z.B. im Baugewerbe und in der Fischindustrie 60% der Belegschaft stellen. Seit 3 Jahren ist in Island ein kleiner Boom am Laufen, der die Nachfrage an Arbeitswilligen stets am Laufen hält, und gerade hier im Osten der Insel ist dieses “Problem” prekär, da sich die einheimische Bevölkerung, vor allem die jungen Leute, nach Reykjavik orientiert und eine Art Landflucht stattfindet. Gut zwei Drittel der Isländer lebt in oder im Umkreis der Hauptstadt. So hatte ich einmal einen Artikel gelesen, der beschreibt, daß in Egilsstaðir inzwischen ein Fauenmangel im Verhältnis 2 zu 3 herrscht, da so viele ausländische, aber eben männliche Arbeitnehmer dort zugezogen seien (na ja, es geht hier um einen Ort mit wie schon erwähnt knapp 1800 Einwohnern – aber immerhin der Hauptstadt Ost-Islands...)
Neugier & Komplikationen
Die Arbeit war nicht schlecht, das Zusammenspiel mit meinen Kollegen funktionierte ganz gut, und es war jetzt überhaupt nicht so, daß wir unsere Tätigkeit eher locker angingen....wir hatten eine festen Zeitplan, in welchem unsere Aktivitäten der Vollendung entgegenstreben sollten, damit anschließend die Gipser- und Malerkolonne das Werk fortführen konnte. Auch die Abende waren keineswegs in der Form beschreibbar, daß ich in Langeweile verging; nein, mit meinen beiden neuen Kollegen und noch 3 weiteren Bewohnern des Hauses, welches von Stefan angemietet worden war ( 3 Polen, welche auch am Krankenhaus mitarbeiteten, aber für eine andere Firma tätig waren) führte ich ellenlange Gespräche über alles mögliche (ihre Heimat, meine Heimat, Politik, Zukunftspläne usw...), wir spielten Dart oder Karten, schauten gemeinsamen DVD oder statteten einer örtlichen Gaststätte einen Besuch ab ( was hier in Island allerdings eine eher teure Angelegenheit ist – ein Bier kostet umgerechnet 7 Euro...)
Ich finde es immer wieder spannend, sich mit Menschen aus aller Herren Länder auszutauschen, ihre Ansichten der Welt erklärt zu kriegen, einen Einblick in ihre Wünsche und Träume zu bekommen.
Aber letztendlich fehlte mir etwas ganz entscheidenes.....ich war in Island und hatte nicht mit einem einzigen Einheimischen Kontakt – abgesehen von ein paar kurzen arbeitstechnischen Austauschen mit ebenfalls am Krankenhaus Arbeitenden. Wenn ich schon mal hier war, so wollte ich doch auch mehr von diesem Land kennenlernen, vor allem, was die Menschen anbelangt, und in einer Kolonne nur mit Ausländern (was im Grunde so ja nichts schlechtes ist) war es eher schwierig, Kontakte zu knüpfen.
Was mich letztendlich dazu veranlaßte, dieser Arbeitsstelle den Rücken zu kehren, war zum großen Teil der eben genannte Aspekt, dazu kam, daß ich schon 3 Tage nach Arbeitsbeginn irgendeine Allergie entwickelte,welche Hautpartien, die nicht unter Kleidung lagen, dazu veranlaßte, sich mit einer knallroten Signalfarbe zu bedecken. Ich denke mal, daß Gipsstaub oder Glaswolle die auslösende Rolle dabei spielte.
Ich beschloß, mich in Richtung Reykjavik aufzumachen, nachdem das Projekt Krankenhaus von unserer Kolonne abgeschlossen sein sollte. Und das war am Tage 10 nach Arbeitsbeginn. Stefan war nicht so angetan von der ihm dann von mir unterbreiteten Willensänderung, aber letztendlich blieb ihm ja nichts anderes üblich, als meine Entscheidung zu akzeptieren.
Ich mußte noch 2 Tage ausharren, bis ich ihn dann persönlich traf und er mir “schwarz” meinen Lohn auszahlte, denn den ganzen Papierkram für die kurze Zeit meiner Beschäftigung wollten wir uns beide ersparen. Auf jeden Fall kriegte ich noch das Angebot mit auf den Weg, daß, wenn alles nicht so laufen würde wie ich es mir erhoffte ich gerne wieder bei ihm vorstellig werden könnte.
Diesen Rettungsanker im Hinterkopf konnte sie beginnen, die erste Fahrt durch Island. Für die Jahreszeit war es eindeutig zu mild. Die Temperaturen lagen bei 5° Celsius, und Schnee, welcher die Bergspitzen und Pässe bedeckte, war in den Niederungen gar nicht zu erblicken. Nun ist es ja in meiner Heimat Ende Februar nichts ungewöhnliches, aber hier in der Nähe des Polarkreises hätte ich schon mit mehr „Winter“ gerechnet. Nun, es sollte mir recht sein, denn auf Schlitterpartien und das eventuelle Aufziehen müssen der Schneeketten hatte ich auch keine Lust. Ich wählte die Südroute, d.h. man fährt auf der Ringstraße immer an der Südküste des Eilandes entlang, bis man sozusagen automatisch in Reykjavik landet. Die andere Alternative wäre folglich die Nordroute gewesen, welche einen laut Reiseführer schneller ans Ziel bringen sollte, aber dafür galt es dort, einige Pässe zu überwinden, und das erschien mir nun doch zu leichtsinnig. Die Begründung des längeren Fahrweges entlang meiner gewählten Route bezog sich vor allem darauf, dass man immer dem Verlauf der Fjorde folgen musste, und so fuhr man sozusagen manchmal in die selbe Himmelsrichtung, aus der man kurz zuvor erst gekommen war, dazu kam, dass die Straße im Süden zum großen Teil aus Schotter bestand, auf welchem man ein wenig langsamer fahren sollte. Allerdings stellte ich mir die Fahrt entlang der Fjorde auch extrem reizvoll vor, und da der Schalk der Zeitnot mir nun wahrlich nicht im Nacken saß, ich im Bereich der Barschaften jetzt auch einige Reserven aufweisen konnte, nahm ich die Strecke frohgemut an einem sonnigen Mittag in Angriff.
Weiterfahrt
Es ist wirklich etwas besonderes, an den Ostfjorden Islands entlangzufahren. Dem Verlauf der Felsklippen folgend, eine herrliche Aussicht genießend, so gut wie keinem Auto begegnend (das soll im Sommer aber ganz anders sein...) und auf einer manchmal abenteuerlich anmutenden Straße ging es nach Westen. Der nächste, als etwas größer geltende Ort war Höfn (ca.2500 Einwohner), gute 300 Straßenkilometer entfernt. Da mein Auto nun wirklich nicht als besonders flink oder agil zu bezeichnen ist, die Straße wie erwähnt auch nicht gerade zum schnell fahren einladen sollte, waren meine Ziele nicht allzu hoch gesteckt, ja ich habe mich im Laufe der in meinem Wagen zusammen verbrachten Zeit daran gewöhnt, alles ein wenig gelassener anzugehen.
Man darf dieses Gefährt ohne Bedenken als Schnecke bezeichnen, aber ich muss dann dabei betonen, dass es sich um keine Nacktschnecke handelt! Mein Auto gehört zur Gruppe der Häusleträger, denn der mir durchaus gelungene Innenausbau macht das Manko der Fahreigenschaften mit seiner Gemütlichkeit durchaus wett, ja in der Tat reicht mir diese Unterkunft als vollständiger Wohnersatz vollkommen aus!
In den Fjorden und Buchten tummelten sich Scharen überwinternder Enten. Überwiegend Eiderenten, aber auch Eisenten, Stockenten und Mittelsäger waren zu entdecken. Seltener war die Kragenente zu erblicken, welche in Europa ihr einziges Vorkommen hier in Island hat. Der Eissturmvogel, welchen ich in Deutschland nur von Helgoland her kenne, war hier zuhauf vertreten – überall konnte man ihn in der Luft oder in Felsen sitzen erblicken, daneben natürlich in Mengen die allgegenwärtigen Möwen unterschiedlicher Art. Es geschah mehrmals, dass ich an einer besonders schönen Stelle mein Auto anhielt, um ein paar Züge frische Luft und den reizvollen Ausblick zu genießen. Ich passierte die Orte Fáskrúðsfjörður, Stöðvarfjörður und Breiðdalsvik, allesamt kleine Fischerdörfer in den Fjorden, welche mit meinen wohlwollenden Augen als heimelig betrachtet wurden.
Im Geiste erschienen alte Fischermänner, auf einer Holzbank in der Sonne sitzend, eine blaue Mütze auf dem Kopf und eine Pfeife im Mund habend, die letzten Strahlen einer untergehenden Wintersonne genießend. Von der Ferne her das gleichmäßig tuckernde Geräusch eines dem Meer zustrebenden Kutters, der vor dem Feuerball am Horizont noch schemenhaft zu erkennen war. Über der ganzen Kulisse die unablässig kreischenden Möwen, welche dem von der Schiffsschraube aufgewühlten Wasser einen Zufallshappen abzugewinnen hofften.
Wollte ich wirklich weiter nach Reykjavik fahren? Ich habe sie geliebt, die Bücher von Hemingway und London, hier schien das Abenteuer greifbar; das Abenteuer eines erfüllten Lebens, fernab von Hektik und Stress unserer Zeit. Aber ich wusste, der Marco, hier am Steuer sitzend, war nicht so weit wie seine Gedanken und Wunschvorstellungen es ihm öfters einmal vorzugaukeln versuchten.
Somit das Gaspedal wieder ein wenig tiefer drückend lagen auch diese Orte dann bald hinter mir, ich passierte noch einen weiteren Ort mit Namen Djúpivogur (welcher auf einer Landzunge ins Meer hereinragt und auch sehr schön ist).
Dann, am Abend, stoppte ich mein Auto auf einem kleinen Rastplatz am Rande der Straße, genehmigte mir eine Tütensuppe (in ihrer Auswahl vielfältig), und machte noch einen kleinen Abendspaziergang, bis ich mich zum Schlafen niederlegte.
In dieser Nacht lernte ich Island dann auch mal von der ungemütlichen Seite kennen : der Wind drehte innerhalb kurzer Zeit um ein paar Beaufort auf, und ich fühlte mich in meinem Wagen bald wieder zurückversetzt auf die Fähre, welche mich hierher gebracht. Ich hatte natürlich so geparkt, dass der Wind mich voll von der Seite erwischte, und da der Wagen ja wahrlich eine recht respektable Angriffsfläche bot, begann es im Gebälk, hier in Form von Stoßdämpfern, zu knirschen. Man sollte meinen, es sei doch recht angenehm, in den Schlaf geschaukelt zu werde, aber zum Einem machte ich mir bald Sorgen um mein Kajak, welches natürlich auf der dem Wind zugewandten Seite befestigt war, und zum Anderen kamen die Stöße, welche das Auto erschütterten, doch recht unregelmäßig. Zu alle dem war ein jedes Band, welches am Kajak und hinten am Fahrradträger angebracht war, ordentlich am mitmusizieren, mit der erfrischenden Klanguntermalung in Form eines Knatterns einer im Wind tanzenden Plane, welche ich zum Schutz vor Regen über das Fahrrad gespannt hatte. Ob dieser ganzen Szenerie gedachte ich dem Ganzen ein Ende zu setzen, indem ich das Auto mit der Schnauze nach vorne um parkte, aber es stellte sich doch heraus, dass dem Orchester kein Einhalt geboten wurde; nein, ein beständiges Pfeifen stimmte in den Reigen mit ein, ausgelöst durch den sich an den Rückspiegeln brechenden Wind. Nur das leichte Ächzen der Kajakhalter hatte seine Unterhaltung eingestellt, und ich beschloss, mich diesem Ungemach lieber auszusetzen, als eventuell einen Schaden durch sich lösende Halterungen hinzunehmen, verursacht durch den am Boot reißenden Wind.
Dass diese Nacht eher einem Horrorszenario nahe kommt, können vielleicht all jene verstehen, die bei akustischen Störungen keinen Schlaf finden – so jedenfalls erging es mir. Ich brach am nächsten morgen wie gerädert nach einem kurzen Müsli-Frühstück auf, weiter meinem Ziel entgegen strebend.
Das Wetter war immer noch schön, aber der Wind blies kräftig, und das natürlich, wie sollte es anders sein, von vorn. Da mein Auto schon zu dem erwähnten Vergleich mit einer Schnecke gekommen war, brauch ich an dieser Stelle dann ja nicht weiter auf dieses Thema einzugehen.
Für jeden Interessierten hier einfach mal die Motordaten: 75 PS bei 2,38 l Hubraum und 6 Zylindern (Diesel). Wenn man jetzt weiß, dass es sich um einen VW LT 45 handelt, der so ziemlich den größten Luftwiderstandswert unter allen „Kleintransportern“ besitzt, dazu das reale Gewicht (in die Höhe getrieben durch meinen „Reinholzausbau“) von 2,8 t (ohne gefüllten Tank und Wasserkanister) in eventuelle Berechnungen mit einbezieht (dazu kommend noch das Lebendgewicht meiner Person, die gesamte Ausrüstung nebst Kajak und Fahrrad sowie sämtliche Befüllungen), dann kann man sich ungefähr vorstellen, warum der dem Tierreich entnommenen Name den Eigenschaften dieses Wagens entspricht. Somit waren starke Winde von vorn oder Steigungen jeder Art reine Nervensache, und es hieß, sich durch die bewusste Suche anderer Eindrücke nicht die Laune verderben zu lassen.
Aber, wie ich auch schon erwähnt hatte, gab ich mich der Landschaftsbetrachtung hin, da ich im Laufe des Zusammenseins mit meinem Wagen ob seiner Schwächen gelernt hatte, ein Auge zuzudrücken.
Es war bald Höfn erreicht, ein ebenfalls beschaulicher Ort, auf einer kleinen Landzunge gelegen, welche nach Süden ins Meer ragte. Zur Abwechslung gefiel dieser Ort mir gar nicht, er war mir im Ortskern zu verbaut, um gemütlich zu wirken. Ich füllte lediglich den Tank meines Wagens auf, gönnte auch mir eine Kleinigkeit in Form einer Mahlzeit und fuhr schnell weiter.
Auf der linken Seite, also nach Norden hin, sollte jetzt für längere Zeit Islands größter Gletscher, der Vatnajökull, mein Reisepanorama darstellen. Ab Höfn reicht er bis fast an die Küste heran,, lediglich einzelne Gehöfte und Mini-Dörfer sollten gelegentlich während der nächsten 200 Kilometer die Straße säumen, bis man auf den nächst größeren Ort mit dem unglaublichen Namen „Kirkjubæjarklaustur“ treffen sollte, welcher, die Einwohnerzahl betreffend, wieder mit einer Zahl bestehend aus 3 Ziffern aufwarten konnte.
Ich machte einen kleinen Zwischenstopp an der „Blauen Lagune“, deren Name daher rührt, das die Eisberge, welche abgekalbt vom Vatnajökull, die ganze Umgebung und das Wasser mit ihrem blauen Schimmer versetzen. Dieser Platz ist einer der „Hot-Spots“ Islands, im Sommer reisen riesige Touristenscharen an diesen Ort, um sich von dieser wirklich großartigen Kulisse beeindrucken zu lassen. Es wurden sogar schon einige Szenen zweier James Bond Filme hier gedreht, und ich ärgerte mich, dass nun keine Menschenseele weit und breit zu sehen war, welche sich hätte erbarmen können, Marco in seinem Kajak sitzend vor Eisbergen paddelnd zu fotografieren. Ja, ja, diese Eitelkeit.....
Lediglich ein leeres Informationshäuschen erinnerte an die hier im Sommer stattfindenden Massenbegaffungen.
Ich fuhr weiter und überquerte gegen Mittag die neue Brücke hinter Freysnes, welche über einen Fluss mit Namen Skeiðará führt und ein absolutes Unikum darstellt – auf ihrer gesamten Länge von über zwei Kilometern ist sie nur einspurig, versehen mit ein paar Ausweichbuchten. Wie es hier im Sommer zugeht, möchte ich nicht live erleben.
Diese Brücke überwindet ein Sandergebiet, welches in schöner Regelmäßigkeit von immensen Überschwemmungen heimgesucht wird, und zwar immer dann, wenn sich die Caldera eines sich unter der Eisfläche des Gletscher befindlichen Vulkans eruptionsartig entleert und somit Millionen Kubikliter Schmelzwasser dem Meer entgegen streben. Die Skeiðará ist zwar ein relativ kurzer Gletscherfluss, trotzdem ist sie überaus berüchtigt. Durch zahlreiche Gletscherläufe hat sie gerade auch in den letzten Jahrzehnten fruchtbares Land zerstört und den berüchtigten Skeiðarársandur gebildet. Diese ist eine von zahlreichen Wasserläufen und Prielen durchzogene schwarz-graue Sandebene, welche sich vom Gletscherrand bis zum Meer hin erstreckt. Diese Ebene zu überqueren gilt auch heute noch als nicht ganz gefahrlos. So wurde erst vor 8 Jahren die alte Brücke von einer immensen Wasser- und Gerölllawine hinweg geschwemmt. Bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts gab es gar noch keine Brücke, und mit dem Auto war die Skeiðarársandur nicht zu überqueren. Wagemutige überquerten den Gletscher, um von Ost nach West oder andersherum zu gelangen, aber auch das war eine gefährliche und langwierige Angelegenheit, bei der so mancher nicht zurückkehrte.
Somit konnte man durchaus davon sprechen, dass die Menschen östlich dieser Passage in früherer Zeit als abgeschnitten gelten durften. Wollten sie auf Straßen z.B. nach Reykjavik reisen, mussten sie sozusagen fast einmal um die ganze Insel fahren.
Das Schwemmgebiet des Vatnajökulls ist sehr groß, und so brauchte ich einige Zeit dieses zu durchfahren. Aufgrund des starken Windes war die ganze Gegend in einen grau-braunen Schleier gehüllt, da der lose Sand in vielen kleinen Partikelwolken über die ebene Fläche jagte und auch durch ein beständiges Prasseln auf der Karosserie auf sich aufmerksam machte. Nach Durchquerung dieses Abschnittes wechselte die Umgebung erneut. Hatten anfangs Steilkanten, Berghänge und Felsformationen, später dann der Gletscher meinen Weg gesäumt, boten jetzt weite Wiesen eine Abwechslung für das Auge an. Ich fuhr nicht mehr direkt an der Küste, die Straße verlief jetzt ein wenig weiter landeinwärts. Die Anzahl der Gehöfte erhöhte sich, und auch einzelne Nadelbaumgruppen prägten die Umgebung. Ich durchquerte den schon weiter oben aufgeführten Ort mit dem unaussprechlich langen Namen, welcher sehr schön gelegen war und in ein überaus reizvolles Panorama gebettet war; jedoch gönnte ich mir keinen Zwischenstopp. Noch 250 km bis Reykjavik, und ich gedachte, sie an diesem Tage zu bewältigen.
Erneut ein Landschaftswechsel: Bald hinter dem Ort wurde die Gegend von erstarrten Lavaformationen geprägt, welche wild übereinandergeworfen einen überaus skurriles, fast surreal wirkendes Bild boten. Bedingt durch die auf ihnen wachsenden Flechten und Moosen, welche das Tuff- Magmanitgestein fast vollständig bedecken, gleicht das Landschaftsbild am ehesten einer grün bemalten Mondoberfläche, und ich kann mir gut vorstellen, warum die ersten Besiedler diese Eilandes auf die Idee kamen, dieses sei die Heimat von Elfen und Trollen.
Später wechselte dieses Bild sich dann häufiger mit einfachen Geröllwüsten ab, und wüsste man nicht, dass man im kalten Norden unterwegs gewesen wäre, hätte man vom rein suspektiven Standpunkt aus durchaus die Meinung vertreten können, sich bei ein paar Grad mehr Außentemperatur in einer Hamada zu befinden.
Irgendwann während der Fahrt durch diesen Abschnitt überholte mich laut hupend ein roter Kleintransporter, und ich konnte wild gestikulierende Mitfahrer auf der Rückbank ausmachen. Freundlich wie Marco nun einmal ist, hob auch ich meinen Arm und grüßte zurück. Ob jetzt aufgrund meines eher bescheidenen Fahrtempos ein dann wohl eher genervter Verkehrsteilnehmer nur seinen Unmut laut machen wollte oder tatsächlich einfach nur freundlich grüßende Mitmenschen diesem dahin schleichenden Ausländer ihre Aufwartung machten, war mir natürlich nicht klar, aber auf den zweiten Blick konnte ich noch die Aufschrift auf dem Wagen ausmachen: „Guðvinnson ehf.“
Nun, bei mir dauert alles wahrscheinlich ein wenig länger, und ich erkannte dann doch noch, dass dieses Grußritual den Hintergrund einer persönlichen Bekanntschaft hatte. Im Wagen vor mir fuhren meine ehemaligen Arbeitskollegen ihrer neuen Baustelle entgegen, welche sich folglich also in der Nähe der Hauptstadt befinden würde. Ja ja, die Welt ist klein, vor allem hier auf Island.
Ich erreichte Vik, den südlichsten Ort Islands, wieder am Wasser gelegen. Auch dieser Ort lud zum Verweilen ein, und ich nahm dieses durch die visuellen Eindrücke untermauerte Angebot an. Im örtlichen Lebensmittelhandel einen kurzen Shopping-Trip machend musste ich einmal wieder gehörig mit den Ohren schlackern ob der Preise, welche einem unbedarften E.U.-Bürger schon das Wasser in die Augen treiben kann. Was sollte ich bloß machen, wenn mein Vorrat an Trockensuppen irgendwann seinem vorauszusehendem Ende entgegenstreben sollte....
Vik ist, eingebettet von vielen Wiesen und ein paar Bäumen (ich bin mir sicher, dass Isländer Wald sagen würden...), in einer somit reizvollen Umgebung gelegen und ein kleines Bächlein durchströmt das Dorf, welches ein paar hundert Seelen an Bewohnern aufweist. Ich traf auf die ersten richtigen Felder, welche um diese Jahreszeit natürlich nicht bestellt waren, aber somit schienen die landwirtschaftlichen Aktivitäten aus mehr zu bestehen als nur Pony-, Schafs- und Rinderzucht. Wenn man sich die geographische Lage dieser Insel einmal vor Augen führt, dann sollte man dies wirklich nicht glauben. Aber die Isländer bauen z.B. auch Kartoffeln an!
Ich suchte mir ein nettes Plätzchen bestehend aus einer Holzbank nebst zugehörigem Tisch und wollte es mir ein wenig gemütlich machen, aber ein beständig blasender, recht kalter Wind, dazu die Außentemperatur von etwa 5° Celsius verübelten mir dieses Unterfangen recht schnell. Da konnte auch der herrliche Ausblick auf den in der Ferne thronenden Gletscher Mýrdalsjökull, einem kleinen Bruder des Vatnajökull, keine rechte Ausdauer von mir abverlangen, und ich fuhr nach schnellem Inhalieren meiner Mahlzeit weiter.
Die Straße war übrigens seit Kirkjubæjarklaustur durchgehend asphaltiert und in einem guten Zustand. War vorher meist Schotter der Belag gewesen, zeigte sich jetzt, dass man in bewohnteren Gefilden unterwegs war, in welchen die Straßen häufiger frequentiert wurden. So waren seit geraumer Zeit auch des öfteren Autos auf den Straßen zu erblicken.
Nach Süden hin waren in der See die berühmten Vestmannaeyjar zu erblicken , zu deutsch Westmanns-Inseln, welche in der ganzen Welt vor allem durch ihre Hauptinsel Heimaey berühmt wurden. Auf jener befindet sich der gleichnamige Ort mit knapp 4500 Einwohnern,welcher Ende Januar 1973 in aller Eile evakuiert werden musste, da ein neuer Vulkan, der Eldfell, direkt neben dem Ort ausbrach. Glücklicherweise befand sich wegen eines Sturmes die gesamte Fischereiflotte der Insel im Hafen, so dass kein Mensch zu Schaden kam. Die Inseln liegen nur 5 km von der Küste entfernt, und in meinem Inneren schmiedete ich schon Pläne für eventuelle Paddeltouren an Wochenenden der auf mich zukommenden Monate.
Es häuften sich Gehöfte und kleinere Dörfer, ich durchquerte die Orte Hvolsvöllur und Hella, bis ich dann in Selfoss ankam, einer Stadt mit jetzt immerhin schon 5800 Einwohnern. Man konnte das Gebiet, welches ich jetzt durchfuhr, gerne schon als Randgürtel Reykjaviks bezeichnen, denn der Verkehr nahm stetig zu und die Landschaft wurde immer verbauter. Es folgte der Ort Hveragerði, der dafür bekannt ist, durch mit Erdwärme betriebene Gewächshäuser selbst Bananen zu produzieren.
Noch knappe 40 km, dann sollte ich mein Ziel erreichen. Hinter Hveragerði ging es einen ordentlichen Berg hinauf, und ich war heilfroh, dass die nach oben führende Straßenseite in 2 Fahrstreifen unterteilt war, denn der Verkehr war jetzt als durchaus dem mitteleuropäischem Standard gemäß zu bezeichnen. Ich wollte nur ungern den Anlass für einen mittelschweren Stau Richtung Reykjavik geben...
Den Berg erklommen wollte ich dann auch mal wieder spüren, wie es ist, wenn die Tachonadel an die Zahl 80 kratzt; ich hatte mich schon fast dem ungewohnten Geschwindigkeitsrausch hingegeben, da passierte es – ein lauter Knall, und die Sicht ward mir genommen. Von irgendwo her war ein Stein in meine Frontscheibe geflogen und hatte sie in ein Gewirr unbeschreiblich vieler Linien verwandelt, einem sehr engmaschigen Spinnennetz gleich, durch welches es fast kein Durchsehen mehr gab. Seltsamerweise, obwohl durch Mark und Bein erschrocken, war meine erste Reaktion nicht ein sofortiges Durchtreten des Bremspedals, denn aufgrund eines noch kalkulieren könnendem Bewusstseins erschien es mir sinnvoller, nur langsam das Tempo zu drosseln, denn zum einen verlief die Straße hier recht geradlinig, zum anderen wollte ich keinen Auffahrunfall provozieren. Schemenhaft die Straße erkennend lenkte ich meinen Wagen schließlich auf eine Auffahrt, welche zu einem Restaurant oder Hotel oder was auch immer führte, und stoppte mein mir treues Gefährt, welches hier auf gemeinste Weise attackiert worden war.
Einen Moment innehaltend sog ich erst einmal frische Luft durch meine hyperventilierenden Nüstern ein, um meinen Puls wieder in den Bereich des Normalen zu bringen. Schöne Bescherung – da fährt man durch halb Island und überwindet die schlechtesten Straßenbeläge eher mühelos, und kurz vor dem Ziel, auf einer super geteerten Straße passiert dann so etwas.....nicht zu glauben. Wiederum, so dachte ich mir, von Glück sagen zu können, dass es in dieser Gegend passiert war, denn wäre es irgendwo weit ab vom Schuss geschehen, bei diesen Temperaturen und diesem Wind....Dann also Glück im Unglück? Na ja, ich bin zwar eher eine Frohnatur, aber sozusagen „angekotzt“ war ich schon.
Das Gebäude, welches am Ende dieser Auffahrt stand, hatte geschlossen, es war wohl ein Restaurant.
Ansonsten war hier in der Gegend kein anderes Haus zu erblicken, da auf diesem Bergrücken scheinbar geothermale Vorgänge unter der Gesteinsoberfläche vor sich gingen – aus mehreren Spalten und Öffnungen dampfte und blubberte es munter vor sich hin, und ein wenig roch die Luft nach Schwefel.
Ich kramte meine Handschuhe heraus und wollte die noch im Rahmen befindliche Scheibe, welche ja jetzt eigentlich keine mehr war, nach außen wegdrücken, aber, so kann es sich ein jeder natürlich denken, rieselten dann wohl 80 % der Scherbchen in den Innenbereich – auf Sitze, unter die Pedale, in die Lüftungsklappen usw. Jetzt wurde auch ich so langsam geothermal aktiv, bloß konnte man in diesem Fall nicht schwefeligen, sondern eher testosteroiden Geruch wahrnehmen...
Ich bemerkte ein sich langsam näherndes Auto, welches in die Einfahrt eingebogen war. Bei dem dicken Geländewagen (weiß nicht mehr, um welche Marke es sich handelte) surrten gerade die elektrischen Fensterheber, und das Gesicht eines älteren Herrn quälte sich durch die entstandene Öffnung.
„Do you need any help?“
Auf dem Beifahrersitz saß eine Dame in dem wohl ungefähr selben Alter wie der mich Ansprechende, also so um die 70. Ich erklärte dem sich als überaus freundlich erweisenden Herrn, was geschehen war, und dieser legte ein zumindest mitfühlenden Gesichtsausdruck an den Tag.
„I could call for a mechanic, if you wish, but it´s late and I don´t think, that you will manage that today...“
Er deutete auf das Loch im Frontbereich des Wagens.
Nach einem kurzen Gespräch kamen wir dann zu dem Schluss, eine Werkstatt in Hveragerði zu kontaktieren, welche meine Scheibe ja vielleicht morgen würde ersetzen können. Der gute Mann führte natürlich ein Handy mit sich, und nach einem kurzen Anruf dort stellte sich heraus, dass tatsächlich noch jemand im Geschäft anwesend war und meiner ausharren wollte, damit die Scheibe heute noch bestellt werden könne. Somit bedankte ich mich höflichst bei meinem Gegenüber für die Schützenhilfe, welches dieser abwinkend abtat und versicherte, dass dieses ja wohl eine Selbstverständlichkeit gewesen wäre. Mir viel Glück wünschend dröhnte kurz die 3,5 Liter Maschine (mindestens) auf und das Auto entschwand meinem Blick.
Tja, das hieß also den Abhang wieder herunter, diesmal mit geregelter Frischluftzufuhr, und ich fuhr den von meinem Helfer beschriebenen Weg zurück und fand tatsächlich das gesuchte Gebäude.
Der auf mich Wartende machte große Augen, als er gewahr wurde, um was für ein Auto es sich handelte.
„I´m not sure, if we will get a pane for that car – it´s quiet uncommon in Iceland.”
Jetzt, wo er es sagte, versuchte ich mich zu entsinnen, überhaupt je einen LT gesehen zu haben, seit ich in Island angekommen war, jedenfalls einen solch alten. Ich konnte mich nicht daran erinnern. Auf jeden Fall verbreitete mein Gegenüber eine Art ungutes Gefühl, welches sich schnell in meiner Magengegend festsetzte.
„Also it´s a pretty old car – it´s nearly an oldtimer, isn´t it?”
Also bitte, 20 Jahre waren doch noch kein Alter, ja noch nicht einmal das, denn mein Auto hatte erst im August Geburtstag…In meinem Kopf manifestierte sich die Horrorvision, „Open Air“ durch Island zu kutschieren, eine Fliegerbrille im Gesicht, regelmäßig die Mücken und Fliegen von deren Gläsern wischend, sich langsam auftürmende Sandhäufchen im Pedalbereich während des Durchquerens der Sanderzonen....“, als die Stimme des Mannes wieder zu vernehmen war:
„I´m going to call some places in Reykjavik, hopefully we will find a window for your car.“
Er entfernte sich und ließ mich wie ein Häufchen Elend allein bei meinem Wagen zurück. Wäre mein Auto jetzt ein Pferd gewesen, hätte ich mich an seine Schulterblätter gelehnt, sachte über die Blässe gestrichen und leise gemurmelt: „Ruhig Brauner, das wird schon wieder...“ Klar, wer ein wenig in Psychologie bewandert ist, der hätte gewusst, dass sich so eine klassische Basiphobie äußert, und das Pferd (der Wagen) nur den gesuchte Halt darstellte. Nun, ich habe schon anderes gemeistert, und dieses kleine Ungemach sollte doch meine sonst übliche positive Lebenseinstellung in keinster Weise beeinträchtigen. Somit strafften sich meine Schultern, das Gesicht legte wieder einen energischen Ausdruck an den Tag und ich wartete auf das Ergebnis, welches ja schließlich nur zu einem zumindest befriedigendem Ergebnis führen konnte. Jawohl, positive Vibrations are all you need....
„Sorry guy, but I can´t give you hope. The ones I reached have no pane for your car, but at the end I haven´t reach all. It´s late.”
Ja ja, positive Vibrations….würg kotz . Jetzt war ich der Affe auf dem Schleifstein, der Schluck Wasser in der Kurve – was tun? Im Winter in Island ohne Frontscheibe, und das auch noch, wo mein Auto doch meine Wohnung darstellte...
Also.....zumindest heute konnte keine Scheibe organisiert werden (wenn es denn überhaupt eine für mein Modell in Island gab, ist ja schließlich nur ein kleines Land, dazu noch eine Insel – stöhn...).
Sollte der gute Mann tatsächlich morgen jemanden erreichen, würde es womöglich einen weiteren Tag dauern, bis das gute Stück dann hier ankommen würde, was dann wiederum bedeutet hätte, eine ganze Weile hier ausharren zu müssen. Letztendlich war Reykjavik ja nur noch gute 40 km entfernt, und da könnte ich doch gleich morgen die Geschäfte abklappern, wenn ich mich weiterhin der Frischluftzufuhr aussetzend einfach diesen Tag noch dorthin begeben würde. Diesen Geistesblitz im Hirn kam ich dann noch einmal mit dem sichtlich auf Feierabend wartenden Mann ins Gespräch, der mir postwendend noch eine Adresse auf einem Zettel notierte, als ich ihm von meiner Idee berichtete. Wenn, dann könnte er sich denken, dass ich dort die größten Chancen haben würde, das Gesuchte zu finden.
Er drückte mir eine „Notscheibe“ in die Hand (so´n Ding aus durchsichtigem Plastik) und hielt mir die geöffnete Handfläche entgegen.
„2000 Kroner!“
Tja, gar nicht so schlecht, die Idee, sozusagen der letzte Strohhalm, sollte ich kein Glück mit der Suche haben. Ich stellte mir vor, irrationale Beträge für den eventuellen Import einer Scheibe zahlen zu müssen, sollte es zum Äußersten kommen, und ich wüsste nicht, ob ich das Geld dann aufbringen wollte. Somit nahm ich die Gelegenheit wahr, investierte in diesen hoffentlich nur vorübergehenden Notbehelf und brachte das gute Stück dann mehr schlecht als recht am Rahmen an, wobei ich feststellen musste, dass das Ding eine Nummer zu klein war und mit Sicherheit nicht lange dem Fahrtwind standhalten würde.
Es war spät, es wurde langsam dunkel und es galt noch einmal diesen Berg zu erklimmen. Aber so schwer konnte es ja letztendlich nicht sein, sich in einer Stadt mit 120.000 Einwohnern zurechtzufinden, und so machte ich mich mit einer etwas verschwommenen Aussicht nach vorne hin auf den Weg.
In der Hauptstadt
Je dunkler er wurde, desto schwieriger gestaltete es sich, durch den Fensterersatz zu schauen. Durch leichte Falten im Plastik, welche sich im Lauf der Zeit durch den Fahrtwind weiter verwarfen, wurde das Licht der mir entgegenkommenden Fahrzeuge, der Straßenlaternen und Gebäudebeleuchtungen auf unmöglichste Weise gebrochen und es bedurfte so der allergrößten Aufmerksamkeit, sich im Verkehr der mir sich langsam öffnenden, fremden Stadt zurechtzufinden, vor allem wenn es galt, auf Straßenschildern nebenbei noch die Schriftzeichen zu erkennen.
Ich hatte mir kein rechtes inneres Bild von Reykjavik zurechtgelegt, hatte die Stadt auf verschiedenen Fotos betrachten können, und war irgendwie davon ausgegangen, dass es eine gemütliche, mittelgroße Stadt sein würde, die halt zu diesem Fleckchen Erde passen würde – hier draußen im Nordatlantik...
Jedoch war das sich mir bietende Bild mit keinem vorher Entworfenem kompatibel, und so langsam rutschte auf einer imaginären Bewertungsskala der Zeiger immer weiter nach hinten, denn ich muss gestehen, kein großer Fan von sprudelnden Städten zu sein, in welchen die Bewohnerschaft emsig den Ameisen gleich auf ausgetretenen Pfaden seinem Tagewerk nachgeht.
Ich war schon seit geraumer Zeit auf einer dreispurigen Schnellstraße unterwegs, und der Verkehr war durchaus mit dem einer Großstadt Deutschlands während der Rush-Hour zu vergleichen. Die Außenbezirke waren, wie wohl sonst überall in der modernen Welt auch, von Wohnblocksiedlungen und Gewerbegebieten überzogen, wobei auffiel, dass vieles noch recht neu sein musste oder im Aufbau war - ja es wurde fast an jeder Ecke irgendetwas gebaut.
Ich fuhr bis in das Zentrum weiter. Dort steuerte ich dann eine Tankstelle an, in welcher ich mir einen Stadtplan besorgte. Mit dieser in einer fremden Stadt überaus wertvollen Utensilie gelang es mir dann auch nach einer kleinen Mahlzeit, die auf dem Zettel stehende Adresse ausfindig zu machen und ich parkte mein Auto auf dem zum Gelände gehörenden Parkplatz. Es war spät geworden, und den kleinen Spaziergang, welchen ich gerne noch unternommen hätte, ließ ich im Hinblick auf die für ein jeden Passanten bestehende Möglichkeit des Besuches meines Autoinnern lieber bleiben, und außerdem steckte mir die Müdigkeit aufgrund des letzten Mitternachtsorchesters ordentlich in den Knochen.
Die Nacht wurde kalt, und ich hatte erst die Befürchtung, wegen der fehlenden Windschutzscheibe auch diese Nacht wieder den Widrigkeiten akustischer Gegebenheiten ausgesetzt zu sein, aber ich war entweder zu müde oder es war tatsächlich eine eher ruhigere Gegend um diese Zeit, denn ich meine, recht schnell entschlummert zu sein.
Der Wecker klingelte um 7.30 Uhr, denn das Hinweisschild bezugnehmend auf die Geschäftszeiten des von mir aufgesuchten Geschäftes hatten mir am Vorabend noch das Wissen beschert, das dieser um 8.00 Uhr seine Tore öffnen sollte. Es handelte sich um eine Art Fahrzeugbedarfsgeschäft mit angeschlossener Werkstatt, und bevor ich den Laden betrat, schickte ich noch einmal ein Stoßgebet an alle mir bekannten Götter mit der Bitte um Erhörung meines Anliegens betreffend einer hoffentlich auf Island befindlichen Frontscheibe für einen VW-LT 45 - und das bitte nicht zu teuer...!!!
Laut Bestandsliste sollte tatsächlich eine Scheibe auf Lager sein – es galt in der nachfolgenden halben Stunde nur noch, das nicht auffindbare Stück zu lokalisieren. Abwartend hielt ich Kaffee schlürfend die Stellung, wohl ein noch leicht angespanntes Gesicht habend, aber mit deutlich vernehmbarem Gerumpel der sich lösenden Steinlawinen im Herzbereich....Nach einer den Preis betreffenden Frage zum Tresen hin waren dann aber auch die letzten Stimmungsblocker aus dem Weg geräumt, denn es war nicht so teuer wie insgeheim befürchtet.
Der Einbau durch 2 überaus freundliche junge Herren verlief schnell und fachmännisch, und der Tag konnte beginnen.
Ich wollte den Tag damit verbringen, mir die Stadt zu erwandern. Ich fand einen Parkplatz etwas außerhalb des Stadtkerns, welcher mir keine Stellgebühren abverlangte und machte mich bald auf den Weg. Das Arbeitsamt wollte ich am folgenden Tag besuchen, erst einmal galt es, ein wenig mit der Stadt „warm“ zu werden.
Um es vorneweg zu nehmen: Reykjavik kam über den am Ankunftstag gemachten Eindruck nicht hinweg. Ich fand keine sehr schönen Plätze, welche zumindest mein Gemüt ein wenig besänftigt hätten, einzig der sich direkt in der Innenstadt befindende See mit seiner ungewöhnlich reichen Vielzahl an verschiedenen Wasservögeln war für mich ein Anziehungspunkt. Reykjavik ist total verbaut, Straßen und der immense Verkehr beherrschen über die Maßen das gesamte Stadtbild und bedingt durch eine nicht vorhandene Komposition der verschiedenen Gebäude strahlte die Stadt in keinster Weise Gemütlichkeit aus. Es gibt so gut wie keine Fahrradwege, und auch Fußgänger haben es in dieser Stadt nicht einfach.
Einige Tage später sollte ich in einer Zeitung lesen (es gibt eine englischsprachige für Touristen und die ganzen in Island lebenden Ausländer), dass die Stadt zu fast 50% nur von Straßen bedeckt ist und es versäumt wurde, zumindest im City-Bereich eine vernünftige Stadtplanung zu etablieren. Nun ist es so, dass die Isländer zu eigentlich jeder Aktivität das Auto benutzen. Bei einer Einwohnerzahl von 300.000 ist der proportionale Anteil von 260.000 Auto sehr hoch – somit hat statistisch gesehen jeder Erwachsene mehr als nur einen Wagen.
Mir fiel einmal mehr auf, dass ich ein harmoniebedürftiger Mensch bin, sei es nun in Bezug auf meine Mitmenschen oder aber eben auch auf die mich umgebenen objektiven Einflüsse.
Es wurde mir klar, dass ich nicht nach Island gekommen war, um in einer Stadt zu verweilen, von welcher ich durch erste Eindrücke untermauert das Gefühl hatte, mich dort nicht wohlzufühlen.
Klar, man würde vielleicht neue Menschen kennenlernen, man würde vielleicht eine Menge erleben und durch anderes dieses Manko kompensieren. Ich war ein wenig unschlüssig geworden, und ich dachte mir, dass mir der morgige Tag vielleicht eine Entscheidung abnehmen würde, wenn ich beim Arbeitsamt vorstellig werden würde. So verbrachte ich den Tag in der Stadt mit einer Sightseeing-Tour,dem Besuch einer Kaffeebar und des Hafens, wo es mir tatsächlich gelang, eine Polarmöwe zu erblicken. Jaja, das alte Hobby war noch immer beständiger Begleiter meines Bewusstseins.
Den Abend verbrachte ich in einer Badeanstalt. Nun präsentieren sich isländische Schwimmstätten völlig anders als wir es aus unserer Heimat gewohnt sind. Zumindest würde dort wohl kaum jemand auf die Idee kommen, im Winter ein Freibad zu besuchen. Aber hier sind alle Becken im Außenbereich, lediglich die Umkleidekabinen und die Duschen / Toiletten befinden sich im Inneren von Häusern. Dazu muss allerdings gesagt sein, dass das Wasser beheizt ist, gespeist aus geothermalen Quellen der Erde. So hat das eigentliche Schwimmbecken 36° C Wassertemperatur, dazu gab es kleinere Becken mit 38°, 40° und 42° Celsius. Einzig der Gang von den Umkleideräumen zu den Becken und zurück konnte also eine Gänsehaut verursachen. Es war zwar nicht mehr so richtig kalt, vielleicht um den Gefrierpunkt, als ich mich zu den Becken begab, aber trotzdem kalt genug, um nur den Kopf aus dem dampfenden Wasser luggen zu lassen. Ich schaute dem Treiben der Kinder und Jugendlichen zu, welche die Lufttemperatur gar nicht zu spüren schienen und sich ihren Rangeleien hingaben oder die Rutsche und den Sprungturm benutzten – wie gesagt, es war Winter....
Ich hatte mir gedacht, dass es in Reykjaviks Arbeitsamt ähnlich ablaufen würde wie in Egilsstaðir – Marco rein, den Mund aufmachen, freundlich in die Runde schauen und somit einen hilfsbereiten Menschen an meiner Seite wissend, welcher mir helfen würde, schnell eine Arbeitsmöglichkeit zu finden. Aber so war es hier nun ganz und gar nicht. Eher wie daheim; Formulare ausfüllen und viel Zeit auf Sitzbänken verbringen – allerdings ohne diese Menschenmassen wie es in Deutschland so üblich ist. Und der erhoffte Berater wurde mir letztendlich in Form eines Computers angeboten, an welchem ich virtuell auf Arbeitssuche gehen konnte. Dieses sah allerdings so aus, dass man einen Bewerbungsbogen ausfüllen und ins Netz stellen sollte, so dass etwaig interessierte Arbeitgeber darauf hin antworten konnten. Das hieß, ich müsste jeden Tag wieder hier erscheinen, um eventuelle Antworten zu überprüfen. Die ganze Angelegenheit gefiel mir gar nicht, aber ich spielte das Spiel mit. Zumindest wollte ich sehen, was in den nächsten 2-3 Tagen geschehen würde.
Die 3 folgenden Tage verbrachte in Reykjavik, immer auf irgendwelchen Parkplätzen übernachtend und der Situation harrend. Die Zeit verbrachte ich mit Spaziergängen und Besichtigungen, Aufenthalten im Tourismusbüro und in Internet-Cafés. Aber es geschah einfach gar nichts.
So wollte ich lieber selbst die Initiative ergreifen und tätig werden. Da mir diese Stadt nun gar nicht zusagte, gab es zwei Möglichkeiten: nach Südwesten oder nach Norden. Durch Selfoss und Hvergarði war ich ja schon gefahren, und lieber wollte ich das Ganze mit neuen Eindrücken verbinden, somit gedachte ich im Südwesten mit der Suche zu beginnen, um mich dann nach Norden hochzuarbeiten.
Nach Reykjaneskagi
Von Reykjavik nach Südwesten führt eine gut ausgebaute Schnellstraße, welche erst die Vorstädte Kópavogur, Garðabær und Hafnafjörður durchläuft. All diesen Orten ist in den letzten Jahren ein enormer Bauboom gemein, welcher durch den Zuzug der aus anderen Landesteilen kommenden Isländern und auch vieler Gastarbeiter, welche sich in Island auf Dauer niederlassen, ausgelöst wurde. Waren es in den letzten Jahren noch klar abgesetzte Stadtgrenzen, welche diese Orte voneinander trennten, so ist heute alles im Grunde zu einem Ort mit Stadtkern Reykjavik verschmolzen. In diesem kleinen Teil Islands konzentriert sich also fast 2/3 seiner Bewohner.
Da mir alles doch zu dicht beieinander lag und ich lieber ein wenig abseits dieser Betriebsamkeit mein Glück in der Jobsuche versuchen wollte, durchfuhr ich also diese Vororte der Landeshauptstadt auf schon erwähnter Schnellstraße, welche bis kurz hinter Hafnarfjördur zweispurig verlief. Der nächste etwas größere Ort sollte Keflavik sein, welches auch bekannt ist für den dort befindlichen internationalen Flugplatz von Island sowie der stationierten amerikanischen Truppen, welche dort eine Airbase unterhalten.
Dieser Teil des Landes mit Namen Reykjanesskagi ragt auf einer Landzunge über 50 Kilometer weit in das Meer hinaus und ist erdgeschichtlich einer der jüngsten Teile Islands, entstanden durch die fortwährend vulkanischen Aktivitäten, welche auch heutzutage noch in in Form zahlloser heißer Quellen und Erdspalten allgegenwärtig sind. So ist fast ganz Reykjanesskagi nur von kargen Lavaformationen überzogen, welche äußerst spärlich bewachsen sind.
So trostlos sich das Land gibt, so atemberaubend schön ist die dazugehörige Küste, an welcher mich die Straße entlang führte, allerdings wird durch eben diese Straße enorm die gesamte Idylle gestört. Eine gute Stunde nach Abfahrt und etwa 60 zurückgelegten Fahrkilometern erreichte ich dann auch Keflavik, welches mit dem nahe liegenden Dorf Njarðvik die Gemeinde Reykjanesbær bildet. Wir hatten inzwischen den 2. März, und das Wetter zeigte sich wieder von seiner guten Seite, was gerade hier auf dieser Seite Islands nicht dem Regelfall entspricht. Gerade auf Reykjanesskagi weht der Wind meist ein wenig heftiger, und auch der Regen soll hier häufiger den Boden suchen als anderswo auf Island. Also waren die ersten Eindrücke als recht positiv zu bewerten. Die Stadt selbst stellte sich als nicht besonders auffällig heraus.
Schon am Ortseingang war ein Hinweisschild zu erblicken, welches den Weg zu der Touristen- und Stadtinformation aufwies, welchem ich dann folgte. Dort würde man mir sicherlich den Weg zum Arbeitsamt beschreiben können. Sollte ich hier mit meinem Anliegen keinen Fuß fassen, war der innerlich geschmiedete Plan, mein Glück in Akranes zu versuchen, einer kleinen Stadt nördlich von Reykjavik. Aber probieren geht über studieren, und schnell hatte ich alle notwendigen Informationen zusammen, welche mich dann zum Arbeitsamt führten.
Eine nette junge Frau bot sich als mein Gegenüber dar, welche meinem Interesse am heimischen Arbeitsmarkt interessiert lauschte. Schnell war ein Aktenordner zur Hand, in welchem sich die Stellenangebote der Region stapelten. Und das waren nicht wenige. Was ich denn arbeiten wolle war die nächste Frage, und nach kurzem Überlegen gab ich kund, dass ich ja nun in Island sei und dieses dann auch richtig kennenlernen wollte – sprich, ich wollte etwas typisches, möglichst traditionell isländisches machen. Und an was denkt man da – klar, irgendetwas mit Fisch sollte es sein, vielleicht auf einem Schiff oder in einer Verarbeitungshalle.
Mein Gegenüber begann, aus dem Aktenordner alles in Frage kommende auszusortieren, um es anschließend durch einen Kopierer verdoppeln zu lassen. Anschließend bekam ich die etwa ein Dutzend Zettel in die Hand gedrückt und die freundliche Stimme verkündete, sie wisse aber nicht, ob die Inserenten alle der englischen Sprache mächtig wären, das müsse ich dann eben selbst herausfinden.
Das war ja wieder alles recht einfach – ich favorisiere eindeutig diese Art der Stellensuche denn dem schnöden Eintippen von faden Wörtern in einen Computern, wobei außer den niedergeschriebenen Wörtern kein wahrer Eindruck einer Persönlichkeit dem Gegenüber ein echtes Bild bieten kann.
Artig bedankte ich mich bei der kooperativen Frau, welche ja eigentlich auch nur ihren Job tat, und schlenderte zurück zu meinem Auto. Dort nahm ich mir mein Wörterbuch zur Hand und sortierte dann die Stellen nach Orten und Tätigkeiten aus. Es waren neben Keflavik auch Stellen in Garður, Hafnar und Sandgerði (kleinen Dörfern in der Umgebung) zu besetzen.
In einem Supermarkt besorgte ich mir genügend Kleingeld, anschließend besetzte ich das einzige frei stehende Telefon des Ortes und begann, die Zettel telefonisch abzuarbeiten. Um es kurz zu machen: eine Fisch verarbeitende Firma hatte ihren Sitz direkt am Keflaviker Hafen, also nicht weit von meiner Position entfernt, und die Person am anderen Ende der Leitung zeigte sich erfreut ob meines Interesses an dem Stellenangebot. Wir vereinbarten ein sofortiges Treffen, und schon 10 Minuten später fand ich mich 2 jungen Männern gegenüber, welche sich als Kristinn Bjarnasson und Magnús Olafsson vorstellten. Die beiden sprachen ein sehr gutes Englisches, besonders bei Kristinn hatte man den Eindruck, einem Amerikaner von der Ostküste vor sich zu haben.
Bei dem Betrieb handelte es sich um ein speziell Rotbarsch und Schellfisch verarbeitendes Familienunternehmen, welches für den amerikanischen und europäischen Markt Rotbarschfilets herstellte und den Schellfisch für den heimischen Markt als Trockenfisch verarbeitete. Die beiden waren als Cousins verwandt, der Besitzer des Betriebes war deren Großvater.
Es folgte ein sehr ungezwungenes Bewerbungsgespräch, wobei die beiden am meisten interessierte, wo ich denn schon überall auf der Welt gewesen war. Es dauerte gar nicht lang, bis verkündet wurde, dass man sich gut vorstellen könne, mich als 3.Mann im Team willkommen zu heißen; jetzt müsse nur noch der Großvater sein Einverständnis geben.
Ein kurzes Telefonat und 20 Minuten später kam der alte Herr (69) dann auch mit seinem (natürlich) Geländewagen angerauscht. Ein kompakt wirkendes Männchen kam da auf mich zugestapft, welches wirklich nicht den Eindruck machte, schon an den 70 zu kratzen. Sich ein Stück Trockenfisch von einem Gestell klaubend, um sich dieses dann in den Mund zu schieben, baute sich Brinjar (so der Name) vor mir auf und funkelte mich mit lustigen Augen an.
„You are not looking like you worked in fish before…”
Wie er da so stand, mit seiner Fellmütze auf und kauendem Mund, aus welchem bei jedem Wort die Fischkrümel Richtung Boden rieselten, musste ich eher an einen Russen denn an einen Isländer denken. Er war nicht hoch gewachsen, eher dunkelhaarig, aber mit einem überaus freundlichen Gesicht. Eine den Osteuropäern so typische Fellmütze bedeckte sein Haupt.
Es entwickelte sich ein abwechslungsreiches Gespräch, bei welchem Brinjar des Öfteren versuchte, mich auf die Schippe zu nehmen oder auflaufen zu lassen, was dann immer mit Gelächter der Enkel kommentiert wurde. Aber es war mir sehr schnell klar, dass hier kein rechter Ernst dahinter steckte und der Alte sich einfach nur einen Spaß daraus machte, einem Neuling unbedarft auf den Zahn zu fühlen. So nahm ich dann auch ein paar Mal das Augenzwinkern von Magnus wahr, welches er in meine Richtung schickte und anzeigen sollte, das alles in bester Ordnung war.
Zu guter Letzt also bekundete auch der Boss, dass einer Arbeitsaufnahme des „crazy German“ nichts im Wege stand. Wir waren übereingekommen, dass ich mit meinem Auto vor der Halle stehen konnte und einen Schlüssel kriegen sollte, um Toilette, Küche und Büro (Internet) nutzen zu können.
Kurzerhand gebot Brinjar mir noch, in seinen Wagen zu steigen, um dann mit mir den nächsten Baumarkt anzusteuern. Er hatte kurz zuvor nur verwundert mit dem Kopf geschüttelt, als ich ihm nach Anfrage erklärt hatte, dass meine Bleibe eigentlich nicht beheizt war.
Kurzerhand wurde also ein Heizlüfter gekauft, welchen er mir in die Hand drückte und als Willkommensgeschenk betitelte. Ein langes Kabel wurde dann aus dem Lager der Arbeitshalle organisiert, und schon war die Gemütlichkeit in meinem Wagen hergestellt.
Somit wurde ich dann der „Neue“ bei der Firma „Norðurvör“, und meine Arbeit sollte schon am nächsten Tag beginnen.
Keflavik
Ich war mir noch nicht klar, wie lange ich hierbleiben wollte. Nach Möglichkeit wollte ich zumindest ein halbes Jahr durchhalten, und mit Brinjar machte ich erst einmal eine Probezeit von einem Monat aus.
Am 3. März begann dann meine Tätigkeit. Da Maggi und Kitte zumeist damit beschäftigt waren, den Fisch mit ihren Messern zu bearbeiten und dafür auch fast den ganzen Tag benötigten, sollte ich alle übrigen Aufgaben übernehmen, die anfielen.
Anfangs beschränkte sich mein Wirken auf Reinigungs- und Vorbereitungstätigkeiten (mixen von Wasser mit Salz für die Aufbewahrungscontainer, Gabelstaplerfahren usw.), bald aber übernahm ich zusätzlich den Part des Verpackers, wobei ich den Fisch abwiegen mußte und in Boxen für den Abtransport verpackte. Zusätzlich wurde ich auch als Fahrer abgestellt, um die Ware dann zum Flugplatz zu karren, von wo aus der Fisch seine Reise zu hungrigen Europäern und Amerikanern antratt. Es entwickelte sich recht schnell eine gewisse Routine, und schon nach kurzer Zeit hatte ich mir den Rhythmus eines Arbeitnehmer-Daseins angeeignet.
Wir begannen morgens um 8 Uhr mit der Arbeit, nachmittags um 17 Uhr war (offizieller) Feierabend. Oft arbeiteten wir aber auch länger, zumindest bis in den Juni hinein. Im Sommer gibt es in dem Gewerbe immer ein kleines Zwischentief – mir scheint, die Leute essen mehr Fisch zu den kühleren Jahreszeiten.
Wie überall entwickelt sich nach einer gewissen Zeit eine gewisse Monotonie – so war es natürlich auch hier, und bedingt durch das tägliche Einerlei verlor ich sehr schnell das Zeitgefühl, und die Monate sausten nur so an mir vorbei.
März und April waren sehr stürmische und regnerische Monate, ja wir hatten auch einige Tage mit Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt zu verzeichnen. Ich verbrachte die Zeit nach der Arbeit meist im Büro vor dem Computer, da das isländische Nachtleben sowieso nahezu unerschwinglich teuer ist und ich meine hier mühsam erkämpften Kohlen nicht an der nächsten Bar in Flüssiges umwandeln wollte. So schloß ich einige neue Mail-Bekannschaften und verbrachte unzählige Stunden im Auenland mit dem Spiel “Schlacht um Mittelerde”. Wenn das Wetter es zuließ und ich das Kribbeln kriegte, dann setzte ich mich in mein Auto und erkundete ein wenig die Gegend im näheren Umkreis.
Der Mai begann sehr schön, es wurde für isländische Verhältnisse richtig warm (15-18°C), und die Nachrichten verkündeten, daß dies der wärmste Maibeginn seit der Wetteraufzeichnung sei. Allerdings wendete sich das Blatt zur Mitte des Monats, und es wurde dann die kältesten Maitage seit 70 Jahren gemessen – mit Schnee von über einem Meter im Norden des Landes, wobei alle bodenbrütenden Vögel ihre Gelege verloren.
Größere Touren sollte ich bis zum Juli keine machen, ich unternahm nur eine Fahrt zum Nationalheiligtum “Þingvellir”, um dort auf dem Campingplatz zu übernachten und ein wenig das Gebiet zu erwandern und mir die heimische Vogelwelt durch mein Fernglas zu erschauen.
Bedingt durch mein Eremitendasein am Abend war es natürlich recht schwer, Leute kennenzulernen. Einige Male wurde ich von meinen beiden Arbeitskollegen zum Essen eingeladen, was ich mir natürlich nicht entgehen ließ. Ansonsten aber zog ich es vor, mich im Büro zu verkriechen und mit mir alleine zu sein, vor allem auch deshalb, da das Wetter meist nicht dazu einlud, mal ne´ Runde zu drehen. Was mir am allermeisten nicht behagte, war der ständige, meist recht streng pustende Wind, der mir jede Lust an der Freud im Freien nahm. Es sollte bis zum Juni dauern, bis ich meinen ersten windfreien Tag auf Island erleben durfte....!
Was noch Erwähnung finden sollte ist mein Versuch des Erlernens der isländischen Sprache. Motiviert durch meine Erfahrungen in Südamerika (ich hatte Spanisch für den Alltagsgebrauch in nur 3 Monaten gelernt) meldete ich mich auf einer Abendschule für einen Grundkursus der isländischen Sprache an. (....ja, selbst in Keflavik gibt es solche Kurse für Ausländer, da, wie schon erwähnt, ein ungemeiner Bedarf an Arbeitskräften besteht, und in Keflavik und Umgebung sind viele in der Fischindustrie tätig) Also ich hin und voller guter Vorsätze dabei, aber schon nach kurzer Zeit waren mir meine euphorischen Gedanken ganz schnell verflogen. Mit dieser Vielfältigkeit hatte ich nicht gerechnet. Man muß im Isländischen alles doppelt und dreifach lernen, da neben 3 Geschlechtern Hauptworte sich auch noch nach den Fällen unterscheiden. Außerdem verändern sich auch die Adjektive ständig, von den Zahlen ganz zu schweigen, welche ebenfalls in 3 Geschlechtern exestieren und noch dekliniert werden. (siehe Isländisch) Das war mir dann doch zuviel. Der Kopf begann sehr bald ungemein zu rauchen, und da ich mit großer Wahrscheinlichkeit nicht auf Dauer in Island bleiben würde und diese Sprache ansonsten nirgends gesprochen wird, gab ich dieses Vorhaben sehr schnell auf. Zwar habe ich mir mein “Diploma” des Grundkurses noch erkämpft, aber außer ein paar Phrasen ist nicht viel hängengeblieben.
Im Juli hatte ich mir eine Auszeit von 12 Tagen gegönnt (Urlaub), und ich unternahm mit Uli und seinem Sohn Jannick eine Islandrundreise mit meinem Wagen. Diese Reise ist ausführlich beschrieben in Band 2: “Unterwegs mit Freunden”.
Ganze 2 Wochen war ich dann Ende Juli / Anfang August wieder auf Arbeit, bevor unser Geschäft dann für 2 Wochen seine Pforten dichtmachte, da begründet durch das lange Sommerfestivalwochenende und das damit (aufgrund der für eine Woche im Hafen verbleibenden Fischereiflotte) zusammenhängende Loch in der Beschaffung von Fisch keine Arbeit anstand und das Sommergeschäft sowieso recht lau verlief.
Also konnte ich wieder für einige Zeit die Insel erkunden, wozu ich dann auch nach einem total verregneten Wochenende am Montag, den 7.August, aufbrach.
Ich wollte nicht wieder unnütz viel Zeit im Auto am Steuer vergeuden, außerdem waren die Preise für Treibstoff allein auch recht kostenintensiv, somit fokussierte ich mein Interesse diesmal auf Westisland, allem voran auf die Snæfell – Halbinsel, welche auf Island aufgrund des Namensgebers „Snæfell“ (ein mit einem Gletscher bedeckter Vulkan) Ursprung vieler Mythen und Erzählungen ist und auch schon Jules Verne veranlasst hatte, seinen Roman „Die Reise zum Mittelpunkt der Erde“ an eben jenem Vulkan beginnen zu lassen. Diese Reise ist Inhalt des 3.Kapitels „Die Westisland-Reise“
Heimfahrt
Kurze Zeit später nach dieser Reise über die Snæfell – Halbinsel strebte mein Aufenthalt auf der Insel der tausend Stürme seinem Ende zu. Der Arbeitsvertrag sollte mit dem August auslaufen, und die Fähre nach Dänemark war von mir schon 2 Monate vorher für den 6. September gebucht worden. Zum Glück hatte ich noch meinen guten Freund Bert aktivieren können, einen Teil seines Urlaubes für Island zu reservieren. So hatte ich keine einsame Rückfahrt vor mir liegen und Bert würde auch einmal die Gelegenheit haben, Island ein wenig kennenzulernen, auch wenn es sich nur um eine recht kurze Zeit für ihn auf der Insel handeln würde.
Am Donnerstag Nachmittag, den 31.August, holte ich ihn vom Flugplatz bei Keflavik ab – hier erwies sich die Wahl des Arbeitsplatzortes als vorteilhaft, da ich vom Ort meines Wirkens bis zur Empfangshalle am Flugplatz nur 10 Minuten mit dem Auto benötigte.
Lange zu warten brauchte ich nicht; schon nach kurzer Zeit hatten wir uns gefunden, und ich merkte, dass das Wiedersehen mir sehr gut tat; meine Freude war riesig.
Es folgte, was wohl so üblich ist, wenn 2 Freunde sich über längere Zeit nicht gesehen hatten: es wurden Informationen getauscht und Geschichten erzählt, Bert musste sich erst einmal eine Zigarette drehen, es wurde sich über das relativ gute Wetter gefreut und das Gepäck, welches nicht als sehr zahlreich bezeichnet werden konnte, im Auto verstaut.
Bald steuerten wir Garður an, das kleine Dorf am Kap, welches ich in dieser Gegend zu meinem Lieblingsplatz erkoren hatte. Der Abend verging bei Gespräch und Essen.
Ich hatte meinen Arbeitskollegen versprochen, den 1.September noch einmal auszuhelfen, da dieser Tag ein Freitag war und Freitags stets die meisten Bestellungen rausgehen mussten. Somit sollte dies mein letzter Arbeitstag sein, welchen ich schnell hinter mich zu bringen hoffte.
Somit stellte ich für diesen Tag Bert meinen Wagen zur Verfügung, auf dass er schon einmal ein wenig die Gegend erkunden konnte und nicht unnütz auf mich irgendwo warten müsste.
So sollte es dann auch geschehen, und am Nachmittag wurde ich von Bert dann von der Arbeit abgeholt.
Tja, so geht ein halbes Jahr Arbeit mal eben zu Ende, und letztendlich kam mir die Zeit wie im Fluge vergangen vor.
Der Abschied gestaltete sich recht formlos, es wurden Hände geschüttelt und auf das Wiedersehen im Oktober verwiesen......ja, ich hatte mit den beiden ausgemacht, im Oktober wieder zurückzukehren, um ein weiteres halbes Jahr hier zu arbeiten. Bloß der genaue Tag der Rückkehr stand noch in den Sternen, wollte ich doch zuerst einmal den Rest des Sommers in heimischen Gefilden genießen und meine Familie, Freunde und Bekannten wiedersehen.
Wir steuerten Reykjavik an, der Wagen war am späten Nachmittag auf dem Campingplatzgelände aufgestellt. Er gab ein herrliches Bild ab, als er da so zwischen ca. 20 weißen Wohnmobilen als grünes Unikum so richtig aus der Reihe tanzte. Sowieso fühlte man sich wie in Deutschland: Von den 20 waren 18 als Autos aus Deutschland zu erkennen, und wir fühlten uns überhaupt nicht mehr wie auf einer Insel hoch oben im Nordatlantik. Das Mysterium wurde später allerdings aufgeklärt, als wir erfuhren, dass die Wohnmobile einer organisierten Reisegruppe angehörten, welche sich täglich auf ein und demselben Campingplatz verabredete. Na ja, wer´s braucht....
Bert hatte eine Flasche Pernod aus Deutschland mitgebracht, und nachdem wir uns ein paar Gläschen zum Vorglühen gegönnt hatten, schlenderten wir nach dem „Schick machen“ die Inner City an, um einmal Reykjaviks berühmtes Nachtleben zu kosten. Es wurde eine ausgesprochen lustige, erinnerungswürdige, aber auch teure Nacht, denn bekanntlich ist diese Land vor allem in Bezug auf prozentige Getränke als nicht gerade preiswert zu betrachten. Aber dieses störte mich an diesem Tag auch nicht weiter, schließlich hatte ich mich in all der Zeit meines Aufenthaltes nicht einmal solchen Ausschweifungen hingegeben, und fällig war es schon seit langem....
2.September....in 4 Tagen sollten wir bei der Fähre sein. Wahrlich nicht genügend Tage, um viel von Island kennenzulernen. Die ganze Zeit im Auto zu sitzen, um möglichst viele Spots anzufahren, war auch keine schöne Option, außerdem hatte ich wirklich keine Lust dazu. Glücklicherweise sind entlang der Südroute einige sehr schöne Naturwunder Islands zu bewundern, ohne viel vom eigentlichen Kurs abzukommen, und so sollte dieses auch unsere Fahrtstrecke zur Fähre sein. Den einzigen Abstecher wollten wir an diesem Tag unternehmen, um hinauf zum Geysir-Gebiet und zum Gullfoss zu fahren. Ich hatte diese Gebiete ja schon mit Uli und Jannick erkundet (Band 2), aber sehenswert sind sie immer wieder und ein wenig Input sollte der gute Bert ja schließlich auch bekommen.
Es sei hier mit einem Rundumschlag erwähnt, dass die Heimfahrt sich im Großen und Ganzen als gelungen herausstellte – es wurden noch einige nette Geschehnisse durchlebt. Allerdings ist z.B die Reiseroute dem aufmerksamen Leser schon von vorig Beschriebenem bekannt, so dass ich mich nicht in Wiederholungen erschöpfen will. Unsere Stationen für die Nachtlager waren Vík, Skaftafell (wo wir noch eine sehr schöne Wanderung unternahmen), Reyðarfjörður und der Campingplatz im Hallormsstaður, dem größten Wald Islands, bevor wir am Nachmittag in Seyðisfjörður auf die Fähre rollten. Die Schifffahrt stellte sich als recht langweilig heraus, wir verbrachten die meiste Zeit damit, 2 alten Damen gleich unsere Mitreisenden ob ihrer Gewohnheiten mit allerlei Kommentaren zu versehen. Eine Begebenheit sollte noch Erwähnung finden: beim Zwischenstopp auf den Faröer - Inseln trafen wir auf den eidgenössischen Schwertkämpfer, mit welchem ich in Island eine kurze Zeit verbracht hatte (beschrieben in Band 3). Er bestieg am Abend ebenso die Fähre, um bis zu den Shetland-Inseln mitzufahren, wo er sich der Suche nach vormittelalterlichen Grabmälern und ähnlichem machen wollte. So verbrachten wir zu dritt einen geselligen Abend auf der Fähre.
Am Samstag, den 9.September 2006 betrat ich das erste Mal seit 7 Monaten wieder den Kontinent.
Abschliessend sei angehängt, dass die geplante Wiederkehr nicht stattfand, da ich unerwartet Arbeit in Dänemark fand und mein nächstes Abenteuer mich Ende September somit nach Aarhus leitete.
Texte: Copyright für Text und sämtliche Bilder by Marco Dietrich
Tag der Veröffentlichung: 07.02.2010
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Meinen ehemaligen Arbeitskollegen und Freunden Magnus und Kristinn gewidmet