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Die Geschichten

                                          Wo gehen wir denn hin? Immer nach Hause!  

                                                                                              Novalis

 

Von Begegnungen

Bäumen und der Wurzelkraft

 

A Eine kleine Geschichte über das Miteinander

 …eingefangen zum Winterbeginn, in der dunkelsten Zeit, wenn das Licht schon

wieder steigen will….finden sich Bäume, Tiere, Worte und Menschen ..

 

Von Botschaften,

vom In-die Welt-hinaus-Wandern  und vom glücklichen Sein

 

B Die Geschichte vom Kleinen Glück

 ...erlauscht unter einem uralten Baum, auf einem Hügel

in den Alpen, zur Zeit der Sommersonnwende

 

 

www.wirkstattsteger.at

manusch@aon.at

 

Dazwischen das Herz

 

Manche Geschichten beginnen so leise, wie ein Ahornblatt im Herbstwald fällt.

 

Die Worte trudeln in kleinen Spiralen nach unten, herab von den hohen Wipfeln der schon lichten Bäume, mitten hinein in den Kopf. Sie schweben sanft, dann und wann hat es den Anschein als ob sie in der Luft stehen bleiben, ein wenig schwanken und dann legen sie sich still auf den Erdboden der Geschichte.

 

Meist sind es die kleinen Geschichten, die so zu uns kommen, wie zufällig vom Wind her geweht, direkt vor unsere Füße, unscheinbar und doch voller Farben des Lebens, wie das gelbrote Ahornblatt, das die zierliche, leicht gebeugte Frau in den klammen Händen hält und sich vorstellt, dass es eine Pflanzenhand sei, ähnlich wie ihre, nur nicht so feingliedrig, sondern kräftig, mit fünf Fingern und Ecken, von der Zeit geprägte Linien und Kanten bei beiden.

 

So vieles hat sie schon fest gehalten, gepresst, gefühlt und später aus Mangel oder gleich aus Überfluss wieder losgelassen, so manches angepackt, dann wieder fallen gelassen, oder liebkost oder einfach nur vergessen.

 Tausende Blätter liegen auf dem feuchten Waldboden, vermodern teils schon, haben alles Leuchten verloren, verwandeln sich unendlich langsam in Erde, schwer

und schwarz und fruchtbar.

Zeit wandelt. Wandelzeiten.

 

Sie stemmt sich gegen den Wind, der aus den schwer beladenen Wolken heult, die letzten Spuren der Sonnentage ausreißen wird und weit fort wirbeln,

wegblasen auch die roten Worte des Sommers aus den feuchten Wiesen, auslöschen das Flüstern der letzten warmen Herbstnächte.

 

Wieder ist sie einen Jahreslauf lang gewandert, gerannt, gehetzt oder geschlendert, Wochen und Monate sind vorbei gezogen flüchtig wie die Wolken am Himmel, die Jahre treiben dahin wie die Blätter auf einem Fluss. Sich hingeben dem Spiel -

- tanzen sollte ich wohl mehr, sagt sie zu sich selbst.

 

Der Waldweg endet und die alte Straße mit den Sprüngen und flachen Löchern im Asphalt liegt verlassen, die Menschen sitzen bei diesem Wetter lieber in den warmen Häusern und schauen durch die Fenster, ahnen den Schnee der bald auch im Tal liegen bleiben wird, der über die Berge schon das erste dicke Leintuch gelegt hat.

 

Ahnen den Winter, der fordernd mit einem Fuß sind der Tür steht und auch wenn du sie zuknallen wirst, bleibt dieser Fuß, bleibt einfach da auf der Schwelle stehen, schmückt sich mit Eiskristallen und wächst still und unablässig zwischen den Häuserwänden weiter.

 

Sie friert, der Regen klatscht ihr kalte Tränen ins Gesicht, ihre eigenen warmen Tränen gesellen sich dazu, ob sie will oder nicht, rinnen wie ein kleiner Bach,

da ist etwas Altes das hinaus will - weggeschwemmt wird mit dem Herbststurm, sich auflösen kann,

fast schmerzlos - nur wieder ´mal diese scharfe Sehnsucht, die aus dem Herz drängt und pocht und lärmt und quillt - hinein in diesen Tag, hinein direkt in ihren müden Kopf wo sie sich mit den Worten trifft, die, noch stumm reifen,

sich sammeln und nach unten trudeln.

Sehnsucht seit Kindertagen, selten gestillt und nie verstanden.

 

Wieder ist der Sommer viel zu schnell vergangen, wieder sind alle überrascht von der Kälte des Morgens und die langen Schatten drängen sich an trockenen Tagen wie ungebetene Gäste in dieses unglaublich klare Spätherbstlicht, das alles an den Tag bringt.

Die Menschen, die sich Zeit nehmen um wirklich zu sehen, nicht nur beiläufig zu schauen, sie entdecken es dann ganz plötzlich - werden davon berührt, es ist gerade so, als ob sich eine sanfte tröstende Hand auf den müden Rücken legt und für einen kleinen Moment hält die ganze Welt inne.

 

Sie streift weiter durch den Wald, beobachtet einen winzigen blaugrauen Vogel, der sitzt unter den tropfenden Blättern, plustert sich auf und schüttelt sich, dann blickt er sie mit seinen schwarzen Knopfaugen unvermittelt an.

 

Er legt den spitzigen, knallgelben Schnabel etwas schief und piepst vernehmlich: „Da schaust du Menschenfrau, hmm? Oha ha, ich kann auch sprechen, natürlich nicht immer - aber um die Vollmondtage herum meistens, das ist recht lustig, denn damit rechnet nie jemand, genauso wenig wie du jetzt gerade!“

Dann flattert er vor ihr auf und ab, dreht eine flinke Pirouette und meint:

„So so, du trauerst also um den alljährlichen Abschied von der Zeit der Farben und des Lichts? Mittlerweile solltest du das doch kennen, immerhin ist dein halbes Leben ja schon gelebt, wie ihr sagt! Ach ja, und du hast es wieder mal nicht geschafft mit den Zugvögeln zu ziehen?

Nicht so leicht für einen Menschen mit zwei Beinen, trrrrt, kann ich schon verstehen.

 

Du sehnst dich nach Freiheit?! Nun, immerhin hast du

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Manuela Steger
Bildmaterialien: Manusch
Tag der Veröffentlichung: 06.04.2014
ISBN: 978-3-7309-9814-4

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
für meine mutige Tochter und Nichte und Alle, die es wagen neue Wege zu gehen

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