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„Wann geht’s denn endlich los?“ fragte Mello mich mit vor Aufregung zitternder Stimme. „Gleich, gleich.“ gab ich in ruhigem Ton zurück und strich dem Kleinen über den Kopf.
Dass ich die Große, die Starke mindestens genauso nervös war wie er, dass wusste keiner. „Das hast du vor zehn Minuten auch schon gesagt!“ erwiderte Mello vorwurfsvoll. Ich musste unweigerlich lächeln. Er war noch nicht einmal in der Volksschule und konnte doch schon lesen, schreiben, die Uhr und das kleine ein-mal-eins. „Ich weiß mein Kleiner aber…Schau doch da kommen Near und Wammy ja schon!“ Tatsächlich kam uns der dreijährige Near, der - wie immer - sein Spielzeug in der einen und Wammy an der anderen Hand hatte. Den Ausbeulungen der Tasche nach zu urteilen die Wammy in der noch freien Hand trug, war diese randvoll mit Spielzeug und Schokolade gefüllt. Ich lief den beiden entgegen, schnappte Near und trug ihn zurück zum Auto.
Mello war währenddessen schon auf seinen Sitz gekrabbelt, so dass ich die beiden anschnallen konnte. Ich drückte Mello noch eine Tafel Schokolade und Near sein Spielzeug in die Hand bevor ich mich selbst auf den Beifahrersitz quetschte. Wammy sah mich leicht verärgert von der Seite an als ich mich anschnallte. „Jaja, ich weiß, dass du das nicht gerne hast aber heute ist doch ein besonderer Tag, oder?“ antwortete ich auf seine unausgesprochene Bemerkung. Der schon etwas in die Jahre gekommene aber doch freundliche Mann grummelte etwas in seinen nicht vorhandenen Bart während ich grinsend die Beine anzog.
Ich saß immer so da. Dies hatte ich mir von jemandem abgeschaut den ich heute zum ersten Mal seit zehn Jahren wieder sah, L. Soweit ich mich an ihn erinnern konnte, war er ein ziemlich großer, dünner, gutaussehender Junge mit schwarzen Haaren und dunklen Augen. Früher war er immer so dagesessen, ja sogar noch seltsamer. Er hatte es sich inzwischen wohl genauso abgewöhnt wie seine Zuckersucht. Ich hatte es mir nicht abgewöhnen können so zu sitzen. Gerade als ich so richtig in Gedanken an früher versunken war, begann Near zu brüllen. Ich wusste sofort dass ihm seine Spielfigur hinunter gefallen war. Ich drehte mich seufzend um und musste grinsen. Near saß genauso mit angezogenen Beinen da wie ich. Ich hob die Figur, die seltsamerweise aussah wie Wammy, auf und gab sie ihm zurück. Sofort begann er fröhlich vor sich hin zu plappern. Mit einem Lächeln auf den Lippen drehte ich mich zurück. „Er sitzt fast immer so da.“ Sagte Wammy plötzlich. Ich starrte ihn ungläubig an. „Jaja, er mag dich. Du bist fast so etwas wie eine Mutter für ihn.“ murmelte er. Ich musste laut loslachen. „ Ich? Mutter? Dann müsste ich ja mit 13…! NIE!!!“, prustete ich zwischen zwei Lachanfällen. Als ich mich wieder halbwegs beruhigt hatte, überlegte ich:“ Also eigentlich müsstest du ja für ihn wie ein Vater sein. Du hast ja schließlich unser Haus gegründet und du kümmerst dich ja auch um uns!“
In diesem Moment hielt das Auto. Wir befanden uns vor einem ganz normalem kleinen Hotel.“Zwischenrast? Ich dachte wir fahren ohne Pause!“ fragte ich irritiert. „Tun wir auch. Wir sind nämlich da.“ antwortete Wammy trocken.
L, der Meisterdetektiv sollte in so einem kleinen ganz normalen Hotel wohnen?! Das konnte, nein, das wollte ich nicht glauben! Er musste doch steinreich sein! Ich schnallte die zwei Kleinen ab, nahm Near auf den Arm und sagte zu Mello, er solle doch schon einmal vorlaufen.
Währenddessen hatte Wammy den Kofferraumgeöffnet und holte ein kleines Päckchen heraus. „Was ist das?“fragte ich neugierig. „Zucker.“ war die Antwort. Zucker? Warum Zucker? Konnte es sein dass… Nein! Eine solche Zuckersucht wie L sie in meiner Erinnerung hatte legte man normalerweise ab. Oder hatte ich schon einmal etwas von einem Zucker süchtigen Erwachsenen gehört? Nein! Kopfschüttelnd ging ich Wammy in die Empfangshalle nach, dort sollte der Treffpunkt sein. Suchend sah ich mich um, doch ich sah niemanden der auch nur im Entferntesten an den besten Detektiv der Welt erinnerte. Wammy jedoch ging zielsicher auf einen Jungen zu der etwa in meinem Alter war.
Er hatte schwarze Haare, dunkle Augen und er sah aus als ob er noch niemals in seinem Leben geschlafen hatte. „Hallo!“ mehr brachte ich nicht heraus. Ein seltsamer Kloß steckte mir im Hals. Langsam ging ich auf ihn zu. Er kam mir vor wie ein zu groß geratenes Kind das nicht wusste, was es tun sollte. Ich hätte ihn am liebsten in den Arm genommen! Er sah gut aus. Das konnte man trotz des eindeutigen Schlafmangels erkennen. Ich versuchte ihm in die Augen zu blicken um zu sehen ob er mich erkannt hatte, doch er drehte sofort den Kopf zur Seite als er bemerkte was ich im Sinn hatte. War er schüchtern? Ein Meisterdetektiv wie L?
„Da ich Stehpartys hasse würde ich vorschlagen, dass wir nach oben gehen und uns setzen. Oder ist jemand nicht der Meinung, dass das um einiges bequemer ist?“ unterbrach L meine Gedanken. Natürlich fanden wir alle, dass sitzen bequemer als stehen war, also gingen wir in Ls gemietetes Appartement. . Er hatte eine angenehme, leicht raue, nicht zu tiefe Stimme, die bei mir ein Prickel auf der Haut verursachte. Als wir in dem Appartement waren, gab Wammy ihm das Päckchen das er vorhin aus dem Kofferraum geholt hatte. L schnappte sich das Päckchen, krabbelte auf einen Sessel und zog die Beine an. Er setzte sich jedoch nur auf seine Fußsohlen. Ich fragte mich wie er so das Gleichgewicht halten konnte. Er riss das Päckchen auf und darin war tatsächlich Zucker! Würfelzucker! In der Zwischenzeit hatte Wammy ihm einen Kaffee gekocht und stellte die Tasse vor ihn auf den Tisch. L nahm einen einzelnen Zuckerwürfle und ließ ihn in das Getränk fallen. „Puh, na zum Glück…“ weiter kam ich mit denken nicht denn er nahm noch einen Würfel und noch einen und noch einen…
Irgendwann hörte ich auf L wie ein verschrecktes Huhn anzustarren. Ich hatte 30 Zuckerwürfel gezählt! Das konnte nicht sein! Doch es ragte tatsächlich ein Zuckerberg aus seiner Tasse der langsam zu schmelzen begann. „Willst du auch einen?“ riss L mich aus meinen Gedanken. „Ähm…nein danke!“ stammelte ich. Wollte er dieses Gesöff ernsthaft trinken? „Dann setz dich doch bitte wenigstens!“ bat L. Tatsächlich war ich die einzige die noch immer zwischen Tür und Rahmen stand. „Ähm…ja, klar!“ stotterte ich und setzte mich zwischen die zwei Kleinen, die es sich auf dem Sofa gemütlich gemacht hatten. Es entstand eine peinliche Stille. „Ähm.. und, wie geht’s dir so?“ fragte ich schließlich. „Gut. Habe im Moment keinen schwierigen Fall zu lösen. Und dir? Fängt bei dir jeder Satz mit Ähm an?“ antwortete er ohne mir in die Augen zu sehen. „Ähm…was? Ach so. Nein nicht jeder!“ entgegnete ich. „Wirklich? Bis jetzt haben allerding 80% deiner Sätze mit Ähm begonnen!“ stellte L sachlich fest.
80%? Ich ging in Gedanken noch einmal alles durch was ich in Ls Gegenwart gesagt hatte und rechnete mir den Prozentsatz aus. Er hatte recht, es waren 80%! Wie hatte er sich das so schnell ausgerechnet? „Ach tatsächlich? Ist mir noch gar nicht aufgefallen!“ gab ich mit ironischem Unterton in der Stimme zurück. „Na bitte. Jetzt sind es nur mehr 66,6 periodisch%. Kannst du Tennis?“ fragte er. Verblüfft starrte ich ihn an. Er drehte den Kopf zu mir und grinste mich an. „Ja, warum?“ antwortete ich ihm. L hatte große, dunkle ja fast schon schwarze Auge die eine solche Wärme und Ruhe ausstrahlten, dass es mir die Sprache verschlug. „Willst du nicht mal gegen L Tennis spielen, Arina?“ Mello! Er war Sofa geklettert, stand jetzt vor L und blickte jetzt mit seinen großen Kinderaugen zu ihm hoch.
„Also Mello! Erstens musst du da aber auch L fragen ob ihm das recht ist und zweitens müsste mich jemand von Near befreien ohne das er aufwacht!“ entgegnete ich scherzhaft. Near hatte sich nämlich an mich gekuschelt, die Arme um mich gelegt und war eingeschlafen. Sobald ich mich bewegen würde, würde er aufwachen und so lange brüllen bis er wieder eingeschlafen war und dann begann der Kreislauf von neuem. Ich wusste es aus Erfahrung und seufzte. Da krabbelte L von seinem Sessel herunter und kam auf mich zu. Ganz vorsichtig nahm er Near hoch und trug ihn zu der Hängematte die im Raum gespannt war. Genauso vorsichtig wie er ihn genommen hatte, legte er Near auch hinein. Near kuschelte sich sofort an das darin liegende Kissen und schlief friedlich weiter. L betrachtete ihn lächelnd und drehte sich zu mir um.
„Damit wäre Einwand Nummer zwei ja aus dem Weg geräumt. Zu Einwand Nummer eins: mir ist es recht. Schließlich haben wir im Moment ja eh nichts anderes zu tun, oder? Also wenn du nichts dagegen hast, können wir hinunter gehen und ein Match spielen!“ „Ja, Ok dann muss Wammy aber auf die zwei Kleinen aufpassen!“ antwortete ich ihm. „Ich will aber mitkommen!“ protestierte Mello sofort. „Oh nein! Du bleibst schön hier! Ich möchte dich nicht schon wieder suchen gehen müssen nur weil dir langweilig wird und du auf Erkundungstour gehen willst! Wiederworte bringen dir nichts!“ gab ich in einem Ton zurück der erst gar keine Wiederworte duldeten. Mello machte ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter und drehte mir beleidigt den Rücken zu. L und ich gingen hinunter in die Hoteleigene Tennisanlage.
Wir hatten noch nicht einmal eine halbe Stunde gespielt, L lag jedoch schon mit zwei zu null Sätzen vorne, als ich plötzlich Mello auf uns zu rennen sah. Ich wollte schon zur einer Strafpredigt ansetzen die sich gewaschen hatte, als ich sah dass sein Gesicht tränenüberströmt war. Erschrocken lies ich den Tennisschläger fallen und lief auf Mello zu. „Arina, Arina,…“ schluchzte er.
„Sch, sch, ganz ruhig mein Kleiner, ganz ruhig! Beruhig dich erst einmal und dann sag was passiert ist!“ flüsterte ich und strich ihm tröstend über den Kopf.“Near…weg…Zettel..!“ stotterte er während ihm weiter Tränen über das Gesicht liefen. Inzwischen war L zu uns gekommen und war genauso wie ich in die Hocke gegangen. Etwas unbeholfen begann auch er Mello tröstend über den Kopf zu streicheln. Langsam begann Mello sich zu beruhigen und begann stockend zu erzählen:“Ich…ich wollte euch unbedingt zusehen! Arina, du bist so gut im Tennis und ich wollte unbedingt wissen ob du auch gegen L gewinnst! Und weil Near auch schon wieder wach war, hab ich ihn halt an der Hand genommen und bin hinunter gegangen.“ „Hat Wammy denn gar nichts bemerkt?“ unterbrach ich ihn leicht besorgt.“Er war gerade in der Küche. Er hat nichts bemerkt. Da ich ja nicht wusste wo ihr genau seid, habe ich zu Near gesagt er soll bei der Stiege warten bis ich wieder wiederkomme. Aber wie ich dann wiedergekommen bin, war Near weg, und...und der Zettel da!“ mit diesen Worten drückte er mir zitternd einen Zettel in die Hand auf dem in krakeliger Handschrift stand:

Ich habe Ihr Kind! Ich werde mich bei ihnen melden!

Ich konnte es nicht glauben! Der kleine Near! Entführt? Das durfte einfach nicht wahr sein! Verzweifelt sah ich L an. Seine Miene war finster und wie versteinert. „Ich helfe euch! Wer so ein kleines Kind entführt ist verrückt!“ versprach er. Dankbar fiel ich ihm um den Hals.
„Danke! Du bist der Beste!“ rief ich. In diesem Moment kam Wammy mit besorgtem Gesichtsausdruck auf uns zu. Wir gingen zusammen wieder zurück ins Appartement und erzählten ihm was geschehen war.
„Also wenn ich sie richtig verstanden habe, tritt Watari wieder in Aktion?“ fragte Wammy in plötzlich seltsam höflichem Ton. „Ja, ganz recht“ antwortete ihm L. Da ich überhaupt nicht verstand worum es ging, erklärten mir die beiden, dass Wammy alias Watari Ls Sekretär war wenn er ermittelte.
“Also jetzt müssen wir erst mal warten bis der Kidnapper sich meldet. Bis dahin können wir nur seine Handschrift analysieren. Gibst du mir bitte den Zettel?“ stellte L sachlich fest. Er sah sich den Zettel fünf Minuten lang still schweigend an und meinte dann: “Also dieser Zettel wurde eindeutig von einem Rechtshänder mit der linken Hand geschrieben. Arina, kommst du mal her?“
Es war das erste Mal das er mich mit meinem Namen ansprach. Ich mochte diesen Namen nicht besonders und konnte teilweise auch alles andere als friedlich sein, bei L jedoch klang er wunderschön.
Als ich neben ihm stand, zeigte er mir, dass fast alle Buschstaben nach vorne verwischt, sie jedoch nach hinten gebeugt waren. „Diesen Fehler begehen sehr viele Rechtshänder, die versuchen mit der linken Hand zu schreiben. Unser Problem ist aber, dass 80% der Engländer auch Rechtshänder sind. Und von diesen 80% können wieder 40% trotzdem mit der linken Hand schreiben!“ erklärte er. Kaum hatte er zu Ende gesprochen, klopfte jemand an die Tür. L lief um aufzumachen.
Plötzlich rief er ich solle zu ihm kommen. Neugierig folgte ich ihm. Er zeigte stumm zu Boden. Kaum hatte ich seinem Finger nach geschaut, schrie ich auf! Vor der Tür lag ein Brieumschlag an dem mit Klebeband eine Locke befestigt war. Es war eine weiße Locke. Es war eindeutig Nears Locke. Mit zitternden Händen öffnete ich den Umschlag. Es waren ein Foto von dem hoffentlich nur schlafenden Near und ein beschriebenes Blatt Papier in dem Kuvert. Der Zettel war diesmal mit dem Computer geschrieben. Die Botschaft lautete:

Wie Sie ja schon wissen habe ich Ihr Kind. Wenn Sie es wieder haben wollen, dann gehen Sie zur Rezeption und lasse
50.000 Dollar in einem Briefumschlag für einen gewissen Mr. Green hinterlegen. Sie haben zwei Tage Zeit dazu. Ich melde mich!

Ich brach in Tränen aus. 50.000 Dollar! Woher sollte ich solch eine Summe auftreiben? Ich verdiente ja noch kein Geld! L stand ziemlich unbeholfen neben mir bevor er mich in den Arm nahm.
Auch Mello wollte mich anscheinend in den Arm nehmen, da er mir jedoch gerade bis zur Hüfte ging, umklammerte er einfach mein Bein. Trotz dem Schock und meiner Angst um Near musste ich doch lächeln. Ich hatte ein großes Kind um den Hals und ein kleines Kind am Bein hängen. Wenn jemand Unbeteiligter diese Szene mit angesehen hätte, ohne die Hintergründe zu kennen, wäre er vermutlich in lautes Lachen ausgebrochen.
Es tat gut, umarmt zu werden. Ich wischte mir die Tränen vom Gesicht und fragte L mit einem schiefen Lächeln: „Irgendwie schaffen wie es oder? Wir werden Near gesund wiederhaben, stimmt’s?“ „L ist noch NIE an einem Fall gescheitert!“ gab L so zurück als ob er von jemandem anderes als sich selbst sprach. „Aber wo willst du 50.000 Dollar herbekommen?“ warf ich verzweifelt ein. „Lassen Sie das mal meine Sorge sein!“ beruhigte mich Wammy, alias Watari. Vor Freude hätte ich am liebsten einen dreifachen Salto gemacht!
Ich hatte den besten Detektiv der Welt an meiner Seite, da konnten wir Near ja nur unverletzt wiederbekommen!
Ich hob Mello, der noch immer an meinem Bein hing, hoch und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Danach zählte ich bis drei und rief laut „Los!“
Mello und ich rannten auf den überraschten L zu und umarmten ihn so stürmisch, dass er nach hinten umkippte. Sobald er am Boden lag, drückte ich ihm vor lauter Übermut noch ein Küsschen auf die Wange.
Als er daraufhin genauso rot wurde wie die Kirsche die er gerade gegessen hatte, musste ich kichern. „Bäh!“ machte er und streckte mir die Zunge entgegen. Auf seiner Zunge lag der Kirschstiel, und er war verknotet! Jetzt war es mit meiner Selbstbeherrschung komplett vorbei! Ich musste so plötzlich so laut lachen, dass L unter mir, und Mello neben mir erschrocken zusammen zuckten. „Was war denn jetzt so lustig?“ fragte L verwirrt.
„Weist du nicht das diejenigen, die es schaffen mit der Zunge einen Knoten in einen Kirschstiel zu machen angeblich die besten Küsser sind?“ fragte ich verschmitzt. „Ach? Das wusste ich gar nicht! Kannst es ja ausprobieren!“ antwortete er. „Ich warne dich: Ich merke mir solche Angebote!“drohte ich grinsend.
In diesem Augenblick kam Watari, ich hatte mich immer noch nicht so richtig daran gewöhnt ihn so zu nennen, von unserem Gebrüll angelockt. Sogar er musste breit grinsen als er uns sah. Wir waren ja auch ein sehr seltsames Quartett!
Da war L, ein Meisterdetektiv der sich fast nur von Zucker und Zuckerhaltigem ernährte, Watari, ein älterer Herr und Erfinder der nebenbei ein Waisenhaus für Hochbegabte leitete, Mello, einer dieser Hochbegabten, der mit fünf Jahren schon extrem Schokolade süchtig war und ich. Ich, ein Mädchen das Arina hieß, jedoch oft auch alles andere als friedlich war und den sechsten Dan in Karate und den fünften Dan in Judo hatte. Aber wir vier hatten alle zusammen ein Ziel! Near gesund und unverletzt aus den Händen des Kidnappers zu befreien!
“Wie wird das eigentlich mit dem übernachten? Müssen wir jeden Tag hin und her fahren?“ fragte ich Watari. „Wir bleiben hier. Ls Appartement ist groß genug, um uns alle vier zu beherbergen.“ erklärte er.
Da Mello oft Alpträume hatte, schlief er auch oft bei mir im Zimmer, also würde es kein Problem werden mit ihm auch in einem Bett zu schlafen. Und L würde ich auch gerade noch aushalten, wenn er beim schlafen nicht auch so seltsam dasaß wie sonst! Das Problem war Watari.
Also eigentlich gar nicht Watari, sondern eher Wammy! Wammy schnarchte nämlich fürchterlich! Aber da Wammy und Watari ein und dieselbe Person waren würde das Problem unweigerlich auch Watari werden! Und außerdem war das einzige Bett mit uns dreien voll! „ ich werde es mir auf dem Sofa gemütlich machen und Sie können es sich im…ähm…Ehebett bequem machen!“ räumte er meine Bedenken grinsend zur Seite.
„Was sollte DAS denn bedeuten?? Wenn es das bedeuten soll, was ich denke das es bedeuten soll, dann bekommt WAMMY gehörig eins auf die Nase!“ knurrte ich ihm ins Ohr.
Ich drehte mich zu L um, um zu sehen ob er unsere kleine Unterhaltung mit angehört hatte. Er saß zusammen mit Mello am Boden und futterte Gummibärchen, während Mello an einer Tafel Schokolade knabberte.
In dieser Nacht war ich die einzige, die sehr schlecht und sehr wenig schlief. Zwischen L und mir lag Mello auf dem riesigen Doppelbett. Die zwei Jungs hatten sich wie Katzen zusammengerollt und nahmen mir somit viel Platz. Aber weder der Platzmangel, noch Wammys leises schnarchen das ich durch die Wand hörte verhinderte mein einschlafen. Ich musste die ganze Zeit an Near denken! Ging es ich es ihm gut? Hatte er genug Spielzeug? Weinte er? Hatte er Schmerzen? Langsam begannen mir Tränen übers Gesicht zu rinnen. Ich wusste, dass ich L an meiner Seite hatte, ich wusste, dass wir es schaffen würden aber ich war trotzdem verzweifelt. Ich konnte dem Kleinen ja schließlich nicht helfen! Er wusste ja nicht, dass wir ihn bald wiederhaben würden! Irgendwann war ich vom vielen Nachdenken und Sorgen machen schon so müde, dass ich doch noch einschlief.
Am nächsten Tag wachte ich als Letzte auf. Als ich verschlafen in die Küche torkelte, sah ich L und Mello schon an einem reich gedeckten Frühstückstisch sitzen. „Wo ist Watari?“ brummte ich. „Er besorgt die 50.000 Dollar und bringt sie dann auch gleich zur Rezeption.“ erklärte mir L. Ich begann mir den Tisch etwas genauer anzusehen.
Er war wirklich SEHR reich gedeckt. Da war Pudding, alle möglichen Sorten von Marmeladen, verschiedene Sorten Brot, Mousse au chocolate, Tee, Kaffee, heiße Schokolade, verschiedene Buscettas, Schinken, ja sogar eine Schokoladentorte stand da. Es gab wirklich für jeden etwas da!
Obwohl ich normalerweise in der Früh nichts aß, lief mir das Wasser im Mund zusammen. Hungrig setzte ich mich zu Tisch und begann zu essen. „Haben alles Wammy und ich gemacht!“ plauderte Mello los. Er war im ganzen Gesicht Schokolade verschmiert. Ich stöhnte innerlich.
Mello hielt nicht viel von Wasser und war strikt gegen jegliche Art von Duschen, Waschen oder Baden! Deswegen war es jedes Mal ein echter Kraftakt ihn zu säubern. Ich sah mich schon vor mir. Ich nasser als er, ihn anbrüllend und ihn heulend. Ich seufzte. „Was ist denn?“ fragte Mello nichts ahnend. „Machst du dir Sorgen um Near?“ „Das auch aber dieser Seufzer war wegen dir. Geh ins Bad, schau in den Spiegel, denk nach was deswegen passierten wird und wie du dich aufführen wirst. Dann weist du warum ich geseufzt habe.“ erklärte ich ihm mit teuflischem Grinsen. Wortlos stand er auf und tat wie ich es gesagt hatte.
Ein paar Sekunden später brüllte er so laut, dass Ls Wuschelfrisur aussah wie frisch gekämmt. Mit einem Gesichtsausdruck, als wäre er einem Monster begegnet, kam er zurück. „Nein, bitte nicht! Das kannst du nicht tun! Ich war doch erst vorletzte Woche!“ flehte er obwohl er wusste, dass es nichts nützen würde. In diesem Moment kam Watari wieder. Er musterte Mello von oben bis unten, blickte zu mir, musterte meinen Gesichtsausdruck, sah zurück zu Mello und nicke wissend. Anschließend berichtete er: “Ich habe alles so ausgeführt wie Sie es mir aufgetragen haben.“
Kaum hatte er den Satz beendet klopfte es.
L und ich sahen uns an. Konnte das...? Das war unmöglich! Gleichzeitig sprangen wir auf und rannten zur Tür.
Tatsächlich lag vor der Tür ein Brief an dem eine weiße Locke befestigt war. Hastig riss ich das Kuvert auf. Wieder war ein Foto von Near darin, diesmal saß er gefesselt auf einem Sessel und starrte verängstigt in die Kamera. Ebenso war wieder eine Nachricht an uns darin. Diesmal hatte der Entführer die einzelnen Worte aus Zeitungen ausgeschnitten und aufgeklebt. Auf dem Blatt Papier stand:

Vielen Dank für Ihre großzügige, ich nenne es einmal „Spende“. Wenn Sie den kleinen Bengel wieder haben wollen, müssen Sie Ihr Gehirn etwas Anstrengen. 1. Was ist nackt, nackter als nackt, so nackt, dass es knackt? 2. Was geht den ganzen Tag und kommt doch nicht von der Stelle? 3. Was kriecht ins Loch und lässt die Pfote draußen? 4. Ein Baum hat zwölf Äste, jeder Ast hat vier Nester und in jedem Nest sind sieben Junge. Wie heißt dieser Baum? Wenn Sie darauf kommen was diese Dinge gemeinsam haben, wissen Sie wo Sie suchen müssen! Sie haben 24 Stunden Zeit.

Frage Nummer zwei und vier waren kein großes Problem für mich. Die Uhr geht den ganzen Tag und kommt doch nicht von der Stelle. Der Baum hieß Jahr, die Äste waren die Monate, Die Nester waren die Wochen und die Junge waren die Tage. Die anderen zwei Fragen waren für mich jedoch genauso klar wie ein Buchstabensalat.
„Hast du die Antworten?“ fragte mich L. „Nur auf Frage zwei und vier. Du?“ murmelte ich. „Perfekt! Ich hab die anderen beiden. Sie lauten Skelett und Schlüssel.“ rief er. Natürlich! Warum war ich nicht alleine darauf gekommen? „Aber was haben ein Skelett, eine Uhr, ein Schlüssel und das Jahr gemeinsam?“ fragte ich irritiert „Darauf bin ich auch noch nicht gekommen.“ antwortete er mir.
In diesem Moment stürmte ein freudestrahlender und seltsamerweise sauberer Mello auf uns zu. „Hier gibt’s irgendwo in irgendeinem Museum eine Schokoladenausstellung! Können wir hingehen? BITTE!“ bettelte er. L und ich tauschten Blicke. „MUSEUM!“ riefen wir wie aus einem Mund. „Wahrscheinlich meint der Kidnapper da British Museum!“ kombinierte L. „Aber das British Museum ist riesig!“ warf ich ein. „Wie sollen wir Near in nicht einmal mehr ganz 24 Stunden darin finden?“ war ich ein.
„Hmm, vielleicht, ich weiß die Chance steht nur zu 55% aber es könnte trotzdem sein, vielleicht sind die Rätsellösungen so etwas wie eine Wegbeschreibung?!“ überlegte der Meisterdetektiv.
Das musste es sein!
Überglücklich sprang ich den überraschten L an und warf ihn mit einem O-Soto-Gari gekonnt zu Boden. Doch anstatt sofort zu einem Würger überzugehen, wie ich es im Training schon so oft geübt hatte, setzte ich mich lächelnd auf ihn, hielt seine Arme fest und küsste ihn. Anstatt sich zu wehren, worauf ich gefasst war, küsste er mich zurück. Darauf war ich überhaupt nicht gefasst gewesen und war so verdutzt das ich fasst das Gleichgewicht verlor!
Es war ein unerfahrener, behutsamer Kuss, der aber rasch wilder, leidenschaftlicher, ja fast fordernd wurde.
„IIIIIIIHHHH!“ kreischte Mello. Ertappt zuckten wir zusammen um beide im nächsten Moment in lautes Lachen auszubrechen. Vorsichtig rollte ich mich von L herunter und hielt mir den Bauch vor Lachen. Durch Mellos Gekreische alarmiert worden, stürmte Watari aus der Küche um zu sehen, was geschehen war.
Das Bild das sich ihm bot war göttlich! Da stand ein fünfjähriger Junge, der mit entsetztem Gesichtsausdruck auf zwei Jugendliche starrt, die lachend nebeneinander am Boden lagen und sich einfach nicht beruhigen konnten. Er verstand was das zu bedeuten hatte und lächelte wissend.
Da ich mich schneller beruhigt hatte als L, erklärte ich: “Wir wissen wo Near ist. Können Sie uns zum British Museum fahren?“
Als wir beim Museum ankamen, waren mir Bedenken gekommen. „Was, wenn das alles eine Falle ist und der Kidnapper eine Waffe hat?“ fragte ich ängstlich. „Was, wenn einer von uns verletzt wird, oder schlimmer?“ „ Mach dir um mich keine Sorgen, du weißt ja, Unkraut vergeht nicht. Aber ich verspreche wenn dir etwas passier, wird derjenige, der dir das angetan hat bezahlen!“ flüsterte L mir ins Ohr und umarmte mich.
Wir gingen Hand in Hand ins Museum und taten so als ob wir ganz normale Jugendliche wären, die ins Museum gingen. „Wir müssen uns trennen. Du gehst den rechten Gang und ich übernehme den linken. Wer in zehn Minuten kein Anzeichen von einem Skelett findet, dreht um und geht den anderen Gang.“ erklärte er als wir in der riesigen Vorhalle standen.
Während ich ihn zum Abschied küsste, fing ich den Blick eines älteren Ehepaares auf, die breit zu uns herüber grinsten. Mir fiel daraufhin der Ausdruck „so zu grinsen wie ein Haschisch rauchendes Honigkuchenpferd“ ein und ich musste laut losprusten. Verzweifelt versuchte ich mich wieder zu beruhigen während L mich irritiert anstarrte. Es war ja auch zu bescheuert! Wir mussten Near retten, ja vielleicht auch unter Einsatz unseres Lebens und ich lachte da einfach laut los! Ich erklärte ihm weswegen ich so gelacht hatte, sogar er musste lächeln, umarmte ihn noch einmal und wünschte ihm und mir viel Glück. Dann lief ich auf den rechten Gang zu.
Da es kurz nach Mittag war, waren nur wenige Menschen im Museum. Mir war das nur recht, denn falls es doch zu einer Schießerei oder ähnlichem kommen würde, würden weniger Menschen verletzt werden.
Gerade als ich aufgeben und umdrehen wollte, sah ich es. Ein Skelett. Nein, nicht bloß eines, da war eine ganze Ausstellung über die Evolution des Menschen. Und da waren sehr viele Skelette! Leider gab es auch eine Abzweigung. Der linke Weg ging nach oben, der rechte nach unten. Welchen sollte ich nehmen? Ich begann mir die Skelette genauer anzusehen. Auf den ersten Blick war nichts zu erkennen. "Mist, mist, mist!" fluchte ich.
Ich drehte mich um, und sah mich in dem Raum um, in welchem ich gelandet war.
Neben der Abzweigung und der Evolutionsausstellung war er fast leer. Aber eben nur fast. In einer Ecke stand noch ein kleiner Schrank, den ich öffnete und zu durchsuchen begann. Das einzige was darin lag, war eine Lupe. Konnte das Absicht sein? Wenn ja, warum? Wollte der Kidnapper etwa, dass wir ihn fanden? Warum würde er das wollen? Wollte er uns vielleicht doch umbringen? Ach was! Ich schob diese Gedanken zur Seite und begann die Skelette erneut zu untersuchen. Diesmal mit der Lupe. Tatsächlich fand ich nach einigen Minuten einen Hinweis. Es war ein winziger Pfeil, der in eine Rippe eines Homo Erectus geritzt war. Er deutete nach oben und daneben war ein einzelnes weißes Haar geklebt. Langsam begann ich mich über den Entführer zu ärgern. Warum mussten ausgerechnet Nears geniale Haare dran glauben?
Es war ein seltener Gendefekt der verursachte das zwar seine Haare weiß waren, er aber trotzdem kein Albino war.
Der Weg hatte am Anfang nur eine leichte Steigung, die jedoch schnell zunahm und schließlich in eine Wendeltreppe mündete. Als ich schnaufend oben ankam, verdrehte ich genervt die Augen als ich schon wieder vor einer Abzweigung stand. "Der Typ hat anscheinend echt was für Entscheidungen und Abzweigungen übrig!" knurrte ich. Dank einem Schild auf dem "Uhrenausstellung" stand, war diesmal wenigstens die Entscheidung leicht was die Frage "Welchen Weg soll ich nehmen?" betraf.
Die Freude über diese kleine Denkpause verging mir jedoch sofort als ich wiederum ein weißes Haar an dem Schild befestigt fand. "Ich bring diesen miesen Hund um!" zischte ich mehr als wütend und stapfte los.
Ich hatte nicht einmal zehn Minuten Zeit um mich zu ärgern denn kaum war ich zehn Schritte gegangen, schnappte ich nach Luft. Ich hatte mir eine kleine Ausstellung mit ein paar alten Taschenuhren vorgestellt, doch das was ich jetzt vor mir sah war genau das Gegenteil!
Wie sollte ich einen kleinen Schlüssel zwischen diesen tausenden Uhren in diesem rieseigen Saal finden? Ich war kurz vorm umkippen. Nein, ich durfte auf gar keinen Fall aufgeben! Ich musste Near finden! "Jetzt reiß dich mal zusammen! Es könnte schlimmer sein!" schalt ich mich selbst und rappelte mich hoch. Die vielen Uhren erinnerten mich daran, dass ich schon eine ganze Zeit hier waren. Wie spät es wohl war? In dieser Uhrenausstellung gab es keine zwei Uhren die gleich gingen. Ich schnaubte entnervt. Nicht einmal die Uhrzeit erfuhr man hier! Und das in einer Uhrenausstellung!
Ich begann den Raum zu durchsuchen. Ich drehte jede Uhr zweimal um, zerlegte sie halb und setzte sie wieder zusammen.
Als ich den Raum schließlich zweimal durchsucht hatte, fand ich eine steinalte unscheinbare Taschenuhr, von der ich vermutete das sie zerfallen würde, wenn ich sie auch nur grimmig anschaute unbeachtet in einer Ecke liegen.
Ich hob sie vorsichtig auf um sie in eine der Vitrinen zu legen, doch kaum hatte ich die Uhr berührt, sprang sie auf.
"Shit!..." begann ich zu fluchen, als ich den Schlüssel sah. Anstelle der Zeiger, lag ein Schlüssel in der Uhr. Er sah aus als ob er entweder zu einer Tür oder einem sehr großen Safe passen würde. Suchend sah ich mich um, und entdeckte tatsächlich zwei Türen, zu denen der Schlüssel passen könnte. Leider gab es zwei Probleme. Problem eins: Auf beiden Türen stand „Privat! Zutritt verboten!“ Problem zwei: Der Schlüssel passte zu beiden Türen!
NICHT SCHON WIEDER!! Konnte sich dieser Kidnapper nicht einmal etwas neues ausdenken? Aber egal, ich musste mich entscheiden, welche Tür ich nehmen sollte. Bei meiner Entscheidung wäre es klug nicht daran zu denken, dass womöglich Nears Leben davon abhing.
Vielleicht stand auf dem Schlüssel ja noch etwas?! Nein, das wäre ja auch zu einfach gewesen. Aber da waren ja auch noch die Türen und die Türstöcke. Ich untersuchte Zentimeter für Zentimeter, fand jedoch nicht einmal eine Schuppe eines weißen Haares! Einerseits war das natürlich gut, da das hieß dass er Near in Ruhe gelassen hatte, andererseits hätte es Near jetzt auch nicht umgebracht ein weiteres Haar zu opfern. Immerhin war alles zu seinem eigenen Besten.
Dann musste halt der Schlüssel noch einmal herhalten! Ich legte ihn auf den Boden und drehte ihn. Er zeigte auf die rechte Tür.
Ich nahm allmeinen Mut zusammen und ging auf diese zu. Dahinter lag ein langer schmaler Gang. Ich pfiff meiner Platzangst ein Liedchen und schloss die Tür hinter mir.
Leider war meine Platzangst unmusikalisch und schon bald kroch mir das nur allzu bekannte Gefühl der Eingeengtheit und der Atemnot über den Rücken hoch! "Nicht schlappmachen! Bitte, bitte nicht schlappmachen!" flüsterte ich meinem Kreislauf flehend zu. Nach kurzer Zeit kam es mir vor als ob bei jedem Schritt die Wände links und rechts immer näher zusammenrücken würden. "Es ist nur eine Illusion! Du wirst nicht sterben!" hämmerte es in meinem Kopf, doch ich verstand die Bedeutung der Worte kaum.
Inzwischen trat mir der Schweiß aus allen Poren und ich musste torkeln wie ein Betrunkener. Diese Gleichgewichtsstörung blieb nicht ohne Folgen und schon nach ein paar Metern war ich froh wenn ich mich für fünf Schritte hintereinander auf den Beinen halten konnte.
Da! Ich konnte schemenhaft eine Tür erkennen!
Ich hoffte dass dies keine weitere Illusion war und stolperte darauf zu. Ein paar Meter vor dem rettenden Ausgang holte mich meine Platzangst ein und ich begann panisch zu rennen. Ich zwang mich immer nur auf die Tür zu starren. Ich hatte sie auch schon fast erreicht als meine Beine unter mir wegsackten. Mühsam rappelte ich mich wieder hoch und quälte mich die letzten Schritte. Kaum war ich in dem Raum hinter der Tür, sank ich keuchend und außer Atem zu Boden. Ich saß so gute zehn Minuten, bis ich mich an die Worte meines Trainers erinnerte. "Egal, was passiert ist, wenn ihr außer Atem seid, legt euch flach auf den Rücken oder setzt euch gerade hin. Nun versucht langsam und tief in den Bauch zu Atmen!" hatte er uns sicher tausend mal eingeschärft.
Ich versuchte das gehörte in die Praxis umzusetzen. Tatsächlich funktionierte es und schon nach wenigen Atemzügen konnte ich aufstehen und mich umsehen. Ich war in einer Abstellkammer für nicht gebrauchte Ausstellungsstücke gelandet.
Was war nochmal der nächste Hinweis gewesen? Ach ja, das Jahr.
Vorsichtig begann ich auf einen Hinweis auf ein Jahr zu suchen. Ich fand nichts. Moment, vielleicht war mit "Jahr" ja gar nicht das Wort oder eine Jahreszahl gemeint, sondern ein historisches Ereignis, oder eine Epoche! Wiederum drehte ich jedes Ausstellungsstück doppelt und dreifach um. Ich fand ein alte Ritterrüstung, ein kleines Dinoskelett, ein völlig verdreckter Richtungspfeil, eine tote Ratte, Tonscherben sogar ein versteinertes Ei lag hier völlig unbeachtet herum. Keine Epoche, kein historisches Ereignis!
Da begann in meinem Gehirn eine Idee zu keimen. Hektisch dursuchte ich meine Taschen und fand tatsächlich ein unbenutztes Taschentuch. Ich versuchte den gröbsten Schmutz von dem Richtungspfeil herunter zu bekommen und tatsächlich kam eine alte Inschrift zu Tage.
"RÖMER" konnte ich mühsam entziffern. Das musste der letzte Hinweis sein! Der Pfeil deutete auf eine Bodenklappe, die mir bis jetzt noch nicht aufgefallen war, da sie von einer genauso dicken Staubschicht überzogen war, wie der Rest des Raumes. Als ich sie öffnete, kam mir eine riesige Staubwolke entgegen. Als ich wieder etwas mehr als nur grau sehen konnte, erkannte ich die Umrisse einer Treppe, die senkrecht in die Tiefe führte. Langsam begann ich in die Finsternis zu klettern. Ich wusste nicht mehr wie lange ich geklettert war, oder wie lange L und ich überhaupt schon in dem Museum waren als ich endlich wieder Boden unter meinen Füßen spürte. Die Treppe mündete in einen sehr kleinen Raum mit nur einer Tür. Meine Gedanken schweiften zu L.
Wo war er? Er musste doch nach zehn Minuten umgedreht haben. Aber bei meiner Geschwindigkeit hätte er mich spätestens in dem engen Gang einholen müssen! Hoffentlich war ihm nichts passiert! Sollte ich auf ihn warten? Nein! Ich war so weit! Wer weiß was passieren würde wenn ich jetzt aufgab!
Als ich durch diese eine Tür trat, fand ich mich in einem der Ausstellungsräume wieder. Es waren keine Besucher hier herinnen, also hoffte ich das die Tür von innen verriegelt war. In diesem Saal standen einige riesige Säulen und ein Stuhl. Auf diesem Stuhl saß der gefesselte und geknebelte Near. Gerade als ich schon auf ihn zustürmen wollte, sah ich aus dem Augenwinkel, der nicht zu Near gehören konnte. Erschrocken zuckte ich zurück. Der Kidnapper! In diesem Moment entdeckte ich eine dritte Tür, die der, durch die ich eingetreten war, genau gegenüber lag und sich langsam öffnete. Aus der Tür trat L! Er sah weder mich, noch den Schatten des Entführers, er sah nur Near! Ich wollte noch "Vorsicht" rufen, da war es schon zu spät. L hatte einen Schritt auf den Stuhl zu gemacht und gleichzeitig war der Verbrecher wie ein geölter Blitz aus seinem Versteck herausgeschossen. Mit einer Hand kontrollierte er Ls Hände, mit der anderen drückte er ihm eine Pistole an die Schläfe. "NEIN!" brüllte ich, kletterte in einer Rekordzeit an der Säule hinter der ich bis jetzt gestanden war hoch und griff den Kidnapper mit einem perfekten Salto - Fersen - Kick an. Leider hatte ich nicht mit der Reaktionszeit des Mannes gerechnet. Mit einer Geschwindigkeit die ich ihm nie im Leben zugetraut hätte, riss er L herum. Wenn ich jetzt nichts unternahm, würde ich mit voller Wucht gegen Ls Stirn prallen und ihn sehr schwer verletzen! Entsetzt suchte ich Ls Blick. Dieser schien ganz gelassen als ob es ihn überhaupt nichts anginge was hier gerade geschah. Ich musste den Angriff umlenken! Auch wenn wir es im Training noch nicht gelernt hatten, musste es doch eine Möglichkeit geben! Ich versuchte mein Gewicht nach rechts zu verlagern. Tatsächlich funktionierte es ein wenig. In dem Moment in dem ich zwar nicht gegen Ls Stirn, dafür aber gegen seine Schulter geprallt wäre, riss dieser sich selbst mitsamt dem Kidnapper so herum, dass ich nun anstatt seiner die Schulter des Verbrechers rammte. Der Mann schrie vor Schmerz laut auf und ging zu Boden. Ich landete mit einer sauberen Judorolle und lief auf die zwei zu. L war durch die Wucht des Aufpralles auch zu Boden geschleudert worden. Rasch half ich ihm auf und während ich bei dem Verbrecher zu einem sehr effektiven Würger ansetzte, schnappte L sich die von dem Man fallen gelassene Waffe und band Near los. Mit dem drei-jährigen an der Hand kam er zu uns. "Warum haben Sie Schwein das gemacht? Was hat er ihnen getan???" fragte ich mit tränenerstickter Stimme als ich den Schock und den Schmerz in Nears Kinderaugen sah. L vergewisserte sich dass ich alles unter Kontrolle hatte und rief Watari an, um ihm alles zu Berichten. Ich dachte er würde auch gleich die Polizei rufen, doch er tat nichts dergleichen. "Rufst du die Polizei nicht? Soll ich ihn hier etwa so lange festhalten bis er verhungert ist?" fragte ich L scherzhaft. "Nein, keine Panik! Ich werde aber keine Polizei rufen! Watari kümmert sich um alles. Und außerdem verdurstet man bevor man verhungert!" erwiderte er. "Watari? Was will er denn machen? Etwa als Polizist verkleidet hier aufkreuzen?" warf ich irritiert ein. L kam lächelnd auf mich zu,, setzte sich neben mich, strich Near über den Kopf und flüsterte mir "Vertrau Watari und mir einfach! Bitte!" ins Ohr. "Mach ich doch immer!" flüsterte ich zurück und küsste ihn. Der Kidnapper unter mir schnaubte verächtlich. Ich verstärkte den Würgegriff und zischte: "Nur nicht eifersüchtig werden, wir haben dich nicht vergessen!" In diesem Moment klopfte es an der Tür. L sprang sofort auf und öffnete sie. Dahinter standen fünf Männer in Anzügen. Ihnen voran der Chef. Ein ziemlich schmieriges Exemplar, das vermutlich nicht einmal wusste was Körperpflege war. "Sonderkommission! Kein Wort zu irgendjemand!" bellte er. Ich kletterte von dem Verbrecher herunter und übergab ihn diesem Bluthund. "Gut festgehalten. Für eine Frau!" Der Chef der Meute musterte mich mit abfälligem Blick. "Falls Sie die Absicht haben sich mit mir anzulegen, will ich Sie vorwarnen. Ich habe keine Probleme gegen einen Mann zu kämpfen, aber sie könnten ein Problem damit bekommen das ich eine Frau bin!" knurrte ich zurück. Ich hatte auch so etwas wie eine Ehre. Und diese Ehre fühlte sich im Moment mehr als gekränkt! "Also ich muss doch sehr bitten...!" setzte der Bluthund an, wurde jedoch von L unterbrochen. "SIE müssen gar nichts außer den Entführer hinter Schloss und Riegel bringen. Ich muss Arina sehr loben, denn ohne sie wären Near und ich vermutlich nicht mehr am Leben!" Dankbar sah ich zu ihm hinüber. Alles andere als dankbar starrte der verwirrte Boss L an. Ich legte den Arm um den Meisterdetektiv und fragte: "Müssen wir noch da bleiben oder können wir zu den andern zwei?" "Für uns gibts hier nichts mehr zu tun. Wir können nach Hause." antwortete er. Nach Hause? Daran könnte ich mich gewöhnen. "Dann lass uns gehen!" schlug ich lächelnd vor. L nickte. Ich hob Near hoch und wischte ihm eine Träne von der Wange. "Jetzt ist alles gut! Wir haben dich wieder!" flüsterte ich ihm ins Ohr. Daraufhin kuschelte er sich an mich wickelte eine Locke um seinen Finger und schlief ein. "Das würde ich jetzt auch gern machen!" seufzte ich. " Zum ankuscheln hast du ja mich aber es wäre nicht sonderlich intelligent hier und im stehen einzuschlafen! Aber ein weiches Bett hätte ich jetzt auch gerne!" pflichtet L mir bei. Grinsend lehnte ich mich an ihn und tat so, als ob ich einschlafen würde. Zwei Sekunden später fuhr ich quietschend wieder hoch, da L mich kitzelte. " Jetzt komm, sonst macht Watari sich noch Sorgen!" lachte er. Als wir as dem Museum traten, erkannten wir, dass es bereits stockdunkel war. "Du liebe Güte! Wie spät ist es?" fragte ich irritiert. Mir waren die Stunden im Museum vorgekommen wie fünf Minuten. "Es ist kurz nach 19 Uhr." antwortete Watari anstatt L. Er stand lächelnd vor dem Auto. "Watari! Wir haben es geschafft!" jubelte ich und fiel ihm um den Hals. "Nicht Watari, Wammy! Oder ist der Fall noch nicht gelöst?" erwiderte er. "Aber kommt zum Auto, wir fahren ins Hotel. Bevor du fragst, Mello ist im Auto. Er ist eingeschlafen!" Wir stiegen ins Auto, ich schnallte Near an, strich Mello eine Strähne aus dem Gesicht und schlief ein. Ich erwacht erst am nächsten Morgen. Mühsam quälte ich mich aus dem Bett und schlurfte ins Esszimmer. "Guten Morgen!" schallte mir ein Chor entgegen. Ichsetzte mich an den wiederrum sehr reich gedeckten Tisch und grummelte: "Morgen. Wie bin ich gestern in Bett gekommen?" "L hat dich vorsichtig abgeschnallt und dich ins Bett getragen. Du hast so tief geschlafen, neben dir hätte man eine Kanone abfeuern können und du hättest seelenruhig weitergeschlafen." erklärte mir Wammy. "L? Wo ist er eigentlich?" fragte ich, und obwohl ich ein echter Morgenmuffel war, war ich sofort hellwach. "Ich bin doch eh hier! Also wirklich, jetzt siehst du nicht einmal mich?" erklang Ls Stimme und auch ohne ihn zu sehen wusste ich, dass er von einem Ohr zum anderen grinste. Tatsächlich, als ich mich umdrehte, sah ich dass er breit grinsend in der Tür stand und sein Handy in der Hand hatte. "Oh, ähm Wammy, ich glaub du hast eine Mail bekommen!" sagte er und setzte sich neben mich. Als Wammy wieder kam, hatte er ein Blatt Papier in der Hand, das er mir lächelnd in die Hand drückte. Es war eine ausgedruckte Mail an mich. In dieser Mail stand, dass ich die Aufnahmeprüfung an einer der größten Detektivschulen der Welt bestanden hatte. Verdattert sah ich Wammy an. "Aber die haben mich doch abgelehnt! Ich hatte doch zu wenig Erfahrung!" stammelte ich. Erst als Wammy und L grinsend Blicke tauschten, fiel bei mir der Groschen. "Das warst du! Also wirklich! Wie hast du DAS denn hin bekommen?" fragte ich und fiel L um den Hals. "Das war einfach! Ich habe dort angerufen, mich als L vorgestellt und gesagt, dass du eine sehr gute Freundin von mir bist und hab dich empfohlen." erklärte er. "Ach ja, wegen der Wohngelegenheit: Wammy muss mit den zwei Kleinen ja wieder zurück ins Haus. Diese Schule ist aber nur wenige Straßen von hier entfernt und ich habe mir gedacht, wenn du willst, kannst du hier bei mir wohnen!" "Ja. Ja, ich will!" flüsterte ich überglücklich und küsste ihn.

Ende

Impressum

Texte: Die Charaktere bis auf Arina sind aus dem Manga Death Note
Tag der Veröffentlichung: 22.09.2010

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für Feli, ohne die das wahrscheinlich nie zustande gekommen wäre, und natürlich alle L fans :)

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