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Ein schöner Wintertag


Ich erinnere mich an mein altes Lesebuch, hattest du auch so eins? Es war in der Abfolge der Jahreszeiten gestaltet mit bunten Bildern passend dazu, die ich stundenlang ansehen konnte um meiner Fantasie ihren freien Lauf zu lassen. Manchmal war es mir, als würden die Bilder lebendig werden.

Nicht ausschließlich Bilder gab es darin. Ich wollte ja lesen. Dafür gab es Verse, Gedichte und Geschichten, ja, natürlich in großer Schrift gedruckt, für Leseanfänger, und, wie gern hab ich darin geschmökert, ja, es genossen, in den dort beschriebenen Welten zu versinken. Sie berührten meine Kinderseele, die von meiner Mutter gehegt und gepflegt wurde. Sie war eine wunderbar liebevolle Mutter, klug und fein und ich spürte zu jeder Zeit ihre Liebe fest und stark wie Felsen, dabei war sie von ihrer Gestalt so zart.

Wie wonnig, behaglich und gemütlich war so ein Nachmittag im warmen Zimmer mit meinem Lesebuch. Die Geräusche in der Küche konnte ich leise wahrnehmen. Mutter war ja da, beschäftigt zwar, aber zwischendurch kam sie ins Zimmer, strich mir übers Haar, brachte einen Teller mit Apfelspalten, lächelte mich an und nannte mich „ meine kleine Prinzessin“. War das Glück?

Besonders angetan hatten es mir jeweils die Geschichten, die zur Jahreszeit passten. Nein, warte, du denkst schon an Frühling. Wünscht du ihn dir, über ihn zu lesen, vielleicht ein paar warme Sonnenstrahlen auf der Haut zu fühlen, Gedichte von Hesse dabei zu lesen?

Sei nicht so ungeduldig! Wir sind doch noch im Januar. Nun würden also Wintererzählungen an der Reihe sein, bebilderte. Pass auf! Da gab es Impressionen einer Schlittenfahrt, dicke Schneemänner umringt von Kindern, die Schneekugeln vor sich her kugelten um ganze Schneefamilien zu erschaffen. Es gab Winterlandschaften mit versteckten Wichteln unter knorrigen Baumwurzeln hervor lugend, zugefrorene Seen mit Schlittschuhläufern, Schlittenhunde, Rentiere in Lappland, die Schneekönigin, Iglos, Eskimos. Was wünscht man sich mehr ? Nein, damals gab es keinen Computer und auch nicht so viel Fernsehprogramme, aber Zeit gab es mehr, die man miteinander verbringen konnte. Manchmal gab es sogar Langeweile und jeder musste lernen, etwas damit anzufangen.

Die Nase an die Scheibe gedrückt, wünschte ich mir Schnee.
Langsam, noch wechselnd zwischen Schnee und Regen, torkelten die ersten Flöckchen langsam zur Erde, vom Wind durcheinander gepustet, führten sie einen wilden Reigen an. An der Fensterscheibe bildeten sie glitzernd und feucht kleine Tupfen, wie gemalt verwandelten sie unsere Fensterscheiben in kristallene Landschaften. Dann wurden die Flocken dicker, schwerer, weich wie Pustewatte tanzten sie nach einer Melodie, die man in sich hören konnte. Jede einzelne Flocke rief.....komm,komm, tanz mit mir, komm, komm, saus mit mir die Bergstraße herunter. Da gab es für mich kein Halten mehr....

„Ist meine Jacke wieder trocken, sind meine Handschuhe bereit? Sind die Socken nicht zu dick, die Stiefel nicht zu eng? Wo ist meine Mütze hingekommen? “ „MAMA“!!!!

Eine Mutter weiß Rat, kennt die Verstecke der Jacken, Mützen, Stiefel, Handschuhe, Socken, genau. Sie legt um das dickverpackte Kind noch schnell den warmen Schal und sieht ihm lächelnd nach, wenn es den Schlitten mit dem Strick hinter sich herziehend mit strahlendem Gesicht zur wartenden Horde gleichgesinnter Spielkameraden läuft.

Ich frag euch, wo ist neben allen Neuerungen, modernen Möglichkeiten der Kommunikation, Medienüberflutung unserer Gesellschaft , unser Gespür für das Wesentliche geblieben, wie Herzenswärme, Zeit für das Miteinander, spürbare Fürsorge für die, die wir lieb haben?

Impressum

Texte: das Urheberrecht liegt ausschließlich bei der Autorin
Tag der Veröffentlichung: 15.11.2009

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Zur Erinnerung an meine Mutter

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