Cover

Zuerst einmal ein großes Dankeschön an gittarina, die das Buch nochmal auf Rechtschreibfehler überarbeitet hat... Danke, danke danke!




Hass. Hass, Gewalt und Misstrauen. Das sind die Gefühle, die die Welt beherrschen. Und noch eines. Vielleicht sogar das Wichtigste.
Angst. Die Angst bringt einen dazu, die offensichtlichsten Sachen zu übersehen oder zu verdrängen. Man fängt an, vollkommen wider die Vernunft zu handeln. Aber vor allem macht die Furcht einen schwach. Schwach und wehrlos. Im Grunde genommen ist es einfach jämmerlich, sich zu fürchten.
Plötzlich schrie ich auf. Ich hatte den Wachmann gar nicht gehört, als er sich näherte, bis seine Peitsche hart auf meinen Rücken traf, genau zwischen die Schulterblätter. Die Wunde auf meiner Haut, um die herum schon viele andere Narben prangten, blutete wie verrückt. Es war nicht das erste Mal, dass ich geschlagen wurde.
„Hör auf zu träumen“, sagte der Mann mit der Peitsche barsch. „Arbeite weiter, oder du kriegst die nächste Woche nichts zu essen!“
Voller Hass starrte ich ihn an. Mir ging durch den Kopf, wie viele Möglichkeiten ich hatte, um ihn umzubringen, und es waren wahrlich nicht wenige. Ich könnte ihn mithilfe eines Blickes bei lebendigem Leibe in Flammen aufgehen lassen, sodass nur noch ein Haufen Asche von ihm übrig blieb, oder ihn ganz von der Erdoberfläche tilgen, indem ich ihm wortwörtlich den Boden unter seinen Füßen aufgehen ließ. Sogar zum Ertrinken könnte ich ihn bringen, trotz der 35° C im Schatten, dafür benötigte ich einfach nur die Hilfe von Wasser und Luft, wenn ich eine Wasserblase um seinen Kopf schweben ließ.
Ja, ich beherrschte die Elemente, genauso wie jeder andere der Sklaven hier. Nicht nur unsere lila Augen mit dem fremdartigen Muster um sie herum zeigten diese Gabe, sondern auch unsere unnatürlich weißgrauen Haare.
Und doch unterschied ich mich von den Anderen. Denn im Gegensatz zu ihnen kontrollierte ich auch noch ein fünftes Element – den Geist. Ich konnte die Leute nach meinem Willen manipulieren, und damit meine ich, zu wirklich allem.
Herausgefunden hab ich das durch einen schrecklichen Unfall. Bevor ich hierher kam, habe ich mit meinen Eltern in einer kleinen Hütte in einem Wald gelebt. Als einmal meine Cousine da war, wollte sie mit meiner Puppe spielen, eines der wenigen Spielzeuge, die ich zu dieser Zeit besaß. Daher wollte ich es nicht teilen. Als sie sich die Puppe mit Gewalt nahm, habe ich mir im Geiste gewünscht, sie würde einfach tot umfallen und die Puppe in Ruhe lassen. Sie starb tatsächlich in genau dem Moment, in dem ich es gedacht hatte.
Ich habe dieses Ergebnis nie vergessen, und ich hatte daher noch heute große Schuldgefühle.
Daher konnte und wollte ich diese Gabe nicht hier in dieser riesigen Arena bei einem der tausend Wächter anwenden. Denn dies hätte Folgen, wahnsinnig schlimme Folgen, die nicht nur mich, sondern auch meinen kleinen Bruder Arian treffen würden.
Dieser zupfte mich auch schon von hinten am Arm. „Tara?“, fragte er leise. „Bitte geh weiter, ich möchte nicht, dass du nochmal geschlagen wirst.“
Ich wandte den Blick von dem dicken Mann ab, der schon angefangen hatte zu schwitzen, packte die zwei Säcke, die mit Steinen gefüllt waren, und setzte meinen Weg auf die andere Seite der Arena fort.
Denn dies war unsere Aufgabe hier. Die schweren Beutel von der einen Seite zur anderen zu tragen, und dann wieder zurück. Dies hatte nichts anderes zum Zweck, uns zu ermüden, damit wir den Menschen nichts antun konnten, wir, die Monster. Obwohl wir sonst eigentlich ausschauen wie jeder andere auch, verrieten die wenigen äußerlichen Merkmale unsere Gabe und dass wir anders sind.
Natürlich macht das den Menschen Angst, wie immer, wenn sich etwas von ihnen unterscheidet und sie es nicht verstehen.
So wurden wir die Bösen und die Wächter die Helden der Leute.
Ich fand das einfach nur grausam, immerhin waren hier auch Kinder. Arian und ich wurden auch geholt als ich zwölf und er zehn Jahre alt war. Das war nun vier Jahre her. Es glich einem Wunder, dass wir so lange draußen waren, da uns unsere Eltern versteckt hielten, wofür sie schließlich mit ihrem Leben bezahlen mussten.
Ich war gerade auf der anderen Seite angekommen, und wollte mich schon umdrehen, da verkündete ein lautes, schrilles Geräusch, dass Schlafenszeit war. Ich ließ die Säcke fallen und seufzte auf. Endlich! Ich war sehr müde, wie jeden Tag. Es war ein grausamer Kreislauf, der auf Dauer sehr an uns zehrte. Täglich fielen mehrere Dutzend Leute um, da wo sie ausgepeitscht wurden, bis sie sich wieder aufsetzten, oder zu Tode geprügelt wurden.
Ich schüttelte den Kopf, um diese Gedanken zu verdrängen, packte Arian kurz am Arm, um ihm zu bedeuten, dass wir losgingen, und machte mich auf den Weg zu unserem Zelt.
Es war ein Glück, dass wir in einem Zelt schlafen konnten. Als wir hergebracht wurden, hat er einen Aufstand gemacht, da er nicht getrennt von mir schlafen wollte. Und da es noch nicht einmal die grausamen Leute über sich brachten, einen zehnjährigen Jungen zu töten, setzte er seinen Willen durch und wir bekamen ein Zelt zusammen.
Kaum, dass Arians Kopf den Boden berührt hatte, da war er auch schon eingeschlafen. Ich strich ihm sanft seine Haare aus dem Gesicht und betrachtete ihn. Er hatte mit seinen vierzehn Jahren schon zu viel Leid mit ansehen müssen, was sich in seinen Augen auch widerspiegelte. Die ganzen schmerzhaften Erfahrungen hatten ihn dazu gebracht, schnell zu reifen; eine Kindheit ohne Angst war ihm verwehrt geblieben.
Aber wenn er schlief, wirkte er so...verletzlich, dass ich mir schwor, ihn immer zu beschützen.
Ich legte mich auf die andere Seite und schlief ebenfalls ein.
In dieser Nacht passierte das Wichtigste in meinem Leben, wahrscheinlich sogar für das Land.
Ich träumte.
Nichts Besonderes? Das stimmt so nicht.
Ich hatte keinen normalen Traum von einem wunderschönem Traumland und ewigem Frieden oder was auch immer.
Ich träumte das Undenkbare.
Ich träumte von einem Krieg, einer Rebellion gegen die Menschen, einem Aufstand der Elemente gegen die Leute, die uns bereits seit Jahrzehnten unterdrückten.
Und ich war die Anführerin.


Ich wachte von einem lauten, schrillen Klingeln auf, wie jeden Morgen. Sofort wandte ich mich um und seufzte dann laut. Mein Bruder schlief natürlich noch. Arian war mit einem sehr tiefen Schlaf gesegnet. Er würde wahrscheinlich noch nicht einmal aufwachen, wenn um ihn herum die Welt unterginge.
Einer Routine nachgehend fing ich zuerst damit an, ihn wachrütteln zu wollen, was rein gar nicht half. Ich gab auf, und gab ihm eine schallende Ohrfeige, was ebenfalls zur Routine gehörte Wie immer wachte er lachend auf und rieb sich seine Wange. „Vielen Dank, Schwesterherz“, meinte er mit einem fröhlichen Gesichtsausdruck, worin sich aber immer noch ein wenig Schmerz widerspiegelte. „Aber warum habe ich das Gefühl dass deine Schläge von Tag zu Tag fester werden? Findest du immer mehr Gefallen daran, oder was?“
„Wie könnte ich das“, meinte ich gespielt entrüstet. „Ich denke einfach nur, dass du mittlerweile eine Art Immunität entwickelt hast, da muss ich doch härter zuschlagen...“
„Ja, ja“, murmelte er, stand dann auf und streckte sich. „Du würdest ja für alles eine Entschuldigung finden. Also, wir müssen langsam los, sonst kriegen wir Ärger.“ Mit diesen Worten ging er aus dem Zelt.
Ich schnaubte kurz und folgte ihm dann. Ich hatte noch kurz einen Gedanken an den Traum, aber ich tat den Gedanken total ab. Er war lächerlich. Ein einfacher Wunsch, den mein Unterbewusstsein auf irgendeine Weise hatte wahr werden lassen. Und da es in der Realität nicht umsetzbar war, war es eben im Traum geschehen. Dachte ich jedenfalls.

An diesem Tag war der 8. September. Nein, wusste ich nicht, weil ich irgendwelche Striche in den Boden malte um die Zeit zu vergessen. Es war einfach nur so, dass an diesem Tag jedes Jahr die neuen Elementsklaven hergebracht wurden, da sie davor in Sammellagern untergebracht wurden. Wir befanden uns nämlich hier in einem Berg, der mitten in der Einöde lag. Der Platz war nur schwer zu erreichen, daher lohnte sich der Weg nicht. Außerdem wurden neue Wachen gebracht, die die alten ablösten. Wie immer hofften wir, dass nicht allzu schlimme dabei waren. Dieses Jahr hatten wir Pech gehabt. Da sich nur sehr wenige freiwillig dazu gemeldet hatten, hier zu sein, wurden den Leute aus dem Gefängnis, die schon lange drin waren, angeboten, dass sie nach einem Jahr hier nach Hause entlassen wurden. Darunter waren auch viele rachsüchtige und grausame Menschen, die den Frust, der sich innerhalb der Jahre angesammelt hatte, an uns ausließen. Es waren mehr Menschen als sonst gestorben.
Wie alle anderen Leute um mich herum ging ich vor das Podest, das über Nacht in der Mitte der Arena errichtet wurde. Wir stellten uns in zwei verschiedene Gruppen auf, zwischen denen wir Platz für die neuen ließen. Diese kamen in exakt dem Augenblick an, in dem wir fertig wurden. Dieses Mal waren es nur drei Busse, von denen in zwei Wachmänner waren.
Die neuen Leute waren wie üblich zwischen 20 und 30 Jahre alt. Babys wurden nämlich in ein anderes Lager gebracht, in dem sie so erzogen wurden, dass sie mit 8 Jahren perfekte Diener waren. Und falls man sich wirklich verstecken konnte, dann dauerte es lange, bis man gefunden wurde. Auch mein Bruder und ich hätten wahrscheinlich noch länger versteckt bleiben können, doch jemand hatte uns verraten. Ich weiß bis heute nicht, wer. Ich wollte es auch nicht wissen; es war nun einmal geschehen und ich konnte es nicht ändern.
Doch als der Letzte Sklave aus dem Bus ausstieg, war ich überrascht. Es war ein alter Mann; mindestens 65 Jahre alt. Ein Alter, das jemand wie mir normalerweise noch nicht einmal annähernd erreichte. Er sah abgemagert und schwach aus, doch seine Augen...waren der komplette Gegensatz dazu. Voller Ausdruckskraft, Willensstärke und furchteinflößender Intelligenz blickten sie mich direkt an.
Es war dieser Blick der mich abschreckte und mir Angst einflößte.
Es war dieser Blick der mich auch wahnsinnig faszinierte und mich trotz meines schlechten Gefühls anzog.
Und es war dieser Blick, der mich den größten Fehler meines Lebens begehen ließ.


Aber dazu erst später. Denn jetzt passierte das, wovor wir uns am meisten fürchteten. Jedes Jahr wurde einer von den 'Alten', der das letzte Jahr viel Ärger bereitet hatte, vorgeführt und bekam eine Strafe. Nein, er wurde nicht ausgepeitscht oder ähnliches. Es war viel schlimmer.
Vielleicht habt ihr euch schon gefragt, weshalb wir nicht fliehen, wenn wir so stark sind. Dazu müsst ihr wissen, dass unsere Elemente ein fester Teil von uns sind. Sobald wir sie nicht mehr haben, ist es so, als wäre unsere Seele zersplittert. Und an den Folgen sterben wir. Innerhalb von 24 Stunden.
Leider hat der Mensch solch eine Waffe erfunden. Es war gewehrähnliches Gerät, dass anstatt einer normalen Kugel einen Laser abschoss. Sobald dieser rote Strahl unser Herz durchdringt, beginnen die unglaublich starken Schmerzen. Und wir sterben.
Mein Bruder, der normalerweise jedes Mal angespannt neben mir stand, war dieses Jahr nicht ganz so besorgt. Da ich ziemlich viel Ärger machte, mussten wir eigentlich jedes Jahr bangen, dass ich die war, die sterben musste. Aber da erst vor Kurzem ein Mann versucht hatte auszubrechen, wusste jeder, dass er es sein würde.
Zunächst aber begann die Rede des Leiters.
„Sklaven, hört mir zu. Ihr seid alle hier, weil ihr nicht das Recht habt, auf der Erde mit uns Menschen zu weilen. Ihr habt gar nicht das recht, zu existieren. Ihr seid Mutanten, ein Fehler der Natur, unnatürliche Kreaturen. Ihr habt es nur der unglaublichen Güte der Menschen zu verdanken, dass wir euch nicht auslöschen; ausrotten, wie ihr es verdient. Stattdessen lassen wir euch hier ein Leben haben. Das ist mehr, als ihr es eigentlich wert seid. Aber das ist euch anscheinend nicht genug. Es gibt Leute, die es hier nicht mögen. Was erwartet ihr? Ein Wellness-Hotel? Einen Palast? Seid nicht so närrisch. Wir haben die Macht euch auszulöschen. Ihr habt nicht den Hauch einer Chance auf ein Überleben, wenn ihr versucht, auszubrechen. Ja, Nummer 543, ich spreche von dir!“ Das war das Schlimmst. Sie gaben uns Nummern als Namen. Da wir nicht das recht haben, einen Namen zu haben. Wir sollen ja nicht so habgierig sein. Wir sind es nicht wert, einen zu tragen. Tiere, ja, Menschen, sowieso, Sklaven, nein. Himmel, man hatte ja noch nicht einmal einen Namen für uns. Wir sind einfach die Elementsklaven.
Nummer 543 war mittlerweile nach vorne getreten. Der Leiter schlug ihm hart ins Gesicht. „Du wolltest also weg? Und? Hast du es geschafft? Gib es auf. Gebt es alle auf! Wir haben euch in der Hand, ihr könnt nichts gegen uns ausrichten. Ihr glaubt wohl, Ihr wärt schlauer und besser als wir. Aber der Mensch ist besser! Wir stehen über euch! Wir entscheiden über euer Leben!“ An dem Punkt machte er eine kurze Pause und sah uns alle mit einem beinahe wahnsinnigem Gesichtsausdruck an. „Und....wir entscheiden über euren Tod!“ Mit diesen Worten nahm er dem Wächter, der neben ihm stand die Waffe aus der Hand, richtete es auf das Herz von Nummer 543 und drückte ab.
Einen Moment lang passierte gar nichts, dann brach der Mann auf den Boden zusammen und schrie und schrie und schrie. Seine Stimme war von unglaublichen Schmerzen erfüllt. Alle litten mit ihm mit, aber was sollten wir schon machen? Jeder der Wachmänner besaß eine solche Waffe, es war zwecklos, helfen zu wollen. Das Einzige, was wir machen konnten, war abzuwarten und zu hoffen, dass er nicht die vollen 24 Stunden hatte und nur ein paar Stunden durchhielt. Der Mann wurde nicht mehr beachtet, und der Leiter sprach weiter, jetzt aber mit einem Mikrofon, um die Schreie des Mannes zu übertönen. „Seht ihr, was wir alles in der Hand haben? Warum sollten wir euch normal umbringen? Mit einer Pistole, wenn wir doch ein solches Gerät in den Händen halten? Widersetzt euch uns, und ihr werdet Leiden. Versucht zu fliehen, und ihr werdet Leiden. Verstoßt gegen die Regeln, und ihr werdet Leiden.“
Dann war die Rede zu Ende, es bedurfte keiner weiteren Worte. Auch die Neuen wussten, was sie hier zu tun hatten. Schweigend gingen wir zu den Säcken, nahmen einen, und begannen unseren alltäglichen Marsch.


Die nächsten Wochen verliefen ohne weitere Zwischenfälle. Die Neuen machten keinen Ärger, und die Alten würden sich hüten, etwas Schlimmes anzustellen. So war es immer in der ersten Zeit nach der Rede. Die Erinnerung an denjenigen, der diesmal als Beispiel gedient hatte, war einfach noch zu tief eingegraben. Jeder von uns fragte sich: „Warum wir? Warum hatten ausgerechnet wir es verdient, zu sterben?“ Es ist schrecklich, mit einem solchen Gedanken zu leben. Daher hatten nicht wenige angefangen, den Worten des Leiters Glauben zu schenken. Wenn wir unsere Runden durch die Arena drehten, hörte man immer wieder Leute vor sich hin murmeln, wie recht man doch hatte, uns einzusperren und wir es ja im Grunde genommen noch nicht einmal verdient hätten, zu existieren.
Ich jedoch zweifelte nie daran, dass sich eines Tages das Ruder wenden würde. Irgendwann, da war ich mir ganz sicher, würden WIR die Menschen in der Hand haben und sie würden uns für all das um Vergebung bitten, was sie uns angetan hatten. Dann waren wir an der Reihe, sie vor uns im Staub kriechen zu lassen. Sie würde eines Tages leiden müssen, und zwar mindestens genauso viel, wie wir. Dieser Hass, der sich angestaut hatte, und viele meiner Handlungen beeinflusste, kam nur dann zur Ruhe, wenn ich an solche Sachen dachte. Jedoch hätte ich nie gedacht, in welch naher Zukunft meine Gedanken sich bewahrheiten würden.
Es begann damit, dass der alte Mann, der mir schon an seinem ersten Tag aufgefallen ist, wie zufällig neben mir seinen Sack schleppte. Er fiel mir gar nicht auf, bis ich plötzlich eine Stimme neben mir vernahm. „Du bist anders als die Anderen, nicht wahr?“
Ich war geschockt. Nicht nur, dass es uns verboten war, miteinander zu sprechen, auch seine Frage war...irgendwie ZU direkt. Daher ließ ich mich gar nicht mehr zu einer Antwort herab. Ich wollte keinen Ärger. Nicht jetzt am Anfang, in der Phase, in der die Wächter die Macht entdeckten, die sie hatten, und sehr...sagen wir experimentierfreudig sind. Es waren zwar zum Glück keine Gefängnisinsassen, und doch war es erschreckend, mit welcher Leidenschaft sie uns folterten. Anscheinend machten sie uns für all das Schlechte in ihrem Leben verantwortlich. So kam es jedenfalls in den widerlichen Reden rüber, die sie gerne hielten, wenn jemand ausgepeitscht wurde. Ich war wieder vollkommen in Gedanken versunken und beachtete den Mann gar nicht. Im Ernst, ich hatte immer genug Ärger am Hals, auch ohne einen komischen alten Mann, der mich zwar von Anfang an fasziniert hatte, ich gab es ja zu, und doch erschreckende Fragen stellte.
Obwohl ihm das zweifelsohne aufgefallen sein musste, wiederholte er die Frage noch einmal, doch ich achtete weiterhin nur auf meinen Weg.
So wäre es wahrscheinlich auch weitergegangen, doch dann passierte es. Ich hörte seine Stimme IN MEINEM KOPF. Sie war, laut und vibrierte in einer ungemein tiefen Tonlage; sie war von Macht erfüllt und wahnsinnig charismatisch. Vielleicht war es das, was mich anzog. Dieser Gegensatz von diesem kleinen, schmächtigen Mann, dessen Ladung Steine sogar leichter war, als die meines kleinen Bruders und dieser kraftvollen Stimme in meinem Kopf, die nachhallte. Was er sagte? Um ehrlich zu sein, ich wusste es nicht. Ich habe es nicht gehört, ich war noch immer zu geschockt und überrascht von diesem...diesem DING in meinem Kopf, das auch jetzt noch immer echotete. Es jagte mir Angst ein. Was war er? Wie hatte er das gemacht? Beherrschte er etwa auch den Geist, genauso wie ich? Wenn es wirklich so war, weshalb hatte er mich nicht schon vorher manipuliert, damit ich ihm schon vorher Beachtung geschenkt hätte? Was zum Teufel war er?
Vor Schreck war ich stehen geblieben, und ging erst weiter, als mein Bruder mir von der anderen Seite einen Schubs verpasste. Der Mann war weitergegangen, wie ich feststellte, nur Arian stand neben mir. Er hatte zwar nicht den Hauch einer Ahnung, was gerade passiert war, aber er spürte trotzdem, das etwas passiert war und sah mich besorgt an. Ich schüttelte abwehrend den Kopf und lächelte halbherzig. Er machte sich eindeutig immer noch Gedanken, war jedoch schlau genug, um nicht sofort zu fragen.
Wie sollte er auch wissen, was geschehen war? Ich hatte es ja noch nicht einmal selbst verstanden.


(Fortsetzung folgt)


Impressum

Tag der Veröffentlichung: 02.06.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Das Buch ist für Osche, weil du einfach toll bist und mich immer unterstützt <33 <33 (und mich nicht für einen K-Pop-Freak hältst :D)

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