„Denn stark wie der Tod ist die Liebe,
die Leidenschaft ist hart wie die Unterwelt.
Ihre Gluten sind Feuergluten,
gewaltige Flammen.“
Es gab nicht viel zu sagen. Das Schweigen erfüllte den Raum, machte die Stimmung bedrückend, während die Zeit scheinbar still stand. Sibyl zeichnete mit dem Finger das Muster des Holztisches nach, das dunkle Braun hielt ihren Blick fest und einen Moment lang hatte sie das Gefühl, zu fallen. Sie zuckte, eine Träne löste sich aus ihrem Augenwinkel und zersprang auf der Tischkante wie tausende kleine Diamanten in denen sich das Licht spiegelte. Mit leerem Blick schaute sie auf und er schaute zurück, die Augen halb geschlossen, wie immer. Sein Desinteresse war für sie wie ein Stich mitten ins Herz, kurz, aber schmerzhaft.
„Es ist okay.“, hörte sie sich sagen und er zuckte nur die Schultern.
„Ich hatte nichts anderes erwartet.“
Natürlich interessierte es ihn nicht, wie schwer es ihr fiel, diese Worte auszusprechen und dass sie lieber sterben würde, als ihn gehen lassen zu müssen. Die Tränen liefen weiter, lautlos und unbeachtet. Sie schaltete das Radio ein, um die schreckliche Stille zu vertreiben.
“Together in all these memories, I see your smile...“
Er stand auf, ging zum Fenster und starrte hinaus. Sein Blick blieb verschlossen, die Arme hatte er vor der Brust verschränkt. Er würdigte sie nicht eines Blickes. Sibyl starrte ihn an, musterte seinen Rücken, den angespannten Nacken. Sie erinnerte sich an die Zeit, die sie gemeinsam verbracht hatten, die glückliche Zeit. Sie schaute in den Spiegel zu ihrer Rechten und erkannte sich selbst nicht mehr, ihr Blick war müde und traurig, wie der einer alten Frau. Sie war doch noch so jung...
“All the memories I hold so dear...“
Sie umklammerte ihren Oberkörper, die Schmerzen wurden nahezu unerträglich. Einen Moment lang sah sie sich selbst an einer Wand stehen, und sah ihn, wie er mit einem Messer auf sie einstach. Doch dann war das Bild verschwunden und sie war wieder hier, saß am Küchentisch und weinte.
“Darling, you know I’ll love you until the end of time!“
Ihr wurde allmählich schlecht, es waren zu viele Gefühle auf einmal...
„Hast du mich denn überhaupt jemals geliebt?“
Er schaute sie nur entnervt an, seufzte und zuckte wieder die Schultern. „Vielleicht.“
„Ich meinte mich als Person.“, fauchte sie und die Messerstiche raubten ihr den Atem. „Nicht meinen Körper!“
Er schaute wieder zur Seite, aus dem Fenster. „Ich glaube nicht.“
„Dann habe ich umsonst gelebt.“
Einen Augenblick schwieg er, nur wenige Sekunden, die Sibyl vorkamen als sei es eine kleine Ewigkeit.
„Meinst du?“, flüsterte er nur und seine Stimme klang heiser. Als hätte er tatsächlich noch Gefühle für sie...
Neue Hoffnung brannte in Sibyls Herz auf, doch diese wurde im selben Moment wieder zerschlagen. Sie sah ihn gehen, und wusste, dass es für immer war.
Sie hatte das Gefühl zu fallen, immer tiefer in die endlose Leere ihres Verstandes. Und dann war da nichts mehr.
„Wie ein zweischneidiges Schwert ist jedes Unrecht. Für die Wunde, die es schlägt, gibt es keine Heilung. Wer ins Auge stößt, treibt Tränen heraus. Wer ins Herz stößt, treibt die Seele heraus.“
Tag der Veröffentlichung: 12.11.2009
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