Freitag
Der Arbeitstag war zwar kurz, aber anstrengend. Ich freue mich schon auf das kommende Wochenende. Endlich richtig ausschlafen und abschalten. Hoffentlich bricht die Tage kein Brand in unserer Gemeinde aus. Ich bin seit zehn Jahren bei der örtlichen Freiwilligen Feuerwehr tätig. Am Sonntag ist der Muttertag und aus diesem Anlass wollen wir mit den Kameraden und unseren Familien kleine Grillparty auf dem Feuerwehrfestplatz veranstalten. Ich habe gerade fünf Fässer Bier hingebracht. Andere Getränke werden morgen von unserem Getränkeladen geliefert. Herr Baumann, der Verkäufer hat uns noch etwas Stärkeres vorgeschlagen, einen neue Spezialität aus Polen, den Likörwodka. Der soll besonders gut schmecken, etwas für Frauen und Männer. Das sollten wir uns nicht entgehen lassen.
Ganz verschwitzt und müde trete ich durch das Tor unseres Gartens. Sonja, meine Frau, ist gerade am Rasensprengen, unser Töchterchen Katja spielt mit dem Kater Tommy. Als die Kleine mich sieht, springt sie mir juchzend vor Freude in die Arme.
-Papa, Papa, fahren wir morgen in den Serengeti Park? Es ist doch schon Samstag-morgen. Du hast es versprochen…-
Mein Töchterchen schaut mich erwartungsvoll mit ihren großen Rehaugen an.
-Wirklich, habe ich es versprochen, mein Rehlein?- frage ich meine Frau zuzwinkernd.
-Eric, mach keine Witze, Katja wartet schon den ganzen Monat auf diesen Tag- ruft Sonja lächelnd.
Ehrlich gesagt, ich hatte es wirklich vergessen. Die letzten anstrengenden Tage im Büro, schlechte Auftragslage in der Firma und die Vorbereitungen zur Muttertagsfeier haben meine ganzen Gedanken beschäftigt. Das kann ich mir aber bei den beiden nicht anmerken lassen. Unsere fünfjährige Katja ist sehr tierlieb und Elefanten sind ihre absoluten Lieblinge. Seitdem sie den Bericht vom Serengeti Park im Fernseher gesehen hat, redet sie nur über diese Rüsseltiere. Sonja hat in unserem Dorfladen einen Gutschein für den Eintritt in den Park bekommen und die Reise bereits vor einem Monat geplant.
-Na klar war es nur ein Scherz, mein Sonnenschein. Natürlich fahren wir morgen zu den Elefanten.-
-Papa, ich habe eine sehr große Tüte Erdnüsse heute gekauft, Elefanten mögen die sehr, habe ich gesehen…- plappert Katja weiter. -Papi, du bist der Größte, ich liebe dich.-
-Ja, meine Kleine, dann musst du heute brav früh ins Bett, wir müssen um sieben Uhr aufstehen, damit wir genau zum Frühstück der Elefanten da sind.-
-Klar, Papa, gleich nach dem Abendbrot gehe ich schlafen, versprochen. Komm, Mami hat uns etwas Leckeres gekocht und ich habe ihr geholfen.-
Katja nimmt Tommy auf den Arm und läuft schnell ins Haus. Sonja, die gerade fertig mit dem Rasensprengen fertig ist, gibt mir ein Kuss und zusammen folgen wir der Tochter in die Küche.
Der Duft des frisch gebackenen Brotes erinnert mich daran, dass ich seit heute Morgen gar nichts gegessen habe. Sonja ist eine hervorragende Köchin, was nicht so einfach ist, seitdem wir uns vor sechs Jahren auf vegetarisches Essen umgestellt haben. Sie glaubt, es ist gesund und sie möchte die Tiermörder nicht unterstützen. Es war für mich, den Sohn eines Bauern nicht so leicht, mich auf fleischfreies Essen umzustellen. Unsere Tochter hat noch nie Fleisch gegessen und weiß wohl bis heute nicht, dass man Tiere überhaupt essen kann. Seit Katjas Geburt arbeitet Sonja nicht mehr und hat viel Zeit vegetarische Rezepte zu studieren und uns leckere Gerichte zu zaubern. Heute ist es ein bunter Eiersalat mit dem Gemüse aus unserem Garten, dazu Sonjas Spezialbrot mit der Butter von meinem Vater.
Nach dem Abendbrot geht Katja erstaunlicherweise ohne murren und knurren ins Bett. Auf eine tägliche Gutenachtgeschichte verzichtet sie auch, damit sie morgen nicht verschläft. Ich helfe Sonja beim Abwasch und setze mich mit meiner Gitarre vors Haus. Gitarre spielen entspannt und lässt mich die Strapazen des Tages vergessen. Sonja bereitet noch unseren Proviant für den Ausflug vor und einer Stunde später gehen wir schlafen, nichts ahnend, womit uns der nächste Tag überrascht.
Samstag
Um sieben Uhr stehen wir auf. Katja überrascht uns komplett angezogen, mit einem Rucksack in der Küche. Im Nu verspeist sie das selbstgebackene Brötchen mit Mamas Quark, verabschiedet sich von Tommy und läuft zum Auto. Sonja nimmt den Korb mit unserem Proviant und die ganze Familie platziert sich bequem im Wagen. Die Sonne scheint und verspricht einen angenehmen Ausflug. Um dieser Zeit ist der Verkehr noch nicht so dicht, also nehmen wir statt der A2, die Landstrassen, um die schönen Frühlings-aussichten zu genießen. Katja freut sich jedes Mal, wenn sie Tiere auf den Weiden sieht.
-Papa, guck mal, Lämmchen! Warum haben wir keine? Wir haben doch genug Platz im Garten. Und Tommy hätte jemanden zum Spielen, wenn ich nächstes Jahr in die Schule gehe.-
-Gar nicht schlecht, die Idee, mein Schatz. Das müssen wir uns überlegen. Der Opa wird uns schon helfen, ein süßes Lämmchen zu finden- antworte ich.
-Hahaha! Was sagst du denn da, Eric? Dann können wir unseren Gemüsegarten ver-gessen. Katja, wer passt auf das auf Lämmchen, wenn du in der Schule bist?- Sonja ist nicht begeistert.
-Tommy wird schon aufpassen. Er weiß sogar, dass er in den Beeten sein Geschäft nicht erledigen darf. Er bringt dem Lämmchen alles bei, Mami. Bitte, bitte. Papa ist doch einverstanden- fleht Katja.
-Das kommt gar nicht in Frage! Als Nächstes wird es wohl ein Elefant sein, weil wir so viel Platz im Garten haben- sagt Sonja lachend.
Das Thema ist beendet. Den Rest des Weges sitzt Katja ganz ruhig, mit platt gedrückter Nase, an der Scheibe.
Um 10 Uhr landen wir endlich vor den Toren des Parks. Ich würde lieber mit dem Bus rein fahren, aber Sonja besteht auf unseren Wagen. Mein Citröen ist gerade ein halbes Jahr alt und ich habe meine Bedenken. Sonja meint, es wird schon nichts passieren, die Tiere sind es doch gewohnt, jeden Tag Pkws zu sehen. Außerdem hat Katja doch vor, ihre Erdnüsse an die Elefanten zu verfüttern. Aus einem Bus wäre es doch unmöglich. Die Autoschlange vor uns ist ziemlich lang, aber es geht relativ schnell und nach 15 Minuten sind wir drin.
Langsam gelangen wir in die Tierwelt. Es ist die einzige der vier Erlebniswelten, die man nicht zu Fuß erkunden kann. Die Gäste werden auf einer über 110 ha großen Fläche von rund 1.500 frei lebenden Tieren begrüßt, die auf der gut 10 km langen Strecke durch keinerlei Barrieren von der Fahrbahn abgehalten werden. Es erwarten uns dort unter anderem Exoten wie Giraffen, Nashörner, Trampeltiere, Zebras, Antilopen, Löwen, Bengal Tiger, Bären, Paviane, Leoparden, Bisons und vor allem Katjas Lieblinge, die Elefanten.
-Papa, und wo ist Bou Bou?- fragt Katja.
-Bou Bou? Was ist das?-
-Na, das Elefantenbaby. Weißt du es nicht mehr? Hast du doch auch im Fernseh gesehen.-
-Och, stimmt, hab ich vergessen, mein Schatz. Hast du die Erdnüsse für Buo Bou mitgenommen?-
-Na klar, guck mal, den ganzen Rucksack voll.- Katja zeigt mir stolz ihren kleinen Kinderrucksack.
Gleich am Anfang unserer Tour endet jedoch Katjas Traum, Bou Bou mit den Erdnüssen zu beglücken. Ein großer Schild informiert die Gäste, dass das Füttern der Tiere streng verboten ist. Sonja versucht es unserer Tochter zu erklären, aber die Kleine will es nicht verstehen.
-Ich habe mein ganzes Taschengeld dafür ausgegeben- jammert sie enttäuscht.
-Bou Bou wird mir doch nichts antun. Er ist noch so klein.-
Ich ärgere mich, dass ich mich vorher nicht erkundigt habe, wie es alles hier abläuft und mich nur auf Sonja verlassen habe. Die in sicherer Entfernung dösenden Löwen machen mir keine Sorgen. Die Giraffen beachten uns nicht mal. Erst die uns entgegen kommende Affenbande erhöht meine Aufmerksamkeit. Riesige Paviane begutachten den vor uns langsam fahrenden Wagen. Der größte von ihnen, wahrscheinlich der Anführer versucht die Scheibe runter zu kriegen. Als es ihm nicht gelingt, springt er auf die Maske und pinkelt auf die Windschutzscheibe. Katja ist entzückt. Für einen Moment vergisst sie Bou Bou und amüsiert sich prächtig. Ich liebe Tiere über alles, aber meine Gedanken konzentrieren sich auf meinem neuen Citröen. Ich will keine Paviane auf der Maske sehen. Gott sei dank wird mein Wagen verschont. Die Affenbande folgt den Anführer und verschwindet in die Ferne. Ich atme erleichtert auf. Etwas Angst kriege ich, als ein Monster vor mir auftaucht. Ein Nashorn nähert sich langsam unserem Auto, aber im letzten Moment überlegt er sich es anders und wandert zu dem uns folgendem Bus hin. Katja mit dem Rucksack in der Hand schaut sich nach den Elefanten um. Nach einer Stunde gelangen wir endlich zu ihren Lieblingen. Es ist wirklich ein Elefantenbaby dabei. Katja ist nicht mehr zu bremsen.
-Papa, guck mal, Bou Bou! Er schaut mich an! Bitte, bitte, halte an!- schreit sie total aufgedreht.
Ihr Gesicht wird ganz rot vor Aufregung als die Elefantenfamilie sich unserem Wagen nähert und uns den Weg versperrt. Ich werde gezwungen das Auto anzuhalten. Zwei Elefantenkühe streifen leicht meinen Citröen mit den Rüsseln. Ich dachte immer, es wäre ein großes Auto, aber in der Gesellschaft fühle ich mich wie Guliver bei den Liliputaner. Kalter Schweiß strömt auf meinem Rücken. Sonja merkt mein Entsetzen.
-Eric, Schatz entspanne dich, die tun doch nichts- sagt sie sanft.
-Lass die Scheibe runter, wir geben ihnen ein paar Erdnüsse und dann gehen sie bestimmt weg.-
-Es ist doch verboten- sage ich streng.
-Papi, nur für eine Minute, bitte, bitte.-
Ich kapituliere und drehe die Scheibe runter. Zwei riesige Rüssel drängen in das Autoinnere.
-Gib mir den Rucksack Katja, ich mache das schon, du bist zu klein.-
Katja reicht mir ihren winzigen Rucksack, ich nehme eine Handvoll von den Nüssen. Die Dickhäuter schnappen sie sich sofort und schon drängeln die nächsten Rüssel sich durch den Schlitz rein und nehmen sich, was sie kriegen können. Im Nu sind die Erdnüsse alle. Katja quiekt vor Freude. Ich versuche, die mir unwillkommene Elefantenteile aus meinem Wagen, langsam weg zuschieben. Endlich schaffe ich es und drehe die Scheibe hoch, in der Hoffnung, weiter fahren zu können. Das gefällt dem neben stehenden Bullen wohl nicht. Mit einem kräftigen Tritt ruiniert er die Tür auf meiner Seite. Ich könnte vor Wut platzen. Meine Damen auf dem Rücksitz lachen sich kaputt und ich habe nur ein Gedanke, ob die Versicherung den Schaden bezahlt. Letzten Endes, lassen uns die Elefanten weg fahren. Zufrieden begeben sie sich zu dem weiteren Fahrzeug. Hoffentlich werden die Besucher mehr Glück haben. Wie ich im Rückspiegel sehen kann, halten sie sich an die Vorschriften und lassen die Scheiben zu. Nur ich blöder Ochse ließ mich von meinen Mädels verführen.
Auf dem kürzesten Wege fahre ich zur Parkverwaltung. Ich schildere den Vorgang, verschweige natürlich, dass ich die Tiere gefüttert habe. Gott sei dank ist der Serengeti Park für solche Fälle versichert. Nach der Erledigung der Formalitäten gehen wir zu dem für mich heute angenehmeren Teil des Parks, dem Spielplatz. Da wir alle mittlerweile hungrig sind, verspeisen wir unsere Vorräte. Katja und Sonja besuchen noch das Elefantenkarussell und ich genieße in aller Ruhe meinen Cappuccino. Am Montag muss ich mich um den Wagen kümmern. Jetzt will ich nicht mehr daran denken und beobachte mein Töchterchen, das vor Freude quietschend, einen blauen Elefanten besteigt. Eine Stunde später begeben wir uns auf den Heimweg. Katja plappert noch eine Weile und endlich schläft sie ein.
-Bist du sehr sauer?- fragt Sonja.
-Ach was- antworte ich lachend.
-Kann doch jedem passieren, von einem Elefanten getreten zu werden.-
-Du bist ein Schatz- sagt Sonja und gibt mir einen Kuss an die Wange.
Wir fahren über die Autobahn und kommen schnell in unserem Dorf an. Sonja bringt die schlafende Katja ins Haus, ich die leeren Körbe und fahre den Wagen in die Garage. Morgen werde ich den nicht brauchen, wir gehen zu Fuß zu dem Fest bei der Feuerwehr. Kurz betrachte ich noch mal den Schaden an der Tür. So schlimm sieht es nicht aus.
Bin froh, mich vor dem Fernsehen zu setzen und den Rest des Abends mir Fußball-Ergebnisse anschauen zu dürfen. Sonja bereitet noch eine Erdbeerentorte für morgen vor.
Sonntag
Die Sonne und ein sanfter Kuss von Sonja wecken mich um neun Uhr. Ich bin gut gelaunt, trotz der gestrigen Geschichte mit den Elefanten. Nach dem Frühstück helfe ich meiner Frau bei den Salaten, die wir mitnehmen wollen. Katja verschwindet mit geheimnisvollem Gesicht in ihrem Zimmer. Um 12 Uhr packen wir unsere Leckereien in den Picknickkorb und marschieren zu dem Feuerwehrfestplatz. Schon von Weitem hören wir die Feuerwehrband spielen, die heute für Stimmung sorgen soll. Katja erblickt ihre Freundin und läuft schnell zu ihr, um von dem Ausflug zum Serengeti Park zu berichten.
Das Fest beginnt mit der Ansprache von unserem Kommandanten. Er gratuliert allen Müttern zu ihrem Tag und verteilt rote Rosen an sie. Katja gibt Sonja ein kleines Paket und sagt ein nettes Gedicht zum Muttertag auf. Sonja ist überglücklich. Sie öffnet das Paket und staunt. Unser Töchterchen hat ein Bilderbüchlein gebastelt, mit bunten Zeichnungen, die die Mama bei den Hausarbeiten zeigen. Wann hat sie das geschafft?
Wir gesellen uns zu den anderen, der riesige Grill wird angezündet. Es herrscht eine gemütliche Atmosphäre, das Wetter ist fantastisch. Unsere Frauen richten das große Buffet, die Männer kümmern sich um Getränke und Kinder klettern in die heute für sie zugänglichen Feuerwehrwagen. Ein wunderschönes Familienfest. Leckere Salate und Gegrilltes landen auf den Tischen. Natürlich fehlt es auch nicht an Getränken. Ich bin neugierig an den Likörwodka aus Polen. Der schmeckt wirklich gut. Bisschen süß, aber der Geschmack lässt sich mit dem Bier gut neutralisieren. Wir feiern bis zum späten Nachmittag, morgen müssen wir schließlich wieder arbeiten. Irgendwie habe ich die Stärke der polnischen Spirituosen unterschätzt. Zusammen mit dem Bier ist es eine dröhnende Mischung. Zum Glück wohnen wir nicht so weit und Katja übernachtet heute bei der Oma.
Nachdem meine Eltern die kleine abgeholt haben, begeben wir uns mit Sonja auf den Weg nach Hause. Meine Beine scheinen eine Tonne zu wiegen und der Weg doppelt so lang wie sonst. Egal, es war wunderschön heute und ich kann ausschlafen, es ist noch nicht so spät. Ich weiß nicht mehr, wie ich im Bett gelandet bin.
Montag
Der Wecker scheint in meinem Kopf zu klingeln. Kopfschmerzen und Durst schmeißen mich aus dem Bett. Ich habe wohl gestern ein wenig übertrieben mit dem Trinken. Hab fast zwölf Stunden geschlafen, aber der komische Wodka hat mich geschafft. Sonja ist bereits in der Küche und bereitet ein Katerfrühstück für mich. Sie ist ein Schatz die beste Frau der Welt. Der starke Kaffee und Aspirin bringen mich wieder auf die Beine. Es wäre schön, heute mit Sonja zu Hause zu bleiben, aber Pflicht ist Pflicht, ich muss ins Büro. Hoffentlich wird der Tag nicht so anstrengend. Ich gebe meiner Frau einen Kuss und mache mich auf den Weg zur Arbeit.
Die Dorfstrassen bis zur Autobahn sind noch leer um dieser Zeit. Ich fahre schnell auf die Autobahn auf und sehne mich schon nach meinem gemütlichen Sessel im Büro. Der Verkehr ist ziemlich dicht, alle fahren so wie ich, zur Arbeit. Es fängt an leicht zu regnen. Das fehlt noch, hoffentlich komme ich pünktlich an. Fehlanzeige. Die Autos vor mir fahren plötzlich langsamer. Vom Weiten sehe ich schon, was passiert ist, natürlich ein Unfall und Stau. Langsam gelange ich ans Stauende. Da sehe ich schon, dass meine Hilfe benötigt wird. Da ich bei der Feuerwehr bin, habe ich auch eine Ersthelferausbildung und das verpflichtet. Ich steige aus dem Wagen, schnappe mir noch den Verbandkasten und laufe zu der Unfallstelle. Drei zerquetschte Autos versperren den Weg. Bis die ärztliche Hilfe ankommt dauert es bestimmt eine Weile. Zum Glück sieht es alles schrecklicher aus, als es ist. Die betroffenen Fahrer sind wohl auf. Ich prüfe noch zur Sicherheit ihren Zustand, es scheint alles in Ordnung zu sein. Es sind schon die Sirenen der Einsatzwagen zu hören. Schnell gehe ich zu meinem Auto und fahre es auf die Seitenspur, um den Weg für die Polizei- und Krankenwagen frei zu machen. Da fällt mir ein, dass ich meinen Vorgesetzten informieren muss, dass ich später auf der Arbeit erscheine. Während ich telefoniere. hält ein Polizeieinsatzwagen neben mir an. Ein Polizist schaut sich interessiert meinen Citroen an. Er wartet, bis ich fertig bin und steigt aus.
-Guten Morgen! Sind sie auch an dem Unfall beteiligt?- fragt er freundlich.
-Nein, nein- antworte ich schnell. -ich wollte nur helfen, bin Ersthelfer.
-Hm … und was ist mit der Tür von ihrem Wagen?-
Ich hatte ganz vergessen, dass die Wagentür wirklich wie nach einem Autounfall aussieht.
-Ach das? Ist nichts, mich tritt nur ein Elefant- erkläre ich stotternd.
-Oh, ein Elefant, interessant. Darf ich trotzdem Ihre Papiere sehen?- Der Polizist guckt mich prüfend an.
-Ja, natürlich, bitte ...- ein mulmiges Gefühl im Magen erinnert mich daran, dass ich gestern ein wenig mit dem Alkohol übertrieben habe.
-Haben sie Alkohol getrunken?- Die Frage habe ich gefürchtet.
-Nein, heute nicht, ich bin auf dem Weg zur Arbeit- antworte ich unsicher.
-Ja? Dann haben Sie bestimmt nichts dagegen, dass wir eine Kontrolle durchführen? Kommen Sie bitte mit in den Einsatzwagen.-
Der Polizist macht eine einladende Bewegung mit der Hand.
-Ja, klar. Ich wollte nur helfen ...- meine Stimme klingt total idiotisch. Meine Beine werden weich und ich schwitze wie ein Schwein. Habe ein komisches Gefühl, dass ich stark nach Alkohol rieche. Nein, ich bilde es mir nur ein. Langsam folge ich dem Polizeibeamten.
-Bitte kräftig pusten- sagt der und reicht mir ein Gerät ein. Mir wird schlecht, aber was sein muss, muss auch sein. Ich puste in den Alkomat.
-Tja ... 1,1 Promille. Es sieht nicht gut aus Herr Oller.-
-Wir hatten gestern eine Feier bei der Feuerwehr und ...- versuche ich zu klären.
-Und da tritt Sie ein Elefant, nicht wahr?-
Am liebsten würde ich mich in der Luft auflösen. So ein Blödsinn.
-In diesem Zustand dürfen wir Sie nicht weiter fahren lassen. Ihr Wagen wird abgeschleppt und den Führerschein müssen wir leider behalten.-
-Und wie komme ich zur Arbeit?- frage ich eher rhetorisch. Das kann der Polizei egal sein. Zu meinem Erstaunen kriege ich doch eine Antwort.
-Wo müssen Sie hin? Wir können Sie mitnehmen.-
So lande ich dank der Freundlichkeit des Beamten im Polizeiwagen vor meiner Firma. Neugierige Augen in den Fenstern begleiten mich bis zur Eingangstür. Im Treppenhaus begrüßt mich der Abteilungsleiter.
-Was ist passiert Herr Oller?- fragt er neugierig.
-Ich glaube, mich tritt ein Elefant- antworte ich und verschwinde schnell in meinem Büro.
Tag der Veröffentlichung: 30.06.2009
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Widmung:
Herzlichen Dank an Tanja de Groot für ihre Hilfe