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Es geschah vor langer Zeit im großen Russland, wo die Winter weiß, lang und kalt waren. Damals herrschte der Zar über Russland. Die Leute glaubten an Gott, an die Jungfrau Maria und an Jesus Christus. Zu Weihnachten stellten die Leute Tannenbäume in ihren Häusern auf, schmückten sie, und das Christkind brachte Geschenke. Und so war es Jahr für Jahr. Aber dann geschah etwas Unfassbares: Der Zar wurde gestürzt und ein Bürgerkrieg brach aus. In Russland herrschten Chaos, Hunger und Tod. Die meisten Menschen glaubten nicht mehr an Gott, sie gingen nicht in die Kirche und feierten kein Weihnachten.
In diesen schweren Zeiten lebte in einer kleinen Stadt ein Mädchen, das hieß Mascha. Ihre Eltern starben im Bürgerkrieg, und Mascha hatte nur noch ihren Großvater, der sich um sie kümmerte. Als der Hunger in der Stadt unerträglich wurde, gingen Mascha und ihr Großvater ins Dorf, wo Maschas Onkel und Tante mit ihren drei Kindern lebten. Die Tante aber war eine böse Frau, sie schimpfte, meckerte und ließ den Großvater und Mascha alle schweren Arbeiten verrichten. Die beiden arbeiteten fleißig und beklagten sich nicht, sie waren froh, dass sie ein Stück Brot hatten und nicht hungern mussten.
Dann kam der Winter. In diesem Jahr war er sehr hart. Das Mehl und die Erbsen waren aufgegessen, nur ein paar Kartoffeln waren noch übrig. Im Dorf fürchteten die Bauern die Hungersnot. Maschas Tante wurde Tag für Tag mürrischer und ärgerlicher: “Bald haben wir nichts mehr zu essen! Ich kann nicht noch einen alten Mann und ein gefräßiges Kind durchfüttern!”
Maschas Großvater hatte einige wertvolle Sachen aus der Stadt mitgebracht: die Uhren und den Schmuck, die von Maschas Mutter geblieben waren. So fuhr er nach Süden, wo man noch Mehl kaufen konnte, um diese Sachen gegen Brot umzutauschen. Als er das Haus verließ, bat er seinen Sohn, Maschas Onkel: “Gib Acht auf Mascha! Sie hat keine Eltern, seid gut zu ihr!”
Die Tante und der Onkel versicherten dem Großvater, dass es Mascha an nichts fehlen würde, und der alte Mann machte sich auf den Weg.
So vergingen einige Tage. Die Tante ärgerte sich, dass sie die Nichte füttern musste. Eines Tages, als der Onkel nicht zu Hause war, sagte sie zu dem Mädchen: “Mascha, mein Kopf tut mir so weh! Geh ins Dorf, das hinter dem Wald liegt. In diesem Dorf lebt eine Frau, sie hat eine Salbe, die gegen Kopfschmerzen hilft. Bring mir diese Salbe!”
Hinter dem Wald war kein Dorf. Der Wald war endlos groß und dicht. Aber Mascha wusste das nicht. Sie hatte Angst, in den Wald zu gehen. Aber sie konnte sich ihrer Tante nicht widersetzen, da sie vor dem bösen Weib mehr Angst hatte als vor dem Wald.
So ging sie, die Salbe zu holen. Das Mädchen ging weit in den tiefen Wald. Um seine Angst zu stillen dachte es an etwas Fröhliches - an die Weihnachtszeit und das Christkind. Als Mascha schon tief im Wald war, fing ein Schneesturm an. Die großen Schneeflocken landeten auf dem Boden und den Bäumen. Es war für das kleine Mädchen sehr schwer, im Schnee zu laufen, aber Mascha ging weiter und weiter. Plötzlich begriff das Mädchen, dass es sich im Wald verirrt hatte. Mascha konnte nicht zurück ins Dorf, da der Schnee ihre Spuren bedeckte, und sie wusste nicht, wohin sie gehen sollte. Weinend setzte sie sich unter einen Baum und spürte, wie die Kälte ihren kleinen Körper packte. Der Schneefall hörte auf und an seiner Stelle kam der Frost. Das Mädchen hatte nur ihren alten dünnen Mantel und alte Stiefel an. Sie fror am ganzen Körper, sogar die Tränen auf ihrem Gesicht froren zu Eis. Ihre Augen fielen zu, und sie tauchte in tiefen Schlaf. Da hörte sie plötzlich: “Steh auf! Du musst hüpfen wie ich, sonst wirst du erfrieren!”
Mascha sah einen weißen Hasen, der vor ihr stand. Sie stand auf und hüpfte so wie der Hase es tat. So hüpften sie zusammen, bis Mascha ganz erschöpft war. Sie konnte ihre Beine nicht mehr bewegen, fiel in den tiefen Schnee und sagte:
”Ach! Ich kann nicht mehr! Lieber Hase, ich bin so müde und habe keine Kraft! Ich will nur schlafen.”
Der Hase rief: “Bruder Fuchs, komm! Hilf mir!”
Ein roter Fuchs mit buschigem Schwanz kam zu den beiden. Der Hase bat:
“Das Mädchen kann nicht mehr hüpfen wie ich! Es wird erfrieren! Du bist schlau, Bruder Fuchs, sag uns, was wir machen sollen!”
Der Fuchs wickelte sich um Maschas Hals, damit ihre Schultern wärmer würden. Aber es half nicht viel, das Mädchen fror. Es wurde dunkel und noch kälter. Der Fuchs sagte: "Nicht weit von hier ist eine Bärenhöhle. Dort schläft ein alter Bär. Geh in seine Höhle, dort ist es warm!"
“Ach nein, ich habe Angst! Der Bär wird mich auffressen!”, ängstigte sich das Mädchen.
Der Fuchs beruhigte sie:
“Hab keine Angst! Der Bär schläft fest, er wird es nicht merken. Aber sein Pelz ist warm, du wirst nicht frieren.”
Mascha fand die Bärenhöhle und kletterte hinein. Sie legte sich dicht neben den Bären. Das Mädchen wollte schlafen, aber es hatte zu viel Angst. Da erinnerte sie sich, dass Weihnachtszeit war, und betete zu Gott und zum Christkind. Das beruhigte sie, ihre Angst verflog, und sie schlief ein.


Am nächsten Tag kam der Großvater ins Dorf zurück. Er brachte zwei volle Säcke Mehl mit und vier Stück Lebkuchen für die Kinder, da am nächsten Tag der Heilige Abend war. Der Großvater sah sich um und fragte:
“Wo ist Mascha?”
Da jammerte der Onkel:
“Mein böses Weib hat sie in den Wald geschickt! Was kann ich machen? Man kann sie im Wald nicht finden.”
Der Großvater erschrak:
“Bei so einem Frost wird sie erfrieren! Ihr habt kein Herz! Gott wird euch bestrafen!”
Er nahm seinen Schlitten, ein wenig Brot und ging in den Wald, um Mascha zu suchen. Immer wieder rief er nach Mascha, aber bekam keine Antwort. Der Wald blieb still. Da plötzlich sah er einen weißen Hasen, der auf ihn zu hüpfte.
“Tut mir nichts, lieber Mann! Ich zeige dir, wo Mascha ist.”, sprach der Hase. Er brachte den Großvater zur Bärenhöhle, wo Mascha schlief. Das Mädchen hörte die Rufe ihres Großvaters und kam heraus. Sie umarmte ihn und freute sich sehr, ihn zu sehen. Der Großvater setzte seine Enkelin auf den Schlitten und fuhr nach Hause. Aber der Weg war weit, und es war sehr schwer für einen alten Mann, im tiefen Schnee zu laufen. Nach einigen Stunden fiel er erschöpft um und konnte nicht mehr aufstehen. So umarmten sich der Großvater und seine Enkelin, setzten sich unter einem Baum im Schnee und froren. Sie zitterten vor Kälte, ihre Gesichter waren blau, ihre Finger und Füßen steif.
“Das ist unser Ende”, stöhnte der alte Mann. Aber seine Enkelin tröstete ihn: “Nein, Großvater, heute ist doch der Heilige Abend! Es wird uns nichts Böses geschehen, das Christkind lässt es nicht zu!”
Und als sie das ausgesprochen hatte, kam ein Weihnachtsengel, der jedes Jahr zur Weihnachtszeit zur Erde wanderte. Dreimal hatte er gehört, dass Mascha das Christkind erwähnte. Der Engel beeilte sich, um zu sehen, wer im Wald noch an Weihnachten dachte. Als er die beiden entdeckte, rief er das Christkind. Nach einiger Zeit kam das Christkind, viele Weihnachtsengel begleiteten es. Das Christkind gab Mascha und ihrem Großvater prächtige warme Mäntel und Stiefel und sagte:
“Ich bin froh, dass es hier Leute gibt, die mich nicht vergessen haben und an mich glauben.”
Dann wandte sich das Christkind Mascha zu und fragte:
“Liebes Mädchen, hast du einen Wunsch, den ich dir am Heiligen Abend erfüllen kann?”
“Ich will, dass alle Kinder in Russland an Weihnachten immer Geschenke kriegen!”, sprach Mascha sofort ihren Wunsch aus.
“Willst du mir auch helfen, die Geschenke den Kindern zu bringen, so wie meine Engel das tun?”, fragte das Christkind.
“Das geht doch nicht, sie ist kein Engel”, protestieren die Weihnachtsengeln. Das Christkind erwiderte: “Nicht nur Engel können mir helfen. Der Weihnachtsmann hilft mir auch. Habt ihr das vergessen? Er kommt mit seinem Rentierschlitten und bringt den Kindern die Geschenke.”
“Aber sie ist kein Weihnachtsmann.”
“Mein Großvater kann der Weihnachtsmann sein”, schlug Mascha vor. Das Christkind lachte und sprach:
“Du hast Recht, die Kinder in Russland brauchen auch einen eigenen Weihnachtsmann. Aber weil es nur einen Weihnachtsmann geben darf, wird dein Großvater Väterchen Frost heißen, und du, Mascha, bist seine Enkelin. Ab jetzt wirst du Schneegurotschka heißen. Ihr müsst den Kindern Geschenke bringen.”
Seit diesem Heiligen Abend haben die Leute in Russland ihren eigenen Weihnachtsmann - Väterchen Frost!

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Texte: Illustration von der Autorin
Tag der Veröffentlichung: 29.11.2010

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