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Schneeflöckchen


Es lebte vor langer, langer Zeit in einem kleinen Dorf ein hübscher Jüngling namens Alexej. Er war ein schöner, starker und fleißiger Bauer. Seine Eltern hatten einen großen Bauernhof, und er war ihr einziger Sohn. Viele Bauerfamilien, die heiratsfähige Töchter hatten, wollten ihn gern als Schwiegersohn haben. Er war zudem ein mutiger Bursche, sogar ein Bär konnte Alexej keine Angst einjagen. Und er liebte die Winterzeit, da die Bauern im Winter nicht viel Arbeit hatten. Am Abend trafen sich die jungen Leute, machten ein großes Feuer und sprangen darüber, tanzten und sangen, das hielt die Jungen und Mädchen warm. Am Tag fuhren sie Schlitten von den großen Bergen, die nicht weit vom Dorf entfernt waren. Alexej liebte Schlitten fahren, kein Berg war ihm zu hoch oder zu steil und kein Schlitten schnell genug.
Eines Tages, als Alexej mit seinen Freunden am Berg Schlitten fahren war, sah er eine Frau auf einem wunderschönen, kleinen, silbernen Schlitten, der von einem prachtvollen, weißen Pferd gezogen wurde. Die Frau hatte schneeweiße Haut und trug einen schneeweißen Mantel. Sprachlos starrte Alexej die Frau, das Pferd und den Schlitten, ja die gesamte Erscheinung an: So etwas Schönes hatte er noch nie gesehen! Die Frau sah zu Alexej und sprach: „So kleine Berge habt ihr hier, es macht doch keinen Spaß diese Hügel herunterzufahren! Ich kenne einen großen Berg im Norden. Hast du genug Mut, um ihn herunterzufahren?“ „Ich kann jeden Berg herunterfahren!“, antwortete Alexej stolz.
„Dann steig in meinen Schlitten, ich fahre dich zum Berg. Und wenn du ihn herunterfährst und nicht aus dem Schlitten fällst, schenke ich dir einen genauso schönen silbernen Schlitten, wie ich einen habe!“, versprach sie. Alexej überlegte, ob er es wagen sollte, diese fremde Frau zu begleiten. Er wollte schon gern so einen silbernen Schlitten haben, aber die Frau war ihm zu seltsam und unheimlich. Da fragte die Fremde ihn mit kaltem Lachen: „Hast du etwa Angst?!“
„Ich habe keine Angst! Ich gehe mit, und ich werde den Berg hinunterfahren!“, antwortete er tapfer. Seine Freunde aber waren in Sorge um ihn und warnten ihn: „Fahr nicht, Alexej! Diese fremde Frau hat nichts Gutes im Sinn!“
Aber die weiße Frau sah die Burschen nur an, eine schreckliche Kälte wehte von ihr zu ihnen hinüber, und Alexejs Freunde verstummten sofort. Alexej sprang in den Schlitten der fremden Frau, und sie fuhren schnell wie ein Schneesturm davon. Sie fuhren mehrere Stunden in Richtung Norden, Alexej fror fürchterlich und fragte: „Ist es noch weit bis zu deinem Berg?“ „Es ist nicht mehr weit!“, versicherte ihm die Frau, sie sah Alexejs vor Kälte blaues Gesicht und gab Alexej ihren weißen Mantel. Der Junge bedeckte sich mit dem Mantel und schlief augenblicklich ein. Als er wieder erwachte, wusste er nicht, wie lange sie gefahren waren, aber er sah nur von Schnee bedeckte Berge um sich herum. Zwischen zwei Bergen stand ein Schloss. Das Schloss war aus Eis gebaut. Alexej erschrak: „Wo bin ich?“
„Willkommen auf meiner Insel! Hier siehst du mein Schloss. Und ich bin die Eiskönigin.“ Alexej stockte den Atem. Wo bin ich hier nur hinein geraten?, fragte er sich. „Warum hast du mich hierher gebracht? Bitte, gnädige Frau, bring mich zurück in mein Dorf!“, bat Alexej die Eiskönigin. Die Königin erzählte ihm, dass sie eine Tochter hatte, die Schneeflöckchen hieß. Ihre Tochter war sehr einsam auf der Eisinsel und traurig, denn sie wollte einen Freund haben. Darum brachte die Königin ihr einen Freund – Alexej. Er sollte hier ein Jahr leben, dann würde er sich frei entscheiden können: zurück zu den Menschen gehen oder auf der Eisinsel bleiben.
"Für das Jahr, das du hier lebst, wirst du reichlich belohnt! Ich gebe dir ein Pferd, einen silbernen Schlitten und viele Edelsteine", versprach die Königin.
Dann gingen sie ins Schloss hinein. Da sah Alexej die Tochter der Eiskönigin. Als er sie erblickte, verliebte Alexej sich augenblicklich in sie. So ein schönes, weißes Mädchen hatte er noch nie gesehen. Schneeflöckchen ihrerseits verliebte sich sofort in den prächtigen Jungen. Glücklich lebten sie zusammen im Eisschloss. Als die Eiskönigin erfuhr, dass ihre Tochter Alexej liebte, war sie verärgert und sprach zu ihr: „Die Liebe ist nichts für uns, die Wesen aus Eis! Liebe ist ein zu heißes Gefühl für uns. Es wird ein Unglück geschehen!“
Aber Schneeflöckchen wollte nicht auf sie hören, sie liebte ihren Alexej zu sehr und war glücklich darüber, ihn bei sich zu haben. Alles gefiel Alexej auf der Insel, und er war sehr in das Mädchen verliebt, nur die Tage waren zu kurz, und es schien nie die Sonne. Der Himmel war immer grau, und es war immer eiskalt. Als die Zeit für den Frühling kam, überfiel Alexej Sehnsucht nach Wärme und Sonne. Aber auf der Eisinsel war kein Frühling und kein Sommer, noch nicht einmal Herbst, auf der Eisinsel herrschte ewiger Winter. Der Junge dachte oft an seine Eltern, die nicht mehr jung waren, und er war nicht da, um ihnen bei der Arbeit zu helfen. Er sehnte sich nach seinem Dorf, den grünen Wiesen und den bunten Blumen, nach seinen Freunden und sogar nach den Kühen, die friedlich auf der Wiese grasten. Schneeflöckchen sah Alexej oft in Gedanken versunken und traurig auf einer Eisbank sitzen. Das machte sie unglücklich, denn sie liebte ihn. So vergingen nach der Frühlings- auch die Sommer- und die Herbstzeit. Als der Winter wiederkam, sagte die Eiskönigin: „Ein Jahr ist vorbei. Du kannst zurück zu deinen Leuten gehen, zurück in deine Welt.“
Aber Alexej wollte sein geliebtes Schneeflöckchen nicht verlassen und blieb auf der Insel. Nach dem Winter kamen wieder der Frühling und der Sommer. Aber bei der Eiskönigin war weiterhin nur eisiger Winter. Alexej litt noch mehr als im Jahr zuvor. Schneeflöckchen hatte großes Mitleid mit ihm: „Wenn der Winter wieder kommt, bringt meine Mutter dich in dein Dorf zurück! Gehe zu den Menschen, mein Liebster!“
Aber Alexej wollte Schneeflöckchen immer noch nicht verlassen. Er wollte lieber sterben, als ohne sie leben. Er bat sie deshalb darum, mit ihm zu den Menschen zu gehen; seine Eltern sollten sehen, dass er am Leben und wohlauf war. Und alle sollten sehen, dass er so eine schöne Gefährtin hatte. Und er wollte wieder etwas Zeit mit seinen Freunden verbringen. Schneeflöckchen konnte sein Leid nicht mehr sehen, sie beschloss darum, im nächsten Winter mit ihm ins Dorf zu gehen. Doch bis zum Frühling, das stand fest, musste sie zurück auf die Eisinsel kommen, da sie bei Wärme und Sonne nicht überleben konnte.
Als die Winterzeit kam, gab die Eiskönigin den beiden schöne Pelzmäntel, silberne Schlitten mit weißen, prächtigen Pferden und eine Truhe voller Edelsteine. Zum Abschied warnte die Eiskönigin ihre Tochter: „Halte dich fern vom Feuer, bleib dort, wo es kalt ist. Ich werde einen sehr harten Winter zu den Menschen schicken, damit es dir leichter bei ihnen wird. Im März aber, wenn der Frühling nah ist, musst du zurück. Und das Wichtigste: Du darfst Alexej nicht küssen! Bei den Menschen ist es nicht so kalt wie auf unserer Insel, heiße Küsse bringen dich dort zum Schmelzen.“
Schneeflöckchen versprach ihrer Mutter, ihrem Rat zu folgen, und fuhr mit Alexej Richtung Süden. Als Alexejs Eltern ihren Sohn mit dem schönen Mädchen sahen, weinten sie vor Freude. Alexej erzählte seinen Eltern, dass er zwei Jahre bei der Eiskönigin gelebt hatte und Schneeflöckchen ihre Tochter war. Die Eltern hatten Angst vor der Eiskönigin, aber sie freuten sich über das gute Mitgift, das die Schwiegertochter brachte: Ein prächtiges Pferd, so wie es kein Bauer im Dorf hatte, einen silbernen Schlitten und eine Truhe voller Edelsteine. Sie waren jetzt reich und mussten nie mehr arbeiten! Nur wunderten sie sich über Schneeflöckchen, wunderten sich darüber, dass sie so weiß war und nie das warme Haus betrat, wo im Ofen ein Feuer brannte. Alexej baute für Schneeflöckchen ein kleines Haus im Hof, ohne heißen Ofen. Im Haus stand ein Bett ohne warme Decke, dort schlief Schneeflöckchen in der Nacht. Am Tag hielt das weiße Mädchen sich meistens draußen auf, wo es in diesem Winter ungemein kalt war. Jeden Tag herrschte dort klirrender Frost, den schickte die Eiskönigin, die sich große Sorgen um ihre Tochter machte. So vergingen die drei Wintermonate.
Als der März kam und Schneeflöckchen zurück musste, wurde Alexej traurig, es fiel ihm schwer, seine Eltern und das Dorf zu verlassen. Schneeflöckchen tat ihr Geliebter leid, und sie verschob ihre Abreise für eine Woche. Draußen war noch Frost, und sie sah deshalb keine Gefahr für sich. Es gab einen Brauch bei den Menschen: Wenn der März kam, feierten sie den Abschied vom Winter. Sie feierten eine ganze Woche lang, buken Pfannkuchen, tranken Honig und machten ein großes Feuer. Die Leute sangen Lieder zur Begrüßung des Frühlings und der Sonne, tanzten und sprangen über die Flammen. Obwohl der März sehr kalt war, wurde wie immer der Abschied vom Winter gefeiert und nach dem Frühling gerufen.
So wie alle Dorfbewohner diese Feier liebten, so liebte auch Alexej sie. Er veranstaltete mit den jungen Männern des Dorfes einen Wettkampf: Wer am höchsten über das Feuer springt. Der Sieger sollte dann die schönste Jungfrau des Dorfes küssen. Diese Jungfrau war Katarina, ein schwarzhaariges, schwarzäugiges Mädchen. Katarinas Gesicht war rosig und Freude strahlte aus ihren Augen, sie lachte und sang gern. Katarina war das Gegenteil von Schneeflöckchen, die weiß, kalt und immer traurig war. Schneeflöckchen war eifersüchtig. Sie stand niedergedrückt weit vom heißen Feuer entfernt – sie durfte ja nicht nah herangehen – und schaute den jungen Leuten zu. Sie beobachtete ihren Geliebten; er sprang am höchsten und wurde, wie immer, der Sieger. Katarina küsste nun Alexej, und alle lachten fröhlich. Nur Schneeflöckchen war unglücklich.
Drei Tage lang wurde weitergefeiert, die jungen Leute hatten viel Spaß, es wurde viel getrunken, Pfannkuchen gegessen und gelacht. Als Alexej dann abermals Feuerspringen siegte und Katarina zu ihm eilte, um ihn zu küssen, konnte Schneeflöckchen es nicht mehr ertragen: Sie stellte sich zwischen die beiden und sagte entschlossen: „Ich küsse meinen Alexej und keine andere!“
Und so machte sie es auch. Sie küsste ihn, und küsste, und küsste. Das Feuer war zu nah, der Kuss war zu heiß, ein liebevoller, inniger Kuss … Schneeflöckchen fing an zu schmelzen, Alexej schrie erschrocken: „Nein! Warum hast du das getan?“
„Ich konnte es nicht ertragen, dass dich eine andere küsst“, sprach sie schwach. „Leb wohl, mein Liebster!“ Schneeflöckchen schwand und schrumpfte, taute und löste sich auf … bis es sie nicht mehr gab. Bitter weinte Alexej.
Seitdem war sein Herz von Gram und Kummer erfüllt, nie mehr wieder wurde er ein fröhlicher Mann. Es vergingen die Jahre, Alexej heiratete und zeugte viele Kinder. Aber nie mehr liebte er so sehr, wie er bei seinem Schneeflöckchen geliebt hatte. Er konnte sie nie vergessen. Wenn der Winter kam und Schnee auf die Erde fiel, und dann eine Schneeflocke auf seiner Hand landete und schmolz, so weinte er bitterlich und schluchzte: „Schneeflöckchen! Schneeflöckchen!“




Väterchen Frost und seine Enkelin


Es geschah vor langer Zeit im großen Russland, wo die Winter weiß, lang und kalt waren. Damals herrschte der Zar über Russland. Die Leute glaubten an Gott, an die Jungfrau Maria und an Jesus Christus. Zu Weihnachten stellten die Leute Tannenbäume in ihren Häusern auf, schmückten sie, und das Christkind brachte Geschenke. Und so war es Jahr für Jahr. Aber dann geschah etwas Unfassbares: Der Zar wurde gestürzt und ein Bürgerkrieg brach aus. In Russland herrschten Chaos, Hunger und Tod. Die meisten Menschen glaubten nicht mehr an Gott, sie gingen nicht in die Kirche und feierten kein Weihnachten.
In diesen schweren Zeiten lebte in einer kleinen Stadt ein Mädchen, das hieß Mascha. Ihre Eltern starben im Bürgerkrieg, und Mascha hatte nur noch ihren Großvater, der sich um sie kümmerte. Als der Hunger in der Stadt unerträglich wurde, gingen Mascha und ihr Großvater ins Dorf, wo Maschas Onkel und Tante mit ihren drei Kindern lebten. Die Tante aber war eine böse Frau, sie schimpfte, meckerte und ließ den Großvater und Mascha alle schweren Arbeiten verrichten. Die beiden arbeiteten fleißig und beklagten sich nicht, sie waren froh, dass sie ein Stück Brot hatten und nicht hungern mussten.
Dann kam der Winter. In diesem Jahr war er sehr hart. Das Mehl und die Erbsen waren aufgegessen, nur ein paar Kartoffeln waren noch übrig. Im Dorf fürchteten die Bauern die Hungersnot. Maschas Tante wurde Tag für Tag mürrischer und ärgerlicher: “Bald haben wir nichts mehr zu essen! Ich kann nicht noch einen alten Mann und ein gefräßiges Kind durchfüttern!”
Maschas Großvater hatte einige wertvolle Sachen aus der Stadt mitgebracht: die Uhren und den Schmuck, die von Maschas Mutter geblieben waren. So fuhr er nach Süden, wo man noch Mehl kaufen konnte, um diese Sachen gegen Brot umzutauschen. Als er das Haus verließ, bat er seinen Sohn, Maschas Onkel: “Gib Acht auf Mascha! Sie hat keine Eltern, seid gut zu ihr!”
Die Tante und der Onkel versicherten dem Großvater, dass es Mascha an nichts fehlen würde, und der alte Mann machte sich auf den Weg.
So vergingen einige Tage. Die Tante ärgerte sich, dass sie die Nichte füttern musste. Eines Tages, als der Onkel nicht zu Hause war, sagte sie zu dem Mädchen: “Mascha, mein Kopf tut mir so weh! Geh ins Dorf, das hinter dem Wald liegt. In diesem Dorf lebt eine Frau, sie hat eine Salbe, die gegen Kopfschmerzen hilft. Bring mir diese Salbe!”
Hinter dem Wald war kein Dorf. Der Wald war endlos groß und dicht. Aber Mascha wusste das nicht. Sie hatte Angst, in den Wald zu gehen. Aber sie konnte sich ihrer Tante nicht widersetzen, da sie vor dem bösen Weib mehr Angst hatte als vor dem Wald.
So ging sie, die Salbe zu holen. Das Mädchen ging weit in den tiefen Wald. Um seine Angst zu stillen dachte es an etwas Fröhliches - an die Weihnachtszeit und das Christkind. Als Mascha schon tief im Wald war, fing ein Schneesturm an. Die großen Schneeflocken landeten auf dem Boden und den Bäumen. Es war für das kleine Mädchen sehr schwer, im Schnee zu laufen, aber Mascha ging weiter und weiter. Plötzlich begriff das Mädchen, dass es sich im Wald verirrt hatte. Mascha konnte nicht zurück ins Dorf, da der Schnee ihre Spuren bedeckte, und sie wusste nicht, wohin sie gehen sollte. Weinend setzte sie sich unter einen Baum und spürte, wie die Kälte ihren kleinen Körper packte. Der Schneefall hörte auf und an seiner Stelle kam der Frost. Das Mädchen hatte nur ihren alten dünnen Mantel und alte Stiefel an. Sie fror am ganzen Körper, sogar die Tränen auf ihrem Gesicht froren zu Eis. Ihre Augen fielen zu, und sie tauchte in tiefen Schlaf. Da hörte sie plötzlich: “Steh auf! Du musst hüpfen wie ich, sonst wirst du erfrieren!”
Mascha sah einen weißen Hasen, der vor ihr stand. Sie stand auf und hüpfte so wie der Hase es tat. So hüpften sie zusammen, bis Mascha ganz erschöpft war. Sie konnte ihre Beine nicht mehr bewegen, fiel in den tiefen Schnee und sagte: ”Ach! Ich kann nicht mehr! Lieber Hase, ich bin so müde und habe keine Kraft! Ich will nur schlafen.”
Der Hase rief: “Bruder Fuchs, komm! Hilf mir!”
Ein roter Fuchs mit buschigem Schwanz kam zu den beiden. Der Hase bat: “Das Mädchen kann nicht mehr hüpfen wie ich! Es wird erfrieren! Du bist schlau, Bruder Fuchs, sag uns, was wir machen sollen!”
Der Fuchs wickelte sich um Maschas Hals, damit ihre Schultern wärmer würden. Aber es half nicht viel, das Mädchen fror. Es wurde dunkel und noch kälter. Der Fuchs sagte: "Nicht weit von hier ist eine Bärenhöhle. Dort schläft ein alter Bär. Geh in seine Höhle, dort ist es warm!"
“Ach nein, ich habe Angst! Der Bär wird mich auffressen!”, ängstigte sich das Mädchen.
Der Fuchs beruhigte sie: “Hab keine Angst! Der Bär schläft fest, er wird es nicht merken. Aber sein Pelz ist warm, du wirst nicht frieren.”
Mascha fand die Bärenhöhle und kletterte hinein. Sie legte sich dicht neben den Bären. Das Mädchen wollte schlafen, aber es hatte zu viel Angst. Da erinnerte sie sich, dass Weihnachtszeit war, und betete zu Gott und zum Christkind. Das beruhigte sie, ihre Angst verflog, und sie schlief ein.
Am nächsten Tag kam der Großvater ins Dorf zurück. Er brachte zwei volle Säcke Mehl mit und vier Stück Lebkuchen für die Kinder, da am nächsten Tag der Heilige Abend war. Der Großvater sah sich um und fragte: “Wo ist Mascha?”
Da jammerte der Onkel: “Mein böses Weib hat sie in den Wald geschickt! Was kann ich machen? Man kann sie im Wald nicht finden.”
Der Großvater erschrak: “Bei so einem Frost wird sie erfrieren! Ihr habt kein Herz! Gott wird euch bestrafen!”
Er nahm seinen Schlitten, ein wenig Brot und ging in den Wald, um Mascha zu suchen. Immer wieder rief er nach Mascha, aber bekam keine Antwort. Der Wald blieb still. Da plötzlich sah er einen weißen Hasen, der auf ihn zu hüpfte.
“Tut mir nichts, lieber Mann! Ich zeige dir, wo Mascha ist.”, sprach der Hase. Er brachte den Großvater zur Bärenhöhle, wo Mascha schlief. Das Mädchen hörte die Rufe ihres Großvaters und kam heraus. Sie umarmte ihn und freute sich sehr, ihn zu sehen. Der Großvater setzte seine Enkelin auf den Schlitten und fuhr nach Hause. Aber der Weg war weit, und es war sehr schwer für einen alten Mann, im tiefen Schnee zu laufen. Nach einigen Stunden fiel er erschöpft um und konnte nicht mehr aufstehen. So umarmten sich der Großvater und seine Enkelin, setzten sich unter einem Baum im Schnee und froren. Sie zitterten vor Kälte, ihre Gesichter waren blau, ihre Finger und Füßen steif.
“Das ist unser Ende”, stöhnte der alte Mann. Aber seine Enkelin tröstete ihn: “Nein, Großvater, heute ist doch der Heilige Abend! Es wird uns nichts Böses geschehen, das Christkind lässt es nicht zu!”
Und als sie das ausgesprochen hatte, kam ein Weihnachtsengel, der jedes Jahr zur Weihnachtszeit zur Erde wanderte. Dreimal hatte er gehört, dass Mascha das Christkind erwähnte. Der Engel beeilte sich, um zu sehen, wer im Wald noch an Weihnachten dachte. Als er die beiden entdeckte, rief er das Christkind. Nach einiger Zeit kam das Christkind, viele Weihnachtsengel begleiteten es. Das Christkind gab Mascha und ihrem Großvater prächtige warme Mäntel und Stiefel und sagte: “Ich bin froh, dass es hier Leute gibt, die mich nicht vergessen haben und an mich glauben.” Dann wandte sich das Christkind Mascha zu und fragte: “Liebes Mädchen, hast du einen Wunsch, den ich dir am Heiligen Abend erfüllen kann?”
“Ich will, dass alle Kinder in Russland an Weihnachten immer Geschenke kriegen!”, sprach Mascha sofort ihren Wunsch aus.
“Willst du mir auch helfen, die Geschenke den Kindern zu bringen, so wie meine Engel das tun?”, fragte das Christkind.
“Das geht doch nicht, sie ist kein Engel”, protestieren die Weihnachtsengeln. Das Christkind erwiderte: “Nicht nur Engel können mir helfen. Der Weihnachtsmann hilft mir auch. Habt ihr das vergessen? Er kommt mit seinem Rentierschlitten und bringt den Kindern die Geschenke.”
“Aber sie ist kein Weihnachtsmann.”
“Mein Großvater kann der Weihnachtsmann sein”, schlug Mascha vor. Das Christkind lachte und sprach: “Du hast Recht, die Kinder in Russland brauchen auch einen eigenen Weihnachtsmann. Aber weil es nur einen Weihnachtsmann geben darf, wird dein Großvater Väterchen Frost heißen, und du, Mascha, bist seine Enkelin. Ab jetzt wirst du Schneegurotschka heißen. Ihr müsst den Kindern Geschenke bringen.”
Seit diesem Heiligen Abend haben die Leute in Russland ihren eigenen Weihnachtsmann - Väterchen Frost!

Impressum

Texte: Illustrationen von Autorin
Tag der Veröffentlichung: 09.01.2009

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
"Schneeflockchen" - Erstveröffentlichung in der Anthologie "Winter - Das perfekte Lesebuch für kalte Tage" Lerato Verlag "Väterchen Frost und seine Enkelin" - in der Anthologie "Nicht nur Weihnachtsmärchen..." Balthasar Verlag

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