Vom Normalo zum Star
Kapitel 1
Die Sonne strahlte durch die Fenster des Waisenhauses. Es war kalt. Die Sonnenstrahlen wärmten nur wenig, jedoch reichte diese Wärme um den restlichen Schnee von vorgestern zum Schmelzen zu bringen. Man merkte, dass der Winter endlich zu Ende ging, denn die ersten Blumen schossen aus der Erde und sonnten sich in den ersten Sonnenstrahlen dieses Morgens. Vom Garten hörte man fröhliches Lachen und gleich darauf zwei Kinder, die gefolgt von einem älteren Mädchen, um die Ecke des Hauptgebäudes schossen. „Ich werde euch schon noch kriegen“, rief das ältere Mädchen und blieb stehen. Sie versteckte sich in einer Nische und wartete bis die beiden Jüngeren zurückkehrten. Nicht eine Minute ist vergangen und die Kleinen kamen wirklich zurück geschlichen. „Wuaaaaaaaa!!!! Hab ich euch!!!“ Die Kleinen schrien so laut sie konnten und eines fiel sogar vor lauter Schreck rückwärts auf den Boden. „Los jetzt ab in die Schule“ sagte die Ältere und nahm die Beiden an die Hand.
„Morgen, Hilary. Hallo Lars. Hi, Timo. Wie geht’s euch denn?” Wie jeden Morgen stiess, auf dem Weg in die Schule, meine Freundin Alex zu uns. Das tollste ist, dass sie ganz in der Nähe von mir wohnte und, dass wir in dieselbe Klasse gingen. Wir sind uns so ähnlich…. Wir könnten Schwestern sein, auf diese Idee kamen wir, als wir das letzte Mal „Ein Zwilling kommt selten allein“ gesehen hatten. Deshalb hat Alex auch mal, ganz unauffällig, zuerst ihre Mutter und danach ihren Vater gefragt, ob sie wirklich nur ein Einzelkind war. Nicht, dass einer der beiden schon einmal ein Kind mit einem anderen Partner bekommen hatte und dies vielleicht, zufällig Hilary heisst und in ein Waisenhaus gebracht wurde. Doch ihre Eltern lachten nur und verneinten. Schon als ich klein war hatte ich mich super mit Alex verstanden. Wir hatten keine Geheimnisse voreinander. So wusste Alex auch, dass ich unbedingt meine Eltern finden und sie kennenlernen möchte. „Uns geht`s gut“ antwortete ich „und wie geht’s dir?“ Sie bejahte und wir machten uns weiter auf den Weg zum Bahnhof. Alex und ich verabschiedeten uns von den kleinen und rannten zu unserem Bus, wie jeden Morgen….
Wir begrüssten die Anderen von unserer Klasse die ebenfalls auf den Bus mussten. „In der ersten Lektion schon Mathe. Ich hasse dieses Fach, ich verstehe genau NICHTS!“ meckerte Debi. „Ohhhhhhhhh….. Hat jemand die Hausaufgaben von Englisch gemacht?“ fragte Marie, von mir Mango genannt. Ich hab ihr diesen Namen gegeben, da sie in jeder freien Minute getrocknete Mangos ass. Jedoch antwortete Niemand auf ihre Frage. „Hilary, bitte hilf mir beim Englisch…. Bitte…“ flehte sie mich an. Ich hatte viele Sprachen von Andrea gelernt. Sie ist eine Pflegerin und Vertrauensperson im Waisenhaus. Zurück zu Mango. Ich bejahte und wir wurden gerade noch fertig bevor wir aussteigen mussten.
Die Stunde begann und wir wurden von einer Mathematikprüfung überrascht…. Wir waren alles andere als Glücklich nachdem wir unsere Prüfung abgegeben hatten und wieder an unseren Plätzen sassen (leider mussten wir uns immer umsetzen oder unsere Tische auseinanderziehen damit wir nicht voneinander abschreiben, was uns natürlich total nervt, da wir doch NIE abschreiben). Nach dieser Stunde hatten wir bei unserem Hauptlehrer Schule, doch statt ihm kam ein anderer und berichtete uns, dass unser Hauptlehrer heute krank sei. Wir jubelten und durften dann nach Hause.
„Und wie fühlst du dich?“ wollte Alex wissen. „Wie soll ich mich denn fühlen?“ war meine Gegenfrage. „Na ja, du wirst morgen immerhin 16 Jahre alt. Dir werden neue Türen geöffnet, das heisst: Geschenke, Überraschungen und vieles mehr. Also wie fühlst du dich jetzt noch mit 15?“ „Immer noch gleich wie vor 5 Minuten. Ausserdem wird sich sowieso nicht viel ändern, ich werde immer noch im Waisenhaus wohnen, die gleichen Kleider tragen und mit dir zur Schule gehen. Also wird sich nichts ändern. Bei mir wird höchstens ein kleines Fenster aufgehen, wenn überhaupt! Und von dem kann ich mir nicht all zu viel erhoffen!“ antwortete ich und schaute in die Ferne wo sich immer mehr schwarze Wolken bildeten. Es gibt also wieder Schnee, passend zu meinem Geburtstag. Immerhin EIN Geschenk. „Wie kannst du so etwas sagen?????“ Alex hielt mich nun an den Schultern fest und schüttelte mich leicht. „Auch wenn du eine Waise bist, du hast zum Beispiel mich, ich schenke dir etwas zum Geburtstag. Das ist ein Teil, zumindest ein kleiner, der zu dieser Tür gehört. Du weisst nicht was ab Morgen passieren wird. Sieh das alles als deine grosse Tür und nicht als kleines Fenster! Das Leben steckt voller Überraschungen. Glaube daran!“ Damit verabschiedete Alex sich und ging.
An diesem Abend lag ich lange wach. Ich dachte über alles nach, was Alex mir heute gesagt hatte. In dieser Nacht konnte ich kaum schlafen. Um 5 Uhr früh entschloss ich mich aufzustehen, da ich schon mindestens 2 Stunden wach lag (da ahnte ich noch nicht was auf mich zukam). Ich zog mich an und ging Richtung Wald. Was sollte ich auch sonst tun? Ich nahm unseren Hund Lola mit. Lili hatte ihn vor einem Jahr als Welpe gefunden und ins Waisenhaus mitgenommen. Die Heimleiterin protestierte zuerst gegen den Hund, als sie ihn dann aber sah (sie wollte eigentlich mit im schimpfen), konnte sie nicht anders als ihn zu unserem Maskottchen zu machen. Er gehörte von da an zur Familie. Also nahm ich Lola und wir gingen eine Weile dem Waldweg entlang. Natürlich hatte ich für Lola ein paar Leckerlis dabei und ich lernte ihr auf der Lichtung ein paar Kunststücke. Als wir beide dann am Ende unserer Kräfte waren vom ganzen Rumtollen und Kunststücke lernen, setzte ich mich auf eine Bank. Mittlerweile ist es hell geworden.
Ich hatte meine Zeitschrift dabei, aus der ich nun las und dabei Musik hörte. Ich sah auf dem Bild Maria Montez, so müsste man aussehen… Sie ist Model und Schauspielerin. Blonde, lange und wellige Haare, lange Beine, schöne schlanke aber nicht abgemagerte Figur…. Einfach wunderschön. Sie ist mit Jo Anderson zusammen und das seit 17 Jahren. Er ist Sänger und Schauspieler. Er ist ebenso Berühmt wie Sie. Die beiden haben auch schon einen Film zusammen gedreht und wie die Personen selbst, war auch der Film perfekt und wunderschön.
Lola riss mich aus den Gedanken und träumen. Sie stupste mich leicht mit der Schnauze an. „Ja…“, sagte ich „gehen wir nach Hause.“ Auf dem Heimweg bekam ich eine SMS (ja ich hatte ein Handy, Alex war so nett mir ihr altes zu überlassen als sie ein neues bekam).
An: Hilary
Von: Alex
Nachricht: Alles Gute zum Geburtstag!!! Bist du schon wach? Kann ich rüberkommen? Liebe Grüsse Alex
Ich sah auf die Uhr. Es war schon 7:30 Uhr. Ach du Schreck…. War ich jetzt schon zweieinhalb Stunden im Wald? Die Nachricht hat sie mir vor 10 Minuten geschickt. Ich muss aufpassen, dass ich, währendem ich schreibe, nicht stolpere.
An: Alex
Von: Hilary
Nachricht: Dankeschöööööööööööön…. Ja bin wach und in ca. 10 Minuten im Waisenhaus. Komm rüber, es gibt bald Frühstück. Liebe Grüsse Hilary
Zurück im Waisenhaus sah ich Alex schon von weitem. Sie winkte mir zu und brüllte laut: „Sie kommt!“ Alle strömten heraus und sangen mir ein Ständchen. Ich war gerührt und total überrascht. Mit einem solchen Empfang hätte ich nicht gerechnet. Ich bedankte mich bei allen.
Andrea rief zum Essen und wir gingen in den grossen Esssaal. Bevor ich jedoch hinein gehen konnte, wurde ich von Andrea gerufen. „Ich gratuliere dir zum Geburtstag meine Grosse.“ Das erstaunte mich, sonst sagt sie immer „meine Kleine“. Ich glaube sie hat meine Gedanken gelesen denn sie sagte: „Na ja, du bist nun 16 und aus dem Alter heraus wo man dir Kleine sagt. Meinst du nicht?“ Wir schauten uns an und mussten lachen. Nachdem wir uns wieder im Griff hatten fuhr Andrea fort. „Ich habe eine Überraschung für dich. Ist das okay wenn du, sagen wir mal in 2 Stunden so um 10 Uhr, in mein Büro kommst?“ Ich sagte zu und wir liessen uns das Frühstück schmecken.
Nach dem Essen, es ging wie immer laut und chaotisch zu und her, gingen Alex und ich in den kleinen Wintergarten. Wir wollten ein wenig unsere Ruhe haben. Wir sahen aus dem Fenster. Draussen spielten ca. 10 Kinder. Zwei bauten einen Schneemann und die Anderen lieferten sich eine Schneeballschlacht. Der Himmel hatte mir wirklich Schnee zum Geburtstag geschenkt, was nicht immer selbstverständlich war im März. „Du hattest recht mit dem was du gestern gesagt hattest“ begann ich. Ich musste ihr das einfach sagen. Immerhin lag ich die ganze Nacht deswegen wach in meinem Bett. „Egal was der Tag uns gibt, es ist ein Geschenk. Wir können froh sein, dass wir leben. Es gibt viele die in meinem Alter sind und denen geht es schlechter als mir. Ich wollte dir das nur sagen. Schön dass es dich gibt.“ Alex sah mich an, umarmte mich und drückte mir ein Kuss auf die rechte Backe.
Sie war echt klug (manchmal). Sie ist einfach die beste Freundin die es gibt. Sie überreichte mir ihr Geschenk. Es war riesig und ich fragte mich was da wohl drin sein mochte. „Ich hoffe es gefällt dir. Ich dachte solche Sachen könntest du vielleicht gebrauchen.“ Ich riss das Papier auf. Ich war überwältigt. Darin befand sich ein wunderschönes, rotes Kleid. „Wow Alex… Ich bin sprachlos. Das ist wunderschön. Vielen, vielen Dank. Hat das deine Mutter gemacht?“ Sie nickte und reichte mir ein weiteres Geschenk. Ich schaute sie sprachlos an. „Du dachtest doch wohl nicht das sei alles?“ Nun war ich echt sprachlos. Sprachloser als sprachlos (gibt es diesen Ausdruck überhaupt?). Ich nahm es und öffnete es natürlich sofort. Darin befanden sich zwei Schachteln. In der einen Schachtel war ein passendes paar Schuhe in rot. Ich probierte sie gleich an. Sie hatten einen 10 cm Absatz. Ich versuchte ein paar Schritte zu gehen und merkte, dass es ziemlich schwer war. Jedoch nahm ich mir fest vor, das zu üben. In der anderen Schachtel, die ich danach öffnete, befanden sich ein Haufen Kosmetik: 2 Lippenstifte, 2 Liedschattenkästchen mit je 5 verschiedenen Farben, 3 Mascaras und so weiter. Ich sah sie fassungslos an. Sie hatte für mich (zu-) viel Geld ausgegeben. „Das kann ich nicht alles annehmen! Du hast ein Vermögen dafür ausgegeben. Das geht nicht“, stammelte ich. Sie sah mir tief in die Augen und sagte: „Hörzu! Du hast das alles verdient. Du musstest schon auf so vieles im Leben verzichten, da dachte ich mir, da du dir sonst nichts gönnst, dass ich das für dich übernehme. Ausserdem ist das alles nicht nur von mir.“ Ich sah sie fragend an. „Das Kleid ist von meiner Mutter für dich. Die Schuhe sind von meinem Vater und die Kosmetik ist von mir. Und ich sag dir, wenn du das nicht annimmst dann werfe ich das alles weg. Und das wäre doch echt Verschwendung, meinst du nicht auch? Ausserdem ist das Kleid auf deine Proportionen Massgeschneidert.“ Ich lachte sie an und meinte, dass das wirklich Verschwendung wäre. Ich bedankte mich mit einer Umarmung und einem Kuss auf die Wange.
Um viertel vor zehn musste Alex nach Hause und sagte mir ich solle ihr ja berichten was die grosse Überraschung von Andrea war. Ich versprach es. Und machte mich nachdem sie gegangen war, auf den Weg zu Andreas Büro. Ich klopfte zweimal und machte dann die Tür auf. Sie begrüsste mich und wies auf den Sessel der vor ihrem Schreibtisch stand. Ich sah sie erwartungsvoll an. Ich hatte mir schon verschiedene Sachen überlegt was die grosse Überraschung sein konnte. Hier meine Ideen:
1. Ein Fernseher (die älteren bekamen einen in ihr Zimmer)
2. Ein Gutschein
3. Ein Kinoticket
4. Ein Ticket für ein Konzert (das glaube ich allerdings eher weniger)
5. Ein Haustier
6. Ein Handy
7. Eine Villa (man darf doch mal träumen)
Ich hab mir das alles nochmal gründlich überlegt was möglich war und was nicht. Dann fang ich mal an. Der Fernseher: ich weiss, dass man den erst mit 18 (frühestens) bekommt. Der Gutschein: kann nicht sein, das sagt mir mein Gefühl. Das Kinoticket: das hat auch schon jemand bekommen. Ein Ticket für ein Konzert: schlicht und einfach zu teuer(Anreise, das Ticket, Verpflegung, etc.). Ein Haustier: wir haben ja schon Lola. Das Handy: ich hab ja schon eins. Eine Villa: ich konnte nicht wiederstehen zu träumen. Ich hab danach die Sachen die total absurd, Spinnerei, Träumerei, etc. waren, durchgestrichen. Hier das Ergebnis:
1. Ein Fernseher (die älteren bekamen einen in ihr Zimmer)--> Nein
2. Ein Gutschein --> Nein
3. EIN KINOTICKET --> Ja
4. Ein Ticket für ein Konzert (das glaube ich allerdings eher weniger) --> Nein
5. Ein Haustier --> Nein
6. Ein Handy --> Nein
7. Eine Villa (man darf doch mal träumen) --> Oh Nein!
Na ja wenigstens ist mir etwas eingefallen. Ich wusste also nicht was auf mich zukommen wird. Ich hockte gespannt vor Andrea und konnte es kaum erwarten bis sie endlich mit der Sprache rausrückte. „Hilary“ wenigstens hat sie bis jetzt meinen Namen erwähnt. Stille. Komm schon Andrea sag schon!!!! „vor 15 Jahren kamen deine Eltern in dieses Waisenhaus, zu mir, und sagten ich solle immer auf dich aufpassen und dir verschiedene Sprachen, besonders Englisch, beibringen. Ich dürfe dir nicht sagen wer sie sind, dir nicht sagen wo, du sie finden kannst. Ich musste ihnen jedes halbe Jahr einen Brief schreiben, dass sie wissen was du machst, wie du bist, wie du lebst. Sie sagten sie melden sich. Vor drei Tagen war dieser Augenblick. Sie haben sich für heute angekündigt und das ich dir heute, an deinem 16. Geburtstag um 10 Uhr bescheid sage.“ Sie blickte mich prüfend an, wie ich es verkrafte. Ich wusste ich war bleich geworden. Mir war schlecht. Damit hätte ich nicht gerechnet. Mit allem, jedoch nicht mit so was. Ich war platt. Ich freute mich, aber ich hätte nicht gedacht, dass Andrea Kontakt mit meinen Eltern hat, noch weniger, dass sie ihnen jedes halbe Jahr schreibt. Ich war schockiert. Ich wusste nicht was ich tun sollte, was ich sagen sollte und was ich denken sollte. „Geht es dir gut?“, fragte Andrea besorgt. „Ja…. Ja es…es geht mir gut… denke ich“, stammelte ich. „Okay. Bist du bereit sie zu sehen? Ja? Bist du sicher? Okay, dann gehen wir.“ Wir standen auf und machten uns auf den Weg zum Auto.
Ich wusste zuerst nicht wo wir hin fuhren aber dann hielten wir vor einem Hotel. Wir gingen hinein. Andrea meinte ich solle mich in der Eingangshalle auf einen Stuhl setzen, während dem sie zur Rezeption gehe. Ich gehorchte und setzte mich. Auf der ganzen hinfahrt überlegte ich mir, wie meine Eltern wohl sein könnten. Waren sie so wie ich, oder besser: war ich so wie sie? Passte ich zu ihnen? Wie sollte ich mich verhalten? Was sollte ich sagen? Es waren viele Fragen noch nicht beantwortet. Doch die grösste Frage hatte ich mir jedoch noch nicht gestellt: was geschieht nach diesem Treffen? Werden sie mich mitnehmen? Bleiben sie bei mir oder werden sie wieder gehen? Wollten sie nur sehen wie ich aussehe, was ich mache und wie ich lebe, um danach wieder zu verschwinden? Die Fragen wurden immer mehr und ich hatte Angst enttäuscht zu werden oder sie zu enttäuschen. Was ist wenn sie mich nicht mögen oder gar hassen?
Andrea stupste mich leicht an und sah mich fragend an. „Entschuldige, was hast du gesagt?“ Sie hatte mich total aus meinen Fragen und Gedanken gerissen. „Ich fragte, ob alles okay sei und ob du bereit seist um in ihr Zimmer zu gehen.“ Ich nickte und stand auf um ihr zu folgen.
Wir standen nun vor dem Zimmer meiner leiblichen Eltern und ich hatte plötzlich ganz feuchte Hände. Andrea klopfte und sagte mir etwas ermunterndes was ich nicht mitbekam, weil ich mich kaum rühren konnte vor Angst und Aufregung. Die Tür öffnete sich und ein Mann mit kurzem, braunem Haar öffnete. Ich lächelte und streckte ihm die Hand entgegen um ihm hallo zu sagen, doch Andrea lachte nur und sagte: „Hallo Jack. Jack das ist Hilary. Hilary das ist Jack, der Butler deiner Eltern.“ Ich erstarrte und wurde (natürlich) rot. Das war mal wieder genug Peinlichkeit für heute. Ich hoffte nur, dass mir weitere Peinlichkeiten erspart bleiben würden. Erst jetzt dachte ich darüber nach was Andrea gesagt hatte: Butler. Hatte ich das wirklich richtig verstanden? Andrea räusperte sich. Wir traten ein und Jack deutete auf einen kleinen Tisch der von zwei Sofas umgeben war. Wir setzten uns und ich sah mich im Zimmer erst mal gründlich um. Es war kein Zimmer. Wohnung würde es wohl besser treffen. Das Wohnzimmer, in dem wir nun sassen, war hell rosa gestrichen. Eine grosse Glasfront wies den Weg auf den Balkon, über dem man einen schönen Blick über die Stadt hatte. Die Fenster waren alle gross und makellos geputzt. Die Vorhänge Waren mehrheitlich weiss und an den Rändern mit rosa Stoff eingefasst. Die Sofas waren mit einem rosa Stoff, mit kleinen Blüten bedruckt, überzogen. Auf dem Tischchen stand ein rosa-weisser Blumenstrauss aus Rosen. Ebenfalls im Zimmer, befanden sich zwei grosse Spiegel. Im grossen und ganzen war es echt schön hier, doch ich finde, das doch etwas zu kitschig.
Ich glaube, dass meine Eltern nicht arm sind. Sonst könnten sie sich das doch nicht leisten, oder? Eine Schiebetür öffnete sich und Jack kam mit einem Glas Cola und einem Kaffe herein. Hatte er uns am Anfang gefragt was wir trinken wollen? An diese Frage konnte ich mich nicht erinnern. „Ich habe gehört, dass ihr Lieblingsgetränk Cola ist. Ich hoffe dies ist ihnen recht. Ich würde ihnen sonst gern etwas anderes bringen“, sagte er zu mir. Ich konnte im Augenblick nichts sagen und war verblüfft, dass er wusste, dass ich am liebsten Cola trinke. Er hat mich auch gesiezt.
Endlich konnte ich wieder etwas sagen: „Nein, das ist wunderbar. Danke Jack.“ Er stellte die Kaffetasse vor Andrea hin und sie bedankte sich ebenfalls.
Nach zwei Minuten ging die Schiebetür erneut auf und Jack tritt ein. Langsam wollte ich echt gerne mal wissen, wer jetzt meine Eltern waren. Diese Folterei hielt ich nicht mehr lange aus. Ich will sie jetzt endlich sehen! Ich habe gerade fertig gedacht, da sah ich in der Tür plötzlich Maria Montez und Jo Anderson. Ich starrte sie nur an und konnte mich nicht bewegen. „Hallo“, begrüsste mich Maria „ich gratuliere dir zum Geburtstag.“ „Ich auch“, stimmte ihr Jo zu „und wir sind deine Eltern.“ Ich merkte, dass sich alles um mich herum, anfing sich zu drehen.
Als ich wieder zu mir kahm, dachte ich, ich hätte nur geträumt. Ich setzte mich auf und sah Maria und Andrea auf dem anderen Sofa sitzen. Jo ging hinter ihnen auf und ab. Als er mich sah, fing er an zu lachen und schrie beinahe: „Sie ist wieder zu sich gekommen. Wie geht es dir?“ Ich sah sie an und konnte es immer noch nicht fassen. Maria Montez, das Supermodel und Jo Anderson, der Superstar, sind meine Eltern. Das kann doch nicht sein. Als ich mich wieder beruhigt hatte kamen mir all die Fragen wieder in den Sinn. „Warum habt ihr mich nicht behalten? Warum habt ihr mich ins Waisenhaus gesteckt?“ wollten ich wissen.
Maria und Jo sahen sich an, als wollte jeder dem anderen sagen, ´sag du ´. „Na ja, “ begann Maria und Jo sprach weiter „Als wir dich bekamen waren wir gerade mal 19 und 20 Jahre alt. Unsere Kariere hatte gerade erst begonnen, war gerade gut am Laufen und wir hatten viel zu viel zu tun. Wir hatten uns fest vorgenommen, uns um dich so gut wie möglich zu kümmern. Doch als wir dich dann hatten und du 4 Monate alt warst war der Druck einfach zu gross. Wir wollten nicht, dass du in einer Welt aufwächst, wo alles mit Bildern und Texten in der Presse kommentiert wurde. Die Entscheidung war nicht einfach. Wir schauten uns verschiedene Waisenhäuser an und entschlossen uns dann, dich der Obhut von Andrea anzuvertrauen.
Wir wollten, dass sie dir die Sprachen Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch und Deutsch beibringt, damit du keine Probleme beim Reden hast, wen wir in die verschiedenen Länder reisen. Denn wir haben uns fest vorgenommen, dass wir dich wieder zu uns zurück holen sobald wir uns sicher sind, uns der Presse zu präsentieren. Und dass mit einer 16 Jährigen Tochter. Sobald das Öffentlich ist, wirst du keine Sekunde ruhe vor den Paparazzos mehr haben. Wir dachten, dass die Zeit nun gekommen ist. Was meinst du? Könntest du dich damit anfreunden?“ Daran hatte ich noch gar nicht gedacht. Ich werde dann die Tochter von zwei sehr berühmten Promis sein. Obwohl ich das genau genommen schon seit ich geboren bin war. Ohne lange darüber nachzudenken, kamen mir die Hilton-Schwestern in den Sinn…
„Bin ich dann auch automatisch ein VIP?“ Diese Frage musste ich einfach stellen, denn irgendwie hatte ich immer noch das Gefühl in einem Traum zu sein. Falls das wirklich der Fall sein sollte möchte ich gar nicht mehr aufwachen. „Aber natürlich. Du wirst auch um Autogramme gebeten“, antwortete Maria die bis jetzt sehr wenig gesprochen hatte. „Autogramme?“ fragte ich geschockt. Ich fand es schon schlimm genug NUR meinen Namen so zu schreiben, als wäre es eine Unterschrift, aber den GANZEN Namen? „Und wie muss ich eigentlich unterschreiben? Ich meine mit welchem Namen?“ Langsam kam ich mir wirklich kindisch vor ich wollte einfach alles wissen. „Dein vollständiger Name Lautet: Hilary Haily Melody Ashley Anderson Montez und so unterschreibst du auch.“ Ich glaube sie hat in meinem Augen die Fragezeichen gesehen, denn sie sagte schnell: „Du kannst auch nur: Hilary H. M. A. M. schreiben. Wie du möchtest.“ Ich überlegte mir nochmal die Namen. Sie waren schön, doch die Reihenfolge muss ich mir schriftlich geben lassen. Wie war das noch mal? Melody Ashley Haily Hilary? Melody Hilary Haily Ashley?
Wir redeten noch eine Weile weiter, bis es dann Zeit war zu gehen. Mum und Dad (ich hatte nun offiziell eine Mum und einem Dad) nahmen ihre Koffer und wir stiegen ins Taxi, welches uns zum Waisenhaus fuhr. Dort angekommen ging ich rein, Packte meine Sachen und verabschiedete mich von allen. Andrea hat mir versprochen mich ab und zu, besuchen zu kommen. Ich werde alle sehr vermissen, das weiss ich jetzt schon. Ich wollte schon immer weg vom Waisenhaus, doch jetzt wo die Zeit gekommen ist, fällt es mir schwer davon Abschied zu nehmen.
Meine Eltern haben sich in der Nähe etwas Kleines gekauft. Haben sie gesagt. Wir fuhren die Auffahrt hinauf. Ich traute meinen Augen kaum. Das was ich da vor mir sah, war alles andere als klein. Es war eine Villa (mein Traum hat sich erfüllt) mit vielen Erkern und Türmen. Das Beste war ich wohnte immer noch in der Nähe von Alex. Mum überreichte mir feierlich den Schlüssel. Ich ging den Weg zum Haus entlang und öffnete dann die Tür mit dem Schlüssel. In der Eingangshalle schaute ich mich erst mal gründlich um. Die Decken waren hoch und Zeichnungen, wie auch Verzierungen zierten die Decke. An der linken und rechten Aussenseite, im hinteren Teil, gingen zwei Treppen in den ersten Stock. Man konnte zwischen den Treppen in der Mitte durchgehen und gelangte ins Empfangs oder Wohnzimmer. Es war fast genau gleich eingerichtet wie das Zimmer im Hotel, nur hatte es andere Farben und dazu noch eine Bar. In der rechten Seite des Raums, war eine Schiebetür. Sie führte in ein grosses Büro mit Bibliothek. Wenn man durch die Tür im linken Teil des Raumes geht, gelangt man in eine grosse, helle, geräumige und neue Küche. „Im Ersten Stock befinden sich die Schlafzimmer“, sagte Dad.
Wir gingen hoch und Bogen oben nach rechts ab. Auf jeder Seite hatte es zwei Zimmer. Am Ende des Ganges war das Zimmer meiner Eltern. Es enthielt eine eigenes Bad, ein Fernseher, Balkon und vieles mehr. Das Andere war ein Gästezimmer, dann ging`s weiter geradeaus, in den linken Gang. Zuerst kam wieder ein Gästezimmer und danach kam meins. Ich macht die Tür auf. Mein eigenes Zimmer, das hatte ich noch nie. Ich musste immer ein Zimmer mit mindestens einer Person teilen. Ich stürzte aufs Bett zu und sprang rückwerts drauf. Ich schaute mich genauer um und sah: ein Fernseher, ein Computer, einen Laptop, eine Stereoanlage, einen riesigen Balkon. Unmöglich konnte ich alles aufzählen was sich alles in MEINEM Zimmer befand. Ich konnte es einfach nicht glauben.
Hätte mir irgendjemand vor ein paar Tagen gesagt, dass meine Eltern das beliebteste und berühmteste Paar der Welt ist und ich bald zu ihnen in eine Villa ziehen würde, hätte ich ihm den Vogel gezeigt und mich krumm gelacht. Ich stürmte ins Bad. Ja… Mein eigenes Bad. Ich hatte eine Dusche, (natürlich) eine Toilette, vieeel Platz und das Beste: eine riesige Badewanne, welches sehr einem Whirlpool glich. Was ich nicht gesehen habe war ein Kleiderschrank. Ich fragte meine Eltern danach und sie zeigten auf einen Knopf. „Nur Mut“ sagte mein Dad, als er sah, dass ich zögerte. Ich drückte vorsichtig drauf. Eine Sekunde nachdem ich gedrückt hatte kam aus der Decke eine Wendeltreppe heruntergefahren. Etwas skeptisch spähte ich hinauf. Meine Eltern deuteten mit den Händen hinauf, also ging ich hoch. Ich traute meinen Augen kaum. Ich stand in einem riesigen Raum mit lauter Spiegeln. Hinter den Spiegeln befanden sich meine Kleider. Um an sie heran zu kommen, gab es auch hierfür einen Knopf, den ich diesmal ohne zu zögern betätigte. Meine Augen sprangen mir fast aus den Augenhöhlen als ich die Kleider betrachtete. Die können unmöglich alle für mich sein! „Das sind alles deine Kleider. Sie sollten dir Passen“, meinte Dad „schließlich sind sie alle maßgeschneidert.“ Ich umarmte meine Eltern. Ich wollte gar nicht wissen woher sie meine Masse hatten. „Mittlerweile ist es spät geworden. Wir sollten ins Bett gehen, denn Morgen müssen wir fit sein, denn wir haben einiges vor.“ Sie zwinkerte mir zu und die beiden verabschiedeten sich von mir und wünschten mir eine gute Nacht. Ich wusste jetzt schon, dass ich wie ein Baby schlafen würde.
Kapitel 2
Am nächsten Morgen wurde ich von Jack geweckt, der mich durch ein „Gute Morgen Miss“ geweckt hatte. Die Stimme ertönte durch ein kleines, viereckiges Kästchen, welches neben meinem Bett auf dem Nachttisch stand. Ich untersuchte es gründlich und bemerkte ein Knopf. Ich drückte ihn und sagte: „Hallo? Jack können sie mich hören?“ Ein klicken auf der anderen Seite ertönte und er bejahte und meinte, wenn ich mich angezogen hätte, könne ich ins Esszimmer kommen. Ich fragte ihn wo der sich befinde. Nach dem er mir gründlich erklärte wo er sich befand, bedankte ich mich für die Auskunft. Das Esszimmer soll angeblich im Erdgeschoss sein. Genauergesagt gleich neben dem Empfangszimmer. Die Tür in diesen Raum, hatte ich gestern wohl übersehen. Bevor ich mir etwas Schickes zum anziehen aussuche, ging ich ins Bad und duschte ausgiebig. Nachdem ich mir meinen Bademantel umgebunden hatte, konnte ich mich nun ausgiebig meinem Kleiderschrank widmen. Ich drückte den Knopf der die Tür zu meinem Kleiderschrank aufmachte. Eigentlich war der Begriff “Kleiderschrank“ nicht berechtigt, “Kleiderzimmer“ würde es besser treffen. Oben angekommen schaute ich mich um. Die Treppe war genau in der Mitte des Raumes. Wie ich wusste, musste ich nur einmal klatschen und die Spiegelbesetzten Türen sprangen auf und boten mir einen Einblick ins Innere. Den Knopf den mir Mom und Dad gestern im Kleiderzimmer gezeigt hatten, war nur für den Fall, wenn der nicht mehr auf mein Klatschen reagieren wollte. Die Treppe schloss sich, als ich einen roten Knopf drückte. Der grüne für auf, der rote für zu, der blaue für die Schranktüren und der gelbe fürs licht.
Okay… Was sollte ich anziehen? Eine Wand war voller Schuhe, Taschen, und Unterwäsche. Eine Andere voller Röcke und Hosen. Die Nächste voller Oberteile und die Letzte voller Abendkleider. Ich hatte keinen Kleiderschrank, ich hatte einen eigenen Kleiderladen. Ich griff zu einer schwarzen Jeanshose und probierte sie an. Sie passte perfekt. Welches Oberteil sollte ich nehmen? Ich griff zu einem roten T-Shirt mit kurzen Ärmeln und einem Rundem Ausschnitt. Dazu nahm ich noch einen schwarzen Bolero. Ich schlenderte zu den Schuhen. Es war eine Qual mich für nur ein Paar zu entscheiden. Am liebsten hätte ich gleich alle angezogen. Nach ca. 10 Minuten, entschied ich mich für ein Paar rote Ballerina. Zu meinem Erstaunen drückten sie nirgends. Ich betrachtete mich im Spiegel und nickte zufrieden. Doch ich hatte das Gefühl, etwas Kleines fehlt noch. Bingo! Ich hab`s. Ich griff zu einem roten Gürtel bei den Accessoires. Perfekt! Ich stieg die Treppe wieder herunter und ging in eine Ecke meines Zimmers. Dort stand ein Schminktischchen. Ich ging folgendermaßen vor:
1. Haare Kämmen
2. Haare frisieren
(ich band sie zu einem Pferdeschwanz)
3. Grundierung
4. Wimpern tuschen
5. Roter Lidschatten
6. Lipgloss
7. Rote Ohrenringe
8. Rote und schwarze Armreife
Fertig! Ich machte mich auf den Weg zum Esszimmer. Dort erwarteten mich meine Eltern schon. „Guten Morgen“, begrüsste ich sie. Ich setzte mich zu ihnen. Sobald ich sass, kam Jack zu mir und wollte wissen, was ich essen wollte. Ich sah ihn verwirrt an (ich bin mir sicher, er hat die Fragezeichen in meinen Augen gesehen). „Sie können mir sagen auf was sie Lust haben und der Koch bereitet es ihnen vor.“ Wow. Wir haben einen hauseigenen Koch! Nun kann ich bestellen, was ich immer schon wollte. „Eier mit Speck bitte schön“ „Kommt sofort Miss.“ Im Waisenhaus gab es nie Eier mit Speck zum Frühstück.
Nachdem ich mein essen verschlungen hatte, schaute ich meine Eltern erwartungsvoll an. Dad stand auf. „Und hat es dir geschmeckt?“ Ich nickte und er fuhr fort. „Ja, du und deine Mom haben heute viel vor. Ich werde nicht dabei sein, da ich für ein paar Tage zum arbeiten nach New York geh muss. Ich bin mir sicher ihr zwei werdet viel Spass haben.“ Er drückte zuerst Mom dann mir einen Kuss auf den Kopf.
Er verabschiedete sich und schon war er verschwunden. Meine Mutter meinte, dass er sich immer so aufführte wenn es ums einkaufen und schön machen ginge. Ich wusste nicht was sie damit meinte. „Wie meinst du das?“ fragte ich sie deshalb. „Nun ich sagte doch schon wir haben heute einiges vor. Wir fliegen nämlich ebenfalls für ein paar Tage weg. Und zwar nach London. Ich habe da ein paar Freunde die ich dir gerne vorstellen möchte. Und wenn wir schon mal da sind, gehen wir auch gleich noch shoppen“ beendete sie ihren Satz. Wow, London. Ich kann es nicht fassen. Ich meine, man muss sich das mal vorstellen. Ich bin noch nie besonders weit weg gewesen, geschweige denn in ein anderes Land gereist. London… London is calling.
„Cool. Wir fahren jetzt echt nach London? Zum einkaufen?” Sie bejahte meine Frage und meinte ich sollte ein paar Kleidungstücke einpacken und ein Portemonnaie in einer separaten Tasche holen. Ich machte mich auf den Weg und war in kürzester Zeit wieder unten, wo meine Mutter schon auf mich wartete.
Sie machte die Tür auf und davor stand ein schwarzer BMW mit getönten Scheiben. Vor dem Auto stand ein Mann. Er hatte dunkle, kurz geschnittene Haare. Sein Gesicht war freundlich und er lachte mir entgegen. Der schwarze Anzug stand im gut, fand ich. „Guten Tag Miss. Ich bin ihr Bodyguard. Mein Name ist Antonio. Ich hoffe wir werden uns gut verstehen.“ Ich sagte ebenfalls guten Tag. Ich fragte mich, ob er wohl Spanier ist oder zumindest von dort her stammte. Er öffnete mir die Tür und hielt sie offen, so dass meine Mutter und ich einsteigen konnten. Antonio setzte sich in den Beifahrersitz. Erst jetzt bemerkte ich, dass am Steuer jemand sass. Auch dieser begrüsste mich freundlich und erklärte, dass er ebenfalls ein Bodyguard sei und Leroy hiess. Leroy war dunkelheutig, hatte eine Glatze und war etwas fülliger. Wir fuhren los Richtung Flughafen.
Als wir beim Flughafen ausstiegen, das Gepäck hinter uns her schleifend das Gebäude betraten, ging es nicht lange da ertönte auch schon lautes Geschrei. Inert kürzester Zeit waren wir von vielen Leuten umzingelt. Alle schrien den Namen meiner Mutter. Sie sollte Autogramme schreiben, Interviews geben und nebenbei auch noch für die Paparazzi schön in die Kamera lachen. Ich beobachtete sie dabei, wie sie mit all dem Geschrei und Gedränge umging, da ich wusste, dass dies bald auch zu meinem Alltag gehören würde.
Plötzlich zog mich meine Mutter zu sich und meinte freundlich lächelnd zu den Paparazzis „Darf ich vorstellen: meine Tochter Hilary Haily Melody Ashley Anderson Montez!“ Das Gedränge und das Blitzlichtgewitter wurden stärker. Ich hörte das Rufen meines Namens von allen Seiten. Vor mir tauchen Antonio und Leroy auf und bildeten in der Menge eine kleine Gasse. Meine Mutter schubste mich, samt Gepäck, Richtung Gässchen.
Wir eilten hindurch und wurden von einem Mann empfangen der mir die Koffer abnahm und sie auf ein Förderband legte. Er schubste mich durch einen Bogen und eine Frau in blauem Kostüm nahm mich in Beschlag. Sie hatte ein Gerät in der Hand. Ich nehme an so eine Art Detektor. Sie fuhr mit ihm entlang meines Körpers, ohne mich dabei zu berühren. Sie liess mich passieren und ich ging einfach mal geradeaus. Dort wartete ich auf meine Mutter. Als sie nach fünf Minuten immer noch nicht da war, entschloss ich mich, etwas zu trinken zu holen.
Ich kaufte mir im Laden eine Cola, ging zur Tür heraus und machte mich wieder auf den Weg zu meinem Warteplatz. Vor mir spazierten zwei alte Damen (dass die in ihrem Alter noch Fliegen) und ich überholte sie, damit ich etwas zügiger laufen konnte. Ich stürmte also an ihnen vorbei und prallte gegen jemanden. Meine Tasche fiel mir aus der Hand und der Inhalt ergoss sich über den ganzen Boden. Ich schaute zuerst auf meine Sachen und dann langsam hoch zu diesem Jemand, in den ich geknallt war. Wunderschöne blaue Augen schauten mich neugierig an. Sie erinnerten mich ans klare, leuchtende Meer. Es waren Augen, in denen man sich bei längerem hineinschauen verlieren könnte. Er war in etwa in meinem Alter, schätzte ich. Seine braunblonden Haare hatte er, wie so ein Surfer aus dem Fernsehen geschnitten und frisiert. Sein Gesicht glich dem eines Engels. Ich konnte meinen Blick kaum von ihm wenden als mir meine Tasche wieder einfiel.
Ich murmelte eine Entschuldigung und bückte mich, um die zerstreuten Sachen meiner Tasche aufzusammeln. Er bückte sich ebenfalls.
In diesem Moment griffen wir beide nach dem gleichen Gegenstand. Ich fühlte seine Hand auf meiner. Sie war warm, weich aber doch kräftig. Wir zogen die Hand gleichzeitig zurück und schauten auf den Gegenstand. Es war der Herz-Schlüsselanhänger den ich von Adriana, einem Mädchen aus dem Waisenhaus, zu meinem Geburtstag bekommen hatte.
Ich griff schnell nach dem Anhänger und verstaute ihn in meiner Tasche. Danach richtete ich mich auf, da nichts mehr auf dem Boden lag. Ich merkte gar nicht, dass ER schon vor mir aufgestanden war. Er hielt mir seine aufgesammelten Sachen hin und ich verstaute sie schnell in meiner Tasche. Als ich aufblickte, schaute er mir genau in die Augen, als könnte er darin bis in meine Seele sehen. Wer weiss, vielleicht konnte er dies ja auch. Ich merkte wie ich langsam rot wurde und war heilfroh als meine Mutter meinen Namen rief. Ich lächelte ihn leicht an und sagte ‘bye‘. Als Antwort bekam ich ein schräges Grinsen zu Gesicht.
Wow… Sogar sein Grinsen war umwerfend.
Ich ging an ihm vorbei und machte mich auf den Weg zu meiner Mutter.
Als wir endlich im Flugzeug sassen, wollte ich mein Handy aus meiner Tasche holen um Alex anzurufen. Ich musste ihr unbedingt erzählen was alles passiert ist. Und natürlich auch von diesem süssen Junge, der mir einfach nicht aus dem Kopf ging.
Das Flugzeug ist mittlerweile abgehoben. Es ist ein wunder, dass wir das Flugzeug überhaupt noch geschafft haben, den Mom musste noch unzählige Autogramme unterschreiben und Fotos von sich machen lassen. ICH AUCH… Und dieser Teil, war mir neu. Ich stand in einem Blitzlichtgewitter. Zum Glück deckte mich Leroy so, dass die Fotografen nie ein wirklich gutes Foto machen konnten. Danach stiegen wir ein und hetzten auf unsere Plätze der ersten Klasse. Mom sagte mir, dass das sehr selten ist, da wir ein eigenes Flugzeug haben. Jedoch ist dieses gerade im Umbau. Das andere hat Dad für seine Reise genommen. Als ich das hörte, dachte ich zuerst, sie veräppelt mich, jedoch meinte sie es todernst. Wow, ein eigenes Flugzeug… Man muss sich das mal vorstellen.
Dann kam mir der Anruf wieder in den Sinn, den ich tätigen wollte.
Ich kramte in meiner Tasche. Wo war das verflixte Ding nur? Es war doch gerade noch da. Nichts. Das kann nicht sein. Hat der Typ von eben mein Handy geklaut? Nein, das traute ich ihm nicht zu. „Was suchst du?“ wollte meine Mutter wissen. Ich antwortete ihr kurz und dann viel mir ein, dass ich es bevor ich mit IHM zusammengestossen bin, in meine Hosentasche gestopft hatte. Und… tatsächlich. Ha, ich wusste doch er ist unschuldig. Ich zeigte das Handy meiner Mutter, damit sie sah, dass ich es gefunden hatte. „Das ist dein Handy? Dieses alte Ding?“ fragte sie. Ich nickte und sie meinte, dass wir das schnellst möglich ersetzen müssten, da die Gefahr besteht, es könnte auseinander fallen. Ich nickte und überlegte mir schon mal was für eine Marke mir gefallen könnte. Endlich bekomme ich auch mal ein Nigel-Nagel-Neues Modell und nicht eins, welches schon mal gebraucht wurde.
Natürlich war ich froh darüber dass ich überhaupt ein Handy besitze, was nicht bei allen Waisen der Fall war. Aber ein Neues hatte eben seinen eigenen Reitz.
Da ich nicht wusste ob ich im Flugzeug telefonieren durfte, entschied ich, dies auf nachher zu verlegen und erst mal Musik zu hören. Also nahm ich meinen alten MP3-Player hervor und schaltete ihn ein. Nichts. Ich versuchte es nochmals. Wieder nichts. Verflucht. Die Batterie hatte ich zu Hause noch aufgeladen, also konnte das nicht der Grund sein.
Ich schaute mir das Gerät genauer an und bemerkte, dass der Bildschirm kaputt war. Mist. Das ist vermutlich passiert als ich mit IHM zusammengeprallt bin. Mist. Verfluchter Mist. Ich musste das wohl laut ausgesprochen haben, da mich meine Mutter verwundert anschaute. Ich erzähle ihr von meinem Zusammentreffen mit IHM und zeigte ihr meinen kaputten MP3-Player. Dass ich IHN süss fand und wie hübsch dass ER war, musste ich ihr ja nicht gerade auf die Nase binden. Ich war mir sicher, dass ich IHN nie mehr wiedersehen würde. Sie schmunzelte nur und meinte, dass der neue iPod sowieso besser sei als alle MP3-Player zusammen und ich unbedingt auch so einen haben musste. Ich wusste genau welchen sie meinte. Alex und ich haben ihn im Internet gesehen und gedacht ‘so einen müsste man haben‘. Und ich werde ihn haben. Und das schon bald. Das meinte zumindest meine Mutter. Immer wenn sie davon sprach, was ich bald alles bekommen werde, denke ich gleich an eine Werbung im Fernsehen. Die erzählen und versprechen viel, doch am Schluss wird man nur veräppelt. Jetzt weiss ich‘s. Ich bin in einem Traum, einem wunder-, wunderschönen Traum. Okay… Langsam muss ich aufwachen. Sonst ist die Enttäuschung zu gross wenn ich später aufwache.
In diesem Moment dröhnt die Information durch das Flugzeug, das wir in Kürze landen.
Kaum waren wir aus dem Flugzeug gestiegen, kamen uns schon eine Meute Paparazzos und Fans entgegen. Wir eilten mit Hilfe unserer Bodyguards aus dem Flughafengebäude heraus und stiegen draussen in das, auf uns wartende, schwarze Auto ein. Obwohl ich erst etwa viereinhalb Stunden wach war, hatte ich das Gefühl, als hätte ich einen 1 Kilometer lauf hinter mir. Ich weiss wie sich das anfühlt, da wir das bei unserem hass Lehrer Herr Plasin in Sport hatten. Moment mal. Da kam mir gerade der Gedanke, dass ich ja noch in die Schule musste. Wir hatten jetzt zwar Wochenende, am Montag musste ich wieder zur Schule. Oder?
In der Hoffnung ich müsste nicht, fragte ich meine Mutter ob wir bis Montag wieder zurück sein werden, da ich ja Schule hatte.
„Nein tut mir leid mein Schatz“, meinte sie mit Bedauern „aber ich glaube kaum, dass es uns bis Montag nach Hause reicht.“ Ich nickte nur und war über glücklich über diese Antwort. Jedoch sagte sie schnell: „Aber ich habe schon einen Privatlehrer engagiert. Er weiss schon Bescheid, was du gerade in der Schule hast und weiss deshalb auch ganz genau, was er dir unterrichten muss, damit du auf dem gleichen Stand bleibst wie deine anderen Mitschüler. Ausserdem geht es nicht mehr lange bis du aus der Schule kommst. Nur noch bis Mitte Juni, nicht war?“ Ich nickte nur. Mist. Ich hatte also doch noch Schule.
Wir hielten an und meine Mutter stieg aus. Als ich wieder neben ihr stand, ging eine Tür auf. Ich schaute in die Richtung aus der das Geräusch kam. Es war die Ladentür von einem Friseurstudio, welche ich gehört hatte. In der Tür stand ein Mann. Er winkte zuerst und dann kam er auch schon auf uns zu.
„Maria, mein grosse Liebe des Lebens, “ sagte er etwas übertrieben „was führt dich zu mir in meinen bescheidenen Salon?“
„Hallo Pablo. Ich habe dir doch von meiner Tochter Hilary erzählt, weist du noch?“ Ohne eine Antwort abzuwarten sprach sie weiter. „Ich darf dir nun meine Tochter vorstellen! Pablo das ist Hilary. Hilary das ist Pablo. Er ist der Beste Friseur den ich kenne.“ Ich sagte Hallo. Er schaute mich mit offenem Mund an.
„Als du sagtest, dass ich mich um ihr Aussehen kümmern solle, hast du mir aber verschwiegen, was alles zu machen ist. Sie sieht ja aus wie Mia bei ‘Plötzlich Prinzessin‘ vor der Verwandlung! Da haben wir aber ein grosses Stück Arbeit vor uns!“ Er nahm meinen Arm und zog mich Richtung Eingangstür. Ich formte mit meinem Mund das Wort ‘Hilfe‘ an meine Mutter gewannt, doch die lachte nur und spazierte hinter uns her.
Und was sollte eigentlich die Bemerkung mit ‘Plötzlich Prinzessin‘?
Ich sehe bei weitem nicht so schrecklich aus wie Mia! Das war echt fies von Pablo. Was meinte er überhaupt mit ‘da haben wir aber noch ein grosses Stück Arbeit vor uns‘? Soll das etwa heissen…. Dass er mich…. Wie bei ‘Plötzlich Prinzessin?... Ich werde es wohl bald erfahren.
Wir betraten seinen Salon. Es war hell und freundlich. Die ganze Einrichtung war in grün gehalten. Ein etwa dreissig Zentimeter breiter, dunkelgrüner Farbstreifen, zog sich exakt in der Mitte, über die vier Wände. Alles war blitzblank und sauber. Sogar auf dem schwarzen Marmorboden hatte es kein einziges Haar, obwohl dies doch ein Friseursalon war. Der Duft von Vanille stieg mir in die Nase. Ich fühlte mich sofort wohl hier.
Pablo drückte mich in einen dunkelgrünen Sessel. Der Sessel hatte genau die gleiche Farbe wie der Farbstreifen der sich über die Wände zog. Pablo stellte sich hinter mich, nahm meine Haare in die Hände und schüttelte immer wieder den Kopf.
„Was hast du nur mit deinen Haaren gemacht? Die sind ja völlig kaputt! Da muss überall was ab!“ Er sah zu meiner Mutter. „Während deine Haare wunderschön sind, bringst du mir diese Katastrophe!“
„Was ist los Pablo? Meinst du, du kriegst das nicht hin?“ fragte meine Mutter, die Unschuld in Person.
„Was ich und nicht hinkriegen? Schätzchen, du solltest mich besser kennen. Wenn ich mit ihr fertig bin, ist sie der schönste VIP auf der Welt. Natürlich nach dir. Zzzz… Ich und nicht hinkriegen. Dass soll wohl ein Witz sein.“ Pablo konzentrierte sich wieder auf meine Haare.
Okay, meine Haare mussten wirklich wiedermal geschnitten werden, aber so eine Katastrophe wie Pablo gesagt hatte waren sie nun auch wieder nicht. Meine Haare gingen mir bis zur Hüfte. Meistens trug ich sie zu einem Pferdeschwanz oder als Zopf. Ich hatte mich einmal getraut meine Haare kurz abzuschneiden und das war das letzte Mal.
Kurze Haare stehen mir einfach nicht. Finde ich zumindest. Auch Pablo schien meiner Meinung zu sein, da er soeben die Frage meiner Mutter zu kurzen Haaren mit einem ‘Um Himmelswillen, das passt überhaupt nicht zu ihr‘ beantwortete.
Er bat mich aufzustehen und in einen anderen Sessel zu setzen. Ich lehnte mich zurück und er fing an meine Haare zu waschen. Insgesamt schäumte er sie mir dreimal ein und ich bekam zwischendurch auch noch eine Massage. Die war so schön, dass ich fürchtete jeden Moment in meinem Sessel einzuschlafen. Als er mich genug mit Einschäumen und Massagen verwöhnt hatte, durfte ich mich wieder in den Sessel, den ich zu Anfang zugewiesen bekam, setzen. Er verschwand hinter einem hellgrünen Vorhang. Man hörte, wie er mit Gegenständen hantierte. Nach kürzester Zeit erschien er wieder. Zwei Schlüsselchen mit verschiedenfarbigen Inhalten trug er in den Händen. Er griff nach dem schwarzen Umhang, legte es mir um und griff nach seinen Utensilien. Meine Mutter neben mir nahm sich eine Zeitschrift und fing an, darin zu lesen. Ich folgte ihrem Beispiel und nahm mir ebenfalls eine Zeitschrift vom Stapel.
Ich war so in den Text des Magazins vertieft, dass ich gar nicht merkte, dass mir Pablo über meinen Haaren eine warme Haube (so eine Art Föhn) montiert hatte. Erst als das Ding piepte, sah ich aus meiner Zeitschrift auf. Er hatte dieses Ding auch schon ausgesteckt und weggerollt. Danach nahm er die silbrigen Folien, eins nach dem anderen aus meinen Haaren heraus. Ich musste mich wieder aus meinem bequemen Sessel schälen und in den anderen, den beim Waschbecken, setzen. Die ganze Prozedur mit dem Waschen ging wieder von vorne los. Das einzig Gute war, dass ich nochmals diese herrlichen Massagen bekam.
Als ich wieder in meinem Sessel sass, kämmte er mir die Haare und fing darauf auch schon an sie zu schneiden. Ich sah, wie meine Haare immer kürzer wurden und sie mir in den Schoss fielen. Ich sah zu wie die abgeschnittenen Haare wegflogen, als ich meinen Finger an den Umhang schnellen liess, der die Haare von meinen Fingern und den Kleidern trennte.
Ich wüsste gerne wie ich jetzt aussah. Leider konnte ich das nicht, da meine Mutter, als Pablo meine Haare wusch, den Spiegel vor mir mit einem Tuch verdeckte. Ich musste Pablo wohl oder übel vertrauen. Ich meine, was blieb mir auch anderes übrig? Also las ich an dem Text weiter, bei dem ich vorher stehengeblieben war.
Nach weiteren verstrichenen Minuten, sagte Pablo mir ich solle die Augen schliessen. Was sollte das? Wieso musste ich die Augen schliessen? Er legte mir eine Art Wattepats auf die Augen. Ich wurde immer nervöser. Pablo begann mir die Haare zu föhnen. Als er fertig war, liess er die Stuhllehne langsam nach hinten herunter. Ich merkte wie es warm auf meinem Gesicht wurde. Ich wusste nicht was das zu bedeuten hatte. Ich hörte meine Mutter aufstehen und wie sie mit Pablo irgendwohin ging. Ich hörte sie leise miteinander sprechen.
Keine Ahnung wie lange ich genau so dagelegen hatte, aber ehrlich gesagt war es mir auch egal. Die Wärme fühlte sich wirklich gut an. Langsam wurde mein Gesicht kälter. Die Wärme, welche ich gerade noch gespürt hatte, war auf einmal weg. Pablo sagte mir, dass er mir jetzt die Augenbrauen zupfen werde.
Ich spürte den leichten Druck seiner Hände auf meinem Gesicht, ebenso das leichte Ziehen, zuerst beim rechten, danach beim linken Auge. Als er fertig war, nahm er mir meine Wattepats von den Augen. Er betrachtete mich und nickte. Mit einem grossen fetten Pinsel begann er mir, über mein Gesicht zu pinseln. Als er ihn weg legte, ersetzte er ihn durch einen kleineren.
Ich wusste nicht mehr, wie oder was er alles gemacht hatte, jedoch nach etwa fünf Minuten legte er endgültig seine Sachen zur Seite.
„In den letzten vergangenen Stunden habe ich dir die Haare gemacht, dich von Pickeln befreit und dich geschminkt. Bist du bereit dein ‘Neues ICH‘ zu sehen?“, fragte er mich, während dem er mir den Umhang abnahm. Was war denn das für eine Frage? Natürlich wollte ich sehen was er die letzten Stunden vollbracht hatte. Ich nickte eifrig und setzte mich aufrecht hin. Meine Mutter nahm den Stoff der den Spiegel bedeckte in die Hand und zog daran.
Zum Vorschein kam eine wunderschöne junge Dame. Die Haare waren Blond mit helleren kleinen Stränchen durchzogen. In leichten Wellen fielen ihr die Haare bis etwas unterhalb ihrer Brust. Das Gesicht war makellos. Die Augenbrauen waren fein gezupft worden, kamen jedoch natürlich und nicht billig herüber. Die Augen wurden schwarz getuscht und mit schwarzem Eyeliner umrandet.
Das da im Spiegel konnte unmöglich ICH sein! Ich sah zu meiner Mutter die mich anlächelte. Danach zu Pablo.
„Und gefällt es dir?“ Pablo sah mich fragend an. „Natürlich. Ich kann nur nicht glauben, dass ich das sein soll. Es ist wunderschön.“
„Du bist wunderschön“ Meinten meine Mutter und Pablo aus einem Mund heraus. Ich stand auf und umarmte Pablo.
„Danke. Vielen, vielen Dank Pablo. Du bist ein Genie. Du hast aus einem Stein einen Kristall gemacht. Dafür werde ich dir immer dankbar sein.“
„Du warst immer schön. Nur hast du jemanden gebraucht der dir hilft, dies sichtbar zu machen. Zzzz… dass du überhaupt daran gezweifelt hast, dass ich kein Genie bin… Ich bin ein Naturtalent!“ Er lächelt mich an und fuhr fort: „Und so wurde das hässliche Entlein zum schönen Schwan!“
Kapitel 3
Wir verabschiedeten uns von Pablo und stiegen wieder in unser Auto ein. Ich fühlte mich jetzt wie ein neuer Mensch. Pablo meinte, dass ich meiner Mutter sehr ähnlich sah. Ich musste ihm recht geben. Jetzt da er mich so verwandelt hat, sah ich ihr wirklich etwas ähnlich. Ja gut, ich hatte blonde Haare und sie braune. Meine blauen Augen passten auch nicht mit ihren braunen zusammen, aber den Mund und die Wangenknochen, wie auch die Finger hatte ich wohl von meiner Mutter geerbt. Ich war froh, hatte ich die Finger meiner Mutter und nicht die meines Vaters geerbt, da er grosse etwas wurstartige Finger hatte. Meine Mutter und ich hatten hingegen, eher zierliche, lange und schmale Finger.
Pablo meinte auch, dass ich die Figur ebenso von meiner Mutter geerbt hatte. Ich bin nicht fett, das stimmt, aber ob man mich dann gleich mit der Figur meiner Model-Mutter vergleichen konnte? Das war mir ein Rätsel. Ich war im grossen und ganzen wirklich zufrieden mit meiner Figur, doch an manchen Tagen, da denkt man manchmal, dass man zu fett ist. Diese Zweifel, bezüglich meiner Figur, wurden dann sogleich mit einem Schlag auf den Po von Alex in die Wüste geschickt.
Oh. Alex hatte ich ja ganz vergessen. Ich musste sie unbedingt noch anrufen. Das habe ich mir ja schon im Flugzeug vorgenommen. Ich kramte in meiner Tasche nach meinem Handy. Als ich es fand, zog ich es heraus und wollte gerade die Nummer eintippen als meine Mutter fragte was ich vorhätte. „Ich rufe nur schnell Alex an. Sie ist meine beste Freundin. Wir kennen uns schon seit dem Kindergarten. Du musst sie unbedingt mal kennenlernen.“ Meine Mutter starrte auf das Handy.
„Mit diesem alten Ding willst du doch nicht Telefonieren oder?“
„Doch das habe ich vor. Solange es funktioniert, kann ich ja damit telefonieren.“ Ich wusste nicht genau wieso sie diese Bemerkung über mein Handy gemacht hatte. „Kann ich mir dein Altertümliches-Handy mal ansehen?“, fragte sie. Was ist hier Altertümlich?
„Das ist doch auch nur ein Lebewesen…!“ Ich fuhr zu meinem Handy gewannt fort: „Das hat sie nicht so gemeint!“ Meine Mutter schaute mich durch zusammengekniffene Augen an, musste dann aber doch auch lachen. Wiederwillig gab ich ihr mein Handy. Sie schaltete es aus, nahm die Sim-Karte heraus und warf das Handy durch die offene Fensterscheibe.
„Neeeeein! Warum hast du das getan?“ fragte ich schockiert.
„Du hast gesagt solange es noch funktioniert. Jetzt funktioniert es nicht mehr und wir können dir ein neues Handy kaufen. Antonio fahr uns zum Handyladen!“ Antonio nickte und bog rechts ab. Ich war echt wütend auf meine Mutter. Ich meine, ich liebe sie zwar, doch diese Aktion mit dem Handy ging echt zu weit. Also musste ich mein Telefonat mit Alex wieder auf später verlegen.
Nach einigen Minuten hielten wir vor einem Mobile Phone Store. Wir stiegen aus und betraten den Laden. Durch die grossen Fenster konnte das Sonnenlicht ungehindert hineinscheinen. Der Laden wurde in weiss gehalten. Das heisst: weisse Wände, weisse Tische, weisse Stühle und so weiter. Wo man hinsah war alles weiss. Bis auf die Handys. Die waren alles andere als weiss.
Eine jüngere Frau in weissen Hosen und weisser Bluse, begrüsste uns. „Darf ich ihnen etwas zeigen?“ frage die Frau, nachdem meine Mutter und ich uns ein paar Modelle angeschaut hatten.
„Ja, gerne. Ich suche ein Handy für meine Tochter“ sie zeigte mit einer Handbewegung auf mich und fuhr fort: „Es sollte ein neues Modell sein.“
„Ein neues Modell, okay. Wir hätten hier zum Beispiel das Apple iPhone. Es gibt dieses Modell in schwarz und weiss. Der Bildschirm ist 3.5 Zoll gross und gesteuert wird indem man mit dem Finger auf den Bildschirm tippt. Mit dem iPhone kann man E-Mails abrufen, ins Internet gehen, man hat einen Kalender, Videos und Bilder mit der 2,0 Megapixel Kamera aufnehmen und…“ sie redete immer weiter, doch ich kam schon lange nichtmehr mit.
Sie zeigte uns schon das nächte Stück. Es war das Sony Ericsson X1. Auch hier erklärte sie uns welche Funktionen und, was weiss ich noch, über das Gerät. Ich fand beide Handys toll. Highlight beim Sony Ericsson war natürlich, das man es nicht nach oben, sondern zur Seite aufschieben konnte. So war es dann, wie wenn man mit einem kleinen Computer arbeiten würde. Meine Mutter frage mich welches Model mir am besten gefiel. Ich musste mich insgesamt zwischen fünf Stück entscheiden. Für mich war klar, entweder das Apple iPhone oder das Sony Ericsson X1, doch welches das wusste ich nicht so genau.
Nach langem für und wieder entschied ich mich, für das Apple iPhone. „Ich nehme das Apple iPhone.“ Meine Mutter nickte und schaute zur Kassiererin. Diese nahm das Handy und ging damit zur Kasse. Die Tür ging auf und zwei Mädchen in meinem Alter kamen herein. Als sie meine Mutter sahen kamen sie auf uns zugerannt.
„Hilary, Hilary. Kann ich ein Autogramm haben? Lara das ist Hilary und Maria Montez. Oh mein Gott, das werden die anderen uns nie glauben.“ Auch das andere Mädchen, welches zufolge der anderen Lara hiess, kreischte ebenfalls. „Dürfen wir Fotos mit euch machen? Dann werden sie uns glauben. Oh Melanie, ich bin so aufgeregt.“
Ich war echt platt. Die wussten wer ich war. Wie ich hiess. Sie wollten ein Foto mit mir machen und ein Autogramm von mir. Ich musste zugeben, das fühlte sich irgendwie echt gut an.
„Na klar. Hallo ihr beiden. Habt ihr einen Stift und Papier?“ sie nickten eifrig und streckten es mir entgegen. Ich schrieb:
Für Melanie
Mit lieben Grüssen
Hilary Anderson Montez
Das gleiche schrieb ich auch für Lara, nur mit ihrem Namen.
Danach machte ich mit jeder der beiden noch ein Foto.
Sie bedankten sich überschwänglich und schon liessen sie uns wieder alleine.
Meine Mutter hatte unterdessen bezahlt und wir waren bereit zum Aufbruch, als die Frau die uns bedient hatte uns ebenfalls um ein Autogramm bat. Sie strahlte uns an als sie die Autogramme in Empfang nahm. Wir verliessen den Store und setzten uns wieder ins Auto wo Antonio und Leroy bereits auf uns warteten. Sie waren nicht mit uns hineingegangen, jedoch war ich mir sicher, dass sie uns durch die grossen Fenster beobachtet hatten und sofort zur Stelle gewesen wären, falls uns hätte Gefahr gedroht.
Meine Mutter übergab mir das Handy, welches nun meins war. Ich bedankte mich mit einem Kuss auf die Wange. Sie riet mir, das Handy auszupacken und im Auto einzustecken, damit es schon anfangen konnte sich zu laden.
„Was machen wir als nächstes?“ Wollte ich von meiner Mutter wissen.
„Ich dachte, wir gehen etwas Shoppen. Ist das okay für dich?“
„Was ist das für eine Frage? Natürlich. Ich war schon lange nicht mehr shoppen.“ Sie schaute mich an und fragte mich, wann ich dies zuletzt gemacht hatte.
„Hmmm. Ich glaube das ist schon mindestens einen Monat her.“
„Was? Schon sooooo lange? Wie hast du das nur ausgehalten? Das könnte ich nie. Shoppen ist eins meiner Hobbys. Dir wird es bestimmt auch gefallen. Und eins must du mir versprechen.“
„Und das wäre?“
„Das du nicht auf den Preis achtest. Du hast es wirklich verdient, verwöhnt zu werden. Okay?“ fragte sie mich. Ich nickte.
„Antonio fahr uns zu ‘Lang Big Bernina‘.“ Antonio wusste genau welche Strassen er nehmen musste und so waren wir in kürzester Zeit, trotz aufkommenden Verkehrs, schnell an unserem Zielort.
Wenn ich genau nachdachte, wusste ich gar nicht, was ich mir genau kaufen sollte. Als ich meine Mutter danach fragte meinte sie, dass ich das kaufen sollte, was mir gefiel. Sie fand meinen ‘Style‘, so wie ich mich kleidete toll.
Im Laden fühlte ich mich sofort wohl. Es hatte eine echt schöne Atmosphäre, wie ich fand. Die Verkäuferinnen waren echt nett und boten uns ihre Hilfe an. Wir schauten uns lieber selbst um.
Mein Blick viel auf ein wunderschönes Abendkleid. Es hatte die Farbe Gold und war bestückt mit einer Art Pailletten. An der Taille war der Stoff etwas gerafft. Die silbrige, blumenartige Brosche die an der Taille befestigt war, vervollständigte das edle Trägerkleid.
Ich nahm meine Grösse und verschwand in der Ankleidekabine.
Ich betrachtete mich im Spiegel als ich es anhatte und rief meine Mutter. Die Kabine war so gross, dass meine Mutter locker hineinpasste und sogar Antonio und Leroy ohne Probleme und gequetschte darin Platz gehabt hätten.
„Wow, es ist wunderschön. Du bist wunderschön. Das nehmen wir.“
„Echt meinst du? Es ist etwas lang.“ Ich schaute an mir hinunter. Das Kleid war mir etwa fünf Zentimeter zu lang.
„Nein es ist perfekt. Denk daran du hast dann Absatzschuhe an. Dann ist das Kleid in der richtigen Länge. Das Kleid ist so gut wie gekauft.“ Damit verschwand sie aus meiner Kabine.
Als ich mit dem Kleid aus der Kabine kam, frage mich eine Verkäuferin, ob sie es für mich zurück hängen sollte. Ich sagte ihr, dass ich das Kleid kaufen möchte. Sie zeigte auf eine leere Kleiderstange und erklärte mir, ich könne die Kleider die ich möchte dort aufhängen. Dazu gab sie mir eine Art Morgenmantel, welchen ich anziehen konnte, so dass ich schneller ausgezogen war um die Kleider anzuprobieren, welche ich mir ausgesucht hatte. Nachdem ich das goldige Kleid an der Stange aufgehängt hatte und mich in den Morgenmantel geworfen hatte, schaute ich mich weiter im Laden um.
Das nächste was ich in meine Kabine mitnahm war ein Sportdress in schwarz und den gleichen in blau. Ich fragte Mom was sie dazu meinte. Sie sagte, ich solle alles nehmen was ich wollte.
Beim herausgehen meiner Kabine sah ich, das die Stange von Mom schon recht voll war, bei mir hingegen erst drei Dinge hingen. Das musste ich ändern, beschloss ich.
Ich fand eine schwarze Hose, welche den Namen ‘Broadway Jeans‘ trug, eine weisse mit dem Namen ‘Bayswater Jeans‘ und eine die ‘Greenwich Jeans‘ hiess. Alle drei nahm ich mit und probierte sie an. Nach einigen Hin- und Herdrehen mit jeder Hose, entschied ich mich für die ‘Broadway Jeans‘.
Ich zog mich wieder meine normalen Sachen an. Vor der Kabine wartete ich auf meine Mutter.
„Bist du schon fertig?“ erklang die Stimme meiner Mom. „Hast du schon alles gesehen? Du hast ja gar nicht so viele Dinge die du kaufen möchtest. Gefällt dir der Laden nicht?“
„Ja ich bin schon fertig und ja ich hab schon alles gesehen. Doch der Laden gefällt mir, aber die meisten Kleider sind eher für deine Generation.“
„Findest du die Kleider altmodisch?“ fragte sie mich etwas schnippisch.
„Ich habe nie gesagt, dass die Kleider altmodisch sind. Findest du die Kleider etwa altmodisch? Bezeichnest du dich als Alt? Ich finde nämlich nicht, dass du alt bist. Die Kleider hier sind gemacht für reife Frauen. So wie du. Ich bin noch jung und stehe eher auf etwas Farbenfroheres und Moderneres. Nicht dass das heisst die Kleider hier sind altmodisch.“ Ich schaute Mom an. Sie lachte nur und schlug vor die Kleider zur Kasse zu bringen.
Nachdem meine Mom die Kleider bezahlt hatte und wir die Einkaufstüten mir Hilfe von Antonio in den Kofferraum verstaut hatten, meinte meine Mutter sie kenne noch einen Laden der gleich hier um die Ecke wäre und wir den Weg auch zu fuss gehen könnten. Also gingen wir los und waren innert zehn Minuten im Geschäft von dem meine Mutter gesprochen hatte. Ich hatte damit gerechnet, dass es wieder ein Kleiderladen wäre. Ich lag jedoch falsch. Wir standen in einem Laden voller Schuhe.
Ich ging gerade Wegs auf ein paar zu, welches mir ins Auge stach. Es waren beige Beagle Boots. Sie hatten einen neuneinhalb Zentimeter hohen Absatz. Ich zog meine Ballerinas aus, zog eine Strumpfsocke über und schlüpfte in den Schuh hinein. Er sass wie angegossen.
„Der steht dir echt gut. Den nimmst du oder?“ Meine Mom schaute mich fragend an.
„Ja ich denke schon.“ Die zusammengekniffenen Augen meiner Mutter zeigten mir, dass dies die falsche Antwort war und ich korrigierte mich.
„Ich meinte: die nehm ich!“
„Das ist die richtige Einstellung, Prinzessin.“
Das war das erste mal, dass mich meine Mom ‘Prinzessin‘ nannte, aber ich musste zugeben, dass es sich schön anfühlte.
Eine Stunde lang verbrachten wir beide im Schuladen ‘Shoesisland‘, danach gingen wir noch etwas in einem Restaurant essen und fuhren danach ins Hotel ‘Renaissance Royal‘. Dieses Hotel lag 1.2 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Ich war zu erschöpft, um die Schönheit des Hotels richtig einschätzen zu können. Als wir dann in unserem Zimmer waren, zog ich mir schnell meinen Schlafanzug an und machte mich fertig, um nur noch in mein Bett zu fallen und zu schlafen.
Am Nächsten Morgen wurde ich durch die Sonnenstahlen, die durch einen kleinen Spalt in den Vorhängen durchbrach, geweckt. Ich drehte mich noch einige male von einer Seite auf die andere bevor ich mich entschloss aufzustehen.
Nach einer schönen warmen Dusche schlurfte ich ins Zimmer zurück und kramte in meiner Kleidertasche nach dem richtigen Outfit. Ich entschied mich für enganliegende, schwarze Röhrenjeans, einem schwarz/weiss gesteiften, langem Pullover, einen schwarzen Gürtel und schwarze Absatzschuhen. Der Pullover hatte einen runden Ausschnitt und ging mit bis zur Mitte der Oberschenkel. Den Gürtel schnallte ich mit um die Taille. Meine Kleider waren nun okay aber meine Frisur und mein Gesicht noch nicht ganz. Ich kämmte mir die Haare, nahm die Fransen zusammen und steckte sie mit einer Klammer auf dem Oberkopf fest. Vor dem Auftragen der Schminke cremte ich mich zuerst mal ein. Danach legte ich eine leichte Grundierung auf, tuschte die Wimpern schwarz und umrandete sie mit einem schwarzen Kajal. Fertig!
Ich betrachtete mich im Spiegel. Ich hatte mich innert eines Tages total verändert. Ich bin gespannt wie die anderen darauf reagieren werden. Besonders Alex. Oh Gott. Ich hatte schonwieder vergessen Alex anzurufen. Ich nahm meine Tasche und kramte darin nach meinem neuen Handy. Nichts. Es war nicht drin. Mist.
Da fiel mir ein, dass ich es gestern Abend noch im Wohnzimmer angeschlossen hatte, dass es über Nacht laden konnte.
Im Wohnzimmer angekommen, steckte ich mein neues Handy aus, setzte meine SIM-Karte ein und schaltete es an.
Nach ein paar Minuten wusste ich die wichtigsten Bedienungen. Ich wählte Alex’s Nummer. Nach dem zweiten Klingeln nahm sie ab.
„Hay Alex, hier Hilary. Schon wach? Wie geht’s dir? Tut mir leid, dass ich nicht schon früher angerufen habe.“
Stille am anderen Ende. Ich dachte schon sie hätte aufgelegt als sie antwortete. Sie klang etwas verschlafen. Kein Wunder es war halb elf an einem Sonntagmorgen. Alex war eine Langschläferin.
„Oh, hallo. Ja mir geht’s gut. Du hast mich gerade geweckt. Was ist denn los? Wo bist du? Ich war gestern Abend im Waisenhaus. Ich wollte dich besuchen und fragen, wie es mit deinen Eltern war, doch man sagte mir, dass du ausgezogen bist. Ich habe mir echt Sorgen gemacht. Und du bist auch nie ans Telefon gegangen. Du schuldest mir eine Erklärung.“
Ich entschuldigte mich und erklärte ihr wer meine Eltern waren und was bis jetzt alles passiert war. Auch den Zusammenstoss mit IHM, dem Engel, verschwieg ich ihr nicht.
„Wow. Ich meine WOW! Du bist… Ich glaub‘s nicht. Wer hätte das gedacht? Ich muss dir sagen: du hast es verdient. Meinst du ich kann deine Eltern auch mal kennenlernen? Ich meine, nur wenn es irgendwie möglich ist.“
„Natürlich“, versicherte ich ihr. „Wir kommen, soviel ich weiss ja bald wieder zurück und dann kommst du mich besuchen.“
„Wie ist London denn so?“ Wollte sie wissen.
„Kühl und nass. Im Fernsehen wird das Wetter Grossbritanniens nicht übertrieben. Aber sie haben hier echt coole Busse. Die Roten aus den Filmen. Und die Läden hier sind auch ganz anders als bei uns. Sie sind hier entweder viel ausgefallener und gewagter oder dann teuer und todschick.“
Wir plauderten noch eine Weile weiter und beschlossen am Abend nochmals zu telefonieren. Als ich aufgelegt hatte, bemerkte ich das Blatt auf dem Tisch:
Guten Morgen Prinzessin
Bin schon mal Frühstücken.
Warte auf dich im Esssaal.
Kuss Mom
Also machte ich mich auf den Weg zum Esssaal.
Der Flur war mit rotem Teppich ausgelegt. Das war mir gar nicht aufgefallen als wir gestern Abend hier ankamen. Ich war noch in meinen Gedanken versunken, als ich um die Ecke Richtung Esssaal ging und mit jemandem zusammen stiess. Er war wohl etwas schneller unterwegs als ich, denn als wir zusammenprallten war nur ich es, die Rückwerts auf den Boden fiel. Plumps und schon landete ich mit meinem Hinterteil unsanft auf dem Boden. Zum Glück war der rote Teppich noch zwischen mir und dem Steinboden.
„Oh. Tut mir echt leid. Entschuldige“ hörte ich eine Stimme zu mir sagen. Blickte auf und sah in SEIN Gesicht. Aus seinen umwerfend schönen Augen. Sein Blick konnte mich nicht umwerfen, da ich ja sowieso schon auf dem Boden sass. Er half mir beim Aufstehen.
„Kennen wir uns nicht?“, fragte er mich.
Ich wollt ihm gerade antworten, als jemand laut schrie.
„Niiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiick!!!“
Ich zuckte zusammen.
„Och Mist. Ich muss los.“ Und weg war er. Er sagte mir nicht mal auf Wiedersehen.
Schade ich hätte gerne noch etwas mit IHM geredet.
Immerhin habe ich IHN wiedergesehen und wusste nun seinen Namen. Und ich kam IHM irgendwie bekannt vor.
Mit einem riesigen Smile auf dem Gesicht betrat ich den Speisesaal und suchte meine Mutter. Ich hatte sie schnell entdeckt und ging eilig auf sie zu. Ich sagte ihr guten Morgen und gab ihr noch einen Kuss auf die Wange.
„Was ist den los? Du strahlst ja wie ein Honigkuchenpferd. Was ist denn passiert?“ fragte sie mich aus.
„Ach eigentlich nichts. Ich bin nur glücklich mit dir hier zu sein Mom. Ich liebe dich.“
„Ich dich auch, Prinzessin.“
Kurzes Schweigen. Ich beschloss mir etwas zu essen zu holen.
„Hast du eigentlich heute schon mal in die Zeitung geguckt?“, wollte sie wissen, als ich vom Buffet zurück kam.
„Nein wieso?“ Ein ungutes Gefühl breitete sich in meiner Magengrube aus. Sie reichte mir die heutige Zeitung. Auf dem Titelbild prangte ein riesiges Foto von mir mit der Überschrift:
Die schöne Unbekannte
Ich blätterte zu dem Artikel über mich.
Wer ist die schöne Unbekannte auf diesen Bildern? Kennen wir sie?
Nein, wir kennen sie (noch) nicht. Sie ist die Tochter von Maria Montez und Jo Anderson. Die ganze Welt dachte sie hätten keine Tochter, doch das ist, wie wir jetzt sehen falsch.
Hilary Haily Melody Ashley Anderson Montez wurde am 21. März vor 16 Jahren in Los Angeles geboren. Da ihre Eltern noch sehr jung waren und ihre Kariere gerade erst ins Rollen kam, musste die damals erst vier Monate alte Hilary, die Konsequenzen tragen. Sie wurde von ihren Eltern in ein Waisenhaus in der Schweiz gesteckt. Dort wuchs sie auf und hatte bis vor zwei Tagen keine Ahnung, wer ihre Eltern waren, bis sie sich zu erkennen gaben.
So wie sich Maria Montez uns gegenüber äusserte, hatten sie und Jo Anderson immer Kontakt mit der Leiterin des Heims. Sie wurden immer und über alles informiert, was mit Hilary zutun hatte und das 16 Jahre lang.
Wir werden versuchen ein Interview mit Hilary zu vereinbaren um ihre Sicht der ganzen Tragödie, ihrer Selbst. Wir bleiben an der Story dran und informieren sie weiter…
„Woher haben sie die Fotos und die Informationen?“, fragte ich meine Mutter.
„Die Fotos haben Paparazzis gemacht und die Informationen haben sie von mir.“
„Von DIR? Wieso hast du ihnen Informationen gegeben?“, wollte ich wissen.
„Sie werden es sowieso rausfinden. Dann ist es mir lieber sie hören es gleich von mir, als wenn sie es von einer anderen Quelle falsch hören. Ausserdem war uns das klar als wir dich wieder zu uns nahmen. Jetzt wird überall auf der Welt über dich berichtet und du wirst keine ruhige Minute mehr haben vor Fans und Paparazzos. Du hast übrigens jetzt schon Fans.“
Ich und Fans. Ich war noch nie besonders beliebt und plötzlich sollte ich Fans haben? Das konnte doch nicht sein. Andere drehten Filme und je beliebter der Film war, desto mehr Fans gewannen sie. Ich hatte jedoch weder einen Film gedreht, noch hatte ich eine CD aufgenommen oder war ein Supermodel. Immerhin konnte ich jetzt auf Absatzschuhen gehen. Das hatte mir Mom gestern in ‘Shoesisland‘ gezeigt. Ich übte in zehn Zentimeter Absätzen. Danach steigerte ich mich zuerst auf zwölf, dann fünfzehn und zum Schluss auf sechzehn Zentimeter. Meine Mutter meinte, dass ich ein Naturtalent sei. Sie habe noch nie jemanden kennengelernt, der in so kurzer Zeit, perfekt mit sechzehn Zentimetern gehen könne.
Aber damit hatte ich mir doch auch keine Fans geangelt.
„Was denkst du?“, unterbrach mich Mom bei meinem Grübeln.
Ich verriet ihr meine Gedanken und sie musste lachen.
„Dein Vater und ich“, begann sie „wir sind Weltstars. Unsere Fans sind auf der ganzen Welt verteilt. China, Italien, Amerika und so weiter. Durchs Fernsehen und die Zeitschriften weiss man überall, dass du unsere Tochter bist. Manche unserer Fans können nicht anders, als dich auch gleich ins Herz zu schliessen, weil du ein Teil ihrer grossen Idole bist. Verstehst du was ich meine?“
„Ja. Ich glaube schon.“ Diese Erklärung könnte hinkommen.
Ich ass schnell mein Frühstück zu Ende. Danach sagte meine Mutter zu mir, dass ich heute einen weiteren Freund von ihr kennen lernen werde.
Zwei Stunden später, hielten wir vor einem Gittertor. Leroy öffnete das Fenster, um den Klingelknopf zu betätigen. Es ertönte ein klicken und ein ‘Ja? Wer ist da?‘. Nachdem Leroy uns angekündigt hatte, ging vor uns das grosse, silbrige Gattertor auf. Der kopfstein gepflasterte Weg, auf dem wir fuhren, führte uns durch ein kleines Wäldchen zum dahinter gelegenen Anwesen. Vor dem Haus hatte es einen kleinen Platz mit Springbrunnen.
Leroy hielt unterhalb der kleinen Treppe, welche zur Eingangstür führte. Kaum hatte Leroy gehalten, stieg Antonio aus und öffnete mir die Tür. Nachdem zuerst ich dann meine Mom ausgestiegen waren, ging oben die Tür auf.
Eine junge Frau, mit schwarzem Röckchen und weisser Schürze, stand in der Tür und nahm uns in Empfang.
„Guten Tag Madam, Miss“, sage sie, zu mir gewannt. „Mister McKey erwartet Sie beide schon. Bitte folgen Sie mir.“
Sie führte uns durch einen grossen Saal zu einer Tür. Sie klopfte einmal und öffnete, ohne eine Antwort abzuwarten die Tür.
„Mister McKey?“ Sie bat uns mit einer Handbewegung herein.
„Hallo Maria, schon lange nichtmehr gesehen. Wie geht es dir? Du siehst super aus, wie immer.“
„Hallo Luke. Ja danke, mir geht es gut. Danke für das Kompliment, das kann ich nur zurückgeben.“ Sie drehte sich zu mir. „Luke, darf ich dir meine Tochter Hilary vorstellen? Hilary, das ist Luke McKey. Vielleicht kennst du ihn. Er ist der Regisseure von ‘Liebe auf den ersten Blick‘, ‘Die Feen von Laramia‘, ‘Sternenkind‘, um nur einige zu nennen. Im gehört auch das Plattenlabel ‘Butterfly Voice Records‘. Bei ihm stehen Stars wie zum Beispiel Antoni Miller unter Vertrag.“
Na klar. Warum bin ich nicht selbst darauf gekommen? Die Glocken in meinem Kopf hätten mir beim Namen McKey sofort läuten müssen. Die Filme die er gedreht hatte, waren immer riesige Erfolge. Er hatte ein Händchen dafür, aus unbekannten Personen Stars zu machen. Nehmen wir zum Beispiel mal, hmmm, Rosalie Castania. Die gebürtige Russin machte, wie auch Luke, auf den Seychellen Ferien. Eines Tages liefen sich die beiden zufällig über den Weg. Luke sah sofort das Potenzial in ihr und engagierte sie kurzerhand für einen seiner Filme. Das war der Beginn einer beeindruckenden Karriere.
Luke reichte mir die Hand und ich ergriff sie.
„Sie sieht dir sehr ähnlich. Schön, gross, lange Beine. Kannst du singen?“ frage er mich interessiert. „Oder schauspielern?“
Ich antwortete nur zögernd.
„Ähmm, ich weiss nicht. Manchmal habe ich abends im Waisenhaus den kleinen vorgesungen damit sie einschliefen. Am Tag machten wir manchmal kleine Rollenspiele, aber sonst habe ich keine Erfahrung.“
„Kannst du mir mal etwas vorsingen? Nur etwas Kurzes.“
„Okay. Ich singe, hmmm, ‘don’t worry, be happy‘ von Bob Marley.“
Ich schnippte mit den Händen dazu, so dass ich den Rhythmus nicht verlor. Als ich fertig war, klatschten Luke und Mom.
„Wow. Du hast ne super Stimme. Die hast du bestimmt von deinen Eltern geerbt. Maria warum hast du mir nicht gesagt, dass sie so gut singen kann?“ Er schaute fragend zu meiner Mutter.
„Tut mir leid, Luke. Ich wusste selbst nicht, dass sie so gut ist.“
Ich und gut im Singen, das war mir neu.
„Hast du schon mal daran gedacht ins Musikbusiness einzusteigen?“
„Nein, eigentlich nicht. Ich habe bisher nur so aus Spass gesungen.“
„Hast du schon mal vor Publikum gesungen?“
„Meiner Freundin und den anderen im Waisenhaus schon, aber vor grösserem Publikum nicht. Ich hatte immer das Gefühl, dass die anderen meine Stimme nicht mögen könnten, da sie etwas anders tönt als bei anderen.“
Meine Mom und Luke schauten mich verblüfft und Kopfschüttelnd an.
„Dass sie deine Stimme nicht mögen könnten?“ zitierte mich meine Mutter und sah mich mit grossen Augen an.
„Hilary, deine Stimme ist brillant. Sie versetzt einem Gänsehaut.“ Auch Luke schaute mich so komisch an.
„Hmmm, ist das gut?“
„Das ist sogar sehr gut. Die Gänsehaut wird nur ausgelöst, wenn die Stimme super gut ist. Die andere Variante ist, das die Stimme sehr schlecht ist, doch das ist bei dir absolut nicht der Fall. Ich würde dich gerne bei meinem Plattenlabel ‘Butterfly Voice Records‘ unter Vertrag nehmen, wenn du möchtest.“
Ich war platt. Ich, unter Vertrag bei der Erfolgsplattenfirma ‘Butterfly Voice Records‘? Wow…
Dann gibt es vielleicht bald eine eigene CD von mir. Das konnte ich mit fast nicht vorstellen. Meine eigene CD.
Luke schaute mich immer noch fragend an. Ich schaute zu meiner Mutter. Sie meinte, wenn ich mit sicher war das ich das wolle, dann solle ich das Angebot ruhig annehmen.
„Luke“, begann ich. „Ich danke dir vielmal für das Angebot. Und ich möchte es gerne annehmen.“
Zuerst, als ich anfing, verdunkelte sich Lukes Mine leicht, als ich jedoch zustimmte, strahlte er nur noch über beide Ohren.
„Schreibst du gerne und hast schon mal Texte verfasst?“
„Ja“, antwortete ich. „In meiner Schule haben wir schon Poetry Slam gemacht. Ich und meine beste Freundin gingen für unsere Klasse vor der ganzen Schule an den Start. Leider reichte es nicht unter die ersten drei, aber ich wurde danach von einigen Lehrern angesprochen.“
„Was ist Poetry Slam?“ fragte meine Mutter verwundert.
„Bei Poetry Slam schreibt man seine Texte selbst. Man kann über jedes beliebige Thema schreiben. Das Besondere ist, wie man es vorträgt. Manche machen es in Rapp Form, andere Singen. Aber wichtig ist, das Publikum in seinen Bann zu ziehen mit dem Text und der Ausstrahlung, wie auch der Vortragungsart des Textes“ schloss ich meine Erklärung.
„Aaah…“ war die Antwort meiner Mom.
Das Telefon auf Lukes Schreibtisch läutete. Er entschuldigte sich kurz und nahm ab. Nach einigen ‘Jas, mhms, okays und verstehe‘, legte er den Hörer schnell zur Seite und bat uns im Wohnzimmer, mit etwas Tee und Kuchen auf ihn zu warten.
Als Luke nach etwa einer halben Stunde wieder zu uns stoss, trank ich bereits meine dritte Tasse Tee. Die Frau, die uns zu Anfang empfing, und wie wir herausgefunden hatten Delia hiess, überreichte uns, jedem nach dem anderen einen Teller mit Kuchen.
„Tut mir leid, dass es so lange gedauert hatte“, entschuldigte er sich. „Einer meiner engsten Freunde, Tim, rief mich an und fragte mich, ob ich nicht Lust hätte, wiedermal einen Film zu drehen. Im Film geht es darum, dass ein sehr beliebter Jungstar immer mehr abhebt. Seine Plattenfirma verbannt ihn in ein Internat für junge Künste. Dort sieht er ein Mädchen, zu dem er sich im Laufe des Films immer mehr hingezogen fühlt. Sie will jedoch nichts von ihm wissen. Durch Tanz und Gesang kommen sich die beiden näher, bis sie herausfindet, wer er wirklich ist. Gibt es für die beiden ein Happy End?“ Kurze Pause.
„Ich fand die Geschichte gut und stimmte zu. Tim und ich werden den Film zusammen drehen. Er hat schon die perfekte Besetzung für die männliche Hauptfigur, welcher den Star Chris Wulf spielen sollte. Der Film kommt dann unter dem Namen ‘Liebe mit Takt‘ heraus.“
„Wow das ist toll. Wer spielt denn die Hauptrolle des Jungstars?“, fragte ich interessiert. Es kommt ja nicht oft vor, dass ein Regisseur mir erzählt, was er als nächstes drehen wird, geschweige denn überhaupt mit einem sprach.
„Die Hauptrolle wird Nick Patricks spielen. Wichtig ist, dass die Darsteller der Hauptfiguren auch singen und tanzen können.“
„Das ist toll, aber warum erzählst du uns davon? Ich dachte, solche Neuigkeiten wird vor der Öffentlichkeit verborgen gehalten.“ Meine Mutter schaute Luke etwas misstrauisch an.
„Ja eigentlich schon“, begann Luke „aber ich wollte Hilary fragen, ob sie Lust hätte, die weibliche Hauptrolle des Mädchens Zoey zu übernehmen. Hättest du Interesse? Die Beschreibung des Mädchens passt super mit deinem Aussehen zusammen. Sie sollte gross, schlank, blond und schön sein.“
Zuerst werde ich bei seiner Plattenfirma unter Vertrag genommen und jetzt soll ich auch noch in seinem neuen Film mitspielen? Unglaublich. Ich werde dann neben Nick Patricks das Mädchen Zoey Nelson spielen. Aber WER war dieser Nick Patricks? Ich hatte seinen Namen noch nie gehört.
„Ich soll Zoey spielen?“, fragte ich nochmals nach. Luke nickte und lächelte mich an.
„Ich würde sie sehr gerne spielen. Darf ich Mom?“
Sie wollte gerade etwas sagen, als Luke sie unterbrach.
„Und für dich Maria hätte ich auch eine Rolle. Ich möchte dich gerne als Gesangs- und Tanzlehrerin im Film haben. Die Entscheidung liegt bei dir. Du würdest ebenfalls gut in der Rolle aufgehen, da du, wie wir alle wissen, sehr gut singen und tanzen kannst. “
Sie überlegte einen Moment.
Stille.
Luke und ich sahen sie erwartungsvoll an.
„Ich spiele die Rolle! Okay, das wird sicher Spass machen“, meinte sie dann. Ich sprang auf und umarmte sie.
Als ich Luke fragte wer dieser Nick sei, meinte er, er wisse es auch nicht genau, habe jedoch einen Song von ihm auf seinem Computer. Nick soll in Amerika schon sehr beliebt sein und die Mädchen sollen ihm in Scharen nachrennen. Zusammen gingen wir zurück in sein Arbeitszimmer und er liess das Lied abspielen.
Es war wunderschön. Er hatte ne gute Stimme.
„Er ist gut. Er ist sogar sehr gut. Ich mag das Lied.“
„Ich auch. Darum habe ich ihn auch unter Vertrag genommen. Da ihr euch ja sowieso bei den Dreharbeiten kennenlernen werdet und danach auch eine CD aufnehmen werdet, könntet ihr dann auch zusammen auf Promotionstour gehen. Was hältst du davon?“
Ich hatte keine Ahnung was eine Promotionstour war. Als ich Luke dann danach fragte, erklärte er mir, dass das Werbung für den Film war. Man reiste also durch viele Länder, damit die Leute ermutigt werden den Film zu sehen. Oder so irgendwie…
„Wann wird gedreht?“, fragte Mom in meine Gedanken hinein.
„In einem Monat schon. Alle Rollen bis auf die der Zoey und der Lehrerin sind schon belegt. Ich kann euch die Drehbücher gleich mitgeben.“
„Warum hast du die Drehbücher hier? Ich dachte du hast eben erst zugestimmt.“
„Hab ich auch,“ verteidigte Luke sich „aber Tim hat mich schon seit längerer Zeit gefragt. Ich hab ihm dann gesagt, dass ich aber im Gegenzug, die Darsteller für die Lehrerin und Zoey aussuchen möchte. Vorhin gab er mir Bescheid, dass dies in Ordnung ginge.“ Er grinste meine Mutter breit an.
Nachdem wir alle Formulare für den Film, wie auch für meinen Plattenvertrag unterschrieben hatten und die Drehbücher, welche wir innert einem Monat lernen mussten, bekommen hatten, verabschiedeten wir uns von Luke und machten uns auf den gut eineinhalb stündigen Heimweg.
Ich merkte gar nicht wie schnell die Zeit verging. Erst als wir wieder vor unserem Hotel standen bemerkte ich, dass es schon viertel nach sechs war. Statt zuerst nach oben zu gehen, gingen wir geradewegs in den Speisesaal. Am Buffet holte ich mir eine Portion Spagetti und etwas Salat. Den Nachtisch nahm ich mir auch gleich mit: einen grossen Schokoladenbrownie.
„Du hast Morgen um 9 Uhr ein Interview mit der Zeitschrift ‘Tomorrow Star‘. Sie wollen ein paar Fotos im grossen Saal machen und danach ein exklusiv Interview.“
Ich schaute sie mit grossen Augen an. Der Namen der Zeitschrift kam mit bekannt vor und ich erinnerte mich an den Text über mich in der Zeitung.
„Und was soll ich da anziehen?“
„Sie nehmen dir ein paar schöne Kleider mit. Ich denke mal, dass wir schon das passende für die Bilder finden.“
Am nächsten morgen läutete mein Wecker schon um 7 Uhr. Ich drehte mich noch ein paar Mal im Bett hin und her und raffte mich dann aus dem Bett.
Okay, wäre ich jetzt zu Hause müsste ich früher aufstehen um rechtzeitig in die Schule zu kommen. Apropos Schule… Die anderen müssen heute alle die Schulbankdrücken, während dem ich wieder einen tollen Tag in der Welt der Schönen und Reichen verbringen darf. Ich musste schon etwas schmunzeln darüber.
Wie am Tag zuvor machte ich meine Toilette und suchte mir dann mein Outfit für den Tag heraus. Danach ging ich ins Wohnzimmer und traf da meine Mutter die seelenruhig in einem der schönen alten Sessel sass.
„Guten Morgen“, sagte ich.
„Guten Morgen, Süsse. Gut geschlafen? Ich habe dir das Essen hier her ins Zimmer bestellen lassen. Ich hoffe das geht in Ordnung.“
Als ich sie daraufhin fragte was sie mir zum Frühstück bestellt hätte, sagte sie: „Eier und Speck. Das isst du doch so gerne.“
Womit sie vollkommen recht lag. Ich mochte es, wenn der Speck gut durchgebraten war.
Um fünf vor neun begab ich mich mit meiner Mutter in den grossen Saal. Die Kameras und Lichter waren schon aufgebaut. Ein grosses Canapé stand ebenfalls bereit. Es war aus dunklem Holz angefertigt worden. Die Polster waren mit einem goldigen Stoff mit Muster eingefasst. Nach meiner Schätzung haben etwa drei Personen darauf Platz.
Eine grosse, schlanke Frau mit dunkelbraunen Haaren und Augen kam uns entgegen. Sie trug ein schwarzes Puma-Oberteil, dazu eine verwaschene Jeans. Die schokoladenbraunen Haare hatte sie zu einem rassigen Pferdeschwanz gebunden, der ihr wirklich gut stand.
„Hallo, ich bin Dana“ stellte sie sich vor „Danke, dass ihr gekommen seid. Wir würden gerne zuerst mit den Fotos anfangen, wenn das okay ist. Leyla“, rief sie einer kleinen, rundlichen, aber hübschen Dame. „Bitte gib Hilary die ersten Kleider und schmink sie. Nicht, dass du das nötig hättest…“ Bla bla bla…. Sie redete immer weiter auf mich ein, bis Dana sich meiner Mom zuwandte und Layla mich mit sich zog.
Sie bat mich, mich in den Stuhl zu setzen der vor mir stand. Als ich sass, fing sie mich auch schon an zu schminken. Als sie dann fertig war, durfte ich mit ihr zu einer grossen Kleiderstange gehen. Von Gelb, über Braun, bis hin zu Türkis hatte es alle Farben an der Stange. Sie griff nach einem roten Stoff und zog ihn heraus. Es war ein Kleid ohne Träger. Sie überreichte es mir und schob mich in eine Garderobe. Na ja… Garderobe konnte man ja nicht gerade sagen. Ein schwarzes Tuch wurde in einer Ecke des Saals, von Ecke zu Ecke gesponnen, so dass ich mich in dem Dreieck, das der kleine Raum nun bildete, umziehen konnte.
Als ich fertig war, betrachtete ich mich im antiken Spiegel, der vor meiner Garderobe stand. Das rote Kleid war enganliegen und ging ab meiner Hüfte abwärts, etwas auseinander. Meine Haare waren leicht gelockt und fielen mir locker über die Schultern. Meine Augen waren schwarz getuscht und zu meinem Erstaunen sehr dicht und voll. Mein Mund trug dasselbe Rot wie das Kleid. Ich sah natürlich aus, aber auch irgendwie geheimnisvoll.
Leyla kam herangeeilt und legte mir eine silbrige Kette um den Hals. Die Kette war nicht sehr dick, jedoch der Stein der in der Mitte festgemacht war umso mehr. An diesem Stein war ein grösserer Ring befestigt. Die Kette ging mir bis etwas unterhalb meiner Brust. Es sah schön aus und nicht protzig, wie ich zu Anfang dachte.
Leyla hielt mir ein Paar hochhackige Schuhe hin. Sie waren ebenfalls rot und bestanden aus vielen Riemchen. Sie half mir beim anziehen der Schuhe und zupfte danach an meinen Haaren rum.
„Sie ist soweit“, rief Leyla. Ich zuckte zusammen, da ich nicht damit rechnete, dass sie gleich durch den ganzen Raum schreit.
Dana kam mit ihrem wippenden Pferdeschwanz zu mir rüber, zeigte und erklärte mir wie sie sich das Bild vorstellte. Danach begannen wir auch schon mit dem Shooting.
Ich wusste nicht genau wie ich mich hinstellen oder welche Verrenkungen ich machen sollte. Ich beschloss deshalb ganz nach meinem Bauchgefühl zu handeln.
Einmal lehnte ich mich an die Wand. Dabei berührte ich sie nur mir meinem oberen Teil des Rückens. Mit der linken Hand fasste ich ein paar Haarspitzen.
Ein andermal stand ich vor dem grossen Spiegel, die rechte Hand berührte ihn. Ich schaute genau hinein. Das Bild war im Kasten. Danach drehte ich meinen Kopf zur Kamera zurück und auch dieses Bild war vollkommen.
Nach etwa einer Stunde und zahlreichen Outfits, hatte ich wieder meine Kleider, die ich morgens ausgesucht hatte, an und setzte mich auf die goldige Kautsch. Die Reporterin Molly setzte sich mir gegenüber und das Interview begann.
Kapitel 4
Molly: „Du bist als Waisenkind aufgewachsen. Wie
war das für dich?
Ich : „Ich hatte eine glückliche Kindheit, auch wenn
ich als Waise aufgewachsen bin. Alle Aufsichtspersonen, ob Lehrerpersonen oder Angestellte an sich, haben sich sehr gut um uns Kinder gekümmert. Obwohl wir Kinder alle keine Eltern hatten, waren wir eine grosse Familie.“
Molly: „Wie hast du herausgefunden wer deine
Eltern sind?“
Ich : „Ich habe es erst herausgefunden, als meine
Eltern mir an meinem Geburtstag in einem Hotel in der Nähe des Waisenhauses berichteten, wer sie seien.“
Molly: „Bist du ihnen Böse, weil sie sich nicht
schon vorher geoutet haben?“
Ich : „Das habe ich mich eigentlich gar noch nicht
gefragt. Nein. Nein ich bin ihnen nicht böse. Sie wussten, dass ich diese Welt in der ich nun bin, umgeben von Stars, noch früh genug entdecken würde. Ich bin froh, dass ich in einem Waisenhaus aufgewachsen bin, so werde ich bestimmt nie abheben. Es ist eine Erfahrung die ich gesammelt habe und die ich nie vergessen werde.“
Molly: „Hast du schon Pläne was du nun machen wirst?“
Ich : „Ja. Ich möchte eine CD aufnehmen. Zudem
habe ich auch schon eine Anfrage für einen Film bekommen.“
Molly: „Du spielst also in einem Film mit?“
Ich : „Das habe ich nicht gesagt.“
Molly: „Könntest du dir vorstellen, wie deine Mutter, als Model zu arbeiten oder gar eine eigene Kollektion zu entwerfen?“
Ich : „Ja, das könnte ich mir vorstellen. Falls mich
Jemand anfragen würde, bezüglich Modekollektion, müsste ich mir sehr überlegen ob ich das Angebot nicht annehmen sollte.“
Molly: „Hast du einen Freund?“
Ich : „Nein, momentan habe ich keinen Freund.“
Molly: „Wie sollte dein Traumboy aussehen oder sein?“
Ich : „Ich habe kein bestimmtes Bild von meinem
Traumboy vor Augen, aber er sollte mich zum Lachen bringen. Ich lasse mich einfach überraschen. Denn wenn die Liebe zuschlägt, ist man machtlos.“
Molly: „Was ist deine Lieblingsfarbe?“
Ich : „Ich habe keine. Ich finde alle Farben toll.
Je nach Stimmung ändert sie.“
Molly: „Was ist dein Lieblingstier?“
Ich : „Die Frage ist wohl eher welches Tier mag ich
nicht? Ich mag viele Tiere. Besonders mag ich Hunde, Pferde und Tiger.“
Molly: „Hast du ein Haustier?“
Ich : „Nein, leider nicht.“
Molly: „Wann hast du eigentlich Gebutstag?“
Ich : „Oh ich hatte gerade erst. Am 21. März wurde
ich 16.“
Molly: „Na dann, alles Gute im Nachhinein.“
Und so ging das Interview noch einige Fragen weiter.
Zum Schluss bedankte sich Molly mit einem Küsschen auf die Wange und überreichte mir das Rote Kleid, welches ich auf dem ersten Bild trug.
„Leyla sagte mir dir gefiele dieses Kleid besonders. Ich möchte es dir gerne schenken.“
Ich bedankte mich und gab noch fleissig einigen Leuten Autogramme.
Um vierzehn Uhr sassen meine Mom und ich im Esssaal und gönnten uns, unser wohlverdientes Mittagessen.
„Und? Wir hat dir das gefallen?“
„Es war sehr interessant.“ Antwortete ich mit vollem Mund. „Ich hoffe die Fotos sind gut geworden. Ich habe noch nie für eine Zeitschrift vor der Kamera gestanden.“
„Du hast es hervorragend gemacht. Weist du, ich glaube du hast diese Sachen einfach im Blut. Du hast es geerbt von deinem Vater und mir. Es fällt dir alles so locker.“
„Locker? Ich habe keine Ahnung wie man solche Dinge macht. Ich handelte einfach nach meinem Bauchgefühl.“
„Ja eben“, meinte Mom „du hast es eben im Blut. Deine Unsicherheit sieht man dir auf jeden Fall überhaupt nicht an.“
Während des restlichen Essens, grübelte ich noch etwas über das Gesagte meiner Mutter nach. Wahrscheinlich hatte sie recht und ich hatte es irgendwie geerbt. Oder hatte ich einfach nur Glück, dass alles wie am Schnürchen lief? Ich hatte keine Ahnung und erlichgesagt, möchte ich es auch gar nicht wissen.
Den ganzen Mittag verbrachten wir in unserer Suite im Hotel und lasen unser Drehbuch durch. Ich versuchte mir die ersten Sätze schon mal einzuprägen.
„Sollen wir mal eine Szene zusammen versuchen?“, erkundigte meine Mom sich gähnend.
„Ja warum nicht. Welche möchtest du?“
„Bei der Szene, in der sich Chris und Zoey das erste mal sehen.“
Ich schlug die Seite auf und überflog das ganze nochmals, dann schnappte ich mir den Marker, der auf dem Tisch lag und markierte mir die Stellen die ich sagen musste.
Meine Mutter spielte Chris und ich gab mir alle Mühe, wenigstens ein paar Sätze davon nicht abzulesen. Mom sah kaum aufs Blatt und redete und spielte drauflos.
„Wie machst du das?“, fragte ich sie.
„Das steht aber nicht im Text.“
„Nein das steht nicht drin, aber ich möchte gerne wissen wie du den Text so schnell kannst.“
„Na ja“, begann sie „du musst dich versuchen in die Person hinein zu versetzen, musst so denken wie sie. Die Bewegungen kommen dann von alleine und den Text musst du ja auch noch nicht können. Ich schaue mir das ein paarmal an und dann spiele ich es für mich oder mit jemandem durch. Je besser du dich in die Figur hinein fühlen kannst, desto schneller lernst du auch den Text. Ausserdem, wenn du mal einen Satz anders formulierst, könnte er so vielleicht besser in die Szene passen als der Vorgegebene.“
Ich nickte und überflog den Text noch einmal.
Zoey und Chris begegnen sich das erste Mal. Es spielt im Tanzsaal. Er rempelt sie versehentlich von hinten an, wodurch sie Richtung Boden segelt. Bevor sie ihn jedoch berührt, ergreift Chris ihre Hand und zieht sie wieder hoch. Sie ist etwas verlegen und verwirrt. Die Lehrerin Frau Prinston (meine Mom) hat alles mit angesehen und teilt die beiden gleich in eine Zweiergruppe ein. Sie sind nicht gerade Glücklich darüber. Sie haben sich nicht viel zu sagen. Man merkt, dass sie sich nicht besonders mögen.
„Okay. Nochmal von vorne.“
Wir spielten alles nochmal durch und zum Schluss sagte Mom:„Jetzt hast du es kapiert. Es ist nämlich gar nicht so schwer.“
Das stimmt. Ich hatte in diesem Moment nicht das Gefühl, ich sei Hilary, sondern Zoey. Ich war auch nicht mehr in der Suite, sondern im Tanzsaal. Ich sah alles genau vor mir. Denn hell beleuchteten Saal mit den grossen Fenstern an der einen Wand und dem grossen Spiegel an der anderen. Der Holzboden glänzte, war jedoch bestückt mit vielen kleinen Kratzern, was darauf hinzuführen war, dass man ihn schon oft benutzt hatte. Ein grosser, schöner und antiker Kronleuchter hing von der hohen decke. Diesen Saal konnte man bestimmt sehr gut benutzen um einen Themenball zu feiern.
Das Leuten meines Handys riss mich aus meiner Träumerei.
Ich nahm mein neues iPhone entgegen und drückte auf ‘annehmen‘.
„Hallo?“, frage ich ins Telefon hinein.
„Hey Hilary. Hier ist Alex. Warum hast du dich nicht gemeldet? Ich habe mir schon Sorgen gemacht.“
Ich ging aus dem Wohnzimmer in mein Zimmer und schloss die Tür hinter mir. Dann machte ich die Balkontür auf und trat hinaus in die kühle Abendluft.
„Hay Alex, tut mir leid. Ich habe es total vergessen. Momentan geht alles drunter und drüber hier.“
„Das glaube ich dir. Als ich heute Morgen auf dem Weg zur Schule war, kam ich am Kiosk vorbei. Du weist schon welchen. Der mit der alten Schachtel von Verkäuferin drinnen, die, wenn man etwas zu ihr sagt, nichts hört und einem dann noch ‘ausversehen‘ hinterher spuckt. Na ja auf jeden Fall, als ich da vorbei gehen wollte, sah ich dich auf der Titelseite von ‘InWorld‘. Ich kaufte mir das Heft natürlich und die anderen sieben Hefte auf denen du ebenfalls drauf warst, und las die Artikel. Übrigens habe ich dafür einen Drittel meines Taschengeldes geopfert. Aber das war es wert.“
MEIN Gesicht auf Zeitschriften. Daran muss ich mich langsam echt gewöhnen!
„Was machst du gerade?“
„Ähm, also ich muss dir etwas sagen“, unbewusst biss ich mir auf meine Unterlippe.
„Was ist los? Ist herausgekommen, dass du doch nicht die Tochter von ‘du weist schon‘ bist?“ Die Frage kam etwas zaghaft.
„Nein, nein. Du kennst doch sicher Luke McKey, oder?“
„Moment mal. Der Luke McKey von Butterfly Voice Records“, fragte sie mich etwas überrascht.
„Ja genau der. Ich und meine Mom besuchten ihn gestern und na ja, wie soll ich dir das sagen?“
„Sag es einfach. Mach es nicht so spannend?“
„Okay, aber du darfst es noch nicht rumerzählen okay?“ Da diese Frage so wie so unnötig war, da sie bei einem Geheimnis schweigt wie ein Grab fuhr ich weiter:
„Ich habe einen Plattenvertrag und spiele im nächsten Film von Luke McKey mit.“
Stille am anderen Ende.
Im nächsten Moment ertönt lautes Geschrei durch den Hörer, dass mir fast mein Trommelfell platzte.
„Oh mein Gott“, kreischt sie aufgeregt „du spielst in einem Film mit. Und nimmst eine CD auf. Weist du schon mit wem du alles im Film spielst? Hast du eine Hauptrolle? Um was geht es im Film? Wan beginnt der dreh?“
Sie fragte mich in Grund und Boden, doch ich beantwortete all ihre Fragen.
„Wer ist Nick Patricks?“ fragte mich Alex, etwas zu interessiert.
„Ich habe keine Ahnung. Er soll aber schon sehr berühmt in Amerika sein.“
Alex versprach mir, im Internet nach ihm zu Googeln und mir dann Bericht zu erstatten.
„Vor dem Dreh sind ja noch zwei Wochen Ferien. Bist du dann wieder in der Stadt? Können wir die Ferien zusammen verbringen oder bist du woanders?“
Ich merkte wie Alex stimme etwas langsamer wird und sie befürchtet, dass wir uns über längere Zeit nichtmehr sehen werden.
„Ehrlich gesagt: ich weiss es nicht. Ich werde mit meiner Mom sprechen. Mir wird etwas einfallen.“
„Okay. Du hälst mich aber auf dem Laufenden. Und wenn nicht, dann komme ich persönlich zu dir und bewerf dich mit verfaulten Tomaten.“
Ich prustete los. „Iiih du bist eklig, aber okay. Das will ich sehen!“
Wir kicherten und machten noch ein paar Witze bevor wir das Telefonat beendeten.
Als ich zurück ins Zimmer kam, stand meine Mutter am Fenster und telefonierte. Ich konnte nicht verstehen was sie sagte, da sie sehr leise sprach.
Als sie das Telefonat beendet hatte, drehte sie sich zu mir um und fragte mich wer mich angerufen hätte.
Ich erzählte ihr von Alex und frage sie was, oder bessergesagt wo wir in den nächsten Ferien sein werden.
„Ich dachte wir könnten nach Italien fahren. Was meinst du? Wenn du möchtest kannst du wählen wo wir hinfahren.“ Sie schaut mich einige Sekunden an und sagt dann: „Das sind die ersten Ferien und dein Vater und ich würden sie gerne mit dir verbringen. Uns ist egal wo, solange wir sie mit dir verbringen. Was ist los? Warum schaust du so traurig drein?“
Ich antwortete nicht auf ihre Frage.
„Es ist wegen Alex, nicht wahr?“
Sie hat mich durchschaut.
„Weist du, ich wollte es dir eigentlich noch nicht sagen, aber ich habe gerade eben Telefoniert.“
Ach nein, wirklich? Das habe ich ja gaaaar nicht gesehen.
„Und zwar mit der Mutter von Alex.“
Baaam… damit habe ich nicht gerechnet. Ich schaue meiner Mutter etwas verwirrt ins Gesicht.
„Ich habe sie gefragt was sie in den nächsten Ferien vorhaben und ihr vorgeschlagen, die Ferien mit uns zu verbringen.“
„Und? Was hat sie gesagt?“
„Sie meinte, dass sie das zuerst mit ihrem Mann besprechen müsse. Sie denkt jedoch, dass das schon klappen wird. Auf die Frage wo es hingehen wird sagte ich, dass du und Alex das Ferienziel zusammen auswählen solltet. Alex weiss noch nichts davon, weil ihre Mutter und ihr Vater zuerst darüber diskutieren wollen. Sie gibt mir dann bescheid.“
Genau in diesem Moment erklingt die Musik, welches den Eingang eines Anrufs anzeigt.
Nachdem Mom aufgelegt hat meinte sie an mich gewannt: „Alex ruft in 30 Sekunden an.“
Ich schaue sie fragend an und in diesem Moment vibriert mein Handy. Auf dem Display steht: ALEX is calling.
„Hallo Alex, was gibt’s denn neues?“ Natürlich wusste ich die Antwort schon aber, ich wollte die Freude von meiner besten Freundin nicht verderben. Durch das Laute Geschrei am anderen Ende, hatte ich Angst einen Hörschaden zu bekommen.
„Wir fahren zusammen in die Feeeeeerieeeen. Du hast es genau gewusst, aber mir nichts gesagt. Aber egal. Wir müssen unbedingt überlegen wohin wir in die Ferien fahren. Ich schlage vor irgendwohin wo es im April auch schön warm ist. Was meinst du?“
„Ja das wäre schön. Wie wäre es mit Spanien?“ Diese Idee kam mir ganz spontan.
„Ja das hört sich gut an oder Florida.“
Und so ging es einige Zeit weiter.
Mom und ich übten noch so lange bis uns einfiel, dass wir vielleicht einmal in den Esssaal gehen und uns ein Abendessen genehmigen sollten.
Am nächsten Tag weckte mich meine Mutter erst spät. Ich hatte das Mittagessen verpasst, wie ich erst nachher feststellen sollte.
„Steh auf, Prinzessin. Beeil dich.“
„Was ist den los?“ Nuschelte ich in mein Kopfkissen hinein.
„Wir gehen nach Hause.“
Ich sprang förmlich aus meinem Bett. Mir gefällt es ja in London, aber ich freue mich auch wieder nach Hause zu kommen und an mir bekannte Orte zu gehen. Und ich sehe Alex wieder. Ja, es ist noch nicht lange her, als ich von zu Hause fort ging, aber ich vermisse sie trotzdem.
Plötzlich fiel mir ein, dass ich für Alex gar kein Souvenir gekauft habe. Ich weiss noch, als Alex aus ihren Ferien aus Ägypten zurück kam und mir eine kleine Pyramide mitbrachte. Ich habe mich sehr darüber gefreut als sie es mir überreicht hatte und bin ihr um den Hals gefallen. Oder als sie mir von Indien einen Sari (ein Kleidungsstück welches die Frauen dort Tragen) mitgebracht hat. Ich habe die Dinge immer noch, nur der rote, mit Pailletten bestückte Sari ist mir mittlerweile zu klein.
Nur was sollte ich ihr aus London mitbringen? Ein Foto welches ich mit meinem neuen iPhone geschossen habe? Nein… Ich muss mir unbedingt etwas einfallen lassen. Es muss ja nichts grosses sein, nur etwas Kleines. Vielleicht ein Glücksbringer? Ein Freundschaftsbeweis?
„An was denkst du, Prinzessin?“ fragt mich meine Mutter beim Frühstück und schmiert sich genüsslich ein Marmeladenbrot.
„Ich möchte Alex ein Souvenir mitbringen, weiss aber nicht was genau. Ich habe an einen Freundschaftsbeweis gedacht. Was meinst du?“
„Ja das ist eine gute Idee. Wir können noch einen Abstecher in einen Schmuckladen machen bevor wir zum Flughafen fahren.“
So kam es, dass wir eineinhalb Stunden später in einer vornehmen Schmuckboutique standen und uns teure Ketten zu Gemüte führten.
„Schau mal, wie findest du diese Halskette?“ Meine Mom zeigte auf eine Kette, bei der in der Mitte irgendein grosser Diamant (oder was auch immer) prangte.
„Nein, ich glaube eher weniger…“ meinte ich nur und senkte meinen Blick wieder auf die Kostbaren Ketten.
Ich schlenderte an den Vitrinen entlang und dann sah ich das perfekte Geschenk. Ich sagte der Verkäuferin welches ich von den vielen Schmuckstücken meinte und hielt es ein paar Sekunden später in den Händen.
Die silberne, schmale Halskette lag locker in meine Hand. In der Mitte hing ein 3 cm grosser Stern welcher mit kleinen Diamant ähnlichen Steinen bestückt war. Auf jeder Seite des grossen Sterns, hingen je drei kleine Sterne mit je einem kleinen Diamanten in der Mitte.
„Das ist es“ sagte ich an meiner Mutter gewannt. „Bitte Mom, kann ich diese Kette Alex mitbringen?“
Sie nickte und fragte: „Ist das dein Freundschaftsbeweis?“
Ich bejahte und sie wandte sich an die Verkäuferin.
„Wir hätten gerne zwei von dieser Kette.“
Die Verkäuferin schaut zuerst mich und dann meine Mutter an als seien wir Ausserirdische, nickte dann kurz und ging in einen hinteren Teil des Ladens.
„Zwei? Warum hast du zwei genommen?“ fragte ich verwirrt.
„Bei einem Freundschaftsbeweis haben beide das gleiche Symbol. Wusstest du das nicht? Es zeigt und symbolisiert die Zusammengehörigkeit.“
„So ähnlich wie bei einem Ehering?“
„Ja“, sie lachte „so ähnlich.“
Als wir den Laden verliessen, hatte ich sowohl ein Geschenk an Alex wie auch für mich.
Wir fuhren zum Flughafen und stiegen zum Schluss ins Flugzeug ein. Ich war bereit für mein Wiedersehen mit Alex.
Kapitel 5
Als ich wieder aufwachte waren wir immer noch im Flugzeug. Irgendetwas war komisch. Entweder habe ich nur kurz geschlafen oder unser Flugzeug macht noch einen Abstecher in ein anderes Land.
Ich nahm mein iPhone aus meiner Handtasche und schaute mir das Datum an. 26. März, Mittwoch.
„Wo sind wir?“ fragte ich an meine Mutter gewannt.
„Wir sind gleich da“ meinte sie nur.
Und da setzte der Pilot auch schon zum Landeflug an.
Als ich ausstieg erwartete mich nicht der erwartete Flughafen in Zürich.
„Ich glaube wir sind ins falsche Flugzeug eingestiegen.“ Ich schaute meine Mutter an und blieb stehen.
„Nein, nein. Das stimmt schon so.“ Mom lächelt mich an.
„Willkommen in Los Angeles!“
Waaaaaaaas???? In Los Angeles? Was machen wir hier. Mom hat doch gesagt wir fliegen nach Hause. Warum sind wir den jetzt hier. Ich hatte mich schon so gefreut Alex wieder zu sehen und ihr Gesicht zu betrachten wenn sie ihr Geschenk auspackt.
„Warum sind wir in Los Angeles? Ich dachte du hast gesagt wir gehen nach Hause?“ fragte ich meine Mutter vorwurfsvoll und den Tränen nahe.
Bevor sie antworten konnte stürmten schon unzählige Paparazzis auf uns zu und belagerten uns. Mir blieb nichts anderes übrig als unser Gespräch auf nachher zu verschieben.
Wir drängten uns mit unserem Gepäck durch die Meute von Paparazzos und Fans.
„Hilary, Hilary, kann ich ein Autogramm haben? Und ein Foto? Oder noch besser ein Kind von dir?“ ertönt es von der linken Seite. Ich stockte und drehte meinen Kopf in die Richtung von der die Stimme kam. Ich musste zweimal hinschauen, um mir sicher zu sein dass ich nicht träumte. Dort, links von mir, umgeben von Paparazzis stand in Fleisch und Blut Alex. Ich schreite auf und rannte auf sie zu. Wir umarmten uns innig und mir war bewusst, dass dieses Bild morgen auf allen Titelseiten zu finden sein wird, doch das war mir in diesem Moment so etwas von egal.
„Alex“, kreischte ich „was machst du denn hier? Träume ich etwa? Das kann doch nicht sein.“
„Deine Mom hat mich eingeladen, zu dir zu fliegen. Sie hat das mit der Schule geregelt. Wir werden zusammen von einem Lehrer unterrichtet. Ist das nicht total abgefahren?“ Sie lachte mich an und umarmte mich nochmals.
Ja… Total abgefahren… grummel… Der einzige Lichtblick im Dunkeln war, dass Alex mit mir zusammen die Schulbank drücken wird. Das heisst, es wird bestimmt nicht langweilig. Ich bin Mom wirklich dankbar, dass sie das ermöglicht hat, Alex hierher zu bringen.
Als wir dann endlich im Auto sassen und ich Mom Alex vorgestellt hatte, musste ich doch noch wissen warum wir nach Los Angeles geflogen sind.
„Du sagtest, wir fliegen nach Hause“, sagte ich vorwurfsvoll.
„Das stimmt ja auch. Wir gehen ja jetzt auch nach Hause. Es ist das zu Hause von deinem Dad und mir. Und neu auch von dir. Es tut mir leid, wenn ich falsche Hoffnungen in dir geweckt habe.“ Ich konnte ihr Bedauern spüren. Ausserdem hat sie Alex zu mit geholt, dass heisst: ich kann ihr gar nicht böse sein.
Auf dem Weg zum Haus meiner Eltern…. Ich korrigiere: Auf dem Weg zum Haus meiner Eltern und MIR, unterhielten wir drei uns fabelhaft. Ich merkte, dass meine Mutter und Alex sich ins Herz geschlossen hatten.
Es kam mir so vor, als sässen drei Freundinnen zusammen und tratschten und lachten über ein Thema. Mom war in diesem Moment nicht meine Mutter sondern eine Freundin die für jeden Spass zu haben war. Eine mit der man Pferde stehlen konnte.
„Dad wird morgen auch zu uns stossen“, meinte Mom an mich gewannt. Zu Alex meinte sie: „Er ist momentan noch in New York und steht dort für zwei Werbungen vor der Kamera. In einem wirbt er für Unterwäsche und im anderen für einen neuen Deo.“
„Wow“ Alex hing förmlich an Moms Lippen. „Du hast doch in diesem Werbespot für Wimperntusche mitgemacht, nicht wahr? Nachdem ich ihn zum ersten Mal gesehen habe, kaufte ich mir die Wimperntusche sofort.“
Mom lachte. „Ja, ich habe unter anderem auch in diesem Werbespot mitgemacht. In ein paar Tagen müsst ihr beiden leider für einige Zeit allein sein, da Jo und ich für eine Parfumwerbung nach Paris fliegen müssen. Meint ihr, ihr schafft das?“
„Wir werden es überleben“ meinte ich und schaute zu Alex. „Oder was meinst du?“
„Ja, ja. Gerade noch so…“ Wir prusteten los.
Der Wagen fuhr an ein Eisengitter heran und Leroy, der den Wagen fuhr, sprach leise mit einem Sicherheitsmann. Dieser winkte einem anderen und das Gittertor glitt auseinander. Wir fuhren weiter, die Strasse entlang. Auf der rechten Seite der Strasse erhoben sich riesige Villas. Eins schöner als das andere. Ein ‘Wow‘ entrang mir und Alex. Wir fuhren noch einige Zeit weiter, langsam an den prachtvollen Villas vorbei. Plötzlich bogen wir in eine Einfahrt ein, welche sich zum Haus schlängelte. Wie bei Luke hatte auch dieses Haus einen Springbrunnen davor. Leroy hielt, sodass wir aussteigen konnten.
„Willkommen zu Hause.“
Die Haustür öffnete sich und eine kleine rundliche Frau, mit feuerroten, kurzen Haaren, öffnete uns die Tür.
„Hallo Cindy, wie geht es dir? Das sind Hilary und Alex.“
„Guten Tag die Damen. Willkommen daheim.“ Cindy eilte uns entgegen und umarmte uns freundlich.
„Bitte führe Hilary in ihr Zimmer, Cindy. Und bereite das Gästebett in ihrem Zimmer für Alex vor.“
Jack eilte aus dem Haus begrüsste uns ebenfalls freundlich und holte unser Gepäck aus dem Kofferraum.
Alex und ich folgten Cindy ins Haus. Wow, die Eingangshalle war hell und einladend. Überall standen antike Möbel, wie Tische, Stühle, oder Vasen. Durch die grosse Verandatür mit der grossen Fensterfront geradewegs vor uns brachte fiel Helligkeit in den Raum und liess in dadurch strahlen. Von der Decke herab hing ein, ebenfalls antiker, Kronleuchter. Doch mir fiel auf, dass keine Treppe in den oberen Teil des Hauses führte.
Als ich Cindy darauf ansprach, zeigte sie auf eine Tür. Ich ging darauf zu, fand aber nirgends einen Türknopf.
Verwirrt drehte ich mich zu Cindy um. Sie streckte ihre Hand aus und drückte auf einen, fast unsichtbaren Knopf auf der rechten Seite der Tür. Es ging einen Moment und die Tür öffnete sich.
„Ohh… Das ist ein Lift“ bemerkte ich erst jetzt. Ich wäre nicht darauf gekommen. Auf jedenfalls passt es nicht mit den antiken Gegenständen in der Eingangshalle überein. Aber die Verbindung von Antike und Moderne faszinierte mich und ich merkte allmählich, dass alles aufeinander abgestimmt wurde. Cindy sagte Alex sie solle auf die eins drücken. Alex freute sich darüber wie ein kleines Kind, dass gerade einen Lolly bekommen hatte.
Die Tür sprang auf und wir standen in einem, ebenfalls hellen Raum. Der Unterschied zu unten war, dass der Raum viel kleiner war. Es war eine Art Gang, nur etwas breiter. Die Wände wie auch der Teppich waren in Rot gehalten. An den Wänden, zu beiden Seiten, hingen alle paar Zentimeter Bilder von Mom und Dad und… von MIR. Ich blieb vor einem Bild von mir stehen. Ich war darauf schätzungsweise zwei Jahre alt und sass im Garten vor dem Waisenhaus im Gras. Ich trug ein Kleidchen. Was bedeutete, dass es vermutlich Sommer war. Die Farbe des Kleidungsstückes konnte ich nicht bestimmen, da das Bild in schwarz, weiss aufgenommen Wurde. Die Haare hatte mir jemand zu einer Palme auf den Kopf gebunden. Ich lachte mitten in die Kamera hinein.
Ich ging einige Schritte weiter. Von einem anderen Bild lachten mich zwei Mädchen, im Alter von fünf Jahren, mit Zahnlücken entgegen.
„Alex, komm mal bitte schnell her“ rief ich ihr.
Sie betrachtete gerade ein anderes Bild, auf der sich meine Mutter auf einem Bett räkelte. Wiederwillig wandte sie den Blick vom Bild ab und schlenderte zu mir. „Sieh dir das mal an.“ Ich zeigte auf das Bild vor mir, mit den beiden Mädchen.
„Sind wir das etwa?“, fragte sie mit einem breiten grinsen auf dem Gesicht. Wir erinnerten uns gemeinsam zurück in die Vergangenheit. Wir schauten uns zusmmen die anderen Bilder an. Es gab kaum welche auf denen wir nicht zusammen drauf waren.
Am Ende des Ganges wartete Cindy auf uns. Nach links wie auch nach rechts führte der Gang noch ein bisschen weiter und wurde dann durch eine Tür gestoppt. Auf die linke Seite ging es ins Zimmer meiner Eltern und nach rechts in meins. Ich legte meine Hand auf die Türklinke und drückte sie leicht nach unten. Die Tür schwang auf und mein Blick fiel ins Innere des Raums. Er war riesig, jedoch wurde der Raum da und dort durch eine Trennwand getrennt um kleinere Räume oder Nischen zu schaffen. Jede Nische oder Raum war in einer anderen Farbe gestrichen. Durch die Panoramafenster fiel das Sonnenlicht ins Zimmer und liess es freundlich, hell, einladend und gemütlich wirken. In einer Ecke des Raums war mein Bett. Es war nicht rechteckig wie ein gewöhnliches Bett, sondern ein Rundes Himmelbett. Am Kopfende passte es jedoch genau in die Ecke hinein.
Cindy ging zu einem kleinen Kästchen neben meinem Bett und drückte darauf. Der Bildschirm erleuchtete. Ich ging zu ihr und stellte mich neben sie.
„Mit diesem Touchscreen-Bildschirm kannst du das ganze Zimmer steuern. Hier unten“, sie zeigte auf den unteren Teil des Bildschirms „stehen die verschiedenen Räume. Drücke auf Schlafzimmer. Das ist dieser Raum. Super. Nun Stehen am oberen Rand verschiedene Begriffe. Nimm ‘Bett‘. Sehr gut. Dann steht hier ‘Gästebett‘. Dann musst du nur noch sagen für wie viele Personen, das wäre jetzt eine, und drückst darauf. Jetzt musst du etwas zur Seite sonst wirst du vom Gästebett erschlagen.“ Wir gingen einige Schritte weg vom Bett. Kaum waren wir stehengeblieben, fuhr mein Bett in die Höhe und ein anderes kam heraus. Es schmiegte sich in die Rundung unterhalb meines Bettes, an die linke Wand. Cindy musste nun das Bett nur noch anziehen. Und fertig. Ich war erstaunt, zu was die Technik alles fähig war.
„Wie viele Gästebetten kann man denn höchstens machen?“ fragte Alex.
„Ans Bett angrenzend sind vier möglich. Dann haben wir noch zwei in der Wand. Aber falls mal mehr als sechs Personen hier in diesem Zimmerübernachten sollten, können wir auch noch ein paar Betten aufstellen.“
Alex und ich schauten uns ungläubig an.
Cindy entschuldigte sich, da sie noch einiges vorhabe.
Bald darauf hatten Alex und ich uns in meinem Zimmer umgesehen und hatten den dreh mit dem Touchscreen-Bildschirm raus.
Plötzlich fing Alex an, wie eine Wilde zu schreien und stürzte sich mit einem Kissen auf mich. Ich war zu verblüfft um zu reagieren und das Kissen knallte mit voller Wucht an meinen Oberkörper. Das liess ich mir natürlich nicht gefallen und schnappte mir ein eigenes. Nach etwa zehn Minuten rumrennen und kleinen Hirnerschütterungen, hielten wir mit unserer Kissenschlacht inne und machten Waffenstillstand.
„Irgendwann möchte ich ne Revanche“ sagte ich an Alex gewannt.
Ich stolperte über ein Kissen und konnte mich gerade noch an einem Kerzenständer, der an der Wand befestigt war festhalten. Da gab neben mir die Wand nach und legte den Blich auf eine kleine Treppe frei.
Ich sah zu Alex hinüber. Die schaute mit weit aufgerissenen Augen in den Eingang.
„Was zum Kuckuck ist das?“ wollte sie wissen.
Da ich die Antwort selber ja auch nicht wusste, sagte ich nichts. Ich machte einen Schritt auf den Eingang zu. Alex hielt mich am Arm fest.
„Willst du da jetzt wirklich rein gehen?“
„Ja. Ich will wissen wo die Treppe hinführt.“
„Aber dir könnte etwas passieren. Ich meine wir wissen nicht ob das sicher ist. Es sieht ziemlich alt aus. Vielleicht gibt die Treppe nach, wer weiss.“
Ich musste mir das Lachen verkneifen. So ängstlich habe ich Alex noch nie gesehen.
„Du willst mir doch nicht etwa sagen, dass du Angst hast. Oder?“
Alex sagte nichts.
„Komm schon. Versuchen wir es einfach. Mich nimmt es echt wunder wohin uns das führt.“
„Na gut,“ meinte Alex kleinlaut „aber du gehst voraus!“
„Abgemacht!“
Also machten wir uns auf den Weg. Ich trat in das Innere des kleinen Raums. Es sah nicht danach aus, als sei hier vor kurzem jemand gewesen. Auf der Treppe lag eine Staubschicht und ich war froh, dass ich meine Schuhe noch nicht ausgezogen hatte. Ich entdeckte eine zweite Treppe, die jedoch nicht wie die Andere nach oben führte, sondern nach unten. Ich entschied mich, zuerst die nach oben führende Treppe zu nehmen. Ich stieg zwei Treppen hoch und sah nach hinten. Alex folgte mir auf Schritt und Tritt. Am Ende der Treppe war eine Tür. Ich legte meine Hand auf die Türklinke, schrak jedoch zurück.
„Was ist los? Hast du dir weh getan? Ich sagte doch, wir sollten das lieber lassen. Wieso hörst du nie auf mich?“
„Es ist alles in Ordnung Alex. Ich bin nur erschrocken über die Spinne an der Türklinke. Das ist alles.“
Ich versuchte es nochmals und…. Die Tür war verschlossen.
„Mist, sie ist verschlossen.“
„Na dann gehen wir mal lieber wieder schnell zurück.“
„Moment. Warte doch mal Alex.“
Ich schaute mich um und sah einen Stein in der Wand der etwas anders aussah als die anderen. Er war etwa zwei Zentimeter länger als die übrigen. Ich versuchte den Stein rauszuziehen, aber er bewegte sich kein bisschen. Wie konnte ich nur denken, dass das funktionieren könnte? Das ist schliesslich kein Film.
Mit der Faust schlug ich sanft gegen den abstehenden Stein, um meine Resignation zu zeigen. Der Stein schoss in die Wand und ein zweiter etwas Unterhalb schoss heraus. Ich drückte ihn in die Wand und der erste Stein erschien wieder. Nochmals drückte ich ihn. Der gleiche, unterhalb erschien. Statt ihn nun hinein zu drücken zog ich daran. Der Stein lag nun in meiner Hand. Und was jetzt? Ich drehte ihn und sah, dass er eine Art Schatulle war. Also klappte ich die als Stein getarnte Schachtel auf und sah darin drei Schlüssel. Sie hingen an einer Kette.
„Wow, das ist ja wie im Film. Das ist echt gruselig“ meldete sich Alex von hinten, die mir aufmerksam zusah. Ich verstaute den Stein wieder in der Wand und versuchte den ersten Schlüssel an der Tür. Nichts. Den zweiten…. Das Schloss öffnete sich mit einem Klick. Ich drehte den Knauf und die Tür ging auf. Die Sonne blendete mich und ich musste mich zuerst an das Sonnenlicht gewöhnen, dann sah ich einen kleinen Weg er über das Dach führte. Ich trat also heraus in die Sonne. Alex blinzelte zuerst auch als die Sonne sie begrüsste und ich wartete bis sie wieder klar sehen konnte.
„Wo sind wir?“
„Ich glaube auf dem Dach“ antwortete ich ihr.
„Ist das nicht ein bisschen gefährlich hier oben?“ fragte sie mich und schaute vorsichtig hinunter.
„Nein. Sieh doch, das ist ein kleiner weg. Links und rechts hat es ein Geländer, damit man nicht hinunter fallen kann. Wow, von hier oben kann man so über alles hinweg schauen. Schau mal da drüben. Siehst du das Haus dort? Gehört das nicht Casey Balea?“ Ich zeigte auf das dritte Haus von rechts.
Alex machte ein paar Schritte hinaus.
„Das dort?“ fragte sie. „Ja das könnte sein. Wow. Wenn das wirklich das Haus von Casey Balea ist, dann musst du dich unbedingt mir ihr anfreunden und sie mir vorstellen. Okay?“
Ich nickte. Casey Balea ist gleich alt wie ich. Genauer gesagt etwas älter. Sie wurde schon als sie etwa fünf war entdeckt. Heute ist sie eine der berühmtesten Stars auf dem Planeten. Ihre CDs und Filme sind sehr beliebt. Es gibt, glaube ich, niemanden auf der Welt, der nicht schon von ihr gehört hat. Ich hoffe ich lerne sie mal kennen, sie soll sehr witzig und nett sein.
„Da vorne ist eine Tür“ weckte mich Alex aus meinen Gedanken. Sie zeigte auf ein Türmchen, eins das man von Schlössern her kannte. Wir gingen auf die Tür zu und ich entdeckte erneut ein Schloss.
„Wetten es ist abgeschlossen?“ sagte ich zu mir selbst, jedoch versuchte ich, ob es nicht zufällig offen war. War es natürlich nicht und ich versuchte einen der anderen beiden Schlüssel aus. Schon beim ersten Versuch ging die Tür auf. Ich trat in den Raum. Es dauerte wieder eine Zeit biss ich mich an das spärliche Licht gewöhnt hatte.
Ich drehte mich einmal um mich selbst. An den Wänden hingen Bilder. Aber nicht irgendwelche Fotografien die man eingerahmt hatte, sondern Bilder die gemalt wurden.
„Wow sieh dir das an Alex. Das ist unglaublich. Was denkst du, wie lange hängen die wohl schon hier?“
„Du meine Güte. Keine Ahnung, aber ich würde sagen schon eine ganze Zeit lang. Schau dir mal das Bild an.“
Sie zeigte auf eines genau vor ihr. Darauf war eine Frau mit langem, welligem, braunem Haar abgebildet. Sie trug ein altmodisches, langes Kleid mit einer Korsage. Eines, das man aus den alten Sissi-Filmen kannte. Es war Gelb und hatte ein weisses Muster. Der Raum in dem sie sass war hell und die Strahlen vielen durch die Fenster auf ihren Körper. Sie malte.
„Es ist schön. Sie malt ein Bild“
„Das ist doch egal. Fällt dir nichts anderes daran auf?“ wollte sie von mir wissen.
„Was meinst du? Ach so. Stimmt, du hast aber echt gut hingeschaut. Sieht so aus als wurde das Bild hier drinnen gemalt.“
„Ja. Aber das meine ich nicht.“
„Was meinst du dann?“ Ich wollte nun endlich wissen was sie meinte.
„Sie sieht aus wie du!“
„Was? Wie ich?“ Ich schaute auf das Bild. „Nein. Das meinst du bloss. Sie hat braune Haare.“
„Na und? Deine Mutter auch. Ihr drei, du deine Mutter und diese Frau auf dem Bild seht euch zum verwechseln ähnlich. Die Haare lang und gewällt. Schlank, okay kann man nicht wirklich auf dem Bild sehen, nehme ich jedoch an. Das Gesicht schön und ebenmässig. Augenfarbe ist ja egal.“
„Siehst du, ausser den Haaren haben wir nichts gemeinsam.“
„Ihr habt den gleichen Mund“ fuhr Alex weiter.
„Na und? Weist du wie viele Menschen die es gibt die einen ähnlichen Mund haben? VIELE!“
Ich streckte die Hand aus und hob das Bild von der Wand.
„Hilary, was machst du da?“ kreischte Alex aufgebracht.
„Ich schaue ob etwas hinten drauf steht“ erklärte ich ihr.
Ich drehte also das Bild herum und betrachtete es von hinten. Nichts.
„Das hätte ich dir auch gleich sagen können.“
„Ach Alex, negatives denken hilft uns nicht weiter. Ich will wissen wer das ist. Hilf mir. Wir schauen jetzt auf jeder Rückseite des Bildes nach ob etwas draufsteht.“
Also machten wir uns an die Arbeit und drehten jedes noch so kleine Bildchen um.
„Findest du nicht, dass es langsam reicht, Hilary? Wir haben jetzt fast alle angeschaut und auf keinem ist etwas geschrieben.“
„Das hier ist das letzte“ sagte ich und drehte es nebenbei um.
„Hier“ kreischte ich „hier steht was. Unten im rechten Rand. 1757. Rosalinda Isabella Elena Martinez.“
„Was hat das zu bedeuten?“
„Hier steht das Jahr in dem Sie gemalt wurde und wir haben sogar den Namen von ihr: Rosalinda Isabella Elena Martinez.“
„Und was machen wir jetzt damit?“
„Ich schlage vor wir gehen mal zurück in mein Zimmer und schauen dann mal im Internet nach ob wir was finden.“
Kapitel 6
Kaum waren wir im Zimmer und hatten die Geheimtür geschlossen, klopfte es und Cindy kam mit der Bettwäsche um das Gästebett anzuziehen.
„Und was habt ihr so gemacht?“ fragte sie neugierig.
Alex und ich wechselten kurz ein paar Blicke.
„Wir haben gelesen“ „Wir waren auf der Terrasse“ kam es von uns wie aus der Pistole geschossen.
„Wir waren auf der Terrasse“ „Wir haben gelesen“ wechselten wir unseren Satz.
„Wir waren auf der Terrasse und haben gelesen“ fasste ich zusammen. Cindy blickte zuerst mich, dann Alex an und meinte dann: „Aha, sehr interessant.“
Als Cindy wieder gegangen war, schaltete ich meinen ultra modernen Computer an.
„So, jetzt schauen wir mal, ob wir was finden“ sagte ich zu Alex. Ich öffnete das Internet und gab den Namen ein. Zu meinem Erstaunen fand sich doch einiges und ich klickte auf den ersten Link.
Rosalinda Isabella Elena Martinez wurde 1739 in LosAngeles geboren. Sie war die älteste der fünf Kinder des Herrenhauses Martinez. Da es keinen Jungen als Erben gab, bekam sie alles. Sie erbte unter anderem das prächtige Herrenhaus, in dem sie auch wohlbehütet aufwuchs. Sie war sehr schön und auch sehr begabt. Unter anderem konnte Rosalinda Isabella Elena Martinez zeichnen, lesen, schreiben und hervorragend musizieren und singen. Es war für sie ein leichtes einen Ehemann aus gutem Hause zu bekommen. 1757, mit 18 Jahren, heiratete sie den 10 Jahre älteren William Carter und bekam ein Jahr danach ihren Sohn Andrew. Danach folgten: Sarah, Leroy, Elisabeth und Isabella. Rosalinda Isabella Elena Martinez starb 1791 an der Folge einer Grippe.
Bekanntester Nachfahre:
Maria Montez
Es herrschte stille im Zimmer. Alex und ich schauten auf den Bildschirm.
„Sie ist deine Ur-Ur- weiss- ich- nicht- wie- viel- Grossmutter.“
„Mein Gott. Du hattest recht. Darum sahen wir uns also ähnlich. Aber Mom ist nicht hier geboren. Sie wurde in Barcelona in Spanien geboren. Danach zog sie mit ihrer Familie als sie 12 war nach Amerika. Dort lernte sie dann meinen Vater mit 15 kennen. Kann das sein, dass das ein Zufall ist, dass Mom und Dad genau dieses Haus gekauft haben, in dem ein Vorfahre meiner Mom schon gelebt hat? Und wieso hat keiner bis jetzt den Geheimgang entdeckt? Nicht einmal bei den Renovierungsarbeiten?“ fragte ich mehr mich selbst als Alex.
„Meinst du wir sollten es deinen Eltern erzählen?“
„Ich glaube vorerst noch nicht. Ich möchte noch die andere Treppe erkunden. Ich schlage vor wir gehen Mittagessen und danach schauen wir uns da mal um.“
„Hilary wir haben halb zwei, meinst du nicht es ist etwas spät für ein Mittagessen?“
„Nein wieso? Ich habe Hunger du nicht?“
„Doch schon, aber…“
„Nichts aber! Komm wir gehen runter.“
Unten angekommen, suchten wir erst mal die Küche. Dort angelangt Stand Cindy gerade am Herd und hantierte mit Töpfen.
„Na ihr? Ihr habt wohl Hunger.“
„Das sieht man uns wohl an“ meinte ich schmunzelnd.
„Na los, setzt euch raus ich bringe euch was.“
Wir durchquerten die Küche und gelangten durch die offene Terrassentür ins Freie. Vor uns erstreckte sich eine grosse Terrasse mit Tischen, Stühlen, Sonnenschirmen, Liegestühlen und einem riesigem Pool. Der Pool war echt gross, denn man konnte richtige längen schwimmen. Er hatte sogar einen Wasserfall.
Ich sah Alex an und schrie ihr im Rennen zu sie solle mitkommen und sprang voll bekleidet in den Pool.
„Komm Alex, es ist herrlich.“ Sie sah aus als ringe sie noch ein wenig mit sich selbst, doch dann rannte sie ebenfalls auf den Pool zu und sprang hinein.
„Das Wasser ist wundervoll. So erfrischend. Das war eine tolle Idee, Hilary.“
„Wie ich sehe habt ihr eine Menge Spass.“
„Hallo Mom. Ja es ist toll hier. Ich fühle mich hier wirklich wie zu Hause.“
„Das ist gut so, denn es ist dein neues zu Hause“ sagte sie lächelnd.
„Soll das etwa heissen, dass wir nicht mehr zurück in die Schweiz gehen?“ Ich war schon etwas geschockt über die Neuigkeit. „Ich meine, ich bin in der Schweiz aufgewachsen. Dort sind meine Freunde. Ich kenne hier niemanden.“
„Ach Schatz“ Mom setzte sich an den Rand und liess ihre Füsse ins Wasser baumeln. „Du wirst auch hier neue Freunde finden. Alex kann auch immer wieder zu Besuch kommen wenn sie will. Wir werden bestimmt mal wieder einen Abstecher dort hin machen, damit du die anderen besuchen kannst, aber das hier, das ist deine neue Heimat. Du wirst hier am meisten Ruhe vor den Paparazzos haben. Dein Leben hat sich geänderter, es ist nichtmehr das gleiche wie vor einer Woche.“
Sie hatte damit schon recht, aber ich werde die anderen aus meiner ehemaligen Heimat sehr vermissen. Aber hey, ich bin in LosAngeles. Nicht viele bekommen die Chance hier her zu ziehen, in eine super tolle Villa und so tollen Eltern wie ich. Es hat eben alles seine Vor- und Nachteile.
Nachdem Cindy uns das Essen serviert hatte und wir uns endlich dazu aufraffen konnten aus dem Wasser zu steigen, gingen wir zurück in mein Zimmer. Dort angekommen öffneten wir erneut den Geheimgang. Jedoch wählten wir nun die Treppe die nach unten führte. Sie endete (oh was für eine Überraschung) bei einer Tür. Diese war (oh was für eine Überraschung) abgeschlossen. Ich wählte den letzten der drei Schlüssel aus und (oh was für eine Überraschung) die Tür ging auf. Es war wieder ein Raum. Er war voll mit Kisten. In einer Ecke stand sogar noch ein Schreibtisch. Moment mal, das ist kein Schreibtisch, das ist eine Schminkkommode. Früher kämmte man sich davor und machte sich schön, heute ist es ein beliebtes Sammelstück und sehr teuer.
„Echt voll hier unten.“
Alex und ich erschreckten und schrien los.
„Hey, alles in Ordnung“ sagte die Person und kam zur Tür herein.
„Mom! Du hast uns zu Tode erschreckt. Ich dachte mein Herz bleibe stehen.“
„Ja, ich glaube mein Herz ist gerade in die Socken gerutscht. Ich habe mir fast in die Hosen gemacht.“
„Tut mir leid. Ich wollte eigentlich nur schnell nach euch sehen und dann sah ich die Öffnung in der Wand und die Stimmen die von unten kamen, da dachte ich, ich sehe mal nach. Was ist das alles hier? Ich habe das noch nie gesehen. Was hat das alles zu bedeuten?“
„Wir wollten es dir eigentlich erzählen, dachten aber, dass wir zuerst noch die Treppe die nach unten führt anschauen wollen.“
„Okay, Hilary. Jetzt alles von vorne bitte“ sie schaute mich erwartungsvoll an und so erzählte ich ihr die ganze Geschichte.
„Was? Das ist unmöglich. Ihr habt es wirklich so im Internet gelesen?“
„Ja, das stand so. Ich habe dir doch gesagt ihr seht ihr ähnlich“ sagte Alex nun an mich gewannt.
„Ja, ja. Du hattest ja recht. Mich nimmt es echt wunder was in den Kisten drin ist, euch auch?“ Die beiden sahen mich nur an, also setzte ich mich in Bewegung und machte die erste Kiste auf.
„Wow, seht euch das an.“ Aus dem Inneren der Kiste hob ich ein Kleid heraus. „Es ist wunderschön. Schau mal Mom. Meinst du wir dürfen es behalten? Darf ich es mal anziehen?“
„Na ja, es ist in unserem Haus und es gehörte unseren Vorfahren, also geht das schon in Ordnung. Was haltet ihr davon, wenn wir die Sachen erst mal nach oben bringen und dann sehen, was alles drin ist?“
Also halfen wir uns gegenseitig, die schweren Kisten hoch zu schleppen. Nach einer geschlagenen halben Stunde und etlichen Schweissausbrüchen, standen alle Kisten auf der Terrasse meines Zimmers (oh ja, ich hatte auch eine Terrasse). Wir machten die Kisten nach einander auf und schauten hinein. In den meisten waren Kleider und Schuhe, dann fanden wir auch noch Parfüm, haufenweise edlen Schmuck, Bilder und Bücher.
„Sieht so aus, als wurde nach dem Tode von Rosalinda all ihre Habseligkeiten in Kartons gepackt und in das Zimmer verfrachtet.“
„Ja, das Gefühl habe ich auch. Schau mal Mom, dieser Schmuck muss heute ein vermögen wert sein, meinst du nicht auch? Es kostete doch bestimmt damals schon viel.“
„Du hast recht. Wir werden es wohl mal schätzen lassen.“
Nach dem Abendessen verschwanden Alex und ich schon bald in mein Zimmer und redeten noch ein wenig. Als wir das Licht gerade ausmachen wollten, klopfte es an der Tür. „Herein“ riefen Alex und ich im Chor.
„Hallo, ich bin‘s schon wieder. Stör ich?“
„Aber nein Mom, komm rein. Was gibt’s?“
„Ich wollte euch nur mitteilen, dass wir Morgengaben an eine Kinopremiere gehen werden. Das heisst für euch: Schöne Kleider aussuchen, euch von einem Visagisten eine Frisur und Make-Up verpassen lassen. Danach werden wir von einem Chauffeur abgeholt und zur Premiere gefahren. Wir schreiten den roten Teppich entlang, geben Autogramme, machen Interviews und Fotos. Danach sehen wir uns den Film an und ich mache euch mit ein paar Freunden von mir bekannt. Ihr habt dann auch noch Zeit euch selbst mit Leuten anzufreunden. Ich habe gehört, Casey Balea und Nick Patricks sollen auch kommen.“ Sie zwinkerte uns zu und machte Anstalten zu gehen.
„Moment mal, wir gehen auf eine Premiere?“ fragte Alex nochmal nach. „Das heisst, ich auch?“
„Aber natürlich. Wir lassen dich doch nicht einfach hier zurück. Du bist unser Gast.“
„Cool. Ich freu mich.“
„Mom gehen wir morgen noch Kleider Shoppen?“
„Hast du schon mal in deinen Kleiderschrank gesehen? Da sollten genug drin hängen. Wenn dir jedoch keines gefällt, dann gehen wir Shoppen. Okay? Ach ja,“ fuhr sie an Alex gewannt fort „für dich sollten auch ein paar Kleider in deiner Grösse da hängen. Sie sind angeschrieben. Na dann, schlaft schön bis morgen.“ Damit verliess sie das Zimmer. Alex und ich sahen uns einen Moment an und sprangen dann aus dem Zimmer. Wir rannten ins Kleider Zimmer und öffneten die Kleiderschränke. Und da hingen sie.
„Wow, die sind aber schön. Wo sind meine? Sie sagte doch für mich hat es auch welche.“
Ich schob die Schranktür weiter auf und da hingen die sechs verschiedenen Kleider für Alex.
„Toll“ meinte sie und nahm sich das Rotekleid heraus und zog es sich sogleich über. Ich entschied mich für ein blaues das ich anprobierte. Es passte und sah auch sehr schön aus, jedoch hängte ich es zurück. Es war nicht ein Kleid, bei dem ich in diesem Moment dachte es sei der Hammer. Ich betrachtete Alex in ihrem roten Kleid.
„Wie wäre es damit? Probier das mal aus.“ Ich hielt ihr ein cremefarbenes Kleid vor die Nase. „Versuch es doch einfach.“ Sie gehorchte und versuchte es an. Es stand ihr besser als das Rote. Das Kleid passte perfekt zu ihren dunkelbraunen, fast schwarzen Haaren und es schmiegte sich toll an ihre wohlgeformte Figur. Es machte ihr Dekolltee grösser als es war und sie wirkte schlanker. „Das ist perfekt, meinst du nicht auch?“ fragte ich sie. Sie nickte und meinte: „Jetzt bist du dran.“
Ich griff zu einem rosa-violetten Kleid und zog es an. Ich Wusste sofort: Das ist das Richtige. Der Stoff bei der Brust wurde so gerafft, dass es aussah wie ein Blumenstrauss und ging ringsherum. Unterhalb der Brust war wie ein kleiner Gürtel ins Kleid gemacht, jedoch ohne Gürtel Schnalle. Von da abwärts, ging das Kleid leicht auseinander.
„Du siehst aus wie eine Fee.“
„Ist das jetzt gut oder schlecht?“ wollte ich wissen, da man bei Alex ja nie sicher sein konnte.
„Na etwas Gutes natürlich. Ziehst du das an, oder nimmst du etwas anderes? Du kannst sowieso alles tragen. Dir steht alles.“
Da musste ich ihr schon ein wenig zustimmen. Aber alles konnte ich auch nicht tragen! Wir hängten die Kleider zurück in den Schrank und legten uns danach ins Bett.
„Gute Nacht Alex, schlaf schön und träum was süsses.“
„Gute Nacht Hilary, schlaf schön und träum was süsses. Danke vielmals, dass ich hier sein darf. Es ist einfach der Hammer!“ Ich lächelte in die Dunkelheit und dann schliefen wir ein.
Am nächsten Tag schliefen Alex und ich aus. Wir wurden von Cindy um zwölf Uhr geweckt.
„Oh ihr seid noch im Bett. Los Kinder, aufwachen. In eineinhalb Stunden kommen die Leute um euch schön zu machen. Das Frühstück ist unten auf der Terrasse schon bereit. Los jetzt! Auf wachen!“ Mit einem kräftigen Ruck beförderte Cindy die Vorhänge zur Seite und machte die Balkontür auf. Frische Luft drang ins Zimmer. Ich richtete mich auf und rieb erst mal meine Augen. Mit einem Blick auf Alex sah ich, dass sie gar nicht einverstanden damit war, aufzustehen. Sie hatte das Kissen und die Bettdecke über den Kopf gezogen. Ich schälte mich aus meiner Bettdecke und stieg in meine Hausschuhe. Erst im Badezimmer merkte ich, dass ich ja eigentlich gar keine Hausschuhe besass. Ich schaute also auf meine Füsse hinunter. Ich hatte Hausschuhe an. Es waren Hausschuhe mit Schäfchenmotiv. Ich lächelte, zog sie aus und Duschte ausgiebig. In meinen Morgenmantel und meinen Schäfchenhausschuhen, ging ich ins Kleiderzimmer und wählte ein blaues T-Shirt aus und zog es mir über. Im gleichen Moment kam Alex ins Zimmer und schaute mich mit weit aufgerissenem Augen und Mund an.
„Oh mein Gott. Weist du eigentlich was du da trägst?“
Ich verneinte und hatte schon die Befürchtung etwas Falsches gemacht zu haben.
„Das ist das Crystal Rock D-TShirt ICE.“
„Na und? Mir gefällst.“
„Es ist toll. Crystal Rock ist das neue Fashion Label von Christian Audigier, dem Gründer von Ed Hardy. Du kennst doch Ed Hardy? Bitte sag mir nicht, dass du es nicht kennst.“
„Doch das kenne ich. Wow, das ist also auch von Christian Ausigier? Dan war es bestimmt sehr teuer.“
„Na das ist schon mal vorprogrammiert. Du kannst das T-Shirt übrigens googlen.“
Ich griff zu den Jeanshosen und zog eine Schwarze heraus.
„Hast du an der auch was auszusetzen?“
„Zeig mal her!“ Ich gab ihr die Jeans und sie betrachtete sie. „Das ist eine Miss Sixty Jeans. Die kostet 119 Euro.“
„Woher weisst du das alles?“ wollte ich wissen.
„Erstens steht hier, dass sie von Miss Sixty ist und zweitens mussten wir doch mal einen Vortrag in der Schule schreiben und da wählte ich Markenkleider. Ich habe da unteranderem über Miss Sixty berichtet. Weist du nichtmehr? Ich musste vorher viel recherchieren und da hab ich mir doch auch gleich die Mode angesehen, ich meine wenn man sowieso schon mal dran ist.“
Ach ja, der Vortrag. Über was schrieb ich schonwieder? Ach egal. Ist ja auch schon einen Monat her.
„Wetten dein Kleiderschrank ist voller Markenkleider?“
Da wollte ich lieber nicht mit Alex wetten, denn ich hatte das Gefühl, dass sie recht hatte. Alex machte sich an meinen Kleidern zu schaffen, um zu sehen was von welcher Marke ist. Ich liess sie alleine und ging nochmals ins Badezimmer um mich noch restlich anzuziehen.
Als ich fertig war und wieder ins Zimmer zurück kam, stolzierte Alex mit 11cm hohen High-Heel-Sandalen an mir vorbei.
„Und was meinst du dazu? Das ist einer der wenigen die mir passen.“ Alex Füsse waren eine Nummer grösser als meine.
„Von welcher Marke?“ „Miss Sixty. Sind sie nicht toll?“
Ja, sie waren echt schön. Die Schuhe waren schwarz und hatten einen beige-goldenen Effekt.
„Weist du was?“ fragte ich Alex „Wie wäre es wenn du die Schuhe heute Abend anziehst? Zu dem Kleid? Ich glaube sie würden hervorragend passen.“
Alex kreischte los und rannte auf mich zu.
„Danke, danke, danke. Du bist die Beste. Vielen, vielen Dank.“
Ich sagte ihr sie solle sich jetzt endlich fertig machen, damit wir runtergehen und frühstücken konnten. Obwohl Frühstück nicht richtig war. Mittagessen würde besser passen. Wie sagt man in Moms kreisen? Ach ja: Brunchen. Man nannte es Brunchen.
Eine halbe Stunde später, waren wir fertig mit essen und entschlossen uns, etwas die Gegend zu erkunden. Mom sagte mir, dass es nicht weit die Strasse runter, einen See gibt und so machten wir uns auf den Weg zum See.
Cindy machte uns bewusst, dass wir spätestens in einer Stunde wieder zurück sein mussten, weil wir uns dann langsam für den Abend richten mussten. Jack machte uns darauf aufmerksam, dass wir mit den Fahrrädern gehen könnten, so hätten wir auch mehr Zeit zur Verfügung. Also holte Jack für uns die Fahrräder raus. Es waren natürlich nicht irgendwelche Fahrräder von irgendeinem billigen Verkäufer, sondern von der Firma Electra. Meins war hellblau (Mint, wie es im Internet stand, ja ich hab es nachher gegoogelt) mit weissen Blumen drauf, ein schwarzer Sattel mit Blüten drauf, ein Körbchen mit genug Platz, eine schicke Lampe und hatte den Namen ‘Hawaii 3i‘. Alex Fahrrad war von der gleichen Firma hiess jedoch ‘Karma‘. Es war dunkles violett und lief beim Lenker ins hell violette, hat so Henna-schnörkel-Verzierung und einen Gepäckträger. Alex ist fast ausgeflippt beim Anblick der Räder und kriegte sich fast nicht mehr ein. Als wir endlich unter dem Tor meines Anwesens hindurch fuhren, hatte sich Alex (zum Glück wieder im Griff.
„Wow, die lassen sich aber gut fahren. Da merkt man wieder die Marke dahinter.“
„Ach Alex. Auf die Marke kommt es doch nicht an. Es ist wie ein normales Rad, aber weil du weist, dass es von Electra ist, denkst du es ist was Besonderes. Okay, sie sind ja auch toll. Ich glaube ich habe noch nie so ein tolles Rad gesehen. Die Farben sind klasse.“
„Siehst du? Du findest es auch toll. Schau mal da vorne. Ist das der See?“ Sie nahm eine Hand vom Lenkrad und zeigte nach vorne.
„Ja, ich glaube das müsste er sein. Komm, wer zuerst da ist.“ Wir radelten wie die wilden los. Wer hat wohl gewonnen? Natürlich ich. Hahaha… Alex und Sport passen einfach nicht zusammen (ebenso wenig wie ich).
Wir stiegen von unseren Electras und stellten sie unter einen Baum. Der Blick über den Kleinen See war wunderschön. Auf dem Wasser tummelten sich Schwäne und Enten, an den Ränden gab es unzählige Seerosen in verschiedensten Farben. Der Weg um den See war schattig dank den Bäumen die am Wegrand standen, so dass man auch wenn es warm war gemütlich um den See spazieren konnte. Es war ruhig, man hörte und sah niemanden. Nur das leise plätschern und das vereinzelte schnattern einer Ente durchdrang die Stille. Es war friedlich und man konnte sich schön entspannen.
„Hier müssen wir morgen nochmals hin“ sagte ich zu Alex und sah sie an.
„Ja. Dann machen wir hier ein Picknick, okay?“ „Abgemacht. Gehen wir ein Stück?“
Wir gingen den Weg entlang, der an einer Seite ans Wasser grenzte, an der Anderen mit Bäumen bestückt war. Nach einer Kurve nach links merkten wir, das der See sich ausdehnte und doch grösser war als gedacht. Kleine Wege gingen vom Hauptweg ab und führten zu anderen, prachtvollen Häusern. Wir entschlossen, uns hinzusetzen und morgen mit den Rädern den See weiter zu erkunden. Der Weg war genug breit, um nebeneinander auf dem Weg zu fahren. Es gab nirgends eine Verbotstafel für Fahrräder, also nahm ich an, dass sie erlaubt waren. Alex zog die Schuhe aus und streckte ihre Füsse ins Wasser. Ich machte es ihr nach, legte mich rückwärts ins Gras und schloss die Augen. Ich weiss nicht ob ich eingeschlafen war, aber ich öffnete meine Augen erst als ich etwas kühles auf meiner Wange spürte. „Hör auf damit Alex“ sagte ich, aber es ging immer weiter so. Ich machte die Augen auf und sah in die Augen eines…. Hundes. Ich setzte mich ruckartig auf. Der Hund erschreckte und taumelte einige Schritte rückwärts. „Ja hallo. Wer bist den du? Komm, komm mal her.“ Der Hund schnüffelte an meiner Hand und schleckte sie sogleich ab. Er fing wie wild an zu hüpfen und sprang auf meinen Schoss und gab mir einen feuchten Kuss. „Iiih… geh da runter!“ Ich konnte dem kleinen nicht böse sein. Ich war mir ganz sicher das der Hund es ein Border Collie war, den ich hätte auch gerne einen Hund. Einen Border Collie oder einen Labrador. Ich schaute mich um, sah aber niemanden ausser Alex die neben mir schlief. Ich weckte sie und zeigte ihr den kleinen. „Ach ist der süüüüüüss“ meinte sie „wem gehört der?“ „Keine Ahnung er hat mich beschlabbert.“ In diesem Moment ertönt ein Ruf, etwas weiter rechts vom Weg her: „Daisy, Daisy, wo bist du? Komm her!“
Alex neben mir fing an zu lachen. „Daisy… hihihihi… Er nennt sie Daisy wie die Comicfigur.“
„Alex, Daisy bedeutet vom Englischen ins Deutsche übersetzt Gänseblümchen. Wusstest du das nicht?“ Alex hörte abrupt auf zu lachen und schüttelte mich. „Hilary, wir müssen los. Wir sind vorhin eingeschlafen und haben die Zeit vergessen. Wir sind fünf Minuten zu spät dran. Na los steh auf.“ Ich registrierte erst jetzt so recht was Alex gesagt hatte und sprang auf. „Los Daisy, geh zu deinem Herrchen. Na los, lauf schon.“ Doch Daisy dachte nicht daran auf mich zu hören und rannte uns nach bis auf den Weg nach. Ich blieb stehen und rief: „Daisy ist hier. Bitte beeil dich ein wenig, wir haben es sehr eilig.“ Kaum hatte ich es ausgerufen, schoss jemand um die Kurve. Mir fiel die Kinnlade runter. Da kam doch tatsächlich NICK auf uns zu gerannt. „Hallo, danke dass ihr sie nicht entwischen liesset, so wie ich.“ Er musterte mich von oben bis unten und fragte dann: „Haben wir uns nicht schon mal gesehen?“ Er kann sich an mich erinnern, genau so wie im Hotel. „Ja, am Flughafen und im Hotel. Ich bin übrigens…“ Weiter kam ich nicht da mich Alex am Arm fortriss und schrie: „Tut mir leid, wir müssen leider gehen, wir sind zu spät dran.“ Und schon wieder nicht kann ich Nick meinen Namen nennen. Wir rannten also den Weg zurück und schwangen uns auf unser ‘Hawaii 3i‘ und unser ‘Karma‘.
Als wir endlich zurück waren und wir unsere Räder vor dem Haus abgestellt hatten, öffnete uns Cindy schon die Tür und sah uns etwas grimmig an.
„Wo wart ihr? Ich sagte doch eine Stunde. Damit meinte ich genau eine Stunde. Ihr seid spät dran. Na los, geht rauf und duscht euch noch schnell, ihr riecht etwas nach schweiss.“ Wir rannten zum Aufzug und fuhren hinauf. „Cindy sah recht wütend aus“ meinte Alex. Ich nickte nur und verschwand in meinem Zimmer gleich ins Bad. Nach der Dusche setzte ich mich aufs Bett und wartete, bis Alex fertig war.
In Unterwäsche und Bademantel bekleidet und unsere Kleider und Accessoires unter dem Arm, eilten wir hinunter. Mom wurde Gerade geschminkt als wir im Salon ankamen. „Ah, hier sind ja unsere Prinzessinnen“ meinte sie nur und schenkte Alex und mir ein bezauberndes Lächeln. „Na dann können wir ja anfangen“ ertönt es hinter mir. Ich drehte mich um und sah in das Gesicht von Pablo.
„Pablo, wie geht es dir?“ fragte ich ihn eilte auf ihn zu und umarmte ihn. Er küsste mich auf jede Wange. „Mir geht es gut. Oh was hast du nur mit deinen Haaren angestellt. Du musst unbedingt eine Spülung benutzen. Ich lass dir nachher zwei Flaschen für dich da.“ Er schaute an mir vor bei und flüstert mir zu: „Wer ist denn das?“ Ich erklärte ihm, dass das meine beste Freundin Alex sei. „Olala… Da muss ich aber viel machen.“
„Das schaffst du schon, Pablo. Das hast du doch auch schon bei mir, nicht wahr?“ meinte ich im gleichen Flüsterton.
„Ja, aber gegen sie, warst du heilig!“ Er ging mit einem breiten Lächeln auf sie zu, begrüsste sie und stellte sich vor. „Hilary, darf ich dir meinen Assistenten Dustin vorstellen?“ Ich drehte mich um. Vor mir stand ein Mann in Pablos alter, schätzungsweise 30 Jahre alt und ganz in Rosa gekleidet (wenn ich sage ganz dann meine ich das so: rosa Oberteil, rosa Hosen, rosa Schuhe, sogar rosa Mache in den Haaren). Er umarmte mich und gab mir ebenfalls Küsschen auf die Wange. „Und das da,“ er zeigte auf den Mann der gerade meine Mutter schminkte und fuhr weiter „ist Mikel. Er ist zuständig für das Make-Up.“ Mikel drehte sich leicht um und winkte mir, mit einem Pinsel in der Hand, zu und widmete sich dann wieder meiner Mutter. Dustin wies mir einen Platz zu und fing daraufhin auch schon an, meine Haare zu richten. Er fragte mich noch schnell, wie ich es mir vorstellen würde und begann dann.
Nach geschlagenen fünfzehn Minuten waren meine Haare fertig. Ich betrachtete mich im spiegel. Dustin hatte mir die Haare genau so gestylt, wie ich es mir vorgestellt hatte: eine Hochsteckfrisur, die jedoch nicht all zu streng war. Einzelne Haarsträhnen hingen mir gelockt auf die Schultern. Meine mittellangen Fransen, wurden auf locker auf den Oberkopf verbannt. Es sah wirklich toll aus. Ich drehte mich zu Dustin um, stand auf und gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Das hast du super gemacht. Genau so habe ich es mir vorgestellt. Vielen Dank, Dustin.“ „Das freut mich. Deine Haare machen es einem ja auch leicht. Sie sind so schön weich. Welche Spülung benutzt du dafür?“
„Ehrlich gesagt benutze ich gar keine Spülung.“ Ich lächelte etwas verschmitzt und Dustin meinte, was ich doch für ein Glück habe. Seine Haare lassen sich leider nicht so gut Stylen wie meine und sie seien auch nicht so weich wie meine. Zudem wollte er auch wissen welche Bodylotion ich benutze, da ich so gut nach Orange rieche.
Ich war mir nun ganz sicher, dass er Schwul war. Ich meine, welcher man möchte die gleiche Bodylotion die nach Orange schmeckt und welcher Mann will schöne weiche Haare und hat eine French-Maniküre an seinen Fingernägeln? Ich mag ihn sehr, deshalb war mir das egal. Übrigens: ich sagte ihm wie meine Bodylotion heisst und er fragte ob es mir was ausmachen würde wenn er sich die gleiche besorge.
Als Pablo bei Alex anfing die Augenbrauen zu zupfen, wurde es im Zimmer laut, denn Alex kreischte. Ich konnte es ehrlich gesagt nicht ganz nachvollziehen, da Pablo es bei mir ja auch schon gemacht hatte. Er hatte ein Händchen dafür, denn bei mir tat es nicht weh. Na ja, da musste Alex nun mal durch.
Als Mom endlich fertig geschminkt war, durfte ich in ihrem Sessel platznehmen. Mikel fing auch gleich an mich zu schminken. Ich hatte keinen Spiegel vor mir und wusste deshalb nicht genau, was er mit mir anstellte.
Als ich dann fertig war und er mir einen Spiegel vors Gesicht hielt, konnte ich nicht glauben, dass ich das war.
Ich konnte nicht einmal erklären wie ich aussah, denn es war einfach nur atemberaubend. Ich gab auch Mikel einen Kuss auf die Wange und bedankte mich, danach schaute ich wie weit Alex Umstyling war. Sie wartete bereits darauf bis ich fertig war um ebenfalls geschminkt zu werden. Sie sah anders aus. Sie war ja vorhin nicht hässlich, oder so, aber diese Umwandlung stand ihr deutlich besser.
„Du siehst toll aus“ sagte ich zu ihr und riss sie damit aus ihren Gedanken, denn sie zuckte zusammen. Als sie zu mir aufschaute viel ihr der Mund auf.
„Wow, Hilary, bist du das? Krass, du siehst ja spitze aus! Dir werden die Jungs nur so nachrennen.“
„Danke, aber du siehst auch ganz gut aus. Bin gespannt was Mikel mit dir anstellt.“ Alex nahm im Sessel Platz und ich machte mich daran, Mich umzuziehen. Ich war froh, dass mir Dustin half, denn es war gar nicht so einfach, wenn man schon geschminkt und die Haare gemacht waren. Mir machte es nichts aus, dass Dustin mich in meiner Unterwäsche sah, denn erstens, wenn man baden geht sieht man auch so viel und zweitens, er ist schwul. Bekanntlich sind ja schwule Männer die besten Freunde einer Frau, sie sind sogar noch besser als Freundinnen. Na ja, jedenfalls hatte ich nun mein Kleid angezogen und Dustin half mir auch noch beim anziehen meiner Christian-Louboutin-Schuhe. Danach schnappte ich mir auch noch meine Clutch (das ist eine kleine Tasche die man in der Hand hielt) von Prada und fertig war ich. Auch Alex war in diesem Moment fertig und drehte sich um. Wir beide starrten uns an. „Du siehst toll aus“ sagten wir beide gleichzeitig und fingen an zu lachen. Dustin half auch Alex beim anziehen. Danach mussten wir noch auf meine Mom warten. Um die Zeit noch etwas herumzuschlagen, gab nahm ich mein iPhone aus meiner Clutch und machte ein Foto von Alex, eins von Dustin, Pablo und Mikel. Dustin meinte wir ich solle ihm das Handy geben damit er ein Foto von mir machen könne. Nach zwei Fotos, zog ich Alex aufs Bild und rief, nach weiteren Fotos auch noch die anderen im Raum zu mir.
Dann endlich, kam Mom aus dem Lift heraus, in einem Traum von Kleid. Die Farbe (grau-violett) stand ihr hervorragend. Die Haare hatte sie zu einem Dutt im Nacken gebunden. Sie trug ebenfalls eine Clutch von Prada, jedoch in der Farbe Pink. Als Alex sie darauf ansprach wer der Designer ihres Kleides sei, meinte sie Alberta Ferretti. Alex nickte nur, als wisse sie wer das sei, doch ihr Gesichtsausdruck sagte etwas anderes.
An der Tür klingelte es und eine Minute später kam Cindy ins Zimmer und teilte uns mit, dass der Fahrer nun da sei. „Na dann los. Vielen Dank Jungs“ und damit rauschte sie aus dem Zimmer. Ganz die Diva natürlich.
Ich verabschiedete mich von den andern und folgte ihr. Alex tat es mir gleich. Ich blieb in der Eingangshalle nochmals stehen und schaute in meine Clutch, damit ich auch bestimmt nichts vergessen hatte. Alex hatte mich mittlerweile überholt und ich folgte ihr. An der Tür stiess ich fast gegen sie, konnte aber gerade noch bremsen.
„Was ist los? Warum bleibst du stehen? Ich wäre fast in gegen dich gestossen!“
Ohne etwas zu sagen zeigte sie auf den Vorplatz. Ich schubste sie etwas zur Seite, um zu sehen was sie meinte. Vor der Tür stand eine Limousine.
„Okay, wegen diesem Gefährt wäre ich fast gegen dich gestossen? Alex krieg dich langsam mal ein! Du solltest doch langsam wissen, dass hier alles ein Luxus ist!“
„Ja du hast recht. Also, gehen wir, oder willst du noch lange hier rumstehen?“ „Was? Aber du hast doch… Na egal.“ Ich konnte gar nichts sagen, da Alex schon ins Auto stieg. Ja, mich hat es genauso überrascht wie Alex, dass vor der Tür eine Limousine stand, aber das musste sie ja nicht wissen.
Kapitel 7
Als wir vor dem roten Teppich (oder hier auch red garpet genannt) ankamen, hörte ich die schreie von Menschen schon bevor die Tür aufgemacht wurde. Ein Bodyguard machte Die Tür auf und meine Mom Stieg als erste aus. Danach folgte ich und zuletzt kam noch Alex.
Obwohl ich erst seid kurzem ein Star war (nicht einmal ein richtiger, da ich noch nichts Starmässiges geleistet habe) und ich gerade erst aus dem Auto ausgestiegen war, schreiten die Leute meinen Namen (und natürlich den meiner Mutter). Sie ging voraus und fing auf einer Seite an Autogramme zu schreiben. Daher dachte ich, ich gehe auf die andere, damit die auch etwas bekamen. Alex folgte mir auf Schritt und Tritt, da sie nicht allzu gut Englisch konnte. Also stürzte ich mich ins Getümmel voller Fans, Blitzlichtern, Stiften und Blättern. Die Fans, besser gesagt: meine Fans, fragten mich zum Beispiel nach meiner Lieblingsfarbe oder meinem Lieblingsessen und sagten mir auch wie toll sie mich fanden. Ein Mädchen in meinem Alter fragte mich, ob ich mit ihrer Freundin, die leider momentan krank im Bett liege telefonieren könnte. Also nahm ich das Telefon zwischen Ohr und Schulter und quatschte ein wenig mit Milli (so hatte sie sich zumindest vorgestellt). Ein paar Meter weiter gab ich einem kleineren Mädchen ein Autogramm und fuhr ihr über den Kopf, weil sie so süss war. Darauf fing sie an zu weinen. Ich wusste nicht was ich machen sollte und kniete mich auf die gleiche Höhe wie das Mädchen. Als ich sie fragte warum sie Weine, sagte sie, weil ich so lieb zu ihr war. Darauf fing ich an zu lachen, verabschiedete mich von der Kleinen und machte weiter mit Autogramme schreiben.
Nachdem wir drei die erste Station mit den Fans hinter uns hatten, folgte die Presse. Zuerst kamen die Fotografen, danach die Journalisten und dann nochmals Fotografen. Mom stellte sich ins Blitzlichtgewitter und poste drauflos. Es sah nicht all zu schwer aus, also machte ich es ihr nach. Nach etlichen Bildern, gesellte sich Mom zu mir. Plötzlich fiel mir auf, dass ich Alex aus den Augen gelassen hatte. Ich fand sie schnell. Sie stand etwas abseits vom Getümmel. Ich rief sie zu mir um auch sie auf ein paar Fotos zu holen.
Danach gingen wir weiter zu den Journalisten. Im Grossen und Ganzen fragten sie mich alle das gleiche: Wie gefällt es dir als Star? Hast du dich schon eingelebt bei deinen Eltern? Welche Projekte gehst du als nächstes an?
Dann gab es auch solche Fragen, die etwas Komisch waren: Wenn du ein Kleidungsstück sein könntest, welches wärst du? Was ist die Wurzel aus 49? Welches ist dein Lieblings Buchstabe? Oder auch: Woran ist das Tote Meer gestorben?
Danach ging es wieder weiter zu den Fotografen. Ehrlich gesagt verstand ich nicht so recht, wieso die nochmal drankamen, denn vorhin wurden ja, mehr oder weniger die gleichen gemacht.
Dann endlich erreichten wir die Eingangstür. Ich war schon ziemlich erschöpft von dem Hin und Her, den Fragen, dem Blitzlicht, wie auch dem Geschrei der Fans.
Wir gingen also hinein und drinnen erwarteten uns haufenweise Tische. Am Empfang angekommen, teilte man uns mit, wo unser Tisch stand und wir machten uns auf den Weg. Natürlich kamen wir nicht all zu weit, da Mom so viele kannte. Aus Anstand blieb ich bei ihr und liess die kennenlern-Prozedur immer und immer wieder über mich ergehen. Ja es war schon interessant die Stars kennenzulernen, aber mit der Zeit, hatte mein Kopf keinen Platz mehr, um noch mehr aufzunehmen. Daher sagte ich zu Mom, dass ich und Alex schon mal zu unserem Platz gehen würden. Dort angekommen, liess ich mich auf einen Stuhl sinken. Meinen Kopf stützte ich auf meine Arme und zur Entspannung, schloss ich meine Augen. Ein Kellner kam an den Tisch und stellte sich als Max vor. Er sei für heute Abend für unseren Tisch zuständig. Ich bestellte mir eine Cola, Alex tat es mir gleich.
„Man ist hier viel los. Damit hätte ich nicht gerechnet, schau mal da vorne ist doch…“ Ich hörte ihr nicht mehr zu. Wie konnte man noch so munter sein?
Als Max mir dann meine Cola brachte und ich ein paar Schlücke davon genommen hatte, fühlte ich mich gleich besser. Ich hatte das Gefühl, mich hätte jemand wiederbelebt.
„Hi. Du bist doch Hilary, die Tochter von Maria Montez und Jo Anderson. Nicht wahr?“ ertönte eine Sympathische, weibliche Stimme hinter mir.
Ich drehte mich um und sah in das schöne Gesicht von Casey Balea. Ruckartig setzte ich mich aufrecht hin. Ich hörte wie Alex auf der anderen Seite des Tisches nach Luft schnappte und antwortete deshalb schnell.
„Ähh, ja. Ja, hallo, ich bin Hilary. Freut mich dich kennen zu lernen.“
„Mich ebenfalls. Ich hörte du bist in die gleiche Gegend wie ich gezogen. Obwohl das ja eigentlich nicht stimmt, da deine Eltern da ja schon länger wohnen.“
Ich musste lachen. „Ja, genau. Darf ich dir meine Freundin Alex vorstellen? Sie ist zu Besuch aus der Schweiz und ein grosser Fan von dir.“ Ich dachte eigentlich ich hätte für Alex ein gutes Wort eingelegt, aber sie schaute mich nur durch ihre zusammengekniffenen Augen an.
„Ich habe gehört du wirst im neuen Film von Luke McKey und Tim Brodyam die Hauptrolle spielen.“ Ich nickte und war überrascht, dass sich das so schnell schon rumgesprochen hatte. „Wenn ich ehrlich bin, bin ich schon etwas neidisch auf dich.“ Was hatte Casey, der beliebteste Teeniestar der Welt, da gerade gesagt? Sie ist neidisch auf MICH? „Was? Wieso denn?“ wollte ich wissen.
„Na ja,“ fing sie an zu erklären „ich hatte auch für die Rolle der Zoey vorgesprochen, doch leider haben sie sich für dich entschieden. Aber ich muss sagen, sie haben echt ne gute Wahl getroffen. Du passt besser zu der Rolle als ich. Herzlichen Glückwunsch.“ Wir lächelten uns kurz an und dann fuhr sie fort: „Ah, klar. Da gab es noch etwas warum ich ein wenig auf dich neidisch war. Nämlich ist dein Filmpartner kein anderer als Nick Patricks. Ich meine, hallo? Er ist zum anbeissen süss. Wer will da nicht die weibliche Hauptrolle neben ihm bekommen? Er ist ja Single, das heisst: er ist noch zu haben.“ Casey fing an zu lachen. Ich verdrehte spasseshalber meine Augen. Das Licht wurde etwas getrimmt und Casey machte sich auf den Weg zu ihrem Tisch. Bevor sie jedoch ging, tauschten wir noch rasch unsere Handynummern aus.
Endlich kam Mom auch zu uns an den Tisch, dicht gefolgt von Tim und Luke, die ebenfalls zu unserem Tisch zugeteilt wurden. Bald darauf begann der Film.
Nach drei Stunden und zwei Pausen, war der Film fertig. Er war interessant, vorausgesetzt man mochte Actionfilme. Die Handlung war wie immer: eine Frau wird entführt und ein Mann muss die Drogenbosse festnehmen. Nebenbei muss er noch schauen, dass er überlebt und dass er die Frau lebendig zurück bekommt, bla bla bla…
Wir unterhielten uns noch ein wenig mit den beiden Regisseuren und Luke fragte mich wie weit ich mit dem Lernen meines Textes war. Ich trug ihm ein paar Zeilen die ich bereits konnte vor. Die beiden waren begeistert. Nach einer weiteren Stunde und unzähligen ‘Ach hallo bist du auch hier? Hab dich gar nicht gesehen. Wie geht’s dir denn so?‘ machten wir uns auf den Weg Richtung Ausgang. Ich schaute abwesend in die Menge und blieb stehen. War das nicht gerade das Gesicht von Nick? Ich schaute an den Ort zurück wo ich es gesehen hatte. Nichts. Vielleicht hatte ich es mir nur eingebildet? Ja, so musste es sein. An der Stelle, wo ich dachte, dass ich ihn gesehen hatte stand Casey. Sie schaute gerade in meine Richtung und ich winkte ihr zu, um ihr zu zeigen, dass ich nun ging. Casey wollte mir noch etwas mit den Händen deuten, doch leider versperrten uns nun ein paar andere Promis die Sicht. Ich überlegte ob ich zu ihr gehen sollte, entschloss mich dann aber dagegen.
Am Ausgang angelangt bekamen wir noch als Dankeschön, dass wir da waren, eine Geschenktüte. Ich nahm mir vor im Auto hineinzuschauen. Uns wurde nicht der gleiche Weg gelotzt wie am Anfang, sondern einen, an dem keine kreischende Fans, keine Journalisten oder Presse stand (nur Paparazzis, aber die sind ja überall).
Die schwarze Limo die uns brachte, fuhr uns auch wieder nach Hause.
Kaum waren wir zurück, verabschiedeten Alex und ich mich von Mom und gingen hoch in mein Zimmer.
„Das war toll heute Abend, nicht war? Schau mal, ich habe hier ein paar Fotos gemacht. Das hier bist du und Casey, dann habe ich hier Luke und Tim, deine Mutter und du….“ Und so ging es immer weiter. Ich glaube fast, Alex hat den ganzen Speicher auf ihrem Handy dafür benutzt, um Fotos zu machen. Ich hatte eins gemacht. Eins von Casey. Immer wenn ich sie nun anrufen möchte, erscheint das gemachte Bild von ihr.
Alex plapperte immer(noch) munter weiter, während dem ich mich Bettfertig machte.
Nach fünfzehn Minuten lagen wir beide dann endlich im Bett und sogar Alex sagte nichts mehr. Und so schliefen wir beide rasch ein.
Mitten in der Nacht wachte ich auf. Es war warm und stickig im Zimmer und ich beschloss die Balkontür aufzumachen, damit etwas Luft hinein kommen konnte. Ich schaute auf die Uhr und merkte, dass wir gerademal vor einer halben Stunde das Licht ausgemacht hatten. Ich schälte mich also aus der Bettdecke und kroch aus dem Bett um die Balkontür aufzumachen. Um keine Geräusche zu machen, verzichtete ich auf meine Schafpantoffeln und schlich Barfuss zur Tür. Bevor ich sie öffnete, sah ich schon das Glitzern der Sterne. Ich machte die Tür auf und ging hinaus in die kühle Nacht und schaute Richtung Himmel. Es sah toll aus. Was war das? Ich hörte jemanden Gitarre spielen. Es verstrichen keine paar Sekunden, als eine männliche Stimme einsetzte. Er hatte eine gute Stimme, das musste man ihm lassen. Ich hatte das Gefühl, ich hätte diese Stimme und dieses Lied schon mal gehört, aber wo und wann? Ich setzte mich auf den Stuhl auf der Terrasse und lauschte dem Song.
Als ich am nächsten Morgen aufwachte, wusste ich nicht ob ich das, was vergangene Nacht geschehen war, geträumt hatte oder nicht. Ich hatte die Melodie immer noch in meinem Kopf. Nein, ich hatte nicht geträumt, da ich immer noch auf der Terrasse war. Unglaublich! Ich war einfach auf dem Liegestuhl, auf dem ich mich in der Nacht setzte, eingeschlafen. Erst jetzt merkte ich, dass ich am ganzen Leib zitterte. Ich schlich wieder ins Innere, damit ich Alex nicht aufweckte und ging eilig ins Bad. Dort gönnte ich mir erst mal ein schön warmes Bad, damit ich wieder auftaute und machte mich danach fertig für den Tag. Alex und ich haben zwar gesagt, dass wir heute nochmals zu dem See gehen würden, um dort zu Picknicken, jedoch hatte ich irgendwie nicht so wirklich Lust dazu. Beim Ankleiden schaute ich auf die Uhr, die an der Wand prangte. Halb eins. Ich zog mir eine lange Jeans und ein Top an. Bevor ich von Alex wieder zu hören bekomme welche Marke ich trage, schaute ich selbst nach. Ich hatte mich für die schwarze Röhrenjeans namens Ariel Jeans von der Marke Small Town entschieden. Das blau karierte Rüschen Top ist von Anna Sui. Okay, ich musste unbedingt auch noch ein paar Kleidungsstücke von ganz normalen Läden kaufen. Es ist zwar schon cool in den Markenkleidern rumzulaufen, aber wenn mal eins dreckig wird, dann ist das auch nicht so toll. Ich meine, wenn es nicht so teuer war denkt man, okay ist halt passiert, aber bei zum Beispiel einem Markenoberteil, kriege ich nur schon Panik wenn ich daran denke.
Jetzt noch die Schuhe aussuchen und dann geh ich runter Frühstücken. Hier wählte ich schwarze Miller Lacksandalen von Tory Burch, mit einem grossen Logomedaillon.
Als ich ins Zimmer kam, stand Alex in der Mitte des Zimmers und streckte sich gründlich.
„Guten Morgen, hab ich dich geweckt?“ fragte ich schuldbewusst.
„Nein, nein. Bin gerade aufgewacht und aufgestanden. Ich dachte du wärst schon unten, dann habe ich dich jedoch im Ankleidungszimmer gehört.“ Sie betrachtet mich von oben bis unten und fragt mich dann mit einem Lächeln auf den Lippen: „Was trägst du da?“
„Oberteil von Anna Sui, Hose von Small Town und Schuhe von Tory Burch.“ Wir schauten uns an und mussten unweigerlich lachen.
„Was hältst du davon, wenn ich dich heute einkleide?“
Sie lachte mich breit an und nickte. Ein lautes Knurren ertönte. „Aber vorher gehen wir essen“ meinte ich zu der rot angeloffenen Alex. Sie nickte nur und verschwand im Bad.
Ein paar Minuten später setzten wir uns unten an den grossen Tisch auf der Terrasse und genossen die Wärme. Es war jedoch so warm, dass wir auch mit Sonnendach noch schwitzten.
„Phuuu ist das heiss“ meint Alex und fächert sich mit ihrer Serviette Luft zu. Sie hatte recht es war heiss und das sehr. „Da können wir heute nicht so viel machen bei der Hitze.“ Ach hier musste ich ihr zustimmen.
„Was hältst du von einem entspannenden Tag am Pool?“ fragte ich sie. Sie strahlt mich an und stimmt mir eifrig zu.
„Na auf was warten wir noch? Gehen wir uns umziehen!“ Alex sprang auf und raste ins Haus. Ich erhob mich ebenfalls und machte mich auf den Weg.
Oben angelangt erinnerte ich sie daran, dass ich sie noch einkleiden dürfe. Daher machte ich meinen Schrank auf und schaute in meinen Kleidern nach.
„Aber Hilary, mir passen doch keine Klamotten von dir“ grummelte sie. Ich beachtete sie nicht weiter und betrachtete weiter die Modelle der Bademodenkollektion im Schrank. Ich zog einen orange/roten Badeanzug heraus und hielt ihn ihr vor die Nase.
„Versuch den mal, der ist toll.“ Sie murmelte etwas und ging dann in die Umkleidekabine. Ja, ich hatte eine Umkleidekabine.
Kurz darauf kam sie mit dem Badeanzug von Dolce & Gabbana aus der Umkleide und strahlte.
„Er geht mir. Ich glaubs nicht. Er passt. Schau mal.“ Sie drehte sich vor meiner Nase ein paar Mal im Kreis.
„Er sitzt super. Die Farbe passt zu dir.“ Ich drehte mich um, um für mich auch einen auszuwählen, doch Alex schob mich zur Seite und meinte, dass sie nun meinen auswählen würde. Sie entschied sich nach einigem Hin und Her für einen roten Monokini von Michael Kors mit dem Namen Silver Cut Out. Ich zog ihn an und musste zugeben, dass Alex wirklich Geschmack hatte. Farblich passten wir beide aber nicht ganz zusammen. Das orange/rot von Alex und mein rot bissen sich mehr, als sie sich vertrugen. Wir entschieden uns noch ein Kleidchen darüber anzuziehen, denn man weiss ja nie, wer vielleicht noch zu Besuch kommt…
Alex wählte ein schwarzes Kleidchen von Ravya und ich entschied mich für ein gelbes Juicy-Couture-Kleidchen.
Danach schnappten wir uns noch unsere Hadys, Papier Stifte, Gitarre und was wir sonst noch brauchten für einen Mittag am Pool. Das Papier, die Stifte und die Gitarre nahmen wir, weil wir uns vornahmen, zu versuchen ein Lied zu schreiben. Das hatten wir noch nie versucht, aber es heisst ja: Übung macht den Meister.
Unten stellten wir unser ‘Gepäck unter einen Baum, der unmittelbar in der Nähe des Pools, seinen Schatten verbreitete. Wir zogen zwei Liegestühle in den Schatten, cremten uns ein und legten uns auf die Stühle. Ich schloss gerade die Augen als mein Handy vibrierte.
Von: ???
An: Hilary
Nachricht: Hallo Sonnenschein… Wie geht es dir? Hoffe du geniesst die Sonne…
Liebe Grüsse
P.S. Tolles Kleid…
Ich las die Nachricht und setzte mich abrupt auf. Nach dem zweiten Mal lesen, rüttelte ich an Alex Arm und übergab ihr das Handy.
„Hey, du hast einen Verehrer. Ist ja süss.“
„Alex, wieso weiss er was ich an habe? Denn er schrieb: Tolles Kleid!“ Ich schaute mich um, ob ich jemanden sehe, doch Fehlanzeige.
„Ganz ruhig. Vielleicht meinte er auch das Kleid, das du gestern Abend anhattest.“ Hmm… Ja das konnte auch sein, aber müsste er dann nicht in Vergangenheit schreiben?
„Soll ich zurück schreiben?“ fragte ich Alex.
„Natürlich!“ Sie nickte eifrig.
So, mal überlegen.
Von: Hilary
An: ???
Nachricht: Hallo du da, mir geht es gut. Wie geht es dir? Ja ich geniesse die Sonne, aber ich finde es etwas heiss. Danke für das Kompliment. Mir gefiel das Kleid gestern Abend auch sehr.
Liebe Grüsse Hilary
P.S. Wer bist du?
Ich zeigte die Nachricht noch schnell Alex bevor ich sie abschickte und mich wieder hinlegte. Ein paar Sekunden später kam auch schon die Antwort.
Von: ???
An: Hilary
Nachricht: Hallo Julia. Mir geht es auch gut. Ja, ich muss dir zustimmen, es ist eindeutig zu heiss, da kann man ja nur rumliegen und baden gehen . Das Kleid das du gestern getragen hast, passte super zu dir, aber ich meinte eigentlich das Kleid, das du gerade anhast.
Liebe Grüsse Romeo
Zuerst dachte ich, er hätte die Nachricht nur an die falsche Person geschickt. Doch dann bemerkte ich, dass es nur ein Wortspiel war. Romeo und Julia.
„Alex, er beobachtet uns!“
„Was? Wer? Wann? Wo?“ sie war etwas verwirrt, doch dann schaltete sie. „ Hilary, das bildest du dir nur ein.“
So, so, da bildete ich mir also nur ein! Ich übergab ihr mein Handy und sie las die Nachricht.
„Der beobachtet uns! Was machen wir denn jetzt?“
„Nein Alex, der beobachtet uns nicht. Das bildest du dir nur ein. Oder wie war das?“
„Ja, Entschuldigung. Du hattest recht. Aber das hilft uns auch nicht weiter. Wer ist der Typ? Ich meine, das könnte so ein alter Knacker sein, der sich gern junge Mädchen anschaut.“ Wir schüttelten uns vor Ekel.
„Iiih Alex, das ist ja widerlich. Soll ich ihn mal fragen wie alt er ist?“
„Einen Versuch ist es wert, aber er könnt auch lügen. Solche Typen sind unberechenbar.“
Von: Hilary
An: ???
Nachricht: Hallo Romeo, beobachtest du uns etwa? Ehrlich gesagt, macht uns das etwas Angst. Wie alt bist du eigentlich?
Julia
Die Antwort kam Postwendend.
Von: ???
An: Hilary
Nachricht: Hey Julia, nein ich beobachte euch nicht. Wohne in der Nähe und sah euch von meiner Zimmerterrasse aus. Tut mir leid, wenn ich euch Angst eingejagt haben sollte, denn das wollte ich wirklich nicht. Ich bin 16 Jahre alt (werde bald 17). Ich bin also kein alter Mann, der jungen Damen nachstellt.
Liebe Grüsse Romeo
Okay, ich fasse mal zusammen. Er sieht uns, er hört uns, er ist 16 Jahre alt, er bezeichnet uns als Damen. Würde ein 16-Jähriger das Wort Damen benutzen? Ich glaube eher weniger. Ich erzählte Alex von meinen Gedanken, aber nicht mündlich, sondern ich schickte ihr eine SMS. Mann weiss ja nie.
„Ich habe jetzt genug. Ich schreibe nicht zurück. Gehen wir baden?“ wollte ich wissen, denn ich glühte förmlich. In Europa war es kalt und schnee bedeckt die Landschaft und hier verdampft das Poolwasser fast in der Hitze. Ich stand auf und wollte mir schon das Kleidchen ausziehen als Alex mich am Arm festhielt.
„Willst du jetzt wirklich baden, wenn in der Nähe vielleicht ein geisteskranker Idiot sitzt und uns beobachtet? Was wenn er zu uns kommt wenn wir im Wasser sind?“
„Na dann soll er mal kommen. Ich frage mich nur wie er uns unauffällig und still von dem Grundstück mitnehmen will. Ich schreie nämlich so laut ich kann. Wetten, das Leroy und Antonio ihn in ihrer Gewalt haben, bevor er auch nur fünf schritte mir uns gemacht hat?“
Sie nickte widerwillig und zog auch ihr Kleidchen aus. Ich merkte, dass es ihr nicht so wohlig zumute war. Wir schlenderten langsam zum Rand des Beckens und schauten in das strahlende Blau des Pools.
„Alex? Wie ist das Wasser?“ fragte ich, mir ein Lachen verkneifend.
„Das Wasser? Woher soll ich das wissen?“ Kaum hatte sie gefragt, stoss ich sie auch schon ins Wasser. Vor Schreck kreischte sie lauthals los. Ich stand immer noch am Beckenrand und lachte mich halb tot.
„Boa, das hätte ich an deiner Stelle nicht getan. Das gibt Rache. Weist du, ich bin ja jetzt schon nass, aber du noch nicht!“ Sie fing an, Wasser nach mir zu spritzen. Ich hörte sofort auf zu lachen, als mich die ersten nassen, kühlen Tropfen erwischten. Alex kam immer näher zu mir um mich nass zu spritzen. Ich jedoch entfernte mich immer mehr vom Pool. Alex stieg hinaus und schnappte sich eine leere Flasche und füllte sie mit Poolwasser. Mit lautem Gekreische, nahm sie die Verfolgung nach mir auf, da ich meine Füsse in die Hände nahm und davon rannte. Ich rannte einmal um das Haus herum. Als ich dann wieder beim Pool angelangte, war mir so heiss, das ich von alleine in den Pool sprang. Als Alex einige Minuten später bei mir eintraf, schwamm und tauchte ich im Pool.
„Och, du bist fies. Hättest du nicht noch auf mich warten können bis ich da war und mir die Freude lassen können, dich ins Wasser zu stossen?“ Ich lachte nur. Alex sprang darauf hin auch in den Pool und wir plantschten noch etwas herum.
Als wir dann endlich wieder aus dem Wasser draussen waren, und uns in der Sonne bräunten, läutete es an der Tür. Ich konnte nicht hören was geredet wurde, aber ich hörte, wie die Tür wieder geschlossen wurde.
Bald darauf, kam Cindy mit einem riesigen Blumenstrauss in den Garten.
„Hilary? Die Blumen wurden gerade für dich abgegeben.“ Sie überreichte mir den Strauss voller farbenfroher Blumen. Ich war überwältigt. Mir hat noch nie jemand Blumen geschenkt.
„Von wem sind die?“ fragte ich Cindy.
„Keine Ahnung. Der Blumenkurier brachte sie. Da hat es aber noch einen kleinen Umschlag dabei, vielleicht findest du dadurch heraus von wem sie sind.“ Cindy drehte sich um und marschierte wieder ins Innere des Hauses.
Ich nahm den Umschlag der in den Blumen steckte vorsichtig heraus. Ich konnte mich noch nicht dazu durchringen ihn zu öffnen.
„Na mach schon. Öffne ihn schon.“ Ich drehte ihn auf die Rückseite und öffnete ihn vorsichtig. Auf der kleinen Karte die darin steckte stand:
Du bist…
… wie ein Traum - unfassbar
… wie eine Blume - so wunderschön
… wie ein Film - zu schön um war zu sein
… wie ein Stern - du funkelst in der Nacht
… wie der Himmel - Ich verlier mich in deinen Augen
… wie ein roter Apfel - deine Lippen
… wie die Sonne - mit deinem Strahlen
Liebe Grüsse Romeo
„Das ist ja süss. Lies mal!“ Der Brief wanderte von meiner Hand, in die Hand von Alex. Sie las ihn stumm und konnte sich das schmunzeln nicht verkneifen.
„Der ist ja richtig romantisch. Aber pass auf, du weisst immer noch nicht wer er wirklich ist.“
Wir zuckten zusammen, als mein Handy vibrierte. Ich eilte zum Liegestuhl und las die Nachricht laut vor.
Von: ???
An: Hilary
Nachricht: Hallo Julia, hast du mein Geschenk bekommen? Ich hoffe es gefällt dir.
Liebe Grüsse Romeo
P.S. keine Angst, wir kennen uns und haben schon miteinander Geredet…
„Ihr kennt euch? Warum hast du das nicht gesagt?“
„Vielleicht, weil ich es selbst nicht wusste???“ sagte ich etwas genervt zu Alex. „Ich habe niemanden kennengelernt. Es müsste ein Mann sein oder ein Junge. Und zudem habe ich meine Handynummer auch niemandem, den ich kaum kenne gegeben. Ausser Casey Balea, aber sie ist ein Mädchen.“
„Frag ihn doch mal, woher er die Nummer hat“ meinte Alex.
Von: Hilary
An: ???
Nachricht: Hey Romeo, vielen Dank für die schönen Blumen. Sie sind wunderschön. Wir kennen uns? Woher? Und warum und von wem hast du meine Handynummer?
Liebe Grüsse Hilary
„Langsam nervt es wenn er sich nicht zu erkennen gibt“ sagte Alex, als er nach fünf Minuten immer noch nichts von sich hören liess. Daher entschlossen wir uns, uns an einem Lied zu versuchen.
„Über was wollen wir schreiben?“
„Luke und Tim meinten, dass ich, falls uns ein Lied gelingt, das Lied dann im Film performen könnte. Also muss das Lied zu dem Film passen.“
Wir sassen etwa zwei Stunden im Schatten des Baumes und schrieben. Danach sangen wir das Lied einmal vollständig durch und mussten zugeben, dass es gar nicht so schlecht war. Wir nannten es ‘Dance to the Rhythm‘.
„Hey, wir sind gar nicht so schlecht im Song-Text-Schreiben.“
„Ja du hast recht, das haben wir wirklich super hingekriegt“ stimmte ich Alex zu. Ich war wirklich Stoltz, dass wir zusammen so etwas hingekriegt hatten.
Das Handy vibrierte. Ich schaute auf den Display und wusste sofort wer es war.
Von: ???
An: Hilary
Nachricht: Hey, das Lied, das ihr geschrieben habt ist toll. Es gefällt mir. Jetzt fehlt dazu nur noch ein wenig Schlagzeug und andere Instrumente (wie zum Beispiel Geige) und das Lied ist perfekt.
Liebe Grüsse Romeo
P.S: geniesst die Sonne solange ihr noch könnt. Morgen soll es Regen geben…
Alex schaute mich fragend an. „Uuuund? Was hat er geschrieben?“ fragte sie neugierig.
„Dass er das Lied mag, dass noch Instrumente fehlen und, dass es morgen Regen geben soll.“
Sie riss mir das Handy aus den Händen und las die Nachricht nochmals durch.
Ich schaute mir unterdessen die Umgebung an. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass der Himmel sich verdunkelt hatte. Die Sonne war immer noch am Himmel, jedoch war der Himmel mit unzähligen Wolken überzogen, die im Westen eine geschlossene, bedrohliche, dunkle Wand bildete. Ich stand auf, um mir die Füsse ein wenig zu vertreten, da mir ein Bein eingeschlafen war.
Alex reichte mir das Telefon und fragte mich was ich nun darauf antworten werde. „Nichts. Rein gar nichts.“
Sie schaute mich fragend an, doch ich beachtete diesen Blick nicht und räumte meine Sachen auf. Ich hatte keine Lust, ihr zu erklären, wieso ich ihm nicht zurück schreibe.
Während dem wir unsere sieben Sachen aufräumten, fielen bereits die ersten schweren Tropfen. Wir rannten ins Haus. Wir hatten kaum die Tür hinter uns geschlossen, als der Himmel seine Schleusen öffnete.
„Na toll. Ich dachte er hat gesagt, dass es erst morgen regnet?“ meinte ich etwas genervt.
„Man kann sich ja täuschen. Er ist ja kein Wetterfrosch.“
Wir machten uns auf den Weg nach oben, als ich merkte, wie mein iPhone abermals vibrierte.
Oben angekommen, verstauten wir unsere Sachen und Alex verschwand danach sogleich im Bad.
Ich holte mein Telefon heraus und las die nachricht.
Von: ???
An: Hilary
Nachricht: Habe ich morgen geschrieben??? Ich meinte natürlich, dass es heute schon regnet. Ich hoffe du verzeihst mir.
Liebe Grüsse Romeo
Von: Hilary
An: ???
Nachricht: Ja ich verzeihe dir. Kannst du mir jedoch sagen, von wo du meine Handynummer hast?
Liebe Grüsse Hilary
Es dauerte einen Moment, bis er zurückschrieb.
Von: ???
An: Hilary
Nachricht: Danke, dass du mir verzeihst. Ich habe deine Nummer von deiner Freundin.
Liebe Grüsse Romeo
Soso, Alex weiss also angeblich nicht, wer er ist. Na warte.
Kapitel 8
Als Alex nach dem Duschen aus dem Bad kam, erwartete ich sie im Zimmer.
„Alex, ich weiss es. Also sag mir wer er ist.“
„Was? Wovon redest du?“
„Ach komm, tu nicht so unschuldig. Du weist wer Romeo ist. Sag es mir einfach.“ Ich wurde langsam echt wütend.
„Ich weiss nicht wer er ist. Wenn ich es wüsste hätte ich es dir doch schon gesagt.“
„Ist es lustig mich zum Narren zu halten? Er hat mir geschrieben, dass er die Nummer von meiner Freundin hätte, also gib es doch einfach zu.“
„Ich hab sie ihm nicht gegeben, denn ich weiss nicht wer er ist. Verstanden?“ Schrie sie mich an.
„Wie kannst du nur immer noch die unwissende spielen? Ich glaub es einfach nicht.“ Ich schüttelte den Kopf. „Ich dachte wir sind Freundinnen, Alex. Ich dachte wir können uns alles erzählen und vertrauen einander, dass wir alles, zum Beispiel unsere Gedanken teilen. Doch du lügst mich immer noch an, obwohl die Wahrheit schon bekannt ist.“ Ich war echt enttäuscht von ihr.
„Alles Teilen? Hilary, seid du ein Star bist, hast du dich total verändert. Bei dir gibt es nur noch Markenartikel im Schrank. Früher haben wir uns die Kleider geteilt, doch heute, wo du bessere Kleider hast als ich, hältst du nicht mehr viel vom teilen. Es geht alles nur um dich. Es interessiert dich gar nicht was mit mir ist. Wenn irgendwo ein Reporter oder ein Paparazzi ist, bin ich gleich Luft und du ignorierst mich. Und du hältst mir vor dass ich unsere Freundschaft kaputt gemacht habe und nicht mehr Teile?“
„Was?? Das stimmt doch gar nicht. Ich gliedere dich auch ein. Auf dem Roten Teppich habe ich dich zu mir geholt, damit du auch auf den Fotos bist. Du hast auch Interviews gegeben oder nicht??? Du hast auch Kleider getragen aus meinem Schrank oder nicht??? Also sag mir nicht, ich ignorier dich und du kommst zu kurz! Und es tut mir wirklich leid, dass es einmal um mich geht und nicht um dich! In der Schule müssen alle dir nachrennen und machen was du sagst. Jetzt geht es einmal nicht um dich und du wirst wütend.“ Wir musterten uns gegenseitig.
„Ohne mich wirst du dich schnell einsam fühlen und du wirst dann nach und nach doch wieder zu mir kommen, aber ich sag dir jetzt schon, dass kannst du vergessen. Es ist vorbei. Wir sind keine Freundinnen mehr. Ich will nach Hause. Ich will hier keinen weiteren Tag mit dir verbringen.“ Sie drehte sich um und fing an ihren Koffer zu packen. Ich eilte aus dem Zimmer und ging hinunter um meine Mom zu suchen. In der Küche traf ich Cindy und fragte, ob sie wisse wo meine Mutter sei.
„Sie flog vor ein paar Stunden ab nach Paris. Hat sie dir nichts davon erzählt? Sie trifft dort deinen Vater und drehen zusammen eine Parfümwerbung.“
Ach ja, jetzt dämmerte es mir, sie hatte mir davon erzählt. Aber musste das gerade haute sein?
„Ja sie hat mir davon erzählt. Warum hat sie mir nicht auf Wiedersehen gesagt?“ fragte ich mehr mich selbst als Cindy. Diese überreichte mir einen Brief und meinte, dass er von meiner Mutter sei. Ich las ihn kurz durch. Darin stand, dass sie uns (Alex und mich) nicht stören wollte, da wir gerade so schön am singen waren und dass sie mich ganz fest lieb hatte. Ich faltete den Brief wieder zusammen.
„Cindy, kannst du mir einen Gefallen tun?“
Sie nickte eifrig. „Für das werde ich bezahlt.“
„Kannst du einen Flug buchen von hier nach Zürich, aber wenn es geht heute noch?“ Ich wollte mich gerade umdrehen, als sie mich am Arm festhielt und mich von oben bis unten musterte.
„Ihr hattet streit.“ Sie musterte mich durch ihre zusammengekniffenen Augen.
„Ja. Es ist besser wenn sie jetzt nach Hause geht.“
„Okay, ich rufe gleich beim Flughafen an. Wenn du schnell warten willst?“
Ich nickte und Cindy nahm den Telefonhörer in die Hand. Ich schweifte wieder ab in meine Gedanken.
Wie konnte Alex mir das nur antun? Es ist ja nicht so schlimm, dass sie mich an der Nase herumgeführt hatte, aber dass sie es dann nicht mal zugeben konnte, war das schlimmste. Ich war traurig, dass wir uns geschritten hatten, und es tat mir auch leid, was ich ihr an den Kopf geschleudert hatte, doch ich war verletzt über die Worte, die sie zu mir gesagt hatte. Ich liebte Alex doch wie eine Schwester, aber ihr Verhalten mir gegenüber war nicht fair.
„Hilary?“ Ich zuckte zusammen. „Das Flugzeug fliegt in einer halben Stunde. Das heisst, ihr müsst in spätestens fünf Minuten von hier abfahren, damit sie den Flug noch erwischt.“
„Sie wird bereit sein. Sag Leroy oder Antonio doch bitte bescheid, damit der Wagen bereit steht. Okay? Danke Cindy.“
Ich eilte aus der Küche in mein Zimmer hoch. Alex war immer mit dem einräumen ihres Koffers beschäftigt. Sie schaute weder hoch, noch gab sie mir eine Antwort, als ich ihr mitteilte, das sie in fünf Minuten unten sein muss um den Flieger zu erwischen.
Nach diesen gesagten fünf Minuten stand Alex in der Eingangshalle bereit. Sie verabschiedete sich mit einer Umarmung von Cindy und wandte sich dann mir zu.
„Bestell deinen Eltern liebe Grüsse und sag ihnen, dass ich mich für den Aufenthalt in ihrem Haus bedanke.“ Sie drehte sich danach um, schritt aus der Tür, stieg vor dem Haus in das wartende Auto ein und weg war sie.
Es wäre nicht der Wahrheit entsprechend, wenn ich sagen würde, dass es mich nicht verletzt hätte, dass sie sich nicht von mir verabschiedet hatte. Ich war verletzt, nämlich zutiefst. Ich hätte sie gerne umarmt und ihr eine schöne Reise gewünscht, oder sie versucht zu überreden, damit sie doch noch bleibt, aber wir hatten Streit. Das heisst, dass es mir egal sein sollte. Doch leider, war es mir nicht egal.
Ich verschwand nach Alex abreise sofort in meinem Zimmer und schloss mich ein. Cindy versuchte einigemal, mich dazu zu bewegen, die Tür aufzumachen, aber ich machte es nicht. Ich wollte weder mit jemandem sprechen, noch etwas essen. Irgendwann schlief ich auf meinem Bett ein.
Das ging einige Tage lang so. Jeden Morgen erwachte ich mit verweinten, aufgequollenen Augen. Ich schleppte mich ins Bad und duschte, damit ich danach wieder in meinem Bett verschwinden konnte um zu wienern. Cindy hatte mittlerweile aufgegeben, mich dazu zu bewegen die Tür aufzumachen und hinunter zu kommen. Sie klopfte lediglich zweimal und verschwand dann wieder, damit ich wusste, dass sie mir eine Mahlzeit vor die abgeschlossene Tür gestellt hatte. Ich nahm das Essen zwar immer herein, ass aber nur wenig davon.
Am vierten Tag nach Alex abreise, klopfte es wieder an meiner Tür. „Hilary du hast Besuch“ ertönte die Stimme von Cindy. Der Besuch konnte mir gestohlen bleiben, dachte ich. Als ich daraufhin die Tür nicht öffnete klopfte es wieder, doch diesmal etwas zaghafter.
„Hilary? Hier ist Casey. Kann ich reinkommen?“
Casey? Ich schreckte hoch. Was machte Casey Balea vor meiner abgeschlossenen Zimmertür. Ich schlurfte mit meinen Schäfchen-Hausschuhen zur Tür und schloss sie auf. Casey schlüpfte hinein und ich verschloss die Tür wieder hinter ihr. Sie musste sich zuerst an das dunkle Licht im Innern meines Zimmers gewöhnen. Ich hatte die Rollläden herunter gelassen und nur einen kleinen Spalt offengelassen, damit wenigstens ein bisschen Licht hinein kam.
„Hallo“ sagte sie zu mir und umarmte mich. „Ich frage jetzt nicht wie es dir geht, da ich es sehen kann. Komm wir setzen uns.“ Wir gingen zusammen zu der Sitzecke in meinem Zimmer.
„Was ist los? Was ist passiert, dass du dich so in deinem Zimmer verbarrikadierst?“ wollte sie wissen. „Du kannst mir vertrauen. Ich verspreche dir, dass ich es niemandem weiter erzähle.“
Ich wusste nicht, ob ich ihr vertrauen konnte, aber ich hatte nichts zu verlieren. Daher erzählte ich ihr die ganze Geschichte.
Nebenbei heulte ich auch wieder, doch Casey nahm mich in den Arm und tröstete mich.
Ich war froh, dass ich jemandem alles erzählen konnte. Es fühlte sich so an, als hätte mir jemand eine Last von den Schultern genommen. Ich war im Reinen mit mir und bekam endlich Frieden (diesen Satz hatte ich mal irgendwo aufgeschnappt).
„Danke, dass du mir zugehört hast.“
„Kein Problem, dafür sind doch Freunde da.“ Sie muss wohl meinen erstaunten Blick gesehen haben. „Wir sind doch Freunde, oder nicht?“
„Doch. Ich fände es toll wenn wir Freunde wären.“ Wir umarmten uns.
„Hilary, ich muss dir was gestehen.“ Sie senkte den Blick auf ihre Hände die Nervös an ihrem gelben Oberteil von Easton Pearson herumhantierten.
„Dieser Romeo,“ sie stockte und schaute mich schnell an, um gleich darauf den Blick wieder zu senken „hat die Nummer nicht von Alex. Er hat sie von mir.“
Babum… Ich war geschockt. Ich konnte nicht richtig nachdenken und stand deshalb auf.
„Du hast ihm meine Nummer gegeben?“ Casey nickte. „Dann heisst das, dass ich Alex etwas unterstellt habe, was sie gar nicht gemacht hat?“ Sie nickte abermals. Ich setzte mich doch wieder in den Sessel, da ich befürchtete, meine Beine könnten mich nicht länger tragen. Diesmal fing nicht ich, sondern Casey an zu schluchzen. „Es tut mir leid, Hilary. Ich wollte wirklich nicht deine Freundschaft mir Alex zerstören. Nick hat mich einfach nach deiner Nummer gefragt und ich hab sie ihm bei der Filmpremiere gegeben. Ich habe dir gewunken und hoffte du kommst zu uns herüber, damit ich ihn dir vorstellen kann und er dich persönlich nach der Nummer fragen kann. Aber du bist dann gegangen und ich hab sie ihm dann gegeben. Es tut mir wirklich leid. Hätte ich gewusst, was ich damit anstellen würde, hätte ich es nicht gemacht. Das musst du mir glauben. Bitte verzeih mir.“ Ihr liefen die Tränen nur so herunter.
Jetzt mal ehrlich: Wer könnte ihr da nicht verzeihen?
„Sch, sch, ist okay. Ich verzeihe dir. Du wusstest ja nicht was passiert und du bist ja auch nicht alleine Schuld. Er hätte mir ja auch gleich sagen können wer er ist und von wo er die Nummer hat. Du sagtest Nick?“
„Ja, Nick Patricks. Mit ihm wirst du den Film drehen.“ Eine kleine Pause entstand. „Danke, dass du mir verzeihst. Du bist echt ne gute Freundin. Ich denke du solltest mit Alex reden. Ich bin sicher ihr werdet euch wieder verstehen. Ansonsten hat sie dich nicht verdient.“ Ich nickte und schnappte mir gleich darauf mein Handy.
Nach dem ersten Klingeln blockierte Alex meinen Anruf.
Ich schrieb ihr eine SMS, sie solle doch bitte den Anruf entgegen nehmen, es sei wichtig. Auch beim folgenden und den nächsten fünf Anrufen blockierte sie mich.
„Sie nimmt nicht ab. Ich kann es aber auch verstehen. Ich habe ihr etwas in die Schuhe geschoben was gar nicht stimmt. Ich muss etwas unternehmen. Ich muss mich bei ihr für mein Verhalten entschuldigen“
„Wie wäre es wenn du zu ihr fährst? Sie persönlich um Entschuldigung bittest?“
„Ja,“ sagte ich etwas zögernd „das könnte funktionieren. Aber ich muss mir etwas einfallen lassen, damit sie mir Verzeihen muss. Dass sie nicht anders kann.“
Wir überlegten beide Fieberhaft was ich tun könnte.
„Was ist wenn ich eine Idee hätte?“ fragte mich Casey.
„Dann wärst du mein Held, aber dazu bräuchtest du erst eine.“
„Ich hab eine Idee und bin dein Held“ meinte Casey lächelnd.
„Was ist deine Idee. Sag schon!“
„Du könntest für sie doch einen Song schreiben und ihr den Vorsingen. Was hältst du davon? Wenn du ihn vor mehreren Leuten singst und dich danach vor allen bei ihr entschuldigst, kann sie dir doch nicht nein sagen oder?“
„Hmm… Ja, das könnte klappen. Hilfst du mir beim Lied?“ fragte ich sie und holte ohne auf ihre Antwort zu warten Papier, Stift und Gitarre.
„Okay ich habe mir schon einen Titel ausgedacht“ sagte ich und schrieb als Überschrift gross den Titel ‘Schwester‘ hin.
Wir sassen einige Zeit daran und hatten danach einen gelungenen Song.
„Wow, du hast ein super Talent als Songwriterin. Bei dir geht das ja ruck zuck und man hat einen Song. Echt toll. Aber wir müssen bei der Melodie noch etwas dran Schleifen.“
„Ja das finde ich auch. Da muss noch Schlagzeug und so rein.“
„Ja genau. Ich hab zuhause ein Tonstudio. Was hältst du davon wenn wir uns nach dem Mittagessen bei mir treffen, du bei mir übernachtest und wir dann noch ein paar beats versuchen?“
„Das wäre echt toll. Danke, dass du mir hilfst, Casey.“
„Hey, das ist das mindeste, nachdem was ich da zwischen dir und Alex angerichtet habe.“
Wir umarmten uns zum Abschied. Nachdem sie gegangen war, machte ich mich an die Arbeit, die Rollläden hochzulassen, das Zimmer zu lüften, aufzuräumen und mich frisch zu machen. Danach ging ich runter zu Cindy und umarmte sie erst mal ganz fest.
„Wofür war denn das?“
„Dafür, dass du mir immer leckeres Essen vor die Zimmertür gestellt hast. Die Schokolade die immer dabei war hat es wirklich gebracht. Danke.“
„Keine Ursache. Das wichtigste ist, dass es dir nun wieder besser geht. Was machst du heute noch so?“
„Nach dem Essen gehe ich zu Casey rüber und übernachte auch gleich da. Ist das okay?“
„Ja, aber du must morgen um neun wieder hier sein.“
„Was? Wieso?“ wollte ich wissen.
„Du hast dann deine erste Schulstunde.“
Okay, jetzt war mein ganzer Tag ruiniert. Aber was soll’s, da kann man nichts machen.
Nach dem Essen ging ich wie abgemacht zu Casey rüber um den Song fertig zu stellen. Sie empfing mich mir einer Umarmung und führte mich in den Keller hinunter. Hier unten war es kühler als oben aber doch sehr angenehm. Wir traten durch eine Tür und Standen in einem Raum voller Knöpfe und Regler. Eine Tür führte in einen Schalldichten Raum, von wo aus die Aufnahmen aufgenommen werden konnten. Ich ging also mit meiner Gitarre, die ich extra mitgenommen hatte in den Schalldichten Raum und Spielte die Melodie, die wir geschrieben hatten mit der Gitarre. Casey nahm alles auf und sagte dann, ich solle die Kopfhörer aufsetzen und mit der Gitarre das Lid nochmals durchspielen. Nach mindestens fünfmal. Hatten wir eine super Aufnahme von meiner Gitarre. Danach spielten wir noch an einigen Stellen ein Schlagzeug ein.
„Ich denke eine Geige würde auch noch gut reinpassen.“
„Meinst du?“ fragte sie mich.
„Wir können es ja mal versuchen“ schlug ich vor.
Casey stand auf und öffnete eine andere Tür und kam mit einer Geige in der Hand wieder heraus. Sie erklärte mir wie ich die Regler und knöpfe betätigen muss und ging dann in den schalldichten Raum.
Ich wusste nicht, dass sie Geige spielen konnte. Sie konnte es echt gut. Nach einigen aufnahmen, fügten wir einige aufnahmen davon ins Lied ein. Wir entschlossen uns auch noch ein Klavier einzubauen.
„Kannst du Klavier spielen?“ fragte sie mich.
„Ja, soll ich?“ Sie nickte und wie vorher sie, ging ich nun in den Raum.
Danach bauten wir noch verschiedene Elemente ein, von denen ich keine Ahnung hatte wie sie hiessen, doch das Ergebnis war super.
„Geh rein und sing den Song. Ich nehm ihn auf und brenne ihn nachher auf CD. Ich mache dir eine mit nur der Melodie, also Instrumental und vier mit Instrumental und dem fertigen Lied, also mit Stimme. Was du dann mit denen machst ist dir überlassen.“
„Okay, danke schön.“ Ich verschwand im Raum und sang das Lied. Nach ein Paar auf nahmen war alles im Kasten.
Als ich wieder zu Casey zurück ging, empfing sie mich mit einem Fotoapparat.
„Was soll das?“ fragte ich sie neugierig.
„Wir brauchen noch ein Cover von deiner ersten CD. Und hast du zufällig ein Bild von dir und Alex dabei? Das könnten wir nämlich als Bild auf die CD drauf brennen. Was hältst du davon?“
„Das klingt toll.“
Nach einigen Minuten überreichte sie mir die fertigen CD’s. Ich war echt stolz darauf. Meine erste (inoffizielle) CD. Ich nahm eine, die beide Lieder draufhatte und überreichte sie Casey.
„Als Dankeschön.“
Sie umarmte mich und drückte mir einen Kuss auf die Wange.
„Kannst du mir noch eine Unterschrift auf die CD machen?“ fragte sie etwas schüchtern.
„Eine Unterschrift?“
„Ja, weist du wie wertvoll die ist?“
Wir schauten uns an und lachten. Als wir uns wieder im Griff hatten, liessen wir uns völlig erschöpft auf unser Bett gleiten und schliefen schnell ein.
Um viertel vor neun am nächsten Morgen, war ich wieder zu Hause. Ich verstaute die CD’s in meinem Zimmer und ging danach wieder runter um mir ein Frühstück zu gönnen. Danach kam auch schon der Privatlehrer Mr. Parschal.
Um zwölft gab es Mittagessen und danach ging es auch schonwieder weiter mit dem Unterricht.
Um drei Uhr mittags, war ich endlich erlöst von Mr. Parschal. Ich versuchte als erstes Alex zu erreichen, doch wie vermutet, drückte sie mich auch dieses mal weg. Bis um acht Uhr abends, übte ich mit Cindy meinen Text für den Film. Danach gab es Abendessen.
Ich verabschiedete mich danach schon früh von Cindy, da ich vom ganzen lernen Kopfweh hatte. Ich schlief schnell ein.
Mitten in der Nacht wachte ich ruckartig auf. Ich hatte etwas gehört. Ich setzte mich langsam auf und betrachtete mein Zimmer. Jetzt… Schon wieder dieses Geräusch. Ich schaute auf meine Terrassentür. Sie stand offen. Hatte ich sie nicht, bevor ich schlafen ging zugemacht? Ich schob die Bettdecke auf die Seite und kletterte vorsichtig, aus meinem wohlig warmen Bett, auf den kalten Boden. Ich schnappte mir den Kleiderbügel als Waffe, der neben meinem Bett lag und machte mich auf Zehenspitzen auf den Weg zur Terrasse.
Dort angekommen schaute ich vorsichtig heraus. Leider war der Mond gerade hinter einer Wolke und man konnte nicht allzu viel sehen, doch es reichte aus, um eine Person am Geländer meiner Terrasse auszumachen. Als ich aus der Tür ins Freie treten wollte, stiess ich meinen kleinen Zeh am Geländer an und gab einen laut von mir. Ich hielt mir sofort die Hand vor den Mund, doch die Person am Geländer hatte mich bereits gehört und verschwand in der Dunkelheit. Ich rannte zum Geländer und sah hinunter. Unten stand der Unbekannte. Ich sah nur die Umrisse. Er schaute zu mir hoch und holte etwas aus seiner Jackentasche, warf es hoch und verschwand ganz. Ich drehte mich um und näherte mich dem Gegenstand.
Vor mir lag auf dem Terrassenboden eine einzelne rote Rose. Ich hob sie hoch und schnupperte daran. Sie roch fantastisch. Mit dem Blick in die Richtung gehaftet wo der Unbekannte gerannt war und der Rose an mich gepresst, fühlte ich mich in diesem Moment sicher und zu allem bereit.
Am nächsten Morgen stand ich bereits um halb acht auf. Nachdem ich mich geduscht hatte, mir die Jogginghose und den passenden Hoddie in schwarz von Juicy Couture, namens Squad, übergezogen hatte, fühlte ich mich bereit für den Tag. Ich hatte einiges vor. Als erstes rief ich Andrea an. Ich fragte sie, ob ich verbeikommen könnte. Sie konnte mir das natürlich nicht abschlagen. Ich bat sie, noch einige Sachen zu erledigen. Sie willigte ein und ich verabschiedete mich nach einigen Gequatsche.
Als nächstes rief ich den Flughafen an und buchte einen Flug nach Zürich. Dann fing ich an meinen Koffer zu packen.
Um viertel nach neun ging ich mit meinem vollbepackten Koffer runter, um zu frühstücken. Unten erwartete mich schon Mr. Parschal.
Oh Mist, denn hatte ich ja völlig vergessen.
„Guten Morgen. Du bist zu spät“ begrüsste er mich.
„Guten Morgen, Mr. Parschal. Tut mir leid, ich habe es vergessen.“
„Was soll der Koffer?“ wollte er wissen.
„Ich werde für ein paar Tage in die Schweiz reisen. Mein Flugzeug geht in zwei Stunden.“
„Oh… Dann muss ich mich beeilen.“ Er machte Anstalten zu gehen.
„Wie meinen sie das?“ Was wollte er mir damit sagen?
„Ich habe zwei Stunden um meine Sachen zu packen. Wie lange gehen wir in die Schweiz?“
Moment mal… WIR??? Wer sagt hier WIR?
„Sie kommen mit?“ fragte ich entsetzt.
„Natürlich. Du hast Schule! Wenn nicht hier, dann an einem anderen Ort. Deine Eltern bezahlen mich dafür. Wenn du den Film drehen wirst, werde ich auch da sein und dir Unterricht geben.“
Na das waren ja tolle Aussichten, dachte ich als er an mir vorbei eilte. Was gibt es schöneres, als den Privatlehrer immer auf den Fersen zu haben? Grummel.
Als ich dann gefrühstückt hatte und Cindy von meinem Plan erzählt hatte, machte ich mich wieder auf den Weg in mein Zimmer. Ich telefonierte noch ein wenig mit Casey, die mir, für meine bevorstehende Mission, viel Glück wünschte. Ich rief natürlich auch meine Eltern an um ihnen zu sagen was ich vorhatte. Sie hatten zum Glück nichts dagegen und wünschten mir viel Glück.
Es war fast halb zwölf, als ich meine Sonnenbille und meine, bereits vorbereitete Handtasche schnappte und nach unten eilte. Mr. Parschal hatte es leider auch geschafft. Da fiel mir was ein.
„Mr. Parschal“, ich ging auf ihn zu. „Tut mir leid, aber sie können leider nicht mitkommen, da ich nur ein einzelnes Ticket gebucht habe. Tut mir leid. Jetzt haben sie sich umsonst so abgestresst.“
„Oh, an das habe ich natürlich gedacht. Ich habe im nach Hause fahren ein Ticket gebucht. Und genau neben dir. Ist das nicht toll? Dann können wir die Stunden heute nachholen und ein paar vielleicht schon verholen. Ich habe leider verpasst, den Wetterbericht zu schauen. Weisst du zufällig wie das Wetter und die Temperaturen in der Schweiz momentan sind?“
Wen interessierten das Wetter und die Temperatur? Jetzt muss ich neben diesem Mann den Flug mit lernen verbringen. Mist. Ich hatte gehofft, er hatte kein Ticket, doch leider meinte es das Schicksal nicht allzu gut mit mir.
Als wir den Flughafen erreichten, setzte ich mir die Sonnenbrille auf und stieg aus dem Auto aus. Ich wollte mir den Koffer schnappen, doch Antonio war schneller. Er stellte ihn auf einen Wagen mitsamt den anderen. Erst da viel mir auf, dass es auch noch andere Koffer dabei waren.
„Ihr kommt auch mit?“ fragte ich Antonio und Leroy.
Sie nickten mir zu. Na toll. Es würde mich nicht wundern wenn Cindy und Jack auch noch mitkommen würden.
Im Gebäude herrschte, wie immer, herber Verkehr. Jeder will so schnell wie möglich zu seinem Gepäck oder zu dem vorgenommenen Ort. Mit Mr. Parschal an meiner Rechten, Leroy zu meiner Linken und Antonio in meinem Rücken, konnte mir eigentlich nichts passieren, oder? Ich fragte die Jungs, ob jemand einen Kaffee wollte und machte mich mit den Bestellungen auf den Weg zum Starbucks.
„Guten Tag, was kann ich für sie tun?“ fragte mich die Bedienung freundlich, als ich an den Tresen trat.
„Hallo, ich hätte gerne einen Caramel Macchiato, einen Vanilla Latte, einen Caramel Apple Spice und einen Iced Signature Hot Chocolate.“
„Zum mittnehmen?“
„Ja gerne. Oh“, mein Blick fiel auf das Kuchenbuffet vor mir. „Bitte packen sie noch zwei von diesen Muffins und zwei von diesem Marmorkuchen ein. Das wäre dann alles.“
Ich zahlte und wollte gerade gehen, da fragte mich die Frau die mich bedient hatte schüchtern, ob sie nicht ein Autogramm bekommen könnte, ich sei doch Hilary Haily Melody Ashley Anderson Montez. So gab ich ihr, und noch etwa sieben anderen Bedienungen je eine Unterschrift auf einen Starbucks-Kaffebecher-zum-mitnehmen und entschuldigte mich, da ich den Flieger noch erwischen wollte.
Wieder bei den anderen angekommen, übergab ich jedem das gewünschte und ein Gebäck nach Wahl. Mr. Parschal verzichtete auf den Kuchen und so blieb ein Muffin und der Kuchen von Mr. Parschal für mich übrig. Selbst schuld, jetzt habe ich mehr.
Der Flug verlief ohne Hindernisse. Ich hatte zwar das Gefühl mein Kopf würde platzen, doch ansonsten ging es mir gut. Und wem hatte ich die Kopfschmerzen zu verdanken? Ja. Mr. Parschal. Er hatte mich keine Minute in Ruhe gelassen. Dan ganzen Flug über, hatte er mich gequält. Einmal mit Matheformeln, ein andermal mit Geografie oder Französisch. Schnell war klar, dass wir das Französisch nicht länger büffeln mussten, da ich mit dieser und anderen Sprachen aufgewachsen war. Es hatte auch gute Seiten, im Waisenhaus aufgewachsen zu sein. Mr. Parschal meinte, dass wir vereinzelt Lektionen auf Französisch machen werden. Das hiess: wenn ich zum Beispiel Geografie hatte, wird er mir den Stoff auf Französisch vermitteln. Damit hatte ich kein Problem, im Gegenteil, so vielen die Lektionen die für Französisch eingeplant wurden einfach weg. Ebenso war es mit Englisch.
Während dem Flug, konnte ich Mr. Parschal dann doch noch überreden, zwei Stunden zu schlafen. Ich schaffte es leider nicht und rollte mich von einer Seite auf die andere. Als ich dann fast in den Schlaf driftete, sagte der Pilot, dass wir in kürze landen werden. Das wars dann wohl mit schlafen. Von Zürich fuhren wir ca. eine Stunde bis wir das Waisenhaus endlich erreichten. Es war schon dunkel und ich war froh, dass wir am Abend ankamen und ich nachher schnell ins Bett hüpfen konnte. Leider hatte ich die Rechnung ohne Andrea gemacht. Sie empfing mich und drückte mich fest an sich. Ausser ihr wusste niemand das ich kahm. Andrea hatte für den nächsten Tag eine Party veranschtaltet und einige Leute eingeladen. Die Hauptperson für mich war eindeutig Alex. Sie hatte Andrea schon zugesagt, als sie sie fragte. Nachdem wir noch etwa eine Stunde über Gott und die Welt gequatscht hatten, verabschiedete ich mich für den Abend und verschwand in mein, extra für mich hergerichtetes, Zimmer.
Am nächsten Morgen wachte ich durch das Gekreische von Kindern auf. Es war herrlich, die vertrauten laute zu hören. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass es mir fehlte. Als ich noch hier wohnte fand ich es schrecklich. Besonders nervig war es an Wochenenden, Feiertagen und Ferien, wenn man ausschlafen wollte.
Ich schälte mich aus der Bettdecke und spähte als erstes aus dem kleinen Fenster. Andrea hatte mir ein Zimmer auf dem Dachboden gegeben. Antonio, Leroy und Mr. Parschal hatten ebenfalls die Zimmer hier oben.
Sie standen meistens leer und wurden nur wenig benutzt, da sie sehr klein waren. Wenn jemand sich nicht richtig verhielt, musste, je nach Straffe, eine Nacht oder sogar mehrere Tage in solch einem Zimmer alleine verbringen, durfte so nicht an den Aktivitäten im Haus teilnehmen.
Ich ging ins kleine Badezimmer und wusch mich. Danach machte ich meinen Koffer auf und wählt meine Kleidung aus. Ich wollte nichts auffälliges anziehen, jedoch musste es doch auch schön sein, da es eine Party war. Ich entschied mich für eine schwarze Hose von True Religion, ein gelbes Neckholder Top von Sky, ein gelbes Wickelarmband von Ettika und Jimy Choo in Gold. Ich betrachtete mich im Spiegel und war bereit, jedoch musste ich noch auf das SMS von Andrea warten. Sie hat mir versprochen, mir zu schreiben, wenn alle, besonders Alex, da war und sie mit der Rede beginnen würde. In der Zwischenzeit, schaute ich aus dem Fenster zu den Menschen die unten fleissig alles schön dekorierten.
Nach einer stunde bekam ich endlich ein SMS von Andrea.
Von: Andrea
An: Hilary
Nachricht: Alle sind hier. Ich habe sie in den Saal gebeten. Ich fange in ca. 10 Minuten mit der rede an. Du bist in 20 Minuten dran. Wünsche dir viel Glück.
Von: Hilary
An: Andrea
Nachricht: Danke, du bist die beste. Ich werde in 20 Minuten hinter der Tür warten.
Ich schnappte mir meine Gitarre und ging den Song nochmals zweimal durch. Dann ging ich den, mir allzu gut bekannten weg, zum Saal und war bereit. Antonio und Mr. Parschal hatten sich unter die Leute gemischt und Leroy befestigte mithilfe eines Tontechnikers das Mikrophon an meinem Kopf und eins an meiner Gitarre. Ich war aufgeregt und das sehr. Besonders als ich Geklatsche vom Innern hörte, Andrea durch die Tür schlüpfte und ich wusste, es ist Zeit anzufangen.
Ich fing an Gitarre zu spielen. Im Saal wurde es sofort still.
Ich trat durch die Tür ins Innere des Saals. Alle waren da, meine Freunde, Familie (aus dem Waisenhaus), Klassenkameraden und… Alex.
„Dieses Lied habe ich für Alex geschrieben. Alex, es tut mir leid. Du hattest recht ich lag falsch. Bitte verzeih mir.“
Ich fing an, das Lied zu spielen. Nachdem es fertig war, jubelte mir der ganze Saal entgegen. Viele schrien meinen Namen und Alex… Wo war Alex? Ich hatte nur kurz weggeschaut und jetzt ist sie weg.
Die Tür hinter mir öffnete sich und Alex kam auf mich zugerannt.
„Tut mir leid, Hilary. Das Lied ist so schön. Ich war sooo traurig als ich nach Hause flog. Ich weinte nur noch. Es tut mir leid. Wir hätten miteinander reden sollen.“
„Ja, das hätten wir sollen. Es tut mir leid, dass ich dir nicht vertraut habe.“ Ich erzählte ihr in kurzen Sätzen was geschehen war. Ich wollte mit Alex noch weiter reden, doch Antonio kam zu mir und fragte ob ich bereit wäre Autogramme zu geben. Ich schaute zu Alex und die Stiess mich zu den wartenden Fans.
„Na geh schon“, sagte Alex. „Weisst du, ich habe gelernt, dass ich dich nicht immer bei mir haben kann. Ich war sehr egoistisch. Du musst dein eigenes Leben führen, du hast Verpflichtungen. Ich möchte nicht der Grund sein, der dich davon abhält, diese wahrzunehmen.“
Ich drückte ihr einen Kuss auf die Wange und ging mit Antonio zu den kreischenden Leuten. Ich gab Autogramme, wurde Fotografiert und manchmal auch beschenkt. Viele lobten mich und sagten wie toll dieser Song sei, oder was für eine super Stimme ich doch habe.
Es ist verrückt. Unter der kreischenden Meute waren auch Leute, die mich früher überhaupt nicht mochten, oder mich sogar fertig gemacht haben, weil ich eine Waise war. Jetzt schreien sie meinen Namen und lassen mich wissen, dass wir doch schon mal zusammen in die gleiche Klasse gegangen seien und ich immer ihre beste Freundin gewesen sei. Ruhm bringt viele falsche Freunde.
Der Tag war toll. Alex und ich hatten unseren Streit wieder begraben und ich habe viele neue Fans gewonnen. Nun sassen Alex und ich in der frischen Abendluft und genossen die kühle. Wir hatten uns ausgesprochen und hatten uns geschworen, nie wieder wegen so etwas zu streiten.
Ich erzählte alles ganz genau, was in der Zwischenzeit vorgefallen war. Auch das mit dem Unbekannten auf meiner Terrasse.
„Meinst du der wollte dir etwas tun?“
„Nein ich glaube nicht“ antwortete ich. „Er wollte über das Terrassengeländer klettern um mir die Rose zu geben, doch als er mich hörte, ist er wahrscheinlich erschrocken und flüchtete.“
„Hast du eine Vermutung, wer das gewesen sein könnte?“ fragte Alex erwartungsvoll.
„Nein, keine Ahnung. Ich glaube jedoch nicht, dass es ein Fan war. Der müsste erst mal durch den Sicherheitsposten am Anfang der Strasse kommen.“
„Ach ja stimmt. Ihr habt da ja einen Security-Posten. Dann muss es jemand sein der in der Strasse wohnt? Könnte es auch eine Frau gewesen sein?“
„Falls du jetzt auf Casey anspielst, Alex, kannst du das gleich wieder vergessen. Ich bin mir hundertprozentig sicher, dass es keine Frau war.“
„Na ja, man kann ja mal fragen.“ Wir schauten wieder eine Weile ihn den, mittlerweile Sternenüberzogenen Himmel. Alex brach das Schweigen.
„Ich glaube es war dieser Romeo.“
„Du meinst Nick Patricks? Hmm.. ja das könnte sein. Ich habe aber keine Ahnung wo der wohnt.“
„Ja, das ist ja auch egal. Aber er ist ein freund von Casey und ist sie bestimmt auch schon mal besuchen gegangen. Das heisst, er musste am Security-Posten vorbei. Wer sagt, dass er das nicht wieder getan hat, jedoch anstatt zu Casey, zu dir gegangen ist?“
Ja, da war was dran, doch ich mochte erlichgesagt nicht weiter darüber diskutieren und wechselte das Thema.
„Wie sieht es aus? Wollen wir irgendwohin in die Ferien fahren?“ Als Antwort bekam ich ohrenbetäubendes Geschrei.
„Ja, das wäre toll. Wohin gehen wir denn?“
„Keine Ahnung. Wohin willst du?“ fragte ich und gab den Ball wieder an sie weiter.
„Wie wäre es mit Spanien?“
Ich musste nicht lange überlegen, denn ich war einverstanden, doch da kam mir etwas in den Sinn.
„Oh, da fällt mir was ein.“ Ich schaute Alex in die Augen. „Ich kann erst nachdem ich den Film gedreht habe mit dir in die Ferien. Ich muss nächste Woche anfangen, die Songs aufzunehmen und denn ganzen Tag lang meinen Text lernen. Nebenbei habe ich auch noch Schule. Können wir es auf nach den Film verschieben?“
„Na gut, dann gehen wir aber volle zwei Wochen. Okay?“ Sie hielt mir die Hand hin und ich ergriff sie. „Abgemacht.“
Kapitel 9
Ich blieb noch zwei Tage im Waisenhaus und bei Alex, doch dann war es Zeit sich zu verabschieden.
Alex und ich versprachen uns viele SMS zu schreiben. Ich musste ihr auch versprechen sie auf dem Laufenden zu halten, was ich über meinen Verehrer herausfinden sollte.
Im Flugzeug hatte ich wieder keine Ruhe vor Mister Parschal. Wir lernten den ganzen Flug über und als wir zuhause waren, legte ich mich sogleich ins Bett und schlief volle siebzehn Stunden am Stück.
„Guten Morgen, Schlafmütze. Hast du gut geschlafen?“ begrüsste mich Cindy, als ich um zwei Uhr mittags in die Küche trat. Ich setzte mich an den Frühstückstisch und Cindy stellte mir sogleich einen Teller mit Spiegeleiern vor die Nase. Das Spiegeleiergesicht lachte mir freundlich entgegen.
„Ja, habe ich. Wie hasst du die Eier so schnell gebraten?“
„Dein Fluchen, als du beim Aufstehen deinen Fuss an etwas angestossen hattest, war nicht zu überhören. Ach so und bitte für die Eier.“
„Oh, danke vielmal. Tut mir leid, ich bin immer noch müde.“ Wie zur Bestätigung musste ich auch gleich darauf Gähnen.
„Schätzchen, du hasst siebzehn Stunden geschlafen und bist immer noch müde?“ sie schüttelt den Kopf.
Ich machte mich über die Eier her und half Cindy nachher das Geschirr abzuspülen.
„Deine Eltern kommen in ca. einer Stunde am Flughafen an. Ich soll dir ausrichten, dass du bis dahin noch ein wenig Text lernen sollst. Deine Mutter möchte dann, soviel ich weiss, noch ein paar Szenen mit dir durchspielen.“
Gesagt, getan. Ich setzte mich mit meinem Drehbuch in den Liegestuhl auf meiner Terrasse und fing an den Text zu lernen.
Einige Zeit später vibrierte mein Handy neben mir auf dem kleinen Tischchen.
Von: Nick
An: Hilary
Nachricht: Und? Kannst du deinen Text schon? Auf welcher Seite bist du gerade?
Nick Patricks. Ich hatte mittlerweile seinen Namen von ??? auf Nick geändert.
Von: Hilary
An: Nick
Nachricht: Eigentlich ist es gar nicht so schwer den Text zu lernen. Ich bin gerade auf der Seite 90.
Kaum eine Minute war verstrichen als er zurück schrieb:
Von: Nick
An: Hilary
Nachricht: Dann bist du gerade da, wo Chris und Zoey auf der Party zusammen Tanzen. Sie weiss noch nicht, dass er ein Star ist. Bin ein paar Seiten vor dir. Schönes Wetter zum draussen Sitzen, ich hoffe du hast dich eingecremt. Man bekommt hier schnell einen Sonnenbrand.
Jaja, ist mir doch egal, dass er ein paar Seiten weit… Oh, stimmt er spielt ja die männliche Hauptrolle im Film. Mist, das hatte ich ja ganz vergessen. Na ja egal. Und was sollte die Bemerkung von wegen, schönes Wetter zum draussen Sitzen? Ist er bei Casey zu Besuch? Nein von da aus konnte er mich unmöglich sehen.
Von: Hilary
An: Nick
Nachricht: Ja, habe mich eingecremt. Woher weisst du, dass ich draussen sitze? Beobachtest du mich?
Ich schaute alle paar Minuten auf mein Handy, obwohl ich es auf volle Lautstärke gedreht hatte. Nichts. Ich widmete mich wieder meinem Text.
Um elf Uhr abends verabschiedete ich mich von meinen Eltern und von Cindy. In meinem Zimmer angelangt machte ich mich bettfertig. Ich war völlig fertig.
Ich hatte den ganzen Mittag und Abend mit meiner Mutter zusammen den Text gelernt und durchgespielt.
Zwischen durch habe ich immer wieder, natürlich total uninteressiert und aus langeweiele, auf mein Handy geschaut ob mir ja, zufällig, jemand eine SMS geschrieben hatte. Nichts.
Nein, ich werde ihm nicht schreiben! Is mir doch egal wenn der sich nicht bei mir meldet. Ich will auch gar nicht wissen woher er immer weiss wo ich bin und was ich gerade mache.
Lüge, sagte irgendetwas tief in mir drinnen, doch ich ignorierte es. Ich zog meinen schwarzen Crystal-Rock-Schlafanzug an und legte mich ins Bett.
Ich wusste nicht ob ich schon geschlafen hatte oder nicht, denn es kam mir so vor, als hätte ich erst die Augen zugemacht, als mein Handy vibrierte.
Von: Nick
An: Hilary
Nachricht: Gute Nacht…
Aaarghh… Für diese Nachricht riss er mich mitten in der Nacht aus meinem Schönheitsschlaf???
Ich drehte mich in meinem Bett auf die andere Seite und beschloss nicht zurückzuschreiben.
Aber natürlich konnte ich nicht lange friedlich schlafen. Eine Minute später, so kam es mir zumindest vor, vibrierte mein Handy schon wieder.
Von: Alex
An: Hilary
Nachricht: Hallöchen, wie geht’s dir denn so? Was machst du gerade? Habe ein bisschen im Internet gesurft und habe dann versucht dich zu googlen. Ich sag dir, mach das auch mal. Es gibt schon einige Fotos von dir. Ich habe mich entschlossen eine Internetseite für dich zu machen, also das heisst eine Fansaite. Was hälst du davon?
Liebe Grüsse
Alex
Mensch is das ne lange SMS…
Von: Hilary
An: Alex
Nachricht: Hey, wies mir gerade geht? Es ist hier mitten in der Nacht…! Nein ich glaube kaum, dass ich mich im Internet je googlen werde. Das mit der Fanseite ist interessant. Weist du was? Mach das. Ich schiesse privat Fotos und mache ein paar kurze Filmchen. Diese schick ich dir und du kannst sie dann auf meine Seite stellen. Was hältst du davon?
Kuss
Hilary
Bin ich schonwieder eingedöst, fragte ich mich als mein Gerät wieder einen leisen Ton von sich gab und mich damit aus meinen Gedanken (oder Träumen) riss.
Von: Alex
An: Hilary
Nachricht: Oh, tut mir leid. Ich habe garnichtmehr an den Zeitunterschied gedacht. Das ist eine fabelhafte Idee. Daddy und ich setzen uns heute an den Computer und fangen mit deiner Seite an.
Küsschen
Die nächsten paar Tage verbrachte ich ausschliesslich zu Hause und lernte mit meiner Mutter den Text, wie auch die Lieder.
Ich war aufgeregt heute war der grosse Tag. Heute fingen die ersten Aufnahmen für den Film an.
„Hast du alles gepackt?“, fragte Mom als ich in die Küche trat. Ich nickte und setzte mich neben sie an den Tisch.
Cindy stellte mir ein Glas frisch gepressten Orangensaft vor die Nase, wie auch einen Teller mit Früchten.
Ich war sehr aufgeregt, immerhin passiert es nicht oft, dass man für einen Film vor der Kamera steht.
Als ich mein Frühstück aufgegessen hatte verschwand ich nochmals in meinem Zimmer. Ich schaute mich im Spiegel an und bemerkte, dass ich immer noch in meinem Schlafanzug steckte. „Oh Gott“, stiess ich hervor. War ich etwa ohne zu duschen und ohne umzuziehen frühstücken? Jetzt aber ab unter die Dusche.
„Schon viel besser“, sagte ich, als ich mich wenige Minuten später, bereits geschminkt und frisiert, im Spiegel betrachtete. Ich stand in meinem (*reusperreusper*) KleiderZIMMER, eingewickelt in meinem Bademantel. Obwohl meine (DREI) Koffer bereits randvoll bepackt waren (ich bin eben auch nur ein Mädchen), hatte es immer noch genügend Kleidungsstücke im Zimmer.
Ich betrachtete die Kleider und es ging etwa so zu und her: Hm, soll ich das anziehen? Oder lieber das? Nein, das da. Das ziehe ich an. Oh, das ist ja süss. Das nehme ich. Oder doch lieber das Rote? Was passt besser zur Hose? Jetzt hab ichs, ich ziehe das hier an. Wow, das ist ja hübsch, das hab ich ja gar noch nicht gesehen. Dann soll ich lieber das nehmen?
Nach einer vollen halben Stunde hatte ich mich endlich entschieden:
Trendige schwarze Sandalen von Fornarina (wohlgemerkt flache Schuhe, man wiess ja nie), blaue Hosen von Rock Revival und einem türkisen, rückenfreiem Top mit einer gelben Schmetterlingsbrosche an der linken Schulter.
Zwei Stunden Später standen wir endlich im Studio.
Kaum waren wir angekommen, wurden wir schon von Tim und Luke in ein Gespräch verwickelt.
Eine Viertelstunde später fragte ich Luke, wann wir anfangen.
„Wir warten noch auf Nick, damit ihr euch kennenlernen könnt.“ Genau in diesem Moment läutete das Telefon von Luke. Er ging ran und ging für zwei Minuten aus dem Zimmer. Als er danach zurück kam, meinte er: „Wir fangen schon mal an. Nicks Flugzeug hatte Verspätung und zu allem Überfluss ist er mit dem Wagen auch noch in einen Stau geraten.“
Gesagt getan. Eine Stunde später stand ich im Aufnahmeraum und hatte bereits das zweite Lied aufgenommen.
„Toll, Hilary. Das war’s. Du bist sehr professionell! Es gibt wenig Künstler, die in so kurzer Zeit zwei Lieder aufnehmen“, lobte Luke mich. „Kleine Pause!“
Ich konnte ihn durch die leichtgetönte Scheibe nur seine umrisse ausmachen, doch sah ich, dass insgesamt etwa vier Leute bei ihm im Zimmer waren. Wahrscheinlich war Mom oder Tim ebenfalls bei ihm, ging es mir durch den Kopf.
Ich machte die Tür zwischen den beiden Räumen auf. Meine Kehle war ziemlich trocken vom Singen und ich musste unbedingt etwas zu Trinken auftreiben. Ich betrat also, den mit Reglern und Knöpfen vollgestopften Raum und erstarrte. Auf einem Stuhl neben Luke sass ER. Der braun-blonde, blauäugige Engel, der vom Flughafen und vom Hotel. Ah und natürlich von Alex und meinem Ausflug mit dem Fahrrad. Aber was machte ER hier?
Er musste einen unter-Schock-stehenden-Blick bemerkt haben, denn er lächelte mich an. Es war nicht irgend ein Lächeln, nein, es war ein unwiderstehliches, süsses, schräges Lächeln. Ich richtete einen fragenden Blick auf Luke, da mir bei längerem Anblick bestimmt die Beine weich geworden wären. Luke sprang aus dem Sessel hoch und machte uns miteinander bekannt.
„Hilary, das hier ist Nick. Nick, darf ich dir Hilary vorstellen?“
Nick und ich schüttelten uns die Hände.
Nick… Na klar. Warum ist mir das Licht nicht gleich aufgegangen? Der Nick vom Flughafen, der Nick aus dem Hotel, der Nick vom Fahrradausflug und Nick Patricks waren der SELBE. Mua hahaha… Und ich durfte mit ihm einen Film drehen. Das muss ich nachher unbedingt Alex erzählen, ging es mir durch den Kopf.
Ohne ein weiteres Wort verliess ich den Raum. Ich war plötzlich etwas wütend. Ich wusste auch wieso. Nick Patricks war daran schuld, dass Alex und ich uns gestritten hatten. Ich marschierte zum Getränkeautomat und suchte in meinen Hosentaschen nach etwas Kleingeld. Natürlich hatte ich keinen einzigen Cent in der Tasche. Ich lehnte meinen Kopf an den Automaten. „Warum ich? Wieso passiert immer mir so was?“ fragte ich mich, obwohl ich genau wusste, dass ich keine Antwort darauf geben konnte.
Irgendjemand warf Geld in den Automaten. Ich erschrak so sehr, dass ich herumfuhr und gegen einen Körper stiess. Danach segelte, wie in Zeitlupe, gegen Boden. Bevor ich jedoch aufstiess, wurde ich von kräftigen Armen umfasst und aufgehoben. Ehe ich mich versah, lag ich in den Armen von Nick. Er trug mich so, wie ein Bräutigam seine Braut am Hochzeitstag über die Schwelle des Hauses. Ich dachte bis zu diesem Zeitpunkt, dass dies nur im Fernsehen vorkommen würde, doch da hatte ich mich, wie man sieht, tief geschnitten.
„Hey“, sagte er mir nur und schenkte mir eines seiner schiefen lächeln.
Ich machte die Augen zu, schüttelte den Kopf und hoffte, dass das alles nur ein Traum war. Als ich die Augen wieder öffnete, lag ich immer noch in Nicks Armen. Meerblaue Augen schauten mich interessiert und belustigt an. Ich wendete den Blick ab, räusperte mich und meinte dann wieder an ihn gewannt: „Danke, aber du kannst mich jetzt wieder runter lassen.“
„Wieso sollte ich? Mir gefällts“, sagte er nur.
Ich schaute ihn mit zusammengekniffenen Augen an.
„Einerseits bin ich zu schwer, um mich noch länger zu halten und andererseits möchte ich mir jetzt etwas zu trinken raus lassen, damit wir nachher wider weitermachen können. Also lass mich jetzt runter.“
„Einerseits bist du so leicht wie eine Feder und andererseits, mit was willst du dir etwas raus lassen? Du hattest, wie ich sah, kein Geld. Ach übrigens, im Film muss ich dich dann auch heben, dann ist das eine gute Übung.“
Ich schaute ihn grimmig an. Er liess mich immer noch nicht runter und machte auch nicht den Anschein, als hätte er das in vorherbarer Zeit vor.
„Ich habe Geld. Nur habe ich das in meiner Handtasche im Aufenthaltsraum“, gab ich etwas kleinlaut zu. „Aber bitte lass mich jetzt runter.“
Endlich stand ich wieder auf meinen eigenen Füssen.
„Ich spendiere dir ein Getränk.“
„Nein, schon okay. Ich hole mir Geld.“
„Das ist doch ein Scherz. Ich habe Geld hier und spendiere dir eins. So must du nicht extra welches holen.“
„Nein, wirklich es macht mir nichts aus. Es ist ja nicht weit bis zum Aufenthaltsraum.“
„Was ist dein Lieblingsgetränk?“
Ich konzentrierte mich auf mein Oberteil, um es wieder schön hinzuzupfen und antwortete deshalb wie mechanisch. „Eistee.“
Kurz darauf hielt er mir die Flasche Eistee vor die Nase. Ich schtarte zuerst ihn, dann die Flasche an. Erst da merkte ich dass er mich überlistet hatte. Ich nahm die Flasche entgegen, bedankte mich und ging geradewegs zurück ins Aufnahmestudio.
Wir arbeiteten bis ein Uhr nachts. Ich war so müde, dass ich, sobald ich in meinem Hotelzimmer war, wie tot ins Bett fiel.
Am nächsten Morgen läutete der Wecker bereits schon um sieben Uhr. Ich duschte, schminkte mich und frisierte mich. Für heute waren nochmals Studioaufnahmen angesagt. Doch heute werden Nick und ich unsere gemeinsamen Lieder im selben Raum aufnehmen. Gestern wurden die wichtigsten Teile einzeln aufgenommen, heute kommen die gemeinsamen dran. Und gemeinsame gab es mehr als genügend…
Die Frage war nur, was ziehe ich heute an? Ich mag Nick. Ich fühle mich zu ihm hingezogen, das gebe ich zu, aber ich kenne ihn erst seit gestern. Obwohl das eigentlich falsch war. Er hat mir ja schon SMS geschrieben. Ach ja… Ich muss ihn unbedingt noch fragen, woher er wusste was ich anhatte und woher er wusste wo ich zu den betreffenden Zeiten war und was getan hatte.
Aber zurück zum Thema. Was soll ich anziehen? Ich war zwar erst seit gestern hier, ich korrigiere: seid heute um ein Uhr morgens, doch meine Kofferinhalte waren jetzt schon auf dem ganzen Boden verteilt.
Schauen wir mal was wir da finden.
Ein weisses, enganliegendes Top, dass meiner Figur schmeichelte, fiel mir ins Auge. Dazu eine hellblaue Röhrenjeans und dazu schwarze Ballerinas. Ja, dass sollte funktionieren.
Da ich keine Geräusche von nebenan hörte, nahm ich an, dass meine Mutter noch nicht aufgestanden war.
Ich schnappte mir einen Zettel und einen Stift und schrieb:
Hey,
bist du auch schon wach?
Wollte dich fragen, ob du mit mir frühstücken möchtest.
Wenn ja, in 5 Minuten in der Lobby.
Küsschen, hab dich lieb
Hilary
Den Zettel musste ich jetzt nur noch so deponieren, dass Mom ihn auch sah. Doch wie mache ich das?
Ahh, ich hab‘s. Ich ging zur Tür, öffnete sie und trat in den Flur hinaus.
Hmm, welche Tür war es nun schonwieder?
Ich betrachtete die drei Türen, meine in der Mitte, die vor mir waren. Die linke oder die rechte? Hiess es nicht mann soll sich (immer) links halten? Also nehme ich die linke. Ich schob den Zettel unter der Tür durch und klopfte zweimal.
Als ich die Tür zu meinem Zimmer wieder geschlossen hatte, fiel mir ein, dass das mit dem links halten nur für Labyrinthe galt (war es überhaupt links?).
Fünf Minuten später stand ich, fix und fertig um danach gleich ins Aufnahmestudio zu fahren, in der grossen, schönen Lobby.
Ich schaute gerade zwei kleinen Kindern zu die fangen spielten, als jemand neben mich trat. Endlich Mom war da.
„Guten Morgen. Dann gehen wir also frühstücken“, sagte dieser Jemand, doch es war nicht die Stimme meiner Mutter.
„Was machst den du hier?“ Leider hat mein Zischen nichts genützt, denn Nick schaute mich amüsiert an.
„Du hast mir geschrieben, dass wir uns in fünf Minuten hier unten treffen um zu frühstücken. Ich wusste gar nicht, dass du mich lieb hast.“ Er grinste mich an. „Ach übrigens, danke fürs Küsschen. Du kannst es mir aber auch gleich einen Kuss geben.“
Unverschämt, einfach unglaublich der Typ. Er glaubte doch nicht wirklich, dass ich ihm ein Küsschen gebe, geschweige denn einen Kuss. Der hatte sie doch nicht mehr alle, oder?
Ich ging einen Schritt auf ihn zu und beugte mich dann vor. Zwischen uns waren jetzt nur noch wenige Zentimeter.
„Das hättest du wohl gerne“, flüsterte ich und drehte mich abrupt um, so dass ihm meine Haare, mit voller wuscht, ins Gesicht schlugen.
Mit hoch erhobenem Kopf stolzierte ich auf den Speisesaal zu. Jedoch hatte ich nicht mal drei Schritte gemacht, als ich an einem Arm gepackt wurde und herumgerissen wurde. Ehe ich mich versah, hatte mich Nick in den Armen und Küsste mich.
„Wenn du es nicht machst, dann mache ich es!“ Und wieder Küsste er mich. Seine Lippen waren warm und weich. Ich hatte das Gefühl als schmeckten sie nach Honig (hatte ich schon erwähnt, dass ich Honig liebe ).
Er liess mich los und meinte: „Gehen wir jetzt frühstücken? Ich habe nämlich hunger.“
So kam es, dass wir wenig später im Esssaal sassen und zusammen frühstückten. Als wir gerade je ein Marmeladebrot verdrückt hatten, erkannte uns irgendjemand und nicht mal eine Minute später war der Teufel los. Unser Tisch wurde von Fans umlagert. Also fügten wir uns unserem Schicksal, gaben fleissig Autogramme und liessen uns Fotografieren. Zu allem überfluss vibrierte auch noch mein Handy in meiner Jeanshose. Ich kramte es heraus. Alex.
„Hallo, Alex. Wie geht’s dir so?“ Das Handy eingeklemmt zwischen Schulter und Ohr, am Autogramme schreiben und auch noch in die Kamera lächelnd, meldete ich mich.
„Hey, mir geht’s super. Wie geht’s dir so? Was ist das da für ein Tumult bei dir?“ Ich schilderte ihr die Situation, während dem ich und Nick, er einen Arm um meinen Schultern, richtum Ausgang stolperten. Ich fragte Alex warum sie anrief.
„Na ja, ich wollte fragen ob du schon die ersten Fotos oder Videos für deine Fanpage gemacht hast. Wenn ja, kannst du mir die mal schicken? Ich habe ja mit Daddy vorgestern die Seite eröffnet und weisst du was?“ Ohne auf meine Antwort zu warten redete sie weiter. „Noch am gleichen Tag haben sich zweiundzwanzig Personen registriert und es werden pro Tag immer mehr. Es sind zwar bis jetzt fas alles Leute die du kennst, aber trotzdem. Die Seite gibt es ja auch immerhin erst seit vorgestern.“
„Echt? Das ist ja toll. Es sind bestimmt Leute aus dem Waisenhaus und aus unserer Klasse hab ich recht?“
„Ja“, gab sie zu. „Aber, ich glaube, fünf Personen die du nicht kennst. Eine kommt aus Italien, die andere aus Frankreich, ein Mädchen und ein Junge aus Deutschland und ein Junge aus Zürich. Du musst dich unbedingt registrieren, dann kann ich es so anfertigen, dass deine Fans sehen wenn du drin bist um mit dir zu Chatten. Okay?“
Nick und ich hatten uns endlich raus gekämpft, mit der Hilfe von zwei von Nicks Bodyguards. Ein schwarzer Geländewagen fuhr vor und ein Bodyguard öffnete für uns die Tür. Nick half mir hoch und war wenige Sekunden später ebenfalls im Auto.
„Ja ist okay“, antwortete ich.
„Wo bist du jetzt eigentlich? Was gibt es neues? Was hältst du eigentlich davon dich bei Twitter zu registrieren? Das machen alle Stars.“
„Ähm, das mit Twitter lass ich mir mal durch den Kopf gehen. Was ich gerade mache? Ich sitze in einem Auto. Du wirst nie erraten was heute passiert ist und wer neben mir sitzt.“ Ich warf einen kurzen Blick zu Nick und war froh darüber, dass er nicht Deutsch konnte und somit nichts verstand.
„Sag schon, wer sitzt neben dir?“
„Neben mir sitzt“, ich hielt einen Moment inne, um es noch spannender zu machen. Ich weiss ich war fies, aber so war ich nun mal.
„Du wirst es nicht glauben. Nick Patricks.“
Lautes Geschrei von Alex. Ich hielt mir das Handy etwas auf Abstand und schaute kurz zu Nick. Er hatte, wie ich erst jetzt sah, alles mitbekommen und lächelte mich deshalb mit seinem unwiderstehlich schiefen Lächeln an. Als Alex sich wieder etwas beruhigt hatte, sprach sie weiter: „Was? Nick? Oh mein Gott. Du must mir unbedingt ein Autogramm schicken. Bitte, bitte. Er ist so süüüüss. Du kannst dich so glücklich schätzen. Aber wie hast du ihn kennengelernt?“
Endlich kam ich auch wieder zu Wort. „Ja ich schicke dir ein Autogramm und ja er ist süss. Und woher ich ihn kenne? Ich spiele ja die weibliche Hauptrolle im Film und er die Männliche. Darf ich dich jedoch darauf Aufmerksahm machen, dass er es war der unseren Streit verursacht hatte?“ Stille von der anderen Seite des Gesprächs.
„Ja das stimmt, aber jetzt mal ehrlich. Kann man ihm böse sein?“ Ich wandte meinen Blick von der Strasse auf Nick. Er schaute mir direkt in die Augen. Es fühlte sich so an, als würde er bis in meine Seele sehen. Abrupt wandte ich den Blick von ihm. „Ja, okay. Du hast recht. Man kann ihm nicht böse sein. Zumindest nicht lange. Ich muss jetzt aufhängen, wir sind beim Aufnahme Studio. Ich mache ein paar Fotos und schicke sie dir dann per E-Mail. Küsschen.“ Nachdem wir aufgehängt hatten hielt der Wagen vor dem Eingang ins Gebäude.
Nick stieg aus dem Wagen und half mir danach hinaus.
Wir sangen an diesem Tag bis zwölf Uhr nachts und ich freute mich danach, wie ein kleines Kind über Süssigkeiten, auf mein Bett im Hotel. Klar, wir konnten auch zurück nach L.A. fahren und dort in unsere eigene Betten schlafen, aber die Strecke von Santa Barbara nach L.A. ging etwa eineinhalb Stunden und mit verkehr zwei. Das wollten uns Tim und Luke nicht zumuten, deshalb wohnten wir im Hotel.
Morgen standen die letzten Musikaufnahmen für uns auf dem Stundenplan, danach hatten wir vier Tage frei. In dieser Zeit nehmen, innerhalb von zwei Tagen, andere Darsteller die auch ihre Lieder, die sie im Film singen werden auf. Die beiden anderen Tage werden zum schneiden und für was-weiss-ich-nicht-noch-alles gebraucht.
Im Bett dachte ich noch schnell über den heutigen Tag nach, bevor ich einschlief. Nick und ich hatten ja heute unsere gemeinsamen Aufnahmen. Wir standen, praktisch den ganzen Tag, nebeneinander. In den Pausen lachten wir zusammen, oder redeten über Gott und die Welt. Ich fragte ihn, ob er meiner besten Freundin Alex ein Autogramm geben könnte. Vor meinen Augen holte er ein Foto von sich aus seiner Sporttasche, unterschrieb sie und überreichte sie mir.
Das Autogramm steckte ich in einen Umschlag und schickte sie, noch am gleichen Tag per Post, ab.
Ich machte eifrig Fotos und Videos, die ich nach und nach an Alex schickte. Natürlich schickte ich nicht alle. Auf einem Foto hatte Alex mir, genau in diesem Moment als ich abdrückte, die Tomatensauce der Spaghetti ins Gesicht verteilt. Auf einem andern, hat er mir unbemerkt Hasenohren gemacht. Diese beiden hatte ich natürlich nicht geschickt. Ich war ja nicht bekolpt..
Kapitel 10
Heute war es endlich soweit. Heute war der Tag an dem wir mit den Dreharbeiten anfangen. Da es ja auch ein Tanzfilm wird, fangen wir nicht gleich an zu drehen, sonder lernen und üben wir erstmal die Tanzschritte. Erst dann können wir anfangen zu drehen.
Die letzten Tage waren wie im Flug vergangen. Nick und ich haben uns andauernd SMS geschrieben und uns jeden Tag getroffen. Wir waren Eis essen und im Kino. Wir haben gelacht und einfach spass gehabt.
Wir haben nie darüber gesprochen, aber ich glaube wir sind nun zusammen. Wie jedes Pärchen waren wir nicht wegen des Films im Kino, sondern um zu knutschen. Wenn mich jemand fragt wie der Film war… Ich weiss es nicht. Es gab da etwas Interessanteres…
Ich hatte mich auf meiner Website registriert und mich umgeschaut. Alex hatte wirklich ganze Arbeit geleistet. Ich chattete schon mit den ersten Fans. Es war einfach toll. Ich schlug Alex vor ein Gewinnspiel zu machen, was sie sogleich umsetzte.
Es fehlte nichts. News, Biografie, Videos, Fotos, Gewinnspiele, Gästebuch und Downloads. Alles vorhanden.
Aber jetzt wieder zurück zu heute. Wir haben jetzt Sieben Uhr morgens und ich sass mit Mom bereits im Auto, Richtung Flughafen.
Dort angekommen, stiegen wir sofort in unser Privatflugzeug ein, dass uns von L.A. nach Vancouver fliegen sollte. Zum Glück hatten wir Antonio und Leroy dabei, die uns den Weg von den Fans, die uns belagerten, frei machten.
Ich wusste nicht wie lange wir flogen, da ich schlicht und einfach nicht auf die Uhr geschaut hatte.
Mit dem Auto ging es vom Flughafen zu den Aufnahmestudios. Auf dem Gelände standen massenweise Wohnwagen und Leute. Wir waren zwar nicht die letzten, aber bei weitem auch nicht die Ersten.
Wir stiegen aus und Luke und Tim begrüssten uns. Danach zeigten sie uns welcher Wohnwagen meine Mutter und ich für die nächsten Wochen bewohnen sollten. Es war genau der neben Nick (was für ein Zufall). Dieser kam gerade aus seinem Wohnwagen und begrüsste uns mit einer Umarmung und einem Kuss auf die Wange.
„Endlich. Ich dachte schon ihr kommt nicht mehr. Wir fangen in einer halben Stunde mit den ersten Tanzproben an.“ Klärte mich Nick auf.
Mom und ich verschwanden in unserem Wohnwagen und packten erstmal aus. Ich war aufgeregt. Mom war die Ruhe selbst. Verständlich, sie spielte ja auch schon in einigen Filmen mit. Was uns nachher wohl erwarten wird?
Um ein Uhr gab es Mittagessen. Wir hatten die ersten Probestunden hinter uns. Ich hatte mich schon mit einigen Leuten angefreundet. Da war zum Beispiel Jasmin, sie spielt im Film meine beste Freundin Lola. Sie hatte braune, schulterlange Haare und braune Augen. Sie konnte super tanzen, das fiel mir schon nach den ersten paar Minuten der Tanzproben auf. Carolin war einfach nur crazy. Sie hatte ebenfalls braune, schulterlange Haare, die sie künstlich gestreckt hatte, wie sie mir anvertraute. Sie spielte im Film ebenfalls eine gute Freundin von mir, namens Tamie. Und dann war da noch Tina. Ich mochte sie schon ab der ersten Minute nicht. Sie spielt im Film Tanja und macht alles um mich von Chris zu trennen. Na das werden wir ja sehen..
Abends fiel ich fix und fertig ins Bett, denn nach den Proben duschten wir und assen danach alle zusammen zu Abend. Irgendjemand hatte die fantastische Idee ein Lagerfeuer zu machen. Und so kam es, dass wir noch etwa zwei Stunden ums Lagerfeuer herum sassen und redeten. Als ich langsam anfing zu frieren, holte Nick für uns zwei eine Decke, die wir dann miteinander Teilten.
Die nächsten Wochen waren ansträngend, aber auch lustig. Wir probten hart und lange. Jeder und jede war mir eifer dabei, die Tanzschritte so umzusetzen wie sie uns gezeigt wurden. Daneben probten wir auch die eint oder anderen Szenen.
Nach eineinhalb Monaten intensiv Training, sassen die Schritte endlich.
„Ich hätte nie gedacht, dass ich das je schaffen könnte“, sagte ich an Nick gewannt. Wir lagen auf einer Wolldecke unter dem klaren Sternenhimmel.
„Ich auch nicht. Es sah am Anfang sehr kompliziert aus, aber im Nachhinein, ist es gar nicht so schwer, wenn man es mal kann.“ Er grinste. „Ich weiss noch genau was du gesagt hast: Falls ich das schaffen sollte, dann fress ich nen Besen. Das will ich jetzt aber sehen.“
„Öhm.. hab ich das wirklich gesagt? Ich glaube nicht, oder?“, fragte ich in der Hoffnung, er hätte sich das nur eingebildet. Doch das Problem war, ich hatte es gesagt.
„Küss mich und ich vergesse was du gesagt hast.“
Gesagt, getan.
Weitere zweieinhalb Monate später war ich wieder zu Hause in meinem Zimmer. Ich liege in meinem Bett und starre an die Decke hoch. Die Dreharbeiten waren vorbei. Es war eine tolle Zeit. Ich habe viel Neues entdeckt, viele neue Leute kennengelernt. Nick und ich waren unzertrennlich, bis zu diesem einen Tag.
Es war ein (scheinbar) ganz normaler Tag. Nick und ich waren immer zusammen. Nur noch heute. Dann waren die Dreharbeiten Geschichte. Morgen fahren wir alle wieder nach Hause. Wir drehten bis vier Uhr mittags, dann viel die letzte Klappe. Wir vielen uns in die Arme und jubelten.
Um sieben Uhr abends trafen sich alle um miteinander den Abschluss zu feiern. Wir assen alle das letztemal zusammen zu Abend.
Danach tanzten Nick und ich zusammen zu einem Lied. „Ich liebe dich“, flüsterte er mir ins Ohr und ich dachte, besser kann es gar nicht mehr werden. Ich habe alles. Ich habe meine Eltern gefunden, ich habe Freunde die zu mir stehen, ich habe einen wunderbaren Freund und ich steige auf meiner Karriereleiter immer schneller nach oben.
Doch da hatte ich mich wohl getäuscht.
Später am Abend tanzte Nick mit Tina. Sie hatte ihn zu diesem Tanz aufgefordert.
Die letzten Töne des Liedes spielten noch, als Tina und Nick zusammen aus dem Saal gingen. Hand in Hand! Zuerst dachte ich mir nichts dabei, doch als sie nach ein paar Minuten noch immer nicht da waren, machte ich mir schon Gedanken. Wo war er?
Ich beschloss ihn zu suchen. Da ich nicht wusste wo ich anfangen sollte, streifte ich ziellos durch die Gänge des Gebäudes.
Da, ein laut. Woher kam der? Links. Ich bog um eine Ecke und sah: Nick und Tina wild am knutschen. Ich war geschockt und zutiefst verletzt.
Ich musste wohl einen Laut von mir gegeben haben, denn die beiden fuhren erschrocken zusammen und schauten mich an.
Ich merkte wie mir übel wurde und mir die ersten Tränen in den Augen brannten. Jetzt bloss nicht weinen, nicht vor den beiden, mahnte ich mich.
Ich drehte mich ohne ein Wort um und rannte. Einfach weg von hier. Ich hörte wie Nick nach mir rief und ich lief schneller, denn ich hörte, dass seine Schritte näher kamen. Er packte meinen Arm und riss mich herum.
„Hilary, ich..“
„Nein! Lass mich los!“, unterbrach ich ihn schreiend. „Fass mich nie wieder an!“ Ich riss meinen Arm weg.
„Hilary, bitte hör mir zu. Es ist nicht so wie du denkst. Ich würde dich nie verletzen und hintergehen.“
„Zu spät. Das hast du bereits getan.“ Ich schaffte es nicht meine Tränen länger zurückzuhalten.
„Aber ich liebe dich. Nur dich allein.“
„Nein! Nein, hör auf. Es ist vorbei. Ich hoffe ihr zwei werdet glücklich miteinander, denn du bist für mich gestorben.“ Schrie ich ihn, zutiefst verletzt, an und rannte los. Weg, einfach weg von ihm, von meinem Leben, von allem. Ich rannte zu meinem Wohnwagen. Ich machte die Tür hinter mir zu und schloss zugleich ab. Ich wollte zu meinem Bett, doch da bemerkte ich, dass ich nicht allein war.
„Mom“, sagte ich nur und stürzte zu ihr. Sie empfang mich mit offenen Armen.
„Oh mein Baby. Was ist denn passiert.“ Ich erzählte ihr die ganze Geschichte vom Anfang an.
Wir sassen noch bis spät nachts am Campingtisch im Wohnwagen und assen Schokolade und Eis. Woher die kamen? Keine Ahnung, doch es war mir auch egal, denn es war für meine Seele Balsam.
Immer noch die Decke anstarrend, lag ich im Bett. Das war jetzt vor zwei Wochen. Heute Abend ist die Premiere unseres Films.
Das Problem war, ich konnte es nicht absagen und ich wollte es auch nicht, aber nur schon der Gedanke daran, dass ich Nick heute wiedersehen werde…
„Hey, Prinzessin“, ertönt es von der anderen Seite der Tür. „Du hast besuch.“ Es gibt nur zwei Personen die zu mir Prinzessin sagten und das war Mom und Dad.
„Kann die Person reinkommen?“, fragte Mom.
Ich setzte mich auf und rief „herein“.
Kreeeeeeeeeeeeisch..
„Aaaleeeex, was machst den du hier? Ich glaub es einfach nicht.“
„Hilary, schön hier zu sein.“ Wir umarmten uns. „Deine Mom hat mich eingeladen. Sie sagte, du bräuchtest Unterstützung für heute Abend. Und ausserdem, meinst du wirklich ich lasse mir die Prämiere des ersten Filmes meiner besten Freundin entgehen?“
„Oh mein Gott, erinnere mich bloss nicht an heute Abend. Aber als ich dich vor einer Woche fragte ob du kommen möchtest, hast du mir gesagt, du hättest einen Termin.“
„Ja das stimmt, aber da hatte mich deine Mutter auch schon einen Tag zuvor gefragt.“ Ich umarmte sie nochmals und drehte mich zu meiner Mutter um, um ihr zu danken, doch sie hatte sich schon, still und heimlich, verdrückt.
Alex war mir eine grosse Stütze. Ich hatte ihr alles haarklein erzählt. Sie hatte mich getröstet und mich aufgebaut. Sie war über alles im Stand, was in den letzten Monaten alles passierte. Alles via Telefon. Die Telefonrechnung in diesem Monat wird wohl ziemlich hoch werden.
Mittags kamen Mikel, Pablo und Dustin vorbei um uns wieder schönzumachen für den Abend.
Ich entschied mich für ein schwarzes, elegantes, einfaches Abendkleid von Riser Goodwyn. Das Kleid hatte nur einen Träger, auf der linken Schulter. Es war aus Seide, einen breiten Satin-Gürtel mit langer Schleife um die Taille und war bodenlang. Dazu ein Armband, mit passenden Ohrringen, von Swarovski, in Silber. Die schwarze Valentino Clutch von Mom, vervollständigte mein Outfit.
Alex entschied sich für ein ähnliches Kleid wie ich. Ihres war einfach aus rosafarbener Baumwolle, hatte einen breiten Stretch-Gürtel und einem leichten Ballon-Rock. Ein weiterer Unterschied war die Marke. Ihres war vom Bluemarine.
Um halb sieben holte uns die Limousine ab. Nein, ich übertrieb nicht, es war wirklich eine Limousine. Mom und Dad sahen einfach toll aus. Mom Hatte ein rotes, bodenlanges, trägerloses Kleid an. Dad einen schwarzen Smoking. Die rote Rose in der linken Brusttasche passte perfekt zum Kleid von Mom. Die beiden wirkten so verliebt, als hätten sie sich erst vor ein paar Tagen kennengelernt.
Eine Sunde und einige Staus später, kamen wir gerade noch rechtzeitig am Roten Teppich an. Der Film fängt um acht Uhr an, also hatten wir noch ein bisschen Zeit, um vor den Kamaras zu Posieren, Interviews zu geben und natürlich den Fans ‘Hallo‘ zu sagen.
Punkt acht Uhr fing der Film an. Ich schaute wie gebannt auf die Leinwand. Unglaublich, schoss es mir durch den Kopf, als ich mich das erste mal sah. Meine Stimme tönte so anders, aber ich glaube daran kann ich mich gewöhnen. Kann ich mich jedoch an die Stiche in meinem Herzen gewöhnen, sobald ich mich auf der Leinwand mit Nick sehe?
In den letzten Wochen, hatte Nick mir immer wieder versucht anzurufen. Er hat mir viele SMS geschickt, wie auch kleine Geschenke. Aber ich habe nie darauf geantwortet. Wieso eigentlich nicht? Hat nicht jeder eine zweite Chance verdient? Doch hatte er. Aber hatte ich es verdient, dass er mich so verletzte? Dass er mich so hinterging? Nein, dass hatte ich nicht.
Ich werde nachher mit ihm reden, beschloss ich. Ich wollte wissen, was damals geschehen war.
Als der Film zu Ende war, ertönte lauter Beifall. Alle Zuschauer waren begeistert. Die Leute die unmittelbar vor und hinter mir sassen, gratulierten mir zu meiner schauspielerischen Leistung. Im Saal war es mittlerweile wieder hell geworden und Tim, wie auch Luke, betraten die kleine Bühne vor der Leinwand. Neben ihnen wurde ein Klavier hingeschoben.
„Wollen die jetzt noch etwas singen?“, wollte Alex wissen. Ich hob nur die Schultern und sah weiterhin auf die Bühne.
Nach ein paar Danksagungen und Lobungen an Schauspieler und Filmcrew meinte Luke:
„Und nun möchten wir alle Nick begrüssen. Er hat noch etwas Kleines vorbereitet.“
Unter tosendem Applaus trat Nick auf die Bühne.
„Ich möchte erst noch etwas sagen“, fing er an. „Es hat uns allen spass gemacht zu drehen und wir haben uns alle super verstanden. Die letzten paar Wochen und Monate waren etwas ganz besonderes für mich.“ Er hielt einen Moment inne und schaute sich im Saal kurz um, um danach, mit dem Blick auf mich gerichtet, weiter zu fahren.
„Ich habe mich in dieser Zeit verändert. Zu etwas besserem, wie ich finde.“ Wieder dieses schräge, unwiderstehliche Lächeln. „Und das habe ich nur einer Person zu verdanken. Nämlich dir, Hilary.“
‘Oooh‘, ‘aaah‘, ‘ach wie süss‘, ertönte es aus dem Publikum.
„Durch ein grosses Missverständnis, haben wir uns von einander entfernt. Ich habe dich verletzt und das tut mir von Herzen leid. Ohne dich, ist die Welt um mich herum trüb und grau.“ Wieder liess er die gesagten Worte auf das Publikum wirken.
„Ich habe ein Lied für dich geschrieben. Ich singe es allein für dich und hoffe das du mir verzeihst.“
Er setzte sich ans Klavier und fing an zu spielen.
Es wurde ruckartig ruhig im Saal, nur die Stimme von Nick und die Melodie des Klaviers durchbrachen die Stille.
Nachdem er geendet hatte, war es immer noch ruhig im Saal. Alle schauten mich an, was ich wohl als nächstes tun würde. Ich stand aus meinem Sessel auf und ging erst langsam und dann immer schneller durch die Sitzreihe bis zum Gang. Am Gang angelangt rannte ich zur Bühne und dann in Nicks Arme. Wir umarmten uns und es kam mir so vor, als währen wir ganz alleine.
„Kannst du mir verzeihen?“, fragte er ins Mikrofon hinein.
Ohne zu überlegen sagte ich ‘Ja‘.
Er küsste mich und nun erwachte der Gesamte Saal wieder zum Leben und applaudierte uns zu. Ich war wieder Glücklich. Ich konnte wieder lachen. Nun hatte ich alles wovon ich immer geträumt hatte. Nein, sogar noch mehr als das.
Tag der Veröffentlichung: 15.09.2010
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